Protokoll vom 21. Elternseminar am 26. September 2009 beim Anadolu Wuppertal e. V. in Wuppertal zum Thema " Familienzentren in NRW Neue Zukunftsperspektiven für Kinder und Eltern" Tagesordnungspunkte
1. Begrüßung und Vorstellung des Elternnetzwerks NRW 2. Vorstellung der Gastgeber 3. "Familienzentren in NRW - Neue Zukunftsperspektiven für Kinder und Eltern" 4. Familienzentren vor Ort - bisherigen Erfahrungen aus der Praxis 5. Erfahrungsaustausch 6. Informationen aus den Vereinen zu neuen Projekten
1. Begrüßung und Vorstellung des Elternnetzwerks NRW Herr Celik begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung. Er freut sich, dass zahlreiche Elternvertreter sich an der Veranstaltung beteiligen. Herr Celik freut sich über die Teilnahme von Frau Gudrun Schmidt aus dem Ministerium für Gesundheit, Familie, Frauen und Integration (MGFFI) und über Frau Bärbel Mittelmann aus dem Familienzentrum "Villa Kunterbunt" in Wuppertal. Das Thema des 21. Elternseminars sei deshalb für Eltern interessant, da die Medien über eine neuen Weg des MGFFI berichtet haben. Demnach sollen nach und nach Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren umgestaltet werden. Deswegen hat sich das Gremium des Elternnetzwerkes für dieses Thema entschieden. Außerdem stellt sich hierbei die Frage, ob eine Kooperation zwischen den Familienzentren und den Migrantenselbstorganisationen möglich sei. Im Anschluss an die Begrüßung durch den Sprecher des Elternnetzwerkes NRW, stellt sich Frau Rohden aus dem Elternnetzwerk vor.
Im Anschluss an die Vorstellung des Leitungsgremiums des Elternnetzwerkes NRW, stellt Frau Weber das Elternnetzwerk NRW. - Integration miteinander vor.
Eltern mit Zuwanderungsgeschichte schlossen sich in Vereinen zusammen um gemeinsam den schulischen Erfolg ihrer Kinder zu unterstützen. Im Frühjahr 2006 tagten die Akteure des Netzwerks zum ersten Mal und begannen mit dem Austausch von Erfahrungen und Informationen. Mit der Unterstützung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, wurde ein weit gespanntes Netzwerk aufgebaut, mit dem Ziel, die 'Brückenfunktion' der Selbstorganisationen zu stärken. Im Elternnetzwerk organisieren sich ehrenamtliche Vereine und Eltern mit Zuwanderungsgeschichte. Es gibt
eine
Zusammenarbeit
mit
deutschen
Vereinen,
Organisationen
und
pädagogischen Institutionen. Aktuell sind im Elternnetzwerk über 200 Vereine und Institutionen Mitglied. In Zukunft sollen neue Vereine dazu gewonnen werden. In Nordrhein-Westfalen gibt es zurzeit über 1.000 Vereine und Organisationen von Menschen
mit
Zuwanderungsgeschichte.
Im
Sommer
2007
wurde
ein
Leitungsgremium bestehend aus sieben Mitgliedern gewählt. Die Zusammensetzung des Leitungsgremiums spiegelt die Interkulturalität des Netzwerkes wieder. Das Elternnetzwerk
NRW
bietet
den
Eltern
Familienberatung
und
Informationsveranstaltungen für und mit zugewanderten Eltern, Öffentlichkeitsarbeit zu
den
Aktivitäten
in
Nordrhein-Westfalen,
Seminare
und
Tagungen,
Fortbildungsmöglichkeiten sowie gemeinsame Veranstaltungen mit Lehrkräften, Elternvertretern
und
Elternnetzwerk
NRW
Familienbildungsstätten. in
regelmäßigen
Außerdem
Abständen
veranstaltet
das
Elternseminare
bei
unterschiedlichen Mitgliedsvereinen in Nordrhein-Westfalen. Zusätzlich erhalten alle Mitglieder und Vereine sowie interessierte Personen vierteljährlich ein Newsletter, in dem auf zahlreiche Aktivitäten und Informationen aus den Vereinen hingewiesen wird.
2. Vorstellung der Gastgeber Frau Basaran von Anadolu Wuppertal e. V. stellt ihren Elternverein vor. Zu den Tätigkeitsbereichen des Elternvereins gehören Elternarbeit, Bildung und Erziehung, Kultur, Beratung und Betreuung von Eltern sowie Integrationsarbeit. Besonders hervorheben möchte Frau Basaran die Sportfrauengruppe, die besonders gut angenommen
wird.
In
Wuppertal
leben
55
Tsd.
Menschen
mit
Zuwanderungsgeschichte von insgesamt 362 Tsd. Einwohner. Der Elternverein Anadolu Wuppertal e. V. wurde 1978 als Sportverband gegründet. Selbstverständlich habe man wie in zahlreichen Vereinen finanzielle Schwierigkeiten. Die Vergangenheit
und die Erfahrung habe gezeigt, dass man bereits viel erreicht hat und noch viel mehr in der Zukunft erreichen möchte. Zur Zeit hat der Verein über 170 Mitglieder.
Frau Basaran bericht, dass auch zahlreiche Nicht-Mitglieder den Verein aufsuchen, um z. B. Kursen teilzunehmen. Der Verein veranstaltet einmal in Monat eine kostenlose Veranstaltung z. B. zum Thema Religion und Erziehung. Durch solche Informationsveranstaltungen erreicht der Verein ca. 200-300 Familien. Anadolu Wuppertal e. V. sei kein politisch aktiver Verein. Die angebotene Hausaufgabenhilfe wird durch Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Nationalitäten in Anspruch genommen. Das spiele für den Verein keine Rolle. Auch deutsche Kinder nehmen an dem Angebot teil. Anadolu Wuppertal e. V. versteht sich als ein Kultur- und Bildungsverein. Der Verein finanziert sich durch Projekte, Kursbeiträge und Spenden. An der Wuppertaler Universität sind 240 Studentinnen und Studenten die das Lehramt studieren. Mit ihnen arbeitet der Verein sehr eng zusammen. Die Lehramtsanwärter engagieren sich ehrenamtlich bei der Hausaufgabenhilfe. Dabei können sie erste Erfahrungen mit Kindern sammeln. Außer dem Anadolu Wuppertal e. V. gibt es noch zahlreiche andere Elternvereine in Wuppertal.
3. "Familienzentren in NRW - Neue Zukunftsperspektiven für Kinder und Eltern" Frau Gudrun Schmidt aus dem Integrationsministerium stellt anhand ihres Referates die Bedeutung der Familienzentren in NRW dar. Es gibt drei Aspekte, warum Familienzentren in NRW wichtig sind:
1. Warum werden überhaupt Familienzentren eingerichtet? In der heutigen Zeit gibt es eine andere Familienform als früher. Es gibt nicht nur die Mutter und den Vater oder jeweils nur die Mutter oder den Vater. Heutzutage gibt es auch Partnerschaften und gleichgeschlechtliche Ehen. Die Ehe ist nicht mehr die Ehe von früher. Nordrhein-Westfalen wollte Familien stärken und Mut machen. Es sollte möglich sein, Beruf und Familie zu vereinen. Laut der Brigitte-Studie möchten Frauen beides. Daher ist eine gute Infrastruktur vor Ort notwendig. Einen wichtigen Beitrag tragen die Familienzentren vor Ort. Die Familienzentren sollten die Familie auffangen, so ähnlich wie früher eine Großfamilie. Daher sollen die Familienzentren immer dort eingerichtet werden, wo Eltern immer Zugang haben.
Aktuell
gibt
es
in
Nordrhein-Westfalen
1750
Tsd.
Familienzentren
in
Kindertageseinrichtungen. Damit eine Kita zu einem Familienzentrum werden kann, muss sie ein Zertifikat bekommen. Dieses ist möglich, wenn die Kita bestimmte Leistungen erbracht hat. Bis zum Jahr 2012 sollen die Familienzentren auf 3.000 ausgebaut werden. Der Ausbau zu einem Familienzentrum wird mit 12 Tsd. EUR gefördert.
Zu
den
wesentlichen
Aufgaben
der
Familienzentren
gehören:
Einbeziehung von Familien mit Zuwanderungsgeschichte. Frau Schmidt berichtet, dass es in Nordrhein-Westfalen 4 Mio. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gibt und 2 Mio. mit ausländischem Pass. Erstaunlich sei auch die Zahl der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die im Ausland geboren wurden im Vergleich zu den USA. So sind 14,9 % der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Nordrhein-Westfalen geboren, während es in den USA nur 12,3 % sind.
Es
gibt
mehr
Männer
als
Frauen
die
zugewandert
sind.
Die
türkische
Zuwanderungsgruppe ist am höchsten vertreten. Vor wenigen Jahren war ein großer Zufluss an Zuwanderung in Nordrhein-Westfalen gewesen, jetzt ist es eher ruhiger, aber die Probleme bestehen weiterhin.
2. Landesweite Herausforderung für die Familienzentren In der Gesellschaft ist Sprache und Bildung das Wichtigste. Gerade das soll und muss gefördert werden. Das ist eine wichtige Aufgabe der Familienzentren. Die Familienzentren sollen die Menschen vor Ort auf dreierlei Weise angesprochen werden. Zum einen sollen die Menschen dort wo sie leben angesprochen werden, zum anderen sollen sie so angesprochen werden, dass sie sich angesprochen fühlen und schließlich sollen die Menschen so angesprochen werden, dass sie sich verstanden fühlen. Dazu sollen vor Ort Angebote zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, dass es ein Netzwerk gibt. Jeder setzt dort an, wo er gerade ist. Die Menschen müssen 'niedrigschwellig' durch die Familienzentren angesprochen werden. Die Familienzentren sollen vor Ort Brücken schlagen. Außerdem muss die Sprache, Kultur und Religion der Zugewanderten berücksichtigt werden. Respekt und Integration auf gleicher Augenhöhe. Die Familienzentren sollen die Zugewanderten mit einbeziehen. Es kommt natürlich darauf an, wie hoch der Anteil von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in einem Stadtteil ist. Wenn 80 % der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in einem
Stadtteil leben, dann soll das Familienzentrum Bezug nehmen. Wenn es aber unter 10 % sind, dann soll das Familienzentrum eher nicht aktiv werden. Zu den Angeboten der Familienzentren gehören z. B. Deutschkurse (65 %). Die meisten Angebote sind für Frauen und Kinder. Ein erfolgreiches Projekt ist Rucksack (RAA Essen), aber auch Elterncafes, Tag der offenen Tür, Kochen, gemeinsame Feste. Frau Schmidt berichtet, dass Menschen mit Zuwanderungsgeschichte eher einzelne Veranstaltungen bevorzugen als Kursreihen. Wichtig sei, dass Kinderbetreuung vorhanden ist.
3. Wissenschaftliche Begleitung. Wie haben sich bereits die Familienzentren auf die Menschen mit Zuwanderungsgeschichte eingerichtet? Die Familienzentren versuchen ihre Angebote in der Sprache der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte anzubieten. Die Analphabeten werden z. B. durch Bilder angesprochen. Wenn das nicht gelingt, dann gehen die Mitarbeiter des Familienzentrums zu den Menschen nach Hause. Dies kann auch mit Hilfe eines Dolmetschers erfolgen. Besonders wichtig ist die Beratung. Dadurch werden 56 % der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte erreicht und bei geschiedenen Ehen sind es sogar 90 %.
Wenn eine Kita zum Familienzentrum werden möchte, muss sich diese an die Jugendhilfeplanung ihrer Stadt wenden. Dort werden dann die Angebote der Kita überprüft und bei einer positiven Entscheidung das Gütesiegel erteilt. Ein Teilnehmer aus
dem
Plenum
fragt,
wie
man
am
besten
die
Menschen
mit
Zuwanderungsgeschichte erreichen kann? Dies sei am besten durch 'face to 'face' Begegnung
möglich.
Wichtig
ist,
dass
man
die
Menschen
mit
Zuwanderungsgeschichte in ihrer eigenen Muttersprache erreicht bzw. man in die Vereine, Geschäfte hingeht oder an Veranstaltungen teilnimmt.
4. Familienzentren vor Ort - bisherigen Erfahrungen aus der Praxis Frau
Mittelmann
berichtet
über
das
Familienzentrum
und
integrative
Kindertagesstätte Villa Kunterbunt e. V. in Wuppertal. Sie hat das Familienzentrum während der Zertifizierungsphase begleitet. Sie ist Diplom-Sozialarbeiterin und hat mit über 15 Jahren Berufserfahrung hauptsächlich für die Stadt Wuppertal gearbeitet. Die Villa Kunterbunt entstand aus einer Elterninitiative und besteht bereits seit 20
Jahren. In ihrer Einrichtung gibt es Kindergruppen für Kinder mit und ohne Behinderung. Es gibt zwei Gruppen, die jeweils aus 15 Kindern bestehen. Außer diesen zwei Gruppen gibt es in der Einrichtung noch zwei weitere integrative Elternkindspielgruppen, die sich nachmittags treffen. Das Familienzentrum bietet folgende Angebote für Familien an: Beratung und Unterstützung von Kindern und Familien,
Familienbildung
Vereinbarkeit Organisation,
von
und
Familie
Erziehungspartnerschaften,
und
Kommunikation,
Beruf,
Kindertagespflege,
Sozialraumbezug,
Leistungsentwicklung
Kooperation
und
und
Selbstevaluation.
Außerdem bietet das Familienzentrum noch folgende Leistungen an: Interkulturelle ausgerichtete Veranstaltungen, Gesundheitsförderung (reiten), Medienerziehung (Elternabend),
Beteiligung
berufstätiger
Eltern,
Kurse
zur
Stärkung
der
Erziehungskompetenz, Mitwirkungsmöglichkeiten der Eltern (auch Nutzung der Räume) sowie Hospitationen der Eltern.
Frau
Mittelmann
berichtet,
dass
ihre
Einrichtung
auch
mit
anderen
Kindertageseinrichtungen in der Stadt kooperiert. Regelmäßig gibt es Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Kontakte zu Tageseltern. Die Mitarbeiterinnen stehen für Beratung und Betreuung interessierten Eltern auch über die Öffnungszeiten hinaus. Die Angebote der Einrichtung richten sich nach dem Bedarf der Umgebung. Es gibt auch gute Zusammenarbeit mit Grundschulen. Die Öffentlichkeitsarbeit der Einrichtung besteht aus Flyern, Internetauftritt und Beschwerdemanagement. Frau Mittelmann sagt, dass nicht viele Familien mit Migrationshintergrund in ihrer Einrichtung sind; häufig sind es die Familien mit behinderten Kindern. Hierzu werden diese Eltern bei spezifischen Fragen (Ausfüllen von Formularen, Beantragung Familienhelfer) unterstützt.
Ein Teilnehmer fragt, was dazu gekommen ist, seitdem die Kita ein Familienzentrum ist? Es ist notwendig, dass man die Umgebung intensiver erforscht und mehr Angebote zu präsentiert. Man habe hierfür keine zusätzlichen Arbeitskräfte erhalten. Die Helfer arbeiten eher auf Honorarbasis.
5. Erfahrungsaustausch Anträge für Förderung von Eltern- und Bildungsprojekten müssen für die Jahre 2010/ 2011 bis ende des Monats Oktober 2009 gestellt werden.
Die
Stellungnahme
zum
muttersprachlichen
Unterricht
erfolgte
vor
den
Sommerferien. Zur Zeit werden wieder muttersprachliche Lehrer durch die Bezirksregierungen eingestellt.
In diesem Jahr sollen noch zwei Elternseminare stattfinden. Als mögliches Thema soll die Projektantragstellung beim nächsten Elternseminar angesprochen werden.
6. Informationen aus den Vereinen zu neuen Projekten
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben keine Informationen aus den Vereinen zu neuen Projekten vorgetragen. Stattdessen wurde durch einen Teilnehmer vorgeschlagen, dass die Elternseminare an einem zentralen Ort, wie z. B. Düsseldorf,
stattfinden
sollen.
Dieses
Anliegen
wurde
durch
mangelnde
Parkplatzsituation und die Nichterstattung von Reisekosten zu den Elternseminaren vorgestellt. Ein anderer Teilnehmer hebt die Wichtigkeit der Vereine und Örtlichkeiten vor Ort hervor. Man solle den Verein in seiner Umgebung erleben. Wichtig sei es auch einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dass in den Einladungen zu Elternseminaren mitgeteilt wird, ob und wo Parkplatzmöglichkeiten vorhanden sind. Zum Abschluss des Elternseminars verweist Herr Celik auf
den geplanten
Elternkongress am 6. Februar 2010 in Düsseldorf. Ein Teilnehmer bemängelt die Anwesenheit des Minister Laschet. Was bringt uns der Elternkongress? Es entsteht eine Diskussion unter den Teilnehmern, aus der deutlich wird, dass ohne den ersten Elternkongress, die Eltern an diesem Elternseminar nicht hätten teilnehmen können und auch nicht Mitglied im Elternnetzwerk wären. Die Elternhaben jetzt eine Plattform und können die Wünsche und Kritik an das Integrationsministerium weitergeben. Herr Celik dankt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern und den Referenten für die Teilnahme und wünscht eine gute Heimreise.
DAS NÄCHSTE ELTERNSEMINAR WIRD BEIM TÜRKISCHEN ELTERNVEREIN DOTEV AM 21. NOVEMBER 2009 IN DORTMUND STATTFINDEN!!!!
Boguslaw Zareba