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Empirie-Vorlesung im Wintersemester 2006/2007 Teil A: Quantitative Methoden Themen am 28.11.2006: • Befragungen • Fragereihenfolge • Befragungsformen ...
Author: Christin Böhm
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Empirie-Vorlesung im Wintersemester 2006/2007 Teil A: Quantitative Methoden Themen am 28.11.2006: • Befragungen • Fragereihenfolge • Befragungsformen • Beobachtungen

Lernziele: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Faustregeln bei der Erstellung der Fragereihenfolge Besonderheiten von face-to-face-Befragungen Besonderheiten von Telefoninterviews Besonderheiten von schriftlichen Befragungen Schritte bei Durchführung von Beobachtungsstudien Beobachtungsschemata

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Wiederholung von letzter Woche Messen • Bestimmung des Messniveaus Gütekriterien von Messungen: Objektivität, Reliabilität u. Validität • Theoretische Ansätze zur Erklärung des Befragtenverhaltens Befragung als (indirekte) soziale Kommunikation Teilnahme- u. Antwortverhalten als rationales Handeln Kognitionspsychologische Analyse des Findens passender Antworten Aufgaben beim Beantworten von Fragen • Verständnis der Frage: - semantisches Verständnis - pragmatisches Verständnis: Regeln der Konversationslogik • Abruf von Informationen • Urteilsbildung • Formatierung in Antwortvorgabe • Editierung nach sozialer Angemessenheit → Bedeutung von Kontext: Fragebogen (insbesondere Reihenfolge der Fragen) Interviewsituation, Umwelt (Ereignisse in realer Welt)

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Wiederholung von letzter Woche Typen von Fragen • Erfassung von Bewertungen (Rating u. Ranking), Überzeugungen/Vorstellungen u. Wissen (einschließlich ausgeübtenVerhaltens) • Frageformen: geschlossen, offen (einschl. Field-Coding) u. halboffen Faustregeln bei der Frageformulierung: • kurze, einfache Sätze ohne Fremdwörter und Abkürzungen • keine Mehrdimensionalität • keine doppelten Verneinungen • Wissensstand der Zielpopualtion berücksichtigen (keine Überforderung) • möglichst konkret bleiben u. hypothetische Sachverhalte vermeiden • Ausbalanzierung positiver u. negativer Seiten bei Fragebatterien u. Antwortvorgaben • Vorsicht bei Suggestivfragen • „forced choice“ vermeiden ? • explizite Meinungsenthaltungen vorsehen?

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Festlegung der Reihenfolge von Fragen und Aufbau des Fragebogens Ziel ist es i.a. die Vermeidung von Ausstrahlungseffekten (Halo-Effekten) So kann etwa die Frage nach der Religiosität einer Person die direkt nachfolgende Frage nach den sexuellen Gewohnheiten beeinflussen, da der Sexualbereich von vielen Religionen normativ besetzt wird. Alternative: Es kann auch versucht werden, Reihenfolgeeffekte bewusst zu nutzen, um auf einen gewünschten Aspekt zu fokussieren. Bei der Fragebogenkonstruktion ist zunächst die Grobgliederung (Makroplanung) festzulegen und anschließend die Feingliederung (Mikroplanung): - Makroplanung: Reihenfolge der Themen, - Mikroplanung: Reihenfolge von Fragen in einem Thema.

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„Faustregeln“ für die Festlegung der Reihenfolge von Fragen • 'leichte' Eröffnungsfragen (zur Einführung in das Thema der Befragung und Wecken von Interesse) • Löschreize (Texte/Fragen) zwischen empfindlichen Fragen und Themenbereichen, die sich gegenseitig stören können • Überleitungsfragen und -floskeln bei Themenwechsel (z.B.: "Nun zu einem anderen Thema: Wir würden uns nun dafür interessieren, wie Sie über ... denken.“) • Filter und Gabelungen zur Vermeidung überflüssiger/falscher Fragen für spezielle Subgruppen. Filter sind Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Frage oder eine Reihe von Fragen an einen Respondenten gestellt werden (z.B.: Fragen zur Arbeitszeit nur an Berufstätige aber nicht an Hausfrauen/Hausmänner, Rentner, Schüler oder Studierende). Bei Gabelungen gibt es in Abhängigkeit von Eigenschaften der Befragten unterschiedliche Fragen (z.B. unterschiedliche Fragen an Vorgesetzte und Untergebene in Umfragen innerhalb von Betrieben)

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„Faustregeln“ für die Festlegung der Reihenfolge von Fragen • unterschiedliche Fragebogenversionen (sog. Splits), (a) um Reihenfolgeeffekte statistisch zu kontrollieren (vgl. z.B. die Beispiele zur Erfassung von politischem Interesse); (b) um mehr Fragen auf Kosten der Fallzahl zu erreichen. • da sozio-demographische Angaben eher uninteressant sind, sollten sie i.a. am Ende einer Befragung stehen; • nach der eigentlichen Befragung sollten bei Befragungen durch Interviewer Fragen folgen über a) seine Einschätzung des Interviews und evtl. b) spezielle Interviewermerkmale und -einstellungen (diese Fragen sind erst nach der Beendigung des Interviews auszufüllen!). Weitere Gesichtspunkte bei der Fragebogenkonstruktion: • Filterführung: Filter müssen vom Interviewer bzw. Befragten leicht zu befolgen sein; • Intervieweranweisungen müssen von den eigentlichen Fragen unterscheidbar sein; • eine gute grafische Gestaltung erleichtert die Durchführung von Interviews; • Berücksichtigung von (möglichst einheitlichen Werten für) ungültige Antworten (missing values); • Die Verkodung (Zuordnung von Zahlen) ist bereits bei der Frageformulierung zu berücksichtigen. Empirie-Vorlesung Teil: Quantitative Methoden WiSe 06/07, 28.11.06)

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Befragungsformen Unterschiedliche Formen der Befragung lassen sich danach unterscheiden, in wieweit eine direkte Kommunikation zwischen dem Forscher bzw. Interviewer und dem Befragten stattfindet und welche Medien eingesetzt werden: • im persönlichen Interview (engl: face to face) stehen sich Befragter und Interviewer direkt gegenüber. - Befragung mit gedrucktem Fragebogen, auf denen Antworten notiert werden (PAPI: paper and pencil), - computerunterstützte persönliche Interviews (CAPI: computer assisted personal interview); • im telefonischen Interview sind Befragter und Interviewer räumlich getrennt und nur durch das Telefon verbunden; Telefonische Interviews finden heute fast ausschließlich computerunterstützt statt (CATI: computer assisted telefone interview); • bei der schriftlichen Befragung gibt es keine direkte Interaktion zwischen dem Befragten und dem Forscher/Interviewer. Der Fragebogen wird per Post verschickt und vom Interviewten selbst ausgefüllt und zurückgeschickt;

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Befragungsformen • Inzwischen werden auch reine Computerinterviews eingesetzt. An die Stelle des schriftlichen Fragebogens oder eines Inteviewers tritt ein Terminal oder PC; die Fragen werden von einem Programm über Bildschirm und/oder Lautsprecher ausgegeben und die Antworten über die Tastatur oder Mikrophon eingegeben. Ein Spezialfall ist das Internet-Interview über E-Mails oder WWW.

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Persönliche standardisierte Interviews a) Fragebogengestaltung: - Der Fragebogen muss für den Interviewer leicht zu bearbeiten sein: z.B. durch deutliche Unterscheidung zwischen Intervieweranweisungen und vorzulesendem Text. - Es besteht die Möglichkeit des Einsatzes von Listen, Kärtchen evtl. Grafiken, die den Befragten für einzelne Fragen oder Frageblöcke vorgelegt werden. b) Pretest Vor der eigentlichen Anwendung ist jedes Erhebungsinstrument in einem Pretest zu prüfen. Dazu wird der Fragebogen an (i.a. 5 bis zu 100) Befragten getestet. Als Ergebnis wird das Instrument modifiziert. Anschließend sollte ein weiterer Pretest durchgeführt werden, so dass auch der endgültige Fragebogen vor dem eigentlichen Einsatz getestet ist. • kognitiver Pretest: Vor oder direkt nach dem Beantworten jeder Frage wird der Interviewte aufgefordert, „laut zu denken“, d.h. zu äußern, was er bei der Frage denkt und wie er zu seiner Antwort kommt bzw. gekommen ist. In offenen Nachfragen werden vermutete Probleme einer Frage bzw.von Antwortvorgaben thematisiert.

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Persönliche standardisierte Interviews • An einer kleinen Preteststichprobe Durchführung des gesamten Interviews wie in der eigentlichen Hauptuntersuchung (Standard-Pretest): - Interviewer soll dabei zusätzlich auf Art und Weise der Beantwortung achten, Verzögerungen, Unsicherheiten etc. notieren, - im Anschluss evtl. Nachfragen zur Verständlichkeit der Fragen und der Antwortvorgaben, und der Schwierigkeit der Beantwortung. Neben dem Pretest des ganzen Instruments können zunächst auch Teilabschnitte, z. B. neuformulierte Item-Batterien (Frageblöcke) getestet werden. Kognitive Pretests werden in der Regel nur für ausgewählte Fragen eingesetzt. Im Pretest zu klärende Fragen: • Gibt es bei bestimmten Fragen Schwierigkeiten (Verständnis unklar oder Äußerung von Unbehagen bzw. Unzufriedenheit, Antwortverweigerung, Antworten außerhalb des vorgegebenen Antwortschemas, keine oder nur sehr geringe Streuung über die Kategorien)? • Ist die Reihenfolge der Fragen und die Filterführung anwendbar? • Wird der zeitliche Rahmen eingehalten?

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Persönliche standardisierte Interviews c) Interviewerschulung: Vor jeder Erhebung ist eine sorgfältige Schulung der Interviewer zentral für den Erfolg einer Befragung. Gegenstand der Interviewerschulung: • Erläuterung der Studie und des Fragebogens; • Erklärung, wie Antworten der Befragten zu notieren sind; • Darstellung und Einübung der Kontaktaufnahme; • Angabe von Verhaltensregeln bei der Befragung (Auftreten, Erklärungshinweise bei Schwierigkeiten etc.); • Bezahlung der Interviewer (Erfolgs- und/oder Zeithonorar?); • Konsequenzen bei Interviewfälschungen; • möglichst Rollenspiele zur Einübung in das Interviewverhalten.

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Persönliche standardisierte Interviews d) Durchführung • wenn möglich vor Interview anschreiben und Besuch eines Interviewers ankündigen; • Interviewer mit Interviewerausweisen ausstatten; • Einleitungsgespräch: Vorstellung des Interviewers und Erläuterung der Thematik; Hinweisauf die Wichtigkeit der Teilnahme für den Erfolg der Untersuchung, evtl. Zusicherung der Anonymität; Einholung der Bereitschaft zum Interview; • während des Interviews sollte sich der Interviewer möglichst neutral, aber nicht „cool“, sondern interessiert verhalten und eigene Bemerkungen und Verhaltensweisen vermeiden, die Rückschlüsse auf die Einstellungen des Interviewers nahe legen; • nach Interview ohne Befragten ergänzende Angaben des Interviewers zu: - Anwesenheit Dritter und evtl. Eingriffe in das Interview, - Störungen des Interviews, - Einschätzung der Kooperationswilligkeit und Antwortzuverlässigkeit des Befragten.

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Persönliche standardisierte Interviews Wichtig ist die Interviewerbetreuung: - Klärung auftretender Probleme, evtl. Nachschulung - Ausgabe von Material, - Einsammeln der Fragebögen, und die Interviewerkontrolle: • produziert ein Interviewer überhäufig Ausfälle bei Fragen oder von zu befagenden Personen? sind seine Interviews besonders kurz oder auffallend lang? • rasche Durchsicht und Analyse abgelieferter Interviews auf Vollständigkeit, Konsistenz etc.; • telefonische, postalische oder persönliche Nachfrage bei 10%-50% der Befragten nach: Durchführung (war Interviewer da?), Länge und Thema des Interviews (wie lange hat es gedauert, worum ging es?), Erfassung und Vergleich von Interviewerangaben mit Vorwissen über Befragte (z.B. Alter, Geschlecht, Wohnort) Zusätzlich bei Feldkontrolle: • liegen die durchgeführten Interviews im Zeitplan? • werden die geplanten Kosten (Zeitaufwand pro Interview, Fahrtkosten etc.) eingehalten? • häufen sich regionale Ausfälle?

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Die schriftliche Befragung Bei schriftlichen Befragungen werden den Befragten Fragebogen vorgelegt. Die Befragten werden aufgefordert, eine jeweils bevorzugte Antwortvorgabe anzukreuzen oder schriftliche Antworten (auf offene Fragen) zu geben. In der Regel werden die Fragebögen postalisch verschickt; schriftliche Umfragen werden aber auch als Teil von oder im Anschluss an persönliche Interviews durchgeführt. Innerhalb von Organisationen (z.B. Schulen) werden schriftliche Befragungen auch gemeinsam mit anderen (z.B. mit allen Schülern in einer Klasse) durchgeführt (sog. Gruppenbefragung). Vorteile einer schriftlichen Befragung + oft geringere Kosten pro Interview, + Ausschaltung von Interviewereinflüssen, + für Befragten i.a. kein Druck zum sofortigen Ausfüllen, was aber Antwortquote senken kann.

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Die schriftliche Befragung Nachteile einer schriftlichen Befragung – ohne besondere Maßnahmen oft hohe Ausfälle (bis zu 90 % der angeschriebenen Adressen), – keine Erläuterungen/Erklärungen durch Interviewer möglich (daher: Telefonnumer für Rückfragen mitteilen), – eher Beschränkung auf einfache Fragen, – keine komplexen Filterführungen sinnvoll, – keine Kontrolle über Befragungssituation, – vermutlich keine spontanen Beantwortungen möglich, – Identität des Befragten unkontrollierbar, – Reihenfolge der Fragenbeantwortung unkontrollierbar.

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Die schriftliche Befragung Maßnahmen zur Erhöhung der Rücksendequote Dillman (1978, 1983) nennt in seiner "Total-Design-Method" (vgl. dazu auch Diekmann, 2000, S. 442, Schnell u.a., 1999, S. 337 ff.) eine Reihe von Punkten, die zur Erhöhung der Antwortbereitschaft eingesetzt werden können: • Begleitbrief/Anschreiben (offizielles Briefpapier, persönliche Adressierung mit Datum, Hinweis auf Nützlichkeit/Wichtigkeit der Studie evtl. Vertraulichkeit der Daten, Erläuterung der Identifikationsnummern, Ermunterung zu (telefonischen) Rückfragen, Danksagen, persönliche Unterschrift); • Fragebogengestaltung (übersichtlich, graphisch anregend); • Versand des Fragebogens (Frankierung, Verpackung, Rückporto); • Erinnerungsschreiben (empfohlen: + nach 1 Woche Karte mit Dank für Mitarbeit und freundlicher Erinnerung; + nach 3 Wochen Erinnerungsschreiben mit neuem Fragebogen verschicken, + nach 7 Wochen weitere Erinnerung mit Fragebogen mit besonderer Versandform wie Eilbrief); • Teilnahmeanreize (Belohnungen, Lotterien, Bericht über Untersuchungsergebnisse). Einige dieser Maßnahmen können auch bei anderen Befragungsformen eingesetzt werden.

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Telefoninterviews Nachdem die Telefondichte bei über 90% der Privathaushalte liegt, ist nicht mehr mit besoneren Auswahlverzerrungen in Telefoninterviews zu rechnen. Probleme ergeben sich durch die steigende Zahl von nicht eingetragenen Telefonnummern, Anschlüssen, die mit Anrufbeantworter und/oder Fax kombiniert sind und Mobiltelefonen. Die Auswahl von Nummern erfolgt daher oft durch zufällige Nummerngenerierung oder Ersetzung der letzten Ziffer(n) durch Zufallszahlen (RLD: random last digit). Besonderheiten des Erhebungsinstrument: • mit ersten Fragen Interesse wecken (die erste Frage sollte themenbezogen und geschlossen sein, die zweite offen); • generell möglichst kurze und einfache Fragen; • bei geschlossenen Fragen wenige Antwortkategorien (i.a. nicht mehr als fünf) vorgeben, mit bekannten Skalen (Schulnoten, Thermometer) arbeiten oder Fragen aufteilen „Viele Leute verwenden die Begriffe "links" und "rechts", wenn es darum geht, unterschiedliche politische Einstellungen zu kennzeichnen. Wie würden Sie sich selbst einstufen: Würden Sie sich selbst politisch eher als ‚links‘, als ‚in der Mitte stehend‘ oder eher als ‚rechts‘ einstufen?“ Nachfrage, wenn links: „Und würden Sie sich eher als ‚sehr links‘, ‚mäßig links‘ oder ‚gering links‘ einstufen?“ Analog, wenn ‚rechts‘;

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Telefoninterviews Besonderheiten des Erhebungsinstrument: • Listen, Kärtchen und Grafiken können nicht eingesetzt werden; • Ratings nur über wenige Objekte möglich, bei mehr als 3-5 Objekten stattdessen Paarvergleiche der zu bewertenden Objekte. Durchführung: • möglichst zentral aus einem Telefonlabor (dann: Unterstützung durch Supervisor bei Problemen und leichtere Kontrolle der Interviewer möglich); • geplantes Telefoninterview möglichst schriftlich ankündigen; • im Kontaktgespräch vor eigentlichem Interview Informationen über Thema der Untersuchung, Auswahlverfahren, - falls vorhanden - Auftraggeber und voraussichtliche Länge des Interviews geben, evtl. Anonymität zusichern, auf Freiwilligkeit hinweisen, Rückfragen oder Rückanrufe ermöglichen, dazu möglichst für Anrufer kostenlose 0800Nummer ein richten; • Kernzeiten; werktags zwischen 17 und 20 Uhr.

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Telefoninterviews Bei computerunterstützten Telefoninterviews sitzen die Interviewer an Terminals. Fragen werden vom Bildschirm abgelesen und Antworten direkt in den Computer eingegeben. Spezielle CATI-Programme (Dialer) geben zudem die Telefonnummer vor oder wählen sie an, steuern und dokumentieren die Kontaktversuche und die Dauer der Interviews und verwalten Terminvereinbarungen. • komplexe Filterführung kann durch das Programm überwacht werden; • optimiertes Interviewmanagement: Probleme können sofort erkannt und behandelt werden; • Daten liegen sofort maschinenlesbar vor: schnellere Auswertung.

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Beobachtungen Als Oberbegriff bezeichnet „Beobachtung“ alle Formen der Datenerehungen. Mit Beobachtungsverfahren sind aber nur die gezielten Beobachtungen von Handlungen und Interaktionen (direkte Beobachtung) gemeint. In der Sozialforschung werden verschiedene Formen der Beobachtung unterschieden: a) verdeckte vs. offene Beobachtung (nehmen die Beobachteten die Beobachtung wahr?) b) teilnehmende vs. nichtteilnehmende Beobachtung (hat der Beobachter noch eine weitere Rolle, z.B. die des Patienten in einem Krankenhaus?) c) strukturierte/standardisierte vs. unstrukturierte Beobachtung (gibt es einen Beobachtungsleitfaden, ein Beobachtungsschema?) d) natürliche vs. künstliche Beobachtungssituation (Beobachtung im Feld oder im Labor) e) Fremdbeobachtung vs. Selbstbeobachtung In der quantitativen Sozialforschung werden vorwiegend strukturierte, d.h. weitgehend standardisierte Beobachtungen mit einem Erhebungsinstrument, dem Beobachtungsschema, eingesetzt. Die Durchführung einer standardisierten Beobachtungsstudie folgt der generellen Vorgehensweise einer quantitativen Studie.

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Ablauf einer strukturierten Beobachtungsstudie Fragestellung, Hypothesenformulierung ↓ Operationalisierung: Auswahl von Beobachtungsindikatoren ↓ Konstruktion des Beobachtungsschemas (Erhebungsinstrument) ↓ Auswahl der Beobachtungssituationen ↓ Pretest, Modifikation des Beobachtungsschemas ↓ Beobachterschulung ↓ Haupterhebung: Beobachtung + Beobachtersupervision ↓ Vercodung + Auswertung der Daten (nach Diekmann, 2000:478)

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Beobachtungsschemata In Beobachtungsstudien werden die in den Arbeitshypothesen vorkommenden Begriffe über die Konstruktion eines Beobachtungsschemas operationalisiert. Mit Hilfe dieses Instruments soll sichergestellt werden, dass das Auftreten der interessierenden Phänomene korrekt und in einheitlicher Weise erfolgt. In Abhängigkeit von den zu beobachtenden Sachverhalten kann unterschieden werden zwischen a. einem Zeichen- oder Merkmalssystem: Protokollierung des Auftretens bestimmter Ereignisse, Verhaltensweisen etc., d.h. Selektion relevanter Daten, z.B. Anzahl von bestimmten Gesten in einer Interaktion, b. einem Kategoriensystem: Einordnung aller Ereignisse (Beobachtungsitems) in vorgegebene Kategorien (daher keine Differenzierung in relevante/nicht relevante Ereignisse), c. und der Erfassung von Intensitäten mit Schätzskalen (Ratings), bei denen vom Beobachter die Einschätzung der Intensität des Ausprägungsgrades einer Ereignisdimension (z.B. das Ausmaß an Kooperation in einer Interaktion) erfasst werden soll.

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Beobachtungsschemata Eigenschaften der Kategorien und Dimensionen von Kategoriensystemen und Schätzskalen: - Eindimensionalität (Erfassung eines einzigen Merkmals pro Schätzskala) - Konkretheit (Die Ereignisse müssen den Kategorien leicht zugeordnet werden können ), - Ausschließlichkeit (Jedes Ereignis soll nur einer Kategorie zugeordnet werden), - Vollständigkeit (Jedes beobachtbare Ereignis sollte eingeordnet werden können), - Begrenztheit der Anzahl der Kategorien (wegen der begrenzten Informationsverarbeitungskapazität von Beobachtern). Beispiel: Beobachtungsschema für Erfassung geschlechtsspezifischer DozierendenStudierenden-Interaktion

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Beobachtungsschemata Beobachternr: ..... Geschlecht des Lehrenden ist weiblich: ..... männlich: ..... Anzahl Studierender: ..... davon weiblich: .....

Sitzplannr: .....

Interaktionsbeginn: Lehrender stellt an das Auditorium Frage:

Zeitpunkt: ......................

1. Welche Reaktion gibt es auf die Frage? (Mehrfachnennungen möglich): a. Wiederholung der Frage: ..... b. Antwort durch Dozent/in selbst: ..... (ENDE) c. Reaktion von Studierenden: ..... → 2 d. Aufforderung zur Reaktion: ..... anschließende Reaktion: ..... → 2 e. Dozent/in spricht Studierenden an: ..... Geschlecht des Angespr. (m/w): ..... → 4 f. keine Reaktion: ..... (ENDE)

Sequenznr.: .....

2. Wenn Reaktion von Studierenden? Anzahl sich meldender Studierender: ..... davon weiblich: ..... → 3 Anzahl ohne Meldung antwortender Studierender ..... davon weiblich: ..... → 5 3. Verhalten des Lehrenden? Dozent gibt Wort an Stud. auf Platz: ..... Geschlecht des Angespr. (m/w): ..... → 4 4. Verhalten des Angesprochenen: gibt Antwort: gibt keine Antwort:

5. Reaktion des Lehrenden? positiv: ..... → 6 negativ: ..... → 6 keine: ..... (ENDE)

..... → 5 ..... → 5

6. Nur wenn, mehrere Stud. Antwort gegeben haben: Reaktion bezieht sich auf Stud. auf Platz: .... (ENDE) Reaktion bezieht sich auf alle Redenden: .... (ENDE)

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Probleme bei Beobachtungsstudien a. eindeutige Definition der Beobachtungssituation Was ist die Beobachtungseinheit (im Beispiel: Interaktion Dozent/Studierender) Beobachtungsobjekte (Untersuchungseinheiten, Merkmalsträger) können sein: - Personen (Verhalten/Handlungen: Aussehen, Gestik, Mimik, Äußerungen) - Interaktionen (wer mit wem was) - Situationen (z.B. Bewerbungsgespräche) - Ereignisse in Zeitintervallen b. Auswahl der Beobachtungsorte und Beobachtungszeiträume (Stichprobenprobleme) Nach welchen Gesichtspunkten lassen sich Stichproben von Beobachtungseinheiten ziehen? c. Vermeidung von Beobachterfehlern Beobachtungen sind immer selektiv, da sie nur einen Ausschnitt aus einem Gesamtvorgang erfassen können. Aufgaben des Beobachters: Daten entdecken (Aufnahme), verarbeiten (Beurteilen u. Vercoden) und aufzeichnen (Protokollierung). Dabei Probleme durch: - zentrale Tendenz (Verschiebung extremer Ereignisse bei Rankings) - Bewertungstendenzen (zu milde, zu großzügig) - Reihenfolgeeffekte (Festlegung, Verankerung nach ersten Eindrücken) - Verzerrung durch spezifische Situationsinterpretation (subjekt. Theorie des Beobachters)oder Störungen durch „Gesamteindruck“ bei Ratings Empirie-Vorlesung Teil: Quantitative Methoden WiSe 06/07, 28.11.06)

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Probleme bei Beobachtungsstudien Konsequenzen: - intensive Beobachterschulung, - paralleler Einsatz mehrerer Beobachter, Berechnung der Übereinstimmung der Messungen (Intercoder-Reliabilität) - Aufzeichnung der Beobachtungssituation (Video) d. -

Besondere Schwierigkeiten teilnehmender Beobachtung Problem der Einführung des Beobachters in Situation Verzerrungen durch Sichtbarkeit des Beobachter (unbewusste) Beeinflussung der Erhebungssituation durch Beobachter Überforderung des Beobachters durch Überlastung Erinnerungsprobleme bei nachträglicher Aufzeichnung von Beobachtungen Probleme bei Identifikation mit Rolle/Gruppe („going native“), d.h. Aufgabe der Beobachterdistanz - Ethische Probleme (durch Beobachtung oder Rollenverhalten) insbes. auch bei verdeckten Beobachtungen

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