2. Teil

Schuldrecht Allgemeiner Teil

o. Univ.-Prof. Dr. Dr. Arthur Weilinger

Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Schuldrecht Schuldverhältnis nennt man die Summe, der aus einer bestimmten Rechtsbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner bestehenden, wechselseitigen Rechte und Pflichten.

Schuldner

Gläubiger

ist zu einer Leistung verpflichtet

hat das Recht auf eine Leistung

T2/K1/ 2

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Schuldverhältnis Hauptleistungspflichten Diese charakterisieren den Vertragstyp. zB Kaufvertrag • Übertragung von Besitz und Eigentum an der Sache (§§ 1047,1061 ABGB) • Zahlung des Kaufpreises (§ 1062 ABGB) Mietvertrag • Überlassung der Sache zum ungestörten Gebrauch (§§1090,1096 ABGB) • Zahlung des Mietzins (§ 1090 ABGB)

Nebenleistungspflichten

Sorgfalts-, Schutz- und Aufklärungspflichten

Unselbständige Nebenleistungspflichten

Sorgfalts- und Schutzpflichten

zB Verpackung der Ware, Übergabe einer Gebrauchsanweisung

Selbständige Nebenleistungspflichten zB Mitarbeiterschulungen bei Lieferung von Software

T2/K1/ 3

Erfüllungshandlungen sind so zu setzen, dass der Gläubiger weder an seiner Person noch an seinen sonstigen Rechtsgütern geschädigt wird.

Allgemeine Aufklärungs-, Sorgfalts- und Informationspflichten Bestehen während, sowie tlw auch vor (cic) und nach der Erfüllung des Vertrages (nachvertragliche Pflichten).

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

„Schuld“ und „Haftung“

Schuld

Haftung

Etwas „schulden“ bedeutet, verpflichtet zu sein

Das „Einstehenmüssen“ für eine Schuld nennt man „Haftung“.

• eine Leistung zu erbringen oder

Wird eine Schuld nicht erfüllt, kann der Gläubiger seinen Anspruch zwangsweise vor Gericht durchsetzen lassen. Grundsätzlich haftet der Schuldner mit seinem gesamten Vermögen (unbeschränkte Haftung).

• ein Verhalten zu unterlassen.

Sonderfall: Naturalobligation – „Schulden ohne Haftung“ T2/K1/ 4

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Begründung von Schuldverhältnissen Vorvertraglicher Kontakt (culpa in contrahendo)

Erfüllung gesetzlicher Tatbestände Vertrag

Rechtsgeschäft (Abschluss und Erfüllung)

zB Kaufvertrag (§§ 1053ff ABGB)

einseitiges Rechtsgeschäft nachvertragliche Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten

zB Auslobung (§§ 860ff ABGB)

Schadenersatz

Ungerechtfertigte Bereicherung

Geschäftsführung ohne Auftrag

Gläubigeranfechtung

§§ 1293ff ABGB, Sondergesetze (PHG, EKHG etc.)

§§ 877, 921,1041ff, 1174, 1431ff ABGB, § 4 KSchG

§§ 1035ff ABGB

§§ 27ff IO

T2/K1/ 5

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Mehrheit von Berechtigten und Verpflichteten Mehrere Schuldner

Mehrere Gläubiger

Varianten von Gläubiger- und Schuldnermehrheiten Geteilte Schuldverhältnisse Gesamtschuldverhältnisse (Solidarschuldverhältnisse)

Gesamthandschuldverhältnisse Gespaltene Schuldverhältnisse Verträge zugunsten Dritter Verträge zulasten Dritter

• Schuldnermehrheit: Jeder Schuldner haftet nur für seinen Anteil. • Gläubigermehrheit: Jeder Gläubiger kann nur seinen Anteil fordern. • Schuldnermehrheit: Jeder Schuldner schuldet das Ganze. • Gläubigermehrheit: Jeder Gläubiger kann das Ganze einfordern. • Schuldnermehrheit: Die Schuldner müssen die Leistung gemeinsam erbringen. • Gläubigermehrheit: Die Leistung ist an alle Gläubiger zu erbringen. Rechte und Pflichten einer Vertragspartei werden auf mehrere Personen aufgespalten. Der Schuldner ist dem Gläubiger gegenüber verpflichtet, an einen Dritten zu leisten (§§ 881ff ABGB). • Der Schuldner sagt dem Gläubiger die Leistung eines Dritten zu. • Sind grundsätzlich unzulässig und damit nichtig, da niemand gegen seinen Willen verpflichtet werden kann. Unterscheide: Verwendungszusage T2/K1/ 6

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Schuldinhalt Die geschuldete Leistung ist jenes Verhalten, das der Schuldner aufgrund des Schuldverhältnisses zu setzen verpflichtet ist.

Bestimmbarkeit der Leistung § 869 ABGB Beispiel: Kaufvertrag • Bestimmbarkeit der Ware: • Bei Gattungsschulden im Zweifel Sachen „mittlerer Art und Güte“ (§ 905a ABGB). • Bestimmbarkeit des Preises: • Im bürgerlichen Recht ist Bestimmbarkeit notwendig: zB „Marktpreis“, „orts- oder geschäftsüblicher Preis“. • Im Unternehmensrecht gilt im Zweifel „angemessenes Entgelt“ als vereinbart (§ 354 UGB; einseitig unternehmensbezogenes Geschäft genügt).

Sonderfälle Wahlschuld (Alternativobligation) • Geschuldet ist die eine oder die andere Leistung. • Ist der Gläubiger mit dem Wahlrecht im Verzug, kann der Schuldner entscheiden (§ 906 T2/K2/ 7 ABGB).

Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) • Nur eine der Leistungen wird geschuldet; geht diese unter, erlischt die Schuld. • Der Schuldner hat das Recht, die geschuldete Leistung durch eine andere zu ersetzen.

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Schuldinhalt

Zielschuldverhältnis Einmalige Leistung geschuldet

Dauerschuldverhältnis Länger andauerndes oder regelmäßig wiederkehrendes Verhalten geschuldet

Stückschuld (Speziesschulden)

Gattungsschuld (Genusschuld)

Leistungsgegenstand durch individuelle Merkmale festgelegt

Leistungsgegenstand durch generelle Merkmale festgelegt

zB das bekannte Rennpferd namens Blitz

zB ein Pferd

T2/K2/ 8

Sachschuld

Leistungsgegenstand ist eine Ware oder Leistung

Geldschuld

Leistungsgegenstand ist Geld Nebenvereinbarung: Wertsicherungsklausel = Vereinbarung, nach der die geschuldete Summe nach einem vereinbarten Faktor aufgewertet wird

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Schuldinhalt Leistungszeit (Fälligkeit)

Leistungsort (Erfüllungsort)

• nach Vereinbarung • nach gesetzlicher Vorschrift • nach Natur oder Zweck der Leistung • nach Aufforderung („Mahnung“)

• nach Vereinbarung • nach gesetzlicher Vorschrift • nach Natur oder Zweck der Leistung • im Zweifel: Holschuld (§ 905 ABGB) Erfüllungsort ist der Wohnsitz des Schuldners.

• im Zweifel: Leistung „Zug um Zug“ (§ 1052 S 1 ABGB): „Einrede des nicht erfüllten Vertrages“



Spezialfall Geldschuld (iZw Bringschuld; Wohnsitz bzw Niederlassungsort des Gläubiger)

Mögliche abweichende Vereinbarungen: • Bringschuld

Mögliche abweichende Vereinbarungen: • Vorausleistungsvereinbarung

Erfüllungsort ist der Wohnsitz des Gläubigers.

•„Unsicherheitseinrede“ (§ 1052 S 2 ABGB) • Stundung • ändert Fälligkeit  daher kein Verzug Sonderfall „reine Stundung“: Fälligkeit bleibt unverändert  Verzug (Zinsen!) T2/K2/ 9

• Schickschuld Erfüllungsort ist der Wohnsitz des Schuldners; der Schuldner hat die Sache jedoch an den Gläubiger zu versenden. zB Versendungskauf (§ 429 ABGB)

•qualifizierte Schickschuld Der Schuldner trägt die Gefahr, dass die Sendung auch ankommt.

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Geldschulden

Geld ist ein von der Gemeinschaft anerkanntes Zahlungsmittel; die österreichische Währung ist der Euro

Beachte bei Verbrauchergeschäften: Sofern Barzahlung nicht üblich ist, hat der Unternehmer dem Verbraucher zur Erfüllung ein Bankkonto bekanntzugeben (§ 6a Abs 1 KSchG). Geld muss grds zum Nenn- bzw Nominalwert angenommen werden. Eine Geldschuld ist am Wohnsitz oder an der Niederlassung des Gläubigers zu erfüllen (§ 907a Abs 1 ABGB). Wird eine Gelschuld durch Banküberweisung erfüllt, • so hat der Schuldner den Überweisungsauftrag so rechtzeitig zu erteilen, dass der geschuldete Betrag bei Fälligkeit auf dem Konto des Gläubigers wertgestellt ist (Bringschuld gem § 907a Abs 2 ABGB). • Bei Verbrauchergeschäften genügt es für die Rechtzeitigkeit, dass der Verbraucher am Tag der Fälligkeit den Überweisungsauftrag erteilt (gem § 907a Abs 2 S 1 ABGB).

T2/K2/ 10

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Bedingte Schuldverhältnisse

Schuldverhältnisse können durch den Eintritt einer Bedingung ihre Rechtswirkungen entfalten, ändern oder ihr Ende finden. Achtung: Es gibt auch befristungs- bzw bedingungsfeindliche Rechtsgeschäfte.

Arten von Bedingungen

Suspensivbedingung Schiebt die Rechtswirkungen auf Bis zum Eintritt der Suspensivbedingung hat der bedingt Berechtigte lediglich eine Anwartschaft auf das Versprochene.

Resolutivbedingung

Zufallsbedingung

Hebt die Rechtswirkungen auf

Die Vertragspartner haben keinen Einfluss auf den Eintritt.

Potestativbedingung Ein Vertragspartner hat Einfluss auf den Eintritt der Bedingung.

Bis zum Eintritt der Resolutivbedingung besteht das zugesagte Recht; mit ihrem Eintritt geht es unter.

T2/K4/ 11

Positive Bedingung Es geht um den Eintritt eines Ereignisses.

Negative Bedingung Es geht um den Nichteintritt eines Ereignisses.

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Abschluss des Vertrages Einigung über den Vertragsinhalt

Verhandlungsstadium Noch kein Schuldinhalt, aber bereits gegenseitige Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten aus der culpa in contrahendo

abgeschlossener (Haupt)Vertrag Besteht zwar bereits ein Schriftstück mit den wesentlichen Vertragspunkten, soll dieses aber noch schriftlich ausformuliert werden, spricht man beim Entwurf von einer Punktation (§ 885 ABGB).

Die Punktation enthält bereits die Hauptpunkte des Vertrags und ist unterschrieben. Eine Klage auf Leistung aus dem Hauptvertrag ist • Vertrag über den künftigen möglich. Abschluss eines Hauptvertrages • Klage auf Abschluss des T2/K2/ 12 Hauptvertrages (Frist 1 Jahr)

Vorvertrag (§ 936 ABGB)

Willenserklärungen • mündlich • schriftlich • konkludent (§ 863 ABGB)

(Aussteige-)Option Gestaltungsrecht einer Partei, einen Vertrag in Kraft oder außer Kraft zu setzen Spezialfall: Reugeld (§ 909 ABGB) Rücktrittsrecht gegen vereinbartes Entgelt (unterliegt Mäßigungsrecht gem § 7 KSchG)

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Schuldinhalt Nebenvereinbarungen

Angeld (§ 908 ABGB)

Vertragsstrafe (§ 1336 ABGB)

(Achtung: Unterscheide die „Anzahlung“!)

Zahlung bei Vertragsabschluss

„Pauschalierter“ Schadenersatz für den Fall der Nichterfüllung oder nicht gehörigen Erfüllung

Verschulden erforderlich

Grundsätzlich Verschulden, aber kein Schaden erforderlich Richterliches Mäßigungsrecht (§ 1336 Abs 2 ABGB)

Verschulden des Angeldzahlers an der Vertragsauflösung

Verschulden des Angeldnehmers an der Vertragsauflösung

Verfall des Betrages

(Rück-)Zahlung der doppelten Summe T2/K2/ 13

Ersatz des über die Konventionalstrafe hinaus gehenden Schadens kann geltend gemacht werden; gegenüber einem Verbraucher allerdings nur, wenn dies „im Einzelnen ausgehandelt “ wurde (§ 1336 Abs 3 ABGB).

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Änderung des Schuldinhalts Schlichte Schuldänderung

Novation §§ 1376ff ABGB

Parteienübereinkunft über die Änderung von Nebenbestimmungen

Parteienübereinkunft über die Änderung des Rechtsgrundes oder der Haupt(leistungs)pflichten

zB Leistungszeit oder -ort, Vereinbarung eines Rücktrittsrechts

(„Die alte Verbindlichkeit geht in eine neue über“)

Feststellungsvertrag Umstrittenes wird durch Parteienübereinkunft neu geregelt. Konstitutives (rechtsbegründendes) Anerkenntnis Einseitiges Nachgeben einer Partei

Vergleich §§ 1380ff ABGB Nachgeben beider Parteien

Grundsätzlich keine Anfechtung wegen Irrtums über die verglichenen Punkte Einwendungen Einwendungen bleiben erhalten

Einwendungen Einwendungen gegen die alte Leistungspflicht können auch gegen die neue erhoben werden.

Einwendungen Einwendungen gegen die bisherige Verbindlichkeit können gegen die festgestellte nicht mehr erhoben werden  Bereinigungswirkung

Sicherheiten: Bürgen und Pfänder haften im übernommenen Ausmaß weiter, da das ursprüngliche Forderungsrecht erhalten bleibt (beachte aber das Verschlechterungsverbot).

Sicherheiten: Bürgen und Pfänder haften nicht weiter (§ 1378 ABGB).

Sicherheiten: Bürgen und Pfänder haften im übernommenen Ausmaß weiter (§ 1390 ABGB; aber Verschlechterungsverbot).

T2/K2/ 14

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Änderung der Vertragspartner Vertragsübernahme

Rechtsgeschäftliche

Übernahme von Forderungen

Gesetzliche

Schuldbeitritt

Gläubigerbeitritt

Rechtsgeschäftliche Zession (Forderungsabtretung) (§§ 1392ff ABGB)

Gläubigerwechsel

Forderungseinlösung (§§ 1422f ABGB) T2/K2/ 15

Übernahme von Schulden

Schuldnerwechsel

Sonderfall

Erfüllungsübernahme

Sonderfall

Anweisung

Gesetzliche Zession („cessio legis“) (§ 1358 ABGB)

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Vertragsübernahme Rechtsgeschäftliche Vertragsübernahme

Das ABGB kennt nur die rechtsgeschäftliche Übertragung von Forderungen (Zession) und die Übernahme von Schulden; die Übertragung eines Schuldverhältnisses als Ganzes ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Nach Lehre und Rsp ist eine solche zulässig (Privatautonomie). • Voraussetzung ist die Zustimmung aller beteiligten Parteien. • Der Vertragsübernehmer übernimmt alle Verpflichtungen, Forderungen und Gestaltungsrechte ohne Änderung des Schuldverhältnisses (Einheitstheorie).

Gesetzliche Vertragsübernahme Ein Vertragsverhältnis wird von einer bestimmten Person ex lege übernommen. Beispiele: • Der Erwerber eines Bestandobjektes tritt gem § 1120 ABGB bzw § 2 Abs 1 MRG in bestehende Mietverträge ein. • Gem § 14 MRG treten beim Tod des Hauptmieters nahe Angehörige, die schon bisher im gemeinsamen Haushalt lebten, ex lege in den Mietvertrag ein. • Gem § 12 MRG kann der Hauptmieter einer Wohnung den Mietvertrag ohne Zustimmung des Vermieters auf nahe Angehörige übertragen, die schon bisher im gemeinsamen Haushalt lebten. • Gem § 38 (1) UGB übernimmt der Erwerber eines Unternehmens, der dieses fortführt, sofern nichts anderes vereinbart ist, zum Zeitpunkt des Unternehmensüberganges die unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse des Veräußerers mit den bis dahin entstandenen Rechten und Pflichten. T2/K2/ 16

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Übernahme von Forderungen Gläubigerwechsel

Gläubigerbeitritt

Rechtsgeschäftliche Zession (Forderungsabtretung) §§ 1392ff ABGB Änderung der Rechtszuständigkeit auf Seiten des Gläubigers durch Rechtsgeschäft

Notwendige Zession (Forderungseinlösung) §§ 1422f ABGB Zwischenform zwischen rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Zession

• Willensübereinstimmung zwischen Altgläubiger (Zedent) und Neugläubiger (Zessionar); Zustimmung des Schuldners ist nicht erforderlich.

• Wer die Schuld eines anderen, für die er nicht haftet, bezahlt, kann vor oder bei Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangen.

• Bis zur Verständigung von der Zession kann der Schuldner schuldbefreiend an den Altgläubiger leisten (§ 1395 S 2 ABGB).

• Hat er dies getan, so wirkt die Zahlung als Einlösung der Forderung (§ 1422 ABGB).

Änderung der Rechtszuständigkeit auf Seiten des Gläubigers aufgrund des Gesetzes (ex lege) • Wer eine fremde Schuld bezahlt, für die er – als Bürge oder als Pfandbesteller – haftet, tritt ex lege in die Rechte des Gläubigers ein und kann somit die Forderung gegen den Schuldner geltend machen (§ 1358 ABGB). • Weiters gehen zB Schadenersatzansprüche des Versicherten gegen den Schädiger ex lege auf den Versicherer über, der den Schaden deckt (§ 67 VersVG, § 332 ASVG).

• Der Schuldner hat alle Einwendungen auch gegen den Neugläubiger (§ 1396 ABGB). • Gewährleistung: Bei der entgeltlichen Zession haftet der Altgläubiger für Richtigkeit und Einbringlichkeit der Forderung nur bis zur Höhe des erhaltenen Entgelts (§ 1397 S 2 ABGB).

Gesetzliche Zession („cessio legis“)

T2/K2/ 17

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Übernahme von Schulden Schuldbeitritt (kumulative Schuldübernahme) (§ 1406 Abs 2 ABGB)

Schuldnerwechsel (privative Schuldübernahme) (§ 1405ff ABGB)

Sonderfall

Sonderfall

Erfüllungsübernahme (§ 1404 ABGB)

Anweisung (§§ 1400ff ABGB)

Neben den Altschuldner tritt ein weiterer Schuldner hinzu.

Die Schuld geht vom Altschuldner auf den Neuschuldner über. Der Altschuldner wird befreit.

Jemand verpflichtet sich lediglich im Verhältnis zum Schuldner zur Leistung von dessen Schuld.

Der Anweisende ermächtigt den Angewiesenen auf seine Rechnung an den Anweisungsempfänger zu leisten.

Keine Zustimmung des Gläubigers erforderlich

Bedarf der Zustimmung des Gläubigers

Gläubiger hat grundsätzlich kein Forderungsrecht gegenüber dem die Erfüllung Übernehmenden, da dieser nur eine Verpflichtung gegenüber dem Schuldner hat.

Anweisungsempfänger (Gläubiger des Anweisenden) hat bis zur Annahme grundsätzlich kein Forderungsrecht gegen den Angewiesenen (Schuldner des Anweisenden)

Bürgschaften und Pfänder bleiben bestehen

Bürgschaften und Pfänder gehen unter

• Das Versprechen besteht nur im Innenverhältnis.

Sonderform: Gesetzlicher Schuldbeitritt • Bei Übernahme eines Unternehmens oder Vermögens •§§ 1409 ABGB, 38 Abs 4 UGB, 14 BAO, 67 Abs 4 ASVG

Sonderform: Hypothekenübernahme

Bürgschaften und Pfänder bleiben bestehen.

Bedarf der Schriftform (neue Rsp seit OGH 4 Ob 205/09i)

Der Erwerber eines belasteten Grundstücks übernimmt auch die am Grundstück lastenden Schulden. Er haftet für diese mit dem Grundstück. T2/K2/ 18 § 1408 ABGB

Bürgschaften und Pfänder bleiben bestehen.

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Gesetzlicher Schuldbeitritt bei Unternehmens- bzw Vermögensübernahme

Übernahme eines Unternehmens oder eines gesamten Vermögens im Wege der Veräußerung (Kauf, Tausch, Schenkung)

§ 1409 ABGB „Haftungsfondtheorie“ „Betrifft nur die zum Unternehmen bzw zum Vermögen gehörenden Verbindlichkeiten, die der Übernehmer kannte oder kennen musste. Übernehmer haftet bis zum Wert des übernommenen Unternehmens oder Vermögens („pro viribus“Haftung). Haftung kann durch Parteienübereinkunft nicht ausgeschlossen werden (§ 1409 Abs 3 ABGB). Keine Haftung bei Erwerb im Zuge eines Insolvenzverfahrens oder mittels Zwangsvollstreckung (§ 1409a ABGB).

Übernahme und Fortführung eines unter Lebenden erworbenen Unternehmens § 38 UGB Gesetzl. Vertragsübernahme Erwerber übernimmt mangels abweichender Vereinbarung alle bis zum Unternehmensübergang entstandenen, unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen RV des Veräußerers (§ 38 Abs 1 UGB).

Schuldbeitritt Veräußerer haftet für die vom Erwerber übernommenen bis zum Unternehmensübergang entstandenen, unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen Verbindlichkeiten fort.

Unbeschränkte Haftung des Erwerbers für Verbindlichkeiten (unabhängig davon, ob auch das der Schuld zugrunde Unbeschränkte Haftung des liegende Rechtsverhältnis übernommen Veräußerers für diese wurde). „Altverbindlichkeiten“ aber nur, soweit sie vor Ablauf Haftungsausschluss gem § 38 Abs 4 von fünf Jahren nach dem UGB gegenüber Dritten wirksam, wenn Unternehmensübergang fällig dies im Firmenbuch eingetragen, auf werden. verkehrsübliche Weise bekannt gemacht oder dem Dritten vom Veräußerer oder Erwerber mitgeteilt wurde. Dritter kann der Vertragsübernahme widersprechen: Daher werden lediglich jene Vertragsverhältnisse, bezüglich derer kein Widerspruch erhoben wurde vom Erwerber übernommen. Aber Achtung: Dies kann dazu führen, dass der Erwerber trotzdem haftet, obwohl er nicht gleichzeitig Vertragspartner ist.

T2/K2/ 19

Haftung nach anderen Rechtsvorschriften bleibt jedoch unberührt (§ 38 Abs 6 UGB)

Weitere Bestimmungen, ua § 14 BAO, § 67 Abs 4 ASVG

• Haftung für Abgaben (§ 14 BAO) Haftung des Erwerbers eines Unternehmens für Abgaben und Steuerabzugsbeträge der vergangenen 12 Monate, die er kannte oder kennen musste. • Haftung für Sozialversicherungsbeiträge (§ 67 Abs 4 ASVG) Haftung des Erwerbers eines Unternehmens für Sozialversicherungsbeiträge der vergangenen 12 Monate.

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Leistungsstörungen Hauptleistungspflichten

Nichterfüllung

Nebenleistungspflichten

Schlechterfüllung

Sonstige („positive“) Vertragsverletzungen Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten:

(nachträgliche)

Verzug

Unmöglichkeit der Leistung Erbringung der Leistung steht ein dauerndes Hindernis entgegen

Gewährleistung

Leistung nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf Einstehenmüssen für Mängel, welche die Leistung die bedungene Weise bei ihrer Erbringung aufweist erbracht bzw angenommen

Schuldnerverzug

Gläubigerverzug

T2/K3/ 20

• Mangelfolgeschaden Schaden an sonstigen Vermögensgütern, der durch eine mangelhafte Leistung verursacht wird • Begleitschaden Schaden, der durch eine reine Schutzpflichtverletzung verursacht wird; die Leistung selbst ist nicht mangelhaft

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

(nachträgliche) Unmöglichkeit der Leistung Unterscheide: In den Fällen „geradezu unmöglicher Vertragsinhalte“ gem § 878 ABGB (= anfängliche Unmöglichkeit) kommt gar kein Vertrag zustande Vom Schuldner zu verantwortendes Unmöglichwerden der Leistung (§§ 920f ABGB)

Gilt nicht für Geldschulden! Wer Geld schuldet aber keines hat, ist zahlungsunfähig (siehe Insolvenzrecht)

Vom Gläubiger zu verantwortendes Unmöglichwerden der Leistung (im ABGB nicht ausdrücklich geregelt)

Zufall: Weder vom Schuldner noch vom Gläubiger zu verantwortendes Unmöglichwerden der Leistung (§ 1447 ABGB)

Der Schuldner hat die Leistungsunmöglichkeit verschuldet oder sie sonst zu vertreten; er hat das „Erfüllungsinteresse“ zu ersetzen, dh der Vertragspartner ist so zu stellen, wie er stünde, wäre der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden.

Die Leistungserbringung wird vom Gläubiger vereitelt.

Weder Schuldner noch Gläubiger haben die Leistungserbringung vereitelt oder das Unmöglichwerden zu vertreten.

Der Vertrag bleibt (vorerst) aufrecht.

Der Vertrag bleibt aufrecht.

Der Vertrag zerfällt.

Dem Gläubiger kommt hier ein Wahlrecht zu. Er kann entweder

Sphärentheorie: Der Gläubiger hat seine Leistung zu erbringen (also etwa den Kaufpreis zu bezahlen), obwohl er selbst keine Leistung erhält. Anrechnung dessen, was sich der Schuldner erspart hat.

Bereits Geleistetes ist zurückzustellen. Ist dies nicht möglich, ist der Wert der Vorleistung bzw das stellvertretende commodum zu ersetzen.

• am Vertrag festhalten, also seine Leistung erbringen und als Erfüllungsinteresse den Wert der vereitelten Gegenleistung fordern (Austauschanspruch); • oder vom Vertrag zurücktreten; sodann braucht er seine eigene Leistung nicht zu erbringen und kann als Erfüllungsinteresse bei einer höherwertigen vereitelten Gegenleistung die Wertdifferenz verlangen (Differenzanspruch).

Den Gläubiger trifft somit die Gegenleistungs- bzw Preisgefahr.

T2/K3/ 21

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Verzug Zur Fälligkeit der Leistung • Vereinbarung • Natur der Sache • Gesetzliche Anordnung

„Einfaches Zeitgeschäft“ „Mahnung“ zur Festlegung des Leistungszeitpunkts

Leistungszeitpunkt Bei Überschreiten: Setzen einer angemessenen Nachfrist Keine Androhung der Vertragsauflösung

Unter Androhung der Vertragsauflösung bei Überschreiten zerfällt Vertrag • Gegebenes ist zurückzustellen • Bei Verschulden Schadenersatzanspruch T2/K3/ 22 (Erfüllungsinteresse)

Fixgeschäft (§ 919 ABGB)

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Verzug beim „einfachen Zeitgeschäft“ Vorläufige Nichterfüllung der Leistung

Schuldnerverzug

Gläubigerverzug

(Leistungsverzug)

(Annahmeverzug)

Schuldner trifft kein Verschulden an der Nichtleistung „objektiver Verzug“ Gläubiger kann entweder • weiterhin Erfüllung verlangen und muss seine Leistung erbringen oder • unter Setzung einer Nachfrist vom Vertrag zurücktreten. § 918 Abs 1 ABGB. Bei Verträgen, die wechselseitig in Teilleistungen zu erbringen sind, kann der Gläubiger nicht nur bezüglich der säumigen Teilleistungen, sondern auch bezüglich aller weiteren, noch nicht fälligen Teilleistungen, vom Vertrag zurücktreten (§ 918 Abs 2 ABGB). Schuldner trägt die Preisgefahr (Gegenleistungsgefahr), dh er trägt das Risiko des zufälligen Untergangs der geschuldeten Sache und erhält somit keine Gegenleistung. Bei Geldschulden gebühren Verzugszinsen; Höhe im Zweifel 4% (§ 1333 iVm § 1000 ABGB) ; im beiderseitigen Unternehmergeschäft 9,2% über dem Basiszinssatz (derzeit daher 9,08%; § 456 UGB).

Schuldner trifft Verschulden an der Nichtleistung „subjektiver Verzug“

Rechtsfolgen wie beim objektiven Verzug

Dazu: Schadenersatzansprüche • bei Erfüllung: Ersatz des Verspätungsschadens, dh jenen Schaden, der dadurch entstanden ist, dass die Leistung zu einem späteren Zeitpunkt erbracht wird. • bei Rücktritt vom Vertrag: Ersatz des Erfüllungsinteresses (§ 921 ABGB); der Gläubiger ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre.

T2/K3/ 23

IdR ist der Gläubiger nicht zur Annahme verpflichtet, jedoch gerät er, wenn er nicht annimmt, in Annahmeverzug. Kein Annahmeverzug liegt jedoch vor, wenn eine Leistung, die einen offenen Mangel aufweist, nicht angenommen wird. Sollte der Gläubiger vereinbarungsgemäß zur Abnahme verpflichtet sein, so wird er als Schuldner behandelt (Schuldnerverzug).

Gläubiger trifft Preisgefahr (Gegenleistungsgefahr), dh er trägt das Risiko, seine eigene Leistung erbringen zu müssen, obwohl er – wegen deren zufälligen Untergangs – keine Gegenleistung erhält. (§ 1419 ABGB); Der Schuldner haftet nur mehr für vorsätzliche oder grob fahrlässige Beschädigung des Leistungsgegenstandes.

Der Schuldner darf seine Leistung mit schuldbefreiender Wirkung gerichtlich hinterlegen oder einem gerichtlich bestellten Verwalter (Sequester) übergeben. Allfällige Mehraufwendungen sind nach der GoA zu beurteilen.

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Verzug beim Fixgeschäft (§ 919 ABGB) Vereinbarungsgemäß muss der Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt werden. Bereits bei Abschluss des Vertrages wird vereinbart, dass eine verspätete Erfüllung nicht mehr angenommen wird.

Fixgeschäft aufgrund der Natur des Geschäftes oder des dem Verpflichteten bekannten Zwecks der Leistung

Fixgeschäft kraft ausdrücklicher Vereinbarung

Nichterfüllung bei Fälligkeit • Ohne weitere Rücktrittserklärung oder Nachfristsetzung „zerfällt“ der Vertrag.

• Vorausgeleistetes ist zurückzustellen. • „Rettung des Vertrages“ durch den Gläubiger:

Trotz Verstreichens des Fälligkeitszeitpunkts kann der Gläubiger auf Erfüllung bestehen, wenn er dies dem Schuldner unverzüglich mitteilt. Das Fixgeschäft wird dadurch zum „einfachen Zeitgeschäft“. Möglich ist dies aber überhaupt nur bei Vorliegen eines relativen Fixgeschäfts, wenn also eine Erfüllung nach Fälligkeit überhaupt noch möglich ist. Beim absoluten Fixgeschäft (zB das Filmen eines Hochzeitszuges) bleibt es bei der Vertragsauflösung, da die Leistung unmöglich geworden ist.

• Schadenersatzansprüche (Nichterfüllungs- oder Verspätungsschaden) sind uU denkbar. T2/K3/ 24

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Gewährleistung Gewährleistung ist die bei entgeltlichen Verträgen gesetzlich normierte Haftung des Schuldners für Sach- und Rechtsmängel, welche die Leistung im Zeitpunkt ihrer Erbringung aufweist. (Maßgeblich ist somit idR die Übergabe/Ablieferung der Sache.) Wiederherstellung der vereinbarten Relation der vertraglichen Leistungen zueinander: Störungen der subjektiven Äquivalenz sollen ausgeglichen werden. (Dass die vertraglichen Leistungen einander nach objektiven Wertansätzen entsprechen, ist nicht Regelungsgegenstand der Gewährleistung.)

Bei einer Anderslieferung (aliud) leistet der Schuldner nicht mangelhaft, sondern überhaupt etwas anderes als er schuldet. Der Schuldner wird so betrachtet, als hätte er gar nicht geleistet; er gerät in Schuldnerverzug.

Sonderbestimmungen: §§ 922ff ABGB Kauf, Tausch, Werkvertrag (iVm § 1167 ABGB)

• Zession: §§ 1397ff ABGB • Bestandvertrag: §§ 1096 ff ABGB • beiderseitiges Unternehmergeschäft: §§ 377f, 381 Abs 2 UGB • Verbrauchergeschäft: §§ 8ff KSchG

T2/K3/ 25

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Arten von Mängeln 1 Sachmängel

Sind körperliche Mängel • Fehlen ausdrücklich vereinbarter Eigenschaften oder

Rechtsmängel

Sind gegeben, wenn der Schuldner dem Gläubiger nicht die versprochene Rechtsposition verschafft

• Fehlen verkehrsüblicher Eigenschaften

Gewährleistungsfrist beginnt idR ab Übergabe

Gewährleistungsfrist beginnt ab Erkennbarkeit des Rechtsmangels, wenn also ein Dritter Ansprüche auf die Sache erhebt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu Recht bestehen.

Offenkundige Mängel Sind Mängel, die bereits bei Vertragsabschluss offensichtlich sind

Offene Mängel Sind Mängel, die durch sachgemäße Untersuchung der Sache nach Ablieferung feststellbar sind

Keine Gewährleistungsansprüche, da diese Mängel gewöhnlich schon bei der Preisvereinbarung berücksichtigt werden. (§ 928 ABGB) Ausnahme: ausdrückliche Zusicherung der Eigenschaft oder arglistiges Verschweigen des Mangels

Verdeckte Mängel Sind Mängel, die trotz sachgemäßer Untersuchung der Sache nach Ablieferung nicht feststellbar sind

Unbeachtliche (unerhebliche) Mängel Minimaler Mangel; daher kein Gewährleistungsanspruch

Die Gewährleistungsfrist beginnt auch hier ab der Übergabe zu laufen. (strittig)

Relevanz beim beiderseitigen Unternehmergeschäft: lösen sofortige Mängelrügeobliegenheit aus § 377 UGB.

T2/K3/ 26

Relevanz beim beiderseitigen Unternehmergeschäft: Mängel sind erst zu rügen, wenn sie entdeckt werden.

Beachtliche (erhebliche) Mängel Gewährleistungsrechtlich relevante Abweichung vom vertraglich Geschuldeten; Gewährleistungsanspruch kann bestehen

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Arten von Mängeln 2 Qualitätsmängel

Quantitätsmängel

Betreffen Art und Eigenschaft der geschuldeten Leistung

Betreffen die Menge der geschuldeten Leistung

Bei Behebbarkeit:

Bei Behebbarkeit:

• primäre Gewährleistungsbehelfe: Verbesserung durch Beseitigung des Qualitätsmangels oder Austausch (bei Gattungssache)

• primärer Gewährleistungsbehelf: Nachtrag des Fehlenden

• sekundär: Preisminderung, Wandlung

• sekundär: Preisminderung, Wandlung

Behebbare Mängel Lassen sich mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln (vertretbaren Kosten) beseitigen

Unbehebbare Mängel

Geringfügige Mängel

Sind entweder • überhaupt nicht oder • nicht mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln (vertretbaren Kosten) zu beseitigen

Zwar ist der vereinbarte bzw ordentliche Gebrauch der Sache möglich, dennoch liegt eine unerwünschte Abweichung der Schuldnerleistung vor.

Bei Gattungssachen ist auch eine Mangelbehebung durch Austausch möglich, selbst wenn die Reparatur der Sache wirtschaftlich nicht vertretbar wäre

T2/K3/ 27

Nicht geringfügige Mängel Der ordentliche Gebrauch der Sache ist nicht möglich

• primäre Gewährleistungsbehelfe: Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), Austausch (bei Gattungssache)

• primäre Gewährleistungsbehelfe: Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), Austausch (bei Gattungssache)

• sekundär: Preisminderung

• sekundär: Preisminderung, Wandlung

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Grundzüge des Rechts WS 2016/17

Gewährleistungsbehelfe (§ 932 ABGB) Verbesserung

Primäre Gewährleistungsbehelfe • Unbehebbarkeit des Mangels • Verweigerung durch den Übergeber • Unverhältnismäßig hoher Aufwand für den Übergeber • Verzug mit Verbesserung oder Austausch • Erhebliche Unannehmlichkeiten für den Übernehmer • Unzumutbarkeit aus triftigem, beim Übergeber liegenden Grund

Sekundäre Gewährleistungsbehelfe

• Nachbesserung oder • Nachtrag des Fehlenden

Austausch

• Wahlrecht des Übernehmers • Übergeber kann geltend machen, dass der eine Behelf unmöglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand im Vergleich zum anderen verbunden ist

Preisminderung • Angemessene Minderung des Entgelts • Relative Berechnungsmethode: Minderung des Entgelts im Verhältnis zum (objektiven) Wertverlust

Wandlung • Aufhebung des Vertrags T2/K3/ 28

• Wahlrecht des Übernehmers • Beim geringfügigen Mangel keine Wandlung

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Gewährleistung und Verbrauchergeschäft Erfüllungsort der Verbesserung § 8 KSchG Ein Unternehmer, der zur Verbesserung oder zum Austausch verpflichtet ist, muss diese durchführen: • Am Übergabeort • Bei Versendung oder Transport der Sache an einen anderen Ort (im Inland) an diesem (Bestimmungsort) • Wenn es der Verbraucher verlangt und die Beförderung der Sache zum Unternehmer für den Verbraucher untunlich ist, an jenem Ort (im Inland), an dem sich die Sache gewöhnlich befindet. (Aufenthaltsort) Der Unternehmer kann, soweit nicht untunlich, die Übersendung der Sache durch den Verbraucher verlangen. Er trägt jedoch Gefahr und Kosten des Transports. § 8 Abs 2 KSchG

Gewährleistung als zwingendes Recht § 9 KSchG

Gewährleistung bei Montage § 9a KSchG

Das Gewährleistungsrecht des Verbrauchers darf nicht ausgeschlossen, jedoch wie folgt eingeschränkt werden.

Vertragliche Garantie § 9b KSchG

• Wenn ein Unternehmer zur • Gibt ein Unternehmer eine Montage verpflichtet ist, vertragliche haftet er auch für die, bei der Garantieerklärung ab (dh Montage durch unsachverpflichtet er sich bei gemäßes Verhalten Mangelhaftigkeit der Sache entstandenen Mängel an zur Verbesserung, Austausch • Nach Kenntnis des Mangels der Sache. etc.) muss er ausdrücklich kann der Verbraucher auf darauf hinweisen, dass dadurch • Wenn die Montage durch den seine Rechte aus gesetzliche GewährleistungsVerbraucher vorgesehen ist, Gewährleistung verzichten ansprüche nicht beschränkt haftet der Unternehmer auch oder diese durch Absprache werden. für Mängel an der Sache, die mit dem Übergeber durch Fehler der Montage• Der Unternehmer ist sowohl modifizieren. anleitung verursacht wurden. an die Zusage in der • Bei der Veräußerung von Beachte: Es handelt sich hier um Garantieerklärung als auch gebrauchten beweglichen an den in der Werbung eine verschuldensunabhängige Sachen kann die bekannt gemachten Inhalt Haftung für einen MangelfolgeGewährleistungsfrist auf der Garantie gebunden. schaden. 1 Jahr reduziert werden, sofern dies im Einzelnen ausgehandelt wurde.

T2/K3/ 29

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Ausschluss der Gewährleistung Gesetzlicher Gewährleistungsausschluss

Offenkundige Mängel § 928 ABGB Mängel, die bereits bei Vertragsabschluss offensichtlich sind („in die Augen fallen“)

Vertraglicher Gewährleistungsausschluss

Kauf in Pausch und Bogen § 930 ABGB Erwerb von Sachen „wie sie stehen und liegen“ Es wird eine Sachgesamtheit erworben, ohne dass auf deren Teile oder deren Eigenschaften näher eingegangen wurde.

T2/K3/ 30

• Rechte aus Gewährleistung können durch Parteienvereinbarung eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. • Grenze: Sittenwidrigkeit gem § 879 ABGB In diesem Sinne unzulässig ist etwa der Ausschluss jedweder Gewährleistung bei fabrikneuen Waren. • Sonderbestimmung für Verbrauchergeschäfte: § 9 KSchG

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Gewährleistungsfristen Allgemeines Der Lauf der Fristen beginnt

Fristen § 933 ABGB Unbewegliche Sache

Beweislast

3 Jahre

• bei Sachmängeln idR ab Übergabe/Ablieferung • bei Rechtsmängeln ab Erkennbarkeit; wenn also ein Dritter Ansprüche auf die Sache erhebt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu Recht bestehen

Bewegliche Sache

• Grundsätzlich hat der Übernehmer auch zu beweisen, dass der Mangel schon bei Übergabe vorlag. • Gesetzliche Vermutung der Mangelhaftigkeit (§ 924 ABGB):

Viehmangel Die Frist kann grundsätzlich vertraglich verkürzt oder verlängert werden. (§ 933 Abs 1 ABGB): Sonderbestimmung für Verbrauchergeschäfte (§ 9 KSchG): Bei gebrauchten beweglichen Sachen kann die Frist – sofern dies im Einzelnen ausgehandelt wird – vertraglich auf 1 Jahr verkürzt werden. Den Unternehmer trifft gem §§ 377f UGB eine Rügeobliegenheit

2 Jahre

• Die Tatsache, dass überhaupt ein Mangel vorliegt, hat grds der Übernehmer zu beweisen.

6 Wochen

• Kommt ein Mangel innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe hervor, wird die Mangelhaftigkeit bei Übergabe gesetzlich vermutet, dh der Übergeber müsste beweisen, dass der Mangel bei Übergabe noch nicht vorhanden war. • Ausnahme: Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.

T2/K3/ 31

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Schadenersatz für Mangel- und Mangelfolgeschäden (§ 933a ABGB)

• Da der Übergeber aus dem Vertrag zur ordnungsgemäßen Erfüllung verpflichtet ist, kann der Übernehmer bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht das Erfüllungsinteresse fordern (Mangelschaden). • Ersatzfähig sind auch Schäden, die durch die mangelhafte Leistung verursacht sind (Mangelfolgeschaden). Beweislast • Nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Regeln muss der Geschädigte das Verschulden des Schädigers beweisen. • Gemäß § 1298 ABGB gilt für die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen eine Beweislastumkehr, dh der Schädiger muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Diese Beweislastumkehr gilt gem § 933a Abs 3 ABGB hinsichtlich des Ersatzes von Mangel- und Mangelfolgeschäden nur bis 10 Jahre nach Übergabe der Sache.

Mangelschaden Ist jener Schaden, der sich aus der Mangelhaftigkeit der Leistung selbst ergibt. Konkurrenz von Gewährleistung und Schadenersatzansprüchen: Selbst wenn keine Gewährleistung mehr geltend gemacht werden kann, steht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen immer noch Schadenersatz zu.

Mangelfolgeschaden

„Begleitschaden“

Ist jener Schaden, der durch die mangelhafte Ist jener Schaden, der durch eine reine Schutzpflichtverletzung zugefügt wird. Leistung an sonstigen Gütern des Die Leistung selbst ist nicht mangelhaft. Gläubigers verursacht wird; er handelt insofern vertragswidrig, als er Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt. Schadenersatzanspruch; Beweislastumkehr gem § 1298 ABGB befristet auf 30 Jahre nach Übergabe

Beachte die unterschiedlichen Fristen.

Um diese Anspruchskonkurrenz zu harmonisieren, ordnet der Gesetzgeber auch bezüglich des Mangelschadens einen Vorrang von Verbesserung und Austausch an. (§ 933a Abs 2 ABGB)

Schadenersatzanspruch; Beweislastumkehr gem § 1298 ABGB befristet auf 10 Jahre nach Übergabe T2/K3/ 32

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Händlerregress (§ 933b ABGB) Hat ein Unternehmer einem Endverbraucher Gewähr geleistet, so kann er von seinem Vormann, wenn dieser Unternehmer ist, auch nach Ablauf der Fristen des § 933 ABGB Gewährleistung fordern. Gleiches gilt für frühere Übergeber im Verhältnis zu ihren Vormännern, wenn sie selbst wegen der Gewährleistungsrechte des letzten Verkäufers ihrem Nachmann Gewähr geleistet haben.

Die Rückgriffsansprüche müssen innerhalb von 2 Monaten ab der Erfüllung der eigenen Gewährleistungspflicht gerichtlich geltend gemacht werden und sind mit der Höhe des eigenen Aufwands beschränkt. Die Haftung eines Rückgriffsverpflichteten verjährt aber jedenfalls in 5 Jahren ab Erbringung der Leistung.

Achtung: Beruht der Rückgriff auf einem beiderseitig unternehmensbezogenen Geschäft, ist die Mängelrüge nach § 377 UGB Rückgriffsvoraussetzung. Der Unternehmer, der von einem Verbraucher in Anspruch genommen wird, muss den Mangel innerhalb angemessener Frist, nachdem er durch den Verbraucher davon erfahren hat, bei seinem Vormann rügen. Beachte: UU trifft den Unternehmer jedoch die Obliegenheit, auch zum Weiterverkauf bestimmte, originalverpackte Ware (zumindest stichprobenartig) auf ihre Mangelfreiheit zu untersuchen und Mängel gegebenenfalls sofort zu rügen. Kommt er dieser Obliegenheit nicht nach, verliert er seine Rechte aus Gewährleistung gegenüber seinem Vormann. Er kann sich daher, wenn er zu einem späteren Zeitpunkt durch seinen Abnehmer von der Mangelhaftigkeit der Sache erfährt, nicht mehr regressieren.

T2/K3/ 33

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Beendigung von Schuldverhältnissen Besondere Formen der Beendigung

Vertragsgemäße Beendigung • Erfüllung (§ 1412 ABGB) Beachte: Auf Teilleistungen muss sich der Gläubiger nicht einlassen! • Hinterlegung bei Gericht oder Sequester (§ 1425 ABGB) (vgl Annahmeverzug) • Leistung an Zahlungs Statt (§ 1414 ABGB) Eine andere als die vertraglich vereinbarte Leistung wird erbracht; Schuldner und Gläubiger erkennen diese Leistung als Erfüllung der ursprünglichen Verbindlichkeit an. • Aufrechnung (Kompensation) (§§ 1438ff ABGB) • Voraussetzungen bei der einseitigen Kompensation: • Gegenseitigkeit • Gültigkeit • Gleichartigkeit • Fälligkeit • Fehlen eines Aufrechnungsverbotes • Vereinigung (Konfusion) (§ 1445 S 1 ABGB) Die Position des Gläubigers und des Schuldners fallen zusammen. • Verzicht (Erlass, Entsagung) (§ 1444 ABGB) • Zeitablauf • Tod

T2/K4/ 34

• einvernehmliche Beendigung • einseitige Beendigung (durch Ausübung eines Gestaltungsrechts) •

Rücktritt Der Rücktritt beseitigt den Vertrag grundsätzlich schuldrechtlich ex tunc; es kommt zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung. (§ 1435 ABGB)



Kündigung Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der ein Dauerschuldverhältnis schuldrechtlich ex nunc aufgelöst wird. • Ordentliche Kündigung: Wenn die Kündigung grundsätzlich zulässig ist, ist sie in der Regel an die Einhaltung von Fristen und Terminen gebunden. • Außerordentliche Kündigung: Auch wenn die ordentliche Kündigung vereinbarungsgemäß ausgeschlossen wurde, kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden.