2009 der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung

Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit Jahresbericht 2008 / 2009 der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung Gesundheit und Sicherheit...
Author: Mona Pohl
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Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit

Jahresbericht 2008 / 2009 der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung

Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit

Impressum

Jahresbericht 2008/2009 der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung Herausgeber Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit Referat Öffentlichkeitsarbeit Dostojewskistraße 4 65187 Wiesbaden www.sozialministerium.hessen.de

Verantwortlich: Gesa Krüger

Redaktion Bettina Splittgerber Christiane Troia

Redaktionsbeirat Ursula Aich, Wiesbaden Anton Kny, Kassel Bodo Kratzheller, Limburg/Hadamar Mathias Möller, Darmstadt Frank Nowak, Frankfurt am Main Dr. Gabriela Petereit-Haack, Wiesbaden Max Scheibel, Gießen Birgit Thiede, Wiesbaden Barbara Schmid, Kassel

Layout Verena Schmitt

Inhalt Vorwort

1

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ • Berücksichtigung neuer Risikostrukturen am Beispiel der psychische Belastungen – eine Einführung

3

• Positionspapier der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung zum Themenfeld „Psychische Belastungen“

5

• Die Arbeitssituationsanalyse zur Konkretisierung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz

14

Teil 1 „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit 1.1 1.2

1.3

Über die Hessische Arbeitsschutzverwaltung

19

• Arbeitsschutz in Hessen

19

QM und IFAS in der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung

22

• Einführung eines Qualitätsmanagementsystems in der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung

22

• Erfahrungen und Nutzen eines Qualitätsmanagementsystems am Beispiel der Ländermessstelle für Gefahrstoffe

26

• Mehr Sicherheit – aber bitte mit Qualität!

28

• 20 Jahre IFAS im Arbeitsschutzes des Landes Hessen

30

Öffentlichkeitsarbeit

34

• „Durch Spiel ans Ziel“ – Arbeitsschutz auf dem Hessentag 2008 in Homberg/Efze

34

Teil 2 Fachberichte 2.1

Arbeitsplatzgestaltung

36

2.1.1

Allgemeines

36

• Getränkeschankanlagen – es gilt das Bewusstsein zu schärfen!

36

• „Schöne neue Arbeitswelt“

38

Arbeitsstätten

39

• Dringend geboten – Verbesserung des primären Lärmschutzes

39

• Wie eine Forelle im Grillkorb

40

Technische Arbeitsmittel

42

• Unfall in der Gebindereinigung eines Pharma- und Chemiebetriebes

42

• Tödlicher Arbeitsunfall bei einer Probenahme von einem Kohlendioxid-Tankfahrzeug

43

2.1.2

2.1.3

Inhalt • Gericht betont Verantwortung der Unternehmensleitung für Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten

46

• Unfall an einer Spritzgießmaschine

50

• Ortsbeweglicher Druckbehälter als Projektil

54

• Explosion von Flüssiggasflaschen in einer Kartbahn

57

Überwachungsbedürftige Anlagen

57

• Unfall in der automatischen Lackieranlage eines Autozulieferers

57

Gefahrstoffe und Chemikalien

58

• Fortbildung für Berufsschullehrer zum Thema Arbeitsschutz

58

• Gefahrstoffumgang in einem Nagelstudio

60

Sprengstoffe und Pyrotechnik

62

• Silvesterkontrollaktion 2008/2009 und 2009/2010

62

• Illegales Feuerwerk verursachte erheblichen Sachschaden

63

• „Warum brauche ich eine Lagergenehmigung? Ich habe doch Container!“

64

• Explosionsgefährliche Stoffe

65

Arbeitsschutz auf Baustellen

67

• Schwerpunkt Gerüstbau 2008 in Hessen

67

• Enge Terminvorgaben auf Baustellen beeinträchtigen die Arbeitssicherheit

72

• Neue Technik – neue Gefahren! Montage von PhotovoltaikAnlagen

73

• Baukräne unter elektrischer Spannung

75

2.2

Arbeitsbedingungen

76

2.2.1

Gefährdungsbeurteilung

76

• Niederlassungen großer Konzerne führen in Sachen Arbeitsschutz oft nur ein Schattendasein

76

Arbeitszeitrecht

80

• Arbeitszeit im Einzelhandel: Eine Bestandsaufnahme nach zwei Jahren Hessischem Ladenöffnungsgesetz

80

Mutterschutz

84

• Branchenbezogene Handlungshilfe für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen von Schwangeren

84

2.1.4 2.1.5

2.1.6

2.1.7

2.2.2

2.2.3

Inhalt

2.2.4

Kündigungsschutz in Mutterschutz und Elternzeit

85

• Anträge auf Zulassung von Kündigungen nach Mutterschutzgesetz in Hessen für die Jahre 2008/2009

85

• Anträge auf Zulassung von Kündigungen nach Bundeselterngeldund Elternzeitgesetz in Hessen für die Jahre 2008/2009

85

Sozialvorschriften im Straßenverkehr

86

• Arbeits- und Gesundheitsbedingungen im Güterverkehr – Arbeitsplatz „Straße“

86

2.3

Medizintechnik und Produktsicherheit

91

2.3.1

Medizinprodukte

91

• Workshop zum Thema „Überwachung der klinischen Bewertung“ im Bereich Medizinprodukte 2008

91

Produktsicherheit

93

• Workshop „Risikoanalyse“ am 11. bis 12. Februar 2009 in Kassel

93

• Schwimmsitze können gefährlich sein

94

2.4

Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

95

2.4.1

Arbeitsschutzmanagement

95

• Hessen innovativ – Arbeitsschutz konkret „Arbeitsschutzmanagement bei der Nassauischen Heimstätte"

95

2.2.5

2.3.2

2.4.2

2.5

Demographischer Wandel

103

• Der Demographische Wandel – eine Herausforderung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz

103

Kooperationen und Netzwerke

113

• Zusammenarbeit mit der Normung und bundesweiter Gremien im Bereich Röntgenstrahlenschutz

113

• Sicherheit und Gesundheitsschutz in der Land- und Forstwirtschaft – Bericht 2008/2009

115

Teil 3 Berichte aus den Fachzentren 3.1

Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe

123

• Schwerpunktaktion „Schutz der Beschäftigten vor Stäuben und Aerosolen an Gießereiarbeitsplätzen“

123

• Gefahrstoffinformationen und Gefährdungsbeurteilung bei der Verarbeitung von Epoxidharzen

129

Inhalt

3.2

Landesgewerbearzt / Fachzentrum für medizinischen Arbeitsschutz

136

• Überprüfung des ASIG und der Verwendung sicherer Nadelsysteme in Hessischen Psychiatrien

136

• Schwerpunktaktion "Überwachung des Arbeitssicherheitsgesetzes und der sicheren Nadeltechnik in Justizvollzugsanstalten"

141

• Der Einfluss psychosozialer Belastung auf Bandscheibenerkrankungen der Halswirbelsäule

148

• Ableitung von Normwerten für die Adrenalin- und NoradrenalinKonzentration im Sammelurin während der Arbeitszeit

152

Anhang Dienststellenverzeichnis

156

Tabellen 2008/2009

159

Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

dieser Doppelbericht 2008/2009 thematisiert als Grundsatzthema den Arbeitsschutz bei psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Rasante Veränderungsprozesse haben die Arbeitswelt in den letzten Jahren geprägt und die Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse der Beschäftigten tiefgreifenden Wandlungsprozessen ausgesetzt. So ist eine Entwicklung zu beobachten, dass die industrielle Produktion wird in Regionen mit niedrigen Lohnkosten verlagert, technologisch anspruchsvollere Forschung, Entwicklung und Produktion verbleibt in den Industrieländern. Neue Arbeitsformen wie Telearbeit, Jobsharing oder ‚Home office‘ sind nicht mehr an ein spezifisches Büro gebunden, flexible Arbeitszeiten führen zu einer starken Verschränkung von Arbeitszeit und Freizeit. Arbeitsbeziehungen wie Outsourcing, Zeitarbeit, Werkverträge und Kontraktoren-Modelle gewinnen, nach einer Phase des konjunkturellen Abschwungs, wieder deutlich an Bedeutung. Aus all diesen Faktoren ergeben sich Folgen für die Beschäftigten, die auf den ersten Blick oftmals gar nicht erkennbar sind: Sie gehen oftmals mit dem Verlust des ‚Normalarbeitsverhältnisses‘ einher und ziehen Berufsbiografien nach sich, die zwar vielfältiger und abwechslungsreicher verlaufen, aber auch krisenanfälliger sind und ein hohes Maß an individueller Handlungsautonomie und Flexibilität erfordern. Diese veränderten Rahmenbedingungen führen auch zu neuen Einflüssen – positiven wie negativen – auf die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Im Vordergrund stehen dabei psychische und emotionale Belastungsfaktoren, die sich etwa als Folge hoher Informationsdichte, zahlreicher Kundenkontakte oder aufwändiger Zuwendung zu Patienten ergeben. Gleichzeitig bestehen jedoch auch die traditionellen Belastungen (Lärm, Gefahrstoffe, kleintaktige Arbeit und Monotonie, schwere körperliche Arbeit) in einem überraschend hohen Ausmaß weiter. Aber auch durch mangelhafte Produkte oder gefährliche Stoffe werden Menschen in ihrer Gesundheit gefährdet oder geschädigt. Deswegen schützt die Hessische Arbeitsschutzverwaltung im Rahmen ihrer systematischen Marktüberwachung Verbraucherinnen und Verbraucher, Patientinnen und Patienten vor unsicheren Produk-

1

Vorwort ten durch Stichproben und Produktprüfungen im Handel und bei Herstellern. Das beinhaltet bei Medizinprodukten auch die Überwachung des sicheren Betriebs dieser Produkte in Krankenhäusern, bei Ärzten und Zahlärzten – bis hin zum Strahlenschutz bei Röntgenanlagen. All diesen Herausforderungen muss sich der Arbeitsschutz stellen: Er muss auf die Veränderungen in der Arbeitswelt reagieren und in der Lage sein, für die vielschichtigen Probleme abgestimmte Methoden und Konzepte anzubieten. Dabei wird es darauf ankommen – ohne Einbuße bisher erreichter Standards im Bereich des technischen Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit und des sozialen Arbeitsschutzes -– Arbeitsschutzkonzepte zu entwickeln, die den veränderten Bedingungen an den Arbeitsplätzen und in der Arbeitswelt gerecht werden. Ein Schritt in diese Richtung wurde mit der Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) unternommen, in der Bund, Länder und Unfallversicherungsträger zielgerichtet zur Stärkung von Prävention und Arbeitsschutz kooperieren. Die beteiligten Akteure handeln im Bereich der Prävention künftig in noch engerer Abstimmung und auf der Grundlage gemeinsam festgelegter Arbeitsschutzziele. Für die Hessische Arbeitsschutzverwaltung bedeutet dies, dass die vorhandenen Wege und Strategien des Arbeitnehmerschutzes und der Produktsicherheit nicht unbesehen in die Zukunft übertragen werden können. Sie wird auf der Basis ihrer gesetzlichen Grundlagen ihre Tätigkeit beispielsweise im Bereich des Arbeitszeitrechtes, der Produktsicherheit und insbesondere des Arbeitsschutzgesetzes mit einem neuen strategischen Ansatz untermauern. Es gilt, diese Rechtsvorschriften so umzusetzen, dass die Beschäftigten vor den unvermeidbaren Risiken der Arbeitswelt geschützt sind und den Betrieben gleichzeitig die Spielräume gegeben werden, die sie für ihre wirtschaftliche Entwicklung benötigen.

Jürgen Banzer Staatsminister

2

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ Berücksichtigung neuer Risikostrukturen am Beispiel psychischer Belastungen – eine Einführung Moderne Arbeitswelten in den Industrienationen sind gekennzeichnet durch zunehmende Flexibilisierung, Arbeitsverdichtung, Informationsverarbeitung, Internationalisierung sowie durch kontinuierliche Anpassung der Arbeits- und Fertigungsverfahren. Sie verursachen durch die Art und Weise ihres Funktionierens psychischen Beeinträchtigungen für die Beschäftigten, die in ihrer Tragweite vielfach noch gar nicht abzusehen sind. Psychische Belastungen können mittel- und längerfristig unterschiedliche Erkrankungen – wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychische Erkrankungen oder Sucht – auslösen und auch bereits bei kürzeren Expositionszeiten Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verspannungen sowie verminderte Leistungsfähigkeit verursachen. Phänomene wie Erholungsunfähigkeit und Erschöpfungssymptome, die an sich noch keine Erkrankung darstellen, müssen als signifikante Risikoindikatoren gewertet werden. Hier zeigen sich die veränderten arbeitsweltlichen Belastungskonstellationen: Faktoren wie Zeitdruck und hohe quantitative und qualitative Anforderungen haben zugenommen – und dabei sind die „klassischen“ Belastungen nicht wesentlich zurückgegangen. Außerdem wird vielfach deutlich, dass auch solche psychosozialen Elemente, die einen gesundheitsförderlichen Effekt haben könnten, faktisch oft eine gesundheitsriskante Ausprägung annehmen. Ein Beispiel dafür ist Führungsverhalten, dass einen gravierenden Einfluss auf die (psychische) Gesundheit hat. Bei mangelnder Partizipation der Beschäftigten und einem belastenden Vorgesetztenverhalten kann es ebenfalls eine Ursache bei der Entstehung von Burnout darstellen. Auch die Wertschätzung der menschlichen Arbeitsleistung – eine ebenfalls positiv wirkende Ressource – scheint abzunehmen; besonders sichtbar wird dieses Phänomen im Bereich der prekären und gering qualifizierten Tätigkeiten. Somit ist der staatliche Arbeitsschutz seit mehr als einem Jahrzehnt mit der Herausforderung konfrontiert, sein Aufsichtshandeln an eine sich schnell ändernde Arbeitswelt mit dem skizzierten Belastungsspektrum anzupassen. Die Notwendigkeit der Berücksichtigung psychischer Faktoren wird von allen Arbeitsschutzakteuren anerkannt. Also müssen zeitgerechte Arbeitsschutzkonzepte, die für sich in Anspruch nehmen, die zentralen Probleme der Gestaltung menschengerechter Arbeit im Blick zu haben, den Umgang mit diesen Belastungen einbeziehen. Trotzdem

3

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ zeigt ein Blick in die Arbeitswelt, dass Anspruch und Wirklichkeit noch weit auseinander liegen und das Thema noch keinen grundsätzlichen Eingang in die Aufsichtstätigkeit gefunden hat. Um hier einen entscheidenden Schritt weiter zu kommen, hat die Hessische Arbeitsschutzverwaltung ein Positionspapier formuliert, in dem der Umgang mit psychischen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz für die nächsten Jahre skizziert wird. Daraus werden konkrete Qualifizierungs- und Aufsichtsmaßnahmen abzuleiten sein, die auch über den engen Kreis der fachlichen Spezialisten hinaus wirksam werden müssen. Ein besonderer Fokus wird dabei auf die Bewertung betrieblicher Gefährdungsbeurteilungen gelegt werden, in der bei Vorliegen entsprechender Belastungskonstellationen auch psychische Faktoren zu berücksichtigen sind. Informationsmaterialien, Schulungen und entsprechende Projekte und Aufsichtsstrategien werden dieses Konzept ergänzen. Bislang dominiert oft die Vorstellung, dass gezieltes Aufsichtshandeln zur Reduktion psychischer Belastungen nur in sehr begrenztem Maße möglich sei, da der Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften schwierig ist. Demzufolge beschränkt sich die staatliche Aufsicht in der Regel auf reines Beratungshandeln. Diese Sichtweise geht aber am zentralen Ziel des Arbeitsschutzgesetzes vorbei, das eine umfassende Prävention von gesundheitlichen Risiken einfordert. Hier müssen staatliche Arbeitsschutzbehörden den Erfordernissen moderner Arbeitswelten nachkommen und ihrer institutionellen Schutzfunktion nachdrücklicher als in der Vergangenheit gerecht werden. Bettina Splittgerber, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit

4

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ Positionspapier der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung zum Themenfeld „Psychische Belastungen“ Vorwort Das vorliegende Positionspapier „Psychische Fehlbelastungen“ wurde vom Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz in Zusammenarbeit mit den Vollzugsdezernaten und dem Fachzentrum für Arbeitsmedizin erarbeitet, um den Handlungsmöglichkeiten der Beschäftigten sowie den fachlichen Ansprüchen in der Revision gerecht zu werden. Das Positionspapier wird durch weitere Unterlagen (z.B. Handlungsanleitung, Faltblätter) ergänzt. 1

Einleitung

Die gegenwärtige Arbeitswelt ist von einem Strukturwandel geprägt, der für viele Beschäftigte erhebliche Veränderungen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsorganisation und Belastungen am Arbeitsplatz mit sich bringt. In vielen Branchen hat sich z. B. durch ungünstige Arbeitszeiten, gesteigerte Leistungsanforderungen und Zeitdruck, Unternehmensauflösungen und -reorganisation sowie eine stärker werdende Flexibilisierung ein neuer Gefährdungstypus ergeben: psychische Belastungen. Deren Folgen erlangen zunehmende Bedeutung im Arbeitsschutz. Zudem vollzieht sich ein Wandel in den Belegschaften: der Anteil älterer Menschen im Arbeitsleben steigt, ebenso der Anteil erwerbstätiger Frauen und Beschäftigter mit Migrationshintergrund. Maßnahmen der Arbeitsgestaltung und des Arbeitsschutzes sind darauf abzustimmen. Arbeitsschutz schließt neben der Unfallverhütung den Schutz vor arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und die menschengerechte Gestaltung der Arbeit ein. Ein wichtiges und grundlegendes Instrument des Arbeitsschutzes ist die systematische Bewertung von Gefährdungen und Belastungen im Betrieb und an den Arbeitsplätzen. Bei der Beurteilung dieser Gefährdungen sind u.a. Arbeitsinhalte, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit und Qualifikation der Beschäftigten zu berücksichtigen. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass psychische Fehlbelastungen vermieden werden. Folglich müssen auslösende Faktoren psychischer Fehlbelastungen in das betriebliche und behördliche Arbeitsschutzhandeln integriert werden. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an die Qualifikationen und Vorgehensweisen der Beschäftigten der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung. Künftig sollen Erkenntnisse zu psychischen Belastungen ins tägliche Revisionshandeln eingebunden werden. Dieses Positionspapier stellt ein einheitliches Grundverständnis über Aufgaben, Ziele und Vorgehensweisen im Umgang mit psychischen Belastungen her. Es soll den Beschäftigten der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung als allgemeine Leitlinie dienen und wird von Handlungsanleitungen flankiert.

5

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ Im Folgenden werden Grundlagen beschrieben, um ein gemeinsames Verständnis und einen gemeinsamen Handlungsrahmen für die behördliche Arbeit im Bereich der psychischen Fehlbelastungen zu schaffen (Kap. 2). Kapitel 3 enthält eine Schilderung der notwendigen Qualifikationsstruktur. Aufgaben, Strategien und Vorgehensweisen werden in Kapitel 4 und 5 erläutert. Kapitel 6 widmet sich der Zusammenarbeit in fachlichen Netzwerken. Das Positionspapier schließt mit einem Fazit in Kapitel 7. 2

Begrifflichkeit und Handlungsrahmen

2.1

Fokus auf die psychischen Fehlbelastungen

Psychische Belastungen 1 sind nicht per se negativ, auch wenn der Begriff dies suggeriert. Sie können, je nach Gestaltung der Arbeitsbedingungen, der Expositionsdauer und den personellen Voraussetzungen (z.B. Fähigkeiten, Fertigkeiten, Gesundheit), Ansporn und Herausforderung sein. Sie können aber auch zu negativen Folgen für das Wohlbefinden und die Gesundheit führen. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) 2 fordert, sämtliche Gefährdungen und Belastungen, die die Gesundheit negativ beeinflussen, zu ermitteln und Maßnahmen zu ihrer Verhütung umzusetzen. Daher kommt den psychischen Fehlbelastungen eine besondere Bedeutung für den Arbeitsschutz zu. Mit „psychischen Fehlbelastungen“ sind Anforderungen und Belastungen gemeint, die in ihrer Ausprägung mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bei Beschäftigten zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. 2.2

Gestaltung der Arbeitsbedingungen hat Vorrang vor personenbezogenen Lösungen

Gesundheitsgefährdende Belastungen zu vermeiden und zu beseitigen sowie gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen und Ressourcen zu schaffen bzw. zu erhalten, ist ein wesentlicher Ansatzpunkt für das Handeln der Arbeitsschutzverwaltung.

1

Der Ausdruck „psychisch“ bezieht sich dabei auf kognitive, informationsverarbeitende und emotionale Vorgänge im Menschen. „Psychische Belastungen“ sind die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken. Im Arbeitsprozess sind dies Anforderungen aus der Arbeitsaufgabe, den organisatorischen, sozialen und physikalischen Arbeitsbedingungen (DIN EN ISO 10075-1). Derartige Einflüsse sind an jedem Arbeitsplatz zu finden. 2 Der Begriff der „psychischen Belastung“ wird zwar nicht ausdrücklich im Gesetzestext genannt. Die Verpflichtung leitet sich aber aus dem Gesamtkontext und einigen zentralen Begriffen des Arbeitsschutzgesetzes ab, z.B. der menschengerechten Arbeitsgestaltung“ (§ 2 Abs. 1 ArbSchG), der Berücksichtigung gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse (§ 4 Abs. 3 ArbSchG i. V. m. DIN EN ISO 10075) und dem Gesundheitsbegriff (§ 3 Abs. 1 ArbSchG), den die WHO um das psychische Wohlbefinden erweiterte. Des weiteren weist § 5 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz ausdrücklich daraufhin, dass sich Gefährdungen nicht nur durch „klassische“ Unfall- und Gesundheitsgefahren ergeben, sondern auch durch Faktoren wie - die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken, - unzureichende Qualifizierung und Unterweisung der Beschäftigten. Alle diese Aspekte beschreiben Einflussfaktoren psychischer Belastung.

6

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ Somit haben Maßnahmen zur Gestaltung der Arbeitsaufgabe, Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung und Arbeitsmittel sowie der Arbeitszeit im behördlichen Handeln Vorrang vor Maßnahmen einer individuellen Verhaltensprävention. 2.3

Psychische Fehlbelastungen als Teil des Gefährdungs- und Belastungsspektrums

Im Sinne des ganzheitlichen Arbeitsschutzes ist das gesamte Gefährdungs- und Belastungsspektrum am Arbeitsplatz zu berücksichtigen z.B. der Zustand und Umgang mit Arbeitsmitteln und Gefahrstoffen, die Arbeitsaufgaben, die Arbeitsorganisation und Arbeitszeit sowie die Umgebungsbedingungen am Arbeitsplatz. Die psychischen Belastungen sind eine Belastungsart und ergeben sich aus den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen und ihren Wechselwirkungen. Psychische Belastungen bzw. Fehlbelastungen dürfen und können in Revisionen nicht isoliert betrachtet werden. 2.4

Bedeutung systematischer Präventionsansätze

Punktuelle Maßnahmen (z.B. die Durchführung von Stressbewältigungsseminaren) erweisen sich erfahrungsgemäß bei der Prävention psychischer Fehlbelastungen als wenig effektiv. Demgegenüber tragen systematische Präventionsansätze, wie z.B. der Aufbau einer betrieblichen Präventionskultur mit Strukturen und Regelungen, zur Vermeidung psychischer Fehlbelastungen bei. 2.5

Fokus auf ausgewählte Belastungs- und Risikofaktoren 3

Steigende Arbeitsverdichtung sowie häufige organisatorische und technische Veränderungen stellen hohe Anforderungen an die Belegschaft. Erhöhter Zeitdruck, Mängel in der Arbeitsorganisation, kontinuierlich steigende Qualifikationsanforderungen und hohe Flexibilität kennzeichnen weite Bereiche der modernen Arbeitswelt. Die soziale Unterstützung wird aufgrund der organisatorischen Veränderungen immer instabiler. Große Teile der Arbeitswelt werden von der Kunden- und Dienstleistungsorientierung bestimmt. Daran sind oftmals emotionale Belastungen sowie lange und unkalkulierbare Arbeitszeiten für die Beschäftigten gekoppelt. Zudem führen betriebliche Ausgliederungstendenzen und strikte Aufgabenteilung zu einer geringeren Aufgabenvielfalt, monotonen Aufgabenstellungen sowie prekären Arbeitsverhältnissen.

3

Der Begriff „Risiko“ wird in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedlich definiert. Eine begriffliche Klärung der Verwendung dieses Begriffs im Kontext des Arbeitsschutzes ist überfällig, kann an dieser Stelle aber nicht erfolgen.

7

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ Die Hessische Arbeitsschutzverwaltung legt nach heutigem Stand des Wissens ihre Schwerpunkte auf die Faktoren, die hinsichtlich der Gesundheit besonders wichtig sind. Ein derartiges Vorgehen empfiehlt auch der LASI bei der Bearbeitung der GDA-Arbeitsschutzziele. Typische Risikofaktoren sind zum Beispiel: •

Zeitdruck, hohe Arbeitsverdichtung



Arbeitsorganisatorische Mängel, Arbeitsunterbrechungen



Fehlende Qualifikation und Erfahrungen



Fehlende soziale Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten



Geringe Aufgabenvielfalt, monotone Aufgabenstellungen



Geringer Handlungsspielraum



Widersprüchliche Aufgabenziele



Hohe emotionale Inanspruchnahme z.B. durch Kunden oder kritische Ereignisse



Verkürzte oder fehlende Pausen bzw. Ruhezeiten



Überlange Arbeitszeiten und häufiger kurzfristiger Arbeitseinsatz

Bei konkreten Anfragen von Betroffenen und Betrieben zu eskalierten Konflikten und Mobbingkonstellationen bietet die Arbeitsschutzverwaltung Informationsmaterialien an und nennt inner- oder außerbetriebliche Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen, die die Bewältigung des Mobbing-Konfliktes begleiten können. Ihr Handeln richtet sie auf die Prävention eskalierender Konflikte aus und vermittelt nicht im konkreten Einzelfall. 2.6

Psychische Fehlbelastung kann Hauptgefährdung sein

Psychische Belastungen sind an jedem Arbeitsplatz zu finden. Psychische Fehlbelastungen haben jedoch für verschiedene Branchen unterschiedliche Relevanz. Bestimmte Tätigkeiten und Arbeitsbereiche, in denen z.B. Kombinationen der oben genannten Risiken auftreten, sind für psychische Fehlbelastungen prädestiniert. Die Hessische Arbeitsschutzverwaltung wird ihre begrenzten Ressourcen zunächst schwerpunktmäßig in diesen Risikobereichen einsetzten. 3

Qualifikation der Beschäftigten in der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung

Eine wesentliche Voraussetzung, um die verschiedenen Aufgaben wahrzunehmen, ist es, die Aufsichtspersonen anforderungsgerecht zu qualifizieren. Alle Aufsichtspersonen müssen auf dem Gebiet der psychischen Belastungen über ein Grundwissen verfügen, das bei Bedarf vertieft werden kann. Diese notwendige fachliche Weiterbildung zu Themen psychischer Fehlbelastung ist Teil des Weiterbildungskonzepts der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung. Das Weiterbildungskonzept bietet den Rahmen für eine kontinuierliche Auffrischung, Vertiefung und Erweiterung der fachlichen und methodischen Kompetenz der Bediensteten in der Arbeitsschutzverwaltung.

8

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“

Langfristiges Ziel ist die Qualifizierung aller Sachbearbeiter in den Vollzugsdezernaten mit der Grundschulung und der Aufbauschulung. Dieses Ziel kann aber nur schrittweise erreicht werden, da die personellen Kapazitäten und Seminarplätze – besonders für die Aufbauschulungen – begrenzt sind.

3.1

Grundschulung

Ziel der Grundschulung ist es, alle Aufsichtspersonen für die psychischen Fehlbelastungen und Beanspruchungen zu sensibilisieren. Alle Aufsichtspersonen sollen in die Lage versetzt werden, über psychische (Fehl-)Belastungen allgemein, über Risikofaktoren und Indikatoren sowie erforderliche strukturelle Arbeitsschutzmaßnahmen zu informieren. 3.2

Verschiedene Aufbauschulungen

Die Aufbauschulungen sollen die Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen befähigen, •

Revisionen unter Einbindung psychischer Belastungen und typischer Risikofaktoren durchzuführen,



die Betriebe über den Prozess der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen zu informieren und ggf. zu beraten,



zur Arbeits(schutz)organisation im Hinblick auf die Prävention und Reduktion psychischer Fehlbelastungen zu informieren und ggf. zu beraten,



durchgeführte Maßnahmen des Betriebes zu bewerten sowie die Umsetzung vereinbarter Maßnahmen zur Prävention und Reduktion psychischer Fehlbelastungen zu überwachen.

3.3

Branchen- und projektspezifische Schulungen

Zielgruppe für diese Schulungen sind in erster Linie Aufsichtspersonen, deren Zuständigkeit in Arbeitsbereichen liegt, die im Rahmen von Projekten und Schwerpunktaktionen untersucht werden. Die zuständigen Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen sollen Wissen und Handlungssicherheit bezüglich der branchen- oder tätigkeitsspezifischen Belastungsfaktoren und notwendigen Maßnahmen erwerben, um ihre Projektaufgaben qualifiziert erfüllen zu können. 3.4

Methodenschulungen

Die Aufsichtspersonen der Arbeitsschutzverwaltung müssen sich sach- und situationsgerecht sowie rechtssicher auf Problemkonstellationen und Personen einstellen können. Im Rahmen von Methodenschulungen erlernen sie Verfahrensweisen, Arbeitstechniken und Methoden, um Frage- und Problemstellungen sowie Gesprächs- und Kooperationsanforderungen professionell anzugehen.

9

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ 3.5

Instrumentenschulung

Ein Sonderfall stellen Instrumente-Schulungen dar. Eine Vielzahl von Methoden und Instrumenten zur Ermittlung psychischer Belastungen stehen den Betrieben und Arbeitsschutzverwaltungen zur Verfügung, deren Einsatz in der Regel eine spezielle InstrumenteSchulung erfordern. Ausgewählte Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen sollen den Einsatz ausgewählter Instrumente einschließlich der Arbeitsschritte Planung, Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Erhebung kennen lernen, mit dem Ziel a) das Instrument im Rahmen einer Revision oder einer Schwerpunktaktion einzusetzen oder b) Betriebe qualifiziert beraten zu können. 4

Aufgaben der Arbeitsschutzverwaltung

Die Hessische Arbeitsschutzverwaltung überprüft als unabhängige staatliche Aufsichtsbehörde, ob die Schutzziele aus dem Arbeitsschutzrecht erreicht werden. Auch zum Themenkomplex der psychischen Belastungen informiert, berät und überwacht sie. Unterscheidung von Information, Beratung und Überwachung Allgemeine Informationen geben Anstoß 

Weitergabe von vorhandenen Materialien, allgemeinem Wissen, allgemein gültigen Informationen



Benennung von kompetenten Ansprechpartnern (intern/extern)

Spezifische Beratung unterstützt bei der Festlegung von Maßnahmen 

(höhere) Spezialisierung von Informationen für den Einzelfall oder Betrieb



Weitergabe von konkreten Handlungsansätzen und Lösungsvorschlägen



Maßnahmenfestlegung

Überwachung kontrolliert die Umsetzung von Maßnahmen

4.1

Überwachen

Die Arbeitsschutzverwaltung prüft im Rahmen ihres gesetzlichen Überwachungsauftrages 4, inwieweit die Arbeitsschutzziele durch bewährte und anerkannte Maßnahmen erreicht werden und das betriebliche Arbeitsschutzsystem zur Prävention und Beseitigung psychischer Fehlbelastungen beiträgt.

4

Eine Stichwortliste für die Überwachungstätigkeit findet sich in den Tabellen 13 und 14 der LASI-Veröffentlichung 31 „Handlungsanleitung für die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention“ (LV 31).

10

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ 4.2

Informieren

Aufgabe der Arbeitsschutzverwaltung ist es, Betriebe darüber zu informieren, welche Gefahren psychische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz für die Gesundheit der Beschäftigten nach sich ziehen können. Ebenso informiert und berät die Arbeitsschutzverwaltung Arbeitgeber über ihre Ermittlungs-, Beurteilung- und Dokumentationspflichten. 4.3

Beraten

Im Vordergrund der Beratung steht die Unterstützung der Betriebe, psychische Fehlbelastungen zu erkennen sowie konkrete Maßnahmen und Lösungsvorschläge zu entwickeln („Hilfe zur Selbsthilfe“). Die Beratung zielt darauf ab, dass die betroffenen Betriebe eine systematische Vorgehensweise entwickeln, erforderliche Maßnahmen festlegen, dokumentieren und umsetzen. 5.

Vorgehensweise der Arbeitsschutzverwaltung

Die Information, Beratung und Überwachung der Betriebe erfolgt u.a. durch die zuständigen Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen in den Regierungspräsidien. Dafür führen sie Betriebsrevisionen durch. Zum Teil finden diese Betriebsrevisionen im Rahmen von Schwerpunktaktionen oder Kampagnen statt. Je nach Bedarf erfolgen die Betriebsrevisionen und Schwerpunktaktionen mit einem Branchen-, Personen- oder Risikobezug. Fachzentren bearbeiten spezielle Arbeitsschutzfragen und Projekte. Sie verfügen über speziell ausgebildetes Personal. 5.1

Betriebsrevisionen

Im Rahmen des normalen Vollzugshandelns werden die Gefährdungsbeurteilung und die Organisation des Arbeitsschutzes im Betrieb überprüft. Maßnahmen zur Prävention und Verringerung psychische Fehlbelastungen sollten entsprechend berücksichtigt werden 5. 5.2

Schwerpunktaktionen unter Berücksichtigung psychischer Belastungen

Schwerpunktaktionen werden zentral geplant, gesteuert und ausgewertet. In der Regel wird Hessenweit eine definierte Anzahl von themenbezogenen Revisionen durchgeführt sowie betriebsspezifisch und betriebsübergreifend ausgewertet. Strategie und Vorgehensweise orientieren sich an den mit der betreffenden Aktion verfolgten Zielen. In den kommenden Jahren wird die Hessische Arbeitsschutzverwaltung ihre Arbeitsprogramme und Schwerpunktaktionen auf die Umsetzung der GDA-Ziele ausrichten.

5

Konkrete Hinweise zur Einbindung finden sich in der LV 31.

11

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ Das Spektrum der eingesetzten Methoden variiert mit den beteiligten Akteuren in der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung. 5.3

Beratung durch Fachzentren

Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist sowohl im Betrieb als auch in der Arbeitsschutzverwaltung notwendig, um psychischen Fehlbelastungen präventiv zu begegnen und sie zu reduzieren. Zur fachlichen Beratung und zur Weiterentwicklung von Beratungs- und Überwachungsstrategien sowie zur Aus- und Weiterbildung steht arbeitspsychologisch und/oder arbeitswissenschaftlich ausgebildetes Personal zur Verfügung. Dieses arbeitet im Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung beim Regierungspräsidium Gießen und im arbeitsmedizinischen Fachzentrum beim Regierungspräsidium Darmstadt sowie im Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit. In seiner Arbeit setzt das speziell ausgebildete Personal arbeitspsychologische und arbeitsmedizinische Methoden und Instrumente ein. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden auch als Sachverständige bei komplexen Fragestellungen und Einzelfällen hinzugezogen. 6

Fachliche Netzwerke zur Unterstützung der Aufsicht

6.1

Arbeitskreis „Psychische Belastungen“

Das Hessische Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit hat einen Arbeitskreis zum Thema psychische Belastungen eingerichtet. Der Arbeitskreis hat die Aufgabe, das Thema psychische Belastungen in das Handeln der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung einzuführen. Er hat die folgenden grundsätzlichen Aufgaben: •

Erkenntnisse und Methoden zum Themenkomplex psychischer Belastungen für die Aufsichtstätigkeit aufzubereiten,



regelmäßig Erfahrungen zu diesem Themenkomplex auszutauschen,



Projekten zu begleiten,



Handlungsstrategien und Leitfäden u.a. zur Integration psychischer Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung zu erarbeiten,



Grundsatzfragen in der Aufsichtstätigkeit zu klären und den Vollzugsdezernaten zu vermitteln.

Der Arbeitskreis trifft sich regelmäßig mindestens zweimal jährlich. Er setzt sich aus Sachbearbeitern und Sachbearbeiterinnen der Vollzugsdezernate sowie jeweils Beschäftigten des

12

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ arbeitsmedizinischen Fachzentrums, des Fachzentrums für systemischen Arbeitsschutz und des Ministeriums zusammen. 6.2

Überinstitutionelle Kooperationen

Beschäftigte der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung arbeiten in regionalen Netzwerken mit, die sich die Weiterentwicklung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes zum Ziel setzen. In diesen Kooperationen werden Erkenntnisse und Erfahrungen ausgetauscht und überbetriebliche Projekte sowie Fachtagungen durchgeführt. 7

Fazit

Aus dem Positionspapier und der begleitenden Diskussion über die Umsetzung lassen sich folgende Leitlinien für künftiges Handeln ableiten: a)

Grundsätzlich wird jeder Betrieb auf Anfrage zu definierten Risikofaktoren, zur Einbindung psychischer Fehlbelastungen in die Gefährdungsbeurteilung und Arbeitsschutzorganisation informiert und/oder beraten.

b)

Eine systematische und geplante Einbindung in die Revision soll künftig in den Arbeitsbereichen erfolgen, in denen eine Kombination der genannten Risikofaktoren zu erkennen ist. In diesen Bereichen wird über die Weitergabe relevanter Informationen hinaus auch Beratung geleistet und die Umsetzung vereinbarter Maßnahmen überwacht.

c)

Daneben werden psychische Fehlbelastungen im Hinblick auf besondere Personengruppen (z.B. Auszubildende, Leiharbeitnehmer/innen) und bestimmten Belastungsfaktoren (z.B. Arbeitszeit, Emotionsarbeit) überprüft.

d)

Für die Information, Beratung und Überwachung werden Informationsmaterialien und Schulungsangebote für die Sachbearbeiter in der Aufsicht erstellt. Dazu gehören allgemeine Faltblätter sowie branchen- bzw. tätigkeitsspezifische Merkblätter, die u.a. typische Belastungsprofile und praxisbewährte Maßnahmen zur Verbesserung beinhalten.

e)

Die Einbindung psychischer Fehlbelastungen in die Revision erfolgt schrittweise und wird im Rahmen von Projekten in den ausgewählten Arbeitsbereichen erprobt.

Die Präsenz der Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen in den Betrieben durch Begehungen und Gespräche bietet der Arbeitsschutzverwaltung die Chance, diese Themen in den Betrieben zu verankern. Daher soll die Prävention und Reduzierung psychischer Fehlbelastungen stärker in das alltägliche Aufsichtshandeln eingebunden werden. Bettina Splittgerber, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit, Claudia Flake, Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz

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Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ Die Arbeitssituationsanalyse zur Konkretisierung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz Von Mitgliedern des Arbeitskreises „Psychische Belastungen“ wurde ein Pilotprojekt in einem Unternehmen der chemischen Industrie durchgeführt. Ziel des Projektes „Integration psychischer Belastung in die Gefährdungsbeurteilung“ war es, den Betrieb bei der Ermittlung psychischer Belastungen zu begleiten, um so u.a. die betriebliche und behördliche Kompetenz zu erweitern. Anhand vorhandener, betriebsinterner Strukturen, wie Vertrauenspersonen, Sicherheitsbegehungen und Gesundheitszirkel, konnten in allen 12-Stunden-Schichten der Anlagenfahrer deutliche Hinweise auf psychische Fehlbelastung dieses Personals festgestellt werden. Es gab Klagen von Beschäftigten und vom Betriebsrat. Einige Mitarbeiter zeigten erhöhte Fehlzeiten. Zudem diskutiert die Konzernspitze Pläne der Umstrukturierung und ggf. des Stellenabbaus. Planung Das Unternehmen beschloss in enger Zusammenarbeit mit der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung das wichtige Thema „Erkennen und Verringern psychischer Fehlbelastung“ am Beispiel der Anlagenfahrer umzusetzen. Hierfür konstituierte sich eine Steuerungsgruppe, bestehend aus dem Betriebsarzt, der Sicherheitsfachkraft, dem Personalverantwortlichen, den Betriebsleitern, dem Betriebsrat, der Psychologin des Fachzentrums der Hessischen Verwaltung und zwei Vertretern der Arbeitsschutzbehörde. Das Team folgte folgenden Projektschritten: Planung Wer macht was, wie, womit? Überprüfung

Maßnahmendurchführung

Nachhaltigkeit

Ermittlung und Bewertung

Maßnahmenfestlegung Mitarbeiter beteiligen Dokumentation

Abbildung 1: Ablauf des Projektes „Integration psychischer Belastung in die Gefährdungsbeurteilung“.

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Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ In der ersten Sitzung des Steuerungsteams entwickelten die Beteiligten ein Konzept zur Ermittlung und Behebung der konkreten psychischen Belastungen an diesem Arbeitsplatz. Von dem 12-köpfigen Steuerungsteam wurde als geeignete Arbeitsmethode die Arbeitssituationsanalyse für jede der vier Schichten festgelegt. Bei dieser Methodik handelt es sich um ein beteiligungsorientiertes Untersuchungsinstrument, mit dem sich Belastungen identifizieren und praxisnahe Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssituation im Dialog mit Beschäftigtengruppen entwickeln lassen. Dabei werden die Wechselwirkungen zwischen Arbeitsorganisation, Technik, sozialen Beziehungen und Arbeitsumgebung berücksichtigt. Die Moderation der Gruppenarbeiten wurde in Teams mit je einem Vertreter des Arbeitskreises und einem zuvor unterwiesenen Mitarbeiter des Betriebes durchgeführt. Ermittlung und Bewertung Während der Arbeitssituationsanalyse wurden alle Mitarbeiter aktiv in den Diskussionsprozess eingebunden und erhielten auch in Form verdeckter Bewertungen die Möglichkeit eine persönliche Gewichtung in den Gesamtprozess einzubringen. Die Moderation im Sinne der Arbeitssituationsanalyse folgt einem bestimmten Frageschema. Als Einstieg wurde nach der aktuellen Situation und der Notwendigkeit einer Veränderung der Arbeitssituation gefragt. Dann setzten alle Gruppenmitglieder ihre persönlichen Prioritätspunkte, um die Bereiche zu bestimmen, in denen die Veränderungen erforderlich sind. Folgende Bereiche wurden zur Auswahl gestellt. Die Reihenfolge gibt die von den Teilnehmern gesetzte Priorität wieder: •

Arbeitsorganisation



Vorgesetztenverhalten



Arbeitsumgebung, Arbeitsmittel und Technik



Tätigkeit



Gruppenklima

Im Anschluss wurden die veränderungsbedürftigen Belastungen in den jeweiligen Bereichen durch Kartenabfrage und Diskussion konkretisiert und Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssituation erarbeitet. Mit einer abschließenden Bewertung durch alle Mitarbeiter konnten die wichtigsten Veränderungswünsche eindeutig benannt werden (siehe Abbildung 1). Zur Wahrung der persönlichen und gruppenspezifischen Meinungsäußerungen wurde vom Fachzentrum eine statistische Auswertung aller vier Ergebnisse vorgenommen.

15

Grundsatzthema „Psychische Belastungen“

Nennungen 0

5

10

15

25

20

Personalstärke

11

Informationsfluss, Doku, Unterweisung

9

Kürzungen

8

Anerkennung durch Fk

7,5

Stoßzeiten durch Tagschicht

5,5

Alarmmanagement und PLS

4

Sauberkeit

3

Umgang mit Gefahrstoffen Länge von Freizeitblöcken

2

Pausenraumgestaltung

2

Zustand von Arbeitsmitteln

20

1

Fk = Führungskraft PLS = Prozessleitsystem

Abbildung 1: Die wichtigsten Veränderungswünsche der Mitarbeiter. Jeder Teilnehmer konnte drei Punkte vergeben.

Maßnahmenfestlegung und -durchführung Für das weitere Vorgehen fand sich die Steuerungsgruppe erneut zusammen. Aus den in den Arbeitsgruppen genannten Wünschen der Mitarbeiter wurde ein Maßnahmenkatalog erarbeitet, der es ermöglicht, die Situation der Arbeitnehmer zu verbessern. Hierbei fiel auf, dass viele dieser in Tabelle 1 aufgeführten Verbesserungsmöglichkeiten mit nur geringem finanziellem und logistischem Aufwand zu beheben waren. Eine zusätzliche Belastung für die Vorgesetzten war nicht zu vermeiden. Das Unternehmen konnte trotzdem innerhalb kürzester Zeit einen großen Anteil der festgelegten Maßnahmen umsetzen.

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Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ Tabelle 1: Auszug aus dem Umsetzungsplan der ermittelten Maßnahmen. Ansatzpunkt

Verbesserungsmöglichkeit (was?)

Wer?

Wann?

Personalstärke

Aufgaben- und Zeitanalyse: Überprüfung des Aufgabenzuschnitts und der Aufgabenverteilung, Bearbeitungszeit berücksichtigen Springer



Kürzungen

Abwarten, Verhandlungen laufen



wenig beeinflussbar

Anerkennung und Akzeptanz der Mitarbeiter durch Vorgesetzte

Schulung der Schichtmeister in Menschenführung, Coaching



Externer Berater

Stoßzeiten bei Freigaben

Betriebsservice zu Beginn vor Ort



Sauberkeit & Hygiene in den Duschen

Überprüfung der Reinigungsanforderungen Vergleich des Bedarfs zu eingekaufter Leistung, Gespräch mit Reinigungsfirma Kontrolle des Reinigungsergebnisses durch Schichtmeister Hervorhebung der Eigenverantwortung

 

Umgang mit Säuren

Einsatz fester Leitungen



Pausenraumgestaltung

BL und Werksarzt prüfen auf Notwendigkeit und Akzeptanz



()

3./4. Quartal 2008 erledigt

Herr….

sofort

 

4. Quartal 2008

Überprüfung Nach Umsetzung der Maßnahmen wurde eine kritische Reflexion des durchgeführten Pilotprojektes im Steuerungsteam vorgenommen. Die Vorteile der Arbeitssituationsanalyse sind: die persönliche Beteiligung der Arbeitnehmer unter Wahrung der Anonymität, die Beteiligung von externen Moderatoren, die systematische, zielgerichtete Vorgehensweise und damit sehr konkrete gut umsetzbare Ergebnisse. Nachteilig sind der hohe Zeitaufwand, die Organisationsschwierigkeiten, insbesondere im 12-Stunden-Schichtbetrieb und die Notwendigkeit der Vergleichbarkeit aller Teilgruppen. Sollten in einem Unternehmen einige Faktoren auf eine psychische Fehlbelastung hinweisen, die jedoch keinem konkreten Arbeitsbereich zugeordnet werden kann, empfiehlt sich ein Verfahren in zwei Stufen. Als erste Stufe sollte ein orientierendes Verfahren eingesetzt werden, um die Verbreitung bestimmter Belastungsmerkmale sowie kritische Arbeitsbereiche und Arbeitsplätze flächendeckend zu identifizieren. Erste Einschätzungen der Arbeitsbedingungen lassen sich auch aufgrund von Untersuchungen mit ursachenorientierten Erhebungs-

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Grundsatzthema „Psychische Belastungen“ instrumenten gewinnen 6 z. B. grobe Rasteranalysen oder Mitarbeiterbefragungen wie der Impuls-Test 7. Zudem können im Betrieb vorhandene Daten (Krankenstand, Fluktuation, Arbeitsunfälle, Schwankungen im Arbeitsergebnis oder Arbeitsprozess, Mitarbeiterbeschwerden) ausgewertet werden. Außerdem sind betriebsinterne Instrumente, wie beispielsweise unabhängige Mitarbeiter-Vertrauenspersonen oder Gesundheits- bzw. Arbeitnehmerschutzgremien, die aktiv in den Betriebsablauf eingebunden und regelmäßig gehört werden, sehr hilfreich. Mit der Analyse der zweiten Stufe schließt sich für die als kritisch identifizierten Arbeitsbereiche und Arbeitsplätze ein Prozess an, bei dem die Ermittlung und Beurteilung der Ursachen psychischer Fehlbelastungen stärker im Vordergrund stehen, um konkrete arbeitsbereichsund belastungsspezifische Maßnahmen abzuleiten. Erprobte und bewährte Verfahren hierzu sind beispielsweise Arbeitsanalyseverfahren in ausgewählten Arbeitsbereichen, moderierte Gruppen- oder auch Einzelgespräche wie in diesem Betriebsbeispiel geschildet. Birgit Thiede, Regierungspräsidium Darmstadt

6

Die vorhandenen Daten und gewonnenen Untersuchungsergebnisse sollten Arbeitsbereichen und/oder bestimmten Belastungsfaktoren zugeordnet, bewertet und auf dieser Basis festgestellt werden, ob Handlungsbedarf in Bezug auf Arbeitsschutzmaßnahmen besteht. Falls Ursachen für psychische Fehlbelastung bereits auf dieser Ermittlungsstufe erkennbar sind, sind geeignete Maßnahmen abzuleiten, durchzuführen und deren Wirksamkeit zu überprüfen. Die Ergebnisse der Ermittlung und Wirksamkeitskontrolle sind im Sinne der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren sowie bei Veränderungen im Arbeitssystem zu aktualisieren. 7 http://www.impulstest.at/

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

1.1

Über die Hessische Arbeitsschutzverwaltung

Arbeitsschutz in Hessen Einleitung Der Zeitraum 2008 bis 2009 war für die Hessische Arbeitsschutzverwaltung geprägt von Veränderungen in den Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit infolge zweier, kurz auf einander folgender Landtagswahlen. Darüber hinaus wurde die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie verabschiedet und eingeführt sowie ein Qualitätsmanagementsystem in der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung implementiert. Die Beiträge in diesem Doppelband des Jahresberichtes der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung informieren über einige dieser Entwicklungen und deren Auswirkungen. Darüber hinaus wird im Grundsatzthema im ersten Kapitel dieses Jahresberichtes das Thema der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz vertieft aufgegriffen, da dies einerseits im Rahmen der aktuellen GDA-Programme eine wichtige Rolle spielt und andererseits ein Positionspapier der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung zu diesem Thema erarbeitet worden ist. •

Aufbau der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung

Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit Abteilung III – Arbeitsschutz

Regierungspräsidium Darmstadt

Regierungspräsidium Gießen

Regierungspräsidium Kassel

Abteilungen IV/Da, IV/F und IV/Wi – Arbeitsschutz und Umwelt

Abteilung II – Arbeitsschutz und Inneres

Abteilung III – Umwelt- und Arbeitsschutz

Darmstadt Dezernate 45.1 und 45.2 – Arbeitsschutz

Frankfurt Dezernate 45.1, 45.2 und 45.3 – Arbeitsschutz

Wiesbaden

Gießen

Dezernate 45.1 und 45.2 – Arbeitsschutz

Dezernat 25.1 – Arbeitsschutz

Dezernat 46 – Landesgewerbearzt, Fachzentrum für medizinischen Arbeitsschutz*

Dezernat 25.2 – Arbeitsschutz, Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz*

Hadamar

Kassel

Bad Hersfeld

Dezernat 25.3 – Arbeitsschutz, Fachzentrum und Zentrale Ahndungsstelle für Sozialvorschriften im Straßenverkehr*

Dezernat 35.1 – Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik

Dezernat 35.2 – Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik

Dezernat 35.3 – Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe*

* = hessenweite Zuständigkeit

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

Die Hessische Arbeitsschutzverwaltung ist zweistufig gegliedert: die fachliche Steuerung liegt bei der Fachabteilung „Arbeitsschutz“ im Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit. Sie ist in mehrere Fachreferate untergliedert und übt die Fachaufsicht über die Dezernate Arbeitsschutz bzw. Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik sowie die Fachzentren bei den Regierungspräsidien aus, berät die Ressortleitung in allen Fragen des Arbeitsschutzes und begleitet die Rechtsetzung auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Die Umsetzung des staatlichen Arbeitsschutzes in den Regionen ist bei den Regierungspräsidien Darmstadt, Gießen und Kassel an insgesamt 7 Standorten angesiedelt. Weitere Daten – unter anderem zur Personalentwicklung und zur Tätigkeit der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung – befinden sich im Anhang dieses Jahresberichtes. •

Aufgabenschwerpunkte und Konzepte der Aufsichtstätigkeit

Die Hessische Arbeitsschutzverwaltung überwacht die Einhaltung der europäischen und nationalen Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, das Inverkehrbringen von Produkten, den sicheren Betrieb von Geräten und Anlagen sowie die Herstellung und Verwendung gefährlicher Stoffe und Gemische. Außerdem werden Hersteller, Arbeitgeber, betriebliche Fachkräfte sowie Beschäftigte und deren Interessenvertretungen bei der Einhaltung dieser rechtlichen Verpflichtungen beraten. Die Aufgabenschwerpunkte der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung liegen auf der Prävention von Sicherheitsrisiken und gesundheitlichen Belastungen in der Arbeitswelt sowie dem Schutz von Patientinnen und Patienten, Verbraucherinnen und Verbrauchern vor unsicheren Produkten und gefährlichen Stoffen und Gemischen. Dabei werden die Belange unterschiedlicher Beschäftigtengruppen berücksichtigt. Die Arbeitswelt ist ständig Veränderungsprozessen unterworfen: dadurch sind die Beschäftigten – neben den fortbestehenden klassischen Risikofaktoren – beispielsweise mit neuen Arbeitsverfahren und flexibleren Beschäftigungsverhältnissen konfrontiert und vielfältigen neuen Belastungen ausgesetzt. Auch die Folgen des demographischen Wandels müssen bei der Gestaltung eines beschäftigtenorientierten Arbeits- und Gesundheitsschutzes und einer zielgruppenorientierten Produktsicherheit berücksichtigt werden. Im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit identifiziert die Arbeitsschutzverwaltung Problembereiche und dringt auf praxisgerechte Lösungen zum Schutz von Beschäftigten, Verbraucherinnen und Verbrauchern, Patientinnen und Patienten.

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

Für einen wirksamen Arbeitsschutz sind die Integration der Arbeitsschutzthemen in die betrieblichen Abläufe, die Personalplanung und die zentralen Entscheidungsprozesse eine wesentliche Voraussetzung. Die Gestaltung ‚Guter Arbeit‘ – so der Leitbegriff der Europäischen Union – ist eine Herausforderung, der sich alle Partner in der Arbeitswelt umfassend und täglich neu stellen müssen. Im freien Handel einer globalisierten Welt gewinnt die wirksame Marktüberwachung immer größere Bedeutung. Als Aufsichtsbehörde für Produktsicherheit und arbeitsschutzrelevanter Aspekte der Chemikaliensicherheit ist es Aufgabe der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung durch aktive und reaktive Maßnahmen der Marktüberwachung die Einhaltung der Vorschriften zu überprüfen und das Inverkehrbringen und die Verbreitung von unsicheren und mängelbehafteten Produkten und Chemikalien effektiv zu unterbinden. Eine wichtige Aufgabe der Arbeitsschutzverwaltung besteht deshalb darin, die Kommunikation und Kooperation mit kompetenten Partnern in Hessen zu fördern, um gemeinsame Ziele wirksam und nachhaltig zu erreichen und alle Kräfte zu bündeln. Die Hessische Arbeitsschutzverwaltung arbeitet dabei mit der Hessischen Wirtschaft und den Arbeitnehmerorganisationen, den Unfallversicherungsträgern und Krankenkassen sowie der Wissenschaft zusammen. Die „Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA)“, in der die Länder, die Unfallversicherungsträger und der Bund gemeinsame Ziele verfolgen, schafft für den Arbeitsschutz in Deutschland eine innovative Grundlage, an der sich auch Hessen strategisch neu ausrichtet. Bettina Splittgerber, Christiane Troia, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

1.2

QM und IFAS in der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung

Einführung eines Qualitätsmanagementsystems in der Hessischen Arbeitschutzverwaltung Ausgangslage Die Hessische Arbeitsschutzverwaltung (ASV) ist durch die Europäische Union (EU) wie durch den Bundesgesetzgeber stetig steigenden quantitativen und qualitativen Anforderungen ausgesetzt; sie muss ihre Aufsichtstätigkeit verstärken, erhält EU-Vorgaben bezüglich der Anzahl der Kontrollen und muss ihren Vollzug mit einer Vielzahl von im Bereich des Arbeitsschutzes tätigen Partnern enger abstimmen. Hinzu kommen aber auch die Anforderungen von Bürgern und Unternehmen an die ASV nach einer verbesserten Kunden- und Serviceorientierung sowie nach einfacheren und transparenteren Antrags- und Genehmigungsverfahren. Künftig sollen die Ergebnisse sowie die Qualität der Leistungserbringung der ASV evaluiert und damit Mängel bei der Leistungserfüllung für das Management transparent gemacht werden. Die Hessische Arbeitsschutzverwaltung ist daher mehr als bisher gefordert, ihre Qualifikation, Leistungen und Ergebnisse nach innen wie nach außen quantitativ und vor allem qualitativ nachzuweisen. Dies erfordert, dass die Prozesse, Informationsstränge sowie Hilfsmittel zur Aufgabenerledigung der ASV besser und effizienter gestaltet sowie an die gestiegenen Anforderungen angepasst werden müssen und ein wirksames Planungs- und Bewertungssystem zur Steuerung und Überprüfung der Leistungserbringung etabliert werden muss. Ziele Mit der Einführung eines alle Arbeitsschutzdezernate der drei Regierungspräsidien einschließenden Qualitätsmanagementsystems (QMS) wird ein umfassender Lösungsansatz versucht. Das QMS soll hierbei als Ausgangsbasis für eine optimale, DV-unterstützte Gestaltung von Prozessen und Abläufen mit den Kunden der ASV dienen und als ein zentrales Instrument der Fachaufsicht die Sicherstellung eines einheitlichen, qualitätsgesicherten und steuerbaren Aufsichtshandelns der ASV in Hessen gewährleisten. Mit der Einführung des QMS in allen Ebenen, Bereichen und an allen Standorten der ASV werden folgende Hauptziele verfolgt:

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit



Ermittlung des Ist-Zustands der Arbeitsabläufe in der ASV und von Verbesserungspotential durch Evaluierung von Produkten, Prozessen, Schnittstellen sowie der Organisation auf allen Ebenen und an allen Standorten der ASV,



Vereinheitlichung der Arbeitsweise und Verbesserung der Effizienz der ASV durch Festlegung, Weiterentwicklung und Dokumentation von Prozessstandards, Organisation, Hilfsmitteln und Qualitätskriterien für Management-, Operative- und Unterstützende Prozesse der ASV,



Aufbau eines Planungs- und Bewertungssystems zur Steuerung der ASV durch Definition von Kennzahlen zur Planung sowie Durchführung von Audits, Reviews und Selbstbewertungen zur Beurteilung der Prozesse sowie als Basis für Kapazitäts- und Budgetplanungen.

Aufbau und Überwachung des QM-Systems Für die Hessische Arbeitsschutzverwaltung eignet sich aufgrund der künftig regelmäßigen Evaluierungen nur ein dokumentiertes, prozessorientiertes, normatives Qualitätsmanagementsystem auf der Basis folgender Normen: •

DIN EN ISO 9001 (QM-System allgemein)

ergänzt durch die folgenden Akkreditierungsnormen für die Fachtätigkeiten der ASV: •

DIN EN ISO 17020 – Inspektionsstellen (z.B. Revisionen, Überwachung, Untersuchungen)



DIN EN ISO 17021 – Zertifizierung von Systemen und Stellen



DIN EN ISO 17024 – Zertifizierung von Personal (z.B. Sprengen, Röntgen, Ärzte)



DIN EN ISO/IEC 17025 – Kalibrierlaboratorien (Geräteuntersuchungs-, Ländermessstelle)

Eine Zertifizierung der ASV nach DIN EN ISO 9001 ist nicht vorgesehen, jedoch sind die Geräteuntersuchungs- und Ländermessstelle für Gefahrstoffe nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert, um die hohe Kompetenz der ASV im Bereich der Geräte- und Produktsicherheit sowie im Gesundheitsschutz aufrechtzuerhalten und nachzuweisen.

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

Abbildung 1: Aufbau des QM-Systems der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung.

Das QM-System der ASV wird mehrstufig aus folgenden Hauptelementen aufgebaut: •

Das Leitbild bildet die Grundlage der Verwaltungskultur der ASV. Nach außen verdeutlicht es Kunden und Partnern, was diese von der ASV erwarten dürfen und worauf sie zählen können. Nach innen dient es als Basisorientierung für das Handeln der Beschäftigten. Das Fachkonzept beschreibt umfassend den aktuellen Stand sowie zukünftige Strategien und Schwerpunkte der ASV zum Vollzug der einschlägigen Rechtsvorschriften. Es dient der Orientierung der Führungskräfte und Beschäftigten.



Gesetzliche Regelungen und Vorschriften bilden die verbindliche Basis unseres Handelns.



Das Qualitätsmanagementhandbuch der ASV soll den Adressaten unseres Handelns und anderen interessierten Stellen Auskunft darüber geben, wie die Qualität unserer Dienstleistungen im Arbeitsschutz und in der Produktsicherheit realisiert, gesichert und verbessert wird. Allen Mitarbeitern soll es als Leitfaden zur qualitätsbewussten Arbeit dienen und sie mit den verschiedenen Betriebsabläufen und Regelungen vertraut machen.



Unsere Verfahrensanweisungen beschreiben übergeordnet die Durchführung von Prozessen (Management, Operative- und unterstützende Prozesse), außerdem legen sie Verantwortlichkeiten, Informations- und Dokumentationspflichten sowie zu verwendende Hilfsmittel fest. Die Arbeitsanweisungen beschreiben im Detail, wie und durch wen unsere Prozesse ausgeführt werden. Für die Beschäftigten der ASV sind Verfahrens- und Arbeitsanweisungen verbindliche Handlungsanweisungen.

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit



Mit Formularen, Vorlagen, Textbausteinen und unserer Fachanwendung IFAS unterstützen wir unsere Beschäftigten bei der Erfassung von Sachverhalten und der formalisierten Kommunikation.

Das QM-System der ASV wird dreistufig überwacht. Zum einen durch die Beschäftigten durch Feed-back in die fachlichen Dienstbesprechungen, zum anderen durch die regelmäßig durchgeführten Qualitätsaudits sowie durch in der Regel jährliche Managementreviews durch die Abteilung Arbeitsschutz des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit mit der Leitungsebene der Regierungspräsidien. Projektorganisation Für das Projekt konnten umfangreiche Vorarbeiten und vorhandene Dokumente der Arbeitsschutzdezernate des Regierungspräsidiums Darmstadt und des Fachzentrums beim Regierungspräsidium Kassel als gute Ausgangsbasis für das umfassende QM-System verwendet werden. Notwendige Anpassungen und Ergänzungen wurden und werden im Rahmen der Evaluierung der Prozesse der ASV ermittelt und durchgeführt. Die Erstellung von noch fehlenden Verfahrens- und Arbeitsanweisungen und die Pflege der vorhandenen erfolgt in den fachlichen Dienstbesprechungen der ASV, hierbei werden die bisher nicht beteiligten Standorte verstärkt eingebunden. Die bestehende Projektorganisation wurde angepasst und hierbei auf die Schaffung hierarchischer „QM-Gremien“ verzichtet. Die Projektleitung erfolgt gemeinsam durch jeweils einen QMB (Qualitätsmanagement-Beauftragter) im HMAFG und für die Regierungspräsidien. Die Beschäftigten werden über das Projekt durch Informationsveranstaltungen vor Ort und über den Projektfortschritt durch einen in regelmäßigen Abständen erscheinenden Flyer „QM-Info“ informiert. Projektstand und Ausblick Es besteht folgender Arbeitsstand: •

Die Prozesse der ASV und des HMAFG wurden unter Normengesichtspunkten erhoben sowie alle existierenden Prozessbeschreibungen gesichtet. Als Ergebnis wurde eine Prozesslandkarte und eine Prozessübersicht erstellt.



Zuerst wurden Vorgabedokumente erstellt, danach in fachlichen Dienstbesprechungen Verfahrensanweisungen für das HMAFG-Produkt „Geräte- und Produktsicherheit“ überarbeitet bzw. neu erstellt. Diese Verfahrensanweisungen befinden sich zum Teil noch in Bearbeitung.

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit



Die Gliederung des Qualitätsmanagementhandbuchs (QMH) wurde erstellt, mit der Erstellung des Inhalts wurde begonnen. Die vorhandenen beiden Handbücher im Fachzentrum Kassel wurden gründlich überarbeitet. Das QMH der ASV wird bis Mitte 2010 fertig gestellt sein.



Es wurden umfassende Audits im Fachzentrum Kassel und am Standort Darmstadt durchgeführt und mit der Abteilungsleitung RP-Kassel wurde anschließend ein übergeordnetes Management-Review durchgeführt. Als Ergebnis wurden ausführliche Auditbzw. Review-Berichte erstellt.

Es hat sich im Projektverlauf gezeigt, dass, parallel zur Erarbeitung der QM-Dokumentation, Audits in den Vollzugsdezernaten der Regierungspräsidien erforderlich sind. Zukünftig soll das Projekt daher mit verstärktem Fokus auf die Managementprozesse und die Schnittstellen zwischen HMAFG und RP sowie auf die Aufsichtsinstrumente Audits und Managementreviews fortgeführt werden. Günther Karallus, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit

Erfahrungen und Nutzen eines Qualitätsmanagementsystems am Beispiel der Ländermessstelle für Gefahrstoffe Vorgetragen von Frau Dr. Ursula Vater auf der Führungskräfteklausur der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung am 4. bis 5. Dezember 2008

Die Anfänge der Qualitätssicherung in der Hessischen Ländermessstelle für Gefahrstoffe gehen auf das Jahr 1992 zurück. In einem bundesweiten Arbeitskreis der Ländermessstellen wurde unter Beteiligung der Hessischen Ländermessstelle zwischen 1992-96 ein Rahmenhandbuch für die Qualitätssicherung in Staatlichen Gefahrstoffmessstellen auf der Grundlage der DIN EN 45001 erarbeitet. Seit 1995 sichert die Messstelle ihre Analyseergebnisse durch Teilnahme an Ringversuchen ab. Die Beschäftigten waren zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch nicht vom Nutzen weiterer umfangreicher Dokumentationen im Rahmen eines QM-Systems überzeugt. Die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung an die personelle Ausstattung und messtechnischen Einrichtungen von Messstellen für Gefahrstoffmessungen gelten nicht nur für externe Messstellen sondern auch für die staatlichen Stellen. Die Messergebnisse der Ländermessstellen können z.B. die Anordnung von Maßnahmen zur Folge haben oder in die

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

Festlegung von Grenzwerten und Technischen Regeln einfließen. Daher müssen die gleichen Anforderungen an die Dokumentation und Durchführung von QM-Maßnahmen gelten. Die Abläufe der Messungen müssen vom Auftragseingang bis zur Archivierung einheitlich und nachvollziehbar sein, es müssen Prozessanalysen zur Bestimmung der Messunsicherheit durchgeführt werden. Mit der Erarbeitung eines Qualitätsmanagementhandbuchs für die Ländermessstelle wurde 1996 begonnen. Dabei wurden unter Einbeziehung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Grundlage des Rahmenhandbuchs der Ländermessstellen alle Prozesse schrittweise so dokumentiert, wie sie tatsächlich durchgeführt wurden. Es galt die Arbeitsteilung, wer die Prozesse durchführt, dokumentiert diese. Nach und nach wurde das Qualitätsmanagementhandbuch durch die Mitarbeiter und die Messstellenleitung, die Gerätehandbücher und Standardarbeitsanweisungen durch die zuständigen Mitarbeiter fertig gestellt sowie Festlegungen zu Verantwortlichkeiten für die Erstellung, Prüfung, Freigabe und Pflege der Dokumente getroffen. Es wurden Listen erarbeitet, mit denen die laufende Qualitätssicherung dokumentiert werden konnte.                 

Nachvollziehbare, dokumentierte Abläufe Alle relevanten Prozesse sind beschrieben und optimiert Rückverfolgbarkeit der Ergebnisse ist gewährleistet Verantwortlichkeiten sind festgelegt und für alle erkenntlich Jeder Beschäftigte kennt seine Rolle, Aufgabe und Pflichten in der Messstelle Doppelarbeit wird verhindert QM erleichtert Vertretungssituationen Einarbeitung von Mitarbeitern ist einfacher Beschäftigte meistern Stresssituationen gemeinsam Messstelle versteht sich als Team, das gemeinsam die Aufgaben meistert Fortlaufende und systematische Weiterqualifizierung aller Beschäftigten Konstruktiver Umgang mit aufgedeckten Mängeln fachliches Selbstbewusstsein aller Beschäftigten, da sie von der Qualität ihrer Arbeit überzeugt sind Bestätigung des Aufwandes für die QS durch externe Audits Steuerung und Führung durch gemeinsame Zielvereinbarungen Qualität ist auch bei Personaldefiziten und Zeitdruck gewährleistet Ländermessstelle kann sich fachlich mit anderen externen Messstellen vergleichen

Abbildung 1: Nutzen des QM-Systems

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

1999 wurde das Qualitätsmanagementsystem im Rahmen eines ersten internen Audits durch Beschäftigte des HLUG überprüft. Die erste externe Überprüfung des QM-Systems wurde 2000 durch den Leiter der Messstelle in Hamburg und die Leiterin der Messstelle in BadenWürttemberg nach den Anforderungen der DIN EN 45001 und der Akkreditierungsrichtlinien der Akkreditierungsstelle der Länder für Mess- und Prüfstellen zum Vollzug des Gefahrstoffrechts (AKMP) durchgeführt. Seit dem werden die Dokumente und das Qualitätsmanagementsystem kontinuierlich an die zahlreichen organisatorischen und gesetzlichen Änderungen angepasst. Dennoch kann man festhalten, dass trotz anfänglicher Ablehnung heute das Qualitätsmanagementsystem von allen Beschäftigten akzeptiert und sein Nutzen erkannt wird (Abbildung 1). Die kontinuierliche Qualitätssicherung ist selbstverständlich und gehört bei allen Arbeiten dazu. Das Qualitätsmanagement wird trotz hoher Arbeitsbelastung oder Personaldefizite fortlaufend überprüft und fortgeschrieben, die Dokumente werden bei Bedarf zeitnah geändert, Verantwortlichkeiten ernst genommen. Es erfolgt eine systematische Bewertung der Ringversuche, es gibt Regelungen zur Bestimmung der Messunsicherheiten. Interne und externe Audits erfolgen regelmäßig und bescheinigen der Messstelle einen sehr gut dokumentiertes, erfolgreich eingeführtes und von den Mitarbeitern/Innen gelebtes QM-System. Dr. Anita Csomor, Dr. Ursula Vater, Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe, Regierungspräsidium Kassel

Mehr Sicherheit – aber bitte mit Qualität! Die Hessische Geräteuntersuchungsstelle und die Hessische Ländermessstelle für Gefahrstoffe im Regierungspräsidium Kassel sind akkreditiert Der Begriff Akkreditierung (lat. accredere, Glauben schenken) wird in verschiedenen Bereichen benutzt, um den Umstand zu beschreiben, dass eine allgemein anerkannte Instanz einer anderen das Erfüllen einer besonderen (nützlichen) Eigenschaft bescheinigt. Ein Prüfbzw. Kalibrierlaboratorium ist akkreditiert, wenn es z. B. die Anforderungen des ISO/IEC-

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

17025-Standards erfüllt 1. Hierzu wird das Labor durch eine Expertengruppe einer unabhängigen Akkreditierungsstelle begutachtet und durch jährliche Begehungen überwacht. Der Staat fordert, dass Stellen die Prüfungen oder Messungen durchführen, über die notwendige Kompetenz, Unabhängigkeit und Ausstattung verfügen und dieses z.B. durch eine Akkreditierung nachweisen. Dieser Forderung können sich auch staatliche Stellen nicht entziehen. Daher haben sich 2009 die Hessische Geräteuntersuchungsstelle (GUS) und die Hessische Ländermessstelle für Gefahrstoffe (LMS) des Regierungspräsidiums Kassel einem Akkreditierungsverfahren unterworfen. Dadurch sind die beiden Untersuchungseinrichtungen anderen staatlichen und privaten Untersuchungsstellen gleichgestellt. Die GUS und LMS unterstützen die Vollzugsdezernate in den Regierungspräsidien bei der Überwachung des GPSG und des Chemikalienrechtes. Durch die Akkreditierung steigt die Akzeptanz der Messergebnisse bei Dritten und erleichtert damit die Umsetzung von Maßnahmen. Streitigkeiten über Qualität können vermieden werden. Die Hessische Geräteuntersuchungsstelle wurde nach § 11 Abs. 1 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) als Prüflaboratorium für technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte durch die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) akkreditiert. Die Akkreditierung umfasst: •

Maschinen nach Richtlinie 98/37/EG, umgesetzt durch die 9. Verordnung zum Geräteund Produktsicherheitsgesetz (9. GPSGV)



Elektrische Betriebsmittel nach Richtlinie 2006/95/EG, umgesetzt durch die 1. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (1. GPSGV)



Spielzeug nach Richtlinie 88/378/EWG, umgesetzt durch die 2. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (2. GPSGV)



Persönliche Schutzausrüstungen nach Richtlinie 89/686/EWG, umgesetzt durch das GPSG und die Verordnung über das Inverkehrbringen von persönlichen Schutzausrüstungen (8. GPSGV)



1

Sonstige technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (Leitern und Tritte)

www.wikipedia.de

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

Die Hessische Ländermessstelle für Gefahrstoffe wurde durch die DGA Deutsche Gesellschaft für Akkreditierung mbH als Prüflaboratorium akkreditiert. Die Akkreditierung umfasst: •

Probenahme und Beurteilung von Gefahrstoffkonzentrationen an Arbeitsplätzen für die Gruppe 1 (Aerosole – ohne Faserstäube) und Gruppe 4 (Organische Gase und Dämpfe),



Analytik von Arbeitsplatzmessungen für die Gruppe 1 (Aerosole – ohne Faserstäube) und Gruppe 4 (Organische Gase und Dämpfe),



Atomspektrometrie für Bedarfsgegenstände (Spielzeug). Thomas Apel, Dr. Anita Csomor, Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe, Regierungspräsidium Kassel

20 Jahre IFAS im Arbeitsschutzes des Landes Hessen Bereits Mitte der 80er Jahre wurde im Hessischen Sozialministerium die Entscheidung getroffen, das zentrale Betriebsstättenkataster bei der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) durch ein moderneres DV-System zu ersetzen. Das alte Kataster hatte entscheidende Nachteile. So erfolgte die Erfassung der Daten mit Hilfe von Bleistiftcodierungen in Erhebungsbögen, die anfangs mit Scannern automatisch eingelesen wurden. Dieses Einlesen funktionierte jedoch nur, wenn die Bögen mit entsprechender Sorgfalt ausgefüllt wurden. Entsprechend hoch waren daher die Fehlerquote und damit die Rückläufe der Bögen zur Korrektur. Die Volkszählung Mitte der 80er Jahre erfolgte ebenfalls mit derartigen Erhebungsbögen, die auch eingescannt wurden. In Anbetracht der Massen an Datenblättern fielen nach und nach die Scanner aus. Anfang der 90er Jahre erfasste die HZD die Daten überwiegend manuell. Im gleichen Zeitraum begannen auch die zahlenmäßig limitierten Betriebsstättennummern „überzulaufen“. In einigen Arbeitsschutzämtern konnten nur noch neue Betriebe erfasst werden, wenn gleichzeitig eine erloschene Betriebsstätte abgemeldet wurde. Ein weiterer Nachteil des alten Verfahrens war, dass die Beschäftigten selbst direkt keine Informationen aus der Datenbank abrufen konnten. Im neuen DV-Verfahren musste es möglich sein, dass die Beschäftigten selbst Listen, z.B. zwecks Außendienstplanung, erzeugen können. Das setzte voraus, das von jedem Arbeitsplatz aus direkt auf den Datenbestand

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

zugegriffen werden kann. Anfang der 80er Jahre gab es noch kein leistungsfähiges Internet, so dass nur eine dezentrale Lösung (Server an jedem Standort) in Frage kam. Der Druck, endlich das alte System abzulösen, stieg von Quartal zu Quartal. 1987 begann die Firma EDV-Studio-Plönzke in Wiesbaden gemeinsam mit Mitarbeitern der Arbeitsschutzverwaltung mit der Grobanalyse für das neue Kataster. Nach deren Abschluss erfolgte 1989 eine europaweite Ausschreibung für die Feinanalyse und Programmierung. Den Zuschlag erhielt die Firma Nixdorf. Nach mehreren Umfirmierungen wurde daraus schließlich die Firma Kisters AG. Das dortige Projektteam blieb bis heute weitgehend unverändert und ist so mit dem Projekt IFAS (Informations- und Managementverfahren für den Arbeitsschutz) sehr erfahren. Ein kleines Projektteam der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung begleitete die Entwicklung von IFAS während der gesamten Entwicklungszeit. Dessen Vorgaben setzte das Team der Firma Nixdorf zügig in der Programmierung um, so dass in relativ kurzer Zeit die erste Version von IFAS zum Testen zur Verfügung stand. IFAS 1.0 kam 1992 im damaligen Gewerbeaufsichtsamt Wiesbaden erstmals als zeichenorientierte Terminalversion auf einem UNIX-Server zum Einsatz. Zeitgleich zur Einführung von IFAS wurde die Gewerbeaufsicht in Hessen umstrukturiert, und es entstand eine eigenständige Verwaltung für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik. In Abstimmung mit den beteiligten Personalvertretungen erfolgte die Einführung von IFAS in den damals 7 Ämtern für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik erst nach Abnahme im jeweilig zuletzt ausgestatteten Amt. Dadurch wurde diese Einführungsphase erst 1996 mit dem Amt Frankfurt abgeschlossen. In Verbindung mit dieser langen Einführungszeit hatte es sich ergeben, dass die Installationen trotz eigentlich identischer Hard- und Softwarevorgaben im Detail von Standort zu Standort stark voneinander abwichen. Dies bereitete landesweit in der Systemadministration erhebliche Probleme. Die zentral zuständigen Mitarbeiter trafen damals die Entscheidung beim Betriebssystem von UNIX auf MS-Windows umzustellen. Diese Entscheidung führte dazu, dass endlich einheitliche Installationsstände auf allen Systemen in allen 7 Standorten hergestellt werden konnten. Dies vereinfachte die gesamte Systemadministration und vor allem wurde von dieser Zeit an für Neuinstallationen und Wartungsarbeiten keine externe Unterstützung mehr benötigt. Wegen des Einsatzes von nun Windows NT-Servern wurden zwangsläufig auch die bisher genutzten Terminals durch PCs ersetzt. Die angewandte Programmiersprache blieb „C“. Außerdem konnte das bisherige Textverarbeitungssystem durch die Installation von Microsoft-Office ersetzt werden. In Hessen konnten durch diesen Wech-

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

sel die Akzeptanz des Systems bei den Beschäftigten nachhaltig verbessert und die Systemkosten deutlich gesenkt werden. Als erstes Zusatzmodul gab Hessen die Schaublattauswertung in Auftrag. 1992 konnte die erste Version ausgeliefert werden. Mehrere Bundesländer übernahmen IFAS. Die „CProgrammierung“ wurde stufenweise auf Java umgestellt. IFAS 3.0 beinhaltete die Schaublattauswertung als erstes JAVA-Modul. In IFAS 5.0 lief auch das „ursprüngliche IFAS“ – das „Betriebsstättenkataster“ – unter JAVA. IFAS 1.0 bestand ursprünglich nur aus dem „Betriebsstättenkataster“, der Integration der Textverarbeitung (Schreibenerstellung aus IFAS) und den notwendigen Administrationstools (Benutzerverwaltung, Berichtsmodul, Konfigurationsmodul, Datenbankadministrationstool und etwas später die Jahresberichtserstellung). Relativ zeitnah kamen das Röntgenkataster und die Personendatei hinzu. Eine weitere Funktion erlaubte den manuellen, DV-gestützten Abgleich der IFAS-Betriebsdaten mit den Betriebsdaten aus dem Bestand der Bundesanstalt für Arbeit (BA-Daten). IFAS sollte nach Möglichkeit alle für den Arbeitsschutz relevanten Informationen enthalten. Daher erfolgte nun die Entwicklung und Einbindung des Anlagenkatasters. Damit können die Informationen der Anlagen in Betrieben erfasst werden, die von den Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltungen in verschiedenen Zusammenhängen bearbeitet werden. Auf Grund unterschiedlicher Zuständigkeiten und politischer Schwerpunktsetzungen in den neu als IFAS-Nutzer hinzugekommenen Ländern wurden immer mehr neue Funktionen und auch Sonderprogramme entwickelt und integriert. Hessen beauftragte z.B. die Entwicklung des BKREG-Verfahrens (Landesgewerbearzt) und das Entgeltmodul (Überwachung der Entlohnung bei Heimarbeitern). Selbst die Kosten- und Leistungsrechnung ist eingebunden und wird intensiv genutzt. Von Anfang an stimmten sich die Bundesländer, die IFAS einsetzten, untereinander ab. Um den Einsatz und die Weiterentwicklung von IFAS auf Dauer mit den anderen Bundesländern zu koordinieren, wurde die so genannte IFAS-Anwenderkonferenz gegründet. Diese Kooperation unter enger Einbindung der Entwicklungsfirma Kisters AG hat sich in den fast 20 Jahren dieser Zusammenarbeit uneingeschränkt bewährt. Überlegungen der hessischen Landesregierung in Verbindung mit der Einführung eines einheitlichen e-Governmentsystems führten dazu, von den dezentral in den verschiedenen Standorten vorhandenen autonomen Serverinstallationen auf ein zentrales Hosting bei der

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HZD über zu gehen. Die Arbeitsschutzverwaltung wurde dabei mit dem Verfahren IFAS für Hessen als Pilotanwender ausgewählt. Mit der Zentralisierung wurden im November 2007 am Standort Wiesbaden begonnen. Die Zentralisierung wurde im April 2009 in der Dienstelle Frankfurt abgeschlossen. Seit Herbst 2009 ist das IFAS-Grundmodul auch für den Landesgewerbearzt zugänglich. Das dort eingesetzte Fachverfahren (GAED-Gewerbeärztlicher Dienst) wird 2010 zentralisiert. Von April 2010 an kann IFAS auch in der für den Arbeitsschutz zuständigen Fachabteilung des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit (HMAFG) zur Unterstützung bei der Durchführung der Fachaufsicht verwendet werden. Inzwischen benutzen außer Hessen 12 weitere Bundesländer das Gesamtverfahren IFAS. In Österreich wird das SBA-Modul (Schaublattauswertung) eingesetzt. IFAS wurde über die letzten 20 Jahre hinweg immer weiter ausgebaut. Mit Hilfe von Konfigurationsvariablen und sogenannten Katalogen lässt sich IFAS den unterschiedlichsten Anforderungen der einzelnen Länder anpassen. Die grundlegende Philosophie von IFAS 1.0, nämlich „Die Betriebsstätte in Verbindung mit der Tätigkeit unter Nutzung der Textverarbeitung zu erfassen.“, hat sich jedoch bewährt. Dies überzeugte auch die Hessische Heimaufsicht. Als neues Fachverfahren auf der Grundlage des IFAS-Basissystems entstand ab Herbst 2009 „IFASHeimaufsicht“. Die Fertigstellung einer Testumgebung erfolgte im Dezember 2009. Seit dem 2. Quartal 2010 arbeitet die Hessische Heimaufsicht produktiv mit ihrem IFAS-Modul. Seit dem ersten Einsatz von IFAS in Hessen ist das Verfahren ständig aktualisiert und neuen fachlichen Anforderungen angepasst worden. Auch die Datenverarbeitung wurde, sowohl die Hardware als auch die Software betreffend, immer auf einem modernen Stand gehalten. Dies war nur möglich, weil schon frühzeitig eine Kooperation der heute 13 Bundesländer stattfand, die sich nicht nur die laufenden Entwicklungs- und Wartungskosten fair untereinander teilen, sondern auch dafür sorgen, dass viel fachliches Knowhow in IFAS einfließt. Ebenso haben sich die beteiligten Mitarbeiter der Kisters AG über die vielen Jahre hinweg sehr engagiert und mit großer Fachkenntnis eingebracht. Zurzeit spricht alles dafür, dass diese Kooperation auch künftig erfolgreich weiter geführt werden kann. Damit ist und bleibt IFAS das „Handwerkszeug“ der Beschäftigten fast aller Arbeitsschutzbehörden in der Bundesrepublik Deutschland. Ulrich Gericke, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit, Uwe Straub, Regierungspräsidium Darmstadt

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

1.3

Öffentlichkeitsarbeit

„Durch Spiel ans Ziel“ – Arbeitsschutz auf dem Hessentag 2008 in Homberg/Efze Manchmal muss man andere Wege gehen um Aufmerksamkeit zu erlangen. Dieses dachte sich auch das Arbeitsschutzdezernat Kassel als sich die Frage stellte, welches Thema auf dem diesjährigen Hessentag in Homberg/Efze vorgestellt werden sollte. Es ist nun einmal schwierig bei einer solchen Veranstaltung Interesse zu wecken und mit den Bürger ins Gespräch zu kommen. Also was tun? Glücksrad, Verlosung oder Preisausschreiben? Alles dies ist schon einmal da gewesen. Das Arbeitsschutzdezernat Kassel wählte daher einen anderen Weg. Es wurde überlegt, welches Aufgabengebiet im Arbeitsschutz möglichst spektakulär aufbereitet werden könnte. Letztendlich entschied man sich für das Thema „Sprengstoffrecht“. Auf diesem Gebiet gibt es einige Möglichkeiten für praktische Vorführungen (z.B. Bühnenpyrotechnik, Böllerschießen, Modellraketen). Die Entscheidung fiel auf den Bau von Modellraketen, und es wurde Kontakt mit Herstellern von Modellraketen sowie zu Modellraketenvereinen aufgenommen. Sowohl die Hersteller als auch die angeschriebenen Raketenvereine lieferten zahlreiche Bausätze für Raketen und mit den notwendigen pyrotechnischen Motoren. Außerdem wurden Ausstellungsstücke zusammen getragen, die dieses Hobby näher beschreiben.

Abbildung 1: Bau der Raketen mit Unterstützung.

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TEIL I „Über uns“ – Bericht der Abteilung „Arbeitsschutz“ des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit

Ein Team, das bei dem Bau der Raketen Unterstützungsarbeit leisten sollte, fand sich auch sehr schnell (bestehend aus Frau Casselmann, Frau Kathöwer, Herrn Reupke). Wie erhofft, fand die Aktion regen Zuspruch bei Kindern und deren Eltern. Beim Bau der Raketen konnten dann auch Gespräche über fachliche Arbeitsschutz-Themen geführt werden. Abbildung 2: Kurz vor dem Start der Raketen.

Ein besonderes Highlight der Veranstaltung war der anschließende Start der selbst gebauten Raketen. Da die Raketen elektrisch gezündet wurden, konnten die Kinder den Start gefahrlos selbst vornehmen. Abschließend lässt sich sagen, dass alle Beteiligten Spaß an der Sache hatten und auch Informationen über das Aufgabengebiet der Arbeitsschutzdezernate vermittelt werden konnten. Volker Döhring, Regierungspräsidium Kassel

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

2.1

Arbeitsplatzgestaltung

2.2.1

Allgemeines

Getränkeschankanlagen – es gilt das Bewusstsein zu schärfen! Bis zum 31. Dezember 2002 waren Bau, die Errichtung und der Betrieb von Getränkeschankanlagen in der Getränkeschankanlagenverordnung (SchankV) und den zu dieser Verordnung erlassenen Technischen Regeln für Getränkeschankanlagen (TRSK) geregelt. Auch gehörten Getränkeschankanlagen bis zu diesem Tage zu den überwachungsbedürftigen Anlagen. Als solche unterlagen sie der besonderen Überwachung durch die Arbeitsschutzbehörden. Mit Inkrafttreten der Verordnung zur Rechtsvereinfachung im Bereich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, der Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes wurde die Getränkeschankanlagenverordnung außer Kraft gesetzt und die sicherheitstechnischen Anforderungen in die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) überführt. Fortan zählten Getränkeschankanlagen nicht mehr zu den überwachungsbedürftigen Anlagen. Im Jahr 2008 wurden durch die Mitarbeiter der Dezernate Arbeitsschutz des Regierungspräsidiums Darmstadt am Standort Wiesbaden insgesamt 113 Gaststättenbetriebe im Hinblick auf die Einhaltung der neuen rechtlichen Vorgaben im Bezug auf den Betrieb von Getränkeschankanlagen überprüft. Von den 113 überprüften Getränkeschankanlagen waren ca.70 Prozent mit Mängeln behaftet. Die Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (Prüffristermittlung) und der Gefahrstoffverordnung (Gefährdung durch CO2) waren der überwiegenden Zahl der Betreiber der Anlagen fremd. Gefährdungsbeurteilungen lagen in der Regel gar nicht vor (bei ca. 15 % der Anlagen). Sofern Prüffristen festgelegt waren (nur bei ca. 10 % der Anlagen), handelte es sich um die nach altem Recht genannte Frist. Die regelmäßigen Prüfungen der technischen Sicherheit durch eine hierzu befähigte Personen fanden nur bei ungefähr einem Drittel der kontrollierten Getränkeschankanlagen statt, wobei die Prüfbescheinigungen häufig noch nach der nicht mehr geltenden Getränkeschankanlagenverordnung ausgestellt wurden. Bei 52 Anlagen wurde festgestellt, dass die letzte wiederkehrende Prüfung bereits sechs und mehr Jahre zurück lag. In diesen Fällen wurden die Betreiber aufgefordert umgehend die Prüfung zu veranlassen und dabei gleichzeitig eine Gefährdungsbeurteilung mit Prüffristermittlung durchzuführen.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Bei ca. 40 Prozent der überprüften Anlagen bestand aufgrund der zu geringen Raumgröße des Aufstellungsraumes für die Druckgasflaschen bzw. angeschlossenen Getränkelagerbehälter und einer unzureichenden natürlichen Lüftung die Gefahr der Entstehung einer gefährlichen CO2-Konzentration. Dies galt insbesondere für begehbare Kühlräume mit einem geringen Raumvolumen von bis zu 15 m3, die über keinerlei Lüftung verfügten. Dieses hohe Gefahrenpotenzial wurde von den Gastwirten, aber auch von einzelnen befähigten Personen, völlig unterschätzt. In diesen Fällen wurde auf die Erkenntnisse der BGN-Untersuchung hingewiesen und eine Gaswarnanlage bzw. technische Lüftung gefordert. Die oft nicht als solche gekennzeichneten Lageräume für Druckgase, die unzureichend gesicherte Aufstellung der Druckgasbehälter und die nicht nachweisbare Unterweisung der Beschäftigten waren weitere Beanstandungen bei den Überprüfungen. Mit insgesamt 75 Revisionsschreiben wurden die Betreiber auf die Mängel sowie die geltenden Bestimmungen hingewiesen und gebeten die Mängel zu beseitigen. Darüber hinaus wurden alle Beteiligten, im Rahmen einer allgemeinen Beratung, auf die geltenden Bestimmungen der Betriebssicherheitsverordnung, hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung (auch in Verbindung mit der Gefahrstoffverordnung), Festlegung von Prüffristen und Beauftragung der wiederkehrenden Prüfungen, Erstellung von Prüfbescheinigungen hingewiesen. Da die Gastwirte mit der notwendigen Dokumentation zum Teil überfordert waren, wurden sie durch die beauftragten Wartungsfirmen (befähigte Personen) im Rahmen deren Dienstleistungsangebotes unterstützt. In der Regel war nach der Revision dieser Personenkreis der Ansprechpartner, mit dem die notwendigen Maßnahmen besprochen wurden. Der Gefahr der Ansammlung einer gefährlichen CO2-Gaskonzentration, wurde in der Regel durch die Nachrüstung einer Gaswarnanlage begegnet. In einzelnen Fällen konnte, auch aufgrund der zu groß dimensionierten Druckgasbehälter, der Aufstellungsort im Kellergeschoss entfallen und die gesamte Anlage in Form einer Thekenanlage installiert werden. Die Ergebnisse der Revisionen zeigen deutlich, dass sechs Jahre nach Inkrafttreten der Betriebssicherheitsverordnung die Regelungen weitgehend nicht bekannt sind und es notwendig ist die Betreiber auf ihre Verantwortung hinzuweisen. Im Rahmen der normalen Revisionstätigkeit werden stetig weitere Kontrollen von Getränkeschankanlagen durchgeführt. Durch einen Informationsblatt sollen in Zukunft die Betreiber von Getränkeschankanlagen über die zu beachtenden Regelungen informiert werden. Rudolf Zimmermann, Lother Kretschmer, Markus Ullmann, Regierungspräsidium Darmstadt

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

„Schöne neue Arbeitswelt“ Die Polizei meldete einen Unfall an einer Schaltschrankanlage. Ein Elektriker erlitt Verbrennungen durch einen Lichtbogen und hatte eine Körperdurchströmung mit einer 380 Volt starken Wechselspannung. Der Verletzte führte als selbständiger Unternehmer im Auftrag der Herstellerfirma Wartungsarbeiten an der Schaltschrankanlage aus. Der Selbständige war früher fest als Elektriker in dergleichen Firma angestellt gewesen. Durch Personalabbau verlor er seinen Arbeitsplatz und bot sich daraufhin als so genannte „Ich-AG" für die gleiche Arbeit in der Firma an. Die Unfallursache konnte schnell geklärt werden: Der Mann arbeitete unnötiger Weise an der Anlage unter Spannung (Verstoß nach BGV A3). Die resultierenden Maßnahmen seitens des Arbeitsschutzes waren: 1.

Dokumentation der Wiederherstellung der Anlage mit Unterschrift der ausführenden Elektrofachkraft nach § 4 ArbSchG;

2.

Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung für Arbeiten an elektrischen Anlagen nach § 3 BetrSichV;

3.

Unterweisung der eigenen Mitarbeiter und der Mitarbeiter der Fremdfirmen nach § 12 ArbSchG.

Damit war die Sache für die Arbeitsschutzbehörde zunächst erledigt, da das Unfallopfer kein Arbeitnehmer war. Was sich bei der weiteren Ermittlung heraus stellte, war jedoch erschreckend. Die Kontaktaufnahme mit der Berufsgenossenschaft ergab, dass der Elektriker als „Ich-AG" nicht versichert war. Nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt stellte sich noch heraus, dass der selbständige Unternehmer ein Gewerbe als Transportunternehmer und nicht als Elektroinstallateur angemeldet hatte. Haftungs- und versicherungsrechtliche Probleme waren die Folge. Hier zeigt sich anschaulich die Problematik der sogenannten selbständigen Unternehmerbzw. Arbeitsverhältnisse, die in der schlimmsten Folge sozial und versicherungsrechtlich nicht abgesichert sind. Albert Mampel, Günter Woost, Regierungspräsidium Darmstadt

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

2.1.2

Arbeitsstätten

Dringend geboten – Verbesserung des primären Lärmschutzes 2006 wurden bei Arbeitsschutzkontrollen in Lärmbereichen auf dem Vorfeld am Flughafen Frankfurt Main zum Teil erhebliche Mängel festgestellt. So wurde die Pflicht persönliche Lärmschutzmittel zu tragen in vielen Fällen missachtet. Die kontrollierten Unternehmen wurden schriftlich über die Ergebnisse informiert und aufgefordert, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die gebotenen Schutzmaßnahmen vor arbeits- und betriebsbedingtem Lärm in Lärmbereichen – insbesondere die PSA-Tragepflicht (Tragen Persönlicher Schutzausrüstung) – bei der Flugzeugabfertigung sorgfältiger umgesetzt werden. Aufgrund von orientierenden Lärmmessungen aus dem Jahre 1999 war davon auszugehen, dass bei der Flugzeugabfertigung in Lärmbereichen gearbeitet wird. Da seither keine weiteren technischen, Lärm mindernden Maßnahmen seitens des Flughafenbetreibers ergriffen wurden, sind die Beschäftigten verpflichtet, bei ihrer Arbeit in Lärmbereichen (Vorfeld) Gehörschutz zu tragen. Den Beschäftigten wurden seitens der RP Bediensteten ein Faltblatt des Hessischen Sozialministeriums „Lärm am Arbeitsplatz“ zur individuellen Information überreicht und zum Teil Kurzinformationsgespräche mit einzelnen Beschäftigten geführt. Es wurden insgesamt 9 Unternehmen kontrolliert, wobei 39 Prozent der befragten Beschäftigten Leiharbeitnehmer waren (2006 waren es 11 Prozent). Das Gros der Beschäftigten waren bei einem einzelnen Arbeitgeber beschäftigt. Beim Schutz vor betriebsbedingtem Lärm bestehen weiterhin Defizite: 65 % der Kontrollierten trugen keine Gehörschutzmittel, obwohl diese zur Verfügung gestellt waren (2006 waren es 70 Prozent). Leider ist es so, dass die Wirksamkeit von PSA mit der organisatorischen Kontrolle der Tragepflicht durch die Arbeitgeber steht und fällt. Deshalb sind die festgestellten Mängel Anlass zu erneuten Gesprächen (bezüglich Arbeitgeber- und Betreiberpflichten nach § 4 ArbSchG, § 4 BetrSichV und § 3 LärmVibrationsArbSchV) der Behörde insbesondere mit dem Ziel, dass der Flughafenbetreiber vermehrte Anstrengungen unternimmt, die technischen Maßnahmen zum primären Lärmschutz zu verbessern. Helen Wullenweber, Regierungspräsidium Darmstadt

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Wie eine Forelle im Grillkorb So lautete die zutreffende Beschreibung einer Sicherheitsfachkraft für einen gar nicht so kuriosen Unfall mit einem kraftbetriebenen Schnelllauffalttor im zeitigen Frühjahr 2009. Was war geschehen? Ein Mitarbeiter geriet aus unerklärlichen Gründen in den Zwischenraum zweier Torflügel eines sich öffnenden (!) vierflügeligen Schnelllauffalttores. Er wurde vom Tor erfasst und zwischen zwei Torflügeln (Abbildung) „wie eine Forelle im Grillkorb“ eingeklemmt. Der verunfallte Mitarbeiter erlitt Rippenbrüche! Seine Befreiung gelang erst, nachdem der Betriebselektriker den Antrieb stromlos geschaltet hatte und das Falttor manuell geschlossen wurde.

Schnelllauffalttor: Während des Öffnens können Personen zwischen den Torflügeln eingequetscht werden (Pfeil).

Das betroffene Schnelllauffalttor wurde noch nach nicht harmonisierten Normen in Verkehr gebracht. Auf dem Firmengelände werden ca. 12 Schnelllauffalttore betrieben, ein Großteil wurde aber nach harmonisierten Normen in Verkehr gebracht. Ursachenermittlung Die betroffenen Beschäftigten wurden im sicheren Gebrauch des Tores unterwiesen. Die Wartungs- und Prüfungsintervalle des betroffenen Falttores wurden eingehalten. Eine hohe Schließkraft des Tores war wegen der unter Umständen großen Windlast (drückt das Tor auf) notwendig, diese wurde aber nicht bestimmt. Zudem geschah der Unfall in der Öff-

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

nungsphase des Tores. Eine schriftliche Gefährdungsbeurteilung zum Gebrauch des Schnelllauffalttores lag auch nicht vor. Allerdings darf bezweifelt werden, ob die zum Unfall führende Gefahrenstelle im Zuge einer Gefährdungsbeurteilung durch den Betreiber gut erkennbar gewesen wäre. Die zum Unfallzeitpunkt gültige BGR 232 (diese stellt eine der wichtigsten Quellen zur Informationsbeschaffung für den Betreiber dar und ist im November 2009 in die ASR A1.7 überführt worden) merkt in Ziffer 2 unter Nr. 10 zwar ganz allgemein an: „Gefahrbereich ist der begehbare Bewegungsraum, in dem die Flügel Öffnungs- und Schließbewegungen ausführen und dadurch Personen gefährdet werden können“, darunter ist auch der Bereich zwischen zwei Faltflügeln zu subsumieren, wiegt den Betreiber von Falttoren dann aber mit Ziffer 4.5.1 Nr. 3 im neunten Unterabsatz mit Folgendem in Sicherheit: „Bei Dreh- und Falttüren sind Quetschstellen zwischen dem Flügel und festen Teilen der Umgebung oder zwischen den Flügeln benachbarter Fenster, Türen und Tore vermieden, wenn bei größtmöglicher Flügelöffnung der hinter dem Flügel gelegene Bereich über seine gesamte Tiefe eine lichte Weite von mindestens 0,5 Meter aufweist.“ Auf die Gefahrenstelle zwischen den Falttorflügeln wird nicht eingegangen. Dafür wird der Sachverhalt aus Ziffer 4.5.1 Nr. 3 in der BGI 861 unter der dortigen Ziffer 4.4 beschrieben und reich bebildert – bis auf die zu diesem Unfall führende Gefahrenstelle! Generell wird in dem genannten berufsgenossenschaftlichen Regelwerk auf die Gefahren, die von den Haupt- und Nebenschließkanten rühren, sehr detailliert eingegangen. Vom Betreiber des betroffenen Tores wurden diese Vorgaben auch beim Toreinbau beherzigt. Normengebung Die für die Herstellung von kraftbetriebenen Türen und Toren maßgebliche Normen DIN EN 12453 und DIN EN 12604 berücksichtigen die o.g. Gefahrenstelle nicht direkt. Die DIN EN 12453 geht nicht direkt auf die Quetschstelle zwischen den Flügeln ein, sondern „nur“ auf die Gefahrstellen zwischen den Schließkanten (auch den Nebenschließkanten). In der DIN EN 12604 wird lediglich pauschal verlangt, dass die Bewegungen der Flügel in keiner Stellung Schäden hervorrufen darf. Klare Vorgaben, wie die Gefahrenstellen zwischen den Flügeln bei einem Falttor abzusichern sind, gibt es auch in der Normung nicht. Es darf daher durchaus auch vermutet werden, dass in den Gefahrenanalysen der Hersteller/Inverkehrbringer von Schnelllauffalttoren die zum Unfall führende Gefahrenstelle ebenfalls nicht berücksichtigt wird.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Mängelbehebung In Absprache mit dem Hersteller des betroffenen vierflügeligen Schnelllauffalttores wird die Gefahrenstelle am betroffenen Tor wie folgt abgesichert: •

Einbau einer Lichtschrankenleiste im Torrahmen zur Überwachung der lichten Torweite

Änderung der Torsteuerung wie folgt: •

Tor ist geschlossen: Die Lichtschrankenleiste ist aktiv und verhindert das Öffnen des Tores bei Unterbrechung eines Lichtstrahles



Das Tor ist in der Öffnungsphase: Sobald ein Lichtstrahl der Lichtschrankenleiste unterbrochen wird, wird der Öffnungsprozess unterbrochen. Der Antrieb kann nur nach einem Reset von Hand wieder in Gang gesetzt werden.



Das Tor ist vollständig geöffnet (Endlage): Die Lichtschrankenleiste ist inaktiv.



Das Tor schließt sich: Sobald ein Lichtstrahl der Lichtschrankenleiste unterbrochen wird, wird das Schließen des Tores unterbrochen. Der Antrieb kann nur nach einem Reset von Hand wieder in Gang gesetzt werden

Es werden ausschließlich eigensichere Schaltungen und Sicherheitslichtschrankenleisten verwendet. Zeitschalt-Programme und Fernbedienungen für das Tor sind nachrangig zu den Lichtschrankenleisten geschaltet. Auf die restlichen Schnelllauffalttore der Firma werden die Nr. 1 bis 5 analog angewendet. Dr. Robert Sandner, Regierungspräsidium Gießen

2.1.3

Technische Arbeitsmittel

Unfall in der Gebinde-Reinigung eines Pharma- und Chemiebetriebes Bei einem Reinigungsvorgang in einer automatischen Reinigungskabine kam es vermutlich durch eine elektrostatische Aufladung zu einer Verpuffung, die die Reinigungskabine zerstörte und das Gebäude stark beschädigte. Schwerwiegende Personenschäden traten durch glückliche Umstände nicht auf. Während der Reinigungsarbeiten an einem Kunststoff-IBC („Intermediate Bulk Container“) kam es kurz nach Starten des automatischen Reinigungsprogramms zur Explosion. Der IBC wird zur Reinigung in der Reinigungskabine gedreht und dann mit hohem Wasserdruck ge-

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

reinigt. Der IBC enthielt geringe Restmengen und Anhaftungen von Abfalllösemittel (n-Heptan) aus einer wässrigen Phase. Wie auch in der BGR 132 beschrieben (inzwischen durch die TRBS 2153 ersetzt), ist beim Reinigen mit Hochdruckwasserstrahlen mit gefährlichen Aufladungen gerechnet werden. Bedingt durch die lösemittelhaltigen Restinhalte (n-Heptan) des einen Kubikmeter großen IBC-Gebindes musste in dem Gebinde mit einer explosionsfähigen Atmosphäre (Zone 0) gerechnet werden. Der mit etwa 200 bar eingesprühte Wasserstrahl könnte sich elektrostatisch aufgeladen haben, so dass eine zündwirksame Entladung zur Explosion des Gebindes und zur Zerstörung der Wascheinrichtung geführt haben dürfte. Der Firma wurde die Reinigung von Kunststoff-IBC bis auf weiteres untersagt. Die Reinigung von geerdeten Stahlbehältern mit organischen Restinhalten mit Hochdruckwasserstrahl ist nach derzeitigem Erkenntnisstand sicherheitstechnisch als unkritisch zu werten. Dr. Michael Hafner, Regierungspräsidium Darmstadt

Tödlicher Arbeitsunfall bei der Entnahme einer Probe von einem KohlendioxidTankfahrzeug Der Fahrer eines mit CO2-beladenen Tankfahrzeuges hatte den Auftrag eine Firma mit flüssigem Kohlendioxid zu beliefern. Der Fahrer rangierte den Gastankwagen an den zu beliefernden Tank, damit ein Ablassen des Produktes erfolgen konnte. Die Entfernung vom Ablassschrank zum befüllenden Tank betrug ca. 2,5 Meter. Bevor die eigentliche Befüllung des Tanks erfolgen kann, ist es notwendig, dass eine sogenannte Schneeprobe (zur Analyse der Produktreinheit) gezogen wird. Nach der Analyse durch den Kunden, kann dann die eigentliche Befüllung erfolgen. Abbildung 1: Vereister Tankanschluss.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Gemäß der Anweisung (Fahrerhandbuch, Betriebsanweisung) ist bei der Entnahme der Schneeprobe ein Adapter zu verwenden. Ein Adapter wird entweder vom Kunden bereitgestellt oder der Fahrer führt verschiedene Ausführungsstücke mit. Es wurde jedoch am Unfallort kein Adapter gefunden. Der Fahrer hatte versucht, die Schneeprobe am Hauptrohr zu entnehmen. Dazu musste er das Tankbodenventil (pneumatisch) und das Kugelhahnventil des Ablassrohres öffnen. Laut TÜV-Gutachten befand sich dieses bereits auch schon während der Fahrt in geöffnetem Zustand, so dass sich der Unfallhergang wahrscheinlich nach folgenden zwei Varianten zugetragen hat: 1.)

Der Fahrer öffnete das Tankbodenventil (das Kugelhahnventil war bereits offen) durch Hubpumpen und bekam die volle Ladung ab

oder 2.)

der Fahrer öffnete das Tankbodenventil und der Kugelhahn war zu, so dass er versuchte mit dem zweiten Ventil (Kugelhahn) ohne Adapter die Durchflussmenge zu regeln und es kam aufgrund des großen Rohrquerschnitts dennoch zu einem massiven Austritt von flüssigem tiefkaltem Kohlendioxid.

Die Folge davon war der Austritt von tiefkaltem Kohlendioxid, der dazu geführt hat, dass der Fahrer vom Ablassschrank des Tankwagens weg gegen den zu befüllenden Tank geschleudert wurde. Die Obduktion des Leichnams ergab mehrere tödliche Verletzungen (Ersticken und Erfrieren durch tiefkaltes Kohlendioxid). Folgende Maßnahmen wurden nach dem Unfall veranlasst bzw. vom Betreiber durchgeführt: •

Das an dem Unfall beteiligte Tankfahrzeug wurde durch den TÜV-Nord einer Prüfung unterzogen. Ergebnis: Keine Beanstandung (das Fahrzeug war technisch in Ordnung, laut TÜV-Gutachten lag eine Fehlbedienung vor).



Unmittelbar nach dem Unfall wurden alle Kohlendioxid-Fahrer aller für die Firma fahrenden Spediteure informiert, dass ohne Vorgabe keine Schneeproben beim Kunden genommen werden dürfen.



Alle Kohlendioxid-Fahrzeuge wurden mit Schneerohr-Equipment ausgerüstet



Alle Kohlendioxid-Fahrer der Speditionen wurden nochmals durch Fahrertrainer zur richtigen Schneeprobennahme und den damit verbundenen Gefahren unterwiesen.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung



Das Tankwagenfahrerhandbuch wurde überarbeitet. Die bisherige Arbeitsanweisung zur Schneeprobennahme wurde erweitert. Grundlage war die überarbeitete Gefährdungsbeurteilung.



Wo möglich wurden an den vorhandenen Fahrzeugen Hebelverlängerungen am Kugelhahn der Hauptentnahmeleitung angebracht, um mechanisch sicherzustellen, dass das Schließen der Türen des Armaturenschranks nur möglich ist, wenn der verlängerte Hebel in Position „zu“ ist.



Wo möglich wurden an den vorhandenen Fahrzeugen separate Analysenleitungen mit geringer Nennweite von der Hauptentnahmeleitung abgezweigt.



In Zusammenarbeit mit dem Konzern wurde die Modifikation der Tankwagenkonstruktion mit dem Ziel überdacht, dass neue Fahrzeuge eine separate Analysenleitung erhalten sollen.



Innerhalb des Konzerns wurde ein Safety Alert (Sicherheitswarnung) zu den Gefahren bei der Schneeprobennahme herausgegeben.



Mit allen Spediteuren wurden Lieferanten-Audits durchgeführt. Aufgrund der Unfallbeteiligung wurde im Mai 2008 mit der betroffenen Spedition begonnen.



Die Kunden der Lebensmittel- und Getränkebranche wurden angeschrieben, dass die Fahrer ohne einen vorliegenden schriftlichen Auftrag des Kunden keine Schneeproben ziehen dürfen.



Die Mitglieder des Industriegaseverbandes (IGV) wurden unmittelbar nach dem Unfall schriftlich informiert. Eine detaillierte Diskussion des Unfalls erfolgte in der Expertengruppe Sicherheit des IGV. In dieser Sitzung wurde beschlossen einen detaillierten Sicherheitshinweis für die Mitgliedsunternehmen zu erstellen. Die Information der IGVMitglieder erfolgte mit Rundschreiben vom 8. Juli 2008.

Christiane Schneider, Regierungspräsidium Kassel

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Gericht betont Verantwortung der Unternehmensleitung für Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten Geschäftsführer und Betriebsleiter aufgrund eines Arbeitsunfalles wegen fahrlässiger Tötung verurteilt Vorgeschichte Im Rahmen des Neubaus eines Porenbetonwerkes Anfang 2006, wurden die Baumaßnahmen durch einen Aufsichtsbeamten des Regierungspräsidiums Darmstadt, arbeitsschutzrechtlich und sicherheitstechnisch beratend begleitet. Die zeitnahe Beseitigung festgestellter Mängel wurde besprochen und vom Unternehmen auch stets durchgeführt. Bevor das Porenbetonwerk in Betrieb gehen sollte, wurde durch den Betreiber, dessen Sicherheitsfachkraft, den Anlagenhersteller und den Anlagenmonteur ein Sicherheitskonzept erarbeitet. Dieses Konzept wurde seitens des Regierungspräsidiums mitgetragen. Es sah eine umfassende Absicherung der Anlage gegen unbefugtes Betreten vor. Aufgrund der positiven Erfahrungen und des Einvernehmens über das Sicherheitskonzept wurde vor Inbetriebnahme der Anlage im Januar 2007 keine weitere Betriebsbesichtigung durchgeführt. Am 2. April 2007 wurde der Sachbearbeiter dann telefonisch von der Firma in Kenntnis gesetzt, dass sich ein schwerer Unfall an der neuen Anlage ereignet hatte. Der Verunglückte war in eine Klinik gebracht worden und erlag dort seinen schweren Verletzungen. Er war der zweite Arbeitnehmer, der in der Firma zu Tode kam. Unfallursache Während der Untersuchung vor Ort wurde festgestellt, dass an den Zugangstüren der Anlage zwar elektrische Tastschalter montiert, aber nicht angeschlossen worden waren. Außerdem war die Einzäunung an vielen Stellen nicht geschlossen. Somit war es leicht möglich, die laufende Anlage zu betreten, z. B. zur Störungsbeseitigung. Die Geschäftsführung sah die Schuld beim Lieferanten. Abbildung 1: Ungesicherte Zugangstüre zur Anlage.

Zugang ohne Verriegelung / Zugang bei laufender Anlage möglich

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Sie hatte seit vier Monaten auf die entsprechenden Teile zur Einbindung der Sicherheitsschalter in die Anlagensteuerung gewartet. Die Anlage hatte sie aus wirtschaftlichen Erwägungen ohne die Sicherheitsbauteile in Betrieb genommen. Der Verunfallte hatte die Produktionsanlage durch eine Zugangstüre betreten, deren elektrische Verriegelung nicht angeschlossen war und wurde durch bewegte Anlagenteile zerquetscht. Während der Untersuchung vor Ort wurde festgestellt, dass an allen Zugangstüren der Anlage zwar elektrische Tastschalter montiert, aber nicht angeschlossen worden waren. Außerdem war die Einzäunung an vielen Stellen nicht geschlossen. Somit war es leicht möglich, die laufende Anlage z.B. zur Störungsbeseitigung zu betreten. Die Geschäftsführung sah die Schuld beim Lieferanten. Sie hatte seit vier Monaten auf die entsprechenden Teile zur Einbindung der Sicherheitsschalter in die Anlagensteuerung gewartet. Die Anlage hatte sie währenddessen aus wirtschaftlichen Gründen ohne Sicherheitsbauteile in Betrieb genommen. An den im Vorfeld durchgeführten Unterweisungen (die nicht auf die Gefahren der neuen Anlage eingingen) hatte der Verunfallte nicht teilgenommen. Die Unterweisungsprotokolle waren von ihm nicht unterschrieben worden. Die verantwortliche Betriebsleitung gab zudem an, die Anlage sei im Probebetrieb gefahren worden. Der Begriff Probebetrieb existiert in den einschlägigen Schutzvorschriften nicht und wurde hier verwendet, um das Fehlen erforderlicher sicherheitsrelevanter Schutzeinrichtungen zu rechtfertigen. Lieferschwierigkeiten sind ein organisatorisches Problem, ggf. müssen Teile von einem anderen Hersteller beschafft werden. Anderenfalls sind vorübergehende auch aufwendigere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Eine Anlage mehrere Monate ohne die zuvor besprochenen Schutzeinrichtungen zu betreiben, verstößt eklatant gegen die die einschlägigen Vorschriften zum Schutz von Beschäftigten. Vor der vollständigen Umsetzung des zuvor besprochenen Schutzkonzeptes hätte die Anlage nicht in Betrieb genommen werden dürfen. Dass dies dennoch geschah, ist umso unverständlicher als es im Jahre 2005 bereits einen anderen tödlichen Unfall im Unternehmen gegeben hatte, der aber offensichtlich nicht ausreichte, um der Unternehmensleitung die große Bedeutung sicherheitsgerechter Abläufe vor Augen zu führen.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Verwaltungshandeln des Regierungspräsidiums Seit einigen Jahren beobachten die Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen der Arbeitsschutzdezernate, dass bei tödlichen und schweren Arbeitsunfällen nicht mehr zwangsläufig eine Stellungnahme seitens der Staatsanwaltschaft angefordert wird. Früher war dies gängige Praxis. Häufig werden Verfahren mit dem Hinweis auf ein Eigenverschulden der Unfallopfer ohne Konsequenzen eingestellt. Diese Verfahrensweise war dem zuständigen Sachbearbeiter bekannt, auch die Untersuchungen des ersten tödlichen Unfalls im Jahr 2005 waren seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Daher entschied der Sachbearbeiter, diesmal unaufgefordert eine Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft zu senden. Dabei erwies es sich als schwierig, den zuständigen Staatsanwalt herauszufinden. Verstorben war der Verunfallte in Frankfurt, ereignet hatte sich der Unfall aber im Landkreis Offenbach. Der Gerichtsbezirk Offenbach gehört zur Staatsanwaltschaft Darmstadt. Vermutlich wegen Arbeitsüberlastung wurde der Vorgang bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt zunächst nicht bearbeitet. Später wurde er dann von dort nach Darmstadt, und von da aus nach Offenbach versandt. Als es gelungen war, den zuständigen Staatsanwalt ausfindig zu machen, hatte dieser den Vorgang schon eingestellt. Nachdem der Aufsichtsbeamte den Fall noch einmal telefonisch geschildet hatte, zeigte sich der Staatsanwalt an einer schriftlichen Stellungnahme interessiert und war nach deren Vorlage bereit, das Verfahren wieder aufzunehmen. Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft vom 20. Mai 2008 Verantwortlichkeiten Normalerweise ist der Anlagenhersteller verantwortlich für das Inverkehrbringen einer EURichtlinien-konformen Anlage. Die Gesamtmontage wurde im Auftrag des Betreibers von einer anderen kostengünstigeren Firma durchgeführt. Das vom Hersteller vorgeschlagene Schutzkonzept wurde mit kleineren Änderungen angenommen und sollte von der Montagefirma eingerichtet werden. Nach Aussage des Betreibers war die Montagefirma verantwortlich für die Beschaffung der Bauteile für das Schutzsystem, das Sicherheitskonzept und die ordnungsgemäße Montage. Die Verantwortung für den sicheren, richtlinienkonformen Betrieb der Anlage liegt beim Betreiber. Durch die fehlenden Schutzeinrichtungen entsprach die Anlage zum Zeitpunkt des Unfalls nicht den entsprechenden EU-Richtlinien und hätte somit nicht in Betrieb gehen dürfen.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Bis zum Zeitpunkt der Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft, die ein Jahr nach dem tödlichen Unfall erfolgte, wurde für die Gesamtanlage keine Konformitätsbewertung und -erklärung durchgeführt, die Anlage wurde weiterhin ohne CE-Kennzeichnung betrieben, auch wenn das Schutzkonzept vor Wiederinbetriebnahme nach dem Unfall vollständig umgesetzt wurde. Dieser Verstoß nach der 9. GPSG V-Maschinen VO, § 5, ist bußgeldbewährt und wurde seitens des zuständigen Arbeitsschutzdezernates entsprechend geahndet. Aufgrund der Vorgespräche, der Erörterung des Schutzkonzeptes am 27. September 2006 und der Tatsache, dass sich im Betrieb bereits ein tödlicher Unfall ereignet hatte, kann nach Auffassung der hiesigen Dienstelle bei einem Betrieb der Anlage ohne entsprechende Schutzeinrichtungen nicht mehr von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden. Auch wenn es zu Lieferschwierigkeiten bei Bauteilen für das Schutzkonzept kam, hätte die Anlage nicht vorzeitig betrieben werden dürfen. Im vorliegenden Fall wurde aber aus rein finanziellem Interesse die Sicherheit der Arbeitnehmer vernachlässigt.

Gegen folgende Vorschriften wurde verstoßen: •

Arbeitsschutzgesetz

§ 3 Grundpflichten des Arbeitgebers § 4 Allgemeine Grundsätze § 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen § 9 Berücksichtigung besonderer Gefahren •

Betriebssicherheitsverordnung

§ 3 Gefährdungsbeurteilung § 4 Anforderung an die Bereitstellung § 9 Unterrichtung und Unterweisung •

Geräte- und Produktsicherheitsgesetz GPSG

§ 4 Inverkehrbringen § 6 CE-Kennzeichnung •

9. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Maschinenverordnung)

§ 2 Sicherheitsanforderungen § 4 CE-Kennzeichnung •

Berufsgenossenschaftliche Vorschrift A1

§ 4 Unterweisung der Versicherten

Die Gerichtsverhandlung am 28. Januar 2010

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Zunächst war es für die Richterin schwierig, sich mit den technischen Zusammenhängen der Anlage vertraut zu machen. Die Tatsache, dass bereits 2005 ein tödlicher Unfall geschehen war, der das Sicherheitsbewusstsein der Unternehmensleitung hätte schärfen müssen, wurde seitens des Gerichtes nicht als erschwerend gewertet. Der Anmerkung seitens der Verteidigung, die Sicherheitsfachkraft und der zuständige Aufsichtsbeamte des Regierungspräsidiums hätten massiver auf die Umsetzung des Schutzkonzeptes dringen müssen, folgte die Richterin allerdings auch nicht. Dem Aufsichtsbeamten war nicht bekannt, dass die Anlage ohne Schutzkonzept betrieben wurde. Die Sicherheitsfachkraft ist beratend tätig und hat keine Befugnisse und Mittel die Beseitigung von Sicherheitsmängeln selbständig zu veranlassen. Letztlich wurden die Verstöße des Managements gegen gesetzliche Bestimmungen so gravierend gewertet, dass es auch nach dem ungewöhnlich langen Zeitraum zwischen Unfall und Verhandlung (fast 3 Jahre), der sich strafmildernd auswirkte, zu einer Verurteilung kam. Die Geschäftsführung wurde zu 55 Tagessätzen entsprechend einem Nettomonatseinkommen verurteilt, der Betriebsleiter ebenfalls zu 55 Tagessätzen, in diesem Fall zwei Nettomonatsgehältern entsprechend. Beide bedauerten den Unglücksfall, nahmen das Urteil an und verzichteten auf Rechtsmittel. Das Resultat: 9.350 € für einen Toten. Thomas Hagner, Regierungspräsidium Darmstadt

Unfall an einer Spritzgießmaschine An einer Spritzgießmaschine, deren Eingriffsbereich unzureichend gesichert ist, erleidet eine Arbeitnehmerin am 8. Februar 2008 eine Handquetschung. Beschreibung der Spritzgießmaschine und Unfallschilderung Es handelt sich dabei um eine Spritzgießmaschine ähnlich der Spritzgießmaschine eines italienischen Herstellers. Die Spritzgießmaschine ist älteren Typs, über 20 Jahre alt, hat noch keine CE-Kennzeichnung und fällt daher unter § 7 in Verbindung mit Anhang 1 der Betriebssicherheitsverordnung (Abbildung 1). Für Schutzeinrichtungen gilt nach Ziffer 2.8: „Arbeitsmittel müssen mit Schutzeinrichtungen ausgestattet sein, die den unbeabsichtigten Zugang zum Gefahrenbereich von beweglichen

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Teilen verhindern oder welche die beweglichen Teile vor dem Erreichen des Gefahrenbereichs stillsetzen.“ Bei der Unfalluntersuchung stellt sich heraus, dass auch noch weitere Mängel, wie das Fehlen der Gefährdungsbeurteilung, Bedienungsanweisung und Unterweisung beseitigt werden müssen.

Bedienungspanel

Schaltleiste mit Notausschalter

Abbildung 1: Gesamtansicht der Spritzgießmaschine.

Das Werkzeug in der Maschine besteht aus einem unbeweglichen, im Spritzgießraum der Maschine festgeschraubten Oberteil und zwei Unterteilen, die auf einem Werkzeugschlitten montiert sind. Hierbei wird immer jeweils ein Unterteil bestückt, während beim anderen Teil in der Maschine der Spritzgießvorgang stattfindet. Die Bestückung des Unterteils geschieht vor der Maschine und nicht im eigentlichen Spritzgießraum der Maschine, der hinter der Lochblechabschirmung liegt. Bei der Bestückung wird eine Plastikmuffe auf den flexiblen Schlauch geschoben. In das Schlauchende wird ein Aufnahmebolzen gesteckt. Danach wird der Bolzen in zwei Haltebolzen ins Unterteil des Werkzeuges gelegt. Die beiden Werkzeugunterteile sind beide in der Bestückungs- bzw. Entnahmeposition vor dem „Spritzgießraum“, der hinter der Lochblechabdeckung ist. Abbildung 2 zeigt die normale Arbeitsstellung der Maschine. Ein Werkzeugunterteil ist im „Spritzgießraum“ der Maschine hochgefahren und in der Spritzgießposition. Das andere Un-

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

terteil befindet sich außerhalb des „Spritzgießraumes“ in Bestückungs- und Entnahmeposition. Nach dem Einlegen der Schläuche muss mit der linken Hand an der Schaltleiste ein Schalter gedrückt werden, um den Arbeitsvorgang auszulösen, d.h. das Werkzeugunterteil fährt in den „Spritzgießraum“ der Maschine. Dort angekommen wird das Unterteil zum eigentlichen Spritzgießvorgang hochgefahren. Der Bedienschalter muss von der Arbeitnehmerin nur kurz ausgelöst werden. Die vorhandenen Handabweiser schützen nicht ausreichend vor dem Eingriff und die Hände der Arbeitnehmerin sind während des Spritzvorgangs nicht fixiert. Damit ist ein Eingreifen in die Maschine – aus welchem Grund auch immer – jederzeit möglich.

Werkzeugschlitten

Aufnahmebolzen

Werkzeugunterteile

Flexschlauch Plastikmuffe Abbildung 2: Ansicht oben: Die beiden Werkzeugunterteile sind beide in der Bestückungs- bzw. Entnahmeposition vor dem „Spritzgießraum“, der sich hinter der Lochblechabdeckung befindet.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Konsequenzen aus dem Arbeitsunfall Damit das Hineingreifen zuverlässig verhindert wird, muss eine Schutzeinrichtung nachgerüstet werden. Folgende Überlegungen werden dazu angestellt: 1. Möglichkeit: Lichtschranke

Eine Lichtschranke kann im Eingriffsbereich nicht installiert werden, da beim Hochfahren des Werkzeugunterteils die Schläuche in den Überwachungsbereich kommen würden und die Aufwärtsbewegung gestoppt würde. 2. Möglichkeit: Zweihandschaltung

Eine andere mögliche Absicherung gegen das Hineingreifen in die Maschine wäre der Austausch des Schalters gegen eine Zweihandschaltung, die sicherstellt, dass die Hände während des Schließvorganges des Werkzeuges dort fixiert sind. 3. Möglichkeit: Abscannen des Gefahrenbereichs

Es käme auch noch ein Abscannen des Gefahrenbereichs in Betracht. Die Firma entscheidet sich für die Zweihandschaltung, da es sich hier um die kostengünstigere Lösung handelt. Folgende Maßnahmen des Arbeitgebers werden erforderlich: Da an der betroffenen Spritzgießmaschine Änderungen vorgenommen werden, die zur Verbesserung der Anlagensicherheit dienen, ist hier nur eine Gefahrenanalyse nach Geräteund Produktsicherheitsgesetz durchzuführen. Nach dem Umbau ist vor Wiederinbetriebnahme der Anlage für die Tätigkeit an der Spritzgießmaschine eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5, 6 Arbeitsschutzgesetz in Verbindung mit weiteren Verordnungen zu erstellen. Gemäß § 3 (3) Betriebssicherheitsverordnung sind für Arbeitsmittel insbesondere Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen zu ermitteln. Außerdem muss die Spritzgießmaschine nach Umbau einer Prüfung nach § 10 Betriebssicherheitsverordnung unterzogen werden. Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung ist eine neue Betriebsanweisung zu erstellen und die Beschäftigten sind arbeitsplatzbezogen zu unterweisen. Dies ist zu dokumentieren. Die oben geforderten Maßnahmen sind innerhalb kurzer Zeit aufgrund von Forderungen des Arbeitsschutzdezernates umgesetzt worden. Die BG-Chemie hat den Arbeitgeber bei der Umsetzung unterstützt. Petra Herber, Rainer Bedenbender, Regierungspräsidium Gießen

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Ortsbeweglicher Druckbehälter als Projektil Die Entleerung und Demontage von 0,5 Liter fassenden CO2-Druckbehältern forderte im Frühjahr 2008 ein Menschenleben. Was war passiert? Eine Firma im Aufsichtsbezirk hatte ein Subunternehmen beauftragt ca. 600.000 0,5 Liter fassende CO2-Druckbehälter zu entleeren und die Ventile (Buntmetall) aus den Druckbehältern (Stahl) zu entfernen. Die Druckbehälter und die Ventile sollten verschrottet werden. Die Bezahlung erfolgte im Akkordlohn zu 10 Cent je Druckbehälter. Das Subunternehmen gehört der Gebäudereinigungsbranche an. Die Entleerung und Demontage der CO2-Druckbehälter erfolgte auf zwei Arbeitsstraßen auf dem Gelände des Auftraggebers. Hierzu sollten zuerst die Druckbehälter entspannt werden (Abbildung 1: Dorn rechts oben im Bild, CO2 wurde nicht abgesaugt) und sodann in einer selbstgebauten, mit Pressluft gesteuerten Haltevorrichtung (Abbildung 2) mit einem Pressluftschrauber das Füll- und Entnahmeventil entfernt werden. Arbeitsstraßen, Haltevorrichtung und Pressluftschrauber sowie Pressluftgerät wurden vom Auftraggeber gebaut und zur Verfügung gestellt. Der Geschäftsführer Subunternehmens wurde erstmals von einem leitenden Angestellten des Auftraggebers für diese Tätigkeiten unterwiesen, was durch ein Protokoll bestätigt werden konnte. Die Mitarbeiter des Subunternehmens wurden von deren Geschäftsführer unterwiesen; diese Unterweisung wurde aber nicht protokolliert. Gefährdungsbeurteilungen und eine Gefahrenanalyse der pneumatischen Haltevorrichtung (Maschine i.S. der 9.GPSGV) wurden weder vom Auftraggeber noch vom Subunternehmer durchgeführt. Ein Controlling der angewiesenen Arbeitsweise erfolgte nicht. Eine Zuführung einer Arbeitsstraße wurde durch eine 22 Millimeter Spanplatte derart manipuliert, dass die Mitarbeiter mittels Pressluftschrauber unter Umgehung der Haltevorrichtung bereits auf dieser Zuführung mit dem Pressluftschrauber die Ventile der Druckbehälter entfernen konnten. Diese Manipulation ist in der Maximierung des Akkordes begründet: Der Arbeitsschritt Entnehmen des Druckbehälters von der Zuführung und Einlegen in die pneumatische Haltevorrichtung entfällt. Damit konnte die Stückzahl pro Schicht merklich erhöht werden. Zum Unfall kam es, als ein noch unter Druck stehender CO2-Behälter nach dem Lösen des Ventils von dieser Zuführung in Richtung des Arbeitsplatzes des Getöteten flog und diesen an der Schläfe traf. Der Schädelknochen wurde zertrümmert, Hirnmasse trat aus.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Abbildung 1: Zuführung der Arbeitsstraße. Deutlich sind die CO2Druckbehälter zu erkennen, bei denen das Ventil schon entfernt wurde. Die Druckbehälter liegen auf einer weißen 22 mm Spanplatte, sodass die Ventile über die Stahlaufkantung der Zuführung reichen. Ohne diese Platte werden die Ventile der Druckbehälter durch die Aufkantung verdeckt; die Demontage der Ventile wäre auf der Zuführung unmöglich. Ganz rechts im oberen Drittel des Bildes der Dorn zum Ablassen des CO2. Dahinter in Kisten weitere noch unbearbeitete Druckbehälter.

Wegen der fehlenden Gefährdungsbeurteilung und des nicht durchgeführten Controllings der angewiesenen Arbeitsweise durch Subunternehmer und Auftraggeber blieben Manipulationen (Einlegen einer 22 mm Spanplatte in die Zuführung zur Erhöhung des Akkords), Vorfälle mit wegfliegenden ortsbeweglichen Druckbehältern (Rückstoßeffekt), die Zielrichtung der Druckbehälter auf die Eingangstür sofern diese in die Haltevorrichtung eingelegt wurden und die ungenügende Haltekraft der Haltevorrichtung unbemerkt. Folgerichtig kann man an dem blauen Kübel und an der Tür hinter der Haltevorrichtung (Bild 2) auch Einschläge der Druckbehälter erkennen, die auch von Mitarbeitern bestätigt wurden. Auf Grund einer Gefahrenanalyse gem. Anhang 1 der RL 98/79 EG der pneumatischen Haltevorrichtung wäre zudem die mangelhafte Haltekraft der Haltevorrichtung für einen noch mit CO2 gefüllten Druckbehälter, wenn dessen Ventil abgeschraubt wird, hervorgegangen. Die Einhaltung des AGW-Wertes für CO2 wurde weder vom Auftraggeber noch vom Subunternehmer nachgewiesen. Fazit

Tödliche Verletzungen bei Beschäftigten oder Dritten hätten auch bei der angewiesenen Arbeitsweise auftreten können. Momentaner Sachstand

Die Anlage wurde seitens Polizei und Arbeitsschutzbehörde stillgelegt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Person, die das Ventil des Druckbehälters abgeschraubt hat, der den Tod des Beschäftigten verursacht hat.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Abbildung 2: Pneumatisch betriebene Haltevorrichtung (Eigenbau des Auftraggebers). Die Ventile der Druckbehälter sollten in dieser Vorrichtung mit Hilfe eines Pressluftschraubers entfernt werden. Die Haltevorrichtung zielt in Richtung Eingangstür und verhindert ein Wegfliegen noch gefüllter Druckbehälter nicht. Neben dem Türgriff (Hintergrund) und im blauen Kübel sind bei genauer Betrachtung Einschlagdellen erkennbar. In der weiteren Zuführung links wurde keine Spanplatte eingelegt. Die Ventile der Druckbehälter werden von der grünen Stahlaufkantung verdeckt. Bemerkenswert ist auch die Unterkonstruktion auf der die Haltevorrichtung aufgebaut wurde.

Subunternehmer und Auftraggeber wurden vom ermittelnden Polizeibeamten als Beschuldigte vernommen und dessen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft übergeben. In einer weiteren Betriebsstätte des Auftraggebers wurden seitens der Arbeitsschutzbehörde drei Tage nach dem tödlichen Unfall zwei weitere immer noch betriebene Haltevorrichtungen vorgefunden und, da auch diese unter Druck stehende CO2-Behälter nicht sicher halten konnten, sofort stillgesetzt. An diesen Geräten wurde auf Verlangen der Arbeitsschutzbehörde vom Auftraggeber ein Rückhaltesystem für noch gefüllte CO2-Druckbehälter angebracht und Gefährdungsbeurteilungen für den Arbeitsgang erstellt. Die Konformität war in einem Fall neu zu erklären. Bemerkenswert: In dieser Betriebsstätte des Auftraggebers wird das abgelassene CO2 erfasst und abgesaugt. Der Auftraggeber hat die zum Unfall führenden Arbeiten in den nahen Osten verlegt. Verstoß gegen § 5 ArbSchG in Verbindung mit § 3 BetrSichV und der TRBS 1111, TRBS 2141 ff sowie gegen §§ 4 und 6 GPSG wegen Eigenbau der Haltevorrichtung. Dr. Robert Sandner, Regierungspräsidium Gießen

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Explosion von Flüssiggasflaschen in einer Kartbahn Im Dezember 2009 ereignete sich eine Explosion von Flüssiggasflaschen in einer Kartbahn, in der Fahrzeuge mit Flüssiggas betrieben werden. Ursächlich für die Explosion war nach bisherigen Kenntnissen eine Heißluftpistole, durch die Verpackungsmaterial im Werkstattbereich in Brand geriet. Bei der Unfalluntersuchung stellte sich heraus, dass die Ursache der Explosion darin lag, dass dort eine unzulässige gravimetrische Befüllung von 3 kg-Flüssiggasflaschen aus 11 kg-Flaschen erfolgte. Ein Mitarbeiter war vor der Explosion im Begriff die 11 kg-Flasche mit der besagten Heißluftpistole zu erhitzen (wahrscheinlich um den Füllvorgang zu beschleunigen) und wurde von dort in einen anderen Bereich der Kartbahn gerufen. Dabei hat er vermutlich vergessen, die Heißluftpistole auszuschalten. Die Heißluftpistole setzte daraufhin umliegendes Verpackungsmaterial in Brand. Durch das Feuer wurden die im Werkstattbereich befindlichen etwa 20 Flüssiggasflaschen so stark erwärmt, dass ein Teil explodierte und sowohl die Werkstatt zerstörten als auch ein Rolltor stark beschädigten. Personen kamen glücklicherweise nicht zu schaden. Jürgen Heppe Regierungspräsidium Kassel

2.1.4

Überwachungsdürftige Anlagen

Unfall in der automatischen Lackieranlage eines Autozulieferers Während der Durchführung von Reinigungsarbeiten innerhalb einer Lackieranlage am Wochenende (Produktionsstillstand) wurde durch einen Fehlalarm mit unbekannter Ursache ein Brandmelder ausgelöst. Bei Auslösung der Brandmeldeanlage wurden automatisch alle elektrischen Anlagen innerhalb der Lackieranlagen ausgeschaltet, auch die Beleuchtung. Eine Notbeleuchtung innerhalb der Anlage war nicht vorhanden, da es eine automatische Anlage ist, in der sich während des Betriebs keine Personen aufhalten.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Nach einer kurzen Vorwarnzeit (es ertönte ein Warnsignal) löste die KohlendioxidLöschanlage aus und flutete die Anlage. Alle Reinigungsarbeiter bis auf einen konnten nach dem Ertönen des Signals die Anlage verlassen. Ein Mitarbeiter, der sich tief im Inneren der Anlage befand, konnte sich wegen des fehlenden Lichts nicht orientieren und wurde beim Einatmen des Löschmittels bewusstlos. Glücklicherweise konnte ihn die Feuerwehr noch rechtzeitig bergen. Folgende Maßnahmen wurden veranlasst: •

Die automatische Löscheinrichtung wird, wenn sich Personen in der Anlage befinden, auf Handauslösung umgeschaltet (Die automatischen Brandmelder bleiben aktiv).



Die Beleuchtung in der Anlage wird beim Auslösen eines Brandmelders nicht mehr automatisch abgeschaltet.



Es erfolgt eine entsprechende Unterweisung der Mitarbeiter. Ernst Richard Kleberger, Regierungspräsidium Darmstadt

2.1.5

Gefahrstoffe

Fortbildung für Berufsschullehrer zum Thema Arbeitsschutz Gefahrstoffe und Hautschutz in der Berufsausbildung „Mir passiert schon nichts!“ Das ist die Einstellung vieler Berufsanfänger. Den meisten Auszubildenden ist gar nicht bewusst, welche Risiken und Probleme im Arbeitsalltag auf sie zukommen können. Nur eine frühzeitige Aufklärung der Auszubildenden kann hier helfen, die jungen Arbeitnehmer für die Gefahren am Arbeitsplatz zu sensibilisieren. Im Rahmen des Projektes „Neulinge im Betreib“ des Fachzentrums für systemischen Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung beim Regierungspräsidium Gießen steht daher die Förderung der Information und Beratung von Auszubildenden im Fokus. Dazu gehört auch, die für den fachtheoretischen Teil der Ausbildung zuständigen Berufsschulen als Multiplikatoren für sicheres Arbeiten einzubinden. Ein Schritt dazu ist, durch Qualifikation und Information der Lehrkräfte an Berufsschulen zur Verbesserung des Informationsstandes der Auszubildenden im Thema Arbeitsschutz und damit zu einer höheren Sicherheit im Berufseinstieg beizutragen. Mit dieser Zielrichtung führte das Fachzentrum des Arbeitsschutz-Dezernates 25.2 des Regierungspräsidiums Gießen am 28. Oktober 2008 eine Fortbildungsveranstaltung für Lehrkräfte aus dem Bereich Metalltechnik an einer Gießener Berufsschule durch.

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Im Rahmen dieser Fortbildungsveranstaltung wurden insbesondere die Themen Gefahrstoffe und Hautschutz angesprochen. Neben den besonderen Gefahren, die in der Metallbe- und verarbeitung auftreten können, wurde über mögliche Gesundheitsschädigungen und erforderliche Schutzmaßnahmen informiert. Insbesondere standen dabei auch die Kennzeichnung von Gefahrstoffgebinden sowie die erforderlichen Sicherheitsdatenblätter im Fokus, die als wichtige Informationsträger dienen. Anschaulich konnte dies auch direkt an verschiedenen Gefahrstoffen aus den schulischen Werkstätten dargestellt werden.

Abbildung 1: Information von Berufsschülern zum Thema Hautschutz am Messestand des Regierungspräsidiums Gießen.

Das Thema Hautschutz wurde mit Unterstützung des Landesgewerbearztes vermittelt. Hierbei wurden u. a. die Hautgefährdungen in der Metallbranche, Hautschädigung sowie Hautschutzmaßnahmen (u. a. Hautschutzplan) angesprochen. In der Pause hatten die Lehrkräfte die Möglichkeit, sich einen Überblick über unterschiedliche Schutzhandschuhe, deren Materialien und Einsatzmöglichkeiten sowie verschiedene Hautschutzprodukte zu informieren. Abschluss bildete eine kurze Einführung in die richtige Anwendung von Hautschutzmitteln. Zur Integration von Arbeitsschutzthemen in den Unterricht wurden verschiedene Informations- und Schulungsmaterialien vorgestellt. In der anschließenden Diskussion wurden auch die Möglichkeiten zur Unterstützung der Berufsschule und Lehrkräfte durch die Arbeitsschutzverwaltung erörtert. Neben der Unterstützung durch Fortbildungsmaßnahmen wurden auch eine Beteiligung an Aktionstagen, in Unterrichtseinheiten zu arbeitsschutzspezifischen Fachthemen sowie bei Betriebsbesichtigungen angesprochen. Im Nachgang wurden Infor-

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

mationsmaterialien, Broschüren, Filme und Unterrichtsmaterialien zu den Themen „Gefahrstoffe“ und „Hautschutz“ zur Verfügung gestellt. Für das kommende Jahr ist bereits eine nächste Informationsveranstaltung vorgesehen, die sich vorrangig den Schwerpunkten Lärm, Maschinensicherheit und Absturz widmet. Bis zu diesem Zeitpunkt soll versucht werden, Informationsveranstaltungen der Arbeitsschutzverwaltung durch die zuständige Behörde im Bereich des Kultusministeriums anerkennen zu lassen, um dann als zertifizierte Institution weitere Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte im Bereich Arbeitsschutz anzubieten. Die erarbeiteten Materialien und Medien können dann auch für andere Standorte zur Verfügung gestellt werden. Betina Schuch, Regierungspräsidium Gießen, Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung

Gefahrstoffumgang in einem Nagelstudio Immer wieder erreichen die Arbeitsschutzbehörde Beschwerden Dritter (z. B. Kunden) zu Geruchsbelästigungen durch den Gefahrstoffumgang in Nagelstudios. Im vorliegenden Fall wurde innerhalb eines bestehenden Einkaufszentrums in Räumlichkeiten, die eine Glaswand aber keine Fenster besitzen und deren technische Lüftungsanlage nur für eine Büronutzung ausgelegt war, ein Nagelstudio eingerichtet. Bald darauf beschwerte sich ein auf dem Zugangsflur benachbarter Mieter von Büroräumen über Belästigungen durch Lösemitteldämpfe aus dem Nagelstudio und vermutete auch unzureichende Arbeitsschutzmaßnahmen. Die Kontrolle vor Ort bestätigte den Lösemittelgeruch außer- und innerhalb des Nagelstudios. Die Inhaber waren mit den wichtigsten Anforderungen der Gefahrstoffverordnung nicht vertraut; allerdings wurden an den Arbeitstischen schon die Gefäße geschlossen gehalten, aus denen mittels Pinsel das Lösemittel zur Nagellackentfernung bzw. die Produkte zum Neuauftrag entnommen werden. Für die Kosmetikprodukte gelten die Kennzeichnungsvorschriften nach der Kosmetikverordnung, nicht nach der Gefahrstoffverordnung. Als Bestandteile der hier verwendeten Kosmetikprodukte waren auf den Gefäßen u.a. verschiedene Acrylate, Alkohole und Acetate angegeben. Im Laden war außerdem ein als ätzend eingestuftes Instrumentendesinfektionsmittel vorhanden. Da von einer nicht nur geringen Gefährdung beim Gefahrstoffumgang auszugehen ist, sind die Grundmaßnahmen entsprechend der Schutzstufe 2 sowie ergänzend Schutzmaßnahmen

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

zum Brand- und Explosionsschutz angebracht. Die Nagelstudio-Inhaber, die daneben mehrere Niederlassungen in Deutschland sowie ein zentrales Vertriebslager für Kosmetikprodukte betreiben, wurden mittels Beratung, Revisionsschreiben und schließlich Anordnung schrittweise dazu bewogen, die erforderlichen Schutzmaßnahmen umzusetzen. Die Substitutionsprüfung gestaltete sich unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit schwierig, da die importierten Kosmetikprodukte teils exklusiv in Deutschland vertrieben werden und geruchsärmere Produkte nicht unbedingt harmloser sind. Zur Minimierung der Gefahrstoffexposition und der Geruchsbelastung wurde als wesentliche technische Maßnahme die Erfassung der Lösemitteldämpfe möglichst nahe an ihrer Freisetzungsstelle über den Arbeitstischen veranlasst. Dazu wurde eine Absauganlage an der Decke mit Abluftführung über Dach installiert und über Rohr- und Schlauchleitungen mit den Arbeitstischen verbunden. Eine - trotz verbliebener Zweifel an der erforderlichen Fachkunde – akzeptable einfache Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung (in Verbindung mit den Sicherheitsdatenblättern) wurde von den Inhabern in mehreren Anläufen selber erstellt; eine externe Beratungsdienstleistung wollten sie aus Kostengründen nicht beauftragen. Außerdem wurde eine Unterweisungsdokumentation der Nagelstudio-Mitarbeiterinnen zum Gefahrstoffumgang vorgelegt. Das Angebot einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung wegen des offenen Umgangs mit Ethanol und Methylethylketon (2-Butanon) wurde nicht in Anspruch genommen. Aus den eingesetzten Produktmengen und dem Vorhandensein der Absaugung lässt sich ein Unterschreiten der Lösemittel-Arbeitsplatzgrenzwerte abschätzen. Allerdings ist wegen der niedrigen Geruchsschwelle einiger Lösemittel eine Geruchsbelästigung innerhalb des Nagelstudios und trotz überwiegend geschlossener Eingangstür auch in benachbarten Bereichen nicht völlig ausgeschlossen. Insofern konnte dem Anliegen des Beschwerdeführers nicht vollständig entsprochen werden. Dr. Heino Frensch, Regierungspräsidium Darmstadt

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

2.1.6

Sprengstoffe und Pyrotechnik

Silvesterkontrollaktionen zu den Jahreswechsel 2008/2009 und 2009/2010 Zum Jahreswechsel 2008/2009 wurden in Hessen 2.276 Anzeigen nach § 14 Sprengstoffgesetz über die Aufnahme des Vertriebes von pyrotechnischen Gegenständen der Klassen I und II (Silvesterfeuerwerk) registriert. 2009/2010 waren es 1.975 Anzeigen. Im Rahmen der alljährlichen Kontrollen zum Jahreswechsel wurden von den Hessischen Arbeitsschutzbehörden 718 (2008/2009) bzw. 843 (2009/2010) Einzelhandelsbetriebe und Pyrotechniklager überprüft. In etwa einem Drittel aller untersuchten Einzelhandelsbetriebe und Pyrotechniklager wurden Regelverstöße im Bereich des Sprengstoffrechts festgestellt. Insgesamt waren 2008/2009 293 Mängel bzw. 2009/2010 418 Mängel festzustellen. 2008/2009 lagen bei 43 Verkaufsstellen Versäumnisse der Anzeige gemäß § 14 Sprengstoffgesetzes vor, was in 20 Fällen zu einer Verwarnung führte, in 7 Fällen wurde ein Verwarnungsgeld fällig. In der Kontrollsaison 2009/2010 waren es 42 Verkaufsstellen, wobei in 28 Fällen eine Verwarnung ohne Verwarnungsgeld ausgesprochen wurde. Verstöße bezüglich der Überschreitung der gesetzlich vorgeschriebenen Lagermengen im Verkaufsraum und auch im dazugehörigen Lagerraum wurden 2008/2009 in 14 Prozent aller beanstandeten Einrichtungen festgestellt. In einem Fall war der Verstoß so gravierend, dass eine Abgabe des Falles an die Staatsanwaltschaft erfolgte. 2009/2010 erfolgte sogar in zwei Fälle wegen der Überschreitung der Lagerhöchstmengen die Abgabe der entsprechenden Fälle an die Staatsanwaltschaft. Bei den Überprüfungen musste immer wieder festgestellt werden, dass häufig die Bestimmungen zum Brandschutz nicht eingehalten werden. Dies kann im Falle eines Brandes erhebliche Gefahren zur Folge haben. Dabei handelte es sich zumeist um die folgenden Mängel: •

Fehlende Feuerlöscher,



Zusammenlagerung mit anderen Gefahrgütern,



verstellte Fluchtwege,



Nichtbeachtung des Rauchverbotes.

Auch wurde immer wieder der fehlende oder unzureichende Diebstahlschutz bemängelt. In den meisten Fällen konnten die Defizite nach einer mündlichen Beratung sofort abgestellt werden. In insgesamt 71 Fällen (2008/2009) wurden Verwarnungen, teilweise auch mit Ver-

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

warnungsgeld ausgesprochen. 2009/2010 waren es 97 Fälle. In der Überwachungsaktion 2008/2009 musste in einem Fall ein Bußgeld verhängt werden, da pyrotechnische Gegenstände der Klasse II außerhalb von einem Verkaufsraum abgegeben wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass Kontrollen zur sachgemäßen Verwendung und Aufbewahren von Feuerwerksartikel im Einzelhandel nach wie vor erforderlich sind. Trotz der Verteilung eines Informationsfaltblattes zum Verkauf und zur Aufbewahrung von pyrotechnischen Gegenständen der Klassen I und II im Vorfeld (ab etwa Oktober/November) werden immer wieder Rechtsverstöße der einschlägigen Rechtsvorschriften im Sprengstoffrecht registriert. Die staatliche Arbeitsschutzverwaltung trägt somit mit ihrer Präsens und Beratung unmittelbar vor Ort dazu bei, dass die Sicherheit bei der Abgabe von Feuerwerksartikeln an Verbraucherinnen und Verbraucher gewährleistet ist, auch wenn es sich bei den Kontrollen „nur“ um einzelne Stichproben und Momentaufnahmen handelt.

Petra Baumert-Huff, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit

Illegales Feuerwerk verursachte erheblichen Sachschaden Der Eigentümer eines in Kassel ansässigen China-Restaurants wollte für seine Gäste ein ganz besonderes Silvesterfeuerwerk ausrichten. So entschloss sich der Restaurantinhaber kurzerhand in dem benachbarten Belgien nicht zugelassene pyrotechnische Gegenstände zu erwerben und diese illegal nach Deutschland zu verbringen. Diese Feuerwerksartikel sollten in der Silvesternacht für den richtigen Knalleffekt sorgen. Gesagt, getan. In der Silvesternacht wurden mehrere große Verbundfeuerwerke abgebrannt. Hierbei ist anzumerken, dass das China-Restaurant in einer belebten Geschäftsstraße liegt und dort eine sehr dichte Bebauung gegeben ist. Die verwendeten pyrotechnischen Gegenstände waren vom Gefahrenpotential her wie pyrotechnische Gegenstände der Klasse IV zu bewerten. Die Örtlichkeit des Feuerwerks war also denkbar ungeeignet für eine solche "Aktion". So blieb es auch nicht aus, dass bei einem benachbarten Bekleidungsgeschäft ein erheblicher Sachschaden durch das Feuerwerk verursacht wurde. Die durch die Feuerwerksartikel ausgeworfenen Effektsterne verursachten Einbrennungen an den Schaufenstern sowie Schäden an der hölzernen Dachkonstruktion. Gegen den Verantwortlichen „Pyromanen“ wurde seitens des Regierungspräsidiums Kassel eine Strafanzeige wegen des unerlaubten Umgangs mit nicht zugelassenen pyrotechnischen

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Gegenständen bei der Staatanwaltschaft Kassel gestellt. Der Strafverfahren wurde mittlerweile abgeschlossen, gegen den Restaurantinhaber wurde eine Geldstrafe in Höhe von 4.800 € festgesetzt. Volker Döhring, Regierungspräsidium Kassel

„Warum brauche ich eine Lagergenehmigung? Ich habe doch Container!“ Was sagt uns diese Aussage? Offensichtlich hat es sich noch nicht herumgesprochen, dass es für die Lagerung von pyrotechnischen Gegenständen in Containern auch Mengengenbegrenzungen gibt. Dieses musste jedenfalls bei einem Lebensmittelgeschäft im Aufsichtsbezirk des Regierungspräsidiums Kassel festgestellt werden. Bei einer Verkaufskontrolle wurden hier 2.000 kg Pyrotechnik in Containern aufbewahrt. Da es sich bei Containern nicht um Räume nach Ziffer 4.2 Absatz 2 des Anhangs zur Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (2. SprengV) handelt, kann hier die Mehrfachbelegung von Räumen nach Anlage 6a der 2. SprengV nicht in Anspruch genommen werden. Es wäre wünschenswert, wenn die Zentralen der Lebensmittelmärkte und die Feuerwerkshersteller oder Großhändler hier einen besseren Informationsfluss gewährleisten würden. Im vorliegenden Fall wird jedenfalls eine Strafanzeige wegen des nicht genehmigten Betriebes eines Lagers für explosionsgefährliche Stoffe erstattet. Volker Döhring, Regierungspräsidium Kassel

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TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Explosionsgefährliche Stoffe In den Berichtsjahren 2008 und 2009 wurden in Hessen erneut Lehrgänge für die Vermittlung der gemäß dem Sprengstoffgesetz (SprengG) geforderten Fachkunde, zur Erlangung von Erlaubnissen oder Befähigungsscheinen, durch anerkannte Lehrgangsträger abgehalten. Die Lehrgänge wurden – einschließlich der Prüfung der Teilnehmer – unter Mitwirkung des für das Sachgebiet Sprengstoffrecht zuständigen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Regierungspräsidien durchgeführt. Es fanden insgesamt 126 Lehrgänge statt. Diese gliederten sich in 18 Lehrgänge mit 124 Teilnehmern für den nicht gewerblichen Bereich (Sport- und Böllerschützen die eine Erlaubnis nach § 27 Sprengstoffgesetz (SprengG) erwerben möchten) und 68 Lehrgänge mit 1.129 Teilnehmern für den gewerblichen Bereich (Erlaubnisinhaber nach § 7 SprengG und Befähigungsscheininhaber nach § 20 SprengG). 83 Personen legten eine Prüfung vor der Behörde ab. Des Weiteren wurden in den Jahren 2008 und 2009 insgesamt 715 sprengstoffrechtliche Erlaubnisse erteilt. Die Anzahl der Erlaubnisse ist in beiden Jahren ungefähr gleich geblieben. Die Zahl der erteilten Lagergenehmigungen betrug 65. Im Jahr 2009 ist ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Daneben wurden 836 Unbedenklichkeitsbescheinigungen nach § 34 der 1. Verordnung zum Sprengstoffgesetz erteilt. Hier ist eine jährliche Steigerung von jeweils 10 Prozent seit 2007 zu verzeichnen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung benötigen die Antragsteller, um an einem Fachkundelehrgang nach dem Sprengstoffgesetz teilzunehmen. Insgesamt 10 Anträge mussten abgelehnt werden, da die antragstellenden Personen nicht die nötige Zuverlässigkeit besaßen. Genehmigungen Erlaubnisse nach:

Anzahl 2008

2009

§ 7 SprengG

30

31

§ 17 SprengG (Lager)

28

37

§ 20 SprengG (B-Schein)

331

323

Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 34 1. SprengV

400

436

Versagungen von Unbedenklichkeitsbescheinigung

6

4

Widerruf von Erlaubnissen bzw. Verlängerung versagt

0

1

65

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Schulungen in den Jahren 2008 / 2009 Lehrgänge

Anzahl

Prüfung vor Behörde Anzahl TN

Teilnehmer

Grundlehrgang/ Sonderlehrgang

Wiederholungslehrgang

Grundlehrgang/ Sonderlehrgang

Wiederholungslehrgang

2008/2009

2008/2009

2008/2009

2008/2009

Allgemeine Sprengarbeiten

0/1

2/0

0/15

23/0

Umgang – ohne Verwenden – mit Explosivstoffen

0/4

0/3

0/82

0/75

Umgang – ohne Verwenden – mit Airbag- und Gurtstraffereinheiten

5/6

47/91

Umgang – ausgenommen das Herstellen, Bearbeiten, Verarbeiten und Wiedergewinnen – mit pyrotechnischen Auslöse- und Sicherheitseinrichtungen für Luftfahrzeuge

7/9

39/73

Umgang – ausgenommen das Herstellen, Bearbeiten, Verarbeiten und Wiedergewinnen – mit sonstigen pyrotechnischen Gegenständen der Kat. P2 als Sicherheitseinrichtungen in Fahrzeugen

0/1

0/8

Umgang – ohne Verwenden – mit pyrotechnischen Sätzen

3/4

Umgang – ausgenommen das Herstellen – mit Böllerpulver

2/2

15/19

Umgang – ausgenommen das Herstellen – mit Treibladungspulver zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen

3/2

24/16

Umgang – ausgenommen das Herstellen – mit Treibladungspulver zum Vorderladerschießen

3/2

25/13

Umgang – ausgenommen das Herstellen, Bearbeiten, Verarbeiten und Wiedergewinnen – mit pyrotechnischen Gegenständen der Klasse IV beschränkt auf FK-Salutböller

2/2

8/6

Grundlehrgänge für

3/2

2/2

Umgang – ausgenommen das Herstellen und Wiedergewinnen – mit pyrotechnischen Gegenständen und pyrotechnischen Sätzen in Theatern oder vergleichbaren Einrichtungen Verwenden von pyrotechnischen Gegenständen (Abbrennen von Feuerwerken)

53/59

2/2

3/3

43/18

2008/2009

72/0

17/14

30/41

67/69

Sonderlehrgänge für 0/1

0/8

11/0

Verbringen, Empfangnahme, Überlassen von explosionsgefährlichen Stoffen für Personen, die nach dem Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter zur Beförderung von Gütern der Klasse 1 berechtigt sind

11/12

94/163

0/5

Jahressummen

38/48

10/10

335/594

150/176

83/5

86

20

929

326

88

Reinigung von Schießständen

Gesamtsummen

Bernhard Rudersdorf, Regierungspräsidium Gießen

66

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

2.1.7

Arbeitsschutz auf Baustellen

Schwerpunkt Gerüstbau 2008 in Hessen Sicherer werden – Besser bauen – Marktposition stärken Das Arbeiten auf Gerüsten stellt hohe Anforderungen an alle am Bau beteiligten Gewerke. Vor allem der Sicherheit gegen Absturz müssen sich alle Unternehmen als Herausforderung täglich neu stellen – denn dabei geht es immer wieder um Leben und Tod. Die Unternehmen, die auf den Baustellen Gerüste erstellen, tragen eine besondere Verantwortung für deren Qualität, denn im Verlauf eines Bauvorhabens werden die von ihnen erstellten Gerüste meist von mehreren Gewerken mit zahlreichen Beschäftigten genutzt. Für die Unternehmensleitung und die Beschäftigten von Betrieben, die Gerüste erstellen, kommt hinzu, dass gerade beim Auf- und Abbau die Absturzgefahr besonders groß ist. Dies gilt vor allem für die Mitarbeiter, die auf der obersten Gerüstlage in oft schwindelerregender Höhe arbeiten müssen. Da der Gerüstbau mit außerordentlichen Gefahren verbunden ist, steht er im Zentrum eines gemeinsamen Arbeitsschwerpunkts des Netzwerks „Gutes Bauen in Hessen“ in den Jahren 2008 und 2009. Die darin zusammenarbeitenden Partner der Bauwirtschaft in Hessen unterstützen in erster Linie die gerüsterstellenden Branchen mit einem gemeinsamen Seminarangebot und abgestimmter Beratung auf den Baustellen. Die gemeinsam getragenen Ziele der Aktion sind es, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Gerüstbau zu verbessern, ihre Arbeitsplätze sicherer zu machen, gleichzeitig fairen Wettbewerb in der Branche zu unterstützen und qualitätsorientierte Hessische Unternehmen zu fördern. Aus Sicht der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung besteht daher ein wesentliches Teilziel in der flächendeckenden Anwendung eines Montagesicherungsgeländers (MSG) zum Aufstieg auf die oberste Lage des zu erstellenden Gerüstes und einen gesicherten Materialtransport nach oben. Besser bauen: Vorausschauende Organisation – und die Gefährdungen fest im Blick Der zentrale Ansatzpunkt für die Realisierung der verschiedenartigen Ziele des Projektes besteht in einer guten und vorausschauenden Arbeitsorganisation in den Unternehmen, die auch die Gefährdungen beim Gerüstbau fest im Blick hat: Optimale Prozesse im Unternehmen und auf der Baustelle sind wesentliche Voraussetzung für sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, für reibungslos abgewickelte Aufträge und ein gutes und wirtschaftliches Ar-

67

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

beitsergebnis. Von einer guten Arbeitsorganisation und guter Arbeitsgestaltung in den Unternehmen profitieren alle Beteiligten: •

Die Unternehmer selbst, weil sie alle Chancen nutzen, die in Ihrem Unternehmen stecken und ihre Ressourcen optimal und wirtschaftlich einsetzen können.



Die Beschäftigten solcher Unternehmen, weil sie unter guten und sicheren Arbeitsbedingungen ihre Leistung voll und ganz einbringen können.



Insbesondere aber auch die Bauherren und Auftraggeber, weil sie reibungslose Prozesse mit gutem Arbeitsergebnis erwarten und sich auf qualitätsorientierte Unternehmen verlassen können.

Die Erarbeitung der Gefährdungsbeurteilung des Gerüstauf- und -abbaus und die daraus abgeleiteten Arbeitsschutzmaßnahmen stehen im Projekt Gerüstbau 2008/2009 des Netzwerks „Gutes Bauen in Hessen“ im Mittelpunkt. In einem eintägigen Seminar wird eine praxisnahe Handlungshilfe vorgestellt, die die erforderlichen Schritte des Gerüstbaus klar und leicht verständlich beschreibt. Grundlage für deren praktische Umsetzung stellt CASAbauen, eine bundesweite Handlungshilfe für kleine und mittlere Unternehmen min der Bauwirtschaft, dar (www.casa-bauen.de). Das Verfahren zur Selbstbewertung wird als gemeinsamer Zugang zur Qualitätsorientierung in den unterschiedlichen Aktivitäten der Partner als Werkzeug eingesetzt und stellt damit eine fachliche Bündelung der verschiedenen Aufgaben dar, die insbesondere den Unternehmen hilft (Abb. 1).

Organisation des Unternehmens Klare Zielsetzungen Erfolgreich Führen Wirkungsvolle Arbeitsorganisation Leistungsfördernder Personaleinsatz Information und Kommunikation Effektive Beschaffung und störungsfreier Technikeinsatz Innovationen und Nachhaltigkeit

Organisation für die Baustelle Durchdachtes Angebot Kooperation und Kommunikation der am Bau Beteiligten Klare Organisationsplanung und Arbeitsvorbereitung Praxisgerechte Baudurchführung Produktiver und motivierender Personaleinsatz Fortlaufende Kontrolle und Steuerung der Bauleistung Verbesserung und Innovation

Abbildung 1: Selbstbewertung des eigenen Unternehmens in 14 Schritten

68

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Was bringt CASA-bauen in den Unternehmen? CASA-bauen bietet die folgenden Funktionen: •

Schnelleinstieg – CASA-bauen zeigt sehr schnell auf, wo in einem Unternehmen Handlungsbedarf besteht. Dabei wird insbesondere auch deutlich, wie die Anforderungen von Sicherheit und Gesundheitsschutz im Unternehmen umgesetzt werden. CASAbauen hilft, Prioritäten für die Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen zu setzen.



Organisationsentwicklung – CASA-bauen weist den Weg zu klaren Verantwortlichkeiten und Abläufen. Die Organisation von Unternehmen wird damit Anforderungen von Auftraggebern, Banken und Rechtsvorschriften nachweisbar gerecht. Die Selbstbewertung mit CASA-bauen ist auch der organisatorische Teil der Gefährdungsbeurteilung, der für die verlässliche Umsetzung von konkreten Maßnahmen „vor Ort“ erforderlich ist.



Selbsterklärung – Mit der CASA-bauen-Selbsterklärung dokumentieren Unternehmen die Qualität und systematische Vorgehensweise ihrer Arbeit. Sie unterstreichen so ihre Unternehmensqualität – ohne zusätzliche Zertifizierung. Die Anwendung von CASA-bauen hat für Unternehmen und Handwerksbetriebe einen dreifachen Nutzen. Sie können wirtschaftliche Verbesserungspotentiale nutzen, durch die Selbstbewertung ihre Marktposition fördern sowie ihre Position gegenüber Finanzdienstleistern und Aufsichtsinstitutionen verbessern (Abb. 2).

Nutzen Nr. 1 CASA-bauen zeigt den Unternehmern, wo ihr Unternehmen steht.

Unternehmer analysieren selbst in 1- 2 Stunden die Qualität ihrer Organisation und Ihrer Arbeit und können Maßnahmen zur Verbesserung einleiten.

Nutzen Nr. 2 CASA-bauen hilft Unternehmen, ihre Marktposition zu verbessern.

Bauherren, Architekten und Generalunternehmen schätzen die nachvollziehbare Qualitätsorientierung und Transparenz der Unternehmen, die auf der unabhängigen, von allen Baupartnern getragenen Branchenplattform „Gute-Bauunternehmen.de“ zu finden sind.

Nutzen Nr. 3 CASA-bauen verbessert die Position gegenüber Finanz- und Arbeitsschutzinstitutionen Wer sich als Unternehmen mit CASA-bauen selbst bewertet, hat einen Teil seines Business-Plans erstellt, hat seine Organisation und Aufgaben klar strukturiert und festgelegt.

Unternehmer machen alles selbst – CASA-bauen kostet sie keinen Cent.

Abbildung 2: Nutzen der CASA-bauen-Selbstbewertung für Unternehmen

69

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Die bisherigen Erfahrungen des laufenden Projektes sind durchweg positiv Die in 2008 erfolgreich durchgeführte Seminarreihe zeigt, dass Unternehmer in 1-2 Stunden die Qualität ihrer Organisation und ihrer Arbeit mit CASA-bauen systematisch analysieren und Maßnahmen zur Verbesserung einleiten können. Für die konkrete Umsetzung dieser Lösungsansätze in die Praxis stehen in CASA-bauen umfangreiche Dokumente und Werkzeuge (z. B. als Word- und PDF-Dateien) zur Verfügung. Die bereits über 100 teilnehmenden Hessischen Unternehmer im Jahr 2008 zeigten sich nach ihrer eigenständig erarbeiteten Selbstbewertung mit der Unterstützung des Netzwerks „Gutes Bauen in Hessen“ zufrieden. Mit einem vollständigen Überblick und zahlreichen Ideen zur Weiterentwicklung gingen sie wieder in ihre Unternehmen. Auf die Frage, „was sie am meisten interessiert“ bzw. „was für sie am nützlichsten ist“, antworteten die Teilnehmer zum Beispiel: •

„Neue Anregung zur Überprüfung der Betriebsabläufe“



„Eigene Prozesse beleuchten und durchdenken“



„Strukturierte Analyse des eigenen Betriebsablaufs“



„Eine Organisationshilfe und einen roten Faden zu erhalten“



„Das Aufzeigen von Schwachstellen und Lösungsansätzen für den Betrieb“



„Optimierung von Arbeitsabläufen“



„Eine Online-Plattform als Instrument zur Prozessoptimierung“



„Maßnahmen konkret festlegen, den ersten Schritt tun“



„Praxisbezug, dadurch gewonnenes Zeitmanagement“



„Die Möglichkeit, eine Bewertung des Unternehmens zu schaffen, ohne eine Zertifizierung zu erwirken, eine abfragbare Plattform für Jedermann zu schaffen“

Dass dabei auch der Arbeitsschutz eine wichtige Bedeutung hat, zeigen die folgenden Aussagen von Unternehmern, die die Frage nach den „nützlichsten Punkten im CASA-bauenSeminare“ beantworteten mit „dem Einstieg in die Gefährdungsbeurteilung“ oder „der Verbesserung des Betriebsablaufs in Verbindung mit Arbeitsschutz“. Auch „vor Ort“ zeigen sich bereits deutliche Wirkungen des Projektes: die Montagesicherungsgeländer sind offensichtlich auf den Hessischen Baustellen angekommen. Die Inspekteure für Arbeitsschutz beim Bauen der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung finden zwi-

70

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

schenzeitlich auf den meisten Gerüstbaustellen Montagesicherungsgeländer vor. Noch nicht immer ist jedoch der lückenlose Einsatz auf der obersten Lage des Gerüstes zu finden. Hier ist im Jahr 2009 sicherlich weitere Überzeugungsarbeit – und falls das nicht hilft – auch konsequenter Vollzug seitens der Inspekteure erforderlich. Praxisbezogene Unterstützung in Hessen Die Partner des Netzwerks Gutes Bauen in Hessen (Abb. 3) leisten mit diesem Projekt einen wichtigen Beitrag für gutes und qualitätsorientiertes Bauen in Hessen. Sie bieten den Hessischen Unternehmen abgestimmte Unterstützungsangebote und damit konkrete Chancen zur Weiterentwicklung und Optimierung des Bauens in der Region. Dies wird offensichtlich auch so wahrgenommen, wie die Unternehmerbewertungen zum Abschluss von Seminaren zeigen. Unternehmer sehen in „CASA-bauen einen knallharten Blick in die Realität“ und wollen „das Seminar zum Anlass nehmen, über die Situation in und um mein Unternehmen kritisch nachzudenken und Veränderungen in Angriff zu nehmen“. Insbesondere gefällt den Unternehmern an der gemeinsamen Hessischen Unterstützung dabei das „Gesamtkonzept, der Blick über den Tellerrand“.

Abbildung 3: Gutes Bauen in Hessen – Netzwerk Partner der Bauwirtschaft. Weitere Informationen, insbesondere das aktuelle Seminarangebote finden sich auf der Internetseite www.Gutes-Bauen-in-Hessen.de, über das zum Einsatz kommende Referenzinstrument finden Sie unter www.CASA-bauen.de.

71

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Nach dem erfolgreichen Start des „Schwerpunkts Gerüstbau“ wird die koordinierte Unterstützung Hessischer Unternehmer im Jahr 2009 auf alle Gewerke ausgeweitet. Gleichzeitig wird die Zahl der CASA-bauen-Seminare auf 20 verdoppelt. Weitere Lehrgangsträger sind der Qualifizierungsoffensive des Netzwerks von Gutes Bauen in Hessen als Kooperationspartner beigetreten. Dr. Sebastian Schul, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit

Enge Terminvorgaben auf Baustellen beeinträchtigen die Arbeitssicherheit Zeit ist Geld – kurze Umbauphasen minimieren Ausfallgelder. Bei Baumaßnahmen, die einer vertraglich geschuldeten Terminvorgabe seitens der Bauherrschaft unterliegen, sind Verstöße gegen Arbeitssicherheitsbestimmungen wie z.B. Arbeitszeitgesetz, Arbeitsschutzgesetz etc., vorprogrammiert. Erhebliche Defizite in der Arbeitssicherheitsorganisation und deren Umsetzung sind hier an der Tagesordnung. Die Einhaltung der Zeitvorgaben steht für die bauausführenden Unternehmen über allem. Hinzu kommt noch der nicht minder heftige Konkurrenzdruck in der Baubranche. Insbesondere beim Bauen im Bestand sowie bei Baumaßnahmen im weiterlaufendem Betrieb – hier seien zum Bauspiel Baumaßnahmen am Flughafen Frankfurt/Main oder an chemischen Produktionsanlagen im Industriepark FrankfurtHöchst genannt, werden immer wieder eklatante Sicherheitsdefizite festgestellt. Eine gefährdungsorientierte und objektbezogene Arbeitssicherheitskoordinierung im Sinne der Baustellenverordnung in Verbindung mit dem Arbeitsschutzgesetz wird häufig nicht mit der gebotenen Sorgfalt umgesetzt. Teilweise sind auf engstem Raum bis zu 250 Arbeitnehmer in mehreren Ebenen auch übereinander tätig, die auch noch durch verschiedene Auftraggeber bzw. Bauherren beauftragt wurden. Koordinierende Abstimmungsprozesse zur Vermeidung gegenseitiger Gefährdungen sind in der Praxis meistens dem Terminzwang untergeordnet. Bei Arbeitssicherheitsrevisionen seitens der Staatlichen Aufsichtsbehörden und den technischen Aufsichtspersonen der jeweils zuständigen Berufsgenossenschaften sowie Vertretern der Bauherrschaft bzw. deren zwischengeschalteten Bauüberwachern und den Sicherheitsund Gesundheitsschutzkoordinatoren (SIGEKO) müssen auf Grund von erheblichen Gefährdungen für die Arbeitnehmer, immer wieder Arbeiten eingestellt bzw. untersagt werden. Die Arbeitseinstellung führt natürlich unmittelbar zu Terminverzögerungen und stößt bei den Bauherren immer wieder auf Unverständnis: Man habe doch einen SIGEKO gemäß Baustel-

72

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

lenverordnung beauftragt und eine weisungsberechtigte Bauleitung bzw. Überwachung vor Ort eingesetzt! Die Arbeiteinstellungen führen in der Regel dazu, dass sich sehr schnell mit den Grundsätzen der Arbeitssicherheitsorganisation und deren Umsetzung vor Ort auseinander gesetzt wird. Hierbei steht natürlich die Fortführung der untersagten Arbeiten für den Bauherrn im Mittelpunkt. Die Tätigkeit der Baukontrolleure auf den Baustellen kann dieses grundsätzliche Problem nicht lösen, sondern höchstens im Einzelfall an den „Symptomen“ kurieren. Bei den sehr knappen Terminsetzungen sind Missstände unausweichlich. Erhöhte Unfallzahlen sind die Folge. Dieser Beitrag soll die Ursachen aufzeigen, deren Beseitigung liegt jedoch in anderen Händen. Gottfried Frickel, Regierungspräsidium Darmstadt

Neue Technik – neue Gefahren! Montage von Photovoltaik-Anlagen Im Mai 2008 ereignete sich bei Montagearbeiten auf einem Hofgut in Hungen ein tödlicher Arbeitsunfall. Beim Eintreffen des Aufsichtsbeamten vor Ort stellte sich folgende Situation dar. Ein Montageteam eines Gebäudetechnik-Unternehmens hatte Photovoltaikelemente auf dem Dach einer Maschinenhalle des Hofguts installiert. Dabei war ein Montagehelfer durch eine nicht durchtrittsichere Lichtplatte des Hallendaches gestürzt und hatte sich tödliche Kopfverletzungen zugezogen. Bei dem Verunglückten handelte es sich um einen Leiharbeitnehmer, der dem Montageteam als Unterstützung beigestellt war. Eine Unterweisung zu seiner Tätigkeit auf der Baustelle konnte nicht nachgewiesen werden. Auch war offensichtlich keine baustellenbezogene Gefährdungsbeurteilung erfolgt, da ansonsten die Notwendigkeit einer Absturzsicherung erkannt worden wäre. Das Dach, welches aufgrund seiner geringen Neigung und der Eindeckung mit Trapezblech gut begehbar war, wies als Schwachstelle einige wenige lichtdurchlässige Platten auf, die nicht durchtrittsicher waren. Diese sollten vor Montage der Photovoltaikelemente ausgetauscht werden, was jedoch auf dem recht großflächigen Dach erst teilweise geschehen war. Der Verunglückte war gerade damit beschäftigt, Werkzeug vom Dach zu räumen, als er auf eine solche Lichtplatte trat. Diese hielt der Belastung nicht stand und ließ ihn ins Halleninne-

73

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

re stürzen. Nach einem Fall von etwa vier Meter traf er auf einen in der Halle stehenden Container, der mit einer Plane abgedeckt war. Von dort stürzte er weitere zwei Meter nach unten und blieb auf dem Hallenfußboden liegen. Beim Aufprall auf den Betonboden erlitt der Verunfallte tödliche Kopfverletzungen. Die weiteren Arbeiten wurden eingestellt und durften erst nach dem Treffen der notwendigen Sicherungsmaßnahmen fortgesetzt werden. Im Nachgang fanden mehrere Gespräche mit der Kriminalpolizei und der Staatanwaltschaft statt. Letztere forderte vom Regierungspräsidium Gießen einen ausführlichen Bericht zur Unfalluntersuchung und über vorliegende Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen. Die Staatanwaltschaft hat gegen den Baustellenverantwortlichen mittlerweile den Vorwurf einer möglichen fahrlässigen Tötung erhoben. Drei Monate später – im August 2008 – ereignete sich in der Gemeinde Antrifttal ein weiterer Arbeitsunfall, der dem oben beschriebenen stark ähnelte. Ein in einem Elektrounternehmen tätiger Praktikant brach bei Montagearbeiten an einer Photovoltaik-Anlage durch eine nicht tragfähige Lichtplatte und stürzte ca. sechs Meter ins Innere einer Reithalle. Der Unfall ging – Gott sei Dank – äußerst glimpflich aus, da der Boden der Reithalle mit einer dicken Sandschicht bedeckt war. Der Verunfallte trug nur leichte Prellungen davon und konnte noch am selben Tag das Krankenhaus wieder verlassen. Auch hier hatten vor Arbeitsbeginn keine baustellenbezogene Gefährdungsbeurteilung und keine nachweisbare Unterweisung stattgefunden. Es waren keinerlei Absturzsicherungen getroffen worden. Auch befanden sich auf dem Dachbelag keine Laufstege, die Arbeiter bewegten sich direkt auf den Zementwellplatten. Die Arbeiten durften ebenfalls erst nach dem Treffen geeigneter Sicherungsmaßnahmen wieder fortgesetzt werden. Grundsätzlich problematisch ist die Tatsache, dass Photovoltaik- und Solaranlagen häufig von Elektro- oder Heizungsbauunternehmen installiert werden, die scheinbar nicht über das notwendige Know-How zum Thema Absturzsicherung verfügen. Die Thematik wurde daher bereits im Erfahrungsaustausch mit den Betriebsberatern des Hessischen Handwerks erörtert. Die Handwerksfachverbände wurden auf geeignetes Informationsmaterial hingewiesen. Holger Lehnhardt, Regierungspräsidium Gießen

74

TEIL II Arbeitsplatzgestaltung

Baukräne unter elektrischer Spannung Im Nordwesten Frankfurts, östlich der Autobahn A 5, entsteht mit einer Fläche von 266 Hektar der neue Stadtteil Riedberg. Die Bebauung begann im Jahre 2001 und soll 2017 abgeschlossen sein. 56 Hektar der Gesamtfläche fallen auf den Universitätscampus und forschungsnahe Bauten. Im Zuge dieser Neubauten kam es zu einem bislang unerkannten Problem: Baukräne standen plötzlich unter elektrischer Spannung. Anfangs wurde seitens der dort tätigen Baufirma ein technischer Defekt vermutet, doch als die Techniker keine Ursache fanden und der Hilferuf das hiesige Dezernat erreichte, war klar, dass es sich hier um ein komplexeres Problem handelte. Nachdem zur Verhinderung von Arbeitsunfällen sämtliche Arbeiten mit Kran eingestellt wurden, ein fachkundiger Gutachter gefunden und mit der Untersuchung des Phänomens beauftragt worden war, wurde als Ursache die in etwa 1,5 Kilometer Entfernung zur Baustelle stehende Mittelwellensendeanlage eines amerikanischen Radiosenders ermittelt. Die ausgestrahlten Wellen mit einer Sendeleistung von bis zu 150 Kilowatt koppeln elektrische und magnetische Felder in die Krane ein und führen zwischen Haken am Lastseil und Boden, in Abhängigkeit von der Hakenposition zu einer Berührungsspannung von zum Teil über 300 Volt. Diese Spannung entlädt sich durch einen dauerhaften Lichtbogen und stellte daher eine erhebliche Unfallgefahr für die dort tätigen Abbildung 1: Isolierte Kranglocke und Hubseil.

Arbeitnehmer dar.

Nach erfolglosen Versuchen, die Spannung abzuleiten, entschloss man sich dazu, den Lasthaken einzuhausen, die Lastseile zu isolieren und je nach Witterung die Arbeitnehmer mit Handschuhen und isolierenden Gummistiefeln auszustatten (Abbildung 1). Im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens wird zukünftig das hierzu erstellte Sachverständigengutachten mit den empfohlenen Schutzmaßnahmen an alle Bauherren mit dem Hinweis zur Umsetzung verteilt. Andreas Dreißigacker, Regierungspräsidium Darmstadt

75

TEIL II Arbeitsbedingungen

2.2

Arbeitsbedingungen

2.2.1 Gefährdungsbeurteilung Niederlassungen großer Konzerne führen in Sachen Arbeitsschutz oft nur ein Schattendasein In Industrieparks findet man eine immer größer werdende Zahl an Niederlassungen, sogenannte „Fremdfirmenstützpunkte“, großer Konzerne. Diese sind in der Regel in der ganzen Bundesrepublik zu finden und werden von der Unternehmenszentrale organisatorisch gesteuert. So sind dort auch die Stabsfunktionen im Arbeitsschutz angesiedelt. Die Fremdfirmenstützpunkte selbst bezeichnen sich als Baustellen, obwohl sie seit vielen Jahren – teilweise auch Jahrzehnten – als ortsfeste Einrichtung in den Industrieparks anzutreffen sind. Typischerweise handelt es sich um Containeransammlungen auf einer angemieteten Fläche des Industrieparkbetreibers, seltener aus angemieteten Räumen. Vor Ort befinden sich das Büro des Baustellenleiters, Lagerräume für Arbeitsmittel, Arbeitsmaterial und teilweise auch für Gefahrstoffe und bei Bedarf auch kleinere Werkstätten mit unterschiedlichsten Arbeitsplätzen. Häufig sind dort auch Umkleide- oder Pausenräume eingerichtet. Die Mitarbeiter beginnen dort morgens die Arbeit, sind während des Tages an diversen Einsatzorten, die sich meist im Industriepark befinden, tätig und beenden abends ihre Arbeit am Stützpunkt. Seit zwei Jahren richtet das Arbeitsschutz-Dezernat bei seiner Arbeit in den Industrieparks auch den Fokus auf diese Unternehmen, da wiederholt bei Revisionen aufgefallen war, dass diese Firmen zwar genau nach den Vorgaben des Auftraggebers arbeiten, ihren eigenen Verpflichtungen im Arbeitsschutz jedoch nur ungenügend nachkommen. Folgende Erkenntnisse konnten bei der Tätigkeit gewonnen werden: Feststellung: Arbeitnehmer und Führungskraft vor Ort sind sich der Notwendigkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen selten bewusst!

Vor Ort trifft man neben den Beschäftigten in der Regel noch auf den Vertreter der ersten Führungsebene, meist den Baustellenleiter. Dieser Personenkreis ist sich oft der Notwendigkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen nicht bewusst. Im Gegenteil – oftmals werden diese als überflüssig bewertet oder sie fallen dem Zeitdruck zum Opfer.

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TEIL II Arbeitsbedingungen

Dies zeigt sich bei Überprüfungen vor Ort regelmäßig bei den zentralen Themen: Persönliche Schutzausrüstung



Hautschutz



Informationsbeschaffung



Lagerung von Gefahrstoffen



Persönliche Sch(m)utzausrüstung? Gehörschutzstöpsel, Atemschutzmasken oder Handschuhe, können sich die einzelnen Beschäftigten bei Bedarf und nach eigenem Ermessen einfach nehmen. Nicht nur, dass die PSA häufig im beklagenswerten Zustand ist – oftmals ist diese sogar ungeeignet. So werden für jeden Arbeitsprozess grundsätzlich die gleichen Handschuhe eingesetzt, ohne zu hinterfragen, ob diese tatsächlich für die jeweilige Tätigkeit geeignet sind. Spitzenreiter sind dabei die teilweise beschichteten Handschuhe mit dem Hammersymbol, die nur gegen mechanische Gefahren schützen. Hautschutz Meist sind vor Ort keine Hautschutzpläne vorhanden. Handcremes werden zwar häufig zur Verfügung gestellt, die Auswahl findet jedoch ungezielt statt, in der Regel sind es die Mittel, die auch bei den Auftraggebern vorhanden sind. Der Duft und das schnelle Einziehen werden eher als Kriterien für die Auswahl herangezogen als die Frage, vor welchen Belastungen z.B. wasserlösliche oder fettlösliche Gefahrstoffe sie schützen soll. Oftmals haben auch in dieser Frage die Beschäftigten alle Freiheiten, ob, wann und was sie verwenden. Informationsquellen für Arbeitsschutzmaßnahmen Auf Sicherheitsdatenblätter, selbst wenn sie in aktueller Fassung vorliegen, wird in der Regel nicht zurückgegriffen. Oftmals ist unbekannt, dass hier wesentliche und erforderliche Arbeitsschutzmaßnahmen festgelegt sind. Betriebsanweisungen sind ohne Tätigkeitsbezug und enthalten Pauschalaussagen wie z.B. „es ist geeigneter Atemschutz zu tragen“ oder tatsächlich zu weit gehende Vorgaben „bei jeder Tätigkeit ist ein Chemikalienschutzhandschuh aus Nitrilkautschuk zu tragen“ (auch bei nur geringer Gefährdung wie Spritzkontakt?).

77

TEIL II Arbeitsbedingungen

Lagerung von Gefahrstoffen Hier wird eindrucksvoll die Einstellung zum Thema Gefahrstoffe klar: Man trifft auf angebrochene, offene und alte Gebinde in Containern, in denen es sogar hineinregnen kann. Oftmals werden Gefahrstoffe ohne Lagerkonzept in Containern ohne Lüftung abgestellt oder an einem Ort, wo gerade Platz ist. Und selbst bei aktiver Lagerung brennbarer Flüssigkeiten ist es üblich, im Winter aus Gründen des Produktschutzes eine ungeeignete Heizung im Lagercontainer aufzustellen, ohne diese Maßnahme im Hinblick auf den Explosionsschutz auch nur zu hinterfragen. Begründung: Arbeitsschutzwissen aus Konzernen kommt nicht an!

Charakteristisches Merkmal dieser Fremdfirmenstützpunkte großer Konzerne ist die Trennung von Geschäftsführung und Betriebsstätte. Die gesetzlichen Verpflichtungen im Arbeitsschutz werden in der Zentrale bei der Geschäftsführung wahrgenommen, dort sind Sicherheitsfachkraft und Arbeitsmediziner angesiedelt, der Arbeitsschutzausschuss tagt dort. Demgemäß verfügt das Unternehmen über eine umfangreiche Arbeitsschutzdokumentation, die nicht zuletzt der Zertifizierung nach SCC 1 und ISO 9000ff zuzuschreiben ist. Diese Dokumentation umfasst z. B. Betriebsanweisungen, Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungs- und Schulungsunterlagen und steht auch den Niederlassungen zur Verfügung. Die Erfahrung der vor Ort angetroffenen Situationen zeigt leider, dass die zur Verfügung gestellten Dokumente nur selten oder nicht angewendet werden. Der Baustellenleiter ist sich seiner Verantwortung im Arbeitsschutz selten bewusst, er sieht sich als Organisator der Auftragsabwicklung und stellt dafür die nötige Struktur her. Dass er daneben auch noch Aufgaben im Arbeitsschutz hat, ist ihm nicht bewusst. Eine schriftliche Delegation zum Thema „Pflichten im Arbeitsschutz“ liegt in der Regel auch nicht vor. Die Sicherheitsfachkräfte der Unternehmen sind zwar in regelmäßigen Abständen vor Ort, setzen sich jedoch mit der konkreten Situation und den daraus resultierenden Gefährdungen zu wenig auseinander. Sie stellen die entsprechenden Muster zur Verfügung und lassen den Verantwortlichen des Stützpunktes damit alleine.

1

SCC (Safety Cretificate Contractors) ist ein mittlerweile international etabliertes Zertifizierungssystem. Dieses richtet sich insbesondere an Fremdfirmen, die auf dem Gelände von mineralölverarbeitenden Betrieben oder auf dem Gelände der chemischen Industrie Arbeiten verrichten. Zertifiziert wird u.a. das Arbeitsschutzmanagement der Fremdfirma. Das Zertifikat ist oftmals für eine Auftragsvergabe Voraussetzung.

78

TEIL II Arbeitsbedingungen

Folgende Organisationsdefizite traten am häufigsten auf: •

Gefährdungsbeurteilungen oder Betriebsanweisungen, die zentral erstellt wurden, haben nur Muster-Charakter. Auf die charakteristischen Tätigkeiten der einzelnen „Baustelle“ sind sie nicht abgestimmt, so dass erforderliche Schutzmaßnahmen nicht genannt werden. Dies führt dazu, dass „Erfahrungswissen“ ungeprüft angewendet wird.



Die fristgerechte Prüfung von Arbeitsmitteln oder der PSA und die gegebenenfalls notwendige Mängelabstellung werden vom Baustellenleiter in der Regel nicht verfolgt. Wird dies nicht zentral organisiert und durchgeführt, unterbleibt eine regelmäßige Prüfung.



In den verschiedenen Anlagen eines Industrieparks herrscht ein hohes Arbeitsschutzniveau. Wenn dort Fremdfirmen tätig sind, müssen sie eine vom Auftraggeber festgelegte persönliche Schutzausrüstung tragen (mindestens Helm, Brille, Handschuhe, Sicherheitsschuhe) und spezielle Verhaltensregeln einhalten. Damit halten viele Baustellenleiter fälschlicherweise weitere Arbeitsschutzmaßnahmen ihre Mitarbeiter für unnötig: Sie übersehen, dass diese Vorgaben nur auf die vom Betriebsbereich ausgehenden Gefährdungen abzielen, aber eben nicht auf die „selbsterzeugten“ Gefährdungen der Fremdfirmen (wie z.B. durch Umgang mit Lösemittel oder bei Strahlarbeiten).



Falls bei bestimmten Tätigkeiten, die das Unternehmen durchzuführen hat, besondere Kenntnisse oder spezielle Unterweisungen erforderlich sind (z.B. Tragen von Atemschutz) wird dies von der Führungskraft vor Ort häufig nicht erkannt und daher nicht umgesetzt.



Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen werden zentral von der Unternehmensleitung organisiert und dort auch durchgeführt. Die Vorsorgekartei wird in der Regel in der Personalabteilung des Unternehmens geführt. Dies hat teilweise die Konsequenz, dass das Ergebnis einer Vorsorgeuntersuchung dem Verantwortlichen am Stützpunkt nicht zur Kenntnis gegeben wird und daher bei der Aufgabenvergabe an die Mitarbeiter nicht berücksichtigt werden kann.

Maßnahmen/Handlungsbedarf: Jede „Baustelle“ benötigt von ihrer Zentrale „maßgeschneiderte“ Arbeitsschutzvorgaben. Wenn die Sicherheitsfachkraft und der Betriebsmediziner des Unternehmens sich nicht im ausreichenden Maße mit der Einzelsituation auseinandersetzen können, ist es besser, dass im ausreichenden Maße zur Verfügung stehende umfangreiche Dienstleistungspaket jedes

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TEIL II Arbeitsbedingungen

Industrieparks zu nutzen. So könnte im Bedarfsfall schnell eine Sicherheitsfachkraft oder ein Arbeitsmediziner konsultiert werden, Weiterbildungsangebote wie z.B. „Anschlagen von Lasten“ können genutzt werden, um die Befähigung für besondere Aufgaben sicherzustellen und spezielle Unterweisungen wie z.B. für das Tragen von Atemschutz können durchgeführt werden. Das Arbeitsschutz-Dezernat wird auf jeden Fall weiterhin den Fokus auch auf die Fremdfirmenstützpunkte in Industrieparks richten, um dafür zu sorgen, dass die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen vor Ort umgesetzt werden. Jutta Flocke, Dr. Maya Weber, Regierungspräsidium Darmstadt

2.2.2

Arbeitszeitrecht

Arbeitszeit im Einzelhandel: Eine Bestandsaufnahme nach zwei Jahren Hessischem Ladenöffnungsgesetz Im Zuge der Fußballweltmeisterschaft 2006 häuften sich die Beschwerden wegen überlanger Arbeitszeiten von Beschäftigten der Einzelhandelsbranche, die in der Regel anonym bei den Arbeitsschutzdezernaten der Regierungspräsidien eingingen. Auch waren es oft nicht die Beschäftigten selbst die sich beschwerten, sondern deren Angehörige, da diese das Familienleben als gestört empfanden. Die Zahl der Beschwerden nahm nach der Weltmeisterschaft nicht ab, sondern insbesondere im Laufe des Jahres 2007 noch weiter zu. Bei der Bearbeitung der Beschwerden durch die jeweils zuständigen Aufsichtsbeamtinnen und Aufsichtsbeamten wurde deutlich, dass ein erheblicher Bedarf zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die Arbeitszeitgestaltung in Betriebsstätten des Einzelhandels bestand. Auch ergab sich die Notwendigkeit zu einem abgestimmten Verwaltungshandeln, da aufgrund der im Einzelhandel anzutreffenden Filialstrukturen, häufig die gleichen verantwortlichen Personen angesprochen werden mussten. Daher wurde im Herbst 2006 eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der drei Regierungspräsidien, gebildet. Ziel der Arbeitsgruppe war einerseits der Erfahrungsaustausch und andererseits die Aktivitäten bezüglich des notwendigen Verwaltungshandelns zu koordinieren. In enger Zusammenarbeit mit dem Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit wurde 2007 durch die Arbeitsgruppe ein Konzept, einschließlich eines Erhebungsinstrumentariums, für die Durchführung des Projektes „Arbeitszeit im Einzelhandel – Eine Bestandsaufnahme nach zwei Jahren HLöG“ entwickelt.

80

TEIL II Arbeitsbedingungen

Seit der Freigabe der werktäglichen Ladenöffnungszeiten in Hessen durch das Inkrafttreten des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes (HLöG) am 30. November 2006 war es im Hessischen Einzelhandel möglich, Filialen an Werktagen rund um die Uhr offen zu halten. Im Rahmen des Projektes sollte daher überprüft werden, inwieweit die Freigabe der Öffnungszeiten eine Verlängerung der Öffnungszeiten und Betriebszeiten in ausgewählten Bereichen des Einzelhandels zur Folge hatte und insbesondere, inwieweit die Arbeitszeitorganisation und Arbeitszeitgestaltung angepasst worden ist. Besondere Bedeutung wurde hierbei auf folgende Fragestellungen gelegt: •

In welchem Umfang wurden die Öffnungszeiten geändert?



Inwieweit wurden innovative Arbeitszeitmodelle entwickelt, und dabei auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geachtet?



Werden die arbeitszeitrechtlichen Maßgaben des Arbeitszeitgesetzes eingehalten?

Die Durchführung des Projektes erfolgte im Zeitraum von April bis Dezember 2008 in Form von Vorortrevisionen, einschließlich einer Befragung der Beschäftigten und einer detaillierten Auswertung der vorgefundenen Arbeitszeitnachweise. Auf diese Weise wurden Hessenweit insgesamt 141 Betriebsstätten mit 3.750 Beschäftigten überprüft. Von den 141 Betriebsstätten hatten 93 (66 %) ihre Öffnungszeiten seit Inkrafttreten des HLöG geändert (verlängert). Jedoch hatten von der Möglichkeit, die Ladenöffnungszeiten über 20.00 Uhr hinaus zu verlängern nur 54 (38 %) Gebrauch gemacht. Dies meist auch nur an einzelnen Werktagen. Aufgrund der verlängerten Öffnungszeiten, zuzüglich der Zeiten für Vor- und Abschlussarbeiten ergaben sich Betriebszeiten von teilweise bis zu 18 Stunden pro Tag. Überwiegend lag die Betriebszeit mit ca. 15 Stunden pro Tag knapp unter dem Niveau eines Zwei-Schicht-Betriebes. So wurde im Rahmen des Projektes festgestellt, dass in den überprüften Betriebsstätten in der Regel ein Arbeitszeitmodell in Form von versetzten Arbeitszeiten eingesetzt wird. Hierbei werden Vollzeitkräfte in Anlehnung an ein Zwei-SchichtSystem und die Teilzeitbeschäftigten oder geringfügig Beschäftigten, abhängig von der Kundenfrequenz, eingesetzt. Auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde in der überwiegenden Zahl der Betriebsstätten (125) geachtet. Dies bezog sich jedoch überwiegend auf die Teilzeitbeschäftigten sowie die geringfügig Beschäftigten. Die Auswertung der Arbeitszeitnachweise im Hinblick auf die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Maßgaben des Arbeitszeitgesetzes erwies sich aufgrund von häufig nicht oder nur unzureichend geführten Arbeitszeitnachweisen als schwierig, so dass detailliert auswertbare Arbeitszeitnachweise nur in 65 Betriebsstätten vorgefunden wurden. Nicht auswertbare

81

TEIL II Arbeitsbedingungen

Arbeitszeitnachweise lagen insbesondere dann vor, wenn nur die Anwesenheit bzw. NichtAnwesenheit, durch Einträge wie z.B. A für anwesend und F für frei, oder nicht die gesamte Arbeitszeit, einschließlich Vor- und Abschlussarbeiten, dokumentiert wurde. Sofern in diesen Fällen durch eine Plausibilitätsprüfung nachgewiesen werden konnte, dass arbeitszeitrechtliche Verstöße vorlagen oder regelmäßig Arbeitszeiten von mehr als 8 Stunden anfielen, so wurden die Betriebe aufgefordert, auch unter Androhung von Verwaltungszwangsmaßnahmen, Arbeitszeitnachweise zu führen, denen die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten, einschließlich der Lage und Dauer der Pausen, zu entnehmen sind. Die Detailauswertung der auswertbaren Arbeitszeitnachweise (ausgewertet wurden jeweils die Arbeitszeitnachweise für einen Zeitraum von drei Monaten) ergab insgesamt 1.492 arbeitszeitrechtliche Verstöße in 51 der 65 Betriebsstätten (79 % der Betriebsstätten). Somit ergaben sich 30 Verstöße je Betriebsstätte in einem Quartal. In 14 Betriebsstätten (21 % der 65 Betriebsstätten) wurden keine Mängel festgestellt. Tabelle 1: Anzahl Regelverstöße Arbeitszeitgesetz Regelverstoß

Anzahl BS

Anzahl Regelverstöße

Anteil in % der BS

Gesamtzahl

51

1.492

79

Beschäftigung von mehr als 10 Stunden

36

700

55

3

5

5

Beschäftigung von mehr als 6 Stunden bis zu 9 Stunden ohne 30 Minuten Pause

34

348

53

Beschäftigung von mehr als 9 Stunden ohne 45 Minuten Pause

5

147

8

Beschäftigung vor Ablauf einer Ruhezeit von 11 Stunden

22

292

34

Durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 8 Stunden

BS = Betriebsstätten; bezogen auf die 65 Betriebsstätten mit auswertbaren Arbeitszeitnachweisen

Nachgegangen wurde auch der Fragestellung, wie sich die festgestellten Regelverstöße auf die Betriebsstätten verteilten, die ihre Öffnungszahlen verändert bzw. beibehalten hatten. Das Ergebnis dieser Auswertung ist in Abbildung 1 dargestellt. Etwa 2/3 der überprüften 141 Betriebe haben ihre Öffnungszeiten verändert, davon waren insgesamt knapp über 3.000 Beschäftigte (ca. 80 %) betroffen. Bei der Auswertung der Verstöße bezogen auf die Veränderung der Öffnungszeiten zeigt sich, dass insgesamt ein höherer Anteil an Regelverstößen bei den Betriebsstätten, die von der Möglichkeit der Ladenöffnung über 20 Uhr hinaus Gebrauch gemacht hatten, festzustellen ist. Im Einzelnen lagen die Anteile bei 50 % der Überschreitungen der zulässigen täglichen Höchstarbeitszeit, bei 65 % der Verstöße gegen

82

TEIL II Arbeitsbedingungen

die Pausenregelungen und bei 78 % der Ruhezeitunterschreitungen. Betrachtet man die Verstoßgruppen in Bezug auf die Zahl der Beschäftigten, die von Öffnungszeiten nach 20 Uhr betroffen sind, so stellt man nur im Bereich der Ruhezeitverstöße eine Mehrbelastung fest (siehe Abbildung 1). Von den Ruhezeitunterschreitungen waren insbesondere die Marktleiter und deren Stellvertreter betroffen.

Abbildung 1: Prozentualer Anteil der Verstöße und Betriebsgrößen

Da durch das, im Rahmen der Bearbeitung der Beschwerden in den Jahren 2006 und 2007, an den Tag gelegte Verwaltungshandeln (Beratung, mündliche und schriftliche Belehrung, Revisionsschreiben) keine nachhaltige Verbesserung der arbeitszeitrechtlichen Arbeitsschutzbedingungen erreicht worden war, erfolgte vermehrt eine bußgeldliche Ahndung der festgestellten Verstöße. Diese wurde begleitet von einer intensiven Beratung der Arbeitgeber. Insgesamt wurden in 24 Bußgeldverfahren Bußgelder mit einer Gesamtsumme von ca. 45.000 Euro verhängt. In einem Fall wurde von dem Instrument der Gewinnabschöpfung Gebrauch gemacht. Die Nachhaltigkeit dieses Vorgehens soll im Rahmen einer erneuten Überprüfung der Arbeitszeiten im Einzelhandel in den Jahren 2010/2011 erfolgen. Annett Ulber, Bernhard Gaub, Regierungspräsidium Darmstadt

83

TEIL II Arbeitsbedingungen

2.2.3

Mutterschutz

Branchenbezogene Handlungshilfe für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen von Schwangeren Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen von schwangeren und stillenden Mitarbeiterinnen nach § 1 der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz wirft immer wieder Fragen auf. Daher hat die Hessische Arbeitsschutzverwaltung eine Handlungshilfe für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen dieser besonders schutzbedürftigen Personengruppe erarbeitet. Der Arbeitgeber muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellen, um alle mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen für die werdende Mutter, das ungeborene Kind oder die stillende Beschäftigte abschätzen zu können. Sowohl die aktuell betroffene schwangere bzw. stillende Arbeitnehmerin als auch die übrigen Mitarbeiterinnen und die Arbeitnehmervertretung sind über das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung zu unterrichten. Führt die berufliche Tätigkeit einer werdenden oder stillenden Mutter zu einer Gefährdung, so hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu ihrem Schutz in eigener Verantwortung zu treffen. Bei der Wahl der Mittel hat er sich an der Rangfolge der Schutzmaßnahmen entsprechend der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz zu orientieren. Das Ziel ist, die weitere Beschäftigung der Arbeitnehmerin zu ermöglichen. Dazu muss der Arbeitgeber prüfen, ob die werdende oder stillende Mutter nach Anpassung der Arbeitsbedingungen oder der Arbeitszeit ungefährdet weiter arbeiten kann. Ist eine Umgestaltung unter Berücksichtigung des Standes der Technik nicht möglich oder wegen des unverhältnismäßigen Aufwandes nicht zumutbar, ist zu prüfen, ob die Betroffene an einen anderen geeigneten Arbeitsplatz umgesetzt werden kann. Ist auch dies nicht möglich oder nicht zumutbar, ist die schwangere bzw. stillende Mitarbeiterin von der Arbeit freizustellen. Die Handlungshilfe für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen entsprechend der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz soll Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Betriebsärzten, Fachkräften für Arbeitssicherheit und Arbeitnehmervertretungen eine Hilfestellung bei der Frage leisten, wie schwangere und stillende Mitarbeiterinnen beschäftigt werden können. Für verschiedene Branchen werden die mit der Arbeit in der Regel verbundenen Gefährdungsmerkmale aufgeführt, so dass die Einzelfallbeurteilung des Arbeitsplatzes erleichtert wird. Ulrike Manthey, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit

84

TEIL II Arbeitsbedingungen

2.2.4 Kündigungsschutz in Mutterschutz und Elternzeit Anträge auf Zulassung von Kündigungen nach Mutterschutzgesetz in Hessen für die Jahre 2008/2009 Anträge gemäß § 9 Absatz 3 MuSchG

2008

2009

Zahl der Anträge

106

103

Zahl der von den Anträgen betroffenen Arbeitnehmerinnen

110

104

Ausgesprochene Zulässigkeitserklärungen

43

72

Zahl der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen

43

104

Zahl der abgelehnten Anträge

5

9

Zahl der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen

5

9

Zahl der anderweitig erledigten Anträge (Rücknahmen etc.)

34

34

Zahl der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen

36

34

Zahl der noch nicht entschiedenen Anträge

24

18

Zahl der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen

26

18

Anträge auf Zulassung von Kündigungen nach Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in Hessen für die Jahre 2008/2009 Anträge gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 BEEG

2008

2009

Zahl der Anträge

164

233

Zahl der von den Anträgen betroffenen Arbeitnehmerinnen

204

296

Ausgesprochene Zulässigkeitserklärungen

97

123

Zahl der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen

125

156

Zahl der abgelehnten Anträge

6

9

Zahl der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen

8

10

Zahl der anderweitig erledigten Anträge (Rücknahmen etc.)

32

63

Zahl der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen

35

75

Zahl der noch nicht entschiedenen Anträge

37

47

Zahl der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen

47

64

85

TEIL II Arbeitsbedingungen

2.2.5

Sozialvorschriften im Straßenverkehr

Arbeits- und Gesundheitsbedingungen im Güterverkehr – Arbeitsplatz „Straße“ Schwerpunktaktion der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung bei Berufskraftfahrern im Güterverkehr Fern aller Romantik haben „Trucker“ einen harten Job! Berufskraftfahrer leisten Arbeit mit einer hohen Verantwortung und hohen Anforderungen. Der Disponent drängelt, der Chef will den Fuhrpark auslasten, der Kunde fordert. Stillstand kostet Geld! Der internationale Konkurrenzdruck belastet den Arbeitsmarkt und das Arbeitsumfeld des Fahrpersonals zusätzlich. Zunehmender Zeitdruck, nervliche und körperliche Belastungen, Bewegungsmangel, Fehlernährung und Müdigkeit, aber auch unzureichende Erholungs- und Regenerationsmöglichkeiten bewirken bei vielen Fahrern eine Überbeanspruchung. Mindestens 25 Prozent aller Verkehrsunfälle werden auf Müdigkeit zurückgeführt. Die Müdigkeit ist bei Berufskraftfahrern vor allem auf Schlafdefizite zurückzuführen, verursacht durch lange Fahrzeiten, ungünstige Schlafmöglichkeiten im LKW, Parkplatzmangel, Lärmbelastung, Stresserleben und Übergewicht. Mit der Müdigkeit tritt eine verminderte Aufmerksamkeit ein. Die Gefahr für Sekundenschlaf und Unfälle steigt. In einer österreichischen Studie wurden 1.180 LKW- und Busfahrer mittels pupillometrischer Messungen auf Schläfrigkeit untersucht. Dabei zeigte sich, dass 53,2 % der untersuchten Fahrern aufgrund von Übermüdung nicht mehr oder nur noch bedingt fahrtauglich waren. Erschwerend für das Müdigkeitsproblem ist, dass die LKW-Fahrer die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen nur bedingt einhalten können, begrenzt durch mangelnde Parkplätze, Stauzeiten, Termindruck, mangelnde Disposition und Logistik von Seiten der Spedition und Kunden. Darüber hinaus lassen sich weitere beeinträchtigende Belastungen und Gesundheitsgefahren für diese Berufsgruppe identifizieren, so z. B. lange Arbeits- und Schichtzeiten, die nachweislich einen Einfluss auf die Qualität des Schlafes haben. Als belastend werden von LKW-Fahrern vor allem Störungen des Verkehrsflusses, etwas durch Stau, langsamere Verkehrsteilnehmer oder ungünstige Wetterbedingungen genannt. Laut AOK-Statistik haben Lastwagenfahrer ein erhöhtes Risiko für Herzkreislauferkrankungen, gefördert durch Übergewicht, Hypertonie und Stressreaktionen. In einer anderen Studie wurde ein erhöhtes Risiko für Schlafanfälle festgestellt.

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TEIL II Arbeitsbedingungen

Mit den Sozialvorschriften im Straßenverkehr will die EU sowohl zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für das Fahrpersonal als auch zur Verkehrssicherheit beitragen. In der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung werden daher pro Jahr ca. 100.000 Arbeitstage von Berufskraftfahrern auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten kontrolliert. Aber wie sieht es ansonsten um den Arbeits- und Gesundheitsschutz der LKW-Fahrer aus? Werden andere gesundheitliche Risiken berücksichtigt? Welche Rolle spielen Rückenschmerzen, Bewegungsmangel, Schichtdienst und Ernährungsgewohnheiten? Mit dem Projekt „Arbeits- und Gesundheitsbedingungen von Berufskraftfahrern im Güterverkehr“ soll nun erstmals eine umfassende Bestandsaufnahme für den Arbeitsplatz „Straße“ stattfinden. Darüber hinaus dient das Projekt dem Informationsaustausch (z. B. durch Erfahrungsaustausch, Vorträge, Workshops) zwischen staatlichem Arbeitsschutz, Unternehmen, Berufskraftfahrern und weiteren Akteuren wie Polizei, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Instituten und Ämtern. Im Fokus des Projektes steht die ganzheitliche Betrachtung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen für das Fahrpersonal. Ziele des Projektes •

Berufsgruppenspezifische Problembereiche zu untersuchen, wie z. B. Arbeitsplatz Straße, Terminbindung, Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten, Müdigkeitsempfinden,



die Arbeitsschutzorganisation und Gefährdungsbeurteilung in Speditionen zu verbessern,



den Wissensstand zu Arbeits- und Gesundheitsschutzthemen bei Arbeitgebern und LKW-Fahrern zu erhöhen,



Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeits- und Gesundheitssituation von Berufskraftfahrern im Güterfernverkehr zu entwickeln und umzusetzen,



Verkehrsunfälle und Muskel-Skeletterkrankungen bei Berufskraftfahrern im Sinne der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) zu reduzieren.

Die Zielstellungen sind auf einen längeren Zeitraum ausgelegt. Sie zu erreichen, erfordert den Einsatz verschiedener Methoden. Die längerfristigen Ziele sind nur noch mittelbar durch den Arbeitsschutz zu beeinflussen.

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TEIL II Arbeitsbedingungen

Projektorganisation Die Planung, Abwicklung und Evaluation des gesamten Projektes erfolgt in Abstimmung zwischen Lenkungsgruppe und Projektgruppe. Die Organisation und Durchführung der Betriebs- und Straßenkontrollen erfolgt jeweils durch die zuständigen Sachbearbeiter (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Akteure und Aufgabenaufteilung im Projekt Lenkungsgruppe (LG)

Projektgruppe (PG)

Sachbearbeitung

Zusammensetzung

HMAFG Fachzentrum Gießen Landesgewerbearzt

HMAFG Fachzentrum Gießen Landesgewerbearzt Fachzentrum Hadamar RP Gi (Sachbearbeitung) RP Ks (Sachbearbeitung) RP Da (Dezernatsleitung und Sachbearbeitung

Sachbearbeiter Speditionen Sachbearbeiter Fahrpersonal

Aufgaben

Zielvorgabe Konzeptrahmen Projektstruktur Zusammensetzung der PG Prozesskontrolle

Konzeptausgestaltung Festlegung des Untersuchungsumfangs und der Untersuchungstiefe Entwicklung und Abstimmung des Erhebungsinstrumentes Projektdurchführung und -steuerung Kooperation und Zusammenarbeit mit den zuständigen Sachbearbeitern, Externen Überbetriebliche Auswertung Evaluation

Organisation und Durchführung der Betriebskontrollen Teilnahme an Informationsveranstaltungen, ggf. Schulungen, Erfahrungsaustausch Durchführung der Betriebskontrollen

Kooperationspartner

Organisation und Durchführung der Straßenkontrolle Ausfüllung der Bögen zur überbetrieblichen Auswertung und zur Evaluation

Mitglieder des Arbeitskreises Psychische Belastungen, Polizei, RP, BAG, BGen, Verbände

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TEIL II Arbeitsbedingungen

Im ersten Abschnitt finden Betriebsbesichtigungen statt. Bei den Betriebsbesichtigungen stehen der Arbeitsschutzstandard und die Arbeitsschutzorganisation in Hessischen Speditionen im Mittelpunkt. Ansprechpartner hier sind die Arbeitgeber zusammen mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie dem Betriebsarzt. Als Grundlage für die Begehung und Befragung dient ein spezieller Fragebogen, in dem es u.a. um die Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung und Arbeitszeitgestaltung geht. Für einen späteren Zeitpunkt sind Nachbesichtigungen unter besonderer Berücksichtigung der Lenk- und Ruhezeiten vorgesehen. Für den zweiten Abschnitt sind Straßenkontrollen geplant. Diese Kontrollphase wird in Kooperation mit der Hessischen Polizei durchgeführt. Im Rahmen der Straßenkontrollen werden die LKW-Fahrerinnen und -fahrer an pupillometrischen Untersuchungen des Landesgewerbearztes sowie an einer kurzen Befragung teilnehmen. Gleichzeitig werden der Zustand des Fahrzeuges und die Tachoscheiben bzw. die digitalen Aufzeichnungen kontrolliert. Der erste Projektabschnitt startete bereits Oktober 2008. Abschnitt zwei ist für das zweite und dritte Quartal 2009 geplant. Die gewonnen Erkenntnisse werden in die künftige Beratung der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung sowie in den Dialog mit Verbänden, Institutionen und Ämtern einfließen. Übersicht zu den Untersuchungsmethoden: •

Betriebskontrolle, Befragung des Arbeitgebers, ggf. Sifa, Dokumenteneinsicht, Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten …



Straßenkontrolle, Befragung des Fahrers, Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten, pupillometrische Messungen, Fragebogenaktion/“Selbstausfüller“ …



Workshop (2010), Erfahrungsaustausch, Dialog mit Unternehmen und Berufskraftfahrern, Verbänden, anderen Institutionen.



Evaluation (2010): Abfrage von gewonnenen Erkenntnissen, Zwischen- und Endergebnissen.

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TEIL II Arbeitsbedingungen

Untersuchungsumfang Untersuchungsstätte

Stichprobengröße

Betriebskontrollen im Speditionsgewerbe

7 Betriebe pro Standort Betriebsgröße: 1 bis 50 Fahrzeuge Überprüfungszeitraum 4 Wochen für Lenk- und Ruhezeiten Betriebsauswahl über ZAS-Liste Betriebsgröße: bis 5 LKW: 2 Betriebe 50 % der Fahrer bis 10 LKW: 2 Betriebe 50 % der Fahrer bis 25 LKW: 2 Betriebe 25 % der Fahrer bis 50 LKW: 1 Betrieb 25 % der Fahrer

Straßenkontrollen

in 3 - 4 Straßenkontrollen mindestens 20 Fahrer pro Standort, Fahrzeuge über 7,5 t, keine Busse Deutsche Kennzeichen Überprüfung der Lenk- und Ruhezeiten für den laufenden Tag und die vorausgegangenen 28 Tage PST an Standorten in Mittel-/SüdHessen

Claudia Flake, Regierungspräsidium Gießen, Anna Rommelfanger, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit

90

TEIL II Medizintechnik und Produktsicherheit

2.3

Medizintechnik und Produktsicherheit

2.3.1

Medizinprodukte

Workshop zum Thema „Überwachung der klinischen Bewertung“ im Bereich Medizinprodukte 2008 Der „klinischen Bewertung“ kommt im Kontext der Konformitätsbewertung eines Medizinproduktes gemäß den europäischen Medizinprodukterichtlinien als eine Voraussetzung für dessen erstmaliges Inverkehrbringen auf dem europäischen Binnenmarkt eine besondere Bedeutung zu. Gemäß § 19 Abs. 1 MPG (Medizinproduktegesetz) muss die Eignung von Medizinprodukten für den vorgesehenen Verwendungszweck durch eine klinische Bewertung belegt werden. Im Rahmen des Reviews der Medizinprodukterichtlinien wurde die Bedeutung der klinischen Bewertung nochmals gestärkt, indem u. a. klargestellt wurde, dass eine solche Bewertung für jedes Medizinprodukt vorhanden sein muss. Der Hersteller oder Bevollmächtigte hat anhand von klinischen Daten, die er aus klinischen Prüfungen und/oder aus der Literatur gewinnen kann, die Leistung und die Sicherheit seines Medizinproduktes einer kritischen Würdigung zu unterziehen und eine Nutzen-RisikoBetrachtung durchzuführen. Die Erfahrungen im Rahmen der Marktüberwachung geben Hinweise darauf, dass gerade bei Medizinprodukten niederer Risikoklasse bzw. bei solchen mit teils fragwürdigen Leistungsversprechen in der Bewerbung, selten die notwendige Qualität, die an eine solche klinische Bewertung zu stellen ist, erreicht wird. Die Beschwerde einer ausländischen Überwachungsbehörde über ein Medizinprodukt, das ohne klinische Bewertung auf dem Markt sei, gab den Anlass zur Entwicklung von Fortbildungsmaßnahmen für das Aufsichtspersonal, um diese in dem fachlich komplexen und anspruchsvollen Überwachungsthema „fit“ zu machen. Aus diesem Grunde hat die Länderreferenten-Arbeitsgruppe Medizinprodukte – AGMP – auf ihrer 11. Sitzung im März 2008 beschlossen, dem Vorschlag Hessens zu folgen und eine Fortbildung zum Thema „Überwachung der klinischen Bewertung“ für die mit dem Vollzug betrauten Personen durchzuführen. Verantwortlich für die Durchführung war das damalige Hessische Sozialministerium. Das Konzept, die Durchführung und die Leitung wurden vom Regierungspräsidium Kassel, Dezernat 35.3, Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe unter Mitwirkung des Regierungspräsidium Darmstadt (Dez. lV/F – Dez. 45.2) übernommen.

91

TEIL II Medizintechnik und Produktsicherheit

Die Fortbildung wurde auf der Basis eines Workshops konzipiert, da die praktischen Erfahrungen gezeigt haben, dass beim Thema „Überwachung der klinischen Bewertung“ Probleme und Lösungsansätze am besten bei der Prüfung entwickelt und verinnerlicht werden können. Ziel des zweitägigen Workshops war es, sich in kleinen Arbeitsgruppen anhand von realen klinischen Bewertungen ein „Handwerkszeug“ für die Überwachungstätigkeit zu erarbeiten. Dabei war auch der Gedankenaustausch mit Kollegen ein zentrales Erfolgselement eines solchen Workshops. Zur Vorbereitung des Workshops wurden Unterlagen (zwei klinische Bewertungen) an die namentlich gemeldeten Teilnehmer versandt. Dabei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um „reale klinische Bewertungen“ handelt, die im Rahmen der Überwachung der jeweils zuständigen Behörde vorgelegt wurden und somit einer strengen Vertraulichkeit unterliegen. Um in der vorgesehenen knappen Zeit die Zielsetzung des Workshops zu erreichen, war es erforderlich, dass sich die Teilnehmer im Vorfeld in die Unterlagen einlesen und sich mit den behandelten Medizinprodukten vertraut machten. Zu den Medizinprodukten sollten die Wirkungs- und Funktionsweisen, die Anwendungsgebiete, Vergleichstherapien und -produkte sowie die Risiken im Vorfeld erarbeitet werden. Nach einer ersten Hessen-internen Veranstaltung, die bereits im Oktober 2007 stattfand, wurden im Juni und September 2008 weitere vier Workshops für die Bediensteten der Länder gemäß AGMP- Beschluss durchgeführt. Drei Workshops fanden im Regierungspräsidium Kassel und einer mit freundlicher Unterstützung des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg in der Akademie der Polizei Baden-Württemberg – Außenstelle Wertheim – statt. Für die vier bundesweiten Workshops meldeten sich insgesamt 72 Teilnehmer an, wovon letztendlich 64 Personen teilnahmen. Alle Teilnehmer waren vorbereitet und am Thema interessiert. In allen Arbeitsgruppen gelang es, das Ziel des Workshops zu erreichen und das Ergebnis in einer Präsentation darzustellen. Es fand sowohl im Plenum als auch in den Arbeitsgruppen ein sehr reger und konstruktiver Gedankenaustausch zwischen den Teilnehmern statt. Zum Abschluss eines jeden Workshops wurden die Teilnehmer gebeten, anonym einen Bewertungsbogen auszufüllen. Insgesamt 59 Teilnehmer nahmen die Gelegenheit wahr.

92

TEIL II Medizintechnik und Produktsicherheit

Im Endergebnis wurde der Workshop selbst sowie der zu erwartende Nutzen für die Vollzugstätigkeit als gut bis sehr gut beurteilt. Gleichzeitig wurde aus den Nachbesprechungen zum Workshop im Zusammenhang mit den bereits vorhandenen Vollzugserfahrungen deutlich, dass in diesem fachlich anspruchsvollen Überwachungsbereich eine Co-Auditierung (Beurteilung und Erörterung mit einer zweiten Person) und der Einbindung von weiterem Sachverstand sinnvoll sein kann. Auch ergab sich, dass der zeitliche Aufwand für die Prüfung einer klinischen Bewertung mindestens zwischen zwei bis drei Tagen liegt und üblicherweise im Desk-Review-Verfahren, das heißt in der Dienststelle durchzuführen ist. Einhellig wurde ein weiterer Erfahrungsaustausch zum Thema angeregt, nachdem die im Workshop erlernten Fertigkeiten in der Praxis erprobt werden konnten. Insgesamt haben an den fünf Workshops „Überwachung der klinischen Bewertung“ 76 Aufsichtspersonen aus allen Bundesländern teilgenommen, wobei von Hessen 18 Personen vertreten waren. Inwieweit der Workshop tatsächlich erfolgreich war, wird die weitere Überwachungspraxis zeigen. Petra Roos-Pfeuffer, Regierungspräsidium Kassel, Thomas Mundhenke, Regierungspräsidium Darmstadt

2.3.2

Produktsicherheit

Workshop „Risikoanalyse“ am 11. und 12. Februar 2009 in Kassel Marktüberwachung endet nicht an den Hessischen Grenzen. Aus diesem Grund ist eine Zusammenarbeit der Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland und der Nationalstaaten in ganz Europa wichtig. Im Sinne des neuen Ansatzes der EU-Verordnung Nr. 765/2008 richtete die Hessische Geräteuntersuchungsstelle einen Workshop aus, um anhand von konkreten Fallbeispielen über den Umgang mit der Risikobewertung von Verbraucherprodukten zu diskutieren. Dazu nahmen neben den Vertretern aus Bayern, Thüringen und Niedersachsen auch Kollegen aus Österreich, Luxemburg und den Niederlanden teil sowie Vertreter von EMARS – Prosafe (Enhancing Market Surveillance through Best Practice – the Product Safety Enforcement Forum of Europe), der BAUA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) und der KAN (Kommission Arbeitsschutz und Normung).

93

TEIL II Medizintechnik und Produktsicherheit

Im Rahmen des Workshops konnte eine Sensibilisierung der Marktüberwachungsbehörden für die Anwendung des neuen Risikobewertungsverfahrens, das Erkennen von Vorteilen und Schwachstellen des neuen Verfahrens, die Erfordernis der Dokumentation sowie die Intensivierung der Zusammenarbeit und Verbesserung der Kommunikation der Marktüberwachungsbehörden in Deutschland und Europa erreicht werden. Thomas Apel, Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe, Regierungspräsidium Kassel

Artikel im Lauterbacher Anzeiger zur Produktsicherheit aufgrund einer Pressemeldung des RP Gießen 2009

94

TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

2.4

Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

2.4.1 Arbeitsschutzmanagement Hessen innovativ – Arbeitsschutz konkret „Arbeitsschutzmanagement bei der Nassauischen Heimstätte" Eine Beratungsinitiative des HMAFG und der Arbeitsschutzverwaltung

Das Rad nicht neu zu erfinden, aber den Arbeitsschutz gründlich zu ordnen und auch innovative Ideen umzusetzen, war der Leitsatz bei der Einführung des Arbeitsschutzmanagementsystems in der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt. Für das Hessische Sozialministerium und die Arbeitsschutzbehörden war das Vorhaben der Nassauischen Heimstätte ein hervorragender Anlass, das eigene Beratungskonzept „Hilfe zur Selbsthilfe für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ in der Praxis anzuwenden. Mit dem aktualisierten Hessischen Leitfaden Arbeitsschutzmanagement, Beispielen guter Praxis und weiteren Beratungsinstrumenten sollen damit Unternehmen befähigt werden, ein anforderungsgerechtes, unternehmenseigenes Arbeitsschutzmanagementsystem einzuführen und aufrechtzuerhalten. Vor zwei Jahren hatte die Unternehmensleitung der Nassauischen Heimstätte entschieden, den betrieblichen Arbeitsschutz auf systematische Beine zu stellen und ein Arbeitsschutzmanagementsystem einzuführen. Aus dem Vorhaben wurde ein gemeinsames Projekt mit dem Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung beim Regierungspräsidium Gießen. Dieses nutzte das Projekt zur Evaluierung des jüngst novellierten Hessischen Leitfadens Arbeitsschutzmanagement. Ausgangssituation Regelwerksänderungen im Bereich der staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Vorschriften wie auch der Normen und Leitlinien zur Einführung von Managementsystemen hatten eine umfassende Überarbeitung des Hessischen Leitfadens Arbeitsschutzmanagement erforderlich gemacht. Weitere Fortentwicklungen basierten auf Erkenntnissen aus dem in 2003 abgeschlossenen Pilotprojekt „Behördliche Systemkontrolle“. Die wesentlichsten Veränderungen betrafen eine verstärkte Prozessorientierung und den Einsatz von Kennzahlen bei der Messung und Bewertung von Leistungen des betrieblichen Arbeitsschutzes bzw. des Arbeitsschutzmanagementsystems. Die Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH ihrerseits hatte bereits im Vorjahr mit Aktivitäten zur Systematisierung des betrieblichen Arbeitsschutzes

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

begonnen. Mit der Übernahme der nordhessischen Wohnstadt wuchs sie zur rund 800 Mitarbeiter starken Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt mit den Sparten Wohnen, Bauen sowie Stadt- und Immobilienprojektentwicklung an. Daraus resultiert ein breites Spektrum verschiedener Arbeitsplätze mit unterschiedlichen Gefährdungen. Neben der „typischen Bürotätigkeit“ werden Renovierungsarbeiten, Grünpflegearbeiten und verschiedene Formen des Außendienstes durchgeführt. Schäden für die Wirbelsäule durch falsch eingestellte Bürostühle sind im betrieblichen Arbeitsschutz ebenso zu betrachten wie die Gefahren beim Umgang mit Kettensägen oder die Belastungen beim Umgang mit schwierigen Kunden. Diese vielen verschiedenen Tätigkeitsgebiete der Nassauischen Heimstätte und die Größe des Unternehmens erforderten eine Neuausrichtung der internen Abläufe und Verfahrensweisen, um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten. In einer eingerichteten Arbeitsgruppe des Unternehmens wurden in einem ersten Schritt die Inhalte eines Arbeitsschutzmanagementsystems nach dem Hessischen Leitfaden Arbeitsschutzmanagement auf Relevanz für das Unternehmen geprüft. Dabei wurde festgestellt, dass zahlreiche Insellösungen unterschiedlicher Qualität existierten. Vor diesem Hintergrund wendete sich die Arbeitsgruppe an das Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz. Projektziele Das Projektziel des Unternehmens bestand darin, alle bestehenden Arbeitsschutzverfahren und -regelungen durch Implementierung eines prozessorientierten Arbeitsschutzmanagementsystems (kurz AMS) zu systematisieren. Projektziel der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung war die Evaluierung des Hessischen Leitfadens Arbeitsschutzmanagement durch Begleitung und Unterstützung dieses Implementierungsprozesses. Projektinhalt und -ablauf Das Projekt startete im Februar 2007. Zunächst wurden bei der Nassauischen Heimstätte (nachfolgend kurz „NH“) Projektstruktur und die Rollen der Projektbeteiligten festgelegt. Ein Projektteam wurde gebildet, bestehend aus NH-Mitarbeitern der Arbeitsgruppe, die bereits mit den Vorarbeiten betraut gewesen waren, und der von der Geschäftsleitung Beauftragten für den Arbeitsschutz.

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

Abbildung 1: Ablauf des Projektes im Unternehmen.

Im weiteren Verlauf des Projektes konnte noch eine ständige Projektmitarbeiterin im Unternehmen gewonnen werden, die die Funktion der Systembeauftragten einnahm. Das Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung (nachfolgend kurz „Fachzentrum“) übernahm eine beratende und unterstützende Funktion. Wie sich später herausstellte, lag bereits hier in der Bildung der Projektstruktur ein entscheidendes Erfolgsmoment: In dem achtköpfigen Projektteam hatte sich ein großer Querschnitt über viele Fachbereiche und Fachgebiete des Unternehmens zusammengefunden. Somit war einerseits eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von technischem und kaufmännischem Personal unterschiedlichster fachlicher Richtungen, Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit gegeben. Andererseits war das schon vorhandene Beziehungsgeflecht zwischen den Projektmitgliedern und den einzelnen Fachbereichen des Unternehmens im Implementierungsprozess hilfreich. An die Strukturbildung schloss die Auftaktinformation im Unternehmen an, beginnend mit der Vorstellung des konkreten Projektplanes in der Geschäftsleiterrunde sowie in der Betriebsratssitzung. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten frühzeitig informiert werden. Schließlich waren bereits für die Monate März und April Begehungen und Interviews zur Bestandsaufnahme durch das Fachzentrum geplant. In der unternehmenseigenen Mitarbeiterzeitschrift wurden das Projekt und die Akteure kurz vorgestellt. Ausführlichere Informationen

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

gab es dann auf einer späteren Betriebsversammlung der NH, bei der das Interesse der Mitarbeiter mithilfe unterschiedlicher Medien (Film, Vortrag) geweckt werden sollte. Um sich ein Bild von der konkreten Lage der Arbeitsschutzorganisation im Unternehmen machen zu können, war eine Bestandsaufnahme durch Experten des Fachzentrums erforderlich. Vorhandene Unterlagen wurden gesichtet und eine exemplarische Begehung im Hauptgeschäftshaus, in einer Geschäftsstelle sowie in einem Regiebetrieb (Betriebseinheit mit Werkstätten für Servicearbeiten in den Mietobjekten) durchgeführt. Fehlende Informationen wurden über strukturierte Interviews mit Verantwortlichen und Funktionsträgern im Unternehmen erfasst. Grundlage für die Interviews bildeten das ASCA-Instrumentarium sowie der Fragenkatalog für erstmalige und folgende Systemaudits des novellierten Leitfadens Arbeitsschutzmanagement. Anschließend wurde ein Maßnahmenkatalog durch das Fachzentrum erarbeitet und mit dem Unternehmen abgestimmt. Im Mai ging es dann in die arbeitsintensive Phase der Maßnahmenumsetzung. Im Sinne einer weitmöglichen „Hilfe zur Selbsthilfe“ führte das Fachzentrum vier Workshops durch, in deren Rahmen den Mitgliedern des NH-Projektteams zunächst das erforderliche Wissen zu verschiedenen Themenschwerpunkten, unterteilt in sechs Themenblöcke, vermittelt wurde (vgl. Abbildung 2). Themenblock 1

Arbeitsschutzpolitik und -ziele

Themenblock 2

Dokumentation des AMS

Themenblock 3

Prozesse und Verfahren (welche sollten mindestens mit AMS geregelt werden, Vorgehen für Identifikation und Beschreibung der relevanten Prozesse und für Festlegung der relevanten Verfahren)

Themenblock 4

aufbauorganisatorische Festlegungen

Themenblock 5

Gefährdungsbeurteilung

Themenblock 6

Messung, Bewertung und Verbesserung im AMS

Abbildung 2: In den Themen-Workshops behandelte Themenblöcke.

Fünf der Themenblöcke bezogen sich dabei auf AMS-spezifische Themenfelder. So wurde beispielsweise betrachtet, welche Anforderungen an die Dokumentation des AMS bestehen und welche Dokumentationsmöglichkeiten existieren. Es wurde thematisiert, welche Prozesse und Verfahren mit dem AMS im Unternehmen mindestens geregelt werden sollten und wie die relevanten Prozesse identifiziert und beschrieben und die relevanten Verfahren festgelegt werden können.

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

Für einen Großteil der Arbeitsschutzerfordernisse im Unternehmen gab es bereits gelebte Regelungen. Diese galt es zu systematisieren oder im Zuge der AMS-Einführung auf alle Betriebsbereiche auszuweiten. Etwas anders verhielt es sich mit dem Themenfeld „Gefährdungsbeurteilung“, existierte doch hierzu eine Vielfalt unterschiedlichster Ansätze und Vorgehensweisen, die meist auf Eigeninitiativen Einzelner oder einzelner Betriebsbereiche beruhten. Besonderes Anliegen der NH war es, mit der Einführung des AMS die Gefährdungsbeurteilungen für alle Tätigkeiten und Arbeitsplätze im Unternehmen in die Wege zu leiten und zu systematisieren. Aus diesem Grund wurde das Thema „Gefährdungsbeurteilung“ als separater Themenblock mit separatem Workshop behandelt.

Abbildung 3: Fragestellungen aus Themen-Workshop 1 zur Erarbeitung der Arbeitsschutzpolitik und -ziele.

Neben der reinen Wissensvermittlung wurden in den Themen-Workshops anhand konkreter Aufgabenstellungen die inhaltlichen Besonderheiten für das Unternehmen, Lösungsansätze und die ersten Umsetzungsschritte erarbeitet. So wurde z.B. im Rahmen eines ThemenWorkshops vermittelt, wie Arbeitsschutzpolitik und -ziele festgelegt werden, was sie enthalten sollten und können, welche Rolle sie im Gesamtkontext des Unternehmens einnehmen

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

und welche formalen und inhaltlich-logischen Anforderungen an die Festlegung, Bekanntgabe und Aktualisierung bestehen. Im Anschluss wurde gemeinsam erarbeitet, wer im Unternehmen an der Festlegung von Arbeitsschutzpolitik und -zielen beteiligt werden sollte und wie dies vonstatten gehen könnte. Weitere konkrete Fragestellungen führten die Teilnehmer des Workshops weiter an das Thema und an die erste Bearbeitung heran (vgl. Abbildung 3). Zur Unterstützung während der Umsetzungsphase stellte das Fachzentrum dem Unternehmen bedarfsbezogen Materialien bereit. Fertiggestellte Unterlagen und das AMS betreffende Fragen und Festlegungen konnten im Rahmen von Arbeitstreffen besprochen werden, die zwischen den Workshop-Terminen und danach in zwei- bis vierwöchigen Abständen zwischen den Projektbeteiligten des Unternehmens und dem Fachzentrum durchgeführt wurden. Ganz wesentlich aber war, dass die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen und deren Umsetzung als solches durch die NH-Projektmitarbeiter erfolgten. Im Oktober 2008 fand ein halbtägiger Evaluierungsworkshop statt, an dem die Projektbeteiligten des Unternehmens sowie des Fachzentrums für systemischen Arbeitsschutz ihr Feedback wiedergaben zum Projektablauf sowie zu verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten. Die Ergebnisse dieses Evaluierungsworkshops und die Projektergebnisse des Unternehmens wurden am 23. Oktober 2008 im Rahmen einer Abschlussveranstaltung verschiedenen Vertretern aus unternehmens- und verwaltungsinternen und -externen Kreisen präsentiert.

Abbildung 4: Foto der Abschlussveranstaltung (Quelle: Unternehmenskommunikation Nassauische Heimstätte/Wohnstadt).

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

Eine Abschlusspräsentation vor den Mitarbeitern des Betriebs Süd der Nassauischen Heimstätte fand abschließend im Dezember 2008 im Rahmen einer Betriebsversammlung statt. Projektergebnisse Gemeinsames Ziel war es, Arbeitsschutz und menschengerechte Gestaltung der Arbeit im Unternehmen nicht als Aufgabe von Spezialisten zu sehen, sondern als integrierten Bestandteil aller betrieblichen Prozesse – eingebettet in die eigene Unternehmenskultur. Die Erreichung dieses Zieles konnte nach rund 1 ½ -jähriger Projektdauer bestätigt werden. Am Ende dieses Projekts verfügt die Nassauische Heimstätte über ein prozessorientiertes betriebliches Arbeitsschutzmanagementsystem zum Nutzen für die Beschäftigten und das Unternehmen. Die Umsetzung der Maßnahmen zur Einführung des AMS im Unternehmen wurde flankiert durch konkrete Aktionen, wie z.B. die bereits angeführten Gefährdungsbeurteilungen, die für alle Arbeitsplätze und Tätigkeiten der rund 500 Mitarbeiter im Betriebsbereich Süd in die Wege geleitet wurden. Eine Besonderheit war aber sicherlich die breit angelegte Durchführung von Führungskräfte-Workshops im Unternehmen: Angelegt als Pflicht-Veranstaltung durch die Unternehmensleitung wurden 33 Führungskräfte der zweiten und dritten Hierarchieebenen für das Thema Arbeitsschutz sensibilisiert und über ihre Arbeitsschutzpflichten informiert. Gemeinsam mit Arbeitsschutzexperten des Fachzentrums für systemischen Arbeitsschutz und der Unfallkasse Hessen konnten im Anschluss in Arbeitsgruppen die Themen Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung bearbeitet werden. Für die Hessische Arbeitsschutzverwaltung erbrachte das Projekt den Erkenntnis- und Erfahrungszuwachs aus Projektverlauf und Evaluierungsworkshop sowie Materialien, die im Zuge des Projektes für die Wissensvermittlung erarbeitet wurden. Die im novellierten Leitfaden vorgeschlagene Vorgehensweise zur Einführung eines prozessorientierten Arbeitsschutzmanagementsystems konnte bestätigt werden. Auch die Vorteile des im Leitfaden beibehaltenen themenorientierten Aufbaus wurden wieder bestätigt. Zum einen ist eine Relevanz in der Unternehmenspraxis schnell prüfbar. Es ergibt sich mit den Themen ein engmaschiges Netz. Andererseits ist das Konzept für alle Unternehmensbereiche anwendbar. Das Konzept des Hessischen Leitfadens Arbeitsschutzmanagement ist überdies an kein spezielles System geknüpft, sondern mit nahezu allen derzeit vertretenen Systemen anwendbar. Damit ist die erforderliche Flexibilität gegeben, die beispielsweise für

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

eine Einbettung des Systems in die spezifische Kultur eines Unternehmens erforderlich ist, wie sich im vorliegenden Projekt zeigte. Zahlreiche Beispiele guter Praxis konnten im Rahmen des Projektes gesammelt werden. So erwies sich beispielsweise die Durchführung der Führungskräfte-Workshops als besonders förderlich für die Realisierung der Prozessintegration. Die breit angelegte Aufklärung und Sensibilisierung der Führungskräfte führt nachhaltig zur Integration von Arbeitsschutzbelangen in Prozesse des Unternehmens, auch in solche, die in den bisherigen Betrachtungen unberücksichtigt geblieben waren. In anderen Bereichen haben sich Verbesserungshinweise für den novellierten Leitfaden ergeben. Eine Anregung aus dem Projekt war beispielsweise, zukünftig konkrete Verfahren und Kennzahlen im Leitfaden Arbeitsschutzmanagement aufzuführen, mit deren Hilfe die Verbesserungen im Arbeitsschutz des Unternehmens bereits aus dem Implementierungsprozess messbar werden. In Bezug auf die Auswirkungen der neuen EU-konformen Regelungssystematik auf die Ausgestaltung des betrieblichen Arbeitsschutzmanagementsystems konnte festgestellt werden, dass die Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung als eines der zentralen Instrumente im AMS möglichst früh erfolgen sollten. Auch dieser Hinweis wird in der Anleitung zur Implementierung eines AMS aufgenommen. Die Vermittlung der Inhalte der Themen-Workshops, die als „richtungsweisende Landkarten“ einen positiven Effekt erzielt hatten, das positive Beispiel einer zielführenden Zusammensetzung des Projektteams für den Implementierungsprozess und Voraussetzungen, die möglichst frühzeitig im Einführungsprozess geschaffen sein sollten (z.B. frühzeitige Benennung eines AMS-Beauftragten, frühzeitige Festlegung der Dokumentationsstruktur) werden ebenfalls aufgenommen. Ausblick Im Projekt wurde das Beratungskonzept der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung „Hilfe zur Selbsthilfe für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ ausgebaut. Die für die ThemenWorkshops erstellten Unterlagen finden zukünftig Einsatz in der Tätigkeit der Hessischen Arbeitsschutzverwaltung bei der Beratung und Wissensvermittlung zur Einführung von betrieblichen Arbeitsschutzmanagementsystemen. Im Projektverlauf wurden weiterhin durch das Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung zahlreiche Werkzeuge wie Muster, Vorlagen etc. zusammengestellt, die Nutzern des Hessischen Leitfaden Arbeitsschutzmanagement und anderen an der Einführung eines AMS interessierten Unter-

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

nehmen bereitgestellt werden. Ebenso werden die Erfahrungen und Erkenntnisse, die im Evaluierungsworkshop gesammelt wurden, in den Beratungsteil (Teil I – Anleitung zur Implementierung eines prozessorientierten Arbeitsschutzmanagementsystems) des Hessischen Leitfadens Arbeitsschutzmanagement einfließen. Ferner sind mit dem Unternehmen Berichte über die Positivbeispiele im Sinne einer best-practice an interessierte Kreise (z. B. Arbeitsschutzkoordinatorenrunde der Unfallkasse Hessen) geplant. Das Unternehmen Nassauische Heimstätte/Wohnstadt möchte im Nachgang an das Projekt das eingeführte System in eigener Regie weiter aus- und aufbauen und vor allem die für den Betrieb Süd erarbeiteten Verfahren und Regelungen sukzessive auf den Betrieb Nord ausweiten. Zwischen den Projektpartnern wurde vereinbart, in ca. einem Jahr nach Projektabschluss ein Treffen durchzuführen. In diesem Rahmen soll u. a. besprochen werden, wie sich das AMS in der betrieblichen Praxis bewährt hat. Dabei sollen insbesondere die Auswahl und der Einsatz der Kennzahlen im Unternehmen zur Messung und Bewertung der Leistungen des AMS und des betrieblichen Arbeitsschutzes noch einmal näher betrachtet werden. Michèle Wachkamp, Regierungspräsidium Gießen, Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung

2.4.2

Demographischer Wandel

Demographischer Wandel – eine Herausforderung an den Arbeits- und Gesundheitsschutz Einleitung In den nächsten zwanzig Jahren wird die Zahl der 55- bis 64-Jährigen in der Bundesrepublik Deutschland gegenüber 2005 um rund 40 Prozent ansteigen, regional sogar um rund 75 Prozent. Die geburtenstarken Jahrgänge (Babyboomer der 50er und 60er Jahre) gehören jetzt und künftig zu den Älteren. Aufgrund der demographischen Verschiebungen kommt es zu einem kontinuierlichen Anstieg älterer Beschäftigter. 1980 waren noch 20 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland 50 Jahre oder älter, aktuell sind es ca. 26 Prozent und im Jahr 2020 werden es laut Prognose der ILO 35 Prozent sein. In der Folge ist ein Mangel an Nachwuchskräften absehbar und aufgrund der verlängerten Lebensarbeitszeit wird der Altersdurchschnitt der Belegschaften

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

zusätzlich steigen. Die Altersstrukturentwicklung der Erwerbsfähigen in Hessen bis zum Jahr 2050 stellt sich wie folgt dar:

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt (Werte für 1990 – 2003); Berechnungen der Hessen Agentur (Werte ab 2004)

Abbildung 1: Altersstruktur der Erwerbsbeschäftigten in Hessen bis 2050 (alle Angaben in 1.000).

Das Ziel „mehr und bessere Arbeitsplätze“ (Lissabon-Strategie der EU) im Kontext des demografischen Wandels zu schaffen, basiert auf der Annahme, dass die Mobilisierung des gesamten Potenzials älterer und älter werdender Menschen eine der zentralen Reaktionen auf den demografischen Wandel ist. Ältere Menschen leisten wertvolle Beiträge für die Gesellschaft, die Stärkung des Zusammenhalts der Generationen und die Fortentwicklung der Zivilgesellschaft, die sich nicht nur in ökonomischen Größen messen lassen. Die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen und die Erschließung des Arbeitskräftepotenzials von Älteren werden nur gelingen, wenn neben den wirtschaftlichen Aspekten die Gestaltung der Arbeit und der Arbeitsbedingungen einschließlich des sozialen Rahmens der Arbeit in den Fokus der Betrachtung gestellt werden. Vor diesem Hintergrund kommt dem betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz eine zentrale Bedeutung zu. Die Arbeitswelt hat bisher nur punktuell auf die Auswirkungen des demographischen Wandels reagiert. Eine die gesundheitlichen Ressourcen schonende und persönlichkeitsfördernde Arbeitsgestaltung ist immer noch die Ausnahme. Allzu oft existiert bei Arbeitgebern und Beschäftigten die Vorstellung, dass das Älterwerden mit dem Verlust von Leistungsfähigkeit einhergeht.

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

Dem Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung von 2006 zufolge haben sich viele Betriebe derzeit noch zu wenig auf die neue Situation eingestellt: Der Anteil der Betriebe mit Maßnahmen für Ältere ist zwischen 2002 und 2006 von 19 auf 17 Prozent zurückgegangen. •

Nur ein Fünftel der befragten Unternehmen gab an, Gesundheitsprävention jenseits der gesetzlichen Mindestnormen zu praktizieren. In erster Linie handelt es sich dabei um Krankenstandsanalysen und Mitarbeitergespräche.



Lediglich 26 Prozent aller Beschäftigten wurden 2005 bei der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen von ihren Unternehmen unterstützt. Nur wenige Betriebe beziehen Ältere in Weiterbildungsaktivitäten mit ein. Der Anteil von spezifischen Weiterbildungsmaßnahmen für Ältere sinkt.

Ohne präventives Handeln zur Schaffung von alters- und alternsgerechten Arbeits- und Lebensbedingungen ist zu befürchten, dass •

die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gefährdet ist,



es zu einer weiteren Steigerung des bereits bestehenden Fachkräfte- und Expertenmangels kommt,



erhöhte Krankheitsstände festzustellen sind,



das Erfahrungswissen der älteren Beschäftigten verloren geht,



die Motivation und Leistungsfähigkeit der Belegschaft sinkt,



es zur altersbedingten Abschwächung der Arbeitsergebnisse kommt und



die Personalkosten sich insgesamt erhöhen.

Um die Potenziale älterer Beschäftigter zu erschließen und um die Arbeitsfähigkeit aller Beschäftigten zu erhalten, bietet ein ganzheitliches, demographiebewusstes und präventives Personalentwicklungsmanagement, in dessen Zentrum der betriebliche Arbeits- und Gesundheitsschutz steht, die geeigneten Instrumentarien und Handlungsansätze. Im Fokus eines solchen Managements stehen nicht die älteren Beschäftigten, sondern das Älterwerden im Beruf. Eine demographieorientierte Personalpolitik muss drei Generationen im Blick haben und darüber hinaus das Verhältnis der Generationen zueinander. Zusätzlich hat eine solche Personalpolitik die durch den demographischen Wandel bedingte Heterogenität der Belegschaften – Ältere und Jüngere, Frauen und Männer, Beschäftigte unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Kulturen – zu berücksichtigen.

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

Betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz und der demographische Faktor Angesichts der Auswirkungen des demographischen Wandels auf den Arbeits- und Beschäftigungsmarkt und den daraus resultierenden Anforderungen an den betrieblichen Arbeitsund Gesundheitsschutz ist strategische Planung gefordert. Ältere Arbeitnehmer sind aufgrund natürlicher, altersbedingter Einschränkungen nicht zwangsläufig weniger leistungsfähig. Dennoch sind Arbeits- und Gesundheitsschutz und die Arbeitsgestaltung darauf auszurichten, das Leistungsvermögen älterer Beschäftigter zu fördern. Gleiches gilt für den Erhalt und die Förderung der physischen und psychischen Leistungsbereitschaft aller Beschäftigten über das gesamte Erwerbsleben. Gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen können das Altern der Beschäftigten beschleunigen. Gesundheitsfördernde und trainierende Arbeitsprozesse können dagegen altersbedingte Leistungsrückgänge verzögern. Hervorzuheben ist die Bedeutung des Lebenslangen Lernens für den Erhalt der Gesundheit aller Beschäftigten. Ausbildung, berufliche Bildung, spezifische Berufserfahrungen sowie die berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung sind nicht nur für die Bewältigung des Arbeitslebens wichtig, sondern sind auch für die Gesundheit und Gesunderhaltung der Beschäftigten entscheidend. Die gilt für Ältere und Jüngere gleichermaßen. Ohne betriebliche Angebote zur Weiterbildungs- und Anpassungsqualifizierung können die Beschäftigten ihre Lernfähigkeit verlieren. Die Beschränkung auf reines Erfahrungswissen macht Ältere für den Betrieb und den Arbeitsmarkt nur beschränkt einsetzbar. Vorhandene Bildungsdefizite sind ein grundlegendes Risiko für die Gesundheit und können sich mit zunehmendem Alter manifestieren, insbesondere wenn Ältere von Weiterbildung ausgeschlossen werden. Nach Definition der WHO wird Gesundheit „als ein Zustand des vollkommenen körperlichen, sozialen und geistigen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheiten und Gebrechen“ (1946) bzw. „als Fähigkeit des Individuums, die eigenen Gesundheitspotenziale auszuschöpfen und auf die Herausforderungen der Umwelt zu reagieren“ (1988) verstanden. Auf diesem Verständnis der WHO baut u.a. die Richtlinie des Rates vom 12.6.1989 über die „Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit“ auf. Mit dem Arbeitsschutzgesetz vom 7.8.1996 wurde der aus dem EG-Recht resultierende Arbeitsschutzansatz in deutsches Recht umgesetzt.

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

Gesetzliche Grundlagen zur Umsetzung betrieblicher Gesundheitspolitik finden sich in entsprechenden Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) 1, den Bestimmungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung durch die Krankenkassen nach § 20a SGB V und den Vorgaben zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement im SGB IX. Prävention im Arbeitsschutz Seit 1996 regelt das Arbeitsschutzgesetz, dass die Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes direkt im Betrieb zu erfolgen hat (§ 3); damit ist der Arbeitgeber zentraler Adressat der Präventionspflicht. Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz bietet Unternehmen Grundlagen für alles weitere Handeln zur alternsgerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Dabei gilt es die Erfahrungen, Beobachtungen und Vorschläge der Beschäftigten systematisch einzubeziehen. Die seit 2008 gestartete Kampagne der Europäischen Arbeitsschutzagentur zur Gefährdungsbeurteilung will Unternehmen darin bestärken, für gesunde Arbeitsplätze Gefährdungsbeurteilungen richtig durchzuführen und alle Beschäftigten daran zu beteiligen. Ferner zielt die Kampagne darauf, mit dem Vorurteil aufzuräumen, Gefährdungsbeurteilungen seien kompliziert und aufwendig. Prävention durch betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) BGF gehört nach § 20a SGB V zu den Pflichtaufgaben der Krankenkassen. In Anlehnung an die Ottawa Erklärung der WHO (1986) wird unter BGF ein Prozess verstanden, der den Betroffenen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre eigene Gesundheit ermöglicht und sie damit zur Stärkung der Gesundheit befähigen soll, um ein umfassendes körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen. Im Zentrum dieses Konzeptes steht die Förderung und Stärkung der individuellen und sozialen gesundheitlichen Ressourcen, während der klassische Arbeitsschutz vor allem gesundheitlich negative Effekte der Arbeitswelt reduzieren soll. Maßnahmen zur Stärkung der individuellen und sozialen Ressourcen: •

Verbesserung der sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz



Beseitigung/Verringerung stressfördernder Elemente in der Arbeitsorganisation

1

Weitere gesetzliche Regelungen zum Gesundheitsschutz finden sich in SGB XI Soziale Pflegeversicherung (PflegeVG), im Heimgesetz, im Pflege-Qualitätssicherungsgesetz (PQsG), im Altenpflegegesetz (AltPflG) und im Gesetz zur Regelung der Ausbildung in der Altenpflege.

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte



Erhöhung von Handlungsspielräumen der Beschäftigten



Gesundheitszirkel zum Mitarbeitererfahrungsaustausch



Rückenschulen



Sportliche Gruppen



Selbsthilfegruppen

Grundsätzlich ist in der BGF die Kombination der Verhaltens- und Verhältnisprävention zu realisieren. Der passende vertragliche Rahmen ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG. Krankenkassen und zuständige Unfallversicherungsvertreter können an diesbezüglichen Verhandlungen teilnehmen und sich öffentlich zur Kooperation verpflichten. Entscheidend für eine effektive Umsetzung ist, alle Beschäftigten unabhängig von Alter und Funktion für konkrete Aktivitäten zu gewinnen. Prävention durch Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) Präventive Ziele verfolgt seit 2001 auch das Behindertenrecht, das im SGB IX normiert ist. Der in § 2 SGB IX definierte Behinderungsbegriff umfasst auch von Behinderung bedrohte Menschen. Danach soll Schwerbehinderung möglichst vermieden werden; Behinderung wird als Teilhabestörung verstanden, der durch Teilhaberechte entgegengewirkt werden soll. Das geeignete Instrumentarium bietet ein ausgeprägtes betriebliches Eingliederungsmanagement, das seit 2004 nach § 84 Abs. 2 SGB IX von jedem Arbeitgeber verlangt wird. BEM ist anzuwenden, wenn Beschäftigte im Betrieb innerhalb von zwölf Monaten insgesamt mindestens sechs Wochen arbeitsunfähig sind. Das Gesetz fordert, dass erkrankte und behinderte Beschäftigte vom BEM profitieren, es darf nicht krankheitsbedingten Kündigungen Vorschub leisten. BEM zielt darauf, die konkrete Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, künftigen Arbeitsunfähigkeitszeiten vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Demographieorientiertes betriebliches Gesundheitsmanagement Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) beinhaltet die Zusammenführung von gesetzlichem Arbeitsschutz und betrieblicher Gesundheitsförderung, verankert auf allen Management-Ebenen und in der Verwaltung. Die Einführung eines demographieorientierten BGM bedarf eines umfassenden, längerfristigen Lern- und Entwicklungsprozesses, der eine hohe Kooperationsbereitschaft von Führungskräften und Beschäftigten unter Einbeziehung interner Gesundheits- und Sicherheitsexperten erfordert.

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

Während die betriebliche Gesundheitsförderung einzelne verhaltenspräventive Maßnahmen umfasst, die die Beschäftigten befähigen sollen, sich am Arbeitsplatz gesundheitsgerecht zu verhalten, ist das betriebliche Gesundheitsmanagement als Führungssystem zu definieren. Die Umsetzung eines solchen Führungssystems beinhaltet ein strategisches Programm der sozialen Veränderung zur gesundheitsgerechten Entwicklung von Organisationen und persönlicher Gesundheitskompetenz. Die Maßnahmen des BGM sollen sowohl den Beschäftigten, als auch dem Unternehmen zugute kommen. Gesundheitsgerechte Führungsprinzipien umfassen: •

die Anerkennung von Arbeitsleistungen



die Gewährleistung der Gleichbehandlung des Einzelnen



die Delegation von Verantwortung und



einen „passenden“ Umgangston.

Das betriebliche Gesundheitsmanagement betrifft nicht nur „kranke“ Unternehmen mit einem hohen Krankheitsstand sondern im Kontext des demographischen Wandels auch „gesunde“ Unternehmen, denen es um die Gesunderhaltung aller Beschäftigten geht. Ein ganzheitliches betriebliches Gesundheitsmanagement zielt auf die Förderung der Gesundheitskompetenz der Beschäftigten. Demographie-Check und Altersstrukturanalyse Instrumentarien für Planung und Entwicklung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements als wesentlicher Bestandteil eines demographieorientierten Personalentwicklungsmanagements sind der Demographie-Check und die Altersstrukturanalyse. Dabei sind aus einer IstAnalyse der betrieblichen Situation bezüglich aller gesundheitlichen Faktoren, Maßnahmen zur individuellen Verhaltensänderung (Verhaltensprävention) sowie Maßnahmen zur Veränderung der Arbeitsbedingungen (Verhältnisprävention) abzuleiten. Im Ergebnis der Anwendung stellen sich folgende Fragen: •

Besteht ein Überblick der Arbeitsplätze oder Tätigkeiten mit 'alterskritischen Belastungen'? Sind Fachexperten dazu angehört worden, ob der bisher praktizierte 'RegelArbeitsschutz' ausreicht, um mögliche negative gesundheitliche Wirkungen abzubauen.



Liegen Erkenntnisse darüber vor, welche Alters- oder Personengruppen in Weiterbildungsmaßnahmen eingebunden sind und welche nicht? Reicht die bisherige Weiterbildungsplanung aus?

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

Quelle: „50plus – Wie reagieren Unternehmen auf sich verändernde Altersstrukturen?“, Dr. Axel Schack, Hauptgeschäftsführer Hessen Chemie, Auszug eines PPP-Vortrages, Kongress der Hessischen Landesregierung: „Von wegen altes Eisen – Erfahrung hat Zukunft“, 22.08.2007, Wiesbaden

Abbildung 2: Beispiel eines Netzwerks aktivierenden Gesundheitsmanagements



Gibt es Personen, die keine Chancen haben, berufsbegleitend immer wieder etwas dazu zu lernen – sei es über Anforderungen und Abwechslungsreichtum der Tätigkeit selbst, sei es über eine Mitarbeit in innerbetrieblichen Workshops, Arbeitsgruppen oder Gremien? Wie sollen hierzu Verbesserungen aussehen?



Gibt es Bereiche, Arbeitsgruppen, Teams oder Gremien, in denen Berufsanfänger(innen) oder Erfahrungsträger oder beide Gruppen in ihren Stärken nicht angemessen gewürdigt oder sogar herabgesetzt werden? Reicht es aus, wenn eine Änderung im Führungsstil herbeigeführt wird?

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

Demographie-Check Viele Unternehmen sind sich der konkreten Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf ihren Betrieb noch nicht bewusst. Mit einem Demographie-Check werden Standarddaten und bisher praktizierte personalpolitische Praktiken abgefragt. Die Nutzer erhalten einen ersten Überblick über ihre demographische Ist-Situation mit ersten Hinweisen auf mögliche Handlungsfelder im Unternehmen: Personal- und Rekrutierungspolitik, Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung, Qualifikation, Weiterbildung, Führung und Gesundheit. Altersstrukturanalysen Die Altersstrukturanalyse ist eine systematische Vorgehensweise zur Früherkennung und bildlichen Darstellung gegenwärtiger und zukünftiger Personalrisiken, die auf die Entwicklung der betrieblichen Altersstruktur unter den Wirkungen des demographischen Wandels zurückzuführen sind. Die Altersstrukturanalyse gibt heute eine umfassende Sicht auf die Mitarbeiter und macht damit Handlungsbedarf sichtbar und die Prüfung derzeitiger Personalstrategien möglich. Die Altersstrukturanalyse sollte jährlich fortgeschrieben werden, um Wirkung und Relevanz getroffener Maßnahmen überprüfen und gegebenenfalls zusätzliche Handlungsfelder eruieren zu können. Mit detaillierten Altersstrukturanalysen können außer den Altersangaben weitere Personaldaten (Geschlecht, Qualifikation, Eintrittsalter, Jahrgänge, Fluktuation, Azubi-Quote, Altersteilzeit und Teilzeit, Weiterbildungsquoten, Beschäftigtengruppen, Beschäftigungsstatus) ermittelt, miteinander verknüpft und jeweils um 10 Jahre fortgeschrieben werden. Aufgrund solcher Altersstrukturanalysen fallen Unterschiede in den Altersstrukturen bei Personengruppen und Bereichen ins Auge. Unter Berücksichtigung der bisher praktizierten Personalmaßnahmen zur Personalgewinnung, -bindung und Verrentung können Überlegungen angestellt werden, welche Veränderungen zukünftig notwendig sein werden, um die Wirkungen des demografischen Wandels ausgleichen zu können (z. B. zielgruppenspezifische berufliche Weiterbildung, Maßnahmen zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit bis zum 67. Lebensjahr, Gesundheitsschutz und -förderung, Wissenstransfer). Fazit Immer älter werdende Belegschaften und die daraus resultierenden Anforderungen an den Arbeits- und Gesundheitsschutz rechtfertigen es, dass die Aufsichtsbehörden die Folgen des Demographischen Wandels für die Betriebe in ihre Überwachungs- und Beratungsaufgaben einbeziehen. Dabei gilt es die Betriebe hinsichtlich der Folgewirkungen des Demographi-

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TEIL II Arbeitsschutzentwicklungen und -konzepte

schen Wandels zu sensibilisieren und sie bei deren Bewältigung – etwa durch Hinweise auf Altersstrukturanalyse, Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung oder den Aufbau eines Gesundheitsmanagements – zu unterstützen und zu beraten. Angedacht ist, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Aufsichtsbehörden im Rahmen der Fort- und Weiterbildung die für eine derartige Unterstützungs- und Beratungstätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Methoden zu vermitteln. Weiterführende Informationen zu diesem Thema befinden sich auf den Internetseiten www.infoline-gesundheitsfoerderung.de und www.inqua-demographie-check.de.

Rosemarie Frühwacht, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit

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TEIL II Kooperationen und Netzwerke

2.5

Kooperationen und Netzwerke

Zusammenarbeit mit der Normung und bundesweiter Gremien im Bereich Röntgenstrahlenschutz Das schnelle Fortschreiten der Röntgentechnologie macht es erforderlich, den Stand der Technik nach der Röntgenverordnung gezielt und aktuell zu definieren. Neue Standards müssen daher in den Normen festgelegt werden. Die technischen Anforderungen sind in den entsprechenden Richtlinien zur Konkretisierung der Röntgenverordnung festzulegen. Hierfür ist das Fachzentrum derzeit in den folgenden Normungs- und Richtliniengruppen aktiv tätig: DIN 6868-159 (Abnahme- und Konstanzprüfung in der Teleradiologie nach RöV) Mit der DIN 6868-159 wurden Festlegungen zur Abnahme- und Konstanzprüfung für teleradiologische Systeme getroffen. Nach Beendigung der Arbeitsgruppentätigkeit im Dezember 2008 und Veröffentlichung der Norm im März 2009 ist ein einheitlicher Qualitätsstandard für teleradiologische Kooperationen gewährleistet. DIN 6868-150 (Abnahmeprüfung nach RöV an medizinischen Röntgeneinrichtungen für Aufnahme- und Durchleuchtung) Diese Norm soll die Nachfolge der zurückgezogenen Norm DIN6868-50 übernehmen. Die Regelungen der DIN 6868-50 sind teilweise in der Qualitätssicherungsrichtlinie (QS-RL) und in diversen Auffangnormen niedergelegt. Um den Stand der Technik zu beschreiben wurde vom Normenausschuss Radiologie (NAR) eine Arbeitsgruppe zur DIN 6868-150 einberufen. Diese Norm umfasst die Abnahmeprüfung von Aufnahmegeräten (z. B. Bucky- und Rasterwandgeräten, außer Mammographiegeräten) bis zu Durchleuchtungsgeräten (z. B. C-Bögen, Herzkathederarbeitsplätzen, Angiographiegeräten). In den bereits durchgeführten Arbeitsgruppensitzungen wurden die notwendigen Prüfparameter im Rahmen der Abnahmeprüfung festgelegt. Darüber hinaus sind für die 3D-Techniken im Rahmen von Durchleuchtungsuntersuchungen Prüfmethoden und Prüfkörper getestet worden. Mit der Fertigstellung eines Entwurfs der Norm ist Mitte 2010 zu rechnen. DIN 6868-152 (Abnahmeprüfung nach RöV an Mammographieeinrichtungen mit digitalen und analogen Bildempfängern) Die bisherige Norm fand nur Anwendung auf Mammographiegeräte mit analogen Bildempfängern. Für die digitale Mammographie gilt derzeit noch die PAS 1054 (Publicly Available Specification), diese regelt die Abnahme- und Konstanzprüfung. Zusätzlich sind weitere Regelungen zur Abnahme- und Konstanzprüfung in der Qualitätssicherungsrichtlinie (QS-RL)

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TEIL II Kooperationen und Netzwerke

enthalten. Auch hier ist es wichtig, dass der Stand der Technik durch eine Norm beschrieben wird. Mit der Fertigstellung eines Entwurfs der Norm ist frühestens Ende 2010 zu rechnen. DIN 6878-1 (Digitale Archivierung in der medizinischen Radiologie – Teil 1: Allgemeine Anforderung an die Archivierung von Bildern) Diese Norm legt die Mindestanforderungen an die digitale Bildarchivierung im Bereich der medizinischen Radiologie fest, die durch die vermehrten Einführung von PACS (Picture Archiving and Communication Systems) in Krankenhäusern und großen radiologischen Praxen notwendig ist. Im Frühjahr 2009 wird ein Entwurf der Norm veröffentlicht. Sachverständigenprüfrichtlinie (SV-RL) Durch die Einführung und Etablierung von neuen Techniken war eine Überarbeitung der SVRL notwendig. Zum einen wurden neue Prüfberichtsmuster für den technischen (handgehaltene Röntgenfluoreszenzgeräte) und den tiermedizinischen Bereich (tiermedizinische Computertomographiegeräte) eingeführt. Die Prüfberichtsmuster selbst wurden dem Stand der Technik angepasst. Dies betraf auch insbesondere die Anlage I, in der die technischen Mindestanforderungen bei radiologischen Untersuchungen festgelegt sind, sowie die Normenliste. Die SV-RL wurde auf der 61. Sitzung des LA RöV im November 2008 verabschiedet und ist ab März 2009 gültig. Qualitätssicherungsrichtlinie (QS-RL) Für die Überarbeitung der QS-RL können die gleichen Gründe herangezogen werden wie für die SV-RL. Einfluss auf den Inhalt der QS-RL werden die Arbeitsgruppenergebnisse der DIN 6868-150 und DIN 6868-152 haben, da die QS-RL Regelungen enthält, die von den vorgenannten Normen übernommen werden sollen. Die QS-RL wird frühsten im Frühjahr 2010 vom LA RöV verabschiedet werden können. Dr. Jürgen Westhof, Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe, Regierungspräsidium Kassel

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TEIL II Kooperationen und Netzwerke

Sicherheit und Gesundheitsschutz in der Land- und Forstwirtschaft – Bericht 2008/2009 •

„Deine Haut, die wichtigsten 2 m² Deines Lebens“ – Hautkampagne geht zu Ende

Mit der seit fast zwei Jahren aktiv betriebenen Präventionskampagne „Haut" hat die Landund forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft für den bewussten Umgang mit der Haut geworben und hierzu in über 130 Schulungen und Informationsveranstaltungen sowie vielen persönlichen Gesprächen gezielt beraten. Besonders deutlich wurde während dieser Kampagne, dass Empfehlungen zum Schutz der Haut sehr gut in der Landwirtschaft angenommen werden, wenn das geeignete Produkt für eine bestimmte Tätigkeit vorgestellt wird. Auf besonderes Interesse stieß der Nitrilhandschuh. In den meisten Betrieben gehört er jetzt beim Melken zum alltäglichen Gebrauch und hilft die Hauterkrankungen durch Feuchtarbeit zu reduzieren.

Hauterkrankungen liegen in der Statistik der angezeigten Berufskrankheiten bei der Berufsgenossenschaft auf dem fünften Platz. Insbesondere in der Landwirtschaft hat sich gezeigt, dass man von einer wesentlich höheren Anzahl von Hauterkrankungen ausgehen kann, da Hautprobleme oftmals als "normale Arbeitsspuren" akzeptiert werden. Konzentrierte Säuren oder Laugen fügen der Haut unmittelbar Schaden zu. Aber auch Stoffe, mit denen wir täglich in Berührung kommen, können Schäden verursachen und Allergien auslösen. Der lange oder häufige Kontakt mit Feuchtigkeit oder mit Ölen, Lösungsmitteln und laugenartigen Substanzen greift den Säureschutzfilm und die Barrierefunktion der Haut an. Am häufigsten sind die Hände betroffen. Trotz oftmals schmerzhaften und entzündeten Hauteinrissen, z. B. der Handinnenflächen, wird der Hautarztbesuch häufig gescheut. Wie kann man die Hände schützen? Da es den „perfekten“ Handschuh für alle Tätigkeiten nicht gibt, ist es sinnvoll, eine Auswahl der für die jeweiligen Tätigkeiten in der Landwirtschaft geeigneten Handschuhe zu kennen und Modelle auszusuchen, die für die meisten Arbeiten

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TEIL II Kooperationen und Netzwerke

einsetzbar sind und vor allem auch im Tragekomfort zusagen. Kein Arbeitshandschuh nutzt, wenn er nicht getragen wird, weil er nicht passt, zu dick oder zu dünn ist oder unangenehm riecht. BG ist die richtige Adresse in Sachen Hautschutz

Bei der Auswahl sowie bei Fragen zum Thema Hautschutz helfen die Mitarbeiter des Technischen Aufsichtsdienstes der Berufsgenossenschaft gern weiter. Sie sind mit einem Hautschutzkoffer ausgerüstet und beraten auch nach der Hautkampagne weiter über Handschuhe, Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemitteln. Im Rahmen von Messen und Abendveranstaltungen werden auch in Zukunft persönliche Hautanalysen angeboten. Die Struktur der Hautoberfläche wird hierbei vergrößert dargestellt und fordert oftmals zum besseren Hautschutz auf. Resümee

Zu Beginn und am Ende der Kampagne wurde bundesweit stichprobenartig eine Befragung und Beratung in über 3.200 Betrieben zum Hautschutz durchgeführt. Die ausgewerteten Fragebögen machen deutlich, dass das Gesundheitsschutz-Thema auf ein großes Interesse bei den Versicherten gestoßen ist und Informations- und Beratungsbedarf hierzu bestand. Erfreulich ist, dass sich viele der Befragten während dieser Zeit intensiver mit dem Thema Hautschutz auseinandergesetzt haben und ihnen Hautschutzmaßnahmen erst durch die Kampagne im Detail und ihrer Komplexität bekannt geworden sind. Es gibt eine deutliche Zunahme im Vorhandensein von Hautschutz- und Hautpflegemitteln im Vergleich zur Erstbefragung (+20,31 % und +13,69 %). Auch die für die Tätigkeiten im Betrieb geeigneten Handschuhe liegen häufiger vor (+9,50%). Ebenso gibt es einen deutlichen Anstieg durchgeführter Gefährdungsbeurteilungen, speziell auch zur Hautgefährdung (+16,6 %). Zudem haben die durchgeführten Maßnahmen zur Information und Unterrichtung, wie das Vorhandensein eines Hautschutzplans (+24,1 %), Vorliegen von Betriebsanweisungen (+16,2 %) sowie Unterweisung der Beschäftigten zu Hautgefährdung und Hautschutz (+11,0 %), im Zeitraum von der Erstbefragung bis zur Nachbefragung deutlich zugenommen.

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TEIL II Kooperationen und Netzwerke GDA-Projekt: Gesundheitsschutz bei Feuchtarbeit und Tätigkeit mit hautschädigenden Stoffen

Auch nach Abschluss der Hautkampagne bleibt der Hautschutz für die Berufsgenossenschaft ein wichtiges Thema. Im Rahmen der GDA werden Unternehmer und Versicherte insbesondere über die in der Tierhaltung und dem Gemüsebau häufig auftretenden Gefährdungen der Haut durch Feuchtarbeit beraten und geeignete Präventionsmaßnahmen vermittelt. Über die Ergebnisse des Projekts wird im nächsten Jahr berichtet. •

Neue achtseitige Broschürenreihe: Gefahren erkennen – sicher arbeiten

Die Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland hat eine neue achtseitige Broschürenreihe GEFAHREN ERKENNEN – SICHER ARBEITEN herausgebracht. Es wurden die Bereiche Rindviehhaltung, Leiterhandhabung, Senioren sowie Fahrzeuge und Maschinen beleuchtet. Mit Unfallbeispielen, Unfallzahlen, praktischen Verbesserungsvorschlägen und Sicherheitschecks zu den einzelnen Themen beraten unsere Außendienstmitarbeiter die Versicherten gezielt vor Ort. Nachfolgend werden Inhalte aus der Broschüre Fahrzeuge und Maschinen vorgestellt. •

Unfallschwerpunkt „Fahrzeuge“

Durch den technischen Fortschritt sind die in der Landwirtschaft eingesetzten Fahrzeuge und Maschinen leistungsstärker und zugleich sicherer geworden. Nicht zuletzt aufgrund der Beratungen der Hersteller durch die Berufsgenossenschaft wurden zusätzliche Schutzeinrichtungen angebracht. Trotzdem ist der Einsatz von Fahrzeugen und Maschinen immer noch ein Unfallschwerpunkt bei Arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft. Allein in den Jahren 2008 und 2009 ereigneten sich in Hessen 1483 Unfälle mit Fahrzeugen. Die Ursachen der Unfälle mit Traktoren und Anhängern sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Die meisten Unfälle entfallen auf die Arbeit mit Traktoren. Die häufigsten Unfallursachen sind Stürze beim Auf- oder Absteigen. Unfälle mit schweren Verletzungen gibt es, wenn Personen an- oder überfahren werden.

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TEIL II Kooperationen und Netzwerke

Hessen

2005

2006

2007

2008

2009

Änderung 2005 – 2009

Fahrzeuge gesamt

776

787

744

759

724

-6,70 %

Traktoren

356

325

345

384

343

-3,65 %

Anhänger

190

200

161

164

157

-17,37 %

Mähdrescher

46

61

46

28

30

-34,78 %

Frontlader

38

33

34

33

40

5,26 %

Ladewagen

13

20

18

14

6

-53,85 %

8

8

4

9

4

-50 %

Stalldungstreuer



Auf- und Absteigen vom Traktor und Anhänger

Verletzungsgefahren durch Vorwärtsabsteigen

Gefährdungen entstehen beim Vorwärtsabsteigen durch: •

geringe Auftrittsfläche, da nur die Ferse aufgesetzt werden kann.



Abrutschgefahr vom verschmutzten Aufstieg.



Abspringen von der letzten Stufe, da keine Festhaltemöglichkeit bis zum Bodenkontakt vorhanden ist. Beim Abspringen wirkt das 4-fache Körpergewicht auf die Gelenke.



Umknickgefahr beim Abspringen. Beim Vorwärtsabsteigen vom Traktor gestürzt: Der Landwirt wollte vorwärts vom Schlepper absteigen, rutschte mit der Ferse über die Außenkante des ersten Trittes und stürzte. Verletzung: Innenbandabriss.

118

TEIL II Kooperationen und Netzwerke



Absturz beim Aufstieg auf den Anhänger

Von der Deichsel gerutscht

Um auf den Zweiachsanhänger aufzusteigen, betrat der Landwirt die Deichsel. Dabei rutschte er ab, fiel und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Das Auf- und Absteigen an Anhängern führte in der Vergangenheit immer wieder zu Unfällen. Beim Fehlen geeigneter Aufstiege wird häufig abgesprungen. Außerdem sind die zum Aufsteigen benutzten Anhängerteile nicht rutsch- und trittsicher. Häufig sind sie nass, schmutzig, schräg angeordnet oder schwierig zu betreten. Neu in den Verkehr kommende Anhänger sind ab Werk schon mit Aufstiegen ausgestattet, ältere Anhänger müssen dementsprechend nachgerüstet werden. Häufig wird beim Transport von Futter- oder Lebensmitteln die Benutzung von Abdeckplanen verlangt, um Verunreinigungen des Transportgutes zu verhindern. Diese Anhänger müssen mit einer Arbeitsplattform mit Geländer ausgerüstet sein, die ggf. nachzurüsten ist. •

Schnell laufende Traktoren

Traktoren fahren heute mit bis zu 60 km/h und 40 Tonnen Gesamtgewicht über die Straße. Wenn der Fahrer plötzlich bremsen oder ausweichen muss, die Straße zusätzlich noch nass und glatt ist, hilft - anders als bei Lastwagen oder Bussen - kein ABS oder ESP. Bei schnellen Ausweichbewegungen kommt es dann häufig zu Schleudervorgängen und Unfällen. Unfallbilanz 2008 (bundesweit):

5.504 Unfälle mit Traktoren 28 Unfälle mit tödlichen Verletzungen



Verkehrsunfall mit schnell laufendem Traktor

Ein Landwirt befuhr eine Bundesstraße mit seinem Schlepper und angehängtem Vierscharvolldrehpflug. Durch Aufschaukeln des Schleppers auf dem unebenen Asphaltbelag und vermutlich zu hoher Geschwindigkeit, wurde die Bodenhaftung der Vorderachse stark beeinträchtigt. Durch die dann zwangsläufig einsetzende Gegenlenkbewegung des Fahrers verlor dieser die Kontrolle über den Schlepper, der eine Straßenböschung hinunterfuhr, sich einmal komplett überschlug und dann wieder auf den Reifen zum Stehen kam. Der Landwirt erlitt bei diesem Umsturz schwere Kopfverletzungen.

119

TEIL II Kooperationen und Netzwerke



Sehen und gesehen werden! Kenntlichmachung von Anhängern und Anbaugeräten

Für die sichere Fahrt auf der Straße sind die Kenntlichmachung, die Vermeidung von Überladungen und die Ladungssicherung wichtig! Landwirtschaftliche Fahrzeuge können im Straßenverkehr ein beachtlicher Risikofaktor sein. Die Fahrzeuge und Maschinen werden immer größer und auf den Straßen wird es immer enger. Langsam fahrende Fahrzeuge sind insbesondere bei Dunkelheit eine Gefahr für den schnell laufenden Kraftfahrzeugverkehr. Ein Fahrzeuggespann mit Traktor und Anhänger braucht mehr als 10 Sekunden, um von einem Feldweg auf eine Straße abzubiegen. Deshalb ist es wichtig, schnelleren Verkehrsteilnehmern eine gute Wahrnehmung der landwirtschaftlichen Fahrzeuge zu ermöglichen. Neben einer ausreichenden Beleuchtung sind hierfür selbstklebende reflektierende Leuchtstreifen besonders gut geeignet. Die Ausstattung eines Anhängers damit kostet circa 30 Euro.

Selbstklebende reflektierende Leuchtstreifen verbessern die Erkennbarkeit von landwirtschaftlichen Fahrzeugen.



Rückfahrkameras – Sicherheit rundum

Eine Rückfahrkamera gibt Sicherheit aus jeder Perspektive und ist immer häufiger in den landwirtschaftlichen Betrieben zu finden. Fahrzeuge und Maschinen in der Landwirtschaft werden immer größer und fast ausschließlich im Einmannbetrieb eingesetzt. Das bedeutet viel Verantwortung und eine hohe Belastung für die Fahrer. Oft ist ein sicherer Rundumblick nicht mehr möglich. Der tote Winkel fährt immer mit. Alles, was neben und hinter den Fahrzeugen und Maschinen passiert, ist vom Fahrer nicht zu erkennen. Rangieren, an- und abkuppeln, be- und entladen wird häufig zu einem Glücksspiel.

120

TEIL II Kooperationen und Netzwerke

Mit moderner Kameratechnik kann der Fahrer Arbeitsabläufe überwachen und den Bereich hinter seiner Maschine komplett erfassen. Unterm Strich heißt das: Entlastung für den Fahrer, mehr Effizienz während der Arbeit und mehr Sicherheit beim Rangieren auf dem Hof, im Straßenverkehr und auf dem Feld. Mit der Rückfahrkamera kann auch der „Tote Winkel“ sicher eingesehen werden.



GDA-Projekt "Sicher fahren und transportieren" gibt neue Impulse

Moderne Traktoren mit immer größerer Leistung und höheren Fahrgeschwindigkeiten in Verbindung mit größeren und schwereren Anhängern sind besonders im öffentlichen Straßenverkehr eine besondere Verantwortung für den Fahrer. Im Rahmen des GDA-Projekts werden den Fahrern von Traktoren und großen selbstfahrenden Maschinen in Einzelgesprächen und in regionalen Veranstaltungen die Gefährdungen bewusst gemacht und auf ein sicheres Verhalten hingewirkt. Über die Ergebnisse des Projekts wird nach dessen Abschluss im Jahr 2011 berichtet. •

Ein ungewöhnlicher Unfall: Verpuffung im Melkstand

Beim Aufrühren von Gülle in den Lagerkanälen unter einem Milchviehlaufstall wurden Gase freigesetzt. Bei der Verpuffung erlitt ein Beschäftigter Brandverletzungen zweiten Grades. Er hatte mit einer brennenden Zigarette den angrenzenden Karussellmelkstand betreten, wo sich ein explosionsfähiges Gasgemisch gebildet hatte. Der zehn Jahre alte Laufstall beherbergt 130 Milchkühe nebst Jungvieh und Kälbern. Das Fassungsvermögen des Güllekellers unter dem Stall beträgt etwa 2.500 m3 und zum Zeitpunkt des Unfalls war er fast vollständig gefüllt. Der Landwirt wollte am nächsten Tag Gülle

121

TEIL II Kooperationen und Netzwerke

ausbringen und hatte, um die Gülle vorher zu homogenisieren, das elektrische Rührwerk nach der morgendlichen Melkzeit eingeschaltet. Bis zum Unfallzeitpunkt um etwa 16 Uhr war das Rührwerk seit acht Stunden ununterbrochen in Betrieb. Obwohl der Außenklimastall über dem Futtertisch offen ist und die Tore sowie die Lichtplatten an den Längsseiten ständig offen stehen, konnte sich Güllegas im angebauten Melkstand sammeln und ein brennbares Gemisch bilden. Begünstigt wurde dieses durch die Inversionswetterlage, es war nahezu windstill. Bisher sind keine Fälle bekannt geworden, in denen Güllegase in einem Außenklimastall oder angrenzenden Gebäuden ein explosionsfähiges Gemisch bildeten. Der Melkraum hat zum Stall hin Türöffnungen, durch die Güllegase einfließen konnten.

Vorkehrungen treffen

Für jeden Stall sind je nach Lüftungsart, Raumsituation und Handhabung der Gülle Vorkehrungen zu treffen, um solche Unfälle zu vermeiden. Hier wurde folgendes vereinbart: •

Das Rührwerk darf nur anlaufen können, wenn eine Tür zwischen Stall und Melkstand geschlossen ist und somit keine Gase vom Stall in den Melkstand eindringen können.



Im Melkstand ist eine Entlüftung (vorzugsweise Überdruckbelüftung) zu installieren.



In einer Betriebsanweisung ist vorzugeben, dass nur bei natürlicher Lüftung des Stalles durch ausreichend Windbewegung gerührt werden darf. Alle Mitarbeiter sind entsprechend zu unterweisen. Marion Nesselrath, LBG Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland

122

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

3.1

Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe

Schwerpunktaktion „Schutz der Beschäftigten vor Stäuben und Aerosolen an Gießereiarbeitsplätzen“ In Rahmen einer Schwerpunktaktion der Ländermessstellen aus Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sowie der BG Metall Nord Süd wurden in 38 Sandgießereien (27 Eisen und 11 NE-Gießereien) Erhebungen zur Beschreibung der Expositionsverhältnisse einschließlich der angewandten Schutzmaßnahmen in staubbelasteten Arbeitsbereichen durchgeführt. Hierbei konzentrierten sich die Aktivitäten auf die Bereiche Schmelzherstellung- und behandlung, Formerei (Handformen/Gießen), Kernmacherei, Auspacken und Putzerei. Neben der einzel- und überbetrieblichen Bewertung der Expositionsverhältnisse wurde ein Konzept mit expositionsmindernden Schutzmaßnahmen in Form einer Handlungsanleitung formuliert. Mit diesem Maßnahmenkonzept sollen die Betriebe der Branche informiert, beraten und für die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten an ihren Arbeitsplätzen sensibilisiert werden. Die Handlungsanleitung zur guten Arbeitspraxis „Schutz der Beschäftigten vor Stäuben und Aerosolen an Gießereiarbeitsplätzen“ als branchenspezifische Hilfestellung kann somit bei Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen und der Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen in staubbelasteten Gießereibereichen genutzt werden.

Untersuchungsergebnisse Die bei Gießereiprozessen entstehenden partikelförmigen Gefahrstoffe (Rauche, Stäube) können zu Erkrankungen der Atmungsorgane führen. Diese Erkrankungen gehen im Wesentlichen auf eine Überladung der Lunge und der Bronchien zurück.

123

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

In Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Rauche und Stäube können darüber hinaus z.B. fibrogene, toxische oder krebserzeugende Wirkungen entstehen. Die sich zusätzlich bildenden gasförmigen Gefahrstoffe haben dabei fast ausschließlich toxische Wirkungen. Zur Beurteilung der inhalativen Exposition für die typischen Tätigkeitsprofile aus den einzelnen Gießereibereichen und damit einhergehend der Qualität vorhandener Schutzmaßnahmen wurden bei den Arbeitsplatzmessungen die Leitparameter „Einatembarer Staub (E-Staub)“ und „Alveolengängiger Staub (A-Staub)“ gewählt. Zusätzlich erfolgte die Bestimmung des Quarzgehaltes in der A-Staubfraktion. Für die Bereiche Formerei und Kernmacherei, bei denen auch organische Einsatzstoffe Verwendung finden (u.a. Bindemittel, Katalysatoren), wurden weitere Leitparameter in die Bestimmung einbezogen (u.a. Furfurylalkohol, Amine). Die nachfolgenden Tabellen geben einen zusammenfassenden Überblick über die angetroffenen Expositionsverhältnisse für E- und A-Staub. In ca. 100 Arbeitsbereichen wurden für Eund A-Staub ca. 200 Schichtmittelwerte gebildet (ca. 300 Messwerte). Der Bewertungsindex ergibt sich dabei als Quotient aus dem Schichtmittelwert und dem Arbeitsplatzgrenzwert für EStaub (10 mg/m3). Als Grenzwert gilt der Bewertungsindex BI=1. Tätigkeit

Anzahl Schichtmittelwerte E-Staub

min.

max.

Mittelwert

Schmelzherstellung

16

0,17

1,27

0,56

Handformen/Abguss

47

0,11

1,76

0,45

Kernherstellung (maschinell)

10

0,04

0,84

0,24

Kernherstellung (manuell)

4

0,14

0,67

0,41

Auspacken

22

0,3

10,1

1,5

Putzerei

51

0,05

13,0

2,1

Schichtmittel E-Staub (Bewertungsindex BI)

Tabelle 1: E-Staub-Schichtmittelwerte für die untersuchten Arbeitsbereiche (Summe 150 Schichtmittelwerte).

Den Tabellen 1 und 2 kann entnommen werden, dass bei vergleichender Betrachtung der Arbeitsbereiche die höchsten Staubbelastungen in den Putzereien und den Auspackstationen vorlagen. Hier waren die häufigsten Überschreitungen des Arbeitsplatzgrenzwertes für den Einatembaren Staub zu verzeichnen. Danach folgen in der Rangfolge der Belastungsschwerpunkte die Bereiche Schmelzherstellung, Handformen/Abguss und Kernherstellung.

124

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Weiterhin lässt sich feststellen, dass in den Bereichen Schmelzherstellung/-behandlung, Handformen/Abguss, Auspacken und Putzerei jeweils der Bewertungsindex für den einatembaren Staub gegenüber dem des alveolengängigen Staubes dominierte. Tätigkeit

Anzahl Schichtmittelwerte A-Staub

min.

max.

Mittelwert

Schmelzherstellung

11

0,13

0,99

0,44

Handformen/Abguss

23

< 0,1

1,0

0,37

Kernherstellung (maschinell)

8

0,06

1,0

0,35

Kernherstellung (manuell)

1

0,29

0,29

0,29

Auspacken

14

0,09

2,3

0,53

-

-

-

-

Putzerei

Schichtmittel A-Staub (Bewertungsindex BI)

Tabelle 2: A-Staub - Schichtmittelwerte für die untersuchten Arbeitsbereiche (Summe 57 Schichtmittelwerte).

Identifizierte Staubbelastungen in Gießereiarbeitsbereichen Als relevante Emissionsquellen in Sandgießereien sind die Schmelzöfen, Nachbehandlungsstationen, der Transport und der Abguss von Metallschmelze, das Auspacken von Formkästen, die Putzarbeiten und Reinigungsarbeiten mit Druckluft zu nennen.

Abbildung 1: Abguss aus Pfanne (Quelle: Regierungspräsidium Kassel).

125

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Zu den wesentlichen festgestellten Ursachen für Staubemissionen in die Raumluft, die die Exposition am Arbeitsplatz beeinflussen können, zählen insbesondere: •

Keine oder nur unzureichende lüftungstechnische Erfassung von Emissionsquellen (insbesondere stationäre Anlagen bzw. mobile Bearbeitungsgeräte, innerbetriebliche Transporte von Flüssigeisen)



Unzureichende Reinigung der Arbeitsbereiche (Formsand auf Böden, Anlagen etc.)



Staubaufwirbelnde Reinigungsverfahren mit Besen, Schaufel und Druckluft



Querströmungen aus der natürlichen Belüftung über geöffnete Tore (Aufwirbelung von Depotstäuben und Beeinträchtigung der Erfassungsqualität vorhandener Quellenabsaugungen)

Als weitere, die Expositionshöhe beeinflussende Parameter sind z.B. die Arbeitsverfahren (Herstellungs-/Verwendungsverfahren, Tätigkeitsprofil der Beschäftigten), die Art der verarbeiteten Stoffe und Zubereitungen (Gefährlichkeitsmerkmal, chemisch-physikalische Eigenschaften) und die Auslastung der Arbeitsbereiche (Stoffmengen je Schicht, Häufigkeit durchzuführender Einzeltätigkeiten) zu nennen. In der Regel sind die Belastungen im jeweiligen Arbeitsbereich nicht auf eine einzelne Ursache, sondern auf die Kombination mehrerer Ursachen zurückzuführen. Diese Gefahrstoffemissionen führen zur direkten Belastung der Beschäftigten in ihrem Arbeitsbereich, zur Belastung benachbarter Arbeitsbereiche und zur allgemeinen Erhöhung der Grundlast in den Hallen. Neben der inhalativen Belastung ist bei Tätigkeiten mit Formsand in der Formerei und der Kernherstellung auch die dermale Belastung durch Hautkontakt zu berücksichtigen (furan- und phenolharzhaltige Bindemittel). Die Vernachlässigung hygienischer Grundmaßnahmen (u.a. Nahrungs- und Genussmittel am Arbeitsplatz) kann zu weiteren zusätzlichen Belastungen (insbesondere bei oraler Aufnahme) führen. Maßnahmenkonzept zur Expositionsminderung Aus den Ergebnissen der Aktion sowie vorliegenden Erkenntnissen anderer Institutionen konnten grundsätzliche Anforderungen an Schutzmaßnahmen zur Minderung der Exposition gegenüber Gefahrstoffen formuliert und in Form einer Handlungsanleitung zusammen gefasst werden.

126

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Eine Minimierung der Staubbelastung ist erreichbar durch das Zusammenwirken von staubarmer Verfahrensweise, lüftungstechnischer Erfassung, Sauberkeit am Arbeitsplatz und persönlicher Hygiene. Nachfolgend werden einige Kernmaßnahmen aus der Handlungsanleitung aufgeführt: •

Ersatzstoffe und Ersatzverfahren mit geringerer Gefährdung haben Vorrang vor technischen, organisatorischen sowie personenbezogenen Maßnahmen und sind zu bevorzugen. Der Verzicht auf Ersatzlösungen ist in der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung zu begründen



Belastungsschwerpunkte in Gießereien resultieren überwiegend aus Emissionen lokal begrenzter stationärer Quellen. Hier sollte der Erfassung an der Emissionsquelle der Vorzug eingeräumt werden, da diese mit wesentlich geringerem Aufwand realisiert werden kann als mit aufwändigeren Raumbe- und -entlüftungskonzepten. Die Auslegung der lüftungstechnischen Erfassungseinrichtung muss die jeweiligen Arbeitsbedingungen, die auf die Exposition Einfluss nehmen können, berücksichtigen.



Lüftungstechnische Erfassungen mit den optimierten und wirtschaftlich effizienter arbeitenden Verfahren wie Düsenplatten oder Wirbelhauben sind bei Neubeschaffungen bzw. Umbauten den konventionellen Absaughauben vorzuziehen



Für Problembereiche, die mit lokalen Erfassungseinrichtungen nicht zielführend entstaubt werden können (z.B. beim Großguss), bietet sich die lokale räumliche Abtrennung bzw. die sektionsweise Errichtung raumlufttechnischer Anlagen an. Hier ist das dem Stand der Technik entsprechende Lüftungskonzept „Schichtlüftung“ zu bevorzugen



Durch bauliche und/oder organisatorische Maßnahmen sind Transportwege mit offenen Flüssigeisenbehältnissen auf ein Minimum zu reduzieren; Sandaufbereitungsanlagen sollten räumlich separiert werden



Geöffnete Tore sollten zur Vermeidung der damit verbundenen Nachteile wie Beeinflussung von Erfassungseinrichtungen durch Querströmungen oder Aufwirbelung von Staubdepots verschlossen bzw. durch Staplertore ersetzt werden



Neben der inhalativen Belastung ist in einzelnen Arbeitsbereichen bei Tätigkeiten mit Formsand auch die dermale Belastung durch Hautkontakt zu berücksichtigen. Der Hautkontakt ist durch Zurverfügungstellung sowie der Verwendung geeigneter Schutzhandschuhe zu unterbinden (s. Sicherheitsdatenblatt des Produktherstellers bzw. Inverkehrbringers, Hersteller von Schutzhandschuhen)

127

TEIL III Berichte aus den Fachzentren



Die Grundanforderungen an die Hygiene am Arbeitsplatz sind zu beachten (u.a. Essen, Trinken und Rauchen außerhalb der Arbeitsbereiche in dafür eingerichteten Bereichen); s. auch TRGS 500



Das Verbot, zur Reinigung von Arbeitsplätzen, Anlagen, Werkstücken, Formen, Kleidung etc. keine Druckluft zu verwenden, ist zu beachten (Einsatz geeigneter Industriestaubsauger, Vakuumreinigungssysteme bzw. Kehrsaugmaschinen)



Zur Wirksamkeitskontrolle von Schutzmaßnahmen in staubbelasteten Arbeitsbereichen kann der Arbeitsplatzgrenzwert für den Einatembaren Staub herangezogen werden.

Die in verschiedenen Sandgießereien ermittelten betriebsspezifischen Expositionsverhältnisse haben gezeigt, dass in Sandgießereien Handlungsbedarf zur Reduzierung der Gefahrstoffbelastung besteht. Expositionsmindernde Schutzmaßnahmen, bestehend aus technischen, organisatorischen, persönlichen und hygienischen Maßnahmen, müssen dabei auf die jeweiligen betrieblichen Gegebenheiten individuell abgestimmt werden. Die Handlungsanleitung mit ihrem Maßnahmenkonzept kann dabei unterstützend Hilfestellung leisten. 2009 wird die Arbeitsschutzverwaltung ergänzend Gießereibetriebe überprüfen, die nicht in die Aktion einbezogen waren. Weiterhin ist vorgesehen, in einigen Jahren eine Erfolgskontrolle zur Überprüfung der Wirkung der Schwerpunktaktion durchzuführen. Detaillierte Informationen zur Aktion, insbesondere zu den messtechnischen Ermittlungen, können der Handlungsanleitung sowie dem zugrunde liegenden Abschlussbericht entnommen werden. Die Handlungsanleitung ist über das Internet u.a. im Sozialnetz Hessen (Betrieblicher Arbeitsschutz, Gefahrstoffe) (http://projekte.sozialnetz.de/ca/ud/bbjw/) und bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (www.baua.de) zugänglich; der Abschlussbericht kann über das Fachzentrum bezogen werden. Jürgen Wehde, Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe, Regierungspräsidium Kassel

128

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Gefahrstoffinformationen und Gefährdungsbeurteilung bei der Verarbeitung von Epoxidharzen Projektziel und Beschreibung der Maßnahme Epoxidharze haben aufgrund ihrer sehr guten technischen Eigenschaften weite Verbreitung gefunden. Ihre sensibilisierenden und reizenden Eigenschaften sind bekannt. Beides zusammen – die weite Verbreitung und das erhebliche Sensibilisierungspotential – führ(t)en bei Tätigkeiten mit Epoxidharzen zu einer Häufung von Berufskrankheiten der Haut und der Atemwege. Hersteller, Verbände, Unfallversicherungsträger und Überwachungsbehörden entwickelten daher über die Jahre vielfältige Aktivitäten, um eine sichere Handhabung der Produkte in den Bereichen sicherzustellen, wo eine Substitution nicht möglich ist. Die Vermeidung von Hautkontakt bei der Handhabung ist dabei von vorrangiger Bedeutung. Trotz des kontinuierlichen Zuwachses an Erkenntnissen und der damit einhergehenden Verfügbarkeit von praxisgerechten Leitfäden und Informationen treten jedoch nach wie vor durch Epoxidharz verursachte Neuerkrankungen in erheblichem Umfang auf. Tabelle 1: Bestätigte Berufskrankheiten durch Epoxidharze. Jahr

2000

2001

2002

2003

2004

2005

Bestätigte Berufskrankheit

214

231

310

269

236

219

Aus: HVBG Referat ZIGUV: Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK) – Gewerbliche BGen, BK-Verdacht bestätigt: Epoxidharz-verursachte BKen (Erstellt am 07.09.06); Anmerkung: Vermutlich sind nicht alle Fälle richtig erfasst.

Die Arbeitsschutzverwaltung in Hessen hat dies zum Anlass genommen, in den Jahren 2007 und 2008 eine Schwerpunktaktion zu Gefahrstoffinformationen und Gefährdungsbeurteilungen bei der Verarbeitung von Epoxidharz-Härter-Systemen in der Baubranche durchzuführen. Sie verfolgte dabei folgende Ziele: •

Die verfügbaren Gefahrstoffinformationen zu Epoxidharzen zu erheben,



Den Informationsfluss vom Hersteller bzw. Formulierer zum Fachbetrieb und weiter bis auf die Baustelle zu untersuchen,



Bestimmte arbeitsschutzrelevante Aspekte in Sicherheitsdatenblättern und anderen Hersteller-Informationen zu prüfen,

129

TEIL III Berichte aus den Fachzentren



Die Gefährdungsbeurteilungen von Fachbetrieben, die Bodenbeschichtungen, Betonsanierungen oder Fugenversiegelungen mit Epoxidharz-Härter-Systemen durchführen, sowie



Die vom Fachbetrieb (Arbeitgeber) veranlassten Schutzmaßnahmen und deren Umsetzung auf Baustellen zu prüfen.

Die Arbeitsschutzdezernate der Regierungspräsidien Darmstadt, Gießen und Kassel führten die Befragungen und Revisionen anhand standardisierter Checklisten durch. Das Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe des Regierungspräsidiums Kassel nahm die Prüfung der Sicherheitsdatenblätter und anderer Hersteller-Informationen vor und war federführend für die Durchführung und Auswertung des gesamten Projektes. Tabelle 2: Umfang der Befragungen und Revisionen. Betriebe/Baustellen Hersteller und Formulierer (Hessen)

Ingesamt

Im Projekt

11

9

Hersteller und Formulierer (andere Bundesländer), deren EpoxidharzProdukte von Hessischen Fachbetrieben und auf Baustellen verwendet wurden Fachbetriebe zur Bodenbeschichtung, Betonsanierung, Fugenversiegelung (Hessen)

7 17

11

Baustellen mit Bodenbeschichtungs-, Betonsanierungs- oder Fugenversiegelungsarbeiten mit Epoxidharz-Härter-Systemen (Hessen)

6

Tabelle 3: Umfang der Prüfungen. Geprüfte Unterlagen

Im Projekt

Verfügbare Informationsbroschüren und Online-Informationen

13

Sicherheitsdatenblätter (Hessen)

66

Sicherheitsdatenblätter (anderer Bundesländer)

35

Technische Merkblätter, System-Merkblätter, Produktinformationen (insgesamt)

59

Internetpräsentationen der Hersteller/Formulierer (insgesamt)

11

Gefährdungsbeurteilungen

7

Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die wichtigsten Ergebnisse der Schwerpunktaktion hinsichtlich der bewerteten Informationsbroschüren und Online-Informationen, der Sicherheitsdatenblätter, Gefährdungsbeurteilungen nach Gefahrstoffverordnung und der Umsetzung der Schutzmaßnahmen auf Baustellen. Der ausführliche Abschlussbericht zur Schwerpunktaktion enthält weitere Detailangaben. Er dokumentiert und bewertet darüber hinaus auch den Informationsfluss, weitere Hersteller-

130

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Informationen sowie weitere Ergebnisse zum betrieblichen Arbeitsschutz (Bezugsquelle des Abschlussberichts, siehe unter Nr. 8). 1. Verfügbare Informationsbroschüren und Online-Informationen Unter den 13 recherchierten Informationsbroschüren und Online-Informationen werden sechs für eine Verwendung bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen als geeignet bewertet, z. B. weil sie gute Darstellungen und eine konkrete Beschreibung von Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Epoxidharz-Härter-Systemen enthalten. Darüber hinaus sind ein Flyer und eine Kurzinfo verfügbar, die zur Weitergabe an Fachbetriebe und auf Baustellen geeignet erscheinen. Die Befragung der Hessischen Hersteller und Formulierer ergab folgendes Bild zu Bekanntheitsgrad und Verwendung dieser sechs Informationsmaterialien und deren Weitergabe an den Kunden. Tabelle 4: Bekanntheitsgrad, Verwendung und Weitergabe von Informationsmaterialien. Hersteller/ Formulierer bekannt und genutzt

Weitergabe an Kunden

Praxisleitfaden für den Umgang mit Epoxidharzen (BG Bau)

6

1

GISBAU-Informationen und GISBAU-Betriebsanweisungen für Epoxidharz-Beschichtungsstoffe (GISBAU, BG Bau)

6

0

Epoxidharz-Systeme sicher handhaben: Leitfaden zum sicheren Umgang mit Epoxidharz-Systemen in der Bauindustrie und verwandten Anwendungsbereichen (PlasticsEurope)

2

1*

Umgang mit Epoxidharzen, Hinweise zum sicheren Umgang mit Epoxidharzen auf Baustellen (BG Bau Rheinland und Westfalen)

2

0

BGR 227: Tätigkeiten mit Epoxidharzen (BGIA)

2

0

Epoxidharz-Systeme, Ein Leitfaden zur Gefährdungsbeurteilung mit Hinweisen zu Schutzmaßnahmen (Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, Hamburg)

0

0

Vorsicht beim Umgang mit Epoxidharzen: Eine Information für Bauarbeiter (Flyer, BG Bau)

3

1

Epoxidharz-Systeme sicher handhaben (Kurzinfo, PlasticsEurope)

2

1*

Informationsmaterialien Informationsbroschüren und Online-Informationen

Flyer/Kurzinformationen

* Auf Anfrage bei Neukunden.

131

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Sicherheitsdatenblätter Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) schreibt mit dem Sicherheitsdatenblatt einen Informationsträger zur Übermittlung gesundheits-, sicherheits- und umweltbezogener Informationen entlang der Produktions- und Lieferkette gefährlicher Stoffe und Zubereitungen vor. Unter den befragten 11 Fachbetrieben gaben jedoch nur 9 an, die produktspezifischen Sicherheitsdatenblätter tatsächlich zu erhalten, jeweils ein weiterer Fachbetrieb berichtete, nur auf Anfrage bzw. keine Sicherheitsdatenblätter zu erhalten. Die Qualität der Sicherheitsdatenblätter zu Epoxidharzen und -härtern in Bezug auf den Hand- und Körperschutz (Kapitel 8) und die sichere Handhabung (Kapitel 7) wurde geprüft: •

In allen Sicherheitsdatenblättern fehlten sinnvolle, konkrete Angaben zum Körperschutz (Schutz anderer Hautpartien als der Hände) und wie das gefährliche Produkt unter Vermeidung von Hautkontakt zu verwenden ist,



Viele Sicherheitsdatenblätter enthielten nur unvollständige Angaben zu den Schutzhandschuhen. Teilweise wurden bei der Auswahl von Handschuhmaterial oder Handschuhfabrikat dafür relevante Bestandteile des Epoxidharzes oder -härters außer Acht gelassen,



Eine Unterscheidung zwischen Schutzhandschuhen für kurzzeitige Exposition (< 15 min) und für den längeren oder wiederholten Kontakt mit dem Produkt erfolgte nur selten.

Die Defizite sind herstellerspezifisch (nicht produktspezifisch). Tabelle 5: Herstellerbezogene Ergebnisse der Prüfung von Sicherheitsdatenblättern: Sichere Handhabung und Körperschutz. Kapitel/Aspekt im Sicherheitsdatenblatt

o.k.

Nicht ausreichend Mängel

Häufigkeit (Anzahl Hersteller/Formulierer)

Kapitel 7/Sichere Handhabung

0 0

9 7

Kapitel 8/Körperschutz

0 0

9 7

- Konkrete Hinweise zur Vermeidung von Hautkontakt fehlen - Fehlt

132

- Ungeeignet - Schutzcreme anstelle von Schutzkleidung

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Tabelle 6: Herstellerbezogene Ergebnisse der Prüfung von Sicherheitsdatenblättern: Handschutz.

Kapitel/Aspekt im Sicherheitsdatenblatt

o.k.

Nicht ausreichend

Unterscheidung zwischen kurzzeitiger und längerer/ wiederholter Exposition

Mängel

Häufigkeit (Anzahl Hersteller/Formulierer) - Eignung des Materials? Kapitel 8/Handschutz

2 2

7 5

5 0

- Schichtdicke fehlt - Schutzcreme anstelle von Handschuhen - Durchdringungszeit fehlt oder beim Hersteller zu erfragen

Hinweis: Standardschrift: Hersteller/Formulierer aus Hessen, fett kursiv: Hersteller/Formulierer aus anderen Bundesländern

Gefährdungsbeurteilungen nach Gefahrstoffverordnung In 7 der 11 untersuchten Fachbetriebe lagen Gefährdungsbeurteilungen vor. Keine der Gefährdungsbeurteilungen entsprach den Anforderungen der TRGS 400. Die festgestellten Mängel bezogen sich teilweise auf einzelne Elemente der Gefährdungsbeurteilung, teilweise offenbarten sie aber auch gravierende Wissensdefizite zu den Gefahren durch EpoxidharzHärter-Systeme und zur Abfassung von Gefährdungsbeurteilungen. Zu den häufigsten Mängeln zählten: •

Fehlendes Gefahrstoffverzeichnis bzw. kein Verweis auf die Sicherheitsdatenblätter,



Fehlende oder unzureichende Beschreibung der Arbeitsverfahren einschließlich der Arbeitsmittel,



Fehlende Angaben zum Ausmaß der dermalen Exposition (Dauer und Häufigkeit des Hautkontaktes),



Fehlende Angaben zum Umfang der erforderlichen Schutzmaßnahmen.

Umsetzung der Schutzmaßnahmen auf Baustellen Auch wenn auf den Baustellen vor Ort keine Gefährdungsbeurteilungen angetroffen wurden, so ließen doch die akzeptablen Betriebsanweisungen zunächst auf einen guten Arbeitsschutzstandard schließen.

133

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Die praktische Überprüfung zeigte jedoch ernüchternd, dass fast durchgängig auf allen Baustellen Mängel – teilweise in erheblichem Umfang – bei der Umsetzung der Betriebsanweisung vorlagen. Die festgestellten Defizite umfassten: •

Fehlende persönliche Schutzausrüstung,



Fehlende oder unzureichende Arbeitskleidung (z. B. Tragen von Hemden mit kurzen Ärmeln),



Wechsel der Arbeitskleidung zu Hause,



Fehlende Hautpflegemittel,



Verschmutzte Werkzeuge.

Vollzugshandeln Die Arbeitsschutzdezernate der drei Regierungspräsidien veranlassten im Rahmen des Projektes Revisionsschreiben, stellten teilweise beanstandete Produkte bei ICSMS, dem Informations- und Kommunikationssystem für die europaweite Marktüberwachung, ein und führten mündliche Beratungen durch. Die Ergebnisse und Erfahrungen der Schwerpunktaktion führten zur Erarbeitung einer MusterGefährdungsbeurteilung, einer Muster-Betriebsanweisung und von Muster-Formulierungen für Kapitel 7 und 8 des Sicherheitsdatenblatts, die nun als Anlagen zum Abschlussbericht zur Verfügung stehen (Bezugsquelle siehe unter Nr. 8). Fazit Zum Zeitpunkt der Erhebung stellte der Hersteller/Formulierer seinen Abnehmern die nach GefStoffV geforderten Gefahrstoffinformationen zu seinen Produkten noch nicht im erforderlichen Umfang und in der erforderlichen Qualität zur Verfügung. Die Fachbetriebe, die eine Gefährdungsbeurteilung vorlegen konnten, beurteilten die zur Verfügung gestellten Informationen der Hersteller zwar überwiegend als für die Gefährdungsbeurteilung brauchbar, die Defizite in den Gefährdungsbeurteilungen und das noch recht häufige Fehlen von Gefährdungsbeurteilungen zeigen jedoch, dass sich diese Einschätzung nicht mit der Realität deckt. Auf allen überprüften Baustellen wurden Mängel, teilweise in erheblichem Umfang, bei der Umsetzung der notwendigen Schutzmaßnahmen festgestellt.

134

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Ausblick und Folgemaßnahmen Aus den Ergebnissen des Projektes folgt weiterer Handlungsbedarf. Ziel muss dabei sein, die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung zum Schutz der Anwender durchzusetzen und sie so vor einer Sensibilisierung und Hauterkrankung durch Epoxidharz-Härter-Systeme wirksam zu schützen. In einem gemeinsamen Gespräch des Hessischen Sozialministeriums, der Arbeitsschutzdezernate der Regierungspräsidien und des Fachzentrums für Produktsicherheit und Gefahrstoffe wurden Eckpunkte für das Vollzugshandeln gegenüber Herstellern und Formulierern von Epoxidharzen und -härtern und bei Tätigkeiten mit Epoxidharz-Härter-Systemen vereinbart, insbesondere •

Konsequentes Vollzugshandeln in Bezug auf Sicherheitsdatenblätter, Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen auf Epoxidharz-Baustellen einschl. der Kontrolle der Umsetzung der angeordneten/getroffenen Maßnahmen.



Revision weiterer Fachbetriebe und Baustellen mit Tätigkeiten mit Epoxidharz-HärterSystemen im Rahmen der allgemeinen Revisionstätigkeit.



Sofortige Beanstandung von Handschuhen auf Baustellen bei Tätigkeiten mit Epoxidharz-Härter-Systemen, wenn es sich nicht um Chemikalienschutzhandschuhe handelt.



Erfolgskontrolle des Projektes im Jahr 2011.

Darüber hinaus wurde in einem Gespräch des Hessischen Sozialministeriums mit den Vertretern der Hersteller- und Handwerks-Verbände und der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft vereinbart, dass diese weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Informationsstandes bei den Fachbetrieben und auf Baustellen und zu deren Unterstützung bei der Umsetzung der Arbeitgeberpflichten nach GefStoffV einleiten. Der ausführliche Abschlussbericht zur Schwerpunktaktion wurde im Sozialnetz veröffentlicht und kann unter dem Link http://projekte.sozialnetz.de heruntergeladen werden. Er umfasst die Anlagen: •

Muster-Gefährdungsbeurteilung nach §7 Gefahrstoffverordnung und MusterBetriebsanweisung für Beschichtungsarbeiten von Betonflächen mit Epoxidharzsystemen auf Baustellen,



Muster-Formulierungen für das Sicherheitsdatenblatt, Kapitel 7 und 8

135

TEIL III Berichte aus den Fachzentren



Bewertung fachkundiger Informationsbroschüren und Online-Informationen im Hinblick auf die Verwendbarkeit bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen,



Geeignete Schutzhandschuhe für den Umgang mit lösemittelfreien Epoxidharzen (GISBAU),



Erhebungsunterlagen. Barbara Schmid, Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe, Regierungspräsidium Kassel

3.2

Landesgewerbearzt / Fachzentrum für medizinischen Arbeitsschutz

Überprüfung des ASIG und der Verwendung sicherer Nadelsysteme in Hessischen Psychiatrien Einleitung Seit 1973 stellt das Arbeitssicherheitsgesetz (ASIG) die gesetzliche Grundlage der betriebsmedizinischen Betreuung dar. Demnach ist in allen Betrieben eine arbeitsmedizinische Betreuung vorzuhalten, um eine Verbesserung der Arbeitssicherheit in den Betrieben zu erreichen. Der Anlass im Jahr 2007/2008 psychiatrische Kliniken nach dem ASÌG durch den Landesgewerbearzt zu kontrollieren war eine Änderung der „Technischen Regel für biologische Arbeitsstoffe“ (TRBA 250). Der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe hatte in Kooperation mit dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) diese TRBA 250 erstellt. Sie konkretisiert die Anforderungen des Arbeitsschutzes nach der Biostoffverordnung in Einrichtungen des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtpflege. Ausgehend von einer Entwicklung und Nutzung sicherer Instrumente in den USA (2000 wurde der National Needlestick Safety and Prevention Act verabschiedet) wurde 2004 in der TRBA 250, basierend auf der Gefährdungsbeurteilung, festgelegt, dass im Umgang mit infektiösen Patienten „sichere Instrumente“ in Deutschland verwendet werden sollen. 2006 wurde diese Regel verschärft. Sichere Instrumente mussten nun eingesetzt werden, u. a. bei fremd-

136

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

gefährdenden Patienten. Die Übergangsfrist zum Verbrauchen alter Restbestände lief im August 2007 aus. Die Konkretisierung der TRBA 250 (Februar 2008) forderte schließlich die Anwendung „sicherer Systeme“ bei allen Patienten, bei denen eine Gefährdung nicht auszuschließen ist. Der enge Bezug zur Gefährdungsbeurteilung des jeweiligen Betriebes wurde in dieser Ergänzung nochmals unterstrichen. Die in der TRBA 250 als Risikogruppe ausgewiesenen fremdgefährdenden Patienten sind regelhaft in psychiatrischen Einrichtungen aufzufinden. Eine Infektionsgefahr des Pflege- sowie ärztlichen Personals ist teilweise beträchtlich, da viele psychiatrische Patienten zu den HBV-, HCV- und HIV-Risikogruppen zählen. Oberstes Ziel der Prävention einer berufsbedingten Infektion ist es, eine Nadelstichverletzung (NSV) zu vermeiden. Nach dem Arbeitsschutzgesetz (§ 3, § 4) sowie der Biostoffverordnung (§ 10 ) ist der Arbeitgeber gefordert für jede Tätigkeit eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Auch in Hinblick auf die Berufskrankheiten zeigt sich die Bedeutung des Themas ASIG/Nadelstichverletzung. Nach Lärm sowie den drei asbestbedingten Berufskrankheiten nahmen die Infektionskrankheiten (BK 3101) 2007 mit 748 Fällen den fünften Rang bei den anerkannten Berufskrankheiten ein. Nicht alle Berufskrankheiten der Nr. 3101 sind Infektionen durch Nadelstichverletzungen, allerdings machen blutübertragene Viruserkrankungen – Hepatitis B (HBV), Hepatitis C (HCV) sowie HIV-Infektionen – einen wesentlichen Teil der BK 3101 aus. Methodik Durch den Landesgewerbearzt Hessen wurden 40 Hessische Psychiatrien (2007 – 2009) begangen. Es waren alle Hessischen psychiatrischen Kliniken der Landeswohlfahrt, alle universitären psychiatrischen Kliniken und vereinzelt Psychiatrien städtischer Krankenhäuser. Durch diese Begehung wurden ca. 85 % aller Hessischen Psychiatrien erfasst. Die Begehung wurde standardisiert durch ärztliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Landesgewerbearztes Hessen durchgeführt. Von Seiten der Psychiatrien waren zu diesen Terminen ein Vertreter der Geschäftsleitung, der Betriebsrat, der jeweils zuständige Betriebsarzt sowie die Sicherheitsfachkraft und, zusätzlich, Vertreter aus der Pflege, dem Hygienebereich und der Sicherheitsbeauftragte anwesend. In den Kliniken wurden sowohl eine Besprechung, in der im Detail die Arbeitsschutzorganisation der Klinik erörtert wurde, als auch eine Begehung durchgeführt und anhand einer standardisierten Checkliste der Sachstand zum ASIG bzw. der TRBA 250 erhoben. In einem rein deskriptiven Verfahren wurden die erfassten Daten in ihrer Häufigkeit dargestellt. Alle statistischen Analysen wurden mit dem Programm SPSS 15.0 durchgeführt.

137

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Ergebnisse Die Hessischen Psychiatrien werden zu 60 % durch eigene Betriebsärzte und zu 40 % durch überbetriebliche Dienste betreut (55 % Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin; 37,5 % Facharzt Arbeitsmedizin; 7,5 % ohne Qualifikation). Die Beschäftigtenzahl lag zwischen 4 und 4224 Personen (Mittelwert: 869, Median: 312). Die Zahl bezog sich nicht auf die Beschäftigten rein in der Psychiatrie, sondern auf alle, die in der betriebsärztlichen Betreuung standen. Die erhobenen Mängel sind summarisch in Abbildung 1 aufgeführt. Im Mittel wurden die Psychiatrien zu 67 % (Median 63 %) nach den gemäß § 2 GUV-V A 6/7 vorgesehenen Einsatzzeiten betriebsmedizinisch betreut. Die geringste Betreuung (26 %) lag in einer Psychiatrie mit 580 Bediensteten vor. Der Betriebsarzt war 2006 in 10 % der Kliniken bei anfallenden Beratungen nicht involviert (Planung von Betriebsanlagen, Erstellung von Notfallplänen, Gefahrenberatung, Wiedereingliederung, Gesundheitsmanagement). Die Gefährdungsbeurteilungen wiesen ein sehr unterschiedliches Niveau auf. Von 13 Psychiatrien lagen keine Gefährdungsbeurteilungen zur Infektionsgefahr vor. Nur 19 Kliniken konnten eine Gefährdungsbeurteilung bezüglich der Haut vorweisen und 17 Kliniken für Bildschirmarbeitsplätze. Nur 5 Kliniken konnten eine Beurteilung zur psychosozialen Belastung vorlegen, obwohl der Relevanz dieses Themas in allen Kliniken eine sehr hohe Bedeutung zugesprochen wurde. Unzureichende Beratung des Arbeitgebers Keine oder unzureichende Sofortmaßnahmen Kein oder nicht sachgerechter Hautschutzplan Kein Verbandsbuch vorhanden Keine Arztauswahl der sicheren Nadelsysteme Keine sichere Nadeltechnik Keine Mitarbeiterauswahl der sicheren Nadelsysteme Keine Infektions-Gefährdungsbeurteilung

in %

Fehlende Mitarbeiterunterweisung Fehlende Pflichtuntersuchung (G 42) Unzureichende Anzahl von ASA-Sitzungen Unzureichende Einsatzzeit des Betriebsarztes Fehlende Angebotsuntersuchung (G37)

0

20

40

60

80

Abbildung 1: Beobachtete Mängel (in Prozent) im Bereich des medizinischen Arbeitsschutzes in 40 Hessischen Psychiatrien.

138

100

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

In 45 % der Kliniken waren die Pflichtuntersuchungen (G 42) unzureichend. In 7,5 % der Kliniken konnte kein Hautschutzplan vorgewiesen werden. Weitere gut 10 % der Kliniken, die einen Hautschutzplan vorhielten, hatten diesen nicht sachgerecht umgesetzt, so dass 17,5 % aller Psychiatrien keinen oder nur einen unsachgemäßen Hautschutzplan vorhielten. Es erfüllten nur 22,5 % der Kliniken (9 der 40 Kliniken) die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl von mindestens vier Arbeitsschutzausschusssitzungen/Jahr. In 18,4 % der Kliniken waren keine Verbandsbücher vorhanden. NSV wurden in diesen Kliniken direkt beim D-Arzt oder gar nicht erfasst. Die Problematik der Erfassung, Weiterleitung, zentralen Auswertung, und damit verbundener Umsetzung von Maßnahmen, in erster Linie zur Einleitung von Sofortmaßnahmen bei NSV, hing nicht von der Art der Erfassung (digital, manuell), sondern von der Organisation des Meldeablaufes ab. 65 % der befragten Betriebe verneinten eine Dunkelziffer bei der Erfassung der NSV. In 7,5 % der Kliniken wurden NSV überhaupt nicht erfasst. Die Anzahl der erfassten NSV lag zwischen 0 und 300 Meldungen/Jahr (Median: 2, Mittelwert: 34). In 85 % der Psychiatrien lag die NSV-Rate bei unter 5 % der Beschäftigten/Jahr. 5 % der Psychiatrien hatten keine Sofortmaßnahen nach NSV festgelegt. Weitere 5 % wiesen in ihrem Handlungsregime keine optimalen Sofortmaßnahmen vor. Knapp ein Drittel der Psychiatrien haben zum Zeitpunkt der Erhebung noch ausschließlich herkömmliche Systeme benutzt. In den meisten Kliniken wurden als sichere Systeme Butterflies verwendet. 32,5 % der Psychiatrien haben ihre Mitarbeiter nicht in die Beschaffung der sicheren Nadelsysteme mit einbezogen. In 20 % der Fälle wurden auch der Betriebsarzt oder die Sicherheitsfachkraft nicht in die Beschaffung mit einbezogen. Die Handhabung und Sicherheitsvorkehrungen der sicheren Instrumente wurden häufig kritisch diskutiert; in vielen Kliniken wurde die gesetzliche Forderung nach permanenter Überprüfung des Marktes, um adäquatere Systeme zu finden, als absolut notwendig eingestuft, da man mit den vorhandenen Systemen nicht zufrieden war. In 35 % der Psychiatrien wurden die Mitarbeiter in der Handhabung der sicheren Systeme nicht geschult. Diskussion Die Erhebung des Landesgewerbearztes hat gezeigt, dass sowohl bei der ASIG-Kontrolle als auch bei der Überprüfung der TRBA 250 erhebliche Mängel in der betrieblichen Umsetzung aufzufinden sind. Eine betriebsärztliche Versorgung, die im Mittel bei 67 % der zu erbringenden Zeit liegt, kann nicht adäquat die gesetzlichen Bestimmungen umsetzen. Bereiche wie z. B. das Gesundheitsmanagement sind nicht ausreichend in betriebsärztlicher Hand; Hautschutzpläne, Verbandsbücher und Handlungsregime (NSV) sind nicht oder nur unzureichend umgesetzt. Gefährdungsbeurteilungen fehlen im großen Umfang. Bestimmungen der TRBA

139

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

250 sind in sehr vielen psychiatrischen Kliniken erst durch die Ankündigung und Durchführung dieser Hessenweiten Aktion umgesetzt worden. Die Gefährdung, sich durch die Tätigkeit zu verletzen (NSV), ist in vielen Kliniken noch nicht ausreichend reflektiert. So passieren in Deutschland jährlich etwa 500.000 NSV, sehr häufig durch „Recapping“ oder in den Bereichen der Entsorgung sowie der Wäscherei. In das Blickfeld der Verantwortlichen muss gerückt werden, dass alle, die mit Nadeln in Kontakt kommen, gefährdet sind. Nach Expertenmeinung finden in Kliniken 0,3 bis 1 Verletzungen pro Mitarbeiter pro Jahr statt. Das Risiko einer NSV sollte auf jeden Fall in die Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden. So ist das Risiko einer NSV in einer primär gesprächstherapeutisch ausgerichteten psychiatrischen Abteilung wesentlich geringer als in einer Drogenaufnahmestation. In den begangenen psychiatrischen Kliniken wurde überwiegend eine Dunkelziffer verneint. Schlechtes Meldeverhalten ist bei NSV bekannt und auch in Psychiatrien nicht anders anzunehmen. Ein Meldeverhalten, dass durchschnittlich bei 10 bis 25 % der tatsächlich vorkommenden NSV-Rate liegt, sollte durch einfache Dokumentation und gute organisatorische Bedingungen verbessert werden. In der Psychiatrie finden sich viele Patienten mit Infektionen, die durch Blut übertragen werden (HBV, HCV, HIV). Bei entsprechenden Verletzungen an infektiösen Personen ist die Gefahr besonders in Bezug auf diese virusübertragenen Infektionen gegeben: in 300 von 1.000 Fällen treten HBV (30 %), in 30 von 1.000 Fällen (3 %) HCV und in 3 von 1.000 Fällen HIV (0,3 %) Infektionen auf. Es wird diskutiert, dass ca. ein Drittel aller NSV durch den Einsatz sicherer Instrumente vermieden werden können. Die Einführung sichere Systeme hat aber auch betriebswirtschaftlich Konsequenzen. Zum einen zieht ein NSV-Fall Kosten in Höhe von 50 bis 500 €/Fall (Laboruntersuchungen, Spender/Empfänger, Verwaltung) mit sich. Zum anderen sind sichere Systeme in der Anschaffung wesentlich teurer als herkömmliche. Sichere Systeme müssen in ihrer Anwendung geschult und geübt werden, um einen effizienten Schutz zu bieten. In vielen Kliniken wurde diskutiert, dass die sicheren Systeme keine optimalen Handhabungsbedingungen bieten. Je nach verwendetem System wurden berechtigte Klagen wie z. B. über die Führung der Nadeln, die Patientenfreundlichkeit aber auch über die Sicherheit der Systeme geäußert. Eine permanente Prüfung des Marktes muss von allen Arbeitsschutzverantwortlichen geleistet werden, außerdem ist zu fordern, dass sichere Instrumente optimiert und kostengünstiger angeboten werden sollten.

140

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Zusammenfassung Im Rahmen einer Hessenweiten Aktion des Landesgewerbearztes wurden ca. 85 % aller Psychiatrien zu ASIG und der TRBA 250 überprüft. Es fanden sich Mängel in den Einsatzzeiten der Betriebsärzte sowie der betriebsärztlichen Tätigkeit. Gefährdungsbeurteilungen, Hautschutzpläne, Führung von Verbandsbüchern sowie arbeitsmedizinische Untersuchungen wurden zum Teil nur unzureichend oder gar nicht ausgeführt. Die Aktion des Landesgewerbearztes hat dazu geführt, dass die Neuerungen der TRBA 250 bekannt wurden und eine gesetzesgemäße Umsetzung erreicht werden konnte. Dr. med. G. Petereit-Haack MPH, Dr. med. B. Catrein, M. Hoffmann, Dr. med. W. Riedel, Prof. Dr. med. U. Bolm-Audorff, Landesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt

Schwerpunktaktion „Überwachung des Arbeitssicherheitsgesetzes und der sicheren Nadeltechnik in Justizvollzugsanstalten“ Einleitung Das Personal in Justizvollzugsanstalten (JVA) ist wegen der hohen Prävalenz von Infektionserkrankungen bei Gefangenen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Seit dem Jahr 2006 ist in der Technischen Regel für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 vorgeschrieben, dass in Gefängniskrankenhäusern sichere Nadeltechnik eingesetzt wird. Wir haben eine Schwerpunktaktion zur Überwachung der TRBA 250 sowie des Arbeitssicherheitsgesetzes und anderer Arbeitsschutzvorschriften in Hessischen Justizvollzugsanstalten durchgeführt. Methodik In 17 von 21 JVA in Hessen wurden im Jahr 2007 durch ärztliche Mitarbeiter des Landesgewerbearztes Betriebsbegehungen durchgeführt. Die Beschäftigtenzahl lag bei 40 bis 300 (Mittelwert ± Standardabweichung: 141 ± 77). Anhand einer Checkliste und bei einer Betriebsbegehung wurde die Qualität des medizinischen Arbeitsschutzes zu folgenden Themen geprüft: 1.

Qualität der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz und § 6 Biostoffverordnung.

2.

Qualität der Beratung des Arbeitgebers durch den Betriebsarzt im Rahmen des § 3 Arbeitssicherheitsgesetz.

141

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

3.

Einhaltung der Mindesteinsatzzeit des Betriebsarztes nach der Unfallverhütungsvorschrift "Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ der Unfallkasse Hessen (GUV-V A 6/7).

4.

Sitzungsfrequenz des Arbeitsschutzausschusses nach § 11 Arbeitssicherheitsgesetz.

5.

Durchführung der arbeitsmedizinischen Pflichtuntersuchungen nach Biostoffverordnung und das Angebot der Untersuchungen nach Bildschirmarbeitsverordnung.

6.

Qualität der ersten Hilfe (Anzahl und letzte Schulung der Ersthelfer, Qualität des Verbandskastens, Qualität des Verbandsbuches, Handlungsregime im Falle einer Nadelstichverletzung).

7.

Qualität des Hautschutzplans.

8.

Verwendung sicherer Nadelsysteme nach TRBA 250.

9.

Unterweisung der Mitarbeiter in der sicheren Nadeltechnik nach TRBA 250.

10.

Einbeziehung der Mitarbeiter, des Betriebsarztes und der Sicherheitsfachkraft in die Auswahl der sicheren Nadelsysteme nach TRBA 250.

In den übrigen vier JVA, bei denen es sich um kleinere Außenstellen handelte, wurde nur die Einsatzzeit des Betriebsarztes kontrolliert. Nach der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (GUV-V A 6/7) beläuft sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Gefährdung die jährliche Einsatzzeit des Betriebsarztes auf 0,25 oder 0,6 Stunden pro Jahr und Beschäftigten. Die zuständige Unfallkasse Hessen geht von einer erforderlichen Einsatzzeit von 0,6 Stunden pro Jahr und Beschäftigten aus. Die Häufigkeit der festgestellten Mängel im Bereich des medizinischen Arbeitsschutzes wurde in Abhängigkeit von der Betriebsgröße und der betriebsärztlichen Einsatzzeit in Prozent des Sollwertes nach GUV V A 6/7 untersucht. Dabei wurde die Gesamtgruppe der 17 Betriebe jeweils beim Medianwert der Betriebsgröße (120 Beschäftigte) bzw. der betriebsärztlichen Gesamteinsatzzeit in Prozent des Sollwertes (35 %) getrennt. Der Mittelwert der festgestellten Arbeitsschutzmängel wurde in Betrieben mit größerer und kleinerer Beschäftigtenzahl mit Hilfe des T-Tests verglichen. Ebenso wurde beim Vergleich zwischen Betrieben mit einer höheren und niedrigeren betriebsärztlichen Einsatzzeit in Prozent des Sollwertes vorgegangen. Alle Auswertungen wurden mit dem Statistikprogramm SPSS Version 17.0 durchgeführt.

142

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Ergebnisse Abbildung 1 zeigt den Ist/Soll-Vergleich der betriebsärztlichen Einsatzzeit. Die von dem überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienst, der die 21 Gefängnisse betreut, geleistete innerbetriebliche Einsatzzeit im Jahr 2006 lag bei 374 Stunden. Zusätzlich wurde dem Betriebsarzt vom Auftraggeber eine Pauschale für außerbetriebliche Einsatzzeit in Höhe von 40 % der Gesamteinsatzzeit für die Anreise, Dokumentation, Auswertung etc. zugebilligt, entsprechend 249 Stunden/Jahr. Die sich daraus ergebende Gesamteinsatzzeit von 623 Stunden/Jahr unterschritt die Solleinsatzzeit von 1.537 Stunden/Jahr deutlich und lag bei nur 40 % des Sollwertes. Die Gesamteinsatzzeit des überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienstes schwankte in den einzelnen Gefängnissen stark und lag zwischen 0 und 134 % des Sollwertes im Jahr 2006. In 5 Gefängnissen (24 %) fand gar keine betriebsärztliche Betreuung statt und in zwei Gefängnissen (10 %) überschritt die betriebsärztliche Gesamteinsatzzeit den Sollwert.

Stunden pro Jahr

1800

1537

1600 1400 1200 1000 623

800 600 400

374 249

200 0

Innerbetriebliche Zeit (Ist) Gesamteinsatzzeit (Ist)

Pauschale (Ist) Gesamteinsatzzeit (Soll)

Abbildung 1: Summe der betriebsärztlichen Einsatzzeit in 21 Hessischen Justizvollzugsanstalten in Stunden pro Jahr (Ist-/Soll-Vergleich) im Jahr 2006.

143

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

In den Jahren 2007 und 2008, das heißt während und nach der Überwachungsaktion, stieg die von dem überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienst geleistete Gesamteinsatzzeit auf 903 bzw. 1.250 Stunden, entsprechend 59 bzw. 81 % des Sollwertes, unterschritt die SollEinsatzzeit jedoch weiterhin (Abbildung 2).

Stunden pro Jahr 1800 1600

Prüfjahr

1400 1200

1537 1250

903

1000 800

Jahr der Überwachung

623

600 400 200 0

2006

2007 2008 Gesamteinsatzzeit (Ist)

Gesamteinsatzzeit (Soll)

Abbildung 2: Summe der Betriebsärztlichen Einsatzzeit in 21 Hessischen Justizvollzugsanstalten 2006 – 2008 in Stunden pro Jahr (Ist-/Soll-Vergleich).

Die Prüfung der TRBA 250 ergab, dass sichere Nadeltechnik durch die medizinischen Einrichtungen der Gefängnisse vor dem Beginn der Schwerpunktaktion nicht eingeführt, sondern erst im Verlaufe der Schwerpunktaktion angeschafft wurde. Bei den Betriebsbegehungen fand sich in zwei JVA (12 %) noch keine sichere Nadeltechnik. In 29 % der Betriebe wurde der Betriebsarzt oder die Sicherheitsfachkraft bei der Auswahl der sicheren Nadeltechnik nicht beteiligt. In 24 % der Betriebe erfolgte dabei keine Beteiligung der Mitarbeiter. In 19 % der Betriebe erfolgte keine Unterweisung der Mitarbeiter in der Anwendung der sicheren Nadeltechnik.

144

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Ferner zeigten sich folgende häufige Mängel: •

fehlende Gefährdungsbeurteilung in 65 % der Gefängnisse,



unzureichende Beratung des Arbeitgebers im Rahmen des § 3 Arbeitssicherheitsgesetz (53 %),



Mängel bezüglich der arbeitsmedizinischen Pflichtuntersuchungen nach der Biostoffverordnung wegen Hepatitis B-Einwirkung, die entweder gar nicht oder nicht bei allen Beschäftigten durchgeführt wurden, bei denen dies erforderlich war (53 %),



kein Arbeitsschutzausschuss (53 %) und



Mängel bezüglich der arbeitsmedizinischen Angebotsuntersuchungen nach der Bildschirmarbeitsverordnung, die entweder gar nicht oder nicht bei allen Beschäftigten angeboten wurde, bei denen dies erforderlich war (41 %).



Mängel in der 1. Hilfe (35 %).

Die Anzahl der beobachteten Mängel schwankte zwischen zwei und acht mit einem Medianwert von sechs beobachteten Mängeln pro Betrieb. Betriebe ohne Mängel oder mit nur einem Mangel fanden sich nicht (Abbildung 4). Einführung zu 82 % während der Überwachungsaktion

Keine sichere Nadeltechnik

100 94

Einsatzzeit des Betriebsarztes zu niedrig

65

Keine Gefährdungsanalyse Unzureichende Beratung des Arbeitgebers

53

Fehlende Pflichtuntersuchungen (G 42)

53

Kein Arbeitsschutzausschuss

53

Fehlende Angebotsuntersuchungen (G 37)

41

Arbeitsschutzausschuss tagt zu selten

41

Mängel in der 1.Hilfe

35

Keine Auswahl d. sicheren Nadeltechnik durch Arzt

29

Keine Auswahl d. sicheren Nadeltechnik d. Mitarbeiter

24

Keine Unterweisung d. Mitarbeiter in sicherer Nadeltechnik

19

Fehlender Hautschutzplan

12

Unzureichende Gefährdungsbeurteilung

12 0

20

40

60

80 100 120 %

Abbildung 3: Beobachtete Mängel im Bereich des Arbeitsschutzes in 17 Hessischen Justizvollzugsanstalten.

145

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Eine Abhängigkeit der Mängelhäufigkeit von der Betriebsgröße fand sich nicht. Betriebe mit einer betriebsärztlichen Einsatzzeit von über 35 % des Sollwertes wiesen eine etwas niedrigere Mängelhäufigkeit auf als Betriebe mit geringerer Einsatzzeit (4,9 versus 6,1 Mängel, nicht signifikant), im Wesentlichen bedingt durch signifikant seltenere Mängel bezüglich des Einsatzes der sicheren Nadeltechnik in Betrieben mit höherer versus niedrigerer betriebsärztlicher Einsatzzeit (14 versus 86 %, p < 0,05).

%

40

35 Medianwert = 6

35 30

23

25

18

20 11

15 6

10 5 0

0 0

6

0 1

0 2

3

4

5

6

7

8

Mängelhäufigkeit Abbildung 4: Mängelhäufigkeit im Bereich des Arbeitsschutzes in 17 Justizvollzugsanstalten.

Diskussion Gefängnisinsassen weisen eine erhöhte Hepatitis- und HIV-Prävalenz auf. Dies gilt insbesondere für Abhängige, die intravenös Drogen injizieren. Der intravenöse Drogenkonsum in Gefängnissen wird durch eingeschmuggelte Nadeln aufrechterhalten, die häufig von mehreren Gefängnisinsassen ohne vorherige Sterilisierung geteilt werden. In einem Berliner Gefängnis setzten 202 von 418 Straftätern (48 %), die intravenös Drogen injizierten, den intravenösen Drogenkonsum in der JVA fort. Im Jahr 1998 lag die HIV-, Hepatitis B- und Hepatitis C- Prävalenz der Gefängnisinsassen, die intravenös Drogen injizierten, bei 18, 53 und 82 %. Neuere

146

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Daten sind uns nicht bekannt. Beschäftigte in Gefängnisse können durch folgende Umstände einem Infektionsrisiko ausgesetzt sein: •

Angriffe durch Gefängnisinsassen mit Verletzungen auf Seiten des JVA-Beschäftigten.



Anspucken durch Gefängnisinsassen.



Verletzungen auf Seiten des JVA-Beschäftigten beim Durchsuchen der Zellen nach eingeschmuggelten Nadeln.

Ob Beschäftigte in JVA einem erhöhten HIV- und Hepatitisrisiko im Vergleich zu nicht exponierten Kontrollprobanden ausgesetzt sind, ist unseres Wissens noch nicht in epidemiologischen Studien untersucht worden. Bislang liegt nur eine Kasuistik über einen bzw. vierzehn JVA-Beschäftigte in Italien mit HIV bzw. Hepatitis B vor. Wegen der hohen Prävalenz von Gefängnisinsassen mit Infektionskrankheiten, die durch Blutkontakt übertragen werden, hat der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe im Jahr 2006 beschlossen, die TRBA 250 dahingehend zu konkretisieren, dass in Gefängniskrankenhäusern sichere Nadeltechnik zur Senkung des Infektionsrisikos für die Beschäftigten eingesetzt werden soll. Bei dieser Ausgangslage ist bemerkenswert, dass 65 % der untersuchten Gefängnisse im Jahr 2007 keine Gefährdungsbeurteilung bezüglich der Infektionsgefährdung nach Biostoffverordnung aufwiesen, dass die sichere Nadeltechnik in allen JVA nicht rechtzeitig eingeführt worden war, sondern dies erst im Verlauf der Überwachungsaktion erfolgte und dass in 53 % der Gefängnisse arbeitsmedizinische Pflichtuntersuchungen nach der Biostoffverordnung wegen Hepatitis B-Einwirkung entweder gar nicht oder nicht bei allen Beschäftigten durchgeführt wurden, bei denen dies erforderlich ist. Ferner ist festzustellen, dass die untersuchten JVA die Mindesteinsatzzeit nach der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ im Prüfjahr 2006 im Durchschnitt nur zu 40 % erreichten. Auffällig ist, dass die Gesamteinsatzzeit des überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienstes in den einzelnen Gefängnissen stark schwankte und zwischen 0 und 134 % des Sollwertes lag. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Leitung der einzelnen JVA den Arbeitsschutz unterschiedlich wichtig nimmt. Unzulässig ist es nach GUV V A 6/7, wie in den untersuchten Gefängnissen praktiziert, Wegezeiten des Betriebsarztes auf die Einsatzzeit anzurechnen. Die Schwerpunktaktion zeigt, dass die Umsetzung der Arbeitsschutzgesetze in Gefängnissen verbessert werden muss und dass es erforderlich ist, dass Gefängnisse Fragen des Arbeitsschutzes vermehrt Aufmerksamkeit widmen.

147

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Zusammenfassung In einer Untersuchung in 21 Hessischen Justizvollzugsanstalten fanden sich verschiedene Mängel im Bereich der Umsetzung von Vorschriften des Arbeitsschutzes. Betriebe ohne Mängel wurden nicht vorgefunden. Der Medianwert der Mängel lag bei 6 pro Betrieb. Die häufigsten Mängel betrafen die nicht rechtzeitige Einführung der sicheren Nadeltechnik (100 % der Betriebe), zu niedrige Einsatzzeit des Betriebsarztes (94 %), fehlende Gefährdungsbeurteilung (65 %) und unzureichende Beratung des Arbeitgebers durch den Betriebsarzt (53 %). Während und nach der Überwachungsaktion stieg die betriebsärztliche Einsatzzeit im Durchschnitt der untersuchten Justizvollzugsanstalten deutlich von 40 auf 82 % des Sollwertes an, unterschritt diesen aber weiterhin.

Dr. med. Gabriela Petereit-Haack MPH, Dr. med. Beate Catrein, Matthias Hoffmann, Prof. Dr. med. Ulrich Bolm-Audorff, Landesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt

Der Einfluss psychosozialer Belastung auf Bandscheibenerkrankungen der Halswirbelsäule Einleitung Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich während oder unmittelbar nach der Arbeit finden sich bei 28,5 % aller Erwerbstätigen. Diese Beschwerden können durch zervikale Bandscheibenschäden ausgelöst sein. Im Zusammenhang mit der Verursachung derartiger muskuloskelettaler Erkrankungen werden psychische Fehlbelastungen diskutiert. Diese Belastungen können durch außerberufliche Bedingungen (z. B. Trennung vom Partner) oder durch die gravierenden Veränderungen in der modernen Arbeitswelt, z. B. Arbeitszeitverdichtung, unsichere Arbeitsplätze, Globalisierung ausgelöst sein. Methodik Im Rahmen einer bizentrischen Fall-Kontroll-Studie wurden 486 Probanden (226 Fälle, 260 Kontrollen) mittels eines standardisierten computergestützten Fragenbogens interviewt, die Fragen zur psychosozialen Belastungen entstammten dem „FIT“-Fragebogen. Die befragten 327 Männer und 159 Frauen waren 25 bis 70 Jahre alt und wurden zwischen Januar 2005 bis März 2007 akquiriert. Die bevölkerungsbezogenen Kontrollen wurden aus den Erhebungszen-

148

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

tren Halle und Frankfurt am Main gewonnen. Alle Fälle litten an einem zervikalen Syndrom und wiesen einen mittels Magnetresonanztomographie gesicherten Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule auf. Die Responserate lag bei 78 % (Fälle) bzw. 60,5 % (Kontrollen). Nach Variablen-Kategorisierung wurden als Risikoschätzer Odds Ratios mit Hilfe unkonditionaler logistischer Regressionsanalysen gebildet. Die Berechnung erfolgte mit dem Statistikpaket SPSS 15.0. Alle Variablen wurden für Alter, Geschlecht und Studienzentrum adjustiert. Ergebnisse Signifikante Ergebnisse lagen im Zusammenhang mit Rauchen, Sport, Schulabschluss sowie mit beruflichen psychosozialen Belastungen vor. Kein signifikanter Zusammenhang lag vor zu: Body-Maß-Index, Schwimmen, Belastung durch den Tod oder die Erkrankung des Partners, Trennung vom Partner, sonstige familiäre Probleme, Arbeitsplatzverlust, sonstige außerberufliche Belastungen, eigene Kinder und Familienstand. Tabelle 1: Halswirbelsäulen-Prolaps- und zervikales Syndromrisiko und Rauchen [in Packungsjahren] Gesamtdosis

F

%

K

%

„Rohe“* OR (95 %-CI)

Adjustierte** OR(95 %-CI)

Nieraucher/in

72

31,9

103

39,6

1,0 -

1,0 -

> 0 – 9,9 PJ

47

20,8

51

19,6

1,3 (0,7-2,4)

1,2 (0,6 – 2,2)

> 9,9 – 23,5 PJ

57

25,2

52

20,0

2,3 (1,3-4,2)

1,5 (0,8 – 2,9)

> 23,5 PJ

47

20,8

52

20,0

2,2 (1,2-4,1)

1,6 (0,8 – 3,0)

Nach Angaben von 481 Probanden, **Adjustierte OR = adjustiert für Alter, Zentrum, Geschlecht, Lastenhandhabung/Arbeiten auf/über Schulterniveau, Schulabschluss

Tabelle 2: Halswirbelsäulen-Prolaps- und zervikales Syndromrisiko und Sport [kumulative Stunden] außer Schwimmen F

%

K

%

„Rohe“* OR (95 %-CI)

Adjustierte** OR (95 %-CI)

Kein Sport

167

73,9

183

70,4

1,0 –

1,0

< = 600 h

16

7,1

24

9,2

0,9 (0,4 – 2,0)

1,0 (0,5 – 2,3)

> 600 – 1.550 h

9

4,0

24

9,2

0,4 (0,1 – 0,9)

0,4 (0,1 – 1,0)

> 1.550 h

15

6,6

24

9,2

0,9 (0,4 – 2,0)

1,1 (0,5 – 2,6)

Gesamtdosis

Nach Angaben von 462 Probanden ** Adjustiert OR = adjustiert für Alter, Zentrum, Geschlecht, Schulabschluss

149

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Tabelle 3: Halswirbelsäulen-Prolaps- und zervikales Syndromrisiko und Schulabschluss Gesamtdosis

F

%

K

%

„Rohe“* OR (95%-CI)

Adjustierte* OR (95%-CI)

Ohne Schulabschluss

3

0,6

6

1,2

1,0

1,0 –

Hauptschulabschluss o. ä.

75

15,4

63

13,0

1,9 (0,4 – 9,1)

1,8 (0,3 – 10,7)

Realschulabschluss o. ä.

108

22,2

78

16,0

1,2 (0,3 – 1,0)

0,8 (0,2 – 4,9)

Abitur o. ä.

40

8,2

112

23,0

0,5 (0,1 – 0,4)

0,3 (0,1 – 1,8)

Angaben von 485 Probanden **Adjustierte OR = zusätzlich adjustiert PC-Arbeit, Sport (außer Schwimmen)

Tabelle 4: Halswirbelsäulen-Prolaps- und zervikales Syndromrisiko und Psychosoziales Risiko am Arbeitsplatz Gesamtdosis

F

%

K

%

„Rohe“* OR (95 %-CI)

Adjustierte** OR (95 %-CI)

< 0,71

47

10,1

91

19,6

1,0

1,0

< = 0,71 < 0,96

75

16,2

84

18,1

1,7 (1,0 – 3,1)

1,6 (0,9 – 2,9)

> = 0,96

91

19,6

76

16,4

2,4 (1,4 – 4,2)

2,1 (1,2 – 3,7)

Angaben von 464 Probanden, **Adjustierte OR = zusätzlich adjustiert Lastenhandhabung/Arbeiten über auf/über Schulterniveau

Diskussion Bei der Interpretation der Ergebnisse sind verschiedene Verzerrungsmöglichkeiten zu beachten. Da alle Fälle an einem zervikalen Syndrom litten, könnte diese Personengruppe besonders sensitiv für Schmerzen und andere Belastungen, zum Beispiel psychosoziale Belastung, sein. Um diesem möglichen Verzerrungseinfluss weiter nachzugehen, wurden in einer Subanalyse „schwere“ Prolapspatienten mit motorischen und sensiblen Ausfallserscheinungen auf Höhe des Prolapses untersucht. Die Auswertung (Variable „psychosozialen Belastungen am Arbeitsplatz“) zeigte weder bei den sensiblen noch bei den motorischen Ausfällen ein zur Gesamtgruppe abweichendes Ergebnis. Ebenso fand sich kein Unterschied von Männern zur Gesamtgruppe. Auf Grund des Erhebungsinstrumentes könnte es zu einer Beeinträchtigung der Datenqualität gekommen sein: das computergestützte Interview mutete allen Probanden eine Befragung

150

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

von anderthalb Stunden zu. Erst am Ende des Interviews wurden die Fragen zur psychosozialen Belastung gestellt, eine Ermüdung der Probanden und somit verzerrte Aussagen sind dadurch denkbar. Dabei ist sowohl eine Überschätzung, als auch eine Unterschätzung der Belastung denkbar. Möglicherweise sind die errechneten Risikoschätzer nicht oder nicht nur Ausdruck eines Zusammenhangs zwischen arbeitsbedingten psychosoziale Belastungen, sondern Ausdruck eines Zusammenhangs zwischen körperlich belastenden Tätigkeiten und dem ärztlichen Inanspruchnahmeverhalten bei prolapsassoziierten Beschwerden (z. B. starken Nackenschmerzen), da nur Patienten mit einem zervikalen Syndrom in die Studie mit aufgenommen wurden. Beschäftigte mit körperlich belastenden Tätigkeiten könnten sich häufiger in eine Klinik oder Poliklinik begeben, wenn sie an prolapsassoziierten Beschwerden leiden. Damit würden sich artifiziell erhöhte Prolapsrisiken für körperlich belastende Tätigkeiten errechnen. Auf die dafür durchgeführte Subanalyse „schwerer“ Prolapspatienten wurde bereits hingewiesen. Insgesamt lässt sich der Verdacht auf das Vorliegen eines „Detection Bias“ durch die Beschränkung auf schweren Fällen nicht erhärten. Ferner wurde der Großteil der Kontrollen von anderen Interviewern befragt als die Fallprobanden. Ein dadurch wahrscheinlicher „Interviewer-Bias“ sollte im Studiendesign minimiert werden: alle Probanden wurden mit demselben Befragungsinstrument befragt; alle Interviewer in den jeweiligen Instituten wurden von demselben Schulungspersonal geschult; die Operationshandbücher der verschiedenen Studien wurden angeglichen. Über den Einfluss der beruflichen psychosozialen Belastung auf das Risiko eines Bandscheibenvorfalles ist noch nicht viel geschrieben worden. Einen Zusammenhang zwischen psychosozialer Belastung und speziell einem LWS-Prolaps bzw. einer -Chondrose als MuskelSkelett-Erkrankung beschrieben auch weitere Autoren. Berufliche psychosoziale Belastung mit den Faktoren „Zeitdruck und Kundenkontakt“ werden im statistisch signifikant positiven Zusammenhang mit der Entwicklung eines LWS-Prolapses gesehen. Mit einer eigenen Arbeit aus dem letzten Jahr konnte gezeigt werden, dass, ermittelt mit dem dieser Fall-Kontroll-Studie gleichen Erhebungsinstrument im Sinne eines Screeningverfahrens, die berufliche psychosoziale Belastung zu Bandscheibenvorfällen der Lendenwirbelsäule assoziiert war. Noch deutlicher war dieses Risiko bei Frauen, die eine Chondrose der Lendenwirbelsäule hatten.

151

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Fazit Das Risiko einen Halswirbelsäulen-Prolaps und ein zervikales Syndrom zu erleiden war durch sportliche Betätigungen im mittleren Bereich und höherer Schulbildung reduziert und durch Rauchen sowie psychosozialen Belastungen am Arbeitsplatz erhöht. Forschungsvorhaben Nr. F 2146 im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) Dr. med. Gabriela Petereit-Haack MPH, Prof. Dr. med. Ulrich Bolm-Audorff, Landesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt

Ableitung von Normwerten für die Adrenalin- und Noradrenalin-Konzentration im Sammelurin während der Arbeitszeit Einleitung Die Gefährdungsbeurteilung bezüglich der Höhe psychischer Arbeitsbelastungen gehört zu den Aufgaben des Betriebsarztes nach dem Arbeitssicherheitsgesetz. Üblicherweise werden hierfür standardisierte Fragebögen eingesetzt. Darüber hinaus wäre die Verwendung objektiver Methoden zur Erfassung der physiologischen Stressreaktion wünschenswert. Eine Möglichkeit besteht in der Bestimmung von Adrenalin und Noradrenalin im Sammelurin. In einer Vielzahl von Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Catecholamine Adrenalin und Noradrenalin bei Beschäftigten mit erhöhten psychischen Arbeitsbelastungen im Harn vermehrt ausgeschieden werden. Normwerte für die Konzentration dieser Catecholamine während der Arbeitszeit für Beschäftigte in der Bundesrepublik fehlen jedoch. Methodik Bei 190 gesunden, arbeitsfähigen Arbeitnehmern, darunter 62 Frauen und 128 Männer (Alter: 43 ± 11 Jahre), bei denen es sich um eine Zufallsstichprobe der Erwerbsbevölkerung in den Städten Frankfurt am Main, Wiesbaden und Hünstetten/Taunus handelte, wurde die Konzentration von Adrenalin und Noradrenalin im Sammelurin während der Arbeitszeit bestimmt. Bei den untersuchten Probanden handelte es sich um eine Zufallsstichprobe der Erwerbsbevölkerung, die uns von den Einwohnermeldeämtern der drei oben genannten Städte zur Verfügung gestellt wurde. Die Teilnahmequote lag bei 72 Prozent.

152

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Die Analytik von Adrenalin und Noradrenalin im Harn erfolgte nach Trennung mit HochdruckFlüssigkeitschromatografie und Bestimmung mit Fluoreszenzdetektion. Bei 99 Probanden wurden die Analysen im Labor des Landesgewerbearztes in Wiesbaden und bei den übrigen 91 Probanden im Labor für Stressmonitoring in Göttingen mit vergleichbaren Methoden bestimmt. Beide Labore haben zum Zeitpunkt der Analytik erfolgreich an einem Ringversuch teilgenommen. Bei den Probanden wurde der 24-Stunden-Urin in folgenden sechs Fraktionen gesammelt: 1. Teil der Schicht (in der Regel 4 Stunden von 8 – 12 h) 2. Teil der Schicht (in der Regel 4 Stunden von 12 – 16 h) 3. Weg von der Arbeit 4. Freizeit 5. Schlaf 6. Weg zur Arbeit Für diese Studie wurden nur die Harnproben 1 und 2 ausgewertet .Als oberer Normwert für die Konzentration von Adrenalin und Noradrenalin im Sammelurin während der Arbeitszeit wurde das 95 %-Perzentil berechnet. Ferner wurde das 95 %-Perzentil des Adrenalin/Noradrenalin-Quotienten ermittelt. Die Konzentration der Catecholamine im Sammelurin wurde sowohl auf die Konzentration von Kreatinin als auch auf die Sammelperiode bezogen. Ferner wurde bei den Beschäftigten ein standardisiertes Interview zu psychischen Arbeitsbelastungen durchgeführt, u. a. mit dem Instrument zur stressbezogenen Tätigkeitsanalyse. Ergebnisse Signifikante Unterschiede zwischen der Catecholamin-Konzentration im Sammelurin in Abhängigkeit vom Alter und Geschlecht fanden sich nicht. Die Ergebnisse unterschieden sich in den beiden Laboratorien nicht signifikant voneinander. Der Tabelle ist der obere Normwert für die Konzentration von Adrenalin und Noradrenalin im Sammelurin sowie des Adrenalin-/ Noradrenalin-Quotienten während des 1. und 2. Teils der Arbeitsschicht bei Frauen und Männern zu entnehmen. Zwischen psychischen Arbeitsbelastungen wie Zeitdruck und der Prävalenz eines erhöhten Adrenalin/Noradrenalin-Quotienten fand sich ein signifikanter Trend.

153

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Tabelle 1: Obere Normwerte der Catecholaminkonzentration im Sammelurin. Catecholamin

Oberer Normwert 1. Schichthälfte

2. Schichthälfte

Adrenalin (ng/min)

21,72

28,89

Adrenalin (µg/g Kreatinin)

25,82

23,39

Noradrenalin (ng/min)

64,07

85,03

103,50

96,51

Adrenalin/Noradrenalin-Quotient [(ng/min)/(ng/min)]

0,78

0,71

Adrenalin/Noradrenalin-Quotient [(µg/g Kreatinin)/(µg/g Kreatinin)]

0,77

0,70

Noradrenalin (µg/g Kreatinin)

Diskussion Es wird vorgeschlagen, für die Gefährdungsbeurteilung bezüglich der Höhe psychischer Arbeitsbelastungen in Zukunft auch in der Praxis des Betriebsarztes die Bestimmung von Adrenalin und Noradrenalin im Sammelurin einzusetzen. Bei Überschreitung der oberen Normwerte in der Tabelle ist von einer erhöhten psychischen Arbeitsbelastung der untersuchten Beschäftigten auszugehen, sofern keine relevante körperliche Arbeitsbelastung besteht. Für die Evaluation psychischer Arbeitsbelastungen eignet sich nach mehreren Autoren besonders der Adrenalin/Noradrenalin-Quotient, weil die Adrenalinausscheidung im Harn bei psychischen Arbeitsbelastungen im Gegensatz zu körperlichen Belastungen stärker ansteigt als die von Noradrenalin. Die Grenzwerte scheinen geeignet zu sein, psychische Arbeitsbelastungen abzubilden. In der Literatur finden sich bei Untersuchungen von 120 Probanden in Dänemark um etwa 60 Prozent niedrigere Normwerte für die Ausscheidung von Adrenalin und Noradrenalin im Harn. Die Studien sind aus folgenden Gründen jedoch nicht vergleichbar: Es handelt sich um Normwerte für die Adrenalin- und Noradrenalin-Konzentration im Spontanurin, während sich unsere Untersuchung auf Sammelurin bezieht. Letzteres hat den Vorteil, dass sich die CatecholaminKonzentration auf eine definierte Sammelperiode bezieht, während die Zeit, während der der Harn sezerniert wurde, bei der Untersuchung von Spontanurinproben unbekannt ist.

154

TEIL III Berichte aus den Fachzentren

Bei diesen Untersuchungen fand sich der Nachteil, dass diese ihre Probanden durch eine öffentliche Werbekampagne fanden, während es sich bei unserer Untersuchung um eine Zufallsstichprobe der Erwerbsbevölkerung nach Angaben des Einwohnermeldeamtes handelt. Prof. Dr. Bolm-Audorff, Dr. Petereit-Haack MPH, Landesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt, Dipl.-Biol. Pilz, Labor für Stressmonitoring, Göttingen

155

Dienststellenverzeichnis

Anschriften der staatlichen Arbeitsschutz-Behörden des Landes Hessen Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit Abteilung III „Arbeitsschutz“

Postfach 31 40 65201 Wiesbaden

Dostojewskistraße 4 65187 Wiesbaden Telefon: 0611 / 817-3348 Telefax: 0611 / 89084 904 Standort Regierungspräsidium Darmstadt

Postfach 11 12 53 64278 Darmstadt

Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Darmstadt Rheinstraße 62 64295 Darmstadt Telefon: 06151 / 12-4001 Telefax: 06151 / 12-4100 Standort Regierungspräsidium Darmstadt Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt Gutleutstraße 138 60327 Frankfurt

Postfach 11 12 53 64278 Darmstadt

Telefon: 069 / 2714-0 Telefax: 069 / 2714-5950 Standort Regierungspräsidium Darmstadt Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Wiesbaden Simone-Veil-Straße 5 65197 Wiesbaden

Postfach 11 12 53 64278 Darmstadt

Telefon: 0611 / 3309 519 o. -546 Telefax: 0611 / 3309-537 Standort Regierungspräsidium Gießen Landgraf-Phillipp-Platz 1 – 7 (Haupthaus) 35390 Gießen

Postfach 10 08 51 35338 Gießen

Telefon: 0641 / 303-2200 / 2201 Telefax: 0641 / 303-2203 Standort Regierungspräsidium Gießen Abteilung II Inneres und Soziales Dezernat 25.1, 25.2 Südanlage 17 35390 Gießen

Postfach 10 08 51 35338 Gießen

Telefon: 0641 / 303-3220 Telefax: 0641 / 303-3203

156

Dienststellenverzeichnis

Standort Regierungspräsidium Gießen Abteilung II Inneres und Soziales

Postfach 10 08 51 35338 Gießen

Gymnasiumstraße 4 65589 Hadamar Tel.: 06433 / 86-30 Telefax: 06433 / 86-11 Standort Regierungspräsidium Kassel Abteilung Umwelt- und Arbeitsschutz Steinweg 6 34117 Kassel Telefon 0561 / 106-2788 Telefax 0611 / 327640922 Standort Regierungspräsidium Kassel Abteilung Umwelt- und Arbeitsschutz Hubertusweg 19 36251 Bad Hersfeld Besucheranschrift: Max-Becker-Str. 1b Telefon: 06621 / 406-930 Telefax: 06621 / 406-940

Fachzentren – Fachzentrum für medizinischen Arbeitsschutz – Regierungspräsidium Darmstadt Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Dezernat 46 Simone-Veil-Straße 5 65187 Wiesbaden

Telefon: 0611 / 3309 580 Telefax: 0611 / 3309 537 – Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe – Regierungspräsidium Kassel Abteilung Umwelt- und Arbeitsschutz Dezernat 35.3 Ludwig-Mond-Straße 33 34121 Kassel

Telefon: 0561 / 2000 199 Telefax: 0561 / 2000 202

157

Dienststellenverzeichnis

– Fachzentrum für systemischen Arbeitsschutz – Regierungspräsidium Gießen Arbeitsschutz Gießen II Dezernat 25.2 Südanlage 17 35390 Gießen

Telefon: 0641 / 303-3270 Telefax: 0641 / 303-3203

– Fachzentrum und zentrale Ahndungsstelle „Sozialvorschriften im Straßenverkehr“ – Regierungspräsidium Gießen Abteilung II 25.3 Gymnasiumstraße 4 65589 Hadamar Telefon: 06433 / 8630 Telefax: 06433 / 8611

158

2008

140 120 100 80

Reihe1

60

Reihe2

40 20 0 1

2

3

4

5

6

7

Tabelle 1

Personal der Arbeitsschutzbehörden in Hessen (besetzte Stellen zum Stichtag 30.06.2008) Oberste Landesbehörden

Pos.

1

Personal

4 5

Einrichtungen

Summe

weibl.

männl.

weibl.

männl.

weibl.

männl.

weibl.

männl.

weibl.

männl.

weibl.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

1 1 2

0

0

28 66 11 105

16 22 1 39

0

0

0

0

29 67 11 107

16 22 1 39

0

0 0 0 0

0 0 0 0

Aufsichtskräfte in Ausbildung

Gewerbeärztinnen u. -ärzte Entgeltprüferinnen u. -prüfer

0

0

1

0

0

0

0

0

4

2

5

2

2

1

2

1

5 21 4 30

8 14 10 32

8 27 6 42

11 21 18 50

11

49

Sonstiges Fachpersonal Höherer Dienst Gehobener Dienst Mittlerer Dienst Summe 5

6

Untere Landesbehörden

männl.

Höherer Dienst Gehobener Dienst Mittlerer Dienst Summe 2

3

Mittelbehörden

Ausgebildete Aufsichtskräfte Höherer Dienst Gehobener Dienst Mittlerer Dienst Summe 1

2

Landesoberbehörden

Verwaltungspersonal

3 6 2 12

3 7 8 18

0

0

0

0

0

0

Tabelle 2

Betriebsstätten und Beschäftigte im Zuständigkeitsbereich Erstellt am: Fr 03.04.2009 Auswertungszeitraum: Di 01.01.2008 bis Mi 31.12.2008 Land: HESSEN Betriebsstätten

Beschäftigte Jugendliche

Größenklasse 1: Großbetriebsstätten 1.000 und mehr Beschäftigte 500 bis 999 Beschäftigte 2: Mittelbetriebsstätten 250 bis 499 Beschäftigte 100 bis 249 Beschäftigte 50 bis 99 Beschäftigte 20 bis 49 Beschäftigte 3: Kleinbetriebsstätten 10 bis 19 Beschäftigte 1 bis 9 Beschäftigte Summe 1 - 3 4: ohne Beschäftigte Insgesamt

männlich 2

1

weiblich 3

Erwachsene Summe 4

männlich 5

weiblich 6

Summe Summe 7

8

Summe

163 339 502

2.841 1.980 4.821

1.384 932 2.316

4.225 2.912 7.137

243.217 143.383 386.600

132.729 86.238 218.967

375.946 229.621 605.567

380.171 232.533 612.704

Summe

747 2.383 3.481 10.134 16.745

1.908 3.217 1.981 3.360 10.466

1.070 1.533 1.024 1.665 5.292

2.978 4.750 3.005 5.025 15.758

155.448 218.759 148.294 189.968 712.469

96.687 133.935 85.501 104.825 420.948

252.135 352.694 233.795 294.793 1.133.417

255.113 357.444 236.800 299.818 1.149.175

Summe

15.885 218.795 234.680

2.988 5.319 8.307

1.718 5.489 7.207

4.706 10.808 15.514

129.141 326.386 455.527

74.204 238.159 312.363

203.345 564.545 767.890

208.051 575.353 783.404

251.927

23.594

14.815

38.409

1.554.596

952.278

2.506.874

2.545.283

23.594

14.815

38.409

1.554.596

952.278

2.506.874

2.545.283

20.360 272.287

Tabelle 3.1 (sortiert nach Leitbranchen)

Dienstgeschäfte in Betriebsstätten

Besichtigung/Inspektion (punktuell)

Besichtigung/Inspektion (Schwerpunktprogramm)

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen

Besichtigung/Inspektion

Untersuchungen von Unfällen/Berufskrankheiten

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen

Anz. Beanstandungen

Anfragen/Anzeigen/ Mängelmeldungen

Anordnungen/Anwendung von Zwangsmiteln

Verwarnungen/Bußgelder/ Strafanzeigen

6

1.195

194

62

21

93

36

5

352

12

812

1.189

622

346

558

56

1

1.475

223

8

5.513

66 127 333 15 32

106 234 381 36 102

50 135 268 14 42

9 18 60 14 1

36 76 52 14 41

13 22 27 23 28

106 179 338 62 85

32 70 8 13 175

1 2

1

110 262 160 71 141

564

664

319

115

258

28

734

172

4

512

110

29

173

653

855

100

277

5 1 2 12

26 66 39 12 25

53 115 310 11 28

79 186 350 25 65

10 1 2 32

40 97 47 19 38

74

457

531

100

Gr. 1

84

Summe

128

Gr. 3

80

Gr. 2

48

Gr. 1

in der Nacht

244

Summe

802

Gr. 3

81

Gr. 2

187

Gr. 1

416

Summe

381

Gr. 3

4

428

Gr. 2

1.001

1

855

163

1.173

1.338

62

1.655

20.449

22.166

2 26 1 9 20

254 352 249 76 145

3.191 1.609 4.357 158 406

3.447 1.987 4.607 243 571

1

627

9.399

10.027

Insgesamt

2

126

663

2

22 23 24

241

721

184

Entsorgung, Recycling

21

864

1

8

04

Verlagsgewerbe, Druckgewerbe, Vervielfältigungen Versorgung Feinmechanik Maschinenbau

1

99

711

4

Verkehr

103

109

581

25.120

20

202

126

23.435

Herstellung von Zellstoff, Papier und Pappe

2

24

231

1.664

19

117

239

140

138

21

16 17 18

273

381

300

12

Bau, Steine, Erden

Datenverarbeitung, Fernmeldedienste Gaststätten, Beherbergung Dienstleistung Verwaltung

606

166

317

03

15

26

312

6

14

25

93

39

4.597

Kredit-, Versicherungsgewerbe

24

207

2.000

3.925

13

23

104

1.280

654

12

22

180

664

18

Nahrungs- und Genussmittel Handel

21

13

56

11

20

12

Chemische Betriebe Metallverarbeitung

06 07 08 09 10

19

11

5

05

18

10

4

Hochschulen, Gesundheitswesen Leder, Textil Elektrotechnik Holzbe- und -verarbeitung Metallerzeugung Fahrzeugbau Kraftfahrzeugreparatur;

17

9

3

02

16

8

2

01

15

7

1

auf Anlass

14

6

Leitbranche

eigeninitiativ

an Sonn- u. Feiertagen

darunter

Schl.

Entscheidungen

Überwachung/Prävention

Ahndung

Dienstgeschäfte in den Betriebsstätten

Erteilte Genehmigungen/Erlaubnisse/ Zulassungen/ Ausnahmen/Ermächtigungen Abgelehnte Genehmigungen/Erlaubnisse/ Zulassungen/Ausnahmen/Ermächt igungen

Aufgesuchte Betriebsstätten

Erfasste Betriebsstätten*

Zwangsmaßnahmen

Erstellt am: Fr 03.04.2009 Auswertungszeitraum: Di 01.01.2008 bis Mi 31.12.2008 Land: HESSEN

1

2

40 1 1 4

1 2

9.464

9.938

5

77

181

263

7

144

205

356

151

23

62.992

13

433

1.831

2.277

45

850

2.480

3.375

1.094

886

51

1.040

13.634

14.725

4

26

207

237

5

33

225

263

2

40

32

21

275

1.314

1.610

3

11

23

37

4

11

23

38

29

6

11

3

23

33

2

135

5 43 27

567 1.214 1.169

27.672 17.940 9.654

28.244 19.197 10.850

2 9

40 62 81

530 257 230

570 321 320

2 15

55 106 253

608 300 464

663 408 732

1 2 1

261 151 186

16 83 87

394 119 129

16 47 77

812 202 294

17 135 145

1 16 2

576 1.097 2.221

81

192

273

25

9

34

47

11

58

15

9

23

17

86

15

44

1.349

15.954

17.347

19

136

428

583

37

178

520

735

457

113

245

51

1.688

90

6

1.099

5

381

2.647

3.033

2

48

61

111

5

71

67

143

65

24

38

25

226

36

1

154

1

12 12 21

161 267 603

2.984 2.113 1.442

3.157 2.392 2.066

4 2 6

12 44 112

41 103 142

57 149 260

24 5 10

21 67 146

46 113 163

91 185 319

33 126 184

11 22 26

34 63 96

19 12 42

104 119 511

19 51 125

5

113 313 221

2 3

4.532

968

12.389

2.676

81

20.366

*

Größe 1: 500 und mehr Beschäftigte Größe 2: 20 bis 499 Beschäftigte Größe 3: 1 bis 19 Beschäftigte

**

Zahlen in Klammern sind aus datenschutzrechtlichen Gründen zusammengefasst.

14

12

5.197 2.479

19

7

3

1

19

487

136

2

357

1

1.976

478

16

3.475

4

143

80

5

1.024

3

2

60.288

502 16.745 234.680 251.927 167 1.980 6.631 8.778 490 3.306 8.318 12.114

8

13

465

2

191

3

2.670

4

63 72

4

9

13

147

127

34

15

1.416

1 8

18

3 3 1

5 3 2

2

9

61

45

99

Tabelle 3.2

Dienstgeschäfte außerhalb der Betriebsstätte

Insgesamt 13

1

2

8.350 143 9 13

4.043 29 2 4

21 21 2 5

3

4

63

32

1 709

10

1

646

1 29

15

2 691

186 38 57

104 3 1

1 1 3

11 25 11

2 2

107 32 2

2 791 1

1 9

1 177 1.070 377

9.569

4.864

96

2.382

253

22.026

911

10

5.760

*Sofern sie nicht in Betriebsstätten nach Tabelle 3.1 oder in den Positionen 1 bis 12 dieser Tabelle durchgeführt wurden.

21.047 26

10

11

12

5

50 20 2 6

3.500 105 5 15

114

39

500 1 9

29

Verwarnungen/Bußgelder/ Strafanzeigen

Anordnungen/ Anwendung von Zwangsmiteln

12

sonstige Dienstgeschäfte im Außendienst*

9

Anfragen/Anzeigen/ Mängelmeldungen

6

248

1

8

Ausnahmen/Ermächtigungen Abgelehnte Genehmigungen/ Erlaubnisse/Zulassungen/

Erteilte Genehmigungen/ Erlaubnisse/Zulassungen/

5

2.256 49 1 4

1

7

Anz. Beanstandungen

Untersuchungen von Unfällen/Berufskrankheiten

Messungen/ Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen Besichtigung/Inspektion

Besichtigung/Inspektion (Schwerpunktprogramm)

Besichtigung/Inspektion (punktuell)

Dienstgeschäfte

5 6 7 8 9 10 11 12

Art der Arbeitsstelle bzw. Anlage Baustellen Überwachungsbedürftige Anlagen Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgeset Lager explosionsgefährlicher Stoffe Märkte und Volksfeste (fliegende Bauten, ambulanter Handel) Ausstellungsstände Straßenfahrzeuge Schienenfahrzeuge Wasserfahrzeuge Heimarbeitsstätten Private Haushalte (ohne Beschäftigte) Übrige

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen

auf Anlass

eigeninitiativ

Pos. 1 2 3 4

Entscheidungen

Ahndung

Überwachung/Prävention

Zwangsmaßnahmen

Erstellt am: Fr 03.04.2009 Auswertungszeitraum: Di 01.01.2008 bis Mi 31.12.2008 Land: HESSEN

13

8

1

1

15 1

31

24

Tabelle 4

Produktorientierte Darstellung der Tätigkeiten Erstellt am: Fr 03.04.2009 Auswertungszeitraum: Di 01.01.2008 bis Mi 31.12.2008 Land: HESSEN Überwachung/Prävention

77 16

17

2.227 3.657 2.455 990 729 118 135 6 361

395 703 727 51 124 5 16

1 3 1

215 842 388 250 285 102 54 16 32

1.291 1.544 1.276 689 547 66 108 8 597

7.113 12.040 9.175 1.445 1.892 519 125 6 789

32 41 9 273 85 1.003 2 1 327

4 2 8 6 11

17 32 11 5 6

1 3 3 2

1

3.831 3.638 1.240 1.619 2.584 3.609 115 40 5.042

11

8

58 10.736

6 2.032

11

4 2.188

53 6.179

23 33.127

1.773

32

49 21.767

82

73

5

1.223

10

8

71

182

516

1

597

1

133

10

40

1

2

8

109

146

2

1

373

7

15

62 1.325

2 13

10

71 150

105 396

68 730

1 4

1 2

1.445 2.415

4 12

603 582 145 441 133 1.904 78

288 45 78 111 1 523 273 1.681

485 141 93 308 11 1.038 36

20 1 3 9

390 375 100 220 76 1.161 124

635 3.742 68 133 107 4.685 102

2.545 2 121 331 2 3.001 29

16

4

78

929 754 9.618 17.320 183 28.804

188

126 566 119 105 10 926 508

18.396

4.170 1.704

13.135

2.078

209

3.772

7.860

38.644

4.807

112

52.986

100

88 39 49 33 37 37 12 2 14

151 242 191 76 83 64 44 12 21

3.136 6.662 3.417 692 1.336 170 107 13 490

916 746 232 155 188 616 93 1 183

56 1.155

15 326

50 934

43 16.066

26 3.156

13

14

60

197

7

1

21

45

16 36

22 37

16 97

106 348

12 218

84 30 23 112 7 256 376

33 32 18 20 4 107 104

38 78 42 154 30 342 23

574 1.396

Besichtigung/'Inspektion

Besichtigung/'Inspektion (punktuell)

Vorträge, Vorlesungen

212 331 172 112 178 35 25 1 33

3 3 1 1

6

5

33

62

9

34 18

19

Strafanzeigen

Anwendung von Zwangsmitteln

33.291 15

Bußgelder

Anordnungen

111 14

102

Anfragen/Anzeigen/ Mängelmeldungen

4.768 13

3.004 1.701 5 6

abgelehnte Genehmigungen/ Erlaubnisse/Zulassungen/ Ausnahmen/Ermächtigungen

12

10.011 4

erteilte Genehmigungen/ Erlaubnisse/Zulassungen/ Ausnahmen/Ermächtigungen

Anzahl Beanstandungen

4.790 11

896 3

Stellungnahmen/Gutachten (auch Berufskrankheiten)

2.563 10

312 2

Untersuchungen von Unfällen/Berufskrankheiten

Revisionsschreiben

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen

208 9

Besichtigung/Inspektion (Schwerpunktprogramm)

1.442 8

1.426 1

1.823

Ahndung

auf Anlass

7.331 7

Beratung

Anzahl der Tätigkeiten Pos. Dabei berührte Sachgebiete Technischer Arbeitsschutz, Unfall1 verhütung und Gesundheitsschutz 1.1 Arbeitsschutzorganisation 1.2 Arbeitsplätze, Arbeitsstätten, Ergonomie 1.3 Arbeitsmittel, Medizinprodukte 1.4 überwachungsbedürftige Anlagen 1.5 Gefahrstoffe 1.6 explosionsgefährliche Stoffe 1.7 Biologische Arbeitsstoffe 1.8 Gentechn. veränderte Organismen 1.9 Strahlenschutz 1.10 Beförderung gefährlicher Güter 1.11 psychische Belastungen Summe Position 1 Technischer Arbeits- und 2 Verbraucherschutz 2.1 Geräte- und Produktsicherheit Inverkehrbringen gefährlicher Stoffe und 2.2 Zubereitungen 2.3 Medizinprodukte Summe Position 2 3 Sozialer Arbeitsschutz 3.1 Arbeitszeit 3.2 Sozialvorschriften im Straßenverkehr 3.3 Kinder- und Jugendarbeitsschutz 3.4 Mutterschutz 3.5 Heimarbeitsschutz Summe Position 3 4 Arbeitsmedizin 5 Arbeitsschutz in der Seeschifffahrt Summe Position 1 bis 5

Öffentlichkeitsarbeit/ Publikationen/Information

eigeninitiativ

Zwangsmaßnahmen

Entscheidungen

Verwarnungen

Beratung/ Information

99

9 20

1 1 1

5 2

1

1 8

17 13

2 3

2

3

42

3

11

15

79

9

1

2

6

11

1

2 2

8 8 2

17 5.764 1

646

18

5.782

646

34

5.863

655

Tabelle 5

Marktüberwachung nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz Erstellt am: Di 13.01.2009 Auswertungszeitraum: Di 01.01.2008 bis Mi 31.12.2008

12

13

14

15

16

17

191

10

39

12

54

17

67

50

16

0

Produkt nicht auf dem Markt gefunden

Verwarnungen, Bußgelder Strafanzeigen reaktiv

11

aktiv

10

7

hoheitliche Maßnahmen (Warnung/Rückruf)

Anordnungen und Ersatzmaßnahmen

freiwillige Maßnahmen des Inverkehrbringers

Revisionsschreiben/ Anhörungen

Mitteilung an andere Behörden

ernstes Risiko 9

reaktiv

52

8

aktiv

50

7

reaktiv

18

aktiv

13

reaktiv

408

aktiv

170

reaktiv

6

aktiv

5

reaktiv

reaktiv

4

aktiv

aktiv

3

reaktiv

reaktiv

2

aktiv

aktiv

1

Hersteller/ Bevollmächtigter

reaktiv

reaktiv

Überprüfung bei

Ergriffene Maßnahmen

aktiv

aktiv

geringes Risiko

mittleres Risiko

Risikoeinstufung nach der Handlungsanleitung für die Ausführung der Marktüberwachung in Deutschland

Nichtkonformität ohne Risiko

Anzahl der überprüften Produkte

18

19

20

21

22

0

2

1

0

1

23 194

Einführer

31

108

2

16

10

24

1

19

2

29

0

8

7

8

5

8

2

1

0

0

0

0

9

Händler Aussteller

460

238

21

8

25

46

8

13

19

38

10

61

18

14

32

10

1

2

0

1

0

0

1.270

6

6

1

1

3

1

1

0

0

1

4

1

0

0

3

0

0

0

0

0

0

0

0

9

32

1

0

5

3

1

1

0

7

4

4

6

3

2

0

0

0

0

0

0

0

1

676

792

38

43

93

126

18

224

31

114

30

128

48

92

92

34

3

4

0

3

0

1

1.474

private Verbraucher/ gewerbliche Betreiber

Reaktive Marktüberwachung wurde veranlasst durch

Meldungen über das Rapex-System

Schutzklauselmeldung

Behörde

privaten Verbraucher

gewerblichen Betreiber

Unfallmeldung

UVT

Hersteller

Einführer/ Bevollmächtigter

Händler

Aussteller

Insgesamt

Insgesamt

Anzahl

969

3

239

26

8

97

3

9

6

3

4

4.101

Tabelle 6

Begutachtete Berufskrankheiten (abgeschlossen) im Jahr 2008 / Landesgewerbearzt Arbeitsschutzbehörden Nr. 1 11

12 13 2 21 22 23 24 3 4 41 42 43 5 6 9999

Insgesamt

Berufskrankheit Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten Metalle oder Metalloide Erstickungsgase Lösemittel, Schädlingsbekämpfungsmittel (Pestizide) Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten Mechanische Einwirkungen Druckluft Lärm Strahlen Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten Erkrankungen der Atemwege und der Lungen, des Rippenfells und Bauchfells Erkrankungen durch anorganische Stäube Erkrankungen durch organische Stäube Obstruktive Atemwegserkrankungen Hautkrankheiten Krankheiten sonstiger Ursache Entscheidungen nach § 9 Abs. 2 SGB VII

begutachtet

berufsbedingt

1

2

Zuständigkeitsbereich Bergaufsicht

sonstiger, unbestimmt

begutachtet berufsbedingt

begutachtet berufsbedingt begutachtet

3

4

Summe

5

6

7

berufsbedingt

8

69

18

3

0

69

18

6 0 63

2 0 16

0 0 0

0 0 0

6 0 63

2 0 16

9

3

0

0

9

3

1 0 0 8

0 0 0 3

0 0 0 0

0 0 0 0

1 0 0 8

0 0 0 3

60

35

2

2

62

37

132

54

1

1

133

55

131 1 0 150 0 60 480

53 1 0 73 0 5 188

1 0 0 1 0 0 4

1 0 0 1 0 0 4

132 1 0 151 0 60 484

54 1 0 74 0 5 192

2009

Tabelle 1

Personal der Arbeitsschutzbehörden in Hessen (besetzte Stellen zum Stichtag 30.06.2009) Oberste Landesbehörden Pos.

1

Personal

Untere Landesbehörden

Einrichtungen

männl.

weibl.

männl.

weibl.

männl.

weibl.

männl.

weibl.

männl.

weibl.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

6 3

3 4

9

7

22 69 10 101

15 24 1 40

Summe männl. weibl.

11

12

28 72 10 110

18 28 1 47

0 2 0 2

0 0 0 0

Aufsichtskräfte in Ausbildung Höherer Dienst Gehobener Dienst Mittlerer Dienst Summe 2

3

Gewerbeärztinnen u. ärzte

4

Entgeltprüferinnen u. prüfer

5

Sonstiges Fachpersonal Höherer Dienst Gehobener Dienst Mittlerer Dienst Summe 5

6

Mittelbehörden

Ausgebildete Aufsichtskräfte Höherer Dienst Gehobener Dienst Mittlerer Dienst Summe 1

2

Landesoberbehörden

2 2

1

2 1 3

Verwaltungspersonal Insgesamt

13

2

2

3

2

2

1

2

1

3

5 17 4 26

4 14 13 31

5 19 5 29

5 16 13 34

4

7

29

7

33

14

140

103

153

117

1 2

Tabelle 2

Betriebsstätten und Beschäftigte im Zuständigkeitsbereich Erstellt am: Fr 26.03.2010 Auswertungszeitraum: Do 01.01.2009 bis Do 31.12.2009 für Land Hessen Betriebsstätten

Beschäftigte Jugendliche

Erwachsene

Summe

1

männlich 2

weiblich 3

Summe 4

männlich 5

weiblich 6

Summe 7

8

Summe

164 338 502

3.033 2.020 5.053

1.487 931 2.418

4.520 2.951 7.471

238.654 141.916 380.570

132.131 86.368 218.499

370.785 228.284 599.069

375.305 231.235 606.540

Summe

763 7.099 3.571 10.302 21.735

1.895 3.185 1.956 3.315 10.351

1.028 1.541 1.011 1.634 5.214

2.923 4.726 2.967 4.949 15.565

159.221 224.353 151.648 192.619 727.841

97.677 140.190 87.828 107.095 432.790

256.898 364.543 239.476 299.714 1.160.631

259.821 369.269 242.443 304.663 1.176.196

Summe

16.244 227.093 243.337

2.953 5.286 8.239

1.716 5.499 7.215

4.669 10.785 15.454

131.555 337.375 468.930

76.037 242.083 318.120

207.592 579.458 787.050

212.261 590.243 802.504

Summe 1 - 3

265.574

23.643

14.847

38.490

1.577.341

969.409

2.546.750

2.585.240

4: ohne Beschäftigte

11.444

Insgesamt

277.018

23.643

14.847

38.490

1.577.341

969.409

2.546.750

2.585.240

Größenklasse 1: Großbetriebsstätten 1000 und mehr Beschäftigte 500 bis 999 Beschäftigte 2: Mittelbetriebsstätten 250 bis 499 Beschäftigte 100 bis 249 Beschäftigte 50 bis 99 Beschäftigte 20 bis 49 Beschäftigte 3: Kleinbetriebsstätten 10 bis 19 Beschäftigte 1 bis 9 Beschäftigte

Tabelle 3.1 (sortiert nach Leitbranchen)

Dienstgeschäfte in Betriebsstätten

*

47

1.763

17.406

19.216

4

407

2.645

3.056

11 12 20 502

198 3.275 3.484 293 2.134 2.439 649 1.526 2.195 21.735 243.337 265.574

Größe 1: 500 und mehr Beschäftigte Größe 2: 20 bis 499 Beschäftigte Größe 3: 1 bis 19 Beschäftigte

**

Zahlen in Klammern sind aus datenschutzrechtlichen Gründen zusammengefaßt

607

740

196 270 2.016 2.444 188 219 17 43 503 545 274 332 154 225

67

38

13

155

491

659

37

220

608

865

1

31

44

76

2

40

48

90

3 19 53 75 6 40 86 132 4 57 73 134 156 1.880 6.346 8.382

18 30 59 107 8 55 96 159 9 67 76 152 432 3.143 8.080 11.655

1

2 2

1

5 89 5 7 5

15

6

Ahndung

18

12

5

Verwarnungen/Bußgelder/ Strafanzeigen

49

26

1

16 53 27 297 13 76 6 14 18 5 9

17

2

18 264 83 402 111 474 41 104 111 18 27

19 108 71 105 27 70 13 9 27 18 18

243

11

2

1.378

157

162 83 1.488 100 204 22 22 1 430 20 141 52 126 45

1 20

692 2.030 230 54 742 360 707

151 500 56 22 12 167 113

20 3 2

1

21 936 426 969 363 1.127 138 333 368 75 73

22 210 108 432 13 140 17 77 22 12 105

23 1 2 5 1 8 2 1

Anfragen/Anzeigen/ Mängelmeldungen

367 3.503 296 49 692 397 649

8

15 137 138 204 51 511 88 64 138 11 21

Anz. Beanstandungen

901

224 2.631 251 19 618 321 373

14

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen

731

137 824 36 27 68 73 272

13

an Sonn- u. Feier-tagen

170 6 48 9 3 6 3 4

in der Nacht

12 511 259 790 205 893 142 182 269 37 73

Untersuchungen von Unfällen/Berufskrankheiten

274

71 411 27 23 41 56 68

11 98 135 578 140 600 103 94 231 7 21

Besichtigung/Inspektion

193

133 3 17 4 3 1 2 3

3 22

10 259 110 202 64 223 38 84 38 27 30

auf Anlass

Besichtigung/Inspektion (Schwerpunktprogramm)

81

3 10

9 154 14 10 1 70 1 4

eigeninitiativ

Besichtigung/Inspektion (punktuell)

9.787 9.800 66.027 15.080 1.853 29.754 23.110 8.791

8 278 202 615 127 649 123 150 232 27 47

Summe

9.072 9.272 62.455 13.789 1.493 28.469 21.180 7.376

7 72 116 478 85 467 98 89 204 7 16

Gr. 3

714 518 3.538 1.244 338 1.280 1.884 1.389

6 166 79 134 41 155 24 57 28 17 21

Gr. 2

1 10 34 47 22 5 46 26

5 40 7 3 1 27 1 4

Gr. 1

4 2.107 4.712 27.673 1.603 23.601 3.590 1.999 4.669 254 500

Summe

3 1.352 3.983 25.084 1.373 21.455 3.298 1.612 4.375 166 354

Gr. 3

Summe

2 702 712 2.569 228 2.083 290 359 293 79 124

Gr. 2

Gr. 3

1 53 17 20 2 63 2 28 1 9 22

Gr. 1

Gr. 2

Schl.Leitbranche 01 Chemische Betriebe 02 Metallverarbeitung 03 Bau, Steine, Erden 04 Entsorgung, Recycling 05 Hochschulen, Gesundheitswesen 06 Leder, Textil 07 Elektrotechnik 08 Holzbe- und -verarbeitung 09 Metallerzeugung 10 Fahrzeugbau Kraftfahrzeugreparatur, -handel, 11 Tankstellen 12 Nahrungs- und Genussmittel 13 Handel 14 Kredit-, Versicherungs-gewerbe 15 Datenverarbeitung Fernmeldedienste 16 Gaststätten, Beherbergung 17 Dienstleistung 18 Verwaltung Herstellung von Zellstoff, Papier und 19 Pappe 20 Verkehr Verlagsgewerbe, Druckgewerbe, 21 Vervielfältigungen 22 Versorgung 23 Feinmechanik 24 Maschinenbau Insgesamt

Gr. 1

darunter

Entscheidungen

Zwangsmaßnahme n

Überwachung/Prävention

erteilte Genehmigungen/ Erlaubnisse/ Zulassungen/ Ausnahmen/Ermächtigungen abgelehnte Genehmigungen/Erlaubnisse/ Zulassungen/Ausnahmen/Ermächt

Dienstgeschäfte in den Betriebsstätten

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen

Aufgesuchte Betriebsstätten

Erfasste Betriebsstätten*

Anordnungen/ Anwendung von Zwangsmiteln

Erstellt am: Fr 26.03.2010 Auswertungszeitraum: Do 01.01.2009 bis Do 31.12.2009 für Land Hessen

24 986 365 1.554 242 5.643 97 199 108 68 135

25 5 1 5

3

722

15

2 12 10 3 6 17 2

345 4.615 944 156 530 1.011 2.362

1 6

6 25

2 2 4

4 3 5

1

8

26 2 7 4 31 1 2

277

494

140 1.493 36 18 239 169 89

20 429 23 7 8 60 93

16

5

29

19

81

17

78

1

376

265

279

74

1.674

136

7

1.192

3

17

18

13

51

18

131

42

1

260

1

124 172 233 13.416

18 43 109 2.679

4 88

108 401 239 22.360

1 54

2 2 3 115

46 6 63 14 91 14 140 4.434 1.969

44 1 1 1

49

46 11 87 20 38 40 4.981 982

1

30

Tabelle 3.2

Dienstgeschäfte außerhalb der Betriebsstätte

Pos. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Art der Arbeitsstelle bzw. Anlage Baustellen überwachungsbedürftige Anlagen Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz Lager explosionsgefährlicher Stoffe Märkte und Volksfeste (fliegende Bauten, ambulanter Handel) Ausstellungsstände Straßenfahrzeuge Schienenfahrzeuge Wasserfahrzeuge Heimarbeitsstätten private Haushalte (ohne Beschäftigte) Übrige Insgesamt

13

1

2

5.902 1.996 52 15 7 2 11 2 73 36

Anordnungen/ Anwendung von Zwangsmiteln Verwarnungen/Bußgelder/ Strafanzeigen

Anfragen/Anzeigen/ Mängelmeldungen

abgelehnte Genehmigungen/ Erlaubnisse/Zulassungen/ Ausnahmen/Ermächtigungen

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen Anz. Beanstandungen

Untersuchungen von Unfällen/Berufskrankheiten

erteilte Genehmigungen/ Erlaubnisse/Zulassungen/ Ausnahmen/Ermächtigungen

auf Anlass

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen Besichtigung/Inspektion

Besichtigung/Inspektion (Schwerpunktprogramm)

Dienstgeschäfte

Besichtigung/Inspektion (punktuell)

eigeninitiativ

Entscheidungen

Ahndung

Überwachung/Prävention

Zwangsmaßnahmen

Erstellt am: Fr 26.03.2010 Auswertungszeitraum: Do 01.01.2009 bis Do 31.12.2009 für Land Hessen

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

33 3

2

225 1 1

6

3

3.889 133 2 49 342 1 13

33

17

1

17.643 33 2 5 180

46 18

8 3

3.503 36 4 1 18

3 33

1

635

545

74

21

4

1.158

387 25 58

337 5 1

4

12 13 7

1 2 2

441 10 9

842 6

4

608 456 175

1

10

3.615

237

19.481

948

7

5.668

35

27

7.150 2.939

6 131

sonstige Dienstgeschäfte im Außendienst*

*) sofern sie nicht in Betriebsstätten nach Tabelle 3.1 oder in den Positionen 1 bis 12 dieser Tabelle durchgeführt wurden.

2

6

Tabelle 4

Produktorientierte Darstellung der Tätigkeiten Erstellt am: Fr 26.03.2010 Auswertungszeitraum: Do 01.01.2009 bis Do 31.12.2009 für Land Hessen Überwachung/Prävention

2 2.1 2.2 2.3 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 4 5

81 51 40 22 46 22 6 2 4

166 147 132 102 98 77 43

1438 4095 1633 498 612 541 74

735 843 305 181 473 588 13

1 1 1 599

23

329

23

51 1293

26 300

73 861

41 9261

35

20

81

11

10

37

41 87

3 33

49 7 7 56 63 182 497

29 21 13 22 85 109

2059

527

138 8

5

428

396

389

5 2463

59 5798

24 31165

1891

58 3219

622

65 14967

6 2021

163

111

157

1058

16

8

109

157

476

26

43

133

44

2

18

131

55

82

22 140

102 291

13 167

290

74 1176

18

1 27

343 583

93 305

34 47 28 27 27 163 32

619 422 184 401 356 1982 31

303 203 114 165 5 790 314

4

387

487 199 59 287 14 1046 37

1196 11565

4490

1299

17226

25

4 42

105 523 93 109 42 872 12

2064

91

3930

4 8 8

Strafanzeigen

24 20 6 240 153 1057 2

Bußgelder

7018 11055 7978 1750 2167 652 125

9 14

Anfragen/Anzeigen/ Mängelmeldungen

26

1080 1544 1188 579 652 173 95

2

13 2 2 8

31 27 12 8 7

1

4473 3441 1092 1433 3385 3722 166 9 4886

219 786 416 262 295 105 76 3 296

262

18

18

242 13

20

21

17

12

437 645 745 59 106

1 15

37 16

756 11

3262 5181 3689 986 1282 150 90

2

2912 15

425 10

Stellungnahmen/Gutachten (auch Berufskrankheiten)

6 9

Verwarnungen

691 7

219 292 189 109 170 186 21 1 55

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen

Untersuchungen von Unfällen/Berufskrankheiten

Besichtigung/'Inspektion

4 6

Anwendung von Zwangsmitteln

211 5

Anordnungen

2459 4

Messungen/Probenahmen/ Analysen/Ärztl. Untersuchungen

Besichtigung/Inspektion (Schwerpunktprogramm)

150 3

erteilte Genehmigungen/ Erlaubnisse/Zulassungen/ Ausnahmen/Ermächtigungen

45

Besichtigung/'Inspektion (punktuell)

Öffentlichkeitsarbeit/ Publikationen/Information

2

Anzahl Beanstandungen

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11

231 1

Ahndung

auf Anlass

Revisionsschreiben

1

Anzahl der Tätigkeiten Dabei berührte Sachgebiete Technischer Arbeitsschutz, Unfallverhütung und Gesundheitsschutz Arbeitsschutzorganisation Arbeitsplätze, Arbeitsstätten, Ergonomie Arbeitsmittel, Medizinprodukte überwachungsbedürftige Anlagen Gefahrstoffe explosionsgefährliche Stoffe Biologische Arbeitsstoffe Gentechn. veränderte Organismen Strahlenschutz Beförderung gefährlicher Güter psychische Belastungen Summe Position 1 Technischer Arbeits- und Verbraucherschutz Geräte- und Produktsicherheit Inverkehrbringen gefährlicher Stoffe und Zubereitungen Medizinprodukte Summe Position 2 Sozialer Arbeitsschutz Arbeitszeit Sozialvorschriften im Straßenverkehr Kinder- und Jugendarbeitsschutz Mutterschutz Heimarbeitsschutz Summe Position 3 Arbeitsmedizin Arbeitsschutz in der Seeschifffahrt Summe Position 1 bis 5

Vorträge, Vorlesungen

Pos.

Beratung

eigeninitiativ

Zwangsmaßnahmen

Entscheidungen

abgelehnte Genehmigungen/ Erlaubnisse/Zulassungen/ Ausnahmen/Ermächtigungen

Beratung/ Information

1

2 6 2 2

5 19

6 20

5 6

6 8

11 5

2 1 2 3 4

1 5

2

5

33

1

38 22645

91

14

19

60

13

2

681

4

1

3

76

1

1

21 579

1693 1698

1936 2693

2 7

2

271 388 52 232 480 1423 112

444 4813 57 158 441 5913 78

2060 1 91 260

3 2

1

2412 27

81

992 812 7042 18275 648 27769

5

7638

37735

6028

107

53107

103

6 2 73

1

1

1 1

4 27 1 3

51 7207 3 1

1 1

1

35

7262

3

17

54

7323

17

1

Tabelle 5

Marktüberwachung nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz Erstellt am: Fr 26.03.2010 Auswertungszeitraum: Do 01.01.2009 bis Do 31.12.2009 für Land Hessen Risikoeinstufung nach der Handlungsanleitung für die Ausführung der Marktüberwachung in Deutschland

5

6

7

8

9

10

Hersteller/ Bevollmächtigter

142

252

1

29

15

40

12

65

5

Einführer

23

146

1

18

8

8

6

39

Händler

601

244

37

10

16

13

22

21

12

13

14

15

16

17

18

47

64

4

31

2

38

1

2

62

10

2

7

2

7

9

41

39

7

16

5

6

10

19

20

21

22

2

1

1

139

1.556 3

16

152

10

120

14

56

9

52

1

2

280

29

12

5

10

3

5

1

1

2

3

Insgesamt

1.214

1

Aussteller

Anzahl

138

2

Händler

Reaktive Marktüberwachung wurde veranlasst durch

40

1

Einführer/ Bevollmächtigter

64

7

Hersteller

40

2

UVT

59

13

Unfallmeldung

39

3

gewerblichen Betreiber

668

1

privaten Verbraucher

768

2

Behörde

26

Schutzklauselmeldung

2

Meldungen über das Rapex-System

Insgesamt

23

7

Aussteller private Verbraucher/ gewerbliche Betreiber

Produkt nicht auf dem Markt gefunden

Verwarnungen, Bußgelder Strafanzeigen

hoheitliche Maßnahmen (Warnung/Rückruf)

11

reaktiv

4

aktiv

3

reaktiv

2

aktiv

reaktiv

reaktiv

aktiv

aktiv

reaktiv

reaktiv

aktiv

aktiv

reaktiv

reaktiv

aktiv

aktiv

reaktiv

reaktiv

aktiv

1

Anordnungen und Ersatzmaßnahmen

Revisionsschreiben/ Anhörungen

Mitteilung an andere Behörden

reaktiv

aktiv

aktiv

Überprüfung bei

freiwillige Maßnahmen des Inverkehrbringers

Ergriffene Maßnahmen

ernstes Risiko

mittleres Risiko

geringes Risiko

Nichtkonformität ohne Risiko

Anzahl der überprüften Produkte

1.560

1

1.705

Tabelle 6

Begutachtete Berufskrankheiten (abgeschlossen) im Jahr 2009 / Landesgewerbearzt Arbeitsschutzbehörden Nr. 1 11

12 13 2 21 22 23 24 3 4 41 42 43 5 6 9999 Insgesamt

Berufskrankheit Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten Metalle oder Metalloide Erstickungsgase Lösemittel, Schädlingsbekämpfungsmittel (Pestizide) Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten Mechanische Einwirkungen Druckluft Lärm Strahlen Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten Erkrankungen der Atemwege und der Lungen, des Rippenfells und Bauchfells Erkrankungen durch anorganische Stäube Erkrankungen durch organische Stäube Obstruktive Atemwegserkrankungen Hautkrankheiten Krankheiten sonstiger Ursache Entscheidungen nach § 9 Abs. 2 SGB VII

begutachtet

berufsbedingt

1

2

Zuständigkeitsbereich Bergaufsicht sonstiger, unbestimmt begutachtet berufsbedingt

3

4

Summe

begutachtet berufsbedingt begutachtet

5

6

7

berufsbedingt

8

91

15

0

0

0

0

91

15

12 0 79

3 0 12

0 0 0

0 0 0

0 0 0

0 0 0

12 0 79

3 0 12

20

5

0

0

0

0

20

5

10 0 0 10

3 0 0 2

0 0 0 0

0 0 0 0

0 0 0 0

0 0 0 0

10 0 0 10

3 0 0 2

54

23

0

0

4

0

58

23

158

61

0

0

3

1

161

62

155 2 1 192 0 60 575

60 1 0 108 0 5 217

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

3 0 0 2 0 1 10

1 0 0 1 0 0 2

158 2 1 194 0 61 585

61 1 0 109 0 5 219

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