2013 Prof. Dr.-Ing. Schweizer

Studienarbeit Entwicklung eines Demo-Modells „Stabilisierung eines Inversen Pendels“ mit einem flächenaufspannenden SCARA-Roboter mit Parallelkinemat...
Author: Carsten Wetzel
14 downloads 2 Views 3MB Size
Studienarbeit

Entwicklung eines Demo-Modells „Stabilisierung eines Inversen Pendels“ mit einem flächenaufspannenden SCARA-Roboter mit Parallelkinematik als Stellglied

28.02.2013

Tobler, Manuel Masterstudiengang SYE Mat.-Nr.: 3107735 WS 2012/2013 Betreuer:

Prof. Dr.-Ing. Schweizer

Tobler Manuel Frankenstraße 40 89233 Neu-Ulm [email protected]

Zusammenfassung

Der Einsatz von Robotern in der Bauart eines Selective Compliance Assembly Robot Arm, kurz SCARA, in der modernen Fertigungstechnik ist heutzutage nicht mehr wegzudenken. Durch ihre sehr hohe wiederholbare Fertigungspräzision und die Variabilität können sie, für den Menschen oft nicht ausführbare Arbeiten in gleichmäßiger Qualität produzieren. Dieser Aspekt und das Verlangen nach einem neuen Demonstrationsmodell für die Regelung einer instabilen Strecke, bildeten den Ausgangspunkt für den Inhalt dieser Arbeit. Mit einem SCARA mit Parallelkinematik als Stellglied, soll die instabile Strecke des Inversen Pendels geregelt werden. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Entwicklung eines Modells des dynamischen Übertragungsverhaltens der Parallelkinematik zur Bewegung des Tool Center Points (TCP) auf einer Ebene. Zusätzlich werden die Beziehungen zwischen dem TCP und den Winkel an den beiden Antrieben des SCARAs berechnet. Darauf aufbauend wird eine Methode zur Parametrierung der dezentralen Regler, auf der Grundlage des nichtlinearen Stellgliedübertragungsverhaltens aufgezeigt. Zusätzlich wird auf die, für das Verfahren des TCPs notwendige, Bahnsteuerung eingegangen. Abgerundet wird das Projekt mit der theoretischen Untersuchung eines Kamerasystems mit Bildverarbeitung als ortsfeste, berührungslose Sensorik zur Detektion der Pendelspitze.

Danksagung Die vorliegende Studienarbeit wäre ohne die Unterstützung zahlreicher Personen nicht möglich gewesen. Allen voran möchte ich meinem Betreuer Professor Dr.-Ing. Schweizer danken, der mich über den gesamten Zeitraum in Fragen der Projektplanung, sowie bei der Bewältigung theoretischer Problemstellungen, unterstützte. Weiterhin gilt der Dank Herrn Professor Dr. Schrade, dessen Kompetenzen im Bereich Kinetik meine Arbeit positiv beeinflussten. Zusätzlich danke ich Herrn Professor Dr.-Ing. Schroer und Herrn Alders, die immer sehr gute Ansprechpartner waren.

Hochschule Ulm

i

Eigenhändigkeitserklärung Hiermit erkläre ich, dass die vorliegende Studienarbeit selbstständig und ohne die Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt wurde. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Wortlaute, Bilder oder Tabellen sind als solche kenntlich gemacht. Diese Studienarbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch nicht veröffentlicht. Ulm, den 28.02.2013

Tobler Manuel

Hochschule Ulm

ii

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis

v

Tabellenverzeichnis

vii

Abkürzungsverzeichnis

viii

Symbolverzeichnis

ix

1 Einleitung 1.1 Motivation und Aufgabenstellung . . . . . 1.2 Projektplan . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Arbeitspakete . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Zeitplan . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Inverses Pendel . . . . . . . . . . . 1.3.2 SCARA mit Parallelkinematik . . . 1.3.2.1 Bewegungsgleichungen . . 1.3.2.2 Geometrische Beziehungen

. . . . . . . . .

1 1 2 2 3 3 4 8 11 21

. . . . . . . . . .

25 25 25 27 28 29 29 30 30 31 32

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Koordinatentransformation)

2 Modellimplementierung 2.1 Sensorik und Lagerung des Pendels . . . . . . . . . . . 2.1.1 Pendelsensorik für einachsige Messungen . . . . 2.1.2 Lagerung des Pendels . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Implementierung des Modells . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 SCARA-Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1 Randbedingungen . . . . . . . . . . . 2.2.1.2 Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.3 Dynamik . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.4 Implementierung der Parallelkinematik 2.2.2 Pendel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Hochschule Ulm

iii

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

Inhaltsverzeichnis 2.2.3

2.3

Regelsystem für das Stellglied . . . . . . . . . . . 2.2.3.1 Regelungstechnische Grundlagen . . . . 2.2.3.2 Regelkreisdefintion . . . . . . . . . . . . 2.2.3.3 Reglerauswahl und Einstellung . . . . . 2.2.3.4 Regelkreisparametrierung . . . . . . . . 2.2.4 Bewegungsart und Interpolation allgemein . . . . 2.2.4.1 Steuerungsarten . . . . . . . . . . . . . 2.2.4.2 Bahnsteuerung zur Pendelstabilisierung Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3 Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung 3.1 Bildverarbeitung im Einsatz . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Vermessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Theoretischer Ansatz zur Detektion der Pendelspitze 3.2.1 Räumliche Auflösung . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Bildrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . .

33 33 35 37 38 41 41 43 45

. . . . . . .

47 47 47 50 51 52 54 55

4 Resümee und Ausblick 57 4.1 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4.2 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Literaturverzeichnis

61

A Herleitung des Signalverhaltens eines linearen inversen Pendels I A.1 Großsignalverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I A.2 Übertragungsfunktion mit Linearisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III B Nebenrechnungen für die Parallelkinematik B.1 Zeitliche Ableitungen der Oberarmschwerpunktkoordianten B.2 Gleichungen Vorwärtstransformation . . . . . . . . . . . . B.2.1 x-Koordinate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B.2.2 y-Koordinate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B.3 Vektoren des Dynamikmodells der Parallelkinematik . . . .

Hochschule Ulm

iv

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

V V VI VI VIII X

Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12 1.13

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6

3.1

Schematische Darstellung eines räumlichen Inversen Pendels . . . . . . . Segway™i2 [22] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modell lineares Inverses Pendels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassischer SCARA-Roboter für den Industrieeinsatz [12] . . . . . . . . . Konstruktionszeichnung eines SCARA-Roboters mit Parallelkinematik und der Bezeichnung der Einzelteile (nach [17]) . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel zum D’ALEMBERTsche-Prinzip [1, S.138] . . . . . . . . . . . . Koordinatenbezeichnungen des SCARA-Roboters mit Parallelkinematik . Linker Oberarm mit zusätzlicher Masse am TCP (schematisch) . . . . . . Linker Unterarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Linker Oberarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechter Oberarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechter Unterarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geometrische Lösung der Rücktransformation am Beispiel des linken Arms des vorliegenden SCARA-Roboters (nach [23, S.56]) . . . . . . . . . . . . Kreuztisch (links); Pendellagerung beim Kreuztisch (rechts) . . . . . . . Flussdiagramm zur Dynamik der Parallelkinematik . . . . . . . . . . . . Schematischer Aufbau eines Regelkreises mit Regeleinrichtung und Regelstrecke ([8, nach S.5]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schematischer Aufbau des definierten Regelkreises zur TCP-Einstellung über die Winkel an den Antrieben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung von Zwischenwerten auf einer Geraden für eine lineare CPSteuerung (aus [23, S.81]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Darstellung der Beschleunigungs-, Geschwindigkeits- und Wegdiagramme für ein Sinoidenprofil (aus [23, S.73]) . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

4 5 6 9

. . . . . . . .

10 11 12 13 14 16 18 20

. 23 . 28 . 32 . 34 . 36 . 43 . 45

Veränderung der scheinbaren Öffnungsdurchmesser durch unterschiedliche Belichtungen ([5, S.201]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Hochschule Ulm

v

Abbildungsverzeichnis 4.1

Übersicht aller notwendigen und in der vorliegenden Arbeit gelösten Aufgaben zum Thema „Stabilisierung eines Inversen Pendels mit dem Stellglied - SCARA mit Parallelkinematik“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

Hochschule Ulm

vi

Tabellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis 3.1

Vergleich verschiedener Auflösungen einer Kamera mit den zugehörigen Auflösungen in mm pro Pixel im Arbeitsraum . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Hochschule Ulm

vii

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis AP

Arbeitspaket

CP

Continuous Path

FHG

Freiheitsgrad

MP

Megapixel

NI

National Instruments

PTP

Point to Point

SCARA

Selective Compliance Assembly Robot Arm

TCP

Tool Center Point

Hochschule Ulm

viii

Symbolverzeichnis zur Parallelkinematik

Symbolverzeichnis zum Inversen Pendel Symbol Fxw

Einheit N

Beschreibung Kraft auf den Wagen der Pendellagerung

g

m/s2

Gravitationskonstante 9, 81

Hx , Vx

N

Hilfskräfte

l

m

Halbe Pendellänge

mp , mw

kg

Pendel- und Wagenmasse

ϕx , ϕ˙ x , ϕ¨x

rad rad/s rad/s2 m m/s m/s2 m m/s m/s2

Winkelauslenkung zwischen der Vertikalen und der Pendelstange, sowie die zeitlichen Ableitungen

xsx , x˙ sx , x¨sx , zsx , z˙sx , z¨sx xwx , x˙ wx , x¨wx

x-,z-Koordinaten des Schwerpunkts des Pendels, sowie die zeitlichen Ableitungen x-Koordinaten des Wagens der Pendellagerung, sowie die zeitlichen Ableitungen

Symbolverzeichnis zur Parallelkinematik Symbol βl , β˙ l , β¨l

βol , β˙ ol , β¨ol

βor , β˙ or , β¨or

βr , β˙ r , β¨r

Jl , Jr

Hochschule Ulm

Einheit rad rad/s rad/s2 rad rad/s rad/s2 rad rad/s rad/s2 rad rad/s rad/s2 kg/m3

Beschreibung Winkel zwischen der Horizontalen und dem linken Unterarm, sowie die zeitlichen Ableitungen Winkel zwischen der Horizontalen und dem linken Oberarm, sowie die zeitlichen Ableitungen Winkel zwischen der Horizontalen und dem rechten Oberarm, sowie die zeitlichen Ableitungen Winkel zwischen der Horizontalen und dem rechten Unterarm, sowie die zeitlichen Ableitungen Auf die Festlager der Antriebe transformierte Trägheitsmomente des linken und rechten Unterarms

ix

Symbolverzeichnis zur linearen Bahnsteuerung Symbol Jsol , Jsor lol , lor

m

Beschreibung Trägheitsmomente der Schwerpunkte des linken und rechten Unterarms Länge des linken und rechten Oberarms

lul , lur

m

Länge des linken und rechten Unterarms

Ml , Mr

Nm

Antriebsmoment am linken und rechten Antrieb

mol , mor

kg

Gewichte des linken und rechten Oberarms

xbl , ybl

m

xbr , ybr

m

xl , x˙ l , x¨l ,

m m/s m/s2 m m/s m/s2 m m/s m/s2 m m/s m/s2 m m/s m/s2

x-,y-Koordinaten des linken Antriebs (gleichzeitig Aufhängungspunkt Pbl des linken Unterarms) x-,y-Koordinaten des rechten Antriebs (gleichzeitig Aufhängungspunkt Pbr des rechten Unterarms) x-,y-Koordinaten des Gelenkes zwischen linkem Unterund Oberarm, sowie die zeitlichen Ableitungen (Pl )

yl , y˙ l , y¨l xr , x˙ r , x¨r , yr , y˙ r , y¨r xsol , x˙ sol , x¨sol , ysol , y˙ sol , y¨sol xsor , x˙ sor , x¨sor , ysor , y˙ sor , y¨sor xtcp , x˙ tcp , x¨tcp , ytcp , y˙ tcp , y¨tcp

Einheit kg/m3

x-,y-Koordinaten des Gelenkes zwischen rechtem Unterund Oberarm, sowie die zeitlichen Ableitungen (Pr ) x-,y-Koordinaten des Schwerpunkts des linken Oberarms, sowie die zeitlichen Ableitungen (Psol ) x-,y-Koordinaten des Schwerpunkts des rechten Oberarms, sowie die zeitlichen Ableitungen (Psor ) x-,y-Koordinaten der Arbeitsplattform Ptcp (TCP), sowie die zeitlichen Ableitungen

Symbolverzeichnis zur linearen Bahnsteuerung Symbol bp

Einheit m/s2

Beschreibung Bahnbeschleunigung

p

-

Ortsvektor

pSt , pz

-

PSt , Pz

-

Vektoren zum Start- und Zielpunkt der Bahn bzgl. des Ursprungskoordinatensystems Vektoren zum Start- und Zielpunkt der Bahn

Hochschule Ulm

x

Symbolverzeichnis zur linearen Bahnsteuerung Symbol sep sp (t)

m

Beschreibung Wegstrecke des Bahnsegments zwischen Start- und Endpunkt Aktuelle Weglänge

tbp

s

Ende der Beschleunigung

tep

s

Gesamtdauer der Bahnbewegung

tvp

s

Beginn der Verzögerung

vp

m/s

Bahngeschwindigkeit

Hochschule Ulm

Einheit m

xi

Einleitung

1 Einleitung In diesem Kapitel werden die Aufgabenstellung, die Projektplanung und die physikalischen Grundlagen aufgeführt und erläutert.

1.1 Motivation und Aufgabenstellung Jeder hat in seinem Leben schon einmal versucht, etwas auf der Spitze einer seiner Finger zu balancieren. Sei es ein Löffel, ein Teller oder einen Besenstiel. Genau diesen Besenstiel kennt die Mathematik schon sehr lange als Inverses Pendel, wobei er auch gemeinhin als balancierender Stab bekannt ist. Gerade das Ausbalancieren des Pendels, welches sich um zwei Achsen frei bewegen kann, ist eine Herausforderung für einen Automat. Hingegen kann der Mensch mit seinen vielen Sinnen und seiner Lernfähigkeit die nötige Korrekturbewegung zur Stabilisierung des Pendels problemlos ausführen. Die dafür erforderliche Bewegung soll in einem Demonstrationsmodell durch einem Selective Compliance Assembly Robot Arm (SCARA)-Roboter mit Parallelkinematik in einer x-y-Ebene, d.h. mit zwei Freiheitsgraden, als Stellglied ausgeführt werden. Sicher kann der Mensch auch die z-Achse zur vertikalen Bewegung einsetzen, jedoch wird dies in der vorliegenden Arbeit mit dem gegebenen flächenaufspannenden SCARA nicht verwendet. Es gibt viele Möglichkeiten den menschlichen Arm in einem Automat für eine mechanische Bewegung nachzubilden, jedoch wurde in einer vorherigen Studienarbeit ein SCARA-Roboter als Basis für ein Inverses Pendel bereits konstruiert. In Folge dessen wird in dieser Arbeit auf keine weiteren Bewegungsansätze zur vertikalen Pendelfußverschiebung eingegangen. Das Ziel dieser Arbeit ist es die mathematische Beschreibung des Pendels und des SCARARoboters mit Parallelkinematik zu entwickeln und durch ein Modell (MATLAB© ) mit einer Regelung für den SCARA, der als Stellglied bezeichnet wird, zu beschreiben, bzw. zu simulieren. Dabei steht die Stabilisierung des Pendels eher im Hintergrund. Neben der vorangegangen Studienarbeit über die Konstruktion eines SCARAs mit Parallelkinematik gibt es bisher keinen realen Aufbau. Jedoch gibt es die Möglichkeit einen Roboter dieser Bauart zu erwerben. Dies widerspricht aber dem Ziel der Hochschule, Geräte selbst zu ent-

Hochschule Ulm

1

Einleitung wickeln. Die Literatur liefert nur Modelle, Beschreibungen und Herleitungen für sequentielle Knickarm-Roboter und Tetrapode. Folglich nimmt die mathematische Beschreibung und die Modellimplementierung mit passende Regler für das Stellglied die zentrale Rolle in der vorliegenden Arbeit ein. Weiterhin werden sensortechnische Möglichkeiten zur Bestimmung des Neigungswinkels des Pendels bezüglich der Horizontalen erörtert, wobei der Schwerpunkt auf dem Gebiet der digitalen Bildverarbeitung liegt. Um die Pendelbewegungen um zwei Achsen nachzubilden, muss auch eine passenden Aufhängung/Lagerung für den Pendelstab gefunden werden, wobei verschiedene Ansätze betrachtet werden sollen. Zusammenfassend liegt meine Motivation bei der Erarbeitung der Aufgaben im Bereich der Modellbildung und der Regelungstechnik. Die digitale Bildverarbeitung eröffnet mir einen Einblick in den Bereich des aktuellen Industrieeinsatzes hinsichtlich berührungsloser Lagemessungen.

1.2 Projektplan Der Projektplan beinhaltet die Zeitplanung für die verschiedenen Arbeitspaketen.

1.2.1 Arbeitspakete Die Projektarbeit beinhaltet viele Einzelpunkte. Um den Überblick zu behalten, wurden sogenannte Arbeitspakete (AP) erstellt. Diese ermöglichen eine Abgrenzung der Teilaufgaben zueinander und spiegeln den aktuellen Projektstand wider. Nach Abschätzung des zeitlichen Aufwands zur Erreichung der Projektziele wurden die folgenden AP geschnürt. Dabei wurde das Paket zur digitalen Bildverarbeitung als letztes angestellt, um die primären Ziele der Arbeit nicht zu behindern. AP1 Einarbeitung in das Thema Inverses Pendel und SCARA mit Parallelkinematik AP2 Sensorprinzipien und konstruktive Ansätze in Mechanik und Elektronik AP3 Mathematische Beschreibung der Einzelelemente AP4 Regelmodell und MATLAB© -Modell AP5 Pendelwinkelbestimmung mit digitaler Bildverarbeitung

Hochschule Ulm

2

Einleitung AP6 Dokumentation und Präsentation der Ergebnisse

1.2.2 Zeitplan Die Zeitplanung und die Meilensteine spielen in einem Projekt eine wichtige Rolle, da man mit diesem den Projektfortschritt messen bzw. den aktuellen Stand bewerten kann. Auf Grund dieser Mess-und Bewertungsmöglichkeit können ggf. Änderungen und/oder Maßnahmen zum weiteren Vorgehen im Projekt vorgenommen werden. Die Zeitplanung für die sechs Arbeitspakete (APe) zeigt die folgende Liste: AP1 KW 41 bis 43 (2012) AP2 KW 44 bis 45 AP3 KW 46 bis 52 AP4 KW 1 bis 3 (2013) AP5 KW 4 bis 7 AP6 KW 8 bis 10 Der Zeitplan ist zu Projektbeginn erstellt worden. Während der Bearbeitungszeit fanden zweiwöchentlich Projektmeetings mit den Betreuern statt.

1.3 Grundlagen In diesem Kapitel werden die beiden Hauptelemente, das Inverse Pendel und der SCARA mit Parallelkinematik ausführlich untersucht und dabei die zugehörigen mathematischen Beschreibungen entwickelt. Die darauf aufbauende Modellimplementierung und die Erstellung des Gesamtmodells, werden aber erst in Kapitel 2 beschrieben.

Hochschule Ulm

3

Einleitung

1.3.1 Inverses Pendel Ein Inverses Pendel kann man mit einem Besenstiel auf der Fingerkuppe oder der Handfläche vergleichen. Folglich pendelt es nicht unterhalb des Aufhängungspunktes, sondern es steht auf ihm und kann sich bei unserer Betrachtung dort frei1 um zwei Achsen bewegen.2 Ein Pendel dieser Art besteht im einfachsten Fall aus einer Pendelstange und einem in einer Ebene verschiebbaren Lagerpunkt, an dem die Pendelstange beweglich fixiert ist. Ein Pendel dieser Art wird als räumliches Inverses Pendel bezeichnet.[20] Die Abbildung 1.1 zeigt schematisch ein räumliches Inverses Pendel.

y

x

Abbildung 1.1: Schematische Darstellung eines räumlichen Inversen Pendels

Durch die Lagerung der Pendelstange ist es ein instabiles System, d.h. ohne eine Regelung des Aufstellungspunktes (Mensch: Fingerkuppe) kippt die Pendelstange nach unten.[15] Das Prinzips des Inversen Pendels findet nicht nur, durch seine Anschaulichkeit, in der Lehre (Demonstrationsmodell für die Regelung einer instabilen Strecke,...) Beachtung, sondern es gibt auch praktische Anwendungen. Hierzu zählen u.a. das Balancieren einer Rakete bei der Fahrt von der Montagehalle zur Startrampe, das Halten eines zweibeinigen Roboters in einer aufrechten Position und einachsige, selbststabilisierende Roller (SEGWAY™siehe Bild1.2;[3]). Modell des linearen Inversen Pendels [19, S.77ff] Anhand des Modells in Abbildung 1.3 werden im Folgenden die Bewegungsgleichungen des Pendels mit seinem Wagen ermittelt. Zunächst wird die Betrachtung auf das Pendel mit nur einem Freiheitsgrad (FHG) beschränkt, d.h. es gibt nur eine Bewegung entlang der 1 2

Es gibt keine Behinderung der Pendelbewegung durch Meß- und Aufhängungselemente Häufiger ist das lineare Inverse Pendel, dass sich nur auf einer Achse frei bewegen kann.

Hochschule Ulm

4

Einleitung

Abbildung 1.2: Segway™i2 [22]

x-Achse. Aus diesen Ergebnissen wird dann auf ein Pendel das zwei FHGe besitzt übergegangen. Die mathematische Beschreibung erfolgt ohne Linearisierung3 des Systemverhaltens, d.h. es wird das Großsignalverhalten beschrieben. Für die Bewegungsgleichungen des Pendels mit Wagen sind die beiden Elemente freigeschnitten. Wobei der Wagen die 2 Masse mw und das Pendel die Masse mp , die Länge 2l und das Trägheitsmoment Jp = m3p l besitzen. Der Wagen kann nur horizontal (Entlang der x-Achse mit Koordinate xwx ) bewegt werden. Hingegen kann das Pendel um seinen Lagerpunkt drehen (Winkel ϕx ), dabei erfährt sein Schwerpunkt eine Bewegung in zwei Achsen (Koordinatenrichtungen xsx und zsx ). Die Antriebskraft des Wagens ist Fxw ; G bzw. mw · g sind Gravitationskräfte. Die Kräfte Hx und Vx sind Reaktionskräfte am Lagerpunkt der Pendelstange.

Translation: mw · x¨wx = Fxw − Hx

3

(1.3.1)

mp · x¨sx = Hx

(1.3.2)

mp · z¨sx = Vx − mp · g

(1.3.3)

Bei der Linearisierung werden nur Abweichungen um einen Arbeitspunkt betrachtet (Kleinsignalverhalten). Damit entstehen lineare Differentialgleichungen. [8, S.106]

Hochschule Ulm

5

Einleitung

ϕx zsx xsx mp*g

Vx Hx

l Hx mw

z

Fwx G

x

Vx

Abbildung 1.3: Modell lineares Inverses Pendels

Rotation: Jp · ϕ¨x = Vx l · sin ϕx + Hx l · cos ϕx

(1.3.4)

Geometrie: xsx = xwx − l · sin ϕx

(1.3.5)

zsx = l · cos ϕx

(1.3.6)

Im nächsten Schritt werden die Gleichungen umgeformt und die beiden variablen Kräfte Hx und Vx in diese eingesetzt (Die ausführliche Herleitung ist in Anhang A.1 aufgeführt). Für Vx und Hx gelten: Vx = mp · z¨sx + mp · g

(1.3.7)

Hx = mp · x¨sx

(1.3.8)

Hochschule Ulm

6

Einleitung Umgeformt erhält man: Vx = (−1) · mp · l · ϕ¨x · sin ϕx − mp · l · ϕ˙ 2x · cos ϕx + mp · g Hx = mp · x¨wx − · mp · l · ϕ¨x · cos ϕx − mp · l · ϕ˙ 2x · sin ϕx

(1.3.9) (1.3.10)

Die Gleichung der translatorischen und der rotatorischen Bewegung werden wie folgt beschrieben:

Translation x¨wx (mp + mw ) = Fwx + mp · l · ϕ¨x · cos ϕx − mp · l · ϕ˙ 2x · sin ϕx

(1.3.11)

Rotation ϕ¨x Jp + mp · l2 = mp · l · g · sin ϕx + mp · l · x¨wx · cos ϕx 



(1.3.12)

Damit sind alle kinematischen Zusammenhänge eines linearen inversen Pendels beschrieben. Leider liefert das Großsignalverhalten des Pendels mit seinen Termen cos ϕx und sin ϕx ein nichtlineares Verhalten. Folglich gelingt es daraus nicht, die gewünschte Funktionsgleichung ϕ = f (Fxw ) zu ermitteln. Um die störenden nichtlinearen sin - und cos Terme zu eliminieren, stellt man Randbedingungen auf. Es bietet sich hier an, den Winkel ϕx als sehr klein anzunehmen! Unter dieser Betrachtung lassen sich die Terme cos ϕx zu 1 und sin ϕx zu ϕx vereinfachen. Anschließend werden alle Potenzwerte von ϕx und dessen Ableitungen zu Null gesetzt, da diese sehr viel kleiner als ϕx sind. Ausgangslage für die Berechnung der gesuchten Funktionsgleichung mit der Abhängigkeit zwischen Translation und Rotationen sind die Gleichungen 1.3.11 und 1.3.1. Nach der Eliminierung der nichtlinearen Terme und der Potenzwerte ergibt sich für beide Gleichungen: ϕ¨x Jp + mp · l2 = mp · l · g · ϕx + mp · l · x¨wx 



x¨wx (mp + mw ) = Fxw + ϕ¨x · mp · l

Hochschule Ulm

7

(1.3.13) (1.3.14)

Einleitung Um den Zusammenhang zwischen dem Winkel ϕx und der Kraft Fxw zu erhalten, wird der Term x¨wx durch Einsetzen eliminiert. Durch weiteres Umformen ergibt sich die Übertrax (s) (Die zugehörigen Schritte sind im Anhang A.2 einzusehen). gungsfunktion Gs (s) = Fϕxw (s) b0 2 + sa1 + a0 1 b0 = g · (mw + mp )

Gs (s) =

s2 a

(1.3.15)

a0 = −1 a1 = 0 4l mp · l a2 = − 3g g · (mw + mp )

Mit der entstandenen Übertragungsfunktion kann die Instabilität des inversen Pendels gezeigt werden. Ein System ist als instabil zu bezeichnen, wenn der Realteil mindestens eines Pols4 der Übertragungsfunktion G (s) positiv ist.[8, nach S.410f] s

2

!

mp · l 4l − −1=0 3g g · (mw + mp ) s2 =

(1.3.16) 1

l − g ·m(mp w·+m p) v u 1 u s1 = +t 4l l − g ·m(mp w·+m 3g p)

s2 =

4l 3g

v u u −t

1 4l 3g

l − g ·m(mp w·+m p)

(1.3.17) (1.3.18) (1.3.19)

Die nun entwickelten Gleichungen gelten nur für eindimensionale Inverse Pendel. Diese Übertragungsfunktion kann aber auch auf die vorliegende zweidimensionale Version mit zwei FHG übertragen werden, da wie z.B. beim Kreuztisch5 , die zwei Achsen unabhängig gelagert werden können. Ein passender Implementierungsansatz wird im Kapitel 2.2.2 untersucht.

1.3.2 SCARA mit Parallelkinematik In der modernen Fertigung von Produkten aller Art sind Industrieroboter nicht mehr wegzudenken. Sie können ohne Ermüdung 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Wo4 5

Nullstellen des Nenners einer Übertragungsfunktion. x- und y-Achsen werden unabhängig verstellt, das Pendel ist achsenbezogen gelagert und die Auslenkwinkel werden achsenbezogen gemessen.

Hochschule Ulm

8

Einleitung che arbeiten und dabei eine von Menschenhand nicht realisierbare Präzision erreichen. Sehr verbreitet sind dabei die SCARA-Roboter, die einem menschlichen Arm mit drehbaren Handgelenk als Werkzeugträger nachempfunden sind (siehe Abb. 1.4). Diese Roboter verfügen mit ihren verschiedenen Drehgelenken bzw. Schubachsen über einen dreidimensionalen Arbeitsraum. Der in der vorliegenden Arbeit betrachtete Roboter besitzt neben

Abbildung 1.4: Klassischer SCARA-Roboter für den Industrieeinsatz [12]

dem vom klassischen SCARA her bekannten Roboterarm, einen zweiten Arm. Diese beiden Arme sind an ihren Händen in einer Art Gebetshaltung mit einander verbunden. Dieser neue Roboterverbund wird dabei so konstruiert, dass nur noch Bewegungen in der horizontalen Achse möglich sind. Realisiert wird dies durch drehbare Antriebe in den Schultergelenken6 . Die Konstruktionszeichnung eines Roboters dieser Bauart ist der Abbildung 1.5 zu entnehmen. Hierbei sind die Einzelteile des Roboters mit wiedererkennbaren und nachvollziehbaren Begriffen gekennzeichnet. Zu beachten ist dabei, dass die Bezeichnungen auch im Verlauf der Arbeit beibehalten werden. Um eine Modellierung des Roboters zu ermöglichen, ist es notwendig, die Dynamik der Parallelkinematik mit Hilfe der Kinetik mathematisch zu beschreiben. Dem entgegen steht die Kinematik, die sich mit den geometrischen Beziehungen beschäftigt. Die Literatur definiert die Kinematik wie folgt. “Aussagen über die bewegungsverursachenden Kräfte sind erst möglich, wenn die Geometrie der Bewegung selbst erfasst ist. Deshalb ist es notwendig, zunächst ohne nach den Ursachen zu fragen, sich mit den verschiedenen Bewegungsarten eines Punktes bzw. eines starren Körpers zu befassen. Dieses Teilgebiet nennt man Kinematik .... Nach diesen Ausführungen arbeitet 6

Klassische SCARA Roboter besitzen sequentielle Antriebe in jedem Gelenk

Hochschule Ulm

9

Einleitung

Rechter Unterarm (4) Rechter Antrieb (mit Getriebe)

Rechter Oberarm (3)

Linker Antrieb (mit Getriebe)

Arbeitsplattform (TCP/Spitze)

Linker Ober -arm (2)

Linker Unter -arm (1)

Abbildung 1.5: Konstruktionszeichnung eines SCARA-Roboters mit Parallelkinematik und der Bezeichnung der Einzelteile (nach [17])

die Kinematik als Lehre von Bewegungen mit den Grundgrößen Länge und Zeit.“[1, S.1] An diese Betrachtung anknüpfend, wird genau der vorliegende Fall beschrieben, denn für den SCARA gibt es nur die Abhängigkeit zwischen Position(Länge) und Zeit. Dabei wird die Position der bewegten Plattform (Roboter-Hand/TCP) aus den Stellungen der Roboter-Arme bestimmt. Der unabhängige Zusammenhang zwischen den Aktoren, also den Antrieben, und der bewegten Roboter-Hand wird als Parallelkinematik bezeichnet. Bei der Parallelkinematik wirken alle Aktoren unmittelbar auf die gleiche bewegte Plattform. Dem entgegen steht die Seriellkinematik, bei der eine klare Zuordnung Aktor/Achse besteht.7 Die Vorteile der Parallelkinematik gegenüber der seriellen Bauart sind u.a. die geringere Massenträgheit, keine bewegten Kabel, keine Akkumulation von Führungsfehlern und der kompaktere Aufbau.[14] Der Vorteil bei der Massenträgheit und der Folgeführungsfehler kommt der späteren Regelung entgegen. Hingegen werden bei der Kinetik die Kräfte, die für eine Bewegung notwendig bzw. bei einer Bewegung vorhanden sind, betrachtet. Mit dem Einfluss dieser Definition werden im Folgenden Abschnitt die Bewegungsgleichungen für die vorliegende Parallelkinematik entwickelt.

7

Der Aktor der Folgeachse wird durch die vorangegangene Achse bewegt, d.h. seine Position wird damit bestimmt.

Hochschule Ulm

10

Einleitung 1.3.2.1 Bewegungsgleichungen Zur Ermittlung der Bewegungsgleichungen, die sowohl rotatorischer als auch translatorischer Art sind, ist es notwendig die Einzelteile freizuschneiden. Auf die einzelnen Elemente wird das D’ALEMBERTsche-Prinzip8 , welches im Folgenden nach [1, S.138] kurz erläutert wird, angewandt. Beispielhaft wirken Kräfte F~x in beliebigen Punkten einer starren Scheibe in verschiedene Richtungen (siehe Abb. 1.6). Weiterhin ist der Schwerpunkt be-

Abbildung 1.6: Beispiel zum D’ALEMBERTsche-Prinzip [1, S.138]

kannt. Diese Kräfte bilden in einem Punkt (hier der Schwerpunkt) eine resultierende ~ res . Die resultierende Kraft verursacht eine Kraft F~res und ein resultierendes Moment M Beschleunigung in gleicher Richtung und das Moment über die Winkelbeschleunigung eiP ~ P = J ·α ~ ne Drehung. Die nach Newton bekannten Gleichungen F~ = m · ~a und M P ~ P~ ~ = 0. Im Falle ~a = 0 und werden umgestellt nach F − m · ~a = 0 und M − J · α α ~ = 0 ist die Summe der Kräfte und die Summe der Momente gleich Null. Diese Gleichungen beschreiben die Gleichgewichtsbedingungen der Statik. Damit bietet es sich an die Kraft m · ~a und das Moment J · α ~ in das Kräftesystem mit negativem Vorzeichen, d.h. entgegengesetzt der Beschleunigungsrichtung, einzuführen und wie äußere Kräfte und Momente zu behandeln. Ein System, dass so ergänzt wurde, kann mit den Gesetzen der statischen Gleichgewichtsbedingungen behandelt werden. Nach diesem Prinzip ist es möglich, eine Aufgabe der Kinetik auf eine Aufgabe der Statik zu reduzieren. Weiterhin wird der STEINERsche Satz9 für Massenträgheitsmomente zur Verlagerung von Massenmittelpunkt-(Schwerpunkt-)eigenschaften benötigt. Aus der Definition des STEINERschen Satzes folgt für eine Verlagerung des Trägheitsmoments in einen Punkt einer 8

Jean-Baptiste le Rond, genannt D’Alembert, (* 16. November 1717 in Paris; † 29. Oktober 1783 ebenda) war einer der bedeutendsten Mathematiker und Physiker des 18. Jahrhunderts und ein Philosoph der Aufklärung. Gemeinsam mit Diderot war der Aufklärer Herausgeber der Encyclopédie. Er selbst beschäftigte sich jedoch vor allem mit dem mathematischen Teil. 9 Steiner, Jakob (1796-1863), schweizer Geometer

Hochschule Ulm

11

Einleitung parallelen Achse zum Schwerpunkt das Massenträgheitsmoment J = Js + l2 · m. Hierbei ist J das verlagerte Trägheitsmoment, Js das Trägheitsmoment im Schwerpunkt, l der Abstand zum Schwerpunkt und m die Masse des zugehörigen Körpers (nach [1, S.180ff]).

Oberarme

Ptcp(xtcp/ytcp)

Psor(xsor/ysor)

Psol(xsol/ysol)

βor

βol

2

3

Pl(xl/yl)

Pr(xr/yr)

Unterarme

βl βr 1

Ml

4

Mr

y Pbl(xbl/ybl)

β

Pbr(xbr/ybr)

x

Abbildung 1.7: Koordinatenbezeichnungen des SCARA-Roboters mit Parallelkinematik

Die Abbildung 1.7 zeigt eine Übersicht mit allen wichtigen Koordinaten/Größen samt zugehörigen Koordinatensystem und den Bezeichnungen der Elemente des SCARA-Roboters zur Bewegungsanalyse. Alle vorkommenden Koordinaten sind in einem mathematisch richtigen x-y-Koordinatensystem beschrieben, wobei die x-Achse die horizontalen und die yAchse die vertikalen Koordinaten beschreibt.10 Weitere Bezeichnungen folgen bei Bedarf beim Aufstellen notwendiger Gleichungen. Im Folgenden wird jeder Armteil der parallelen Kinematik einzeln betrachtet, d.h. der linke/rechte Unter- bzw. Oberarm. Kräfte zwischen zwei Einzelelementen werden entsprechend ihrer Verbindung, z.B. F12 für Kräfte zwischen Teil 1 und in Richtung 2, bezeichnet. Zur Übersichtlichkeit werden die Vektorpfeilsymbole bei den Größen in den Gleichungen weggelassen. Die Herleitungen der Bewegungsgleichungen unterliegen der Bedingung, dass im TCP keine eigene Masse vorhanden ist. Folglich wird auch angenommen, dass die Masse der 10

Der hier betrachtet SCARA spannt bauartbedingt nur eine Fläche und keinen Raum auf, somit kann auf eine z-Achse, als Hochachse verzichtet werden.

Hochschule Ulm

12

Einleitung Pendelstange des Inversen Pendels bezüglich des SCARAs vernachlässigbar klein ist. Diese beiden Annahmen werden durch die Verwendung einer Bildverarbeitung als Pendelsenorik, die nicht auf dem TCP liegt, unterstützt. Möchte man hingegen ein Werkzeug, bzw. eine eigene Masse im TCP verwenden, müssen die Herleitungen abgeändert werden. Da der TCP fest mit einem der beiden Oberarme verbunden ist, wird die Masse diesem zugeschlagen (Bsp. siehe Abb. 1.8). Folglich ändert sich die Gesamtmasse und das Trägheitsmoment des betroffenen Oberarms. Zusätzlich verschiebt sich dessen Schwerpunkt. Damit müssen die entsprechenden rotatorischen und translatorischen Gleichungen, sei es vom rechten oder linken Oberarm, angepasst werden. TCP – Masse

TCP

Rechter Oberarm

Linker Oberarm mit TCPMasse

Abbildung 1.8: Linker Oberarm mit zusätzlicher Masse am TCP (schematisch)

• Linker Unterarm (1) (Abb. 1.9) Der linke Unterarm ist an einem Ende an einem Antrieb befestigt, der als Festlager gewählt werden kann. Mit Hilfe des Steinerschen Satzes kann nun der Schwerpunkt mit seinem Trägheitsmoment in dieses Festlager transformiert werden. Daraus folgt Jsl wird zu Jl . Durch die Transformation erfährt der neue Schwerpunkt keine translatorische Bewegung mehr, da äußere Kräfte auf sein neuen Schwerpunkt im Festlager keinen Einfluss mehr haben. Aber die rotatorische Bewegung bleibt weiterhin erhalten, da ein durch den Antrieb erzeugtes äußeres Moment Ml wirkt. Aus dem freigeschnittenen linken Unterarm mit den notwendigen Kräften und Momenten folgen die Gleichungen:

Rotation Jl · β¨l = Ml − F12x · ∆yl − F12y · ∆xl

Hochschule Ulm

13

(1.3.20)

Einleitung Geometrische Beziehungen für Pl ∆xl = xl − xbl

(1.3.21)

∆yl = yl − ybl

(1.3.22)

xl = xbl + lul · cos (βl )

(1.3.23)

yl = ybl + lul · sin (βl )

(1.3.24)

Δxl Pl(xl/yl)

F12y Δyl F12x

Ml Steiner‘scher Satz

y

Pbl(xbl/ybl)

β x

Abbildung 1.9: Linker Unterarm

Hochschule Ulm

14

βl

Jl*βl‘‘

Einleitung • Linker Oberarm (2) (Abb. 1.10) Der linke Oberarm besitzt kein Festlager und sein Schwerpunkt Psol erfährt eine translatorische und rotatorische Bewegung. Durch die Lage des Schwerpunktes in der Stabmitte ist zu beachten, dass gilt: ylo = ylu = 12 ∆yol bzw. xll = ylr = 21 ∆xol .

Rotation Jsol · β¨ol = −F12x · ylu + F12y · xll − F23x · ylo + F23y · xlr 1 = (∆yol (−F12x − F23x ) + ∆xol (F12y + F23y )) 2

(1.3.25)

Geometrische Beziehungen für die Spitze Ptcp ∆xol = xtcp − xl mit xl siehe Gleichung 1.3.23

(1.3.26)

∆yol = ytcp − yl mit yl siehe Gleichung 1.3.24

(1.3.27)

xtcp = xbl + lul · cos (βl ) + lol · cos (βol )

(1.3.28)

ytcp = ybl + lul · sin (βl ) + lol · sin (βol )

(1.3.29)

Translation mol · x¨sol = −F12x + F23x

(1.3.30)

mol · y¨sol = −F12y + F23y

(1.3.31)

Die zweifache zeitliche Ableitung der Koordinaten des Schwerpunktes dieses Oberarms wird im Anhang B.1 ausführlich hergeleitet. Für den rechten Oberarm befindet sich die Herleitung ebenfalls dort.

Hochschule Ulm

15

Einleitung

Ptcp(xtcp/ytcp)

F23y

Δxol

Jsol*βol‘‘ Δyol

msol*xsol‘‘

xlr

ylu

ylo

msol*ysol‘‘

xll

Psol(xsol/ysol)

βol y Pl(xl/yl)

F12x

β

F12y x Abbildung 1.10: Linker Oberarm

Hochschule Ulm

16

F23x

Einleitung • Rechter Oberarm (3) (Abb. 1.11) Für den rechten Oberarm gelten die gleichen Randbedingungen wie für den linken Oberarm. Für die Lage des Schwerpunktes in der Stabmitte gilt nun analog: yro = yru = 12 ∆yor bzw. xrl = yrr = 12 ∆xor .

Rotation Jsor · β¨or = F23x · yro + F23y · xrl − F34x · yru − F34y · xrr 1 = (∆yor (F23x − F34x ) + ∆xor (F23y − F34y )) 2

(1.3.32)

Geometrische Beziehungen für die Spitze Ptcp ∆xor = xtcp − xr

(1.3.33)

∆yor = ytcp − yr

(1.3.34)

xr = xbr + lur · cos (βr )

(1.3.35)

yr = ybr + lur · sin (βr )

(1.3.36)

xtcp = xbr + lur · cos (βr ) + lor · cos (βor )

(1.3.37)

ytcp = ybr + lur · sin (βr ) + lor · sin (βor )

(1.3.38)

Translation mor · x¨sor = −F23x + F34x

(1.3.39)

mor · y¨sor = −F23y + F34y

(1.3.40)

Hochschule Ulm

17

Einleitung

Ptcp(xtcp/ytcp) F23x

Δxor xrl

F23y

xrr Δyor yro

Jsor*βor‘‘ yru

msor*xsor‘‘ msor*ysor‘‘ Psor(xsor/ysor)

βor

y F34x

β

F34y x Abbildung 1.11: Rechter Oberarm

Hochschule Ulm

18

Pr(xr/yr)

Einleitung • Rechter Unterarm (4) (Abb. 1.12) Beim rechten Unterarm wird ebenfalls die Schwerpunkttransformation angewandt. Dabei wird analog zum linken Unterarm Jsr zu Jr . Das wirkende Antriebsmoment wird mit Mr bezeichnet.

Rotation Jr · β¨r = Mr − F34x · ∆yr + F34y · ∆xr

(1.3.41)

Geometrische Beziehungen für den Punkt Pr ∆xr = xr − xbr mit xr siehe Gleichung 1.3.35

(1.3.42)

∆yr = yr − ybr mit yr siehe Gleichung 1.3.36

(1.3.43)

Hochschule Ulm

19

Einleitung

Δxr

Pr(xr/yr)

F34y

Δyr

F34x

Steiner‘scher Satz Mr Pbr(xbr/ybr)

βr

y Jr*βr‘‘ β

x

Abbildung 1.12: Rechter Unterarm

Hochschule Ulm

20

Einleitung • TCP (Spitze Ptcp ): Die Beschleunigungen im TCP wirken sich direkt auf das Pendelverhalten aus, da sich die Pendellagerung im TCP befindet. Folglich müssen auch die Gleichungen für x¨tcp und y¨tcp bestimmt werden. Diese Beschleunigungen verhalten sich wie die, der Schwerpunkte in den Oberarmen des SCARAs. Hier zeigt sich nochmals die Bedingung, dass im TCP keine separate Masse mit translatorischen und ggf. rotatorischen Eigenschaften angenommen wird. Ausgehend von den Gleichungen B.1.1 und B.1.2, jedoch mit a = b = 1, ergibt sich:  2 



x¨tcp

= (−1) · lul · sin (βl ) · β¨l + cos (βl ) · β˙ l 



+ · (−1) · lol · sin (βol ) · β¨ol + cos (βol ) · β˙ ol

(1.3.44)

 2 



y¨tcp

2 

= lul · cos (βl ) · β¨l − sin (βl ) · β˙ l 



+ · lol · cos (βol ) · β¨ol − sin (βol ) · β˙ ol

2 

(1.3.45)

Damit sind alle notwendigen Gleichungen für die Bewegung des SCARAs aufgestellt. Hier werden noch keine Parameterbegrenzungen und keine Werte berücksichtigt. Die Parametrierung, das Festlegen von Grenzwerten und das Beschreiben von Nebenbedingungen werden erst im Kapitel 2.2.1, das sich ausführlich mit der Implementierung des Systemmodells beschäftigt, vorgenommen.

1.3.2.2 Geometrische Beziehungen (Koordinatentransformation) Neben der dynamischen Betrachtung der mechanischen Komponente „Parallelkinematik“ ist auch eine reine geometrische Betrachtung notwendig. Diese beschreibt den Zusammenhang zwischen den Winkeln an den beiden Antrieben und den kartesischen TCPKoordinaten der Parallelkinematik (TCP = f (βr , βl )). Die Rückwärtstransformation, ausgehend vom TCP, ist für die vorliegende Anwendung von großer Bedeutung. Begründet wird dies mit der Bedingung, dass der SCARA für eine Stabilisierung den TCP zum Punkt, den das Pendel auf die Ebene projiziert, bewegen soll. Da man nur den TCP über die Winkel (βr , βl ) beeinflussen kann, müssen die zum Ziel-TCP passenden Winkelwerte bestimmt werden.

Hochschule Ulm

21

Einleitung • Rücktransformation: Für die, nur in einer Ebene variable Geometrie der Parallelkinematik bietet es sich an, den Kosinussatz zu verwenden. Aufbauend auf die Angaben in([23, S.55f]) werden im Folgenden die geometrischen Beziehungen hergeleitet, veranschaulicht wird  T (bl) , der vom dies mit der Abb. 1.13. Mit dem Positionsvektor p = p(bl) = p(bl) , p x y Aufhängungspunkt Pbl des linken Unterarms zum TCP zeigt, sollen die Winkel α,β und γ bestimmt werden. Der zu Positionierung des TCP notwendige Winkel βl = q1 kann damit anschließend berechnet werden. Der Winkel α kann mit arctan2 11 berechnet werden. (bl) α = arctan2 p(bl) y , px





(1.3.46)

Zur Berechnung der Winkel β und γ wird der Kosinussatz angewandt: lol 2 = lul 2 + |p|2 − 2 · lul · |p| · cos (β) ⇒ β = arccos

lul 2 + |p|2 − lol 2 · lul · |p|

(1.3.48)

|p|2 = lol 2 + lul 2 − 2 · lol · lul · cos (γ) 2

⇒ γ = arccos

2

(1.3.47)

! 2

(1.3.49)

2!

lul + lol − |p| 2 · lul · lol

(1.3.50)

Daraus ergeben sich die Stellwinkel q1 und q2 : q1 = α + β

(1.3.51)

q2 = π − γ

(1.3.52)

Der Kosinus ist eine gerade Funktion, es gilt cos (ϕ) = cos (−ϕ). Folglich gibt es jeweils zwei Lösungen für β und γ und damit auch zwei Lösungen für q1 und q2 . Aber bei der vorliegenden Parallelkinematik ist ein Durchkippen des Unterarms nicht gestattet, d.h. der Winkel q1 muss ≥ α sein. Somit gibt es jeweils nur eine Lösung. Für den rechten Arm kann die Berechnung übertragen werden und es gilt analog q1 ≤ α. Mit den vorliegenden Gleichungen können jetzt die beiden Stellwinkel βr und βl in Abhängigkeit vom gewünschten TCP eindeutig bestimmt werden. 11

Diese Funktion liefert Werte im Bereich zwischen −π und π in Abhängigkeit von den Vorzeichen der Gegenkathete und Ankathete [23, S.36].    0 ≤ π ≤ π2 , für + x, +y  Θ = arctan xy ,        π   Θ = π + arctan y  , ≤ Θ ≤ π, für − x, +y x 2 Θ = arctan2 (y, x) =   Θ = −π + arctan xy , −π ≤ Θ ≤ − π2 , für − x, −y           Θ = arctan xy , − π2 ≤ Θ ≤ 0, für + x, −y

Hochschule Ulm

22

Einleitung

Ptcp(xtcp/ytcp)

q2

γ Pl(xl/yl) β q1

α

y Pbl(xbl/ybl)

β x

Abbildung 1.13: Geometrische Lösung der Rücktransformation am Beispiel des linken Arms des vorliegenden SCARA-Roboters (nach [23, S.56])

• Vorwärtstransformation Die Vorwärtstransformation, die den TCP in Abhängigkeit der Winkel βr und βl beschreibt, wird benötigt, um seine Position im Arbeitsraum12 ohne Wissen über die Winkel βol und βor der Parallelkinematik zu bestimmen. Hierbei wird die numerische Lösung unter Verwendung von MATLAB© bevorzugt, da die klassische Herleitung durch die quadratischen Gleichungen und die Anzahl der Variablen zu fehleranfällig ist. Die sich aus der Geometrie (siehe Abb.1.7) ableitenden Gleichungen und Bedingungen lauten: max |ytcp |

(1.3.53)

ytcp ∈R

u.d.N.: 0 = (xtcp − xr )2 + (ytcp − yr )2 − lor 2 2

2

0 = (xtcp − xl ) + (ytcp − yl ) − lol 2 12

Der Arbeitsraum ist der Bereich, in dem sich der TCP bewegen kann.

Hochschule Ulm

23

(1.3.54) (1.3.55)

Einleitung Für die Koordinaten xl , yl , xr und yr gelten die Gleichungen 1.3.23 und 1.3.24, sowie die analogen Beziehungen für den rechten Arm. Aus der numerischen Berechnung entsteht genau ein Koordinatenpaar, für den TCP. Dieser numerische Ansatz kann auch durch Auflösen und Umformen der Gleichungen in eine Funktion für xtcp und ytcp gewandelt werden. Diese Umformung wurde auf Grund des Rechenaufwands mit MATLAB© durchgeführt. Diese beiden Gleichungen liefern zwei Koordinatenpaare, wobei es im vorliegenden Fall, jenes mit der größeren ytcp -Koordinate ist. Die errechneten Gleichungen sind dem Anhang B.2 zu entnehmen, da diese sehr umfangreich sind. Damit sind alle für die Implementierung des SCARA-Modells notwendigen Gleichungen bekannt. Im nachfolgenden Kapitel werden die Komponenten Pendel und SCARA als Stellglied zusammengeführt und als MATLAB© -Modell implementiert.

Hochschule Ulm

24

Modellimplementierung

2 Modellimplementierung Dieses Kapitel beinhaltet einen Überblick über Sensoren zur Lagebestimmung des Pendels und einer möglichen Pendellagerung. Weiterhin wird das Modell der Mechanik des SCARAs und das Modell des Pendels entwickelt und in MATLAB© übertragen. Anschließend wird ein Regelungsansatz zur Regelung des SCARA mit Parallelkinematik als Stellglied beschrieben. Das Kapitel wird mit der Erläuterung verschiedener Verfahrstrategien für das Verfahren des TCP im Arbeitsraum abgerundet.

2.1 Sensorik und Lagerung des Pendels In diesem Abschnitt werden diverse Sensorprinzipien zur Lagebestimmung des Pendels ausführlich beschrieben. Zusätzlich wird ein Vorschlag für die Lagerung der Pendelstange auf dem TCP dargestellt.

2.1.1 Pendelsensorik für einachsige Messungen Als Pendelsensorik wird die Messeinrichtung zur Lagebestimmung der Pendelstange bezeichnet. Die primäre Messgröße, die zur Regelung und Stabilisierung des Pendels verwendet wird, ist der Winkel zwischen der vertikalen Ausrichtung und der Pendelstange. Möglich ist auch die Bestimmung des Winkels zur Horizontalen, dies wird in der Praxis aber nur gelegentlich angewendet. Es gibt verschiedenste Messverfahren von denen die gängigsten im Folgenden vorgestellt werden. • Potentiometer Bei der gängigsten Methode wird der Pendelwinkel mit einem Potentiometer mit anschließender A/D-Wandlung realisiert. Hierbei wird der Winkel mit einem als Spannungsteiler geschalteten Widerstand in eine winkelproportionale Spannung umgesetzt. Diese wird anschließend verstärkt und ggf. digitalisiert. Der Vorteil dieser

Hochschule Ulm

25

Modellimplementierung Methode ist die hohe Auflösung und eine kostengünstige Realisierung. Nachteilig ist die Notwendigkeit eines A/D-Wandlers und einer Referenzspannungsquelle. Hierbei muss auch beachtet werden, dass durch Berührungen (z.B. des Schleiferkontaktes) mechanische Widerstände auftreten, die die Pendelbewegung beeinflussen. • Optischer Encoder Ein rotatorisch optischer Encoder bietet eine weitere Möglichkeit zur Bestimmung des Pendelwinkels. Dabei wird eine aus hellen und dunklen Segmenten codierte Scheibe optoelektronisch abgelesen. Durch die Codierung besitzt jeder Winkel ein ganz spezielles einzigartiges Bitmuster, dass am Ausgang des Encoders anliegt. Um die Fehler beim Ablesen der Scheibe, gerade beim Übergang zwischen zwei Mustern, zu minimieren, wird die Scheibe nach einem bestimmten Muster codiert. Eine gängige Codiermethode ist der Gray-Code, bei dem sich zwischen zwei Werten nur ein Bit ändert. Der größte Nachteile gegenüber einem Potentiometer sind der hohe Preise und die geringe Auflösung.[4, vgl. S.39] • Optischer Inkrementalgeber Die überwiegende Anwendung von Inkrementalgeber ist die Drehzahlerfassung. Folglich ist auch eine Winkelmessung möglich! Die Funktionsweise ist an die des optischen Encoders angelehnt. Anstatt der Codescheibe wird eine Scheibe mit viele feinen Schlitzen eingesetzt. Es entsteht dabei aber keine absoluter Wert, sondern nur Inkremente. Zur tatsächlichen Bestimmung des Winkels muss ein Referenzpunkt definiert werden, von dem aus alle anderen Winkel durch Zählung der Inkremente errechnet werden können. Mit der hierfür verwendeten Fotodiode können höhere Auflösungen bis zu 4096 Inkrementen pro Umdrehung realisiert werden [3]. • Hall Sensor Die Realisierung mit einem Hall Sensor ist eher selten. Bei den geprüften Realisierungen hat [21] als einziger den Hall Sensor angewandt. Diese Messung ist sehr aufwendig und auch relativ ungenau. Bei einem Hallsensor generiert ein Permanentmagnet im Fußpunkt des Pendels ein statisches Magnetfeld. Die Feldlinien, die die Sensoren scheiden, erzeugen ein elektrisches Signal, indem sie bewegte Ladungsträger auf Grund der Lorentzkraft ablenken. Diese Phänomen wird auch Hall-Effekt genannt. Durch die differentielle Betrachtung zweier Hall-Sensoren kann ein winkelproportinales Signal gebildet werden. Der größte Vorteil liegt in der kontaktlosen und unsichtbaren Winkelmessung, die ein freistehendes Pendel ermöglicht. Dieser Aufbau spiegelt die ursprüngliche Idee des Balancieren eines Stabes auf der Fingerkuppel wieder. Der Halleffekt kann auch als Inkrementalgeber verwendet werden. Hierbei wird mit

Hochschule Ulm

26

Modellimplementierung einem geteilten permanentmagnetischen Material das periodisch abwechselnd gepolt ist gearbeitet. Abgetastet wird mit einem, von einem schwachen Strom gespeisten, Hallsensor der mit dem anliegenden Magnetfeld ein elektrisches Potential erzeugt. Dabei entstehen, dem optoelektronische Messprinzip ähnliche Signale.[4, vgl. S.40] • Kamera Eine berührungslose Messung des Pendelwinkels ohne dessen Bewegung zu beeinflussen, ist über ein Kamerasystem möglich. Die Aufnahmen der Kamera werden mit der Hilfe von Bildverarbeitungsalgorithmen ausgewertet. Dieses System ähnelt dem menschlichen Auge und kann durch hohe Auflösungen und Bildrate1 extrem schnell arbeiten. Die Anwendung der Bildverarbeitung zur Bestimmung der Pendelspitze und folglich auch der Winkel wird deshalb in dieser Arbeit im Kapitel 3 ausführlich diskutiert.

2.1.2 Lagerung des Pendels Die Suche nach einer passenden Lagerung der Pendelstangen ist wichtig. Die passende Lagerung ist hauptsächlich von der verwendeten Sensorik abhängig, da nicht jedes Lagerungsprinzip mit jeder Sensorik realisierbar ist. Hierbei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass man auch erst eine Lagerung wählen kann um dann eine bauformabhängige Sensorik zu wählen. Da in dieser Arbeit die Pendelsensorik mit Hilfe der digitalen Bildverarbeitung und einer ortsfesten Kamera realisiert werden soll, müssen keine Ausnahmen bzw. Berechnungen erfolgen, wie der Winkel in zwei Ebenen entsprechend des Ursprungskoordinatensystems gemessen wird. Soll die Messeinrichtung am Pendelfuß platziert werden, muss gewährleistet werden, dass die Messung in beiden Achsen unabhängig erfolgt. Unter dieser Bedingung wurde in der bisherigen Demonstrationsanlage „Kreuztisch“ eine kartesische Lagerung verwendet. Die Abbildung 2.1 zeigt den Kreuztisch und dessen Pendellagerung. Dies ist aber nur möglich, da die Ausrichtung dieser Vorrichtung bezüglich des Referenzkoordinatensystems des Ursprungs keine Drehung erfährt.2 Genau diese Drehung erfährt das Pendel durch die Parallelkinematik des SCARA, da die Pendellagerung hinsichtlich des Referenzkoordinatensystems durch die Bewegungseigenschaften der Kinematik verdreht wird. Dadurch ist es nicht möglich, mit dem vorherigen Prinzip den Winkel, in die für die Regelung notwendige Koordinatenrichtung direkt, zu messen. Aber dies bedeutet nur, dass man mit dem bisher verwendeten einfachen Mess1 2

Anzahl Bilder pro Zeit Bei dieser Betrachtung sind die Messachse und die Stellachse gleich

Hochschule Ulm

27

Modellimplementierung

Abbildung 2.1: Kreuztisch (links); Pendellagerung beim Kreuztisch (rechts)

prinzip die Drehung nicht erfassen kann. Mit einer geeigneten Umrechnung kann man die Messung so erweitern, dass die Drehung bezüglich des Referenzkoordinatensystems herausgerechnet wird. Mit der Wahl eines ortsfesten Kamerasystems unterliegt sie keiner Drehung bezüglich des Referenzkoordinatensystems mehr. Folglich kann der Pendelstab einfach auf seine Spitze (ggf. auch konvex geformt) gestellt werden. Um ein Verrutschen auf der Oberfläche des Wagens zu verhindern, ist es empfehlenswert, eine leichte Mulde oder Kerbung zu fertigen, in die die Pendelstange gestellt wird. Weiterhin könnte dies auch eine rutschfeste Oberfläche verhindern. Kommt im TCP ein Schublager zum Einsatz, das den Pendelstab in einer nun vorhandenen z-Achse bewegen kann, ist es möglich die Eigenschaften des Lagerpunktes zu beeinflussen. Diese Schubachse kann den Pendelstab aus der senkrechten Pendelstellung, d.h. der stabilisierten Lage, entlang der z-Achse auf und ab bewegen. Der Einsatz solch eines neuen Bauteils unterstützt das Anfahren des Demonstrationsmodells. Weiterhin kann der Stab schnell und sicher gelagert werden um mögliche Unfälle zu verhindern.

2.2 Implementierung des Modells Im Rahmen der Implementierung wurden die Einzelelemente in MATLAB© /Simulink übertragen. Die Basis hierfür lieferte die mathematischen Beschreibungen aus Kapitel 1.3. Bei der Implementierung wurden erstmals Randbedingungen definiert. Aufbauend auf diesen wurden die Modelle sinnvoll vereinfacht.

Hochschule Ulm

28

Modellimplementierung

2.2.1 SCARA-Mechanik In diesem Abschnitt wird die Modellimplementierung der Mechanik des SCARA mit Parallelkinematik beschrieben. Ausgenommen davon sind die, noch nicht genauer spezifizierten Antriebe und Getriebe.

2.2.1.1 Randbedingungen Hinsichtlich der technischen Realisierung des SCARAs wurden folgende Randbedingungen definiert: • Die Längen lul und lur der beiden Unterarme sind gleich. Ebenfalls werden die beiden Unterarme in ihren Eigenschaften (Masse, Trägheitsmoment, etc.) als identisch. angenommen. • Für die beiden Oberarme gelten die gleichen Eigenschaften wie für die Unterarme. Jedoch müssen die Unter- und Oberarme nicht gleich lang sein, folglich sind auch die Masse und das Trägheitsmoment gegenüber den Unterarmen verschieden. • Die Schwerpunkte der Unter- und Oberarme liegen jeweils in der Mitte des jeweiligen Gliedes3 • Um einen größeren Arbeitsraum zu erhalten, ist es notwendig die Oberarme länger als die Unterarme zu gestalten.[17, S.12] • Notwendige Leitungen auf den Armen werden als symmetrisch angenommen und haben keine Auswirkungen auf das Gewicht und die Trägheitsmomente der Armteile. • Werkzeuge die vom TCP aufgenommen werden, haben zu ihm einen punktsymmetrischen Aufbau. • Ein Durchkippen der Arme an den Ellenbogen ist nicht gestattet (siehe Rücktransformation Kap. 1.3.2.2). • Um eine zerstörungsfreie Bewegung zu ermöglichen gilt:

3

Keine „eigene“ Masse im TCP.

Hochschule Ulm

29

π 9

≤ βl < π und 0 < βr ≤ 89 π

Modellimplementierung • Als Startbedingungen der Grundstellung für die Dynamiknachbildung sind die Winkel βl und βr so einzustellen, dass sich der TCP in der Mitte des Arbeitsbereichs befindet.4 Die zugehörigen Ableitungen β˙ l = β¨l = β˙ r = β¨r = 0 gesetzt. Dies beschreibt einen stationären Arbeitspunkt der Parallelkinematik.

2.2.1.2 Kräfte Die zur Berechnung der Dynamik notwendigen Kräfte werden aus den Bewegungsgleichungen mit Hilfe von Umformungen bestimmt. Hierfür werden die Gleichungen des linken bzw. rechten Oberarms verwendet. Die in den Gleichungen verwendeten Parameterwerte sind zum Zeitpunkt der Berechnung vorhanden. Im ersten Schritt werden die beiden translatorischen Gleichungen (Gl. 1.3.30 und 1.3.31)in die Gleichung der Rotation (Gl. 1.3.25) eingesetzt und nach F12y aufgelöst. Hierbei werden die Kräfte F23x und F23y eliminiert. F12y =

  1 · 2Jsol β¨ol + 2F12x ∆yol + ∆yol mol x¨sol − ∆xol mol y¨sol 2∆xol

(2.2.1)

Im zweiten Schritt wird die translatorische Gleichung des linken Unterarms (Gl. 1.3.20) nach F12x aufgelöst. F12x =

  1 · Ml − F12y ∆xl − Jl β¨l ∆yl

(2.2.2)

Nun kann Gleichung 2.2.2 in Gleichung 2.2.1 eingesetzt werden und damit F12y errechnet werden. Unter Verwendung der Gleichungen 2.2.2, 1.3.30 und 1.3.31 können nun die gesuchten Kräfte F12x , F23x und F23y bestimmt werden. Die für den rechten Oberarm gesuchten Kräfte F34x und F34y können anschließend mit den errechneten Kräften und den translatorischen Gleichungen 1.3.39 und 1.3.40 bestimmt werden. Jetzt sind alle für die Dynamik benötigten Kräfte bestimmt.

2.2.1.3 Dynamik Mit den errechneten Kräften können die Dynamikgleichungen gelöst werden. Jede der Dynamikgleichungen liefert eine Winkelbeschleunigung β¨i . Durch zwei anschließende Integratoren wird im Modell erst die Winkelbeschleunigung β˙ i und dann der Winkel βi berechnet. Diese Werte bilden die Grundlage für die Kräfteberechnung bzw. derer Pa4

Es können keine Werte festgelegt werden, da die Längen der Arme noch nicht bekannt sind. Folglich ist auch der zugehörige Arbeitsbereich unbekannt.

Hochschule Ulm

30

Modellimplementierung rameter. Der vorliegende SCARA besitzt vier, der Anzahl der Armteile entsprechende Dynamikgleichungen. 1 β¨l = · (Ml − F12x ∆yl − F12y ∆xl ) Jl 1 β¨ol = · (∆yol (−F12x − F23x ) + ∆xol (F12y + F23y )) 2Jsol 1 β¨or = · (∆yor (F23x − F34x ) + ∆xor (F23y − F34y )) 2Jsor 1 · (Mr + F34x ∆yr − F34y ∆xr ) β¨r = Jr

(2.2.3) (2.2.4) (2.2.5) (2.2.6)

2.2.1.4 Implementierung der Parallelkinematik Für die Implementierung des Modells werden alle Dynamik-, Kraft- und Geometriegleichungen verwendet. Zusätzlich müssen die Werte der technischen Parameter und alle Randbedingungen bekannt sein. Das Modell der Parallelkinematik ist in drei Hauptteile aufgeteilt. • Koordinaten K: In diesem Modellteil werden aus den technischen Eigenschaften, z.B. Längen und Winkelwerten, alle variablen x-,y-Koordinaten und deren zeitliche Ableitungen berechnet. Das Ausgangssignal ist der Vektor xy. ~ • Kräfte N5 : Dieses Element berechnet aus den errechneten Koordinaten, den Winkelwerten mit Ableitungen und den physikalischen Parametern die zugehörigen Kräfte, deren Gleichungen in Kap. 2.2.1.2 entwickelt wurden. Die errechneten Kräfte bilden den Vektor F~ . • Dynamik D: Dieser Modellteil liefert alle, sich aus den Kräften und Koordinaten ergebenden Winkel, Winkelgeschwindigkeiten und Winkelbeschleunigungen für den ~ nächsten Berechnungsschritt. Die Dynamik liefert den Vektor B. Diese drei Hauptelemente sind im Modell seriell angeordnet, wobei der Dynamikausgang auf den Modelleingang zurück geführt wird. Schematische Gleichungen: 

~ i, L ~ xy ~ =K B



(2.2.7)



~ i , J, ~ m, ~ , xy F~ = N B ~ M ~ 

~ i+1 = D F~ , J, ~ xy, ~ B ~ M 5



(2.2.8)



(2.2.9)

In Anlehnung an Newton.

Hochschule Ulm

31

Modellimplementierung Das Flussdiagramm in Abbildung 2.2 stellt die Beziehungen zwischen den einzelnen Modellteilen und deren Eingänge graphisch dar. Die Inhalte der dargestellten Vektoren sind dem Anhang B.3 zu entnehmen.

i B

 xy

 i 1 B

 F

K

N

 L

 m

D

 J  M

i B

 M

 J

 xy

Abbildung 2.2: Flussdiagramm zur Dynamik der Parallelkinematik

Auf Grund der vorliegenden Komplexität der Parallelkinematik ist es notwendig, die Winkel an den Antrieben und den TCP mit einem Regler einzustellen. Das Simulink-Modell DynamikSCARAModell.mdl6 beinhaltet die Parallelkinematik ohne diesen Regler, da dieser erst im Kapitel 2.2.3 definiert und in das Modell eingefügt wird. Um die technischen Eigenschaften und Startparameter für das Modell zu setzen, gibt es ein Script DynamikSCARA.m indem alle Parameterwerte eingestellt werden müssen. Diese Parameter werden im Mo  ~ dargestellt. Ausgenommen sind davon die Winkel B ~ 0 und die Koordinaten dell mit def (xy ~ 0 ) mit ihren zeitlichen Ableitungen.

2.2.2 Pendel Zur Implementierung des Pendels ist es ausreichend, die Übertragungsfunktion aus Gleichung 1.3.15 in das Modell zu übernehmen. Im ersten Modellansatz wird jeweils eine eigene Übertragungsfunktion des Pendels für die x- und y-Achse verwendet. Dies bedeutet, dass das Verhalten der Pendelstange im ersten Schritt für jede der zwei Achsen entkoppelt ist. Ausgehend von dieser Annahme kann das Modell ggf. adaptiert werden. Wie bereits bei der Entwicklung der Bewegungsgleichungen des SCARAs angeführt, wird die Masse des Wagens mw (=“Eigenmasse“ des TCPs) als vernachlässigbar klein angenommen. Zusätzlich ist die Beschleunigung im TCP die Eingangsgröße für die reduzierte Übertra6

Alle MATLAB© -Modelle befinden sich auf dem beigelegten Datenträger

Hochschule Ulm

32

Modellimplementierung x (s) . Folglich ist die translatorische Gleichung (Gl. 1.3.14) gungsfunktion GxP T CP (s) = x¨ϕtcp (s) hinfällig. Für die x-Richtung gilt:

GxP T CP (s) =

1 s2



l 3

(2.2.10)



− l − (g)

Für die y-Richtung muss das x mit y substituiert werden.

2.2.3 Regelsystem für das Stellglied Dieser Abschnitt behandelt die regelungstechnischen Grundlagen und ein Parametrierungsansatz für das Regelsystem für den vorliegenden SCARA, der später als Stellglied für die Stabilisierung des Pendels verwendet wird.

2.2.3.1 Regelungstechnische Grundlagen „Unter einer Regelung versteht man einen Vorgang, bei dem eine Größe, die Regelgröße, fortlaufend gemessen wird und mit einer anderen Größe, der Führungsgröße, verglichen wird. Mit dem Vergleichsergebnis wird die Regelgröße so beeinflusst, dass sich die Regelgröße der Führungsgröße angleicht. Der sich ergebene Wirkungsablauf findet in einem geschlossenen Kreis, dem Regelkreis, statt.“[10, S.21] Aufbauend auf dieser Definition existieren in einem typischen Regelkreis (Abb. 2.3) noch mehr Elemente, bei der die Regelstrecke Teil eines technischen Systems ist, welches beeinflusst werden soll. Die Eingangsgröße einer Regelstrecke ist die Stellgröße ur und die zu regelnde Größe nennt man Regelgröße y. Die Regelgröße ym (Istwert) wird am Messort gemessen und per Differenzbildung mit der Führungsgröße w verglichen. Die sich ergebende Differenz nennt man Regeldifferenz e. Ebenfalls existieren Störungen d, die sich auf die Regelstrecke an einem Störort auswirken. Durch eine Leistungserhöhung der Regeldifferenz mit einer Rückkopplung wird versucht, den auftretenden Störungen entgegen zu wirken. Der Regler liefert die Reglerausgangsgröße u die auf ein Stellglied (z.B. Leistungsverstärker) gegeben wird. Der Ausgang des Stellglieds liefert die Stellgröße die über das Stellverhalten der Strecke auf den Stellort, also direkt auf die Regelstrecke wirkt.[10, 8, S.22f bzw. S 5ff] In der kontinuierlichen Regelungstechnik existieren drei verschiedene Basiselemente (Addition und Subtraktion nicht eingeschlossen), die rein theoretisch beliebig zu einen Regler kombiniert werden können.In der Realität gibt es einige klassische, bereits

Hochschule Ulm

33

Modellimplementierung

d

Störverhalten

w

e

u Regler

y

uR Stellglied

Stellverhalten ys

-

ym

Regelstrecke

Messglied

Abbildung 2.3: Schematischer Aufbau eines Regelkreises mit Regeleinrichtung und Regelstrecke ([8, nach S.5])

aus den Elementen gebildete Regler, die hauptsächlich verwendet werden. Die Auswahl des Reglers ist abhängig von den Eigenschaften der Regelstrecke.[8, S.394ff]

Basiselemente: • P-Anteil: Je größer die Regelabweichung ist, umso größer muss die Stellgröße sein. Man kann damit die Regelabweichung schnell abbauen, aber im Allg. nicht erreichen dass die Regelabweichung vollständig verschwindet. Übertragungsfunktion: GP (s) = kP . • I-Anteil: Solange die Regelabweichung auftritt, muss die Stellgröße verändert werden. Bei e = 0 wird die Stellgröße nicht verändert. Es kann interpretiert werden, dass die aktuelle Stellgröße die Störung kompensiert. Weiterhin wird der I-Anteil benötigt um den Wert der Führungsgröße genau zu erreichen. Übertragungsfunktion: GI (s) = ksI = T1I s • D-Anteil: Je schneller sich die Regelabweichung verändert, desto stärker muss die Regelung eingreifen. Durch den D-Anteil reagiert der Regler bereits wenn die Regelabweichung stark zunimmt, auch wenn sie selbst noch keine großen Werte angenommen hat. Übertragungsfunktion: GD (s) = kD s

Hochschule Ulm

34

Modellimplementierung Eine Kombination dieser drei Elemente ergibt den sog. idealen PID-Regler in additiver Form7 . Für ihn gibt es die parallele und die sequenzielle Darstellung. Im ersten Fall ist der P-Anteil direkt als eigenes Element in der Parallelschaltung eingebaut und besitzt die Übertragungsfunktion: GP IDp (s) = kP + ksI + kD s. Bei der sequenziellen Darstellung wird der P-Anteil vor die Parallelschaltung gestellt und wirkt damit auf alle Elemente der   Schaltung mit gleichem Anteil. Übertragungsfunktion: GP IDs (s) = kP 1 + T1I s + TD s . Dabei ist TI = KkIP die Nachstellzeit und TD = kkDP die Vorhaltzeit8 .[8, s.394ff] Der reale PID-Regler besitzt zusätzlich einen T1 -Anteil, da ein idealer D-Anteil auf Grund von Stabilitätsgründen nicht realisiert werden kann. Unter dieser Bedingung entsteht ein PIDT1 Regler (PID-Regler mit Verzögerung I.Ordnung), wobei die zusätzliche Zeitkonstante T1 des Tiefpasses sehr viel kleiner ist TD . Diese notwendige Bedingung betrifft alle Regler mit D-Anteil (DT1 ,PDT1 ,...)![10, S.300] Lässt man einzelne Elemente des idealen PID-Reglers weg entstehen die typischen Regler.

Vom PID-Regler abgeleitete Regler: 

• PI-Regler: GP I (s) = kp 1 +

1 TI s



• PD-Regler: GP D (s) = kp (1 + TD s) • P-Regler: GP (s) = kp • I-Regler: GI (s) = GI (s) = T1I s

kp TI s

=

kI ; s

oft wird kp und TI zu einem TI zusammengefasst

2.2.3.2 Regelkreisdefintion Bevor man sich Gedanken über die Art des Reglers machen darf, muss das Verhalten der vorliegenden Regelstrecke mit dem Stellglied und der Sensorik definiert sein. Hierbei ist die Entwicklung einer klaren Struktur bzw. eines zumindest qualitativen Wirkungsplanes notwendig. Dieses muss alle Einzelelemente beinhalten. Die Einstellung des TCPs wird durch die beiden Winkel an den Antrieben βl und βr bestimmt. Die für einen bestimmten, im Arbeitsraum liegenden, TCP mit den Koordinaten xtcp und ytcp zugehörigen Soll-Winkel werden mit der Rücktransformation der Geometrie errechnet. Diese errechneten Winkelwerte sind die SOLL-Größen βl,w und βr,w für das 7 8

Es existiert auch eine multiplikative Form. Beide Formen können in einander umgerechnet werden nach DIN 19226 Teil 2

Hochschule Ulm

35

Modellimplementierung Winkelregelsystem. Aus den Differenzen der Wertepaare werden die Regeldifferenz als Eingang für die zwei folgenden Winkelregler gebildet. Hier muss angemerkt werden, dass der vorliegenden Regelstrecke ein Mehrgrößensystem9 zu Grunde liegt. Weiterhin werden dezentrale Einzelregler10 eingesetzt. Eine gekoppelte Regelung ist sicher möglich, aber der Aufwand für die vorliegende stark nichtlineare Strecke ist sehr hoch und nicht Teil dieser Arbeit. Unter dieser Voraussetzung liefert jeder Reglerausgang eine Stellgröße für den jeweiligen Antrieb. Jeder Antrieb lässt ein Moment auf die Dynamik wirken. Damit ist der Regelkreis soweit definiert, da die Mechanik die neuen IST-Werte liefert. In Abbildung 2.4 ist schematisch die nichtlineare Kopplung innerhalb der Strecke dargestellt. Das Gesamtsystem wird im Weiteren als Stellglied bezeichnet. Mit den spezifizierten Randbe-

xsoll βlw

Regler Links

+

βl

Antrieb Links

+ COS/SIN/exp

Rücktransformation ysoll

xs/ys

COS/SIN/exp

βrw

Regler Rechts

+

Antrieb Rechts

+

βr

Dynamik

Abbildung 2.4: Schematischer Aufbau des definierten Regelkreises zur TCP-Einstellung über die Winkel an den Antrieben.

dingungen (siehe Kap. 2.2.1.1) kann sich der TCP nur in einem bestimmten Arbeitsraum befinden. Im Hinblick auf die Stabilisierung des Inversen Pendels, ist es notwendig, wenn der TCP-Regelung eine langsame Festwertrgelung auf die Mitte bzw. den Mittelpunkt des Arbeitsbereichs/Stellbereichs überlagert wird.11 Der Grund dafür ist, dass der Stellbereich des SCARAs begrenzt ist und an dessen Rand eine Stabilisierung des Pendels, bei einem weiteren Kippen über den Arbeitsraum hinaus, nicht mehr möglich ist. Die Realisierung der Positionsregelung auf den Mittelpunkt des Arbeitsraumes kann voraussichtlich mit einer klassischen Kaskadenregelung ermöglicht werden. Abschließend ist, für die spätere Reglerparametrierung, das Sammeln von Randbedingungen hinsichtlich der Stellgrößenbegrenzungen erforderlich. 9

„Man bezeichnet eine Regelstrecke als Mehrgrößensystem, wenn die Kopplungen zwischen den Stellgrößen-Regelgrößen-Paaren bei der Analyse und beim Reglerentwurf nicht vernachlässigt werden können.“[9, S.2] 10 Dezentrale Regelung: Wenn die Regelstrecke eine Mehrgrößensystem ist, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass auch ein Mehrgrößenregler eingesetzt wird. Es bedeutet nur, dass beim Reglerentwurf die Querkopplungen innerhalb der Strecke beachtet werden müssen.[9, vgl. S.10] 11 Eine Führungs-Regelung für das Anfahren von beliebigen x/y-Punkten bzw. dem Bahnfahren ist für die alternative Verwendung des SCARAs sowieso notwendig.

Hochschule Ulm

36

Modellimplementierung 2.2.3.3 Reglerauswahl und Einstellung Der definierte Regelkreis verlangt nun geeignete Regler, die mit ihren Basiselementen das Regeln der Regelstrecke ermöglichen. Die vorliegende Mehrgrößenregelung wird als dezentrale Regelung realisiert. Mit dem Weg zur Lösung sind einige Bedingungen verknüpft.[9, S.206ff] • Die Regelstrecke muss stabil sein. • Die Güte des Regelkreises muss auf Stabilität und die Erzielung der Sollwertfolge für sprungförmige Führungs- und Störsignale beschränkt sein. Scharfe Forderungen, d.h. ein Dirac-Impuls als Eingangsgröße, an das dynamische Übertragungsverhalten können nicht erfüllt werden. • Es muss eine experimentelle Identifikation mit der Regelstrecke und dem geregelten System durchführbar sein. Folglich muss die Regelstrecke bereits technisch realisiert sein. Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann der Regler auch ohne Einfluss der Regelgüte am Prozess eingestellt werden. Dieser Regler wird als Tuning-Regler bezeichnet. Das größte Problem ist der letzte Punkt, da zum Anfertigungszeitpunkt dieser Arbeit kein verwendbarer SCARA vorhanden war. Ein großer Vorteil dieser Methode ist, dass nur minimale Kenntnisse über die Regelstrecke bekannt sein müssen. Die Reglereinstellung kann bereits mit dem statischen Verhalten der zu regelnden Strecke bearbeitet werden. Es können sogar, bis auf einen, alle Parameter eines möglichen PI-Reglers bestimmt werden. Dabei wird sogar fast widerlegt, dass das dynamische Verhalten einer Regelstrecke immer zur Reglerapplikation bekannt sein muss. Zusätzlich wird gezeigt, dass die Kenntnisse der Regelstrecke in eine sinnvolle Beziehung zum angestrebten Regelungsziel gestellt werden sollen.[9, vgl. S.205ff] [9, S.206] „Wenn in einem Regelkreis mit einer stabilen Regelstrecke also nur die Stabilität und die Sollwertfolge gesichert werden müssen, reicht im Wesentlichen eine statische Beschreibung der Regelstrecke und die Möglichkeit, den Regler durch Experimente vollständig festlegen zu können, aus.“ Zusammenfassend ist die Verwendung eines PI-Reglers für den vorliegenden Fall mit dezentralen Einzelreglern von Vorteil.

Hochschule Ulm

37

Modellimplementierung 2.2.3.4 Regelkreisparametrierung Das Ziel der Regelkreisparemtrierung ist es, die PI-Regler so einzustellen, dass die Frührungsgröße am Streckenausgang ansteht. Zusätzlich kann mit der Wahl der Parameter das Streckenverhalten variiert werden. Für den gewünschten PI-Regler wird als erstes der I-Anteil und der damit verbundene Tuningfaktor berechnet. Dabei wird ausschließlich ein statisches Modell verwendet. Mit diesem, aufbauend auf dem Satz der Stabilität des Igeregelten Systems, entsteht ein stabiler Regelkreis.

Betrachtet wird ein Regelkreis, der aus einer asymptotisch stabilen Regelstecke und einem I-Regler x˙ r (t) = y (t) − w (t) u (t) = −KI · xr (t) besteht. Verwendet man die Regelmatrix ˜I KI = a · K so gibt es genau dann ein Intervall 0 < a ≤ a ¯ für den Tuningfaktor a, für das der Regelkreis asymptotisch stabil ist, wenn ˜ I die Bedingung die Matrix K n

n

˜I Re λi Ks K

oo

>0

(i = 1, 2, 3, ..., r)

(2.2.11)

erfüllt. Wobei r die Zahl der Ausgangsgrößen und λi die zugehörigen Eigenwerte sind. [9, S.217] ˜ I geeignet gewählt worden und die Bedingungen erfüllt, kann man den Tuningfaktor Ist K a hinreichend klein wählen. Folglich kann man den Tuningfaktor durch Experimente mit der Regelstrecke bestimmen. Die basiert auf der Tatsache, dass die Statik Ks sehr einfach experimentell bestimmt werden kann. Dies bedeutet, dass man ohne das dynamische Verhalten der Strecke den Regler einstellen kann.

Einstellung des I-Anteils ([9, S. 218ff]): • Die Regelstrecke muss asymptotisch stabil sein. (Re {λi } < 0)

Hochschule Ulm

38

Modellimplementierung • Die Güteforderungen sind auf Stabilität und Sollwertfolge bei sprungförmigen Führungsund Störsignalen beschränkt 1. Die Matrix Ks der statischen Verstärkungsfaktoren der Regelstrecke wird experimentell bestimmt. 2. Es wird die Existenzbedingung (RangKs = r) überprüft. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so muss die Regelungsaufgabe mit anderen Stell- oder Regelgrößen gelöst werden. 3. Es wird mit dem Regler x˙ r (t) = y (t) − w (t) ˜ I · xr (t) u (t) = −a · K ˜ I die Bedingungen 2.2.11 erfüllen muss und zweckgearbeitet, wobei die Matrix K mäßigerweise entsprechend Gleichung 

˜ I = K T Ks K T K s s

−1

(2.2.12)

bzw. ˜ I = Ks−1 K

(2.2.13)

gewählt wird. 4. Der Regelkreis wird unter Verwendung eines sehr kleinen Tuningfaktors a geschlossen und das Zeitverhalten experimentell bestimmt. Der Tuningfaktor kann erhöht werden, solange die Experimente mit dem geschlossenen Kreis zeigen, dass der Kreis eine genügend große Stabilitätsreserve aufweist. Ein ausführliche Beschreibung zur schrittweisen Bestimmung der I-Regler kann [9, S.218ff] entnommen werden. Nachdem die I-Anteile bestimmt wurden, wird der Proportionalanteil des PI-Reglers errechnet.

Einstellung des Proportionalanteils ([9, S. 221f]): Der Proportionalanteil dient zur Verbesserung des dynamischen Übertragungsverhaltens des Regelkreises und bringt keine, wenn er schwach eingestellt ist, wesentlichen Stabilitätsprobleme mit sich. ˜ P dargestellt. Hierbei ist b der Analog zum I-Anteil wird die Reglermatrix KP mit KP = bK

Hochschule Ulm

39

Modellimplementierung Tuningfaktor des P-Anteils. Die Eigenwerte des geschlossenen Kreises mit einem P-Anteil ändern sich bei einem sehr kleinen b stetig. Bei einem Kreis mit einer beliebigen Matrix KP und einem hinreichend kleinen b ist die Stabilität nicht gefährdet. Nun ist es möglich bei einem stabilen I-geregelten System, die Dynamik des Kreises durch den P-Anteil mit einem kleinen Tuningfaktor zu verbessern. In Anlehnung an den I-Anteil ist es zweckmä˜ P = K −1 . Ein wichtiges Argument hierfür ist ßig die inverse Statikmatrix zu verwenden K s die entkoppelnde Wirkung auf die unterschiedlichen Stellgrößen-Regelgrößenpaare. Ein zweiter Vorschlag ist durch die Eigenschaft, dass der P-Anteil die Strecke schneller macht, begründet. Ausgehend von der Übertragungsfunktionsmatrix mit einer anschließenden Grenzwertbetrachtung ergibt sich: −1

y˙ (0) = lim sC (sI − A) s→∞

−1

1 B = lim C I − A s→∞ s 

B = CB

(2.2.14)

Durch Messen der Anstiege der entsprechenden Elemente der Übertragungsfunktionsmatrix zur Zeit t = 0, lassen sich die Elemente des Produktes CB ermitteln.12 Ist die sich ergebende Matrix regulär und arbeitet man mit ˜ P = (CB)−1 K

(2.2.15)

wird der Übertragungsvorgang mit dem P-Anteil beschleunigt. In Anlehnung an die Ent˜ I (Gl. 2.2.12) erreicht werden, kann man kopplungseigenschaften die mit der Wahl von K ˜ P die i-te Stellgröße zur Zeit t nur auf die Ableitung zeigen, dass bei dieser Wahl von K der i-ten Regelgröße zur selben Zeit t wirkt. Die behandelten Eigenschaften erweitern die Auflistung für die I-Regler. • Der Regler wird um einen P-Anteil ergänzt, so dass jetzt gilt: ˜ I xr (t) − bK ˜ P (y (t) − w (t)) u (t) = −aK ˜ P nach K ˜ P = Ks−1 bzw. Gleichung 2.2.15 gewählt. Hierbei wird die Matrix K • Der neue Regelkreis wird mit dem in Schritt 4 bestimmten Wert a und einem sehr kleinen Wert b geschlossen. Weiterhin kann der Tuningfaktor b solange erhöht werden, wie die Experimente zeigen, dass damit das dynamische Verhalten durch den P-Anteil verbessert wird. Zusammenfassend ist ein PI-Mehrgrößenregler entstanden, der nur mit der Statik und durch Experimente an der Stecke appliziert wurde. Die Literatur bietet in [18, S.443ff], 12

H (t) =

Rt 0

CeAτ Bdτ + D [9, siehe S.38f]

Hochschule Ulm

40

Modellimplementierung [9, S.223ff] und [16, S.255f] ausführliche Beispiele. Der Applikation des Reglers für einen SCARA mit Parallelkinematik als Stellglied steht nun nichts mehr im Wege. Leider konnte die Applikation für das vorliegende Projekt nicht durchgeführt werden, da kein technischer Aufbau für die Experimente vorhanden war.

2.2.4 Bewegungsart und Interpolation allgemein Durch die Übertragung von Aufgaben, z.B. in Fertigungsstraßen, auf Roboter ist es notwendig den Roboter so zu bewegen, dass er den Punkt an dem sein Arbeitsauftrag ausgeführt werden muss problemlos erreichen kann. Im Bezug zur Stabilisierung des Pendels muss der Roboter immer der Pendelspitze folgen, dabei wird eine Richtungsfahrt benötigt. Zusätzlich können auch Werkzeuge am TCP befestigt sein, welche gewünschte Konturen abfahren oder Punkte anfahren sollen. Darauf aufbauend beinhaltet dieser Abschnitt, Möglichkeiten, wie sich der Roboter, respektive der TCP, zwischen zwei Zielstellungen bewegen soll und wie Zwischenstellungen auf der Grundlage von Geschwindigkeit- und Beschleunigungsvorgaben von der Steuerung berechnet werden können.

2.2.4.1 Steuerungsarten In der Literatur werden grundlegend zwei Steuerungsarten bei Robotern unterschieden. Dabei gibt es in jedem Bereich noch untergeordnete Spezialfälle.[23, S.65] • Punktsteuerung/PTP13 -Bahn Die zeitlichen Zielwerte werden in Achskoordinaten berechnet, so dass sich der TCP auf einer für den Anwender nicht vorhersehbaren Raumkurve mit nicht definierter Orientierung auf den Zielpunkt bewegt. Es kommen dabei asynchrone und synchrone PTP-Steuerungen zur Anwendung. Bei der asynchronen PTP-Steuerung wird jede Achse bzw. jeder Antrieb unabhängig bewegt, folglich gehen die Antriebe nicht gleichzeitig in den Stillstand über. Bei dieser Methode hängt das Bewegungsverhalten sehr von den gewählten Geschwindigkeiten ab, die mit den Antrieben erzeugt werden. Bei der synchrone PTP-Steuerung bestimmt die Achse mit dem größten zurückzulegenden Weg und ihrer Geschwindigkeit, d.h. mit der größten Bahndauer als Leitachse, die Bewegungsdauern der anderen Achsen. Dabei werden die Geschwindigkeiten der anderen Achsen so weit verringert, dass alle Bewegungen zeitgleich beendet werden. Mit diesem Ansatz entstehen durch die verringerten Geschwindig13

Point to Point

Hochschule Ulm

41

Modellimplementierung keiten und den geringeren Beschleunigungen weniger mechanische Anregungen. [23, vgl. S.65] • Bahnsteuerung/CP14 -Steuerung Für viele Anwendungen ist das PTP-Verfahren ausreichend (z.B. Punktschweißen auf einer Platte). Müssen jedoch Hindernisse umfahren15 und genaue Bahnen eingehalten werden (z.B. Laserschneiden und Lackieren einer Karosserie) sind definierte Bahnen, auf denen sich der Roboter bewegen soll, zwingend. Die am Häufigsten bei der CP-Steuerung verwendete Bahn ist die Linearbahn, bei der die Zielposition über eine Gerade angefahren wird. Weiterhin existiert die Möglichkeit eine Zirkularbahn, die einen Kreisbogen beschreibt, zu befahren. Diese Zirkularbahn wird über drei Punkte bestimmt (Start-, Hilfs-, Endpunkt). Sollen während der Bewegung vordefinierte Zwischenpunkte ohne Stillstand der Achsen durchfahren werden, bietet sich die Spline-Bahn an. Liegt der Fokus auf dem Abfahren beliebiger Konturen wird eine CP-Bahn als Spline-Bahn mit geeigneten Zwischenpunkten definiert. [23, siehe S. 65ff] Die Bahnsteuerung bietet viel Gestaltungsmöglichkeiten bei der Bewegung zwischen dem Start- und Zielpunkt. Aber durch die gezwungene Bahn sind die Achsbewegungen meist nicht linear, d.h. ein Drehgelenk dreht nicht annähernd konstant von einem Startwinkel auf einen Endwinkel. Dabei können sogar schnelle und große Achsbewegungen, die vom Programmierer nicht erwartet wurden, auftreten. Zusätzlich zu dem genannten Punkt können bei der CP-Steuerung sogar Zwischenpunkte außerhalb des Arbeitsraums des Roboters auftreten. Folglich ist die gewünschte Bahn nicht ausführbar. Wenn die Anwendung es zulässt, wird in der Praxis eine PTP-Steuerung eingesetzt. [23, S.66] Der im Projekt verwendete SCARA mit Parallelkinematik soll ein Inverses Pendel stabilisieren, d.h. durch lineares Verfahren des TCPs (Pendelfußpunktes) unter die Pendelspitze das Umfallen des Pendels zu verhindern. Durch das geforderte lineare Verfahren 16 muss eine Bahnsteuerung gewählt werden, da das Robotermodell zeigt, dass es keine lineare Beziehung zwischen TCP und den Winkeln an der Antrieben gibt. Legt man die Bedingungen zu Grunde, dass nur kleine Auslenkungen der Pendelstange erlaubt sind, ist sogar eine PTP-Steuerung in Erwägung zu ziehen. Doch im Hinblick auf den alternativen Einsatz des Stellglieds, z.B. das Abfahren von Konturen mit einem Werkzeug im TCP, ist die Beschreibung der einfachen linearen Bahnsteuerung naheliegend.

14

Continuous Point Auch mit PTP und geeigneten Zwischenpunkten möglich. 16 Verfahren des TCP in Fallrichtung der Pendelstange. 15

Hochschule Ulm

42

Modellimplementierung 2.2.4.2 Bahnsteuerung zur Pendelstabilisierung Die Pendelsensorik liefert die Position der Pendelspitze. Mit der Vorgabe, dass der TCP zu dieser Position fahren muss, ist der Zielpunkt PZ für die Bahnsteuerung bekannt. Die aktuelle Position des TCPs ist durch die Geometrie bekannt, weshalb auch der Startpunkt PSt definiert ist. Wie bereits angesprochen, soll sich der TCP direkt auf einer linearen Bahn zum Zielpunkt bewegen. Mit zwei Punkten kann man nun eine Bahn bestimmen. Diese Bahn wäre nach obiger Definition keine Bahnsteuerung sondern würde der PTPSteuerung entsprechen. Ausgehen von den zwei Punkten kann man sich eine Funktion p = f (t) konstruieren.(s. Abb. 2.5) Diese Funktion beschreibt alle Punkte, die der TCP

Abbildung 2.5: Berechnung von Zwischenwerten auf einer Geraden für eine lineare CP-Steuerung (aus [23, S.81])

auf dem Weg zu seinem Zielpunkt durchlaufen muss. Somit wird bei der linearen CPSteuerung das Prinzip der PTP-Steuerung auf sehr kleine Werte ∆x/∆y zwischen Startund Zielpunkt heruntergebrochen und ein, im Gesamtverhalten betrachtetes, vollkommenes lineares Bewegungsprofil erzeugt und vorgegeben. Die Steigung der linearen Funktion wird durch die Einstellung der zugehörigen Beschleunigungs- und Geschwindigkeitskurve definiert. Hierbei muss aber beachtet werden, dass die Gesamtzeit, welche das Verfahren zwischen Start- und Zielpunkt maximal benötigen darf, die Basis für alle Berechnungen ist. Darauf aufbauend und nach [23, S.80ff] wird die Berechnung eines Zwischenpunkts mit dem Ortsvektor p (t) hergeleitet. Als erstes wird der Bahnparameter sp (t) eingeführt, der die zurückgelegte Wegstrecke des Bahnsegments zum (relativen) Zeitpunkt t definiert. Die Bewegung beginnt bei t = 0 und endet bei tep , wobei die Strecke sep zurückgelegt wird sp (t) ≥ 0. Der Bahnparameter sp (t) ist ein Skalar. Aus den Koordinaten des Start- und Zielpunktes kann die zu befahrende Wegstrecke berechnet werden. sep = |pZ − pSt | =

Hochschule Ulm

q

(PZ,x − PSt,x )2 + (PZ,y − PSt,y )2

43

(2.2.16)

Modellimplementierung St ) zeigt und der Mit dem Vektor der vom Startpunkt zum aktuellen Punkt des TCP (pZs−p ep aktuellen Weglänge sp (t) kann der Ortsvektor p (t) bestimmt werden.

p (t) = pSt + sp (t) ·

(pZ − pSt ) sep

(2.2.17)

Folglich reicht es vollkommen aus, die Zwischenwerte für sp (t) zu berechnen, d.h. es muss nur für sp (t) eine Interpolation durchgeführt werden. Dabei beginnt die Bewegung aus der Ruhe und endet mit der Geschwindigkeit Null. Es gilt: sp (0) = s˙ p (0) = vp (0) = 0, s˙ p (te ) = vp (te ) = 0

(2.2.18)

Für die Berechnung von sp (t) kann ein Rampenprofil oder Sinoidenprofil verwendet werden. 17 Ein weiterer Ansatz zur Applikation eines Rampenprofils beschreibt [24, S.105ff]. In diesem wird ein ruckbegrenztes Profil entwickelt, bei dem der Wert des Ruckes selbst festgelegt wird. Diese Literatur stellt das beschleunigungsbegrenzte, also klassische Rampenprofil, dem ruckbegrenzten Rampenprofil gegenüber und ergänzt die Inhalte von [23]. Das Prinzip des ruckfreien Anfahren wird für unsere Anwendung bevorzugt, da der Ruck auch an das Pendel übertragen würde. Die Berechnung eines Sinoidenprofils wird im Folgenden anhand von Abbildung 2.6 erläutert. Durch Start- und Zielpunkt ist sep gegeben, die Werte für die Bahngeschwindigkeit vp und Bahnbeschleunigung bp können zunächst frei gewählt werden. Damit die gewünschte Geschwindigkeit auch erreicht werden kann, q bp muss gewährleistet sein, dass vp ≤ sep · 2 ist.Die Beschleunigung beginnt bei t = 0 und endet bei t = tbp . Der Bremsvorgang, beginnt bei t = tvp und endet folglich bei t = tep Die Geschwindigkeit und Strecke kann über die Integration berechnet werden. Ist tep = 2 · tbp , liegt eine geschwindigkeitsoptimierte Bahn vor, bei der die Beschleunigungs- und Bremszeiten gleich lang sind.[23, S.69ff] Die Abbildung 2.6 zeigt beispielhaft das Verhalten eines Sinoidenprofils.

2 · vp bp sep = + tbp vp

tbp =

(2.2.19)

tep

(2.2.20)

tvp = tep − tbp 17

(2.2.21)

Bei einem Rampenprofil wird die Beschleunigung sprungförming aufgeschaltet, d.h. die zeitliche Ableitung der Beschleunigung ist zum Zeitpunkt des Ausschaltens nicht begrenzt. Man nennt dies Ruck. Dies erzeugt nachteilige Einflüsse auf mechanische Bauteile. Das Sinoidenprofil erzeugt eine weichere Sollbewegung. Die Beschleunigung vom Beginn bis zum Ende der Beschleunigungszeit folgt einer Zeitfunktion,z.B. dem Sinus.[23, S.71f]

Hochschule Ulm

44

Modellimplementierung Die zugehörige ausführliche Herleitung des Siniodenprofils und des ruckbehafteten Rampenprofils kann [23, S.69ff] entnommen werden. Die beiden Parameter vp und bp müssen so gewählt werden, dass das Verfahren des TCPs in der gewünschte Zeit abgeschlossen ist. Um das Inverse Pendel zu stabilisieren, muss der maximale Weg innerhalb des Arbeitsraums deutlich schneller durchfahren werden können, als die Zeit, die die Pendelstange minimal zum Umfallen in die Horizontale benötigt. Da diese Zeit von den Eigenschaften der bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gewählten Pendelstange abhängig ist, können noch keine Werte gewählt und berechnet werden.

Abbildung 2.6: Allgemeine Darstellung der Beschleunigungs-, Geschwindigkeits- und Wegdiagramme für ein Sinoidenprofil (aus [23, S.73])

Normalerweise müsste auch die Orientierungsänderung, d.h. eine Drehung des Gesamtsystems bezüglich des Referenzkoordinatensystems um die x- bzw. y-Achse18 berechnet werden. Jedoch existiert keine solchartige Bewegung bei dem vorliegenden SCARA mit Parallelkinematik, da nur eine Bewegung in der Ebene möglich ist.

2.3 Zusammenfassung Die aufgeführten Punkte dieses Kapitels bilden eine umfassende Grundlage , um, ausgehend von einem technisch realisierten SCARA mit Parallelkinematik, ein Modell des selbigen aufzubauen. Dafür müssen dem vorhandenen SCARA die physikalischen Parameter für das Modell (Massen, Trägheitskräfte, Längen, ...) ermittelt werden. Ausgehend vom realen SCARA ist es nun möglich, die dezentralen Regler über die Statik des SCA18

Wenn vorhanden auch z-Achse.

Hochschule Ulm

45

Modellimplementierung RAs und mit umfassenden Experimenten auszulegen. Möchte man nun das Modell um die Regler ergänzen, müssen auch die Antriebe umfassenden modelliert werden, da sie das Bindeglied zwischen den Reglern und der Parallelkinematik sind. Bei den Antrieben kommt die Bahnsteuerung hinzu. Deren Auslegung ist ein wichtiger Punkt auf dem Weg zu einer sauberen Bewegung zwischen zwei Punkten mit einem minimalen Einfluss auf das Pendel. Ist das Stellglied mit allen seinen Eigenschaften, inklusive den Reglern, modelliert kann man sich mit den Informationen für den Stellgliedeingang befassen. Diese kommen aus der Detektion der Pendelspitze, die im vorliegenden Projekt über ein Kamerasystem realisiert werden soll.

Hochschule Ulm

46

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung

3 Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung Diese Kapitel befasst sich mit der Detektion der Pendelspitze, d.h. deren x- und yKoordinaten, unter der Verwendung eines ortsfesten Kamerasystems als Sensor. Weiterhin werden die theoretischen Grundlagen für ein geeignetes Kamerasystem, anhand eines beispielhaften SCARA-Pendelsystems, entwickelt.

3.1 Bildverarbeitung im Einsatz Dieser Abschnitt beinhaltet eine kleine Einleitung zum Thema Bildverarbeitung und die passende Begrifflichkeit für bestimmte Aufgaben. Des Weiteren wird für die vorliegende Projektarbeit ein geeignetes Bildverarbeitungsprinzip, welches bestimmte Randbedingungen erfüllen muss, ausgewählt und bewertet.

3.1.1 Einleitung Der Begriff Bildverarbeitung beschreibt ein weit gefächertes Spektrum. Das Spektrum reicht von einer einfachen Lichtschranke bis hin zur Videoüberwachung mit automatischer Personen- und Gefahrenerkennung. Grundlegend kann man sagen, dass sich die Menge der sich im Einsatz befindlichen bildverarbeitenden Techniken vergrößert. Dies findet sowohl in der Industrie, als auch im Privaten durch immer günstiger werdende leistungsfähigere Systemlösungen, statt. Unter dem Decknamen Bildverarbeitung differenziert die Literatur [6] zwischen vier Hauptbegriffen. Digitale Bildverarbeitung Dieser Begriff umfasst eine Vielzahl von Prozessen, deren Ziel die Gewinnung von nützlichen Daten aus einem Bild oder einer Bildfolge ist. Hierbei

Hochschule Ulm

47

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung werden wiederum vier unterschiedliche Schritte, die ein Bild dabei durchlaufen kann, aufzeigt. • Bildbearbeitung - Image Enhancement (Bildverbesserung, Bildaufbereitung, Bildvorverarbeitung): Optimierung des Bildes z.B. mit Filtern, Punktoperationen, arithmetischen und logischen Bildoperationen, etc. • Bildtransformation - Image Transformation: Transformation eines Bilder in einen für den Computer vorteilhaften (mathematisch optimalen) Darstellungsraum (z.B. FFT). • Bildauswertung - Image Analysis: Eine Bildauswertung umfasst die Erstellung von Histogrammen und Kennlinien. Dazu zählen auch das Extrahieren von Daten wie z.B. Längen von Kanten dargestellter Objekte. Die Ausgabe einer Bildauswertung ist in der Regel ein Datensatz! • Bildkompression - Image Compression/Coding: Informationsreiche Bilder haben eine sehr hohen Speicherbedarf, folglich müssen mit geeigneten Kompressionsalgorithmen die Bilddaten reduziert werden Ein alltägliches Beispiel ist die Kompression einer RAW-Bilddatei in eine JPEG-Bilddatei. Computer Vision Dieser aus dem englischen Sprachgebrauch stammende Begriff beschreibt das Verstehen eines Objekts oder einer Szene aus einem Bild bzw. einer Bilderfolge. Dies wird in der künstlichen Intelligenz von Robotern angewandt (sehender Roboter). Deutsche Begriffe hierfür sind Bildverstehen oder Bilderkennen. Mustererkennung - Pattern Recognition Ein naher Verwandter der Computer Vision ist die Mustererkennung. Sie ist nicht auf bildhafte Informationen beschränkt. Das Ziel dieses Anwendungsbereichs ist es, logisch zusammengehörige Bildinhalte zu entdecken, zu gruppieren und letztlich abgebildete Objekte, z.B. Buchstaben zu erkennen. Ein bekanntes Beispiel ist die OCR1 -Software von Scannern für Texterkennung. Computer-Grafik Dieser Bereich beinhaltet die Generierung von Bildern in Bereichen wie Desktop-Publishing, elektronischen Medien und Videospielen. Jedoch verschwimmen hierbei die Grenzen zwischen Computergrafik und Bildverarbeitung. Ein Computertomographiebild auf dem Monitor wurde erst mit Bildverarbeitung für das menschliche Auge darstellbar.

1

Optical Character Recognition (Optische Texterkennung)

Hochschule Ulm

48

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung Auf diesen Begrifflichkeiten aufbauend und der Blick in die Fachpresse zeigt, dass der Inhalt der jeweiligen Bereiche durch die Anwender bzw. die Einsatzorte gegeben ist. Zusammenfassend haben sich drei Hauptbereiche gebildet: Wissenschaftliche Bildverarbeitung, Industrielle Bildverarbeitung und Bildverarbeitung der Medien [6, siehe S.3f]. Unser Projekt ist zwar an einer Hochschule angesiedelt, besitzt aber, durch die Handlingaufgabe, einen klaren industriellen Charakter. Davon ausgehend werden für das Projekt die Möglichkeit der industriellen Bildverarbeitung betrachtet. Nachdem die verschiedenen Arten der Bildverarbeitung erläutert sind, ist es wichtig zu verstehen, aus welchen Elementen ein Bildverarbeitungssystem besteht. Typische Komponenten eines optischen Bildverarbeitungssystems sind ([6, 5]): • Sensoren: Kameras, bzw. andere bildgebende Sensoren. • Rechner: Übernehmen die (automatische) Bildverarbeitung mit geeigneter Software. • Kommunikation: Datenübertragung zwischen der Bildverarbeitung im Rechner mit Aktoren in Maschinen oder anderen Rechnersystemen. Diese drei Elemente finden sich auch im theoretischen Ansatz zur Detektion der Pendelspitze (Kap. 3.2) wieder. Dabei werden auch die Eigenschaften der drei Elemente ergänzend beschrieben. Fokussiert man sich weiter auf den projektbezogenen Einsatz der Bildverarbeitung, ist der Ansatz aus [5, S.4f], bei dem die verschiedenen Aufgaben der industriellen Bildverarbeitung in acht unterschiedliche Bereiche aufgeteilt sind, sehr geeignet. • Lageerkennung • Kennzeichnungsidentifikation • Form- und Maßprüfung bzw. Vermessung • Vollständigkeitsprüfung • Farbverarbeitung • Bild- und Objektvergleich • Oberflächeninspektion • 3D-Bildverarbeitung

Hochschule Ulm

49

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung Dabei ist die Form- und Maßprüfung im Projekt von entscheidender Bedeutung. Sicher wäre die Lageerkennung, die die Lage des Pendels im Raum bestimmt, ein interessanter und alternativer Ansatz, der aber in dieser Arbeit nicht näher ausgeführt wird. Der Lösungsansatz bei einer Vermessung ist am geeignetsten, da eine Koordinatenbestimmung, z.B. die der Pendelspitze, also eine relative Abstandsmessung bezüglich eines Referenzpunktes2 durchgeführt werden muss.

3.1.2 Vermessung Die Vermessung oder Form-Maßprüfung ist eines der anspruchsvollsten Gebiete der digitalen Bildverarbeitung in der Industrie. Es werden nicht nur hohe Ansprüche an die Systemtechnik sondern auch an die bildverarbeitenden Algorithmen gestellt. Diese Prüfungen haben ein sehr vielseitiges Einsatzgebiet, dazu zählen z.B. die groben Ermittlungen von Objektdimensionen und die hoch genauen Vermessungen bis an die Grenzen des Nanometerbereichs. Für ein Gelingen der Messaufgaben ist eine sorgfältige Wahl der Komponenten notwendig, dies wird vor allem in der Peripherie des eigentlichen optischen Sensors verlangt. Dazu zählen der mechanische Aufbau, die Beleuchtung und die Bildaufnahme an sich. Gerade bei der Vermessung von Objekten ist es erforderlich, dass absolut wiederholbare Bildverhältnisse sichergestellt sind. Dieses Problem kann z.B. mit der Lichtbeugung an einem Bohrloch verdeutlicht werden. (Abbildung 3.1) Sie zeigt für das gleiche Bauteil das Ergebnis mit drei verschiedenen, nicht näher definierten, Beleuchtungseinstellungen. Für den optischen Sensor entstehen dabei drei verschiedene Abmessungen mit unterschiedlichen Kantengenauigkeiten3 . Dies erklärt die Vielfalt der Verfahren und Systeme,

Abbildung 3.1: Veränderung der scheinbaren Öffnungsdurchmesser durch unterschiedliche Belichtungen ([5, S.201])

die für die Vermessung entwickelt wurden. Sie reichen von der Feststellung relativer Maße 2 3

z.B. Koordinatenursprung Siehe Bogen in der Mitte des Bildes bzgl. des Bohrloches innerhalb des Bogens.

Hochschule Ulm

50

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung über die subpixelgenaue Vermessungen bis hin zu hochauflösenden Koordinatenmesssystemen. Diese bestehen komplett aus Mechanik, Optik und Beleuchtung und erreichen Genauigkeiten bis zu einem Mikrometer.[5, vgl. S.195] Ein Anbieter solcher Bildverarbeitungssysteme ist die Firma National Instruments (NI), deren Bildverarbeitungssysteme für ein breites Einsatzspektrum geeignet sind. Diese Systeme können auch mit den anderen Produkten von NI, z.B. LabVIEW kombiniert bzw. in sie integriert werden. Das Bildverarbeitungssystem Farbort, kann z.B. eingesetzt werden, um vorher definierte Farbbereiche in einem Bild schnell aufzufinden. Die Farbalgorithmen tragen dazu bei, Bildbereiche mit einer bestimmten Farbe schnell zu finden. Ein begrenzender Punkt ist jedoch, dass keine Subpixelgenauigkeit4 gefordert werden darf. Im NI-Tutorial [13] ist das Erkennen von verschiedenfarbigen Bonbons als Beispiel dargestellt. Stellt man sich darauf aufbauend eine runde farbige Kugel an der Pendelspitze des Inversen Pendels vor, so kann dessen Position damit bestimmt werden. Erweitert man nun das SCARA-Pendel-System um eine weitere verschieden farbige Kugel als Referenzmarke, z.B. für den Koordinatenursprung, können deren x- und y-Koordinate bestimmt werden. Folglich ist ein Ansatz für die Sensorik zur Detektion der Koordinaten der Pendelspitze gegeben. Zusätzlich kann mit den NIProdukten auf einen großen Erfahrungsschatz innerhalb der Hochschule zurückgegriffen werden.

3.2 Theoretischer Ansatz zur Detektion der Pendelspitze Nachdem die Grundzüge der Bildverarbeitung dargestellt sind, ist es von Vorteil, diese direkt auf die gegebene Problemstellung anzuwenden. Zusammengefasst ergeben sich dabei einige Punkte, die bei der Auslegung des Bildverarbeitungssystems zu beachten sind. Dazu sind primär die physikalischen Eigenschaften des Roboters und des Pendels festzulegen5 : • Die wichtigste Eigenschaft der geplanten Demonstrationsanlage ist die Transportfähigkeit, z.B. für (Bildungs-)Messen. Die Gesamthöhe sollte dabei ca. einen Meter nicht überschreiten.

4

„Das Pixelraster eines Bildes – die Diskretisierung – begrenzt auf den ersten Blick die Genauigkeit von Positions- und Abstandsangaben von Objekten oder Kanten. Tatsächlich können aber manche Größen, wie z.B. der Schwerpunkt oder die Lage einer Kante im Graustufenbild, in Bruchteilen einer Pixelkantenlänge verlässlich ermittelt werden.“[7] 5 Die im Folgenden verwendeten Werte sind Annahmen, die auf Diskussion und technischen Datenblättern, vor allem im Hinblick auf den SCARA, basieren

Hochschule Ulm

51

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung • Die Abmessungen der Grundfläche ist durch den SCARA mit Parallelkinematik plus einer Einhausung, z.B. ein zusammengesteckter Quader mit Plexiglasscheiben zur Betriebssicherheit, gegeben. Legt man die Abmessungen des SCARA-Roboters RP-5AH von Mitsubishi Electric zu Grunde, besitzt der SCARA einen Arbeitsraum von ca. 600mm in der x-Achse und ca. 280mm in der y-Achse. Dieser Arbeitsraum wird entgegen der Angaben des technischen Datenblatts [11] als rechteckig angenommen, um einen sinnvollen Bezug zu einer rechteckig aufnehmenden Bildverarbeitung herzustellen. Im Weiteren basieren alle Werte der physikalischen Eigenschaften des SCARAs auf dem genannten Datenblatt.6 • Für das Pendel wird eine Pendellänge von ca. 500mm angenommen. Addiert man die Pendellänge und die die Höhe des TCPs des RP-5AH, ergibt sich eine Gesamthöhe von ca. 760mm. Geht man davon aus, dass die Kamera senkrecht über dem Pendel befestigt wird, den ganzen, als quadratisch anzunehmenden Arbeitsraum des SCARAs, erfasst und die gewünschte Bauhöhe eingehalten wird, bleiben zwischen einer senkrecht stehenden Pendelspitze und der Höhe von einen Meter nur ca. 250mm übrig. Sollte es mit dem bisher noch nicht näher bestimmtem Kamerasystem inklusive Objektiv nicht möglich sein, den Arbeitsraum abzudecken, ist es notwendig, entweder die Pendelstange zu kürzen oder die Gesamthöhe von einem Meter zu überschreiten. Alternativ käme ein stationärer Aufbau mit dem Kamerasystem an der Labordecke oder sogar an einer Teleskopstange in Frage. Auf der Grundlage, dass bisher noch kein Kamerasystem gewählt wurde, können auch noch keine Anforderungen an die Beleuchtung gestellt werden. Wichtig ist es in jedem Falle sich mit der Auflösung der Kamera zu beschäftigen.

3.2.1 Räumliche Auflösung Die räumliche Auflösung gibt an, wie genau die Position eines Punktes im Raum, auf Basis des erzeugten Abbildes des Arbeitsraumes, bestimmt werden kann. Die folgenden Angaben beziehen sich nur auf die Pixel, die Subpixelgenauigkeit wird vernachlässigt. In der Tabelle 3.1 sind, aus der Digitalphotographie bekannte, typische Auflösungen aufgelistet und daraus sich ergebende, arbeitsraumbezogene Auflösungen in mm pro Pixel aufgeführt. Der Arbeitsraum beträgt 600 x 280mm, in diesem muss sich auch die Pendelspitze befinden, um noch mit dem SCARA stabilisiert werden zu können. Diese Werte 6

Auch wenn die vorläufige Auslegung eines SCARAs mit Parallelkinematik in einer Studienarbeit erarbeitet wurde, liegen über den RP-5AH deutlich mehr Daten vor.

Hochschule Ulm

52

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung gelten aber nur, wenn die Kamera genau den Arbeitsraum abdeckt. Sollte die Kamera einen größeren Bereich aufnehmen, verschlechtern sich die Werte. Folglich gehen gerade bei einer kleineren Auflösung viele Informationen verloren und die Messung wird dadurch ungenauer. Der Unterschied zwischen den x- und y-Werten entsteht durch das Bildverhältnis. Alle Auflösungen sind im Verhältnis 4 : 3 angegeben. Dem Entgegen besitzt der Arbeitsraum ein Verhältnis von ca. 2 : 1. Folglich wäre es sinnvoll eine Kamera zu wählen, die dieses Bildverhältnis unterstützt und damit eine gleichmäßige Auflösung in xund y-Richtung ermöglicht. Die größte Beachtung sollte die Auflösung in x-Richtung finAuflösung in Megapixel(MP) 0, 1 1, 3 2 3 5 8 12

(x-)Pixel x (y-)Pixel 800 x 600 1280 x 960 1600 x 1200 2016 x 1512 2576 x 1932 3264 x 2448 4048 x 3040

x mm pro Pixel 0, 75 0, 469 0, 375 0, 298 0, 233 0, 184 0, 148

y mm pro Pixel 0, 47 0, 291 0, 233 0, 185 0.144 0, 114 0, 092

Tabelle 3.1: Vergleich verschiedener Auflösungen einer Kamera mit den zugehörigen Auflösungen in mm pro Pixel im Arbeitsraum

de, da die y-Richtung mit der bereits angesprochenen Problematik des Bildverhältnisses im vorliegenden Fall viel genauer ist. Bereits bei einer für heutige Verhältnisse geringen, aber weit verbreiteten Auflösung von 1, 3 Megapixel, lässt sich die Lage eines Punktes auf einen halben Millimeter genau bestimmen. Sicher sind höhere Auflösungen von Vorteil, diese erhöhen aber auch den Rechenaufwand der softwaremäßigen Bildverarbeitung. Verwendet man an der Pendelspitze eine Kugel mit einem Durchmesser von 10mm, müsste man bei der geringsten Auflösung von 0, 1 Megapixel mit einer Genauigkeit von einem dreiviertel Millimeter arbeiten. Würde das Inverse Pendel mit dieser Quantisierung (vgl. Quatisierungsproblem beim Analog-Digital-Wandler) stabilisiert, erzeugt es ein Zittern der Pendelspitze, um diesen Wert. Möchte man nun das Kamerasystem zur Pendeldetektion verwenden muss mit einem Inversen Problem gearbeitet werden, da die ortsfeste Kamera durch den Blickwinkel nicht die tatsächlichen Koordinaten erkennt. Verstärkt wird das Problem, da der Aufhängungspunkt des Pendels, also des TCP eigentlich wählbar ist, noch um die Verzerrung durch das „Fallen“ der Pendelstange. Zur Lösung des Problems müssen geometrische Umrechnungen/Korrekturen durchgeführt werden.

Hochschule Ulm

53

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung

3.2.2 Bildrate Neben der Auflösung ist die Bildrate7 ein wichtiger Punkt, da die Anzahl der aufgenommenen und ausgewerteten Bilder die Eingangsdaten für den zeitdiskreten Regelkreis liefern. Wird verlangt, dass der Regelkreis z.B. alle 10ms aktiv wird, muss auch das Bildverarbeitungssystem mindestens in der gleichen Zeitspanne aktuelle Eingangsdaten liefern. Diese Bedingung verlangt, vor allem bei sehr kleinen Abtastzeiten des Reglers, sehr leistungsstarke Bildverarbeitungssysteme. Problematisch dabei sind die maximalen Übertragungsraten der Daten zwischen der Kamera und dem Auswertesystem, die Rechenleistung der Bildverarbeitung und die Datenübergabe an die Regelung. Je höher die Auflösung der Bilder, desto größer ist die Datenmenge, die verarbeitet werden muss. Somit bietet es sich an, eine hohe Bildrate mit einer möglichst geringen Auflösung zu verknüpfen. Vergleicht man die RAW-Datenmenge zwischen zwei Bildern mit 24bit Farbtiefe8 und einer Auflösung von 0, 1 MP und 8 MP so ist die Datenmenge des 8 MP-Bildes ca. 16 mal so groß. Zur Berechnung der notwendigen Datentransferrate zwischen Kamera und Bildverarbeitung wird angenommen , dass die Kamera alle 10ms ein Foto aufnimmt. Mit einer Auflösung von 8 MP mit 24bit Farbtiefe ergibt sich eine notwendige Datenrate von ca. 2, 4 Gigabyte pro Sekunde. Die Anbieter solcher Bildverarbeitungssysteme, z.B. Fa. Stemmer Imagine, können sogar mit Datenraten bis 6, 25 Gigabyte pro Sekunde arbeiten.

Rechenbeispiel: Dies ist eine kleine Überschlagsrechnung, um die notwendige Abtastrate der Bildverarbeitung mit Hilfe der maximalen Fallgeschwindigkeit zu bestimmen. Die Berechnung basiert auf dem Energieerhaltungssatz. Angenommen werden die Pendellänge l = 0, 5m und der maximale Auslenkwinkel ϕ = 5◦ .

Energieerhaltungssatz: 1 · m · v2 2 1 g · h = · v2 2 q v = 2·g·h

m·g·h =

7

Bildanzahl pro Zeit, meist Bilder pro Sekunde 2 darstellbare Farben im RGB-Farbraum (Farbort)

8 24

Hochschule Ulm

54

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung

Maximale Geschwindigkeit ∆v zwischen ϕ = 0◦ und ϕ = 5◦ : h = l · cos (ϕ) v=

q

g · cos (ϕ)

∆v =

q

cos (0◦ )





q

g · cos (5◦ )

∆v ≈ 6mm/s Verwendet man nun eine mittlere Auflösung mit ca. α = 0, 3mm (3 MP) folgt für die Abtastrate r: α ∆v r ≤ 50ms r≤

Das Rechenbeispiel zeigt, dass die zu wählenden Auflösung und die Bildanzahl pro Sekunde von den dynamischen Eigenschaften der Regelstrecke abhängig sind. Dabei wird auch gezeigt, dass mit einer hohen Auflösung die Abtastzeit vergrößert werden muss, bzw. mit einer kleinen Auflösung die Abtastzeit verringert werden kann.9

3.2.3 Zusammenfassung Der Einsatz einer digitalen Bildverarbeitung ist sehr vielseitig, wobei der größte Vorteil das berührungslose Messprinzip ist. Zusätzlich kann ein Kamerasystem sehr variabel zusammengestellt werden. Die damit verbundene Variabilität kann aber auch zu überdimensionierten Systemen führen. Um dies zu verhindern, ist es notwendig, so viele Informationen wie möglich über die noch zu erledigenden Aufgaben zu sammeln. Folglich muss ein Bildverarbeitungssystem verantwortungsvoll gewählt und installiert werden. Der Markt bietet viele Kombinationen an und unterstützt den Kunden bei der Systemplanung. Hinsichtlich der Bildverarbeitungssoftware ist es für eine Vielzahl von Einsatzzwecken heutzutage nicht mehr sinnvoll, die Verarbeitungssoftware bzw. die damit verbundenen Algorithmen selbst zu implementieren. Durch die langjährige Erfahrungen mit den Produkten von National Instruments, sowie der Einsatz von LabVIEW bei der Implementierung von Regelungs9

Um die maximale Datenrate pro Sekunde des Systems nicht zu überschreiten.

Hochschule Ulm

55

Detektion der Pendelspitze durch Bildverarbeitung aufgaben, ist es naheliegend, dass auch die Bildverarbeitung von diesem Anbieter gewählt werden sollte.

Hochschule Ulm

56

Resümee und Ausblick

4 Resümee und Ausblick 4.1 Resümee Das Ergebnis der vorliegenden Arbeit ist als Grundlage für weitere Studien- respektive Abschlussarbeiten anzusehen. Das Ziel der Arbeit, ein variables Modell für ein SCARA mit Parallelkinematik zu entwickeln wurde erreicht. Dabei konnten Erfahrungen im Bereich der Herleitung von Dynamikgleichungen auf Basis des d’Alembertschen Prinzips gewonnen werden. Dieses Modell und die entwickelten Koordinatentransformationen sind für eine anschließende Regelsystemauslegung des Stellglieds von Nutzen. Leider konnte nicht begonnen werden das Regelsystem für das Stellglied auszulegen, da kein Aufbau des SCARAs vorhanden war und diese Aufgabe wahrscheinlich den zeitlichen Rahmen der Arbeit gesprengt hätte. Die Auflistung verschiedener Sensorsysteme für die Lagebestimmung des Pendels ermöglicht es, wenn die Verwendung einer digitalen Bildverarbeitung nicht möglich wäre, eine Alternative zu wählen. Um das Stellglied auch für andere Einsatzzwecke, z.B. das Zeichnen mit einem Farbstifte, wurde neben der einfachen PTP-Steuerung auch die Bahnsteuerung diskutiert, die dem Leser einen Einstieg in die Thematik ermöglicht. Der Einblick in die Bildverarbeitung ermöglichte mir ein neues Themengebiet kennen zu lernen. Gerade die individuellen Anforderungen an ein Bildverarbeitungssystem zeigten die Komplexität dieses Themengebiets. Schlussendlich muss man sagen, dass viele Themenbereiche diskutiert und das Hauptthema ausführlich erarbeitet wurden. Damit wurde eine Grundlage für eine positive Fortführung der Arbeit geschaffen. Die Abbildung 4.1 zeigt das Gesamtsystem „Stabilisierung des Inversen Pendels“, wobei der TCP des Stellgliedes (II) zur Stabilisierung an den Ort der detektierten Pendelspitze verfahren wird (IV). Zusätzlich wird der TCP in die Mitte des Arbeitsraumes bewegt (III).

Hochschule Ulm

57

Hochschule Ulm

58

I II III IV

-

+

Regler d. Stabilisierung

III

Bahnsteuerung

xsp ysp

Rücktransformation

+

βl0 βr0

Messsystem

Rücktransformation

Regler d. TCP-Position

+ -

Winkelregelung (gekauft) SCARA als allgemeines Stellglied Führungsregelung für SCARA (Mitte des Arbeitsraumes) Stabilisierung des Inversen Pendels

IV

II

xTCP,w yTCP,w

βl,w βr,w

Richtung

Pendel

Antrieb

Dynamik

xTCP‘‘ yTCP‘‘

ML MR

Grundlagenuntersuchung

Rechenvorschrift plus SW-Implementierung

Theorie + Modell plus SW-Implementierung

Fallwinkel

Regler

Winkelregelung in Antrieb integriert

ϕx r

+ -

I βlx βrx

Vorwärtstransformation

Messgröße

xTCP yTCP

Resümee und Ausblick

Abbildung 4.1: Übersicht aller notwendigen und in der vorliegenden Arbeit gelösten Aufgaben zum Thema „Stabilisierung eines Inversen Pendels mit dem Stellglied - SCARA mit Parallelkinematik“.

Resümee und Ausblick

4.2 Ausblick Um das Ziel der Demoanlage „Stabilisieren eines Inversen Pendels“ zu erreichen, müssen aufbauend auf der vorliegenden Arbeit, in Zukunft noch drei Hauptthemengebiete erarbeitet werden.

Technische Realisierung des SCARAs Der Aufbau des SCARAs muss eine hohe Priorität haben. Ist der Aufbau fertig, bzw. sind alle Bauteile gewählt, können die physikalischen Parameter für das Modell abgeleitet werden. Weiterhin sollten das Getriebespiel, der geplanten Planetengetriebe, untersucht werden. Es empfiehlt sich, einen schrittweisen Aufbau vorzunehmen. Für das Problem des Getriebespiels, bietet es sich an, zunächst nur einen Antrieb mit Getriebe und einem (Unter-)Arm zu analysieren.

Auslegung der Regelungen Ein umfangreicher Punkt ist die Auslegung des Regelsystems für den SCARA als Stellglied. Auf Grund der gewählten Antriebe, die bereits eine eingebaute Winkelregelung besitzen, kann entweder nach dem wahrscheinlich spielbehafteten Getriebe ein indirekte Regelung verwendet werden oder eine direkte Regelung basierend auf den TCP-Koordinaten erfolgen. Um dies durchzuführen muss sowohl der mechanische Aufbau des SCARAs vorhanden, als auch dessen Handbetrieb möglich sein. Das Primärziel ist erreicht, wenn der SCARA durch Koordinatenvorgabe den gewünschten Zielpunktes, mit PTP- oder Bahnsteuerung, genau erreicht. Mit einem geregelten Stellglied können die Regelungen für gewünschte Anwendungsfälle, hauptsächlich die Stabilisierung des Pendels, ausgelegt werden. Daraus folgt, dass ohne ein funktionierendes und geregeltes Stellglied eine Fortführung des Projektes nicht sinnvoll ist.

Anwendbarkeit der Bildverarbeitung Diese Untersuchungen werden benötigt, um festzustellen, ob und in welchem Umfang eine Bildverarbeitung für den Einsatz mit dem SCARA möglich ist. Es geht nicht nur um die Lagebestimmung des Pendels, sondern auch um sonstige Positionsbestimmungen im Stellbereich des SCARAs. Hauptpunkte sind hierbei, für die erforderliche Bildrate zur Datenerfassung für den Regelkreis und die Aufhängungshöhe des optischen Sensors, eine kostengünstige Lösung zu finden. Sind diese drei Punkte erarbeitet und das Stellglied funktioniert wie gewünscht, kann man sich mit diversen Zielapplikationen beschäftigen. Mögliche Einsatzzwecke sind: • Stabilisierung des Inversen Pendels

Hochschule Ulm

59

Resümee und Ausblick • Abfahren/Zeichnen von Figuren, ggf. mit einer z-Achse im TCP • Transportvorgänge um kopflastige Objekte ohne „kippen“, z.B. Rakete wird auf TCP bewegt. Abschließend zeigt sich, dass es noch ein langer Weg bis zu einer funktionierenden Demoanlage „Stabilisieren eines Inversen Pendels“ auf Basis eines SCARAs mit Parallelkinematik als Stellglied ist.

Hochschule Ulm

60

Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis [1] Assmann, Bruno ; Selke, Peter (Hrsg.): Technische Mechanik 3 - Kinematik und Kinetik. München [u.a.] : Oldenbourg, 2011 [2] Bartsch, Hans-Jochen: Taschenbuch mathematischer Formeln. 19. Auflage. München ; Wien : Fachbuchverl. Leipzig im Hanser-Verl., 2001 [3] Berger, Benjamin: Realisierung einer prototypischen Hardwarelösung für ein inverses Pendel, Teschnische Universität Leipzig, Diplomarbeit, 2004 [4] Beyer, W.: Industrielle Winkelmesstechnik - Grundlagen, Meßverfahren und Geräte; aufgabenspezifische Winkelmessung. Ehningen bei Böblingen : expert verlag, 1990 [5] Demant, Christian ; Streicher-Abel, Bernd (Hrsg.) ; Springhoff, Axel (Hrsg.): Industrielle Bildverarbeitung - Wie optische Qualitätskontrolle wirklich funktioniert. Berlin, Heidelberg : Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2011 [6] Erhardt, Angelika: Einführung in die Digitale Bildverarbeitung - Grundlagen, Systeme und Anwendungen. Wiesbaden : Vieweg + Teubner, 2008 [7] Heckenkamp, Christoph: Grundprinzipien der Subpixel-Genauigkeit. : , 2013 (12.02.2013). – URL http://www.inspect-online.com/topstories/automation/ grundprinzipien-der-subpixel-genauigkeit [8] Lunze, J.: Regelungstechnik 1 - Systemtheoretische Grundlagen, Analyse und Entwurf einschleifiger Regelungen. 8. Auflage. Berlin ; Heidelberg : Springer, 2010 [9] Lunze, J.: Regelungstechnik 2 - Mehrgrößensysteme, Digitale Regelung. 6. Auflage. Berlin ; Heidelberg : Springer, 2010 (Springer-Lehrbuch Bd. 2) [10] Lutz, H. ; Wendt, W.: Taschenbuch der Regelungstechnik: mit MATLAB und Simulink. 7. Auflage. Frankfurt am Main : Velag Harri Deutsch, 2007 [11] Mitsubishi Electric: MELFA Industrieroboter Technisches Handbuch RP1AH/3AH/5AH. Version A. : , August 2002

Hochschule Ulm

61

Literaturverzeichnis [12] MITSUBISHI ELECTRIC EUROPE: SCARA Roboter. : , 2013 (02.01.2013). – URL http://www.directindustry.de/prod/mitsubishi-electric-europe/ scara-roboter-12225-56844.html [13] National Instruments: Bildanalyse und -verarbeitung. : , 2013 (12.02.2013). – URL http://www.ni.com/white-paper/3470/de. – Tutorium [14] Physik Instrumente (PI) GmbH & Co. KG: Grundlagen der Mikropositionierung. : , 2012 (18.10.2012). – URL http://www.physikinstrumente.de/de/ produkte/prdetail.php?sortnr=700500.00 [15] Polzer, Jan: Berechnung der Nulldynamik eines inversen Pendels mit unterschiedlichen mathematischen Theorien / Gerhard-Mercator-Universität-GH Duisburg Meß,Steuer- und Regelungstechnik. 2000 (01). – Forschungsbericht [16] Raisch, J.: Mehrgrößenregelung im Frequenzbereich. 1. Auflage. München ; Wien : Oldenbourg, 1994 [17] Redinger, Andreas: SCARA-Roboter mit Parallelkinematik. Hochschule Ulm. 8 2012. – Studienarbeit [18] Samal, E.: Grundriß der praktischen Regelungstechnik. 17. Auflage. München ; Wien : Oldenbourg, 1991 [19] Schulz, Gerd: Lineare und nichtlineare Regelung, rechnergestützter Reglerentwurf. 3. Auflage. München ; Wien : Oldenbourg, 2007 [20] Schweitzer, Jörg ; Dörflinger, Justus ; Jopp, Ronny: Das Inverse Pendel Prozessdatenverarbeitung. – URL http://www.cs.hs-rm.de/~linn/vpdv05/jopp_ et_al/doku_pendel.pdf. – Hochschule RheinMain - University of Applied Sciences - Wiesbaden Rüsselsheim [21] Sprenger, Bernhard ; Kucera, Ladislav ; Mourad, Safer: Balancing of an Inverted Pendulum with a SCARA Robot [22] Urban Mobility Germany Authorized: Der neue Segway™i2. (18.10.2012). – URL http://www.segway.de/type-i2.php

: , 2012

[23] Weber, W.: Industrieroboter: Methoden der Steuerung und Regelung. Fachbuchverl. Leipzig im Carl Hanser Verlag, 2002 [24] Zirn, Oliver ; Weikert, Sascha: Modellbildung und Simulation hochdynamischer Fertigungssysteme - Eine praxisnahe Einführung. 1. Auflage. Berlin ; Heidelberg [u.a.] : Springer, 2006

Hochschule Ulm

62

Herleitung des Signalverhaltens eines linearen inversen Pendels

A Herleitung des Signalverhaltens eines linearen inversen Pendels A.1 Großsignalverhalten In diesem Teil wird das komplette Großsignalverhalten des Inversen Pendels allgemein hergeleitet. Die Ausgangslage ist das freigeschnittenen Pendel: mw · x¨w = Fx − H

(A.1.1)

mp · x¨s = H

(A.1.2)

mp · z¨s = V − mp · g

(A.1.3)

Jp · ϕ¨ = V l · sin ϕ + Hl · cos ϕ

(A.1.4)

xs = xw − l · sin ϕ

(A.1.5)

zs = l · cos ϕ

(A.1.6)

Ableitungen der zeitvariablen Funktion ϕ: ϕ = f (t) d f (t)0 = ϕ = ϕ˙ dt d2 f (t)00 = 2 ϕ = ϕ¨ dt

Hochschule Ulm

(A.1.7) (A.1.8) (A.1.9)

I

Herleitung des Signalverhaltens eines linearen inversen Pendels Mit cos ϕ: g (t) = cos ϕ

(A.1.10)

g (t) = cos (f (t))

(A.1.11)

g (t)0 = − sin (f (t)) · f (t)0

(A.1.12) 

g (t)00 = − sin (f (t)) · f (t)00 + − cos (f (t)) · f (t)0 · f (t)0



g (t)00 = (−1) · ϕ¨ · sin ϕ + ϕ˙ 2 · cos ϕ 



(A.1.13) (A.1.14)

Mit sin ϕ: h (t) = sin ϕ

(A.1.15)

h (t) = sin (f (t))

(A.1.16)

h (t)0 = cos (f (t)) · f (t)0 00

00

(A.1.17) 

0

0

h (t) = cos (f (t)) · f (t) − sin (f (t)) · f (t) · f (t)



h (t)00 = ϕ¨ · cos ϕ − ϕ˙ 2 · sin ϕ

(A.1.18) (A.1.19)

Anwendung auf V : V = mp · z¨s − s + mp · g

(A.1.20)

d2 (zs ) + mp · g dt2 d2 V = mp · l · 2 (cos ϕ) + mp · g dt

V = mp ·

  d2 2 (cos ϕ) = (−1) · ϕ ¨ · sin ϕ + ϕ ˙ · cos ϕ dt2 V = (−1) · mp · l · ϕ¨ · sin ϕ − mp · l · ϕ˙ 2 · cos ϕ + mp · g

(A.1.21) (A.1.22) (A.1.23) (A.1.24)

Anwendung auf H: H = mP · x¨s

(A.1.25)

d2 (xs ) dt2 d2 H = mp · 2 (xw − l · sin ϕ) dt d2 H = mp · x¨w − l · 2 (sin ϕ) dt H = mp ·

d2 (sin ϕ) = ϕ¨ · cos ϕ − ϕ˙ 2 · sin ϕ dt2 H = mp · x¨w − mp · l · ϕ¨ · cos ϕ + mp · l · ϕ˙ 2 · sin ϕ

Hochschule Ulm

II

(A.1.26) (A.1.27) (A.1.28) (A.1.29) (A.1.30)

Herleitung des Signalverhaltens eines linearen inversen Pendels Translatorische Bewegung: mw = Fx − H

(A.1.31)

x¨w (mw + mp ) = Fx + mp · l · ϕ¨ · cos ϕ − mp · l · ϕ˙ 2 · sin ϕ

(A.1.32)

Rotatorische Bewegung: Jp · ϕ¨ = V l · sin ϕ + Hl · cos ϕ

(A.1.33)

V l · sin ϕ = −mp · l · ϕ¨ · (sin ϕ)2 − mp · l · ϕ˙ 2 · cos ϕ · sin ϕ

(A.1.34)

+ mp · l · g · sin ϕ Hl · cos ϕ = mp · l · x¨w · cos ϕ − mp · l · ϕ¨ · (cos ϕ)2 + mp · l · ϕ˙ 2 · cos ϕ · sin ϕ k = mp · l

(A.1.35) (A.1.36)

Jp · ϕ¨ = −k · l · ϕ¨ · (sin ϕ)2 + (cos ϕ)2 



+ k · l · ϕ˙ 2 · (− cos ϕ · sin ϕ + cos ϕ · sin ϕ)

(A.1.37)

+ k · g · sin ϕ + k · x¨w · cos ϕ Additionstheoreme (siehe [2]): cos (x1 − xs ) = sin x1 · sin x2 + cos x1 · cos x2

(A.1.38)

sin (x1 − x2 ) = sin x1 · cos x2 − cos x1 · sin x2

(A.1.39)

x1 = x2 = ϕ

(A.1.40)

cos (x1 − xs ) = cos (0) = 1

(A.1.41)

sin (x1 − xs ) = sin (0) = 0

(A.1.42)

Folglich: Jp · ϕ¨ = −k · l · ϕ¨ + k · g · sin ϕ + k · x¨w · cos ϕ ϕ¨ (Jp + k · l) = k · g · sin ϕ + k · x¨w · cos ϕ

(A.1.43) (A.1.44)

A.2 Übertragungsfunktion mit Linearisierung Dieser Abschnitt zeigt schrittweise die allgemeine Herleitung der Übertragungsfunktion Gs (s) = Fϕx . Startpunkte sind die beiden nichtlinearen Bewegungsgleichungen A.1.32 und A.1.44. Im ersten Schritt werden die nichtlinearen Terme durch den kleinen Winkel

Hochschule Ulm

III

Herleitung des Signalverhaltens eines linearen inversen Pendels ϕ eliminiert und anschließend die vernachlässigbar kleinen Potenzwerte von ϕ zu Null gesetzt. Es gilt weiterhin k = mp · l. ϕ¨ (Jp + k · l) = k · g · ϕ + k · x¨w

(A.2.1)

x¨w (mw + mp ) = Fx + k · ϕ¨ − k · ϕ˙ 2 · ϕ

(A.2.2)

x¨w (mw + mp ) = Fx + k · ϕ¨

(A.2.3)

Durch einsetzten der zweiten Gleichung in die Erste wird der Term x¨w eliminiert und es entsteht einer Gleichung mit den zwei Veränderlichen ϕ und Fx . !

Fx + k · ϕ¨ ϕ¨ (Jp + k · l) = k · g · ϕ + k · mw + mp k 2 · ϕ¨ k · Fx + ϕ¨ (Jp + k · l) = k · g · ϕ + mw + mp mw + mp ! k k2 Fx · = ϕ¨ Jp + k · l + − ϕ·k·g mw + mp mw + mp Jetzt kann die Übertragungsfunktion Gs (s) = 2 bzw. s2 = dtd 2 erstellt werden.

ϕ(s) Fx (s)

(A.2.4) (A.2.5) (A.2.6)

mit Hilfe des Laplaceoperators s =

d dt

k

ϕ (s) mw +mp  =  2 2 Fx (s) s Jp + k · l + mwk+mp − (k · g) 1 g · (mw +mp )   l 4l s2 3g − g ·m(mp w·+m p)



Gs (s) = Gs (s) =

s2 a

Hochschule Ulm

(A.2.7)



(A.2.8)

−1

b0 2 + a0

(A.2.9)

IV

Nebenrechnungen für die Parallelkinematik

B Nebenrechnungen für die Parallelkinematik B.1 Zeitliche Ableitungen der Oberarmschwerpunktkoordianten Hier werden die zeitlichen Ableitungen für die Schwerpunktkoordinaten der beiden Oberarme berechnet. Die Bezeichnungen und Zusammenhänge können dem Kapitel 1.3.2.1 entnommen werden. Für die Koordinaten des linken Oberarms gilt: xsol = xbl + lul · cos (βl ) + a · lol · cos (βol )

(B.1.1)

ysol = ybl + lul · sin (βl ) + b · lol · sin (βol )

(B.1.2)

Die beiden Variablen a und b werden zur Definition der Schwerpunktlage benötigt. Als Näherung wird in diesem Fall a = b = 21 , d.h. der Schwerpunkt liegt genau auf der halben Länge lol des linken Oberarms. 1 x˙ sol = (−1) · lul · β˙ l · sin (βl ) + · lol · (−1) · β˙ ol · sin (βol ) 2 1 y˙ sol = lul · β˙ l · cos (βl ) + · lol · β˙ ol · cos (βol ) 2

(B.1.3) (B.1.4)

Unter der Verwendung der Gleichungen A.1.14 und A.1.19 werden die beiden zeitlichen Ableitungen x¨sol und y¨sol bestimmt.  2 



x¨sol

= (−1) · lul · sin (βl ) · β¨l + cos (βl ) · β˙ l

  2  1 ¨ + · (−1) · lol · sin (βol ) · βol + cos (βol ) · β˙ ol 2   2  ¨ y¨sol = lul · cos (βl ) · βl − sin (βl ) · β˙ l   2  1 ¨ + · lol · cos (βol ) · βol − sin (βol ) · β˙ ol 2

Hochschule Ulm

V

(B.1.5)

(B.1.6)

Nebenrechnungen für die Parallelkinematik Für die Schwerpunktkoordinaten des rechten Oberarms gilt analog: xsor = xbr + lur · cos (βr ) + a · lor · cos (βor )

(B.1.7)

ysor = ybr + lur · sin (βr ) + b · lor · sin (βor ) 

(B.1.8) 

x¨sor = (−1) · lur · sin (βr ) · β¨r + cos (βr ) · β˙ r

2 

  2  1 ¨ ˙ + · (−1) · lor · sin (βor ) · βor + cos (βor ) · βor 2   2  ¨ y¨sor = lur · cos (βr ) · βr − sin (βl ) · β˙ r   2  1 ¨ ˙ + · lor · cos (βor ) · βor − sin (βor ) · βor 2

(B.1.9)

(B.1.10)

B.2 Gleichungen Vorwärtstransformation Mit den folgenden Gleichungen werden die Punkte Ptcp1 = (xtcp1 /ytcp1 ) und Ptcp2 = (xtcp2 /ytcp2 ) des TCP bestimmt. Die Basis liefern dafür die Koordinatenpunkte Pl = (xl /yl ) und Pr = (xr /yr ) und die Oberarmlängen lol und lor .

B.2.1 x-Koordinate

xtcp1 xtcp2

√ √ xl xr yl q yr r lol 2 xl lor 2 xl lol 2 xr lor 2 xr = + + − − + + − 2 2 n n√ n n n n √ xl xr yl s yr t lol 2 xl lor 2 xl lol 2 xr lor 2 xr = + − + − + + − 2 2 n n n n n n

n =2 xl 2 − 4 xl xr + 2 xr 2 + 2 yl 2 − 4 yl yr + 2 yr 2

Hochschule Ulm

VI

(B.2.1) (B.2.2)

(B.2.3)

Nebenrechnungen für die Parallelkinematik

q = − lol 4 + 2 lol 2 lor 2 + 2 lol 2 xl 2 − 4 lol 2 xl xr + 2 lol 2 xr 2 + 2 lol 2 yl 2 − 4 lol 2 yl yr + 2 lol 2 yr 2 − lor 4 + 2 lor 2 xl 2 − 4 lor 2 xl xr + 2 lor 2 xr 2 + 2 lor 2 yl 2 − 4 lor 2 yl yr + 2 lor 2 yr 2 − xl 4 + 4 xl 3 xr − 6 xl 2 xr 2 − 2 xl 2 yl 2

(B.2.4)

+ 4 xl 2 yl yr − 2 xl 2 yr 2 + 4 xl xr 3 + 4 xl xr yl 2 − 8 xl xr yl yr + 4 xl xr yr 2 − xr 4 − 2 xr 2 yl 2 + 4 xr 2 yl yr − 2 xr 2 yr 2 − yl 4 + 4 yl 3 yr − 6 yl 2 yr 2 + 4 yl yr 3 − yr 4

r = − lol 4 + 2 lol 2 lor 2 + 2 lol 2 xl 2 − 4 lol 2 xl xr + 2 lol 2 xr 2 + 2 lol 2 yl 2 − 4 lol 2 yl yr + 2 lol 2 yr 2 − lor 4 + 2 lor 2 xl 2 − 4 lor 2 xl xr + 2 lor 2 xr 2 + 2 lor 2 yl 2 − 4 lor 2 yl yr + 2 lor 2 yr 2 − xl 4 + 4 xl 3 xr − 6 xl 2 xr 2 − 2 xl 2 yl 2

(B.2.5)

+ 4 xl 2 y l y r − 2 xl 2 y r 2 + 4 xl xr 3 + 4 xl xr y l 2 − 8 xl xr yl yr + 4 xl xr yr 2 − xr 4 − 2 xr 2 yl 2 + 4 xr 2 yl yr − 2 xr 2 yr 2 − yl 4 + 4 yl 3 yr − 6 yl 2 yr 2 + 4 yl yr 3 − yr 4

s = − lol 4 + 2 lol 2 lor 2 + 2 lol 2 xl 2 − 4 lol 2 xl xr + 2 lol 2 xr 2 + 2 lol 2 yl 2 − 4 lol 2 yl yr + 2 lol 2 yr 2 − lor 4 + 2 lor 2 xl 2 − 4 lor 2 xl xr + 2 lor 2 xr 2 + 2 lor 2 yl 2 − 4 lor 2 yl yr + 2 lor 2 yr 2 − xl 4 + 4 xl 3 xr − 6 xl 2 xr 2 − 2 xl 2 yl 2 + 4 xl 2 yl yr − 2 xl 2 yr 2 + 4 xl xr 3 + 4 xl xr yl 2 − 8 xl xr yl yr + 4 xl xr yr 2 − xr 4 − 2 xr 2 yl 2 + 4 xr 2 yl yr − 2 xr 2 yr 2 − yl 4 + 4 yl 3 yr − 6 yl 2 yr 2 + 4 yl yr 3 − yr 4

Hochschule Ulm

VII

(B.2.6)

Nebenrechnungen für die Parallelkinematik

t = − lol 4 + 2 lol 2 lor 2 + 2 lol 2 xl 2 − 4 lol 2 xl xr + 2 lol 2 xr 2 + 2 lol 2 yl 2 − 4 lol 2 yl yr + 2 lol 2 yr 2 − lor 4 + 2 lor 2 xl 2 − 4 lor 2 xl xr + 2 lor 2 xr 2 + 2 lor 2 yl 2 − 4 lor 2 yl yr + 2 lor 2 yr 2 − xl 4 + 4 xl 3 xr − 6 xl 2 xr 2 − 2 xl 2 yl 2

(B.2.7)

+ 4 xl 2 yl yr − 2 xl 2 yr 2 + 4 xl xr 3 + 4 xl xr yl 2 − 8 xl xr yl yr + 4 xl xr yr 2 − xr 4 − 2 xr 2 yl 2 + 4 xr 2 yl yr − 2 xr 2 yr 2 − yl 4 + 4 yl 3 yr − 6 yl 2 yr 2 + 4 yl yr 3 − yr 4

B.2.2 y-Koordinate

ytcp1 ytcp2

√ √ yl yr xl q xr r lol 2 yl lor 2 yl lol 2 yr lor 2 yr = + − + − + + − 2 2 n n√ n n n n √ 2 2 2 2 yl yr xl s xr t lol yl lor yl lol yr lor yr = + + − − + + − 2 2 n n n n n n

n =2 xl 2 − 4 xl xr + 2 xr 2 + 2 yl 2 − 4 yl yr + 2 yr 2

(B.2.8) (B.2.9)

(B.2.10)

q = − lol 4 + 2 lol 2 lor 2 + 2 lol 2 xl 2 − 4 lol 2 xl xr + 2 lol 2 xr 2 + 2 lol 2 yl 2 − 4 lol 2 yl yr + 2 lol 2 yr 2 − lor 4 + 2 lor 2 xl 2 − 4 lor 2 xl xr + 2 lor 2 xr 2 + 2 lor 2 yl 2 − 4 lor 2 yl yr + 2 lor 2 yr 2 − xl 4 + 4 xl 3 xr − 6 xl 2 xr 2 − 2 xl 2 yl 2 + 4 xl 2 yl yr − 2 xl 2 yr 2 + 4 xl xr 3 + 4 xl xr yl 2 − 8 xl xr yl yr + 4 xl xr yr 2 − xr 4 − 2 xr 2 yl 2 + 4 xr 2 yl yr − 2 xr 2 yr 2 − yl 4 + 4 yl 3 yr − 6 yl 2 yr 2 + 4 yl yr 3 − yr 4

Hochschule Ulm

VIII

(B.2.11)

Nebenrechnungen für die Parallelkinematik

r = − lol 4 + 2 lol 2 lor 2 + 2 lol 2 xl 2 − 4 lol 2 xl xr + 2 lol 2 xr 2 + 2 lol 2 yl 2 − 4 lol 2 yl yr + 2 lol 2 yr 2 − lor 4 + 2 lor 2 xl 2 − 4 lor 2 xl xr + 2 lor 2 xr 2 + 2 lor 2 yl 2 − 4 lor 2 yl yr + 2 lor 2 yr 2 − xl 4 + 4 xl 3 xr − 6 xl 2 xr 2 − 2 xl 2 yl 2

(B.2.12)

+ 4 xl 2 y l y r − 2 xl 2 y r 2 + 4 xl xr 3 + 4 xl xr y l 2 − 8 xl xr y l y r + 4 xl xr yr 2 − xr 4 − 2 xr 2 yl 2 + 4 xr 2 yl yr − 2 xr 2 yr 2 − yl 4 + 4 yl 3 yr − 6 yl 2 yr 2 + 4 yl yr 3 − yr 4

s = − lol 4 + 2 lol 2 lor 2 + 2 lol 2 xl 2 − 4 lol 2 xl xr + 2 lol 2 xr 2 + 2 lol 2 yl 2 − 4 lol 2 yl yr + 2 lol 2 yr 2 − lor 4 + 2 lor 2 xl 2 − 4 lor 2 xl xr + 2 lor 2 xr 2 + 2 lor 2 yl 2 − 4 lor 2 yl yr + 2 lor 2 yr 2 − xl 4 + 4 xl 3 xr − 6 xl 2 xr 2 − 2 xl 2 yl 2 + 4 xl 2 yl yr − 2 xl 2 yr 2

(B.2.13)

+ 4 xl xr 3 + 4 xl xr yl 2 − 8 xl xr yl yr + 4 xl xr yr 2 − xr 4 − 2 xr 2 yl 2 + 4 xr 2 yl yr − 2 xr 2 yr 2 − yl 4 + 4 yl 3 yr − 6 yl 2 yr 2 + 4 yl yr 3 − yr 4

t = − lol 4 + 2 lol 2 lor 2 + 2 lol 2 xl 2 − 4 lol 2 xl xr + 2 lol 2 xr 2 + 2 lol 2 yl 2 − 4 lol 2 yl yr + 2 lol 2 yr 2 − lor 4 + 2 lor 2 xl 2 − 4 lor 2 xl xr + 2 lor 2 xr 2 + 2 lor 2 yl 2 − 4 lor 2 yl yr + 2 lor 2 yr 2 − xl 4 + 4 xl 3 xr − 6 xl 2 xr 2 − 2 xl 2 yl 2 + 4 xl 2 yl yr − 2 xl 2 yr 2 + 4 xl xr 3 + 4 xl xr yl 2 − 8 xl xr yl yr + 4 xl xr yr 2 − xr 4 − 2 xr 2 yl 2 + 4 xr 2 yl yr − 2 xr 2 yr 2 − yl 4 + 4 yl 3 yr − 6 yl 2 yr 2 + 4 yl yr 3 − yr 4

Hochschule Ulm

IX

(B.2.14)

Nebenrechnungen für die Parallelkinematik

B.3 Vektoren des Dynamikmodells der Parallelkinematik Dieser Abschnitt zeigt den Inhalt der im schematischen Dynamikmodell der Parallelkinematik dargestellten Vektoren. ~ B F~ xy ~

T T T

h

= βl , β˙ l , β¨l , βol , β˙ ol , β¨ol , βor , β˙ or , β¨or , βr , β˙ r , β¨r

i

(B.3.1)

= [F12x , F12y , F23x , F23y , F34x , F34y ]

(B.3.2)

= [∆xl , ∆yl , ∆xol , ∆yol , x¨sol , y¨sol , ∆xor , ∆yor , x¨sor , y¨sor , ∆xr , ∆yr ]

(B.3.3)

T J~ = [Jl , Jsol , Jsor , Jr ]

(B.3.4)

m ~ T = [mol , mor ]

(B.3.5)

~ T = [lul , lol , lor , lur , xbl , ybl , xbr , ybr ] L

(B.3.6)

~ M

T

= [Ml , Mr ]

Hochschule Ulm

(B.3.7)

X