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Andrea Kampf Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19 Kultur- und Sozialwissenschaften Dissertat...
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Andrea Kampf

Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/19

Kultur- und Sozialwissenschaften

Dissertation

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Publikationsserver der Universitätsbibliothek

Frauenpolitik und politisches Handeln von Frauen während der Bayerischen Revolution 1918/1919 Akteurinnen Konzepte Handlungsräume Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. Phil.) an der Fakultät Kulturund Sozialwissenschaften der FernUniversität in Hagen

Vorgelegt von

Andrea Kampf Kienbachring 32 94350 Falkenfels

am 27. Juni 2016

Betreuer: Prof. Dr. Wolfgang Kruse

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Inhalt 1

Einleitung .................................................................................................................. 6 1.1

Thema ............................................................................................................... 6

1.2

Wissenschaftliche Perspektiven ....................................................................... 11 1.2.1 Frauen- und geschlechtergeschichtliche Perspektive .............................. 12 1.2.2 Politische Partizipationsforschung .......................................................... 14

2

1.3

Das politische System der bayerischen Revolutionszeit .................................. 17

1.4

Leitfragen und Aufbau der Arbeit .................................................................... 21

1.5

Forschungsstand und Quellenlage .................................................................... 25

Die Politisierung der Frauen während des Ersten Weltkrieges bis zur Proklamation des Frauenstimmrechts ................................................................... 33 2.1

Im Dienst für das Vaterland ............................................................................. 34

2.2

Die pazifistischen Aktivitäten ......................................................................... 38 2.2.1 Die Friedensaktivitäten der proletarischen Frauenbewegung ................. 39 2.2.2 Die Friedensaktivitäten der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung ....... 41

2.3

Frauenproteste .................................................................................................. 44 2.3.1 Lebensmittelunruhen............................................................................... 45 2.3.2 Streiks und Demonstrationen .................................................................. 48

3

2.4

Die Beteiligung der Frauen an den revolutionären Novemberereignissen ....... 55

2.5

Das Staatsbürgerrecht für bayerische Frauen ................................................... 57

2.6

Resümee ........................................................................................................... 60

Die politischen Akteurinnen .................................................................................. 63 3.1

Frauen der bürgerlich-gemäßigten Frauenbewegung ....................................... 64 3.1.1 Der Hauptverband Bayerischer Frauenvereine ....................................... 64 3.1.2 Dr. Rosa Kempf ...................................................................................... 69

3.2

Frauen der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung........................................... 71 3.2.1 Der Bayerische Verein für Frauenstimmrecht ........................................ 71 3

3.2.2 Dr. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann ................................. 73 3.3

Frauen aus katholischen Frauenorganisationen ............................................... 77 3.3.1 Der Katholische Frauenbund und der Verband Süddeutscher Katholischer Arbeiterinnenvereine .................................. 77 3.3.2 Ellen Ammann ........................................................................................ 81

3.4

Frauen aus der proletarischen Frauenbewegung .............................................. 83 3.4.1 Die sozialdemokratische Frauenbewegung ............................................ 84 3.4.1.1 Aurelie Deffner......................................................................... 87 3.4.1.2 Antonie Pfülf ............................................................................ 89 3.4.2 Frauen in der Unabhängigen Sozialistischen Partei ............................... 91 3.4.2.1 Thekla Egl ................................................................................ 94 3.4.2.2 Hedwig Kämpfer ...................................................................... 96 3.4.3 Frauen in der Kommunistischen Partei .................................................. 98 3.4.3.1 Hilde Kramer und die Familie Gabriele Kaetzler .................... 100 3.4.3.2 Dr. Frieda Rubiner .................................................................... 102 3.4.4 „Der Bund sozialistischer Frauen“ ......................................................... 103

3.5

4

5

Resümee ........................................................................................................... 107

Politische Konzeptionen und Debatten der organisierten Frauen ...................... 113 4.1

Die bürgerlich-gemäßigte Frauenbewegung .................................................... 114

4.2

Die radikal-bürgerliche Frauenbewegung........................................................ 128

4.3

Die sozialistische Frauenbewegung (SPD, USP)............................................. 145

4.4

Die katholischen Frauenorganisationen ........................................................... 161

4.5

Der Bayerische Lehrerinnenverein .................................................................. 171

4.6

Resümee ........................................................................................................... 180

Politische Handlungsräume und Aktionsformen ................................................. 183 5.1

Institutionalisierte politische Partizipationsformen ......................................... 185 5.1.1 Die ersten Wahlen mit weiblicher Beteiligung ..................................... 186 5.1.1.1 Wahlvorbereitungen der Frauenorganisationen zwischen 4

staatsbürgerlicher Bildungsarbeit und Wahlkampf................... 186 5.1.1.2 Das Wahlverhalten der Frauen ................................................. 198 5.1.2 Erste parlamentarische Arbeit der Frauen im Bayerischen Landtag (1. Legislaturperiode ) ............................................................................ 214 5.1.3 Politische Arbeit in rätepolitischen Gremien .......................................... 231 5.1.3.1 Frauen im Provisorischen Nationalrat ...................................... 233 5.1.3.2 Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann auf dem Rätekongress in München ......................................................... 247 5.1.3.3 Frauen in rätepolitischen Kommissionen ................................. 256 5.2

Nichtinstitutionalisierte politische Partizipation .............................................. 265 5.2.1 Bittgesuche und Anträge an politische Institutionen und Personen........ 265 5.2.2 Schlichtungsversuche der Frauen zwischen rotem und weißem Terror . 274 5.2.3 Frauen im Dienst der Revolution ............................................................ 277 5.2.4 Politik auf der Straße .............................................................................. 284 5.2.4.1 Demonstrationen und Unruhen ................................................. 285 5.2.4.2 Frauen im Kampf für die Revolution ........................................ 290

5.3

Resümee ........................................................................................................... 298

6

Schlussbetrachtung .................................................................................................. 304

7

Anhang ...................................................................................................................... 320 7.1

Tabellen ............................................................................................................ 320

7.2

Kurzbiographien ............................................................................................... 334

7.3

Anmerkungen ................................................................................................... 340

7.4

Abkürzungen .................................................................................................... 421

7.5

Quellen- und Literaturverzeichnis .................................................................... 422 7.5.1 Unveröffentlichte Primärquellen ............................................................ 422 7.5.2 Veröffentlichte Primärquellen ................................................................ 426 7.5.3 Sekundärliteratur ..................................................................................... 430 7.5.4 Sekundärliteratur im Internet .................................................................. 440

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1 Einleitung 1.1 Thema „Die neue Zeit hat dem einseitigen Männerrecht ein Ende gesetzt. Sie hat den Frauen die gleichen politischen Rechte verliehen wie dem Manne.“1 Die revolutionäre Welle, die Ende Oktober 1918 ihren Anfang in Wilhelmshaven nahm und sich von hier aus im ganzen deutschen Reich ausbreitete, erreichte am 7. November 1918 Bayern. Für diesen Tag hatten die beiden sozialistischen Parteien zusammen mit den Freien Gewerkschaften eine großangelegte Friedenskundgebung auf der Münchner Theresienwiese mit abschließendem Umzug durch die Münchner Innenstadt geplant.2 Es war ein milder Spätherbsttag und bereits seit Mittag strömten „hunderttausende deutscher Männer und Frauen behufs Vornahme der angeordneten Demonstration“ zusammen.3 Doch die politische Demonstration, an der auch Frauen teilnahmen, verwandelte sich zum Auftakt der Revolution. Am frühen Morgen des 8. Novembers lasen die erstaunten Münchener Bürger4 auf leuchtend roten Plakaten die in der Nachtsitzung im Landtag verfasste Proklamation, in der die Dynastie Wittelsbach für abgesetzt erklärt wurde. Die Morgenausgabe der ‚Münchner Neuesten Nachrichten’ enthielt das revolutionäre Programm von Kurt Eisner, der an der Spitze der bayerischen Revolution stand. Die aus dem Münchner Großbürgertum stammende Pazifistin Constanze Hallgarten erinnerte sich daran in ihren Memoiren: „Der Krieg war aus. Am 8. November 1918 erschien die Morgenausgabe der ‚Münchner Neusten Nachrichten’ mit dem Manifest Kurt Eisners: ‚Bayern ist fortan ein Freistaat – Das Militär ist entwaffnet – Alle Macht den Arbeiter- und Soldatenräten – Männer und Frauen haben gleiche Rechte – Die Frauen aktives und passives Wahlrecht.’ Alles was da stand gefiel mir, besonders das letzte.“5 Kurt Eisner hatte nicht nur die bayerische Monarchie, eine jahrhundertealte Staats- und Gesellschaftsform, aus den Angeln gehoben, sondern mit der Proklamation des Frauenwahlrechtes ein lang ersehntes und lang umkämpftes Ziel der Frauenbewegung nach politischer Gleichberechtigung Wirklichkeit werden lassen. Am 12. November 1918 folgte die Einführung des gleichen, geheimen, direkten und allgemeinen Wahlrechtes für alle mindestens zwanzig Jahre alten männlichen und weiblichen Personen durch die sechs Volksbeauftragten, die in Berlin die Regierungsgeschäfte übernommen hatten.6 Damit war die politische Gleichstellung der Geschlechter reichsweit festgeschrieben und die Frage des lang umstrittenen Frauenwahlrechtes schien gleichsam mit einem Federstrich gelöst. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war ein Konflikt zwischen Konvention, Frauenbild und politischen Partizipationswünschen der Frauen ausgetragen worden. Der Kampf um die politische 6

Gleichberechtigung hatte im Zusammenhang der demokratischen Bewegung des Vormärz und der 1848er Revolution in Deutschland eingesetzt.7 Mit der Verschärfung der politischen Auseinandersetzungen am Vorabend der Revolution traten Frauen hervor, die den Kampf für das männliche Staatsbürgertum unterstützten, aber auch für ihr Geschlecht den Anspruch auf politische Rechte erhoben.8 In Bayern wandten sich revolutionäre Münchnerinnen mit einer Flugschrift an die Öffentlichkeit und forderten politische Rechte ein.9 Die bürgerliche Frauenbewegung knüpfte an die Revolution von 1848 mit ihrer Forderung nach politischer Freiheit an und so hieß auch die erste deutsche Frauenzeitschrift, die von Luise Otto-Peters herausgegeben wurde: „Dem Reich der Freiheit werb´ ich Bürgerinnen.“10 Gerade die Konservativen hatten aber nach der 1848er Revolution selbst die bescheidenen Formen des öffentlichen Auftretens von Frauen verdammt und das ganze folgende 19. Jahrhundert erscheint als Versuch, Frauen aus der politischen Öffentlichkeit wieder zu verdrängen.11 Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde die Forderung von politischen Rechten von Frauen für Frauen wieder erhoben, die organisierte Frauenbewegung entwickelte sich zum wichtigsten Träger der Stimmrechtsbewegung. Die bürgerliche und die sozialdemokratische Frauenbewegung strebte reichsweit nach einer politischen Gleichberechtigung der Frau, wenn auch mit unterschiedlichen Begründungen und Strategien. Der Bayerische Verein für Frauenstimmrecht mit seinen prominenten Repräsentantinnen Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann bildete gleichsam eine radikale Speerspitze der bürgerlich-radikalen Frauenbewegung mit oft spektakulären und unkonventionellen Aktionsformen, die sozialdemokratische Frauenbewegung in Bayern verfolgte ab 1911 ebenfalls nachhaltig das Ziel des Frauenwahlrechtes als Ausdruck politischer Gleichberechtigung. Der erste Weltkrieg schuf neue Konstellationen. Eine große Mehrheit der bürgerlichen und auch der sozialdemokratischen Frauenbewegung versuchte durch eine Integration in öffentliche und staatliche Organe, ihre staatsbürgerliche und gesellschaftliche Vollwertigkeit unter Beweis zu stellen und damit ihren Forderungen nach staatsbürgerlicher Gleichheit eine neue Dringlichkeit verliehen. Der Stolz auf die eigenen Leistungen war verbunden mit erhöhten Erwartungen in Bezug auf die Gleichberechtigung im Staat, viele Frauen fühlten sich erstmals als wichtiger Teil des Staatswesens. Diese Bewährung im Krieg gilt in der Literatur als oft wiederholter Topos, dass das Wahlrecht gewissermaßen als politische Anerkennung für die patriotische Pflichterfüllung gekommen wäre. Aber das politische System war wenig bereit, Frauen den Weg in die staatsbürgerliche Gleichberechtigung zu ebnen, obwohl die Kriegsleistungen der Frauen durchaus eine Würdigung durch die Parteien erfuhren. 7

Erst die deutsche bzw. bayerische Revolution im November 1918 brachte einen plötzlichen und umfassenden Wandel. Die Gleichberechtigung im Wahlrecht war zweifellos eine Errungenschaft dieses Umsturzes, die jedoch nicht möglich gewesen wäre, wenn nicht die Langzeitkampagnen der Frauenbewegung einen symbolischen und diskursiven Boden dafür bereitet hätten. Doch die Revolution hatte zweifellos eine beschleunigte radikale Veränderung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse bewirkt. Und wie schon bei der Revolution von 1848/49 lag auch der Revolution von 1918/19 ein emanzipatorischer Aspekt zugrunde: die Idee der Befreiung von gewachsenen Strukturen und Normen einer Gesellschaft. Eingebettet in eine radikale Neugestaltung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft lag das Frauenwahlrecht aber eher wie eine Randerscheinung in dem beabsichtigten Umgestaltungsprozess. Obwohl das Frauenwahlrecht nicht als ein wesenhafter Bestandteil der revolutionären Ereignisse betrachtet werden kann, wurde die Novemberrevolution 1918 zu einer unabdingbaren Voraussetzung für das Frauenwahlrecht12 und damit zu einem Meilenstein für die Frauenbewegung. Die Revolution 1918 hatte die Forderung von Luise Otto Peters aus dem Jahre 1846 „Die Teilnahme der weiblichen Welt am Staatsleben“ eingelöst.13 Die Erinnerung an die Anfänge der Frauenbewegung war jedoch lebendig geblieben: sehr symbolträchtig mit Bezug auf die 1848er Revolution feierten auf einer gemeinsamen Veranstaltung Frauen des Frauenstimmrechtsvereins und SPD-Frauen am 17. November 1918 in der Frankfurter Paulskirche die Revolution 1918 als Erfüllung der Ideale von 1848.14 Frauen konnten nun die politische Arena betreten und durch ihre Mitarbeit das politische Leben mitgestalten. Doch die Revolutionszeit 1918/19 war eine politisch turbulente und blutige Zeit – und immer noch eine Domäne der Männer. Die nach dem Zusammenbruch des alten monarchischen Militärstaates angestrebte politische und soziale Neugestaltung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft lag weiterhin in den Händen der Männer. Das revolutionäre „männliche“ Subjekt trat in den Vordergrund dieser Entwicklung, dafür stehen in Bayern Namen wie Kurt Eisner, Johannes Hoffmann, Erich Mühsam, Ernst Toller, Gustav Landauer und Eugen Leviné. Diese Männer prägten in Bayern verschiedene Phasen der Revolution und führten ihre hitzigen Debatten über alternative Formen des Staates und der Gesellschaft. Die gegensätzlichen Vorstellungen verkürzten sich auf Schlagworte wie Bolschewismus versus Demokratie, peitschten die Emotionen der Menschen auf, trieben sie in Demonstrationen und Streiks. Politik äußerte sich nicht nur in parlamentarischen Formen des Verhandelns, auch außerparlamentarischen Formen wie Demonstrationen und Aufstände übten politischen Druck aus auf das politische revolutionäre Geschehen. 8

Wo nun fanden Frauen ihren politischen Platz in dieser unübersichtlichen, chaotischen und auch blutigen Revolutionszeit? Die Frage nach dem politischen Handeln von Frauen während der Revolutionszeit wurde jahrzehntelang in der historischen Forschung kaum gestellt, erst ab den 1990er Jahren rückten auch politisch aktive Frauen während der Revolutionszeit etwas in das wissenschaftliche Blickfeld. Dabei markierte die Revolution 1918/19 den Beginn einer neuen Zeit, in der Frauen als gleichberechtigte Bürgerinnen des Staates mit gleichen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten agieren konnten. Frauen, die sich in der Revolutionszeit politisch engagieren wollten, mussten eine grundsätzliche Entscheidung treffen zwischen einem parteipolitischen oder rätepolitischen System, zwischen Revolution und Gegenrevolution. Die in der Revolution politisch agierenden Frauen waren Sozialistinnen wie Hedwig Kämpfer, Thekla Egl oder Emilie Mauerer, Katholikinnen wie Ellen Ammann oder Aloisia Eberle, Frauenrechtlerinnen wie Dr. Rosa Kempf oder Pazifistinnen wie Dr. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann. Sie entstammten dem bürgerlichen, dem bäuerlichen oder arbeitenden Milieu und lebten als Teil der Klassengesellschaft des beginnenden 20. Jahrhunderts unter unterschiedlichen sozioökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen. Ihre Lebens- und Alltagserfahrungen beeinflussten ihre politischen Einstellungen und ihr politisches Handeln.15 Der einen Gruppe von Frauen gab die Revolution der Sehnsucht nach einer besseren Gesellschaft neuen Auftrieb, so berichtete die Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann über die Tage und Wochen nach dem Ausbruch der Revolution: „Nun begann ein neues Leben. Zurückdenkend erscheinen die folgenden Monate wie ein schöner Traum, so unwahrscheinlich herrlich waren sie. Das schwer Lastende der Kriegsjahre war gewichen; beschwingt schritt man dahin, zukunftsfroh! Der Tag verlor seine Zeiten, die Stunde der Mahlzeiten wurde vergessen, die Nacht wurde zum Tag, man brauchte keinen Schlaf; nur eine lebendige Flamme brannte: sich helfend am Aufbau einer besseren Gesellschaft zu betätigen.“16 Bei anderen löste die Revolution Ängste aus, gerade die konservativen Frauen des Bürgertums fühlten sich unbehaglich in der Revolution. So fühlte sich die Schriftstellerin Ricarda Huch, erst seit Oktober 1918 in München, zunächst der Novemberrevolution nicht abgeneigt und begrüßte die bevorstehende Neuerung. Aus der Perspektive des gehobenen Bürgertums urteilte sie jedoch wenig später: Die „russischen Zustände“ sind auf dem Wege, man begegnet auf den Straßen einem „kleinen Demonstrationszug …, wie man solche seit der Revolution häufig zu sehen bekommt“, darunter „böse, unmenschliche gefahrdrohende“ Gesichter.17 Ähnlich wie die Schriftstellerin Ricarda Huch empfanden auch katholischen Frauen in Bayern, sei es Frauen aus dem Katholischen Frauenbund oder dem Verband der katholischen Arbeiterinnen.

9

Eine Gruppe von Frauen kämpfte Seite an Seite mit den männlichen Revolutionären unter großem Mut und Opferbereitschaft für die Sicherung der sozialistischen Revolution, die andere Gruppe setzte sich für eine demokratische Umgestaltung mit bürgerlich-liberalen Grundwerten ein, anderen Frauen war die Wahrung christlich-konservativer Grundvorstellungen das wichtigste Anliegen politischer Aktivität. Die ideologischen und politischen Auseinandersetzungen liefen auch in der Frauenwelt zwischen revolutionären und gegenrevolutionären Fronten. Doch darüber hinaus sollte für manche Frauen die revolutionäre Umgestaltung von Staat und Gesellschaft einen emanzipatorischen Effekt haben und den Frauen einen stärkeren Einfluss in der Politik und auf die Politik bringen. Denn einigen Frauen wie z. B. Dr. Rosa Kempf war klar, dass ein gesetzlich verankertes Frauenwahlrecht zwar eine formale politische Gleichberechtigung bedeutete, aber nicht zwangsläufig eine Änderung der gesellschaftlichen Geschlechterbeziehungen. Frauen griffen nun zu denjenigen Möglichkeiten politischer Mitwirkung und Mitgestaltung, die ihrem politischen Willen den entsprechenden Ausdruck verliehen. So engagierten sich Frauen im provisorischen Nationalrat, im Bayerischen Landtag, in revolutionären Gremien und Kommissionen oder beteiligten sich an Straßenkämpfen. Die unterschiedlichen politischen Aktionsformen und Handlungsräume ergaben ein facettenreiches, faszinierendes Bild und zeigten Frauen auf allen Feldern des politisch-revolutionären Geschehens. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die weitgehend verwischten Spuren weiblicher politischer Partizipation am Beispiel der Revolutionszeit in Bayern 1918/19 aufzudecken und die politischen Aktionsformen und Handlungsräume, aber auch – soweit möglich – die hinter dem politischen Handeln stehenden theoretischen politischen Denkmuster und Leitbilder der politisch aktiven Frauen zu untersuchen. Eine Konzentration auf die bayerische Revolution erschien mir für mein Vorhaben besonders geeignet. Auf Grund des zeitlichen Vorsprungs der bayerischen Revolution vor der in Berlin waren die bayerischen Frauen im neu proklamierten Freistaat Bayern die ersten in Deutschland, die das Frauenwahlrecht erhalten hatten. Von dieser Proklamation des Frauenwahlrechts ging ein Signal an ganz Deutschland aus, zumindest nach Ansicht von Lida Gustava Heymann: „Eisner hat das Wahlrecht der Frauen für Bayern proklamiert, Deutschland muß folgen.“18 Die neue politische Gleichberechtigung der Frauen barg beim Ausbruch der Revolution 1918 in sich die Hoffnung auf ein Aufbrechen der alten Geschlechterordnung. Doch die am Ende der Revolution im April 1919 einsetzende Antirätekampagne zeigte deutlich die wirksame Präsenz einer alten Geschlechterordnung, in der die Männer sich begreifen konnten als Beschützer der Frau. Der von Johannes Hoffmann insze10

nierte Propagandafeldzug griff auf linke Sexualutopien zurück, mittels derer sich die Unsittlichkeit und Kulturlosigkeit der linken Bohemiens, die eine führende Rolle in den Räterepubliken gespielt hatten, übertragen ließ auf das Rätesystem. Im Kern der Kampagne stand die Idee einer Verstaatlichung der Frauen. So resultierte ein im April 1919 an die Münchener Öffentlichkeit verteiltes Flugblatt in der Frage: „Duldet ihr wirklich, dass nach Kommunistenideal alle Frauen jedem Manne gehören und damit in kürzester Frist restlos zu Huren werden?19 In dieser Verleumdungskampagne fand zudem eine subtile Verknüpfung zwischen Judentum und nonkonformer Sexualität statt, jüdische Literaten und Politiker wurden mit ihrer freizügigen Sexualmoral zu einer Bedrohung der bayerischen Weiblichkeit stilisiert.20 Die Freikorps und Regierungstruppen konnten sich nun als Retter der um Haaresbreite geschändeten bayerischen Frauen verstehen und in ihrem Selbstverständnis als Bewahrer von Tugend, Ordnung und Sittlichkeit gelten. Diese Pressekampagne berührte damit über die Themenfelder Sexualität und Sittlichkeit Fragen der Geschlechterordnung und der Frauenfrage gleichermaßen. Doch diese Kampagne enthielt in ihrem Kern bereits Elemente der heraufziehenden nationalsozialistischen Zeit. Bayern nahm dabei eine Sonderrolle für die künftige Entwicklung deutscher Geschichte ein. Die Bayerische Novemberrevolution und die Münchener Räterepublik samt ihrem Niedergang besitzen in der Forschung über die Ursprünge des Nationalsozialismus einen zentralen Stellenwert. München mit seinen Ereignissen bildete gleichsam einen Kulminationspunkt für den weiteren Verlauf der deutschen Geschichte und wurde innerhalb der „Ordnungszelle“ Bayern zu einem Zentrum aller gegenrevolutionären Strömungen.21 Damit erhält eine Untersuchung über die politische Aufbruchszeit der Frauen in Bayern eine weitere geschlechterbezogene Dimension, indem sich möglicherweise ein geschlechtergeschichtlicher Zusammenhang zwischen der bayerischen Revolution und der neueren deutschen Geschichte konstruieren lässt.

1.2 Wissenschaftliche Perspektiven der Arbeit Diese Arbeit greift aus dem komplexen Revolutionsgeschehen zwei Aspekte heraus: das weibliche Geschlecht und die politische Partizipation der Frauen. Diese selektive Perspektive wirft die Frage nach der Objektivität und nach der wissenschaftlichen Legitimität auf. Aber wissenschaftliche Untersuchungen basieren generell auf Perspektiven und wissenschaftliche Objektivität besteht nicht darin, Standpunkte und Interessen aus dem Erkenntnisprozess zu eliminieren, sondern sie offenzulegen, um sie kognitiv und methodisch kontrollierbar zu ma11

chen.22 Diese Arbeit wird verortet in zwei Forschungsrichtungen, deren Perspektiven, Erkenntnisse und Definitionen einen wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung der Untersuchung ausüben: die historische Frauen- und Geschlechterforschung und die politische Partizipationsforschung.

1.2.1 Frauen- und geschlechtergeschichtliche Perspektive Aus der historischen Frauen- und Geschlechterforschung haben sich verschiedene Forschungsperspektiven entwickelt, die mit unterschiedlichen Blickwinkeln verschiedene Handlungsräume von Frauen untersucht haben. Die allgemeine Aufgabe bestand dabei darin, „Menschen weiblichen Geschlechts und Menschen männlichen Geschlechts mit ihren geschlechtstypischen Plazierungen wie mit ihren Handlungsräumen sichtbar“ zu machen.23 Die Frauengeschichte verlangte eine fundamentale Neubestimmung der Grundüberzeugungen und der Methodologie der traditionellen Geschichtswissenschaft und des traditionellen Denkens.24 Gerda Lerner formulierte ihren Vorwurf an die traditionelle Geschichtswissenschaft folgendermaßen: „Die Geschichte, so wie sie traditionell von Historikern aufgezeichnet und interpretiert worden ist, ist zweifellos eine Geschichte der Aktivitäten von Männern, geordnet nach Wertvorstellungen der Männer – sie sollte zutreffend ‚Männergeschichte’ genannt werden. Frauen kommen darin kaum vor.“25 Doch manche Historikerinnen warnten davor, dass Frauenforschung sich nicht darauf beschränken dürfe, lediglich weiße Flecken auf der Wissenschafts-Landkarte auszufüllen.26 Durch ein additives Verfahren würde der historische Abriss nur geringfügig verbessert und lasse zudem die hinzugefügten Frauen, wenn sie mit männlichen Akteuren verglichen werden, „zweitrangig aussehen.“27 Mitte der 1970er Jahre hatte die Diskussion um Frauenforschung eine neue Ebene erreicht. Auf der Suche nach Frauen in der Geschichte und nach der Geschichte von Frauen zeigte sich, dass Frauen nicht in Analogie zu anderen sozialen Gruppen verstanden werden können. Frauen sind ein Geschlecht und müssen also solches historisch konzipiert werden. Das Geschlecht wurde so zu einer grundlegenden Kategorie zur Erfassung sozialer und historischer Realität.28 Die sich aus der Frauenforschung weiter entwickelte Geschlechterforschung verließ die starke Fokussierung auf die Frauen und stellte dem Konstrukt Weiblichkeit das Konstrukt der Männlichkeit gegenüber. Bereits 1975 forderte Natalie Z. Davis, die einengende herstory bisheriger Frauenforschung zu einem umfassenderen Forschungsprogramm zu erweitern.29 12

Mitte der 1980er Jahre plädierte Joan W. Scott für die Verwendung der Kategorie „Geschlecht“ als ein sozial und kulturell bestimmtes, relational und historisch gebundenes Wissen über wahrgenommene sexuelle Differenzen.30 Geschlechterdifferenzen bildeten für sie nicht nur den Kern jeder sozialen und politischen Organisation, sondern waren ein zentrales Mittel, um Macht- und Herrschaftsbeziehungen auszudrücken. Der Geschlechterdiskurs regelt den Zugang zu Ressourcen, zu Einfluss, Kapital sowie kultureller Macht, indem Männlichkeit und Weiblichkeit hierarchisiert und unterschiedlichen Feldern zugeordnet werden.31 Diese Aussage bezieht sich auf alle gesellschaftlichen Sub-systeme wie Familie, Arbeit, Bildung, doch nirgends ist diese Aussage m. E. zutreffender als im politischen System. Politik ist derjenige Bereich, in dem Machtverhältnisse formell ausgehandelt werden, über politische Strukturen und Ideen wird der öffentliche Diskurs geformt, hier werden alle Aspekte gesellschaftlichen Lebens beeinflusst. Die Regeln innerhalb des politischen Systems bestimmen sogar das Leben und das politische Handeln selbst von denjenigen, die sich der politischen Sphäre fernhalten. Der durch eine 1986 erschienene Studie von Claudia Koonz ausgelöste Historikerinnenstreit32 brachte eine weitere Wende in der Frauenforschung. Bislang ging die feministische Frauenforschung von einer weiblichen Identität aller Frauen aus. Nun nahm man Abschied von der Einheitskategorie Frau und der damit verbundenen Vorstellung, dass Frauen als Kollektiv gemeinsam Fraueninteressen verfolgten, die sich von denen der Männer grundsätzlich unterscheiden.33 Meine Arbeit fügt nun mehrere Aspekte der Frauen- und Geschlechterforschung zusammen. Die Untersuchung ist zunächst primär verankert in der Frauengeschichte, da die historische Forschung dem politischen Handeln von Frauen während der Revolutionszeit wenig Beachtung schenkte. Frauen, die am Vorabend und während der Revolutionszeit von November 1918 bis Mai 1919 die gesellschaftlich-politische Arena betraten, wurden in den Standardwerken zur bayerischen Revolution kaum erwähnt, blieben also unsichtbar. Durch eine systematische Bestandsaufnahme versuche ich, dieses Dezit zu beheben, da diese wichtige Startphase weiblichen politischen Handelns durchaus verdient, genauer untersucht zu werden. Diese Arbeit will also eine „androzentrische Verzerrung der Vergangenheit“34 korrigieren und Frauen als politisch handelnde Subjekte in das Blickfeld zu nehmen. Eingebettet in dieses Hauptanliegen, finden jedoch auch Ansätze aus der Geschlechtergeschichte Eingang. So basiert diese Arbeit nicht auf der Vorstellung einer stabilen weiblichen Geschlechteridentität, sondern geht von Differenzen weiblicher Identität aus. Die Prämisse ist, 13

dass nicht nur gemeinsame Fraueninteressen zu handlungsleitenden Motiven werden, sondern ebenso unterschiedliche Lebensräume, Alltagserfahrungen, politische Grundorientierungen und andere Faktoren – wie eben bei Männern auch. Diese Untersuchung steht damit unter der Perspektive der Unterschiedlichkeit von Frauen und will diese Heterogenität in der politischen Ebene herausarbeiten. Die verschiedenen Handlungsformen weiblicher Politik vollzogen sich in der Revolutionszeit in verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Feldern. Frauen betraten dabei meist ein bislang Männern vorbehaltenes Territorium. Frauen wurden so zu einem „integralen Bestandteil von Gesellschaft,“35 und standen aber zugleich in der politischen Sphäre in einem geschlechterübergreifenden System von Konflikt und Kooperation. In diesen politischen und gesellschaftlichen Handlungsräumen fanden nun politische Interaktionen zwischen Männern und Frauen statt, in denen Geschlechter- und Machtdifferenzen neu konstruiert, aufrechterhalten oder eben auch verändert werden konnten. Wo es das Quellenmaterial erlaubt, soll in die Untersuchung auch geschlechterbezogenes, männliches Verhalten eingebunden sein und einen Einblick gewähren, inwieweit sich tradierte Geschlechtsstereotype in der politischen Ebene fortsetzten oder aufgebrochen wurden.

1.2.2 Politische Partizipationsforschung Die Revolution stellte für die Frauen eine bedeutende Zäsur dar. Zeitgleich mit der Aufbruchszeit in demokratische Verhältnisse hatten Frauen einen neuen staatsbürgerlichen Status erhalten, das am 8. November 1918 proklamierte Frauenwahlrecht war eine der ersten direkten Revolutionsfolgen. Politisches Handeln von Frauen konnte damit erstmalig auf einer institutionalisierten politischen Ebene erfolgen, es war für sie möglich geworden, gleichberechtigt an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen teilzuhaben. Damit konnte sich politisch-öffentliches Handeln von Frauen zu einer politischen Partizipation weiterentwickeln. Der politische Handlungsspielraum erweiterte sich für die Frauen maßgeblich, doch sie mussten dabei eine männerdominierte Welt betreten, eine politische Ordnung, die sich entwickelt und gefestigt hatte, noch ehe die Frauen die Zugangsberechtigung zu diesem für sie bislang verschlossenen Terrain hatten. Der Zugang zu dieser institutionell verfassten Arena unterlag jedoch manchen gesellschaftlichen und politischen Blockierungen, so dass die politischen Aktivitäten von Frauen nur schwer an den politischen Handlungs- und Entscheidungsspielräumen der männlichen Protagonisten gemessen werden können.

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Politisches Handeln von Frauen darf also nicht nur in der Sphäre der hohen, institutionell verfassten Politik gesucht werden. Die Partizipationsforschung klassischer Prägung hatte sich jedoch anfänglich an einem rein institutionell konzipierten Beteiligungsraum orientiert und sich deshalb primär auf institutionalisierte Partei- und/oder Regierungspolitik bezogen.36 Mit dieser Definition bleibt jedoch politisches Handeln von Frauen „vor der Folie männlicher Präsenz und Aktivität“37 marginal. Der Partizipationsforschung wurde daher „Geschlechtsblindheit“ vorgeworfen, da das Geschlecht „lediglich als eine determinierende Variable“ auftauchte und das Geschlechtersystem nicht als „entscheidende gesellschaftliche Struktur für die Herausbildung von Partizipationsmotiven bzw. für die Behinderung von Partizipation“ Beachtung fand.38 Da für Frauen generell andere Bedingungen politischer Beteiligung als für Männer existierten, erschien es notwendig, nicht nur die institutionellen Formen der Politik, sondern alle Formen der politischen Einmischung und Mobilisierung von Fraueninteressen zu berücksichtigen.39 Politisches Interesse und Handeln schlug sich während der Revolutionszeit nicht nur in konventionellen politischen Arenen und Aktivitäten nieder, sondern auch im unkonventionellen oder unverfassten Bereich der politischen Partizipation. Somit wäre die klassische politische Partizipationsforschung eine Sackgasse zur Untersuchung politischer Handlungsformen von Frauen. Tatsächlich blieben auch bis in die 1990 er Jahre die Forschungen über weibliche Politisierungsprozesse sehr marginal.40 Untersuchungen zur politischen Sozialisation und Partizipation berücksichtigten kaum Geschlechterverhältnisse und Geschlechterzugehörigkeit war lediglich nur ein Indikator in mitten von Variablen wie Ausbildung, Berufstätigkeit u.ä.. Als Struktur- und Organisationsprinzip kam Geschlecht kaum vor. So blieb es lange Zeit nur bei vagen Feststellungen über Rollenerwartungen oder partizipationshemmende Sozialisation von Mädchen.41 Die Ergebnisse schienen die Stammtischbanalität zu bestätigen, dass Frauen und Politik wenig miteinander zu tun hätten.42 Neue kritische Ansätze in der Partizipationsforschung lieferten wichtige Hinweise, wenn es um die Erforschung unterschiedlicher Formen politischer Beteiligung von Frauen geht. Die Gründungsväter der politischen Partizipationsforschung Barnes, Kaase et. al. hatten den Begriff „politische Partizipation“ deutlich erweitert auf alle freiwillige Aktivitäten von BürgerInnen mit dem Ziel, „to influence either directly or indirectly political choices at the various levels of the political system.“43 1992 erklärte Kaase, dass nahezu „jedes Handeln, auch innerhalb eines explizit nicht-politisch abgegrenzten Umfeldes, politische Dimensionen im Sinne von politischer Bedeutsamkeit annehmen“ kann.44

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Diese neue Definition wie auch die vermehrte Berücksichtigung der Kategorie „Geschlecht“ brachte neuere Studien auf den Weg, die das Geschlecht in den Vordergrund rückte. Diese lieferten nun ein erstes genaueres Bild, das den Mythos von der unpolitischen Frau aufbrach. Es kam dabei zu folgenden Erkenntnissen: die Vorliebe der Frauen für unkonventionelle Partizipationsformen, eine weibliche Distanz zu institutioneller Politik, aktives Diskriminierungsverhalten von Parteikollegen und Presse, ein anderes Politikverständnis und andere Politikstile von Frauen.45 Es folgten Politikerinnen-Studien46 und über frühe persönlichkeitstheoretische Ansätze der Partizipationsforschung wurden geschlechtsunterschiedliche Motive für politisches Engagement herausgearbeitet. Es entstanden Thesen vom doppelten Legitimationsdruck, welche auf den Frauen in der Politik laste, aber auch von einem anderen Machtverständnis und von einer anderen weiblichen Moral.47 Bei all diesen Studien gibt es für meine Arbeit nur ein Problem: der zeitliche Untersuchungsrahmen bezieht sich auf völlig andere, historische und gesellschaftliche Handlungsräume, so dass diese Arbeiten bestenfalls Orientierungen liefern können. Eine Rückprojektion dieser Konzepte auf die Revolutionszeit 1918/19 erschien mir unpassend. Damit verzichtet diese Arbeit auf ein Analyseraster, das diesen Theorien und Konzepten angelehnt ist und orientiert sich vielmehr an den eigenen, inhärenten Bedingungen der Revolutionszeit. Diese offene Herangehehensweise erscheint mir notwendig, um dem historischen Quellenmaterial gerecht zu werden. Dagegen lieferte mir die politische Partizipationsforschung vor allem das definitorische Handwerkszeug, um die verschiedenen politischen Ebenen politischen Handelns zu klassifizieren. Schließlich erschien es für diese Arbeit notwendig, politisches Handeln von anderen Formen menschlichen Handelns abzugrenzen, da sonst ein „Verlust an Analysefähigkeit“ zu befürchten ist.48 Die weit gefasste Definition von Kaase bot sich für diesen Zweck an und hatte in der Mainstream- sowie genderorientierten Partizipationsforschung zu Unterscheidungen geführt zwischen direkten und indirekten, legalen und illegalen, verfassten und nicht verfassten, gewaltsamen und gewaltfreien, institutionalisierten und nicht institutionalisierten, unmittelbaren und mittelbaren sowie konventionellen und unkonventionellen Formen politischer Beteiligung. Diese Kategorien sind nun teilweise wenig eindeutig, es zeigen sich Überschneidungen und Grauzonen und sind wenig trennscharf, sobald konkrete Handlungen kategorisiert werden 16

sollen. Zudem sind manche nur bedingt auf die Instabilität eines revolutionären politischen Systems anwendbar. Trotzdem sollte es auf dieser Grundlage möglich sein, die verschiedenen Ebenen politischen Handelns und die vielfältigen politischen Aktionsformen von Frauen während der Revolutionszeit zu erfassen und zu systematisieren.

1.3 Das politische System der bayerischen Revolutionszeit Die vorliegende Arbeit ist primär der „politischen“ und nicht so sehr der Sozialgeschichte zuzuordnen. Das bedeutet, dass die Alltagssituation der Frauen weitgehend unberücksichtigt bleibt, Entwicklungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen werden nur insoweit berührt, als sie Erklärungsansätze für politisches Handeln der Frauen liefern. Es erfolgt damit eine Konzentration auf die politische Sphäre der Revolutionszeit. In dieser politischen Sphäre erfolgt die schwerpunktmäßige Darstellung eines punktuell feststellbaren politischen Handelns von Frauen. Frauen werden nicht einfach in die Ereignisgeschichte der Revolution eingefügt. Weibliche Akteure, ihre politischen Konzeptionen und ihr politisches Handeln erhalten einen eigenen Stellenwert. Dies impliziert, dass diese Arbeit in ihrem Hauptteil auf eine chronologische Darstellung der Revolutionsgeschichte verzichtet. Deshalb erscheint es notwendig, die wesentlichen politischen Institutionen, die als politische Macht- und Entscheidungsträger fungierten, vorzustellen. Am Abend des 7. Novembers 1918 eröffnete Kurt Eisner im Sitzungssaal des Landtages die vorläufige konstituierende Versammlung der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte, auf den Ministerbänken hatten neben Arbeiter und Soldaten auch zwei Frauen Platz genommen.49 Eisner stellte seine Pläne für die weitere politische Entwicklung Bayerns vor. Die anwesenden Arbeiter- und Soldatenräte sollten zunächst als Parlament fungieren, bis sich eine Nationalversammlung, hervorgegangen aus allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlen nach dem Verhältniswahlrecht, etabliert hatte.50 Die versprochene Wahl einer Nationalversammlung verwies langfristig auf ein parlamentarisches System, bis dahin sollten die Räte als politische Vertretungskörperschaften eine zentrale Stellung im Staat einnehmen. Am Nachmittag des folgenden Tages wurde die erste Sitzung des „provisorischen Parlaments der Republik Bayern“ durch den Vorsitzenden des Arbeiter- und Soldatenrates Kurt Eisner eröffnet, es erfolgte die Wahl und Konstituierung des Präsidiums des provisorischen Parlaments und die Wahl einer provisorischen Regierung.51 Eisner übernahm als Ministerpräsident zusätzlich das Ministerium des Äußeren, auf seinen Vorschlag wurden die Minister der provisorischen Regie17

rung gewählt.52 Kurt Eisner hatte zwar in seinem Regierungsprogramm ausdrücklich die Frauen zur tätigen Mitarbeit aufgefordert, doch die Vorstellung einer „Geschlechterquote“ ging ihm wohl dann doch zu weit, Frauen hatte er nicht vorgeschlagen für seinen Ministerrat. Die folgende Phase der politischen Entwicklung in Bayern war bis zum 21. Februar 1919 von der Politik der provisorischen Regierung Kurt Eisners geprägt. Die Räteorganisationen besaßen in dieser Zeit zwar eine hohe symbolische Bedeutung, doch eine institutionalisierte Kontrolle übte weder der Provisorische Nationalrat aus, alle Kontrollversuche von weiteren Zentralorganen der Arbeiterräte wie dem Revolutionären Arbeiterrat, dem Landesarbeiterrat, dem Vollzugsrat der Arbeiterräte und dem Aktionsausschuß wurden ebenfalls abgewehrt.53 Nach langen Debatten über den Termin zur Wahl einer konstituierenden Nationalversammlung fanden in Bayern am 12. Januar 1919 die bayerischen Landtagswahlen, am 19. Januar die Wahlen zur deutschen Nationalversammlung statt. Mit der geplanten Landtagseröffnung am 21. Februar 1919, an der sieben neu gewählte Parlamentarierinnen teilgenommen hatten, sollte die revolutionäre Phase in Bayern beendet und eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Errichtung einer repräsentativ-parlamentarischen Demokratie abgeschlossen sein. Zwei Gewaltakte verhinderten dies: die Ermordung von Ministerpräsident Eisner und der Racheakt von Alois Lindner aus dem Revolutionären Arbeiterrat. Dieser hatte im Landtag ein Attentat auf Innenminister Auer verübt, Schüsse fielen im Sitzungssaal des Landtages, bei denen zwei Personen tödlich verletzt wurden: die Abgeordneten flohen in Panik, der Landtag war gesprengt.54 In der folgenden zweiten Phase der Revolutionszeit in Bayern übernahmen die Räte die Herrschaft. Doch es erfolgte weder eine Proklamation einer Räterepublik noch die Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie. Die Initiative ergriffen die Exekutivorgane der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte, also der bereits bestehende Aktionsausschuß und der Revolutionäre Arbeiterrat. Auf dem für den 25.2.1919 in München einberufenen Rätekongress kam es zu einer neuen Konstituierung des Aktionsausschusses, aus dessen Mitte der Zentralrat am 7.3.1919 gewählt wurde.55 Der Rätekongress hatte als Übergangsparlament fungiert, der Zentralrat besaß die Funktion eines Regierungsorgans.56 Der Landtag sollte nach den Beschlüssen des Rätekongresses nach einer Beratung mit dem Aktionsausschuß eine sozialistische Regierung wählen, der Zentralrat verlor daraufhin – mit Zustimmung des Rätekongresses – seinen dominierenden Einfluss.57 Am 17. März trat der Landtag zusammen, nahm das „vorläufige Staatsgrundgesetz des Freistaates Bayern“ an und wählte den bisherigen Kultusminister Johannes Hoffmann zum neuen Ministerpräsidenten. Als sich die neuen Minister in fünf großen Massenversammlungen in 18

den großen Münchner Sälen mit dem Regierungsprogramm vorstellten, kam es zu erheblichen Störungen durch die Linksradikalen, teilweise mussten die Minister ihre Reden abbrechen, in der Versammlung, in der Hoffmann sprach, gelang es einigen Radikalen, die Rednerbühne zu stürmen und für kurze Zeit zu besetzen.58 Der ZR in München arbeitete weiter an der Erhaltung und Ausweitung der Rechte der Räte, die Räte in der Provinz lösten sich ebenfalls nicht auf, sondern radikalisierten sich teilweise. In München setzten die Linksradikalen um den RAR und die KPD ihre Politik der Massenversammlungen auch im März 1919 weiter fort. Fast täglich versammelten sich mehrere tausend Menschen, Redner wie Max Levien und Erich Mühsam traten auf und betonten die Notwendigkeit einer dritten Revolution.59 Eine zunehmende Radikalisierung der Politik gipfelte schließlich in der dritten Revolutionsphase. In den frühen Morgenstunden des 7. April 1919 veröffentlichte der Zentralrat die Proklamation der ersten bayerischen Räterepublik: „Die Entscheidung ist gefallen. Baiern ist Räterepublik. Das werktätige Volk ist Herr seines Geschickes.“60 Ein Revolutionärer Zentralrat wurde gebildet, Ernst Niekisch trat von seinem Amt als Vorsitzender des alten Zentralrates zurück, zu seinem Nachfolger wurde Ernst Toller, Vorsitzender der Münchener USP, gewählt.61 Dieser Revolutionäre Zentralrat war nunmehr das oberste Organ der ersten bayerischen Räterepublik, das laut seinem Vorsitzenden Toller „die oberste Regierungsgewalt ausübte.“62 Bei diesem Revolutionären Zentralrat lagen die Kompetenzen zur grundlegenden Aus- und Neugestaltung der Räterepublik. Mit der Ausrufung der „Räterepublik Baiern“ sollte die „Verwirklichung eines wahrhaft sozialistischen Gemeinwesens“ bezweckt werden, es ging um den Aufbau „einer gerechten sozialistisch-kommunistischen Wirtschaft.“63 Die Einheitlichkeit der wirtschaftlichen Neugestaltung sollte durch ein Zentralwirtschaftsamt gewährleistet werden, mehrere Ressorts wurden für die wirtschaftlichen Angelegenheiten geschaffen, die sich mit den dringendsten wirtschaftlichen Problemen befassen sollten: Finanzwesen, Wohnungswesen, Ernährungswesen sowie Pressewesen.64 Ein wichtiger Baustein des RäteProgramms sollte die Bildungs- und Kulturpolitik werden. Als Volksbeauftragter für „Volksaufklärung“ erarbeitete Gustav Landauer einen Entwurf für ein sofort umsetzbares Kulturprogramm, seine Forderungen bezogen sich auf die Bereiche: Staat und Kirche, Kunst und Schule.65 Die Herrschaft des Revolutionären Zentralrates und damit die erste bayerische Räterepublik endeten mit dem Palmsonntagsputsch in der Nacht vom 12. auf den 13. April 1919. Der Putsch, der geplant worden war von dem Kommandanten der Republikanischen Schutztruppe, Alfred Seyffritz, sollte der Räterepublik ein Ende bereiten. Durch den Einsatz der KPD, die 19

die Arbeiter und Soldaten zum bewaffneten Widerstand und zum Kampf um die Räterepublik aufgerufen hatte, wurde der Putsch niedergeschlagen. Die KPD erhob nun ihren Herrschaftsanspruch: eine neue kommunistische Räterepublik sollte entstehen. Auf einer Versammlung der Betriebs- und Soldatenräte Münchens am 13.4.1919 wurde die gesetzgebende und vollziehende Gewalt von dem Revolutionären Zentralrat auf einen Aktionsausschuß übertragen.66 Der Aktionsausschuß sah sich nun als oberste Gewalt in Bayern und war das hauptsächliche Regierungsorgan der kommunistischen Räterepublik.67 Noch in der Nacht des 13.4.1919 wurden Kommissionen eingesetzt, die nach der Vorstellung von Eugen Leviné die Aufgabe haben sollten, den bürgerlichen Staat zu zertrümmern und neu aufzubauen.68 Ein weiteres Regierungsorgan war der Vollzugsrat, der die Tätigkeit der Kommissionen koordinieren und kontrollieren sollte. Doch nach dem niedergeschlagenen Putschversuch hatte die Regierung in Bamberg unter dem Ministerpräsidenten Hoffmann zur Bildung einer „bayerischen Volkswehr“ aufgerufen, ab 15. April setzten sich die weißen Truppen in Bewegung. Richtungskämpfe innerhalb der Räteführung zwischen Mitgliedern der USP und der MSP sowie der KPD wurden schließlich am 26.4.1919 in einer Versammlung der Betriebs- und Soldatenräte heftig ausgetragen und am 27.4.1919 entschieden: Die überwiegende Mehrheit wandte sich gegen die Vertreter des konsequenten Kommunismus.69 Leviné und mit ihm der gesamte Aktionsausschuß trat daraufhin zurück. Am 25. April 1919 verhängte die Regierung Hoffmann über das rechtrheinische Bayern das Standrecht bis zum 1. August 1919, um eine juristische Deckung für das Vorgehen gegen die Räterepublik zu haben.70 Obwohl die Regierung Hoffmann zunächst versuchte, die Räterepublik nur mit Hilfe bayerischer Kräfte niederzuwerfen, hatte sich schließlich aber doch die „weiße“ Armee aus preußischen, würtembergischen und bayerischen Freikorps gebildet und rückte mit etwa 35 000 Mann an, um die Räterepublik zu zerschlagen.71 Diesen weißen Truppen standen etwa 20 000 Angehörige der Roten Armee gegenüber.72 Am 2. Mai 1919 begann der planmäßige Einmarsch des Großteils der Regierungstruppen in München. An einzelnen Stellen kam es zwar zu recht hitzigen Einzelkämpfen, doch bereits am Abend des gleichen Tages war der Widerstand gebrochen und die ganze Stadt in der Hand der Regierungstruppen.73 Am 3. Mai war der Kampf um München entschieden. Nach sechs Monaten war die so unblutig begonnene bayerische Revolution beendet. Die Bilanz dieser Maitage war erschreckend. In der Literatur schwankt die Zahl derjenigen, die zwischen dem 30. April und 8. Mai 1919 bei den Kämpfen und Säuberungsaktionen sterben mussten, zwischen 557 und 1 200.74

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1.4 Leitfragen und Aufbau der Arbeit Die formale Repräsentation von Frauen in Partei und Parlament war Ziel aller organisierten Frauen gewesen. Auch in Bayern galt das Frauenwahlrecht für die bürgerliche Frauenbewegung als ein Mittel, rechtlichen, sozialpolitischen und auch ethischen Frauen-Forderungen auf politischer Ebene ein stärkeres Gewicht zu verleihen. Doch es ging keineswegs nur um die Durchsetzung von Fraueninteressen. Für die bürgerlichen Frauen sollte die Mitarbeit von Frauen in der Politik auch dem öffentlichen Wohl dienen und die politische Kultur positiv beeinflussen. Für die sozialistischen Frauen war eine formal-rechtliche Emanzipation dagegen Teil ihrer Klassenkampftheorie, ihrem Ansatz nach wurden politische, soziale und wirtschaftliche Abhängigkeiten in einer sozialistischen Gesellschaft aufgehoben, die damit ein der Frauenfrage übergeordnetes Ziel darstellte. Bereits in diesen Vorstellungen aus der Zeit politischer Rechtslosigkeit, kündigte sich ein wichtiges Spannungsmotiv an: das Verhältnis von Fraueninteressen zu den übergeordneten allgemein-politischen Ziele der „hohen Politik.“ Dieser Frage ist auch unter den veränderten Bedingungen einer rechtlichen Gleichstellung der Frauen im Wahlrecht nachzugehen. Setzte sich dieses Motiv eines Interessenkonfliktes zwischen Fraueninteressen und staatlichen Erfordernissen nach der Gewährung einer politischen Gleichstellung fort? Eine zentrale Aufgabenstellung dieser Arbeit ist es daher, das Spannungsfeld im politischen Handeln der Frauen auszuloten, das sich ergab zwischen einem allgemein-politischen Engagement im Dienst allgemeiner Wohlfahrt und/oder einer spezifisch weiblichen Frauenpolitik, die sich der Durchsetzung von weiteren Gleichheitsforderungen widmete. Die Gleichstellung im Wahlrecht bedeutete nämlich keinesfalls automatisch eine Rechtsgleichheit in anderen gesellschaftlichen Subsystemen wie dem Familien- oder dem Arbeitsrecht. Viele geschlechtsspezifische Diskriminierungen mussten noch beseitigt werden, sollte die politische Gleichberechtigung nicht ein Farce bleiben. Doch die politische Gleichstellung ist letztendlich eine Geschlechterfrage, die das Verhältnis der Geschlechter zueinander berührt. Noch 1914 waren im Bayerischen Landtag im Zusammenhang mit einer Debatte über das Frauenstimmrecht und dem Verhältniswahlrecht folgende Sätze von einem Abgeordneten der Konservativen gefallen: „Soll die Frau auch das Stimmrecht erhalten? Nach unserer Meinung kann davon absolut keine Rede sein. (Zurufe bei den Liberalen) Sie wundern sich? Wir wollen doch ein männliches Volk sein. (Heiterkeit) Ja meine Herren, das wollen auch alle richtig denkenden Frauen und Mädchen. Denn wenn wir uns von den Weibern beherrschen lassen wollten, würden uns die Frauen und Mädchen verachten. Die Frauen und Mädchen wollen nicht wählen und wühlen, sondern freien und sich freien lassen. 21

(Bravo! Und große Heiterkeit) Sie wollen fürsorgliche Hausmütter werden und keine Mannweiber. (Sehr richtig! Bei der Freien Vereinigung) Sie wollen Gehilfinnen der Männer und treue Kameraden sein. Wenn also nur die Männer das Wahlrecht erhalten sollen, wie soll dann das Verhältniswahlrecht ausgestaltet werden? (Zuruf bei den Liberalen: Dann wählt jeder sein Verhältnis! Heiterkeit)“75 Lang gepflegte traditionelle Konstrukte von Weiblichkeit und Männlichkeit werden hier sichtbar, die darin enthaltene Geschlechterdifferenzierung sollte wohl noch lange so erhalten bleiben. Eine formale politische Gleichstellung per Gesetz konnte sicherlich nicht bestehende Geschlechter- und Machtverhältnisse über Nacht beseitigen. Damit rücken weitere zentrale Fragen in den Vordergrund: Wie wurde das Vordringen der Frauen in die politische Sphäre bewertet? Welche Abwehrstrategien und Blockierungen, aber auch welche Kooperationsformen ergaben sich zwischen den männlichen und weiblichen politischen Akteuren? Schlossen sich politisch aktive Frauen zur wirksameren Durchsetzung ihrer Frauenziele zusammen? Über allen Fragestellungen stehen jedoch letztendlich als Hauptmotiv zwei Fragen: Inwieweit beeinflusste die formale politische Gleichstellung der Frauen deren politisches Verhalten im Hinblick auf politische Handlunsräume und Aktionsformen? Inwieweit verwandelte sich die formale Partizipationsmöglichkeit des Frauenstimmrechts in eine tatsächliche, gleichberechtigte politische Teilhabe? Die skizzierten Fragestellungen bestimmen die Gliederung nicht im Detail, stellen jedoch den roten Faden bei der systematischen Durchdringung des Untersuchungsgegenstandes dar, liefern gleichsam eine allgemeine Orientierung. Im Mittelpunkt der Darstellung steht das politische Handeln von Frauen während der Revolutionszeit 1918/19 in Bayern. Die damit verbundene zeitliche und räumliche Eingrenzung wird jedoch teilweise unterbrochen. Der Blick richtet sich auf reichsweite Vorgänge, wo sich inhaltliche Bedeutungszusammenhänge ergeben. Der zeitliche Kernbereich von November 1918 bis Mai 1919 wird ausgedehnt auf die Kriegsjahre um Kontinuitäten oder auch Diskontinuitäten im politischen Handeln der Frauen aufzuzeigen und greift auch an einigen Stellen zeitlich über die Revolutionszeit hinaus. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, erschien ein chronologisches Vorgehen zur Erfassung des politischen Handelns von Frauen während dieser Zeit wenig sinnvoll, ein Einbetten in die Ereignisgeschichte der Revolution würde den politischen Handlungsanteil der Frauen nur marginalisieren. Im Mittelpunkt der Arbeit sollen schließlich die politischen Akteurinnen stehen, ihre theoretischen politischen Konzepte und ihre politi22

schen Aktionsformen und Handlungsräume. Auf diese Weise werden drei Bausteine aneinandergereiht, die unterschiedliche Aspekte in den Vordergrund rücken: ein individualisiertpersoneller, ein konzeptionell-ideologischer und ein handlungsorientiert-pragmatischer Aspekt. Diese drei Ebenen überlagern und verstärken sich und ergeben eine Dynamik, die ihre entscheidenden Impulse aus der Wechselwirkung dieser drei Ebenen erhält. Frauenwahlrecht und die damit verbundene Politisierung der Frau ist eingebettet in eine lange Geschichte des Kampfes um politische Gleichberechtigung der Frauen und steht aber auch in einem kurzfristigen Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg. Historische Literatur76 wie auch zeitgenössische Aussagen von Frauen77 verweisen darauf, dass die Kriegserfahrungen der Frauen politisierend auf die Frauen gewirkt hätten. Aus diesem Grunde wird der zeitliche Untersuchungsrahmen auf die Vorgeschichte der Revolution, also die Kriegsjahre, erweitert. Kapitel 2 beschäftigt sich deshalb mit den verschiedenen politischen Aktionsformen von Frauen während des Ersten Weltkrieges. Auf Grund des Fehlens staatsbürgerlicher Rechte war den Frauen die Teilnahme an formalisierter, institutionalisierter Politik verwehrt, politisches Handeln von Frauen unter diesen Bedingungen fand deshalb außerhalb eines institutionell konzipierten politischen Handlungsraumes statt. Alle diese Frauen wurden zu politischen Akteurinnen innerhalb des kriegsführenden Systems ohne formal über politische Rechte zu verfügen. Kapitel 2 untersucht nun die Erscheinungsformen politischen Handelns unter diesen Bedingungen: den patriotischen Dienst für das Vaterland, die pazifistischen Aktivitäten, die verschiedenen Protestformen wie Lebensmittelunruhen, Streiks und Demonstrationen bis zur Beteiligung der Frauen an den revolutionären Novemberereignissen. Das Kapitel endet mit der Proklamation des Frauenwahlrechtes. Die Revolution hatte formal die Bedingungen politischen Handelns für Frauen radikal verändert, den Frauen eröffneten sich nun andere Formen politischer Repräsentanz und Partizipation. Eine neue Zeit sollte beginnen und die Frauen hatten mit dem Frauenstimmrecht die Chance zu einer Mitgestaltung des Staates erhalten. Der Blick richtet sich nun im Kapitel 3 konkret auf die Frauen, die unter den extremen politischen Bedingungen der Revolutionszeit Interesse, Kraft und Mut aufbrachten, sich in der Männerdomäne der Revolutions-Politik zu engagieren. Diesen politischen Akteurinnen wird eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, biographische Portraits versuchen, diesen Frauen ein Gesicht zu geben und ihr politisches Engagement in den revolutionären, turbulenten Monaten der Revolutionszeit einzubetten in ihren Lebenslauf. Da diese Frauen durchwegs konfessionellen, frauenpolitischen, verbandspolitischen oder parteipolitischen Organisationen angehörten, erfolgt eine Gruppierung nach 23

ihrer Zugehörigkeit zu den jeweiligen Frauenorganisationen. Diese galten den Frauen als ideeller Orientierungsrahmen, deshalb wird die jeweilige Organisationsgeschichte wie auch das zugrunde liegende Emanzipationsverständnis dargestellt, bevor exemplarisch einzelne Kurzportraits folgen. Die Frauenorganisationen dienten gleichsam als weltanschauliches und frauenpolitisches Bezugssystem, das den organisierten Frauen unterschiedliche Vorstellungen von dem Bild der Frau und deren familiären oder gesellschaftlichen Wirkungskreis lieferte. Frauenpolitische Leitbilder und Grundpositionen waren entstanden, doch die Ereignisse der Revolutionszeit hatten die Frauenorganisationen mit dem Frauenstimmrecht vor eine völlig neue Situation gestellt. Kapitel 4 untersucht auf einer theoretischen Ebene die in den Verbandsorganen geführten politischen Diskurse, die in den entscheidenden Revolutionsmonaten geführt wurden. Das Augenmerk richtet sich dabei auf politische Positionen, Konzeptionen und Visionen, die in den jeweiligen Frauenorganisationen entwickelt wurden. Über diese politischen Leitbilder soll das politische Orientierungssystem erfasst werden, das möglicherweise zur Richtschnur für das politische Handeln der Akteurinnen wurde. Nach der Erfassung dieser theoretisch-politischen Ebene wendet sich Kapitel 5 dem Handlungsaspekt zu durch eine Untersuchung der verschiedenen weiblichen Aktionsformen mit politischer Ausrichtung. Diese Aktionsformen werden unterschiedlichen Handlungsräumen zugeordnet, wobei sich die Hauptunterscheidung zwischen institutionalisierten und nicht institutionalisierten Handlungsräumen als am tragfähigsten erwies. In diesem systematischen Rahmen werden dann die verschiedenen politischen Partizipations- und Handlungsformen während der bayerischen Revolution 1918/19 untersucht. Im institutionalisierten Handlungsraum (Kapitel 5.1) wendet sich der Blick den Wahlen zu, der politischen Arbeit in räte- oder parteipolitischen Parlamenten im provisorischen Nationalrat, dem Engagement auf dem Rätekongress und im Bayerischen Landtag und der politischen Mitarbeit der Frauen in Kommissionen und Ausschüssen. In Kapitel 5.2 werden politische Aktionsformen untersucht, die dem Bereich nicht institutionalisierter Formen angehören wie z.B. die Kontakte der Bürgerinnen zu politischen Insitutionen und Personen, ihre Mithilfe in bürokratischen Organisationen des Rätesystems, die Teilnahme an Demonstrationen bis hin zu der Beteiligung der Frauen an den Kämpfen im April und Mai 1919. Inhaltliche Aspekte ihrer politischen Aktionen stehen im Vordergrund, unterschiedliche geschlechterspezifische Kooperationsformen und Blockierungen sollen aufgespürt und analysiert werden. Der Blick richtet sich dabei auch auf die unbedeutend erscheinenden Details, die hinter den großen Strukturen der Revolutionsgeschichte

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verborgen sind. Diese Einzelheiten sollen zusammen als kleine Mosaiksteinchen ein Gesamtbild des politischen Beitrags der Frauen in der bayerischen Revolutionszeit ergeben. Kapitel 6 schließt diese Arbeit mit der Frage nach der Bedeutung der Revolution für die Gleichberechtigung der Frauen ab. Es soll geklärt werden, inwieweit mit der formalen politischen Gleichstellung der Frauen ein emanzipatorischer Durchbruch in der Geschlechterfrage erzielt wurde.

1.5 Forschungsstand und Quellenlage Schon mit dem Ausbruch der deutschen Revolution von 1918/19 setzten historische Bewertungen von Zeitzeugen ein. Umfangreiche Arbeiten entstanden aus zeitgenössischer Sicht,78 gefolgt von wissenschaftlichen Darstellungen nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1989.79 Mit einer ungebremsten Dynamik wurden die unterschiedlichsten inhaltlichen Schwerpunkte aufgearbeitet: die Rolle der Arbeiterräte, des Militärs, der Sozialdemokratie, des Bürgertums oder der Kirchen. Politische Aktivitäten der Frauen während der Revolution gerieten dabei nicht oder nur marginal in das wissenschaftliche Blickfeld. Die Dissertation von Peter Kuhlbrodt hatte 1981 erstmalig auch die Beteiligung der Frauen an der Novemberrevolution in Deutschland aufgearbeitet und sich dabei auf die Rolle der proletarischen Frauenbewegung konzentriert.80 Kuhlbrodt wies mit seiner profunden und akribischen Quellenauswertung eine rege Beteiligung der Frauen bei Streiks und Demonstrationen nach, zeigte deren Teilnahme bei den Kämpfen zur Sicherung der Revolution, untersuchte die Repräsentanz der Frauen im Rätesystem. Sein wissenschaftlicher Blick richtete sich auch nach Bayern, hier widmete er sich vor allem den politisch aktiven Frauen während der Errichtung der Räterepublik in München.81 Doch seine Analysen standen deutlich unter dem Einfluss der kommunistischen Geschichtsschreibung und unterlagen den damit verbundenen typischen Einseitigkeiten. Seit den frühen achtziger Jahren war die Dynamik verloren gegangen, die die Forschung über die Revolution von 1918/19 zwei Jahrzehnte ausgezeichnet hatte.82 Doch in die Zeit der „Enthaltsamkeit der professionellen Historiker hinsichtlich der Novemberrevolution 1918/19“83 fielen wissenschaftliche Darstellungen, die sich mit den „Ausnahme-Frauen“ in der deutschen Revolution 1918/19 beschäftigten. Es entstanden biographische Arbeiten zu Rosa Luxemburg84, Clara Zetkin85 und Helene Stöcker.86 Im Sommersemester 1993 hatte Helga Grebing ein Kolloquium „Frauen in der deutschen Revolution 1918/19“ an der Ruhr-Universität Bochum veranstaltet, Frauen- und RevolutionsforscherInnen hatten sich diesem „neuen“ Thema 25

gewidmet. Aus einem Vortrag, den Helga Grebing anlässlich der in der ReichspräsidentFriedrich-Ebert-Gedenkstätte präsentierten Ausstellung „Die deutsche Revolution 1918/19“ am 1.12.1993 in der Universität Heidelberg gehalten hatte, entstand ein Aufsatz als erweiterte Fassung dieses Vortrags, der sich mit den Frauen in der deutschen Revolution 1918/19 beschäftigte.87 Von den hier erwähnten deutschen Frauen fanden lediglich die beiden bayerischen Protagonistinnen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann eine kurze Erwähnung.88 Anja Weberling ging in ihrer Arbeit „Zwischen Räten und Parteien“ der Frage nach, inwieweit sich die Frauen „zwischen einem rein parteipolitischen System einerseits und radikal rätepolitischen Formen andererseits bewegten.“89 Dabei untersuchte sie nicht die reale Beteiligung von Frauen an Räten und Parteien, auf eine entsprechende Archivarbeit wurde deshalb weitgehend verzichtet. Die Arbeit konzentrierte sich vielmehr auf die Frage, wie Frauen aus den verschiedenen Richtungen der Frauenbewegung (BDF, Radikale und die Frauen in der USPD) die verschiedenen politischen Konzeptionen der Revolutionszeit bewerteten. Aus Bayern fanden nur die beiden radikalen Frauenrechtlerinnen Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann Eingang in die Arbeit, denen jedoch eine ausführliche Darstellung ihrer politischen Konzeptionen während der Revolutionszeit gewidmet wurde.90 In das Jahr 2008 fiel der neunzigste Jahrestag der Novemberrevolution, es kam zu einer Art Wiederentdeckung der Revolution von 1918/19, nach „jahrelanger ‚Funkstille’ gab es wieder eine Reihe beachtenswerter Neuerscheinungen,“91 in denen auch Beiträge über Frauen in der Revolutionszeit Eingang fanden. Der Rostocker Historiker Alexander Gallus hatte 2010 einen Sammelband mit dem Titel „Die vergessene Revolution von 1918/19“ herausgegeben, der insgesamt neun Beiträge zu sehr unterschiedlichen Themenfeldern im Kontext der Revolution enthielt.92 In ihrem dort erschienenen Artikel „Das Geschlecht der Revolution – Stimmrecht und Staatsbürgertum 1918/19“ plädierte Kathleen Canning für eine fruchtbare Erneuerung der Revolutionsforschung durch die Erforschung der Gender- und Geschlechtergeschichte: Die Zeit sei reif „für eine Analyse der Bedeutung von Geschlechtern für das Selbstverständnis der Revolutionäre und Republikaner ebenso wie der Vorstellungen einer sexuellen Krise, die die Angst vor der Revolution schürten und in den Auseinandersetzungen um die Dolchstoßlegende unterschwellig präsent waren.“93 In ihrem Beitrag wandte sie sich vor allem dem von der provisorischen Revolutionsregierung verkündeten Wahlrecht für Frauen als Teil eines neu gefassten Bürgerrechtes zu. Damit hob sie den Zusammenhang zwischen Revolution und Frauenstimmrecht hervor, stellte in ihrer kurzen Untersuchung die Frage nach den Partizipationschancen der Frauen im parlamentarischen System wie im Rätesystem in den Vordergrund. In dem ebenfalls 2010 erschienenen Sammelband von Heidi und Wolfgang Beutin und Ralph 26

Müller-Beck steuerte Heidi Beutin einen Beitrag zum Thema Frauen und Novemberrevolution bei: „’Das waren Wintermonate voller Arbeit, Hoffen und Glück...’ Novemberrevolution und Frauenbefreiung – Frauen und die Novemberrevolution.“ Heidi Beutin stellte dabei die Frage „Was brachte der 9. November den Frauen?“ an den Anfang ihres knapp zwanzigseitigen Aufsatzes.94 Heidi Beutin suchte den Zugang zu dieser Frage über die Perspektive von drei äußerst verschiedenen „Ausnahmefrauen“95: Die Umbrüche in der Bewertung der Schriftstellerin Ricarda Huch, die in München zur unbeabsichtigten Beobachterin der Novemberrevolution wurde; Rosa Luxemburg, die im Kampf für die Revolution als „Märtyrerin“ ihr Leben gab; Toni Sender und ihr Kampf für die Rechte der Frauen in den Betriebsräten. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Frauen im Rahmen der deutschen Revolution 1918/19 hatte somit erst in den 1990er Jahren begonnen, Frauen aus Bayern wurden in diesen Werken kaum Beachtung geschenkt. Ähnliches gilt jedoch auch, wenn man gezielt die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Bayerischen Revolution betrachtet. Auch hier war die Bayerische Novemberrevolution 1918/19 schon seit ihrem Ausklang in den Fokus der Revolutionsforschung geraten. Der bisher entstandene immense Umfang an Forschungsliteratur begründete sich teilweise damit, dass die Bayerische Novemberrevolution und die Münchener Räterepublik samt ihrem Niedergang auch in der Forschung über die Ursprünge des Nationalsozialismus einen zentralen Stellenwert besaßen. Gesellschaftsgeschichtliche Ansätze wie die von Wehler96 und Winkler97 suchten hier nach Kontinuitäten in der deutschen Geschichte. Bereits im Jahr ihrer Entstehung und Niederschlagung der bayerischen Revolution entstanden eine Reihe von Büchern, die sich mit dem Geschehen auseinandersetzten. So sei hier auf die Darstellung des Münchner Stadtrates Max Gerstl98 verwiesen, der wesentliche Dokumente dieser Zeit veröffentlichte, die sich jedoch vorwiegend auf München bezogen. Von Bedeutung ist auch die zeitgenössische Literatur, die von den Protagonisten der bayerischen Revolution verfasst wurde.99 In diesen Werken führen die Frauen nur ein Schattendasein, lediglich in Randbemerkungen tauchen sie in diesen Memoiren auf. Auch in den von Frauen verfassten zeitgenössischen Werken richtete sich der Blick nur auf das Revolutionsgeschehen und das politische Wirken ihrer Ehemänner, so in der von Rosa Leviné, Ehefrau von Eugen Leviné, 1925 erschienenen Darstellung der Münchner Rätezeit,100 oder Kreszentia Mühsams Nachzeichnung des „Leidensweg“ ihres Ehemanns Erich Mühsam 1935.101 In den fünfziger und sechziger Jahre entstand eine Anzahl grundlegender Untersuchungen zur bayerischen Revolution. Karl-Ludwig Ay schrieb 1968 eines der Standardwerke zur Entstehung der bayerischen 27

Revolution. Bedeutsam für dieses Thema ist es vor allem deshalb, da sich dieses Werk auch den Aktivitäten der Frauen in der vorrevolutionären Zeit widmet, und sogar zu dem Schluss kommt, „daß insgesamt wohl mehr Frauen an den Unruhen der Kriegsjahre aktiv beteiligt waren als Männer.“102 Ebenfalls zu den grundlegenden Darstellungen aus dieser Zeit gehörte die Gesamtdarstellung der bayerischen Revolution von dem US-Amerikaner Allan Mitchell103 sowie der von Karl Bosl 1969 editierte Sammelband mit Aufsätzen über Entstehung und Verlauf der bayerischen Revolution.104 Ereignisverlauf und strukturelle Aspekte standen dabei im Mittelpunkt, das wissenschaftliche Interesse war auf die männlichen Protagonisten fokussiert. Die kommunistische Geschichtsschreibung, die sich mit der bayerischen Novemberrevolution beschäftigte, setzte mit den Arbeiten von Hans Beyer bereits Mitte der fünfziger Jahre ein, eine überarbeitete Zusammenfassung wurde 1982 veröffentlicht,105 auch hier finden sich keine Hinweise auf politische Frauenaktivitäten in der Revolutionszeit, dagegen verweist er auf die Bedeutung der sexuell motivierten Antirätekampagne zur Mobilisierung gegen die Rätemacht.106 In den Untersuchungen von Otto Kögl und Paul Frölich finden sich einige Frauen, die in die Revolutionskämpfe verstrickt waren.107 Seit den siebziger Jahren erlebten dann Lokaluntersuchungen über die bayerische Revolutionszeit 1918/19 einen ungeahnten Aufschwung. Besonders erwähnenswert ist dabei die Arbeit von Klaus-Dieter Schwarz über den Weltkrieg und die Revolution in Nürnberg, da hier auch die vielfältigen Frauenaktivitäten am Vorabend der Revolution und auch in der Revolution eine breitere Darstellung fanden.108 In den 1980er Jahren entstanden weitere Regionalstudien, die sich vor allem mit der Räteherrschaft in den einzelnen bayerischen Regionen beschäftigten, doch auch hier standen nicht die Frauen im Mittelpunkt des Forschungsinteresses und fanden deshalb wenig bis gar keine Beachtung.109 1989 erschien die von Michael Seligmann vorgelegte Dissertation „Aufstand der Räte.“110 Auf Grund seines gesammelten Quellenmaterials entwarf er ein detailliertes Gesamtbild der bayerischen Räterepublik-Bewegung, sein inhaltlicher Schwerpunkt war die erste Räterepublik. In seiner Arbeit entdeckte Seligmann manche Frauen, die in den revolutionären Kommissionen oder in den Arbeiterräten tätig waren. Doch in der ganzen Bandbreite der historischen Ereignisse stehen auch in dieser Arbeit die politisch agierenden Männer im Vordergrund. Georg Köglmeier hatte sich 2001 in seiner Dissertation akribisch mit den zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19 beschäftigt.111 Sein Augenmerk richtete sich dabei auf die Entwicklung, die Organisationsstruktur, die Funktion und die Personalstruktur. Dabei gerieten auch Frauen in sein Blickfeld, er hatte insgesamt elf Frauen in Räteorganisationen nachgewiesen und namentlich benannt.112 Köglmeier ging in seiner Studie über die zentralen Rätegremien in Bayern von 388 Personen aus, deren Zugehö28

rigkeit zu Gremien als sicher gilt,113 auf dieser Grundlage hatte er eine Frauenquote von 2,8 % errechnet.114 Im Jahre 1989 erschien unter dem Titel „Brotmarken und rote Fahnen“ von Christiane Sternsdorf-Hauk die erste Darstellung, die sich explizit mit den Frauen in der bayerischen Revolution und Räterepublik 1918/19 beschäftigte, 2008 folgte eine überarbeitete und ergänzte Neuauflage.115 Nach einer kurzen Vorgeschichte über die Situation der Frauen im Ersten Weltkrieg und einem ebenso knappen historischen Überblick über die Ereignisse in München und Bayern zwischen November 1918 und Mai 1919 zeichnete sie das „Engagement von Frauen in Wort und Tat“ während der bayerischen Revolution nach.116 Neben einschlägiger Sekundärliteratur wurden auch einige Akten aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv und dem Staatsarchiv München verwendet und es entstand eine populärwissenschaftliche Darstellung über das politische Engagement von Frauen in der Bayerischen Novemberrevolution und der Räterepublik. Sternsdorf-Hauck bot mit ihrer Untersuchung eine wertvolle Starthilfe für diese Arbeit. Doch sind in ihrer Arbeit die weiblichen Akteure der Bayerischen Novemberrevolution mit ihren Aktionen und Motivationen auf ihr „revolutionäres“ Engagement ausgerichtet, politisches Handeln außerhalb rätepolitischer Institutionen fand kaum Eingang in diese Arbeit. Auf den Ergebnissen von Christiane Sternsdorf-Hauck aufbauend veröffentlichte Michaela Karl 2004 in einem Sammelband „Die rote Republik“ ihren Aufsatz „So viel habe ich diesmal gelernt, dass ich bei einer Revolution mit Weibern nichts mehr zu tun haben will.“117 Michaela Karl ging dabei nicht wesentlich über den Erkenntnisstand von Sternsdorff-Hauck hinaus. 2008 erschien von Michaela Karl „Die Münchener Räterepublik,“118 eine Arbeit, die auf das Wirken der an der Revolution beteiligten historischen Personen ausgerichtet war. Mit ihrem biographisch motivierten Forschungsansatz verfasste sie zwölf Portraits von wichtigen Persönlichkeiten, die Einfluss auf den Verlauf der bayerischen Revolution genommen haben, darunter auch ein Portrait von Anita Augspurg. In den 1990er Jahren entstanden über einzelne Frauen, die in der bayerischen Revolutionszeit eine Rolle gespielt haben, Biographien, so z. B. von Rosa Aschenbrenner119, Antonie Pfülf120 oder Anita Augspurg.121 Von Ellen Ammann, eine der acht ersten Politikerinnen des Bayerischen Landtags, liegen ebenfalls mehrere Biographien vor, die jedoch deutlich früher entstanden sind.122 Der neunzigste Jahrestag der Novemberrevolution hatte auch und vor allem in Bayern eine bedeutende Anzahl von Ausstellungen, Konferenzen und Vortragsreihen zur Folge. Die Kette von unterschiedlichen Ereignissen vom 31. Oktober 2008 bis zum 2. Mai 2009 umfasste nicht nur Beiträge mit umfassenden und allgemeinen Themen, sondern auch solche mit speziellem 29

Inhalt, die bislang wenig oder gar nicht beleuchtete Vorkommnisse ins Licht der Betrachtung rückten. Am 27. Februar 2009 erinnerte die Ausstellung „Frauen in der Räterevolution“ mit Proklamationen und Wahlplakaten an den politischen Aufbruch der Frauen 1918/19.123 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass zwar die Revolution 1918/19 immer noch zu einem wichtigen Forschungsfeld der Geschichtsschreibung gehört, dass aber die Beteiligung von Frauen an diesem Ereignis in der traditionellen Geschichtsforschung nicht ausreichend thematisiert und analysiert wurde. Erst in den letzten Jahren zeigten sich Ansätze eines neuen Erkenntnisinteresses. Während die Frauen in der deutschen Revolution 1918/19 in den letzten zehn Jahren ein zunehmendes Forschungsinteresse weckten, ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Frauen in der bayerischen Revolution 1918/19 auf nur wenige Arbeiten beschränkt. Die Revolution 1918/19 wurde auch kaum in Darstellungen integriert, die sich mit der Entwicklung der deutschen Frauenbewegung beschäftigten. Zwar ist im Zuge der historischen Frauenforschung eine beträchtliche Anzahl von Abhandlungen entstanden, die sich vorrangig auf die Geschichte der verschiedenen Frauenorganisationen, sowohl der gemäßigtbürgerlichen wie auch der proletarischen Frauenbewegung konzentrierte.124 Doch die Revolution im Zusammenhang mit den Frauenbewegungen wird kaum thematisiert, aus der Zeitspanne des Revolutionsgeschehens wird meist nur das Frauenwahlrecht herausgegriffen. Seit den 1980er Jahren hatte sich zwar die Frauenforschung der modernen deutschen Geschichte zugewandt und dabei ein breites Verständnis von Politik, das weit über Parteien und Parlamente hinausreichte und Proteste sowie außerparlamentarische Bewegungen einschloss, entwickelt.125 Mit dieser Perspektive ging nun auch in der deutschen Geschichte eine Zuwendung zu neuen Gegenständen und Fragestellungen einher. Traditionelle Themenfelder der Geschichtswissenschaft wie Nation und Nationalismus, Militär und Krieg, Kolonialismus, Politik und Protest oder Staatsbürgerschaft wurden nun aus einer frauen- und geschlechtergeschichtlichen Perspektive einer erneuten Analyse unterzogen.126 Man wandte sich dem Ersten und Zweiten Weltkrieg zu, doch nicht ausreichend den Anfängen politischer Arbeit während der Revolutionszeit. Keine der in der Sekundärliteratur vorgefundenen Untersuchungen deckt den geplanten Themenbereich dieser Arbeit ab, damit ist eine Suche nach Primärquellen unerlässlich. Zwar ist das archivalische Quellenmaterial zum Thema Novemberrevolution und Räterepublik in Bayern umfassend recherchiert und ausgewertet worden. Doch die frauengeschichtliche Perspektive macht es notwendig, selbst die bereits bekannten Quellen neu zu untersuchen und neue 30

Quellen zu erschließen. Die Suche nach dem „weit größeren Anteil“127 der Frauen an der bayerischen Novemberrevolution machte es notwendig, das öffentliche Gedächtnis, das für den Historiker in den Archiven staatlicher Institutionen liegt, neu zu befragen. Diese Suche führte u.a. in das Hauptstaatsarchiv Bayern, in die jeweiligen Staatsarchive Landshut, Würzburg, Bamberg, Amberg, Nürnberg und München oder auch das Stadtarchiv in München. Staatliche Behörden hatten die Aktivitäten der Frauen bereits während des Ersten Weltkrieges kritisch beobachtet. Das Münchener Innenministerium, das Kriegsministerium oder das Kultusministerium hatten sowohl über die Friedensaktivitäten als auch über die Krawalle und Streiks Akten angelegt, Presseausschnitte gesammelt und manche als revolutionär eingestufte öffentliche Versammlung besucht und darüber berichtet. Auch die Lage- und Stimmungsberichte liefern wertvolle Informationen über die Aktivitäten der Frauen am Vorabend der Revolution. Über die Revolutionszeit existieren Akten über die Arbeiter- und Soldatenräte im Hauptstaatsarchiv München, sowie zahlreiche Akten aus den einzelnen Bezirksämtern der Staatsarchive. Viele dieser Frauen, die in dem revolutionären Zeitabschnitt agierten, wurden auch von der Polizei beobachtet und kamen mit der Polizei in Konflikt, wurden wegen Landfriedensbruch oder sogar Hochverrat verhaftet. So liegen über einige Frauen Polizeiakten und Akten der Staatsanwaltschaften vor. Neben diesen unveröffentlichten Quellen wurde auch auf veröffentlichte Quellen zurückgegriffen in Form von zeitgenössischer Publizistik. So wurden vor allem die verschiedenen Verbandsorgane der bayerischen Frauenorganisationen herangezogen128, ergänzt durch reichsweite Frauenzeitschriften. Darüber hinaus existieren verschriftlichte Augenzeugenberichte, wie z.B. von Gerhard Schmolze129 oder Tankred Dorst.130 Der Quellenband von Hansjörg Viesel ist für dieses Thema von ganz besonderer Bedeutung, wurden doch in den von ihm zusammengetragenen zahlreichen Quellen von Schriftstellern und Künstlern neben aktiv beteiligten Männern auch Frauen sichtbar, die in der bayerischen Revolution agierten.131 Auch in den mentalitätsgeschichtlichen Erinnerungen des Schriftstellers Oskar Maria Graf, der diese Zeit in München selbst erlebt hatte, überrascht die Präsenz von bayerischen Frauen bei Versammlungen, Streiks und Kämpfen.132 Die in diesen Quellen auffällig sichtbar gewordenen „revolutionären“ Frauen stehen in einem verwunderlichen Kontrast zu den meisten historischen Darstellungen, in denen dieser weibliche Beitrag weitgehend fehlte. Ein besonders wichtiges Zeugnis über die Aktivitäten aus dem Kreis der organisierten Frauenbewegung stellen die Memoiren von Lida Gustava Heymann dar, die ein Kapitel der Revolutionszeit 1918/19 widmet.133 Dabei wurden vor allem die Aktivitäten des linken Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung 31

beleuchtet. Das 1972 veröffentlichte Manuskript wurde zwischen 1937 und 1941 mehrfach überarbeitet.134 So authentisch diese Memoiren auch sein mögen, so ist doch der Entstehungszeitpunkt zu berücksichtigen. Im Exil verfügte Heymann weder über ihr umfangreiches Archiv noch konnte sie sich freimachen vom Eindruck des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges.135 Zudem werden bestimmte Themen oder auch manche Mitstreiterinnen gar nicht oder kaum erwähnt.136 Diese Untersuchung arbeitet damit mit einer vielleicht etwas ungewöhnlichen Mischung unterschiedlichen Quellenmaterials, die einer Erklärung bedarf. Gerade wenn weibliche Aktivitäten und Erfahrungen untersucht werden, sollten vermehrt Quellen berücksichtigt werden, die von Frauen stammen, fordert Lerner.137 Neben den autobiographischen Quellen von Frauen stammt jedoch ein Großteil der überlieferten Quellen wie auch der Sekundärliteratur für dieses Thema, aus denen sich Aussagen und Informationen über Frauen und deren Erfahrungen ableiten lassen, von Männern. Mit einer Verwendung ausschließlich behördlicher Akten, verfasst von Männern, bekäme man nur den bürokratischen Aspekt des entsprechenden Zeitraums zu fassen und man verlöre sich zudem im Gestrüpp der Verordnungen. Was die Frauen am Vorabend und in der Revolution betrifft, käme es also zu einseitigen Darstellungen. Darum werden auch –soweit vorhanden – Quellen nichtamtlicher Provenienz herangezogen, wie Tagebuchaufzeichnungen, Briefe, Augenzeugenberichte, Protokollaussagen, die die Stimmung, die Motive und Reaktionen betroffener Frauen auf die politisch-revolutionären Vorgänge beleuchten. Ich versuche daher, die Frauen nach Möglichkeit selbst sprechen zu lassen, aber diese Selbstdarstellungen sollen auch durch andere Quellen ergänzt werden. Gerade durch die unterschiedlichen, subjektiven Perspektiven ergeben sich Möglichkeiten der Objektivierung. Nach dem sie daraufhin überprüft werden, wie gut sie historische Erfahrungen erschließen können, ermöglichen sie „inhaltlich eine Ausdehnung und Vertiefung des Erfahrungsbezuges.“138

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2 Die Politisierung der Frauen während des Ersten Weltkrieges bis zur Proklamation des Frauenstimmrechts Der von Kaiser Wilhelm II. ausgerufene Burgfrieden, „durch dick und dünn, durch Not und Tod zu gehen,“139 sollte einen Zusammenhalt innerhalb des deutschen Volkes begründen, in den auch Frauen einbezogen wurden. Frauen an der Heimatfront galt ein gesteigertes Interesse des Staates. Man erwartete von Frauen ein staatsbürgerliches Bewusstsein, ihr Verhältnis zum Staat sollte getragen sein von einem Gefühl patriotischer Pflichterfüllung. Den Frauen kam die Aufgabe zu, über eine kriegsgemäße Volksernährung ihren „Kriegsdienst im Haushalt“140 zu leisten und „im Schützengraben der Arbeit“141 kriegswichtige Leistungen zu erbringen. Doch die Reaktionen auf diese Forderungen schwankten zwischen politischer Anpassung und Widerstand. Unter dem Motto „Einreihen und dem Vaterland dienen“142 vollzog die Mehrheit der bürgerlich und sozialdemokratisch organisierten Frauen eine Integration in die kommunalen und militärisch-staatlichen Verwaltungsstrukturen und sah in der Unterstützung der Kriegsanstrengung ihre wichtigste Aufgabe. Mit dem „Geist von 1914“, der nationale Einheitssehnsüchte freilegte, waren auch Hoffnungen auf eine umfassende Welterneuerung verbunden,143 und so hofften bürgerliche wie sozialdemokratische Frauen auf die Entstehung einer aus dem Krieg geborenen neuen Gesellschaftsordnung.144 Aber auch diejenigen, die sich aus unterschiedlichen Beweggründen gegen den Krieg wandten, agierten im politischen Bereich. Sie entzogen sich den staatlichen Imperativen, äußerten ihre Kritik am Krieg und der Notlage, die dieser hervorgebracht hatte. Frauen, die sich jedoch gegen das kriegsführende System stellten, sei es durch pazifistische Aktivitäten oder durch ihre Beteiligung an Krawallen und Streiks, forderten den Staat heraus, leisteten politischen Widerstand. Dieser politische Protest enthielt gegen Kriegsende ein zunehmend revolutionäres Potential, das seine Fortsetzung fand in der Beteiligung der Frauen am Ausbruch der Novemberrevolution. Frauen wurden zu politischen Akteurinnen innerhalb des politischen Systems, ohne formal über politische Rechte zu verfügen. Politisches Handeln fand deshalb außerhalb eines institutionell konzipierten politischen Handlungsraumes statt. In diesem Kapitel werden die unterschiedlichen Erscheinungsformen eines politischen Engagements von Frauen untersucht und die damit verbundenen Motive und Zielsetzungen politischen Handelns. Im Dienst für das Vaterland, in den pazifistischen Aktivitäten, in der Beteiligung an Demonstrationen und Streiks bis zur Teilnahme an den revolutionären Ereignissen im November 1918 drückte sich ein neues politisches Bewusstsein aus. Das Kapitel endet mit dem neuen staatsbürgerlichen 33

Status, den die Frauen durch die Revolution erhalten hatten und ihnen neue, bislang verschlossene Handlungsräume öffnete. 2. 1 Im Dienst für das Vaterland Die gemäßigt-bürgerliche Frauenbewegung wie auch eine Mehrheit der proletarischen Frauenbewegung unterstützte die Kriegspolitik von Kriegsbeginn an. Der 1894 gegründete „Bund Deutscher Frauenvereine“145 (BDF) zeigte in den Augusttagen 1914 klar seine vaterländische Gesinnung. Als sichtbares Zeichen dieser patriotischen Gesinnung entstand wenige Tage nach Kriegsbeginn der Nationale Frauendienst, gegründet als eine „Kriegsorganisation, die Frauen aller Parteien und Konfessionen umschloß, die alle schon irgendwie in sozialer Arbeit geschulten Kräfte zusammenfaßte.“146 Auch die bisher dem BDF nicht angeschlossenen Verbände wie der Katholische Frauenbund, eine große Anzahl kirchlicher Frauenvereine protestantischer Prägung sowie die Vaterländischen Frauenvereine zeigten ihre Kooperationsbereitschaft.147 Selbst die sozialdemokratischen Frauen erklärten sich zur Mitarbeit bereit.148 Der aus verschiedensten Frauenorganisationen bestehende „Nationale Frauendienst“ wurde mit Zustimmung und Förderung der Staatsbehörden tätig. Als „soziales Heer“149 gliederten sich die Frauenvereine jeder Stadt in die bestehende öffentliche Kriegsfürsorge ein. Die „greifbare gegenwärtige Not“ gab dem Nationalen Frauendienst die sozialen Aufgabengebiete vor: Versorgung der Kriegerfamilien, Arbeitsvermittlung und Arbeitsbeschaffung für Frauen und weibliche Hilfskräfte, Bekämpfung der Flüchtlingsnot, Erhaltung einer gleichmäßigen Lebensmittelversorgung.150 In Bayern arbeiteten die Frauen im Sinne des Nationalen Frauendienstes bei der kommunalen Fürsorge mit, um die durch den Krieg entstandenen Probleme zu bewältigen. Vaterländische Frauenvereine vom Roten Kreuz, konfessionelle Frauenverbände und vor allem der Hauptverband bayerischer Frauenvereine, seit 1909 mit weit mehr als 20 000 Mitgliedern einer der stärksten Verbände im BDF, arbeiteten nun gemeinsam in der Wohlfahrtspflege.151 Doch die Organisation der sozialen Kriegshilfe der Frauen unterschied sich in Bayern deutlich von der des „Nationalen Frauendienstes.“ Fast überall in Bayern war das Bestreben der Behörden darauf ausgerichtet, möglichst wenig Zersplitterung zuzulassen, damit wurden die Frauenvereine neben ihrer ehrenamtlich organisierten Kriegshilfe Teil der städtischen Kriegsfürsorge und arbeiteten nicht als selbständiges Ganzes.152 Diese Mitarbeit erfolgte meist ohne größere Mitspracherechte.

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In Bayern hatten sich – anders als im Reich – die sozialdemokratischen Frauenvereine weitgehend zurückgehalten. In München waren sie gar nicht an der Kriegsfürsorge beteiligt,153 in einigen Städten unterstützten lediglich einzelne Sozialdemokratinnen die Kriegsfürsorge.154 In München engagierten sich neben dem Bayerischen Frauenverein vom Roten Kreuz vor allem Ellen Ammann, Vorsitzende des Katholischen Frauenbundes, und Luise Kiesselbach, Vorsitzende des Hauptverbandes bayerischer Frauenvereine, in enger Zusammenarbeit mit den evangelischen und jüdischen Frauenvereinen in der sozialen Kriegshilfe.155 Ein Komitee aus verschiedenen Frauenvereinen und -organisationen wurde gebildet und ordnete sich in den kommunalen Wohlfahrtsausschuss ein. Eine Frau war im Vorstand des Wohlfahrtsausschusses, es gab Frauen als Sachverständige in Lebensmittelkommissionen, Frauen in Bezirksausschüssen, im Mieteinigungsamt, bei den Fürsorgestellen, der Kriegswitwen- und Waisenfürsorge und der Versorgungsstelle für Flüchtlinge.156 Doch die Entscheidungen in all diesen verschiedenen Gremien waren Männern vorbehalten.157 In Regensburg organisierte vor allem der „Verein für Fraueninteressen“ unter der Flagge des Roten Kreuzes die sogenannte Kriegsarbeit, bürgerliche und konfessionelle Frauenvereine arbeiteten in der kommunalen Kriegsfürsorge mit, wobei der größte Teil der Arbeit von Frauen geleistet wurde.158 In Nürnberg stellte sich der Verein „Frauenwohl“ in den Dienst der Kriegsführung159, die Frauen entwickelten hier ihre ehrenamtlichen Aktivitäten in der Kriegsvolksküche oder im Kleidersammellager, daneben waren sie in die städtischen Fürsorgeorganisationen eingebunden und im Hauptausschuss und den Bezirksausschüssen mit je einer Frau stimmberechtigt.160 In Augsburg nahm der Frauenverein vom Roten Kreuz die Kriegsfürsorge in die Hand, etwa 100 bis 150 in der Fürsorge arbeitende Frauen hatten sich als „Vereinigte Frauenvereine“ dem städtischen Kriegsfürsorgeamt angeschlossen.161 Auch der Bayerische Lehrerinnenverein half im Rahmen des Nationalen Frauendienstes in der Kriegsfürsorge mit. Die Lehrerinnen leisteten eine tatkräftige Unterstützung in den Ortsausschüssen für Kriegsfürsorge, übernahmen die Leitung von Büroarbeiten, verrichteten Schreibhilfe, halfen bei der Ermittlung der Verhältnisse von Unterstützungssuchenden, arbeiteten in Kinderheimen, Horten, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Einrichtungen und Ämtern.162 Das soziale Engagement der Frauenbewegung im Rahmen der Kriegsfürsorge war beträchtlich, doch angesichts einer zunehmenden Verschlechterung der Lebenssituation nur ein Trop35

fen auf dem heißen Stein. So stieg die Bereitschaft zu Protesten und Krawallen unter den notleidenden Frauen aus dem Volk seit 1916 zunehmend, so dass eine dauernde Einwirkung insbesondere auf die Hausfrauen „den Entschluß zum Durchhalten“ stärken sollte.163 Personen, die das Vertrauen der Bevölkerung besaßen, sollten durch Aussprachen, öffentliche Vorträge oder Verteilung von Propagandaschriften zur „Stärkung des Volksgewissens“ beitragen.164 Am 28. Juni 1917 lud der bayerische Innenminister v. Brettreich die größeren bayerischen Frauenverbände zu einer Konferenz am 3. Juli 1917 ein, um sie zu ersuchen, auf eine bessere Aufklärung der städtischen Verbraucher und besonders der städtischen Hausfrauen hinzuwirken.165 Für den 7. September 1917 berief der Innenminister einen „Beirat für Fragen der Volksaufklärung im Staatsministerium des Innern“ ein, dem neben Vertretern der Arbeitervereine, Bauernvereine, Bürgervereine, Lehrervereine auch Vertreterinnen für Fraueninteressen angehörten.166 Gegen die sich ausweitenden Verelendungsprozesse und eine zunehmende Unzufriedenheit unter den Arbeiterfrauen setzte man nun verstärkt vaterländische Phrasen, Sparappellen und Durchhalteparolen ein, bei Spendenaktionen appellierte man an das patriotische Ehrgefühl der Frauen.167 Mit ihrer fast bedingungslosen Loyalität waren die Frauen der bürgerlichen und konfessionellen Frauenbewegung nicht nur „Samariterinnen“, sie unterstützten aktiv den kriegsführenden Staat und vermieden jede Kritik, die die Legitimität des Staates untergraben hätte. Aus den „mütterlichen Frauen“ der Sozialarbeit wurden politische Akteurinnen, die dabei mitwirkten, den Burgfrieden an der Heimatfront zu erhalten. Der Nationale Frauendienst wurde zum politischen Aktionsfeld, in dem ein loyales Pflichtbewusstsein der Frauen gegenüber dem Staat sichtbar wurde. Diese soziale Kriegsfürsorge, die in der Tradition der alten Wohlfahrtspflege vor dem Kriege stand, wurde ab 1917 reichweit modifiziert und weiter ausgebaut. Beim Kriegsamt (Stab) wurde eine eigene Frauenarbeitszentrale (FAZ) gegründet, der sämtliche im Zusammenhang mit der Frauenarbeit in der Rüstungsindustrie entstehenden Fürsorgeaufgaben unterstanden.168 Die oberste Aufgabe war jedoch die Mobilisierung der Frauen für die Kriegswirtschaft,169 es galt „mit größter Beschleunigung alles Erforderliche einzuleiten, um auf allen Arbeitsgebieten Männer durch Frauen zu ersetzen.“170 Die Verschiebung der Frauenarbeit auf Männerarbeitsplätze bedeutete jedoch schwerste Belastungen für die dort eingesetzten Frauen.171 Deshalb mussten „von vornherein die fürsorgerischen Maßnahmen einen breiten Raum einnehmen, da sie eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Aufgabe waren.“172 Doch für die oberste Heerleitung hatte die soziale Fürsorge eine untergeordnete Bedeutung.173 36

Basierend auf der gleichen Grundidee wurde am 17. Januar 1917 im Kriegsamt des Bayerischen Kriegsministerium ein Referat Frauenarbeit eingerichtet, dessen Leitung Dr. Gertrud Wolf übertragen wurde.174 Ausgehend von den einzelnen Kriegsamtsstellen München, Nürnberg, Würzburg und Ludwigshafen wurden weitere Unterabteilungen geschaffen, geleitet von Frauen, die über genügend volkswirtschaftliche und staatsbürgerliche Kenntnisse sowie Erfahrungen in Wohlfahrtsfragen verfügen mussten.175 Von diesen Mitarbeiterinnen erwartete man völlige Unparteilichkeit gegenüber ihren eigenen Frauenorganisationen und Zurückhaltung in allen Fragen, die nicht zu ihren vorgeschriebenen Aufgabenbereichen gehörten.176 Hauptaufgabe war auch in Bayern die Bearbeitung des weiblichen Arbeitsmarktes durch die Gewinnung und kriegswichtige Verwendung weiblicher Arbeitskräfte.177 Da die Industriearbeit für die Frauen jedoch keineswegs in gutem Ruf und Ansehen stand, war der Abbau dieses Negativbildes eine der vordringlichen Aufgaben der Referate für Frauenarbeit. Durch Appelle an den Patriotismus sollten Frauen für die Rüstungsindustrie gewonnen werden, die Tätigkeit in den Fabriken wurde als ehrenvoller Dienst am Vaterland propagiert, ebenso ehrenvoll wie die Auseinandersetzung mit dem Feind. Die Mitarbeiterinnen der bayerischen Referate Frauenarbeit übernahmen diese oberste Zielsetzung, die sich aus den kriegswirtschaftlichen Erfordernissen ableitete. Es ging um die Zunahme der verfügbaren weiblichen Arbeitskräfte, die Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft sowie die Erhöhung der Arbeitsstetigkeit. Die fürsorgerischen Aufgaben wurden ausschließlich als Mittel zur Erreichung dieser Zielsetzung gesehen und wurden dementsprechend zweitrangig eingesetzt.178 Das bedeutete eine prinzipielle Anerkennung staatlicher Interessen. Frauen, die sich in diesen Positionen befanden, übernahmen damit kritiklos die militärischen Direktiven zu Steuerung des weiblichen Arbeitsmarktes. Die FAZ/Frauenreferate wurden zu einem Unternehmen zur Förderung der Kriegswirtschaft, sozialpolitische Projekte zum Kriegsprojekt. * * * Die Integration in kommunale, staatliche und militärische Verwaltungsstrukturen brachte viele Vertreterinnen der Frauenbewegung in ein neues Verhältnis zum Staat. Die Frauenbewegung war stärker als je zuvor in den staatlich-politischen Bereich einbezogen, sogar an exponierten Positionen. Helene Sumper, Vorsitzende des Bayerischen Lehrerinnenvereins, war führende Beraterin im Kriegs- und im Innenministerium für Fragen der Frauenarbeit im Krieg und für Säuglings- und Kleinkinderschutz.179 Ellen Amman und Marie Zettler vom Katholischen Frauenbund gehörten dem „Beirat für Fragen der Volksaufklärung im Staatsministerium des Innern“ an,180 Frau Dr. Gertrud Wolf war Leiterin des Referats Frauenarbeit im Baye37

rischen Kriegsministerium. Für ihre Verdienste an der Heimatfront erhielten Helene Sumper,181 Luise Kiesselbach und Ellen Ammann182 das „König-Ludwig-Kreuz“ verliehen. Die Frauen erlangten durch ihre staatsbürgerliche Arbeit eine gesellschaftliche Anerkennung, die ihnen bislang in dieser Form verwehrt geblieben war. Die ideologische Kluft zwischen dem Verständnis von politischer Gleichberechtigung einerseits und „geistiger Mütterlichkeit“ andererseits schien sich zu schließen. Die bürgerlichen Frauen in Bayern hatten in den Kriegsjahren ihre Fürsorgetätigkeit an der Heimatfront intensiviert und ihrer Meinung nach damit den Beweis ihrer staatsbürgerlichen und gesellschaftlichen Vollwertigkeit erbracht. Mit einem neuen Selbstbewusstsein beanspruchte der Hauptverband bayerischer Frauenvereine im Herbst 1918, kurz vor Ausbruch der Revolution, eine Einbeziehung in die „aktive Gemeindepolitik“, da sie sich in den Kriegsjahren als „objektive und verständnisvolle Mitarbeiterinnen erwiesen haben.“183 In der entsprechenden Petition wurde betont, dass dieser Antrag „kein Sonderprogramm der Frauen zu verfolgen trachtet, sondern nur ihr durch das Gemeinschaftserlebnis des Krieges erwachtes Gemeinschaftsgefühl zu bestätigen strebt.“184 Über die Sozialpolitik wollten die organisierten Frauen des Hauptverbandes Bayerischer Frauenvereine einen Einstieg in neue, erweiterte staatsbürgerliche Rechte zumindest auf Gemeindeebene innerhalb des ihnen vertrauten Staatssystems erreichen.

2.2 Die pazifistischen Aktivitäten Während reichsweit die gemäßigt-bürgerlichen, vaterländischen und konfessionellen Frauenverbände wie auch die Mehrheit der Sozialdemokratinnen ihre vaterländische Pflicht erfüllten und mit der engen Anbindung an das politische System jegliche Kritik einstellten, wandte sich eine kleine Schar von Kriegsgegnerinnen gegen den kriegsführenden Staat. In beiden großen Frauenbewegungen gab es „pazifistische“ Flügel, die sich öffentlich gegen den Krieg und damit gegen das herrschende System wandten. Doch eine Agitation gegen den Krieg wurde unter den Kriegsbedingungen zu einem politischen Akt, der massive staatliche Repressionen zur Folge hatte. Mit der Verhängung des Kriegszustandes über ganz Bayern war die vollziehende Gewalt von den Zivilbehörden auf die Militärbehörden, d.h. die Kommandierenden Generale der drei bayerischen Armeekorps in München, Würzburg und Nürnberg übergegangen.185 Zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit konnten die bayerischen Kommandierenden Generale Vorschriften erlassen, die Grundlage dazu bildete der Artikel 4 Nr. 2 des Kriegszustandsgesetzes, 38

von dem die Militärbefehlshaber im Krieg reichlich Gebrauch machten.186 Unter Berufung auf diesen Paragraphen wurden u.a. auch die Betätigungsverbote für Pazifisten ausgesprochen. Trotz dieser Bedingungen rief eine kleine Zahl von Frauen aus der proletarischen und der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung reichsweit zum Protest gegen den Krieg auf, München wurde zu einem der Zentren weiblicher pazifistischer Agitation.

2.2.1 Die Friedensaktivitäten der proletarischen Frauenbewegung Antimilitarismus war bis 1914 die offizielle Parteidoktrin der Sozialdemokratie gewesen,187 die gerade von den Frauen besonders ernst genommen wurde. Seit die sozialdemokratische Reichstagsfraktion die Kriegskredite bewilligt hatte, war es innerhalb der proletarischen Frauenbewegung zu einer Spaltung gekommen.188 Die Mehrheit der sozialdemokratischen Frauen schwiegen – aus Überzeugung, Disziplin oder um der Einheit der Parteiorganisation willen. Doch die Frauen der proletarischen Frauenbewegung standen keinesfalls geschlossen hinter der von der sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsführung beschlossenen offiziellen Burgfriedenspolitik. Frauen wie Clara Zetkin, Rosa Luxemburg oder Käte Duncker nahmen von Anfang an den Kampf gegen den Krieg auf, damit waren die bedeutendsten Frauen der Sozialdemokratie von der offiziellen Parteilinie abgewichen.189 Anfang 1915 begann Zetkin, ähnlich wie Rosa Luxemburg, gezielt Massenaktionen gegen den Krieg in die Wege zu leiten.190 Auf dem von ihr organisierten Sozialistischen Frauenkongress in Bern, der vom 26. bis 28. März 1915 stattfand, setzte sie eine Resolution durch, die als programmatischer Aufruf an die „Frauen des arbeitenden Volkes“ die Grundlage für Massenaktionen bilden sollte. Die Friedenslosung „Nieder mit dem Krieg“ wurde eingebunden in einen sozialistischen Klassenkampf und so hieß es wie ein Schlachtruf am Ende des Manifestes “Nieder mit dem Kapitalismus!“191 Dieses Manifest wurde als Flugblatt in Deutschland gedruckt und bis Ende Juli 1915 verteilten sozialistische Helferinnen 300 000 Exemplare in 100 verschiedenen Orten.192 Auch in Bayern kursierte im April 1915 das Manifest von Clara Zetkin als Flugblatt. Der Text prangerte die kapitalistischen Verwerfungen der Kriegswirtschaft193 an und versprach den „Frauen des arbeitenden Volkes“ einen Frieden durch den Sozialismus: „Der Sozialismus allein ist der künftige Menschheitsfriede! Nieder mit dem Kapitalismus, der dem Reichtum und der Macht der Besitzenden Hekatomben von Menschen opfert. Nieder mit dem Kriege! Durch zum Sozialismus.“194

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Die reichsweite Friedenspropaganda fiel bei den sozialdemokratischen Frauen gerade in München auf fruchtbaren Boden. Hier hatten sich viele sozialdemokratisch organisierte Frauen dem Anschluss an den Nationalen Frauendienst verweigert und ihre bisherige Fürsorgetätigkeit alleine fortgeführt,195 so dass anzunehmen ist, dass die Sozialdemokratinnen in München sich der Parteidisziplin nicht unterwarfen, die den Genossinnen eine Mitarbeit im Nationalen Frauendienst verordnet hatte. Eine regelrechte Flugblattwelle erreichte München an der Jahreswende 1915/16. Obwohl die Herkunft dieser Flugblätter ungeklärt ist, liegt die Vermutung nahe, dass hinter dieser Aktion die sozialdemokratische Frauenbewegung in München stand, da die Orte der Verbreitung nahelegen, dass die Propaganda vor allem auf Frauen aus den unteren Volksschichten gerichtet war. In den ärmsten Gegenden Münchens, in der Au und in Giesing, wurden zu Weihnachten 1915 mit Schreibmaschine verfasste Flugblätter in Wohnungen und Briefkästen geworfen,196 am Unteranger und am städtischen Asyl in der Thalkirchnerstraße wurden ebenfalls Flugzettel verteilt und Plakate angeschlagen.197 Während reichsweit die bürgerlichen und sozialdemokratischen Frauengruppierungen in ihrer Friedensagitation getrennt blieben und ihre ideologischen Differenzen nicht überbrücken konnten, schien sich in München eine gemeinsame Friedensarbeit der sozialdemokratischen und der radikal-bürgerlichen Frauen anzubahnen. Lida Gustava Heymann hatte im November 1915 auf einer sozialdemokratischen Versammlung in München das Wort ergriffen und dazu aufgerufen, “gemeinsam die Friedensforderung zu erheben.“198 Damit sollte die ursprüngliche Zielgruppe der radikal-bürgerlichen Friedensbewegung, die sich bislang vorwiegend an die bürgerlichen Frauen gewandt hatte, auch auf die Frauen aus der Arbeiterschicht ausgedehnt werden. Die sich anbahnende Kooperation zwischen sozialdemokratischen und radikalbürgerlichen Frauen erschien den Behörden aber besonders gefährlich, hatte sich doch bereits bei den einfachen Frauen die Unzufriedenheit über die Belastungen des Kriegsalltags in ersten Protestformen entladen. Bei einer Ausdehnung der Friedenspropaganda „in die breitesten Volkskreise“ befürchtete man weitere Krawalle, von einer Friedensforderung „am Schlusse einer Massenversammlung bis zu einer Straßendemonstration ist nur mehr ein kleiner Schritt.199 Das Kriegsministerium beantragte ein Verbot für L. G. Heymann, auf öffentlichen Versammlungen aufzutreten.200 Ein von der sozialdemokratischen „Agitatorin“ Luise Zietz 1917 verfasstes Flugblatt, in dem sie zur Abhaltung eines Frauentages aufgefordert hatte, wurde beschlagnahmt, die Abhaltung einer „derartigen Versammlung“ verboten.201 Die behördlichen Restriktionen zeigten ihre Wirkung, es ließen sich ab 1917 keine weiteren sozialistischen Friedensaktivitäten mehr nachweisen. Zu diesem Zeitpunkt war auch die radikalbürgerliche Friedensbewegung in München bereits weitgehend kalt gestellt worden. 40

2.2.2 Die Friedensaktivitäten der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung Die radikal-bürgerlichen Frauenrechtlerinnen und Pazifistinnen begannen ebenfalls einige Monate nach dem Kriegsausbruch mit ihrem Kampf gegen den Krieg. Damit setzten die Radikalfeministinnen eine in der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung verankerte pazifistische Grundorientierung fort. Die internationalistisch orientierten Frauen der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung hatten bereits Ende des 19. Jahrhunderts ihr Interesse an der Friedensbewegung bekundet. L.G. Heymann und Anita Augspurg waren Mitglieder der Deutschen Friedensgesellschaft geworden, hatten jedoch die Arbeit in dieser Organisation als „irrational und unzulänglich“ eingeschätzt.202 Die radikal-bürgerliche Frauenbewegung stand dem ethischen Pazifismus von Bertha von Suttner näher203 und hatte bereits früh einen ethischen Pazifismus mit der Forderung nach politischer Gleichberechtigung verknüpft. Doch unter den Kriegsbedingungen erreichte eine Friedensagitation eine neue politische Dimension, sie galt als staatsgefährdend und gefährlich. Friedensappelle wurden von der Presse als „hysterisches Geschrei“ eingestuft, das in „schamloser Weise“ die „Geschlechtszusammengehörigkeit [...] über die nationale“ stelle.204 Bereits im November 1914 hatten Anita Augspurg, L.G. Heymann, Margarethe Selenka, Stora Max und Maria Holma-Ortel in der Zeitschrift für Frauenstimmrecht erste Friedensappelle veröffentlicht,205 im Februar 1915 hatte Heymann einen flammenden Aufruf mit dem Titel „Frauen Europas, wann erschallt Euer Ruf?“ verfasst.206 In einem glühenden Appell warb sie hier für ein internationales Treffen der Frauen unter pazifistischem Vorzeichen.207 Das bayerische Kriegsministerium ordnete seine Beschlagnahme an.208 Doch die Idee einer internationalen Friedensinitiative wurde nicht aufgegeben. Die Niederländerin Aletta Jacobs, unterstützt von einigen deutschen Frauen, unter denen sich die beiden bayerischen Frauenrechtlerinnen A. Augspug und L. G. Heymann befanden, organisierte einen Frauenkongress. Vom 28. April bis zum 1. Mai 1915 tagten 1126 Delegierte209 aus zwölf Ländern in Den Haag. Nach einem eindringlichen Protest gegen den Wahnsinn und die Gräuel des Krieges, der nutzlos Menschenopfer fordere, kam es zur Annahme von 20 Resolutionen.210 Gerade in den Forderungen nach gleichen politischen Rechten für Männer und Frauen drückte sich die Überzeugung aus, mit dem Krieg habe eine ausschließlich von Männern gemachte Politik ihren Bankrott erklärt. Der Krieg, so hieß es im Kongressprogramm, sei die „ultima ratio der Staatsweisheit der Männer“211 – ein dauerhafter Frieden setze die Verleihung gleicher politischer Rechte an die Frauen voraus.212

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„Nationale Frauenausschüsse für einen dauernden Frieden“ (NFDF) wurden in Deutschland unter erheblichen Behinderungen durch die Militärbehörden errichtet,213 deren Hauptaufgabe in der Verbreitung der Haager Resolutionen liegen sollte.214 Der Versuch, die Resolutionen in München drucken zu lassen, scheiterte, das bayerische Kriegsministerium war auf Grund Artikel 4 Absatz II des Kriegszustandsgesetzes eingeschritten und hatte den Druck verboten.215 In den Augen der bayerischen Militärs enthielten die Resolutionen „internationalistisch verschwommene, radikale und utopische Ausführungen und Forderungen,“ von denen „eine Gefährdung des Burgfriedens,“ „heftige polemische Auseinandersetzungen“ und „eine gemeingefährliche Beunruhigung und Aufreizung der Frauenwelt“ zu befürchten seien.216 Die Frauenrechtlerinnen und Pazifistinnen aus Bayern, Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann, waren in dieses reichsweite pazifistische Netzwerk stark eingebunden, doch besondere Friedensaktivitäten entwickelten sie in München. In ihrer gemeinsamen Wohnung in München stellten die beiden Friedensaktivistinnen Flugblätter her, sorgten für deren Verbreitung in München oder in andere Städte über Deckadressen217, standen in Briefkontakt mit anderen Berliner Pazifistinnen wie Thea Mertelmeyer218 oder Clara Zetkin.219 Seit Mitte 1915 hatte sich eine Zusammenarbeit mit der „Deutschen Friedensgesellschaft“ (DFG) bzw. der Münchener Ortsgruppe angebahnt, die unter dem Vorsitz von Professor Dr. Ludwig Quidde stand. Seine Ehefrau Margarete Quidde war gleichfalls Mitglied in pazifistischen Vereinen und galt als die geistige Urheberin mehrerer pazifistischer Arbeiten ihres Mannes.220 Die vom DFG organisierten vierzehntägigen, später dann wöchentlichen Zusammenkünfte im Cafe Heck waren zum Treffpunkt der Münchener Pazifisten geworden, unter den bis zu 50 Personen umfassenden Treffen waren teilweise die Hälfte Frauen.221 Auch Augspurg und Heymann, die seit 1897 der deutschen Friedensgesellschaft angehörten, besuchten regelmäßig diese Versammlungen und meldeten sich häufig zu Wort.222 In diesem Kreis der „Münchner Friedensvereinigung“ müssen auch die Kontakte zu Kurt Eisner entstanden sein. Kurt Eisner gehörte der Deutschen Friedensgesellschaft an und trat als Redner bei diesen Versammlungen auf.223 Es ist anzunehmen, dass sich Eisner und die beiden Pazifistinnen Augspurg und Heymann in diesem Kreis nicht nur kennen, sondern auch schätzen gelernt haben.224 Neben Anita Augspurg und L. G. Heymann fanden sich in München auch weitere Friedenaktivistinnen bei den Zusammenkünften der Deutschen Friedensgesellschaft im Cafe Heck ein. Frau Stora Max war eine der Rednerinnen bei diesen Versammlungen,225 Frau Dr. Lucy Hoesch-Ernst war eine weitere aktive Teilnehmerin.226 Auf der Versammlung der Münchener Friedensvereinigung vom 12.11.1915 hatte sie „durch ihren Radikalismus Aufsehen und Wi42

derspruch erregt.“227 So hatte Dr. Lucy Hoesch- Ernst den Vorschlag gemacht, man solle sich in München an die Frauen der dienenden Klassen wenden, diese aufklären und ermuntern, auf dem Münchener Viktualienmarkt ähnliche Krawalle zu veranstalten wie die Berliner Frauen das im Dezember 1915 getan hätten.228 Bereits im November 1915 hatte das bayerische Kriegsministerium die Aufmerksamkeit des Staatsministeriums des Innern auf die bedenkliche Ausbreitung der pazifistischen Bewegung in München zu lenken versucht.229 Der bayerische Kriegsminister Freiherr von Kreß sah darin eine ernsthafte Gefahr für die Autorität der Regierung und befürchtete einen schädlichen Einfluss auf den Siegeswillen der Truppen und auf die Moral der Bevölkerung.230 Auch der zunehmende Zusammenschluss frauenrechtlicher und pazifistischer Gruppierungen231 wurde vom bayerischen Kriegsministerium mit Sorge beobachtet. Die pazifistische Propaganda war eng verbunden mit der Werbung für politische Gleichberechtigung, doch nicht nur die pazifistische Propaganda wurde als staatsgefährdend eingestuft, auch eine Agitation für das Frauenstimmrecht galt als „schädlich und unzeitgemäß.“232 Ab März 1916 gingen die Militärbehörden massiv gegen die Pazifistinnen vor. Nachdem Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen von Flugblättern und Briefkontrollen die Gefährlichkeit der Pazifistinnen bewiesen hatten, wurden Betätigungsverbote für den NFDF233 und den Bayerischen Verein für Frauenstimmrecht234 ausgesprochen, Anita Augspurg, L.G. Heymann, Margarete Selenka erhielten als Privatpersonen ein Verbot jeder öffentlicher und nichtöffentlicher Werbetätigkeit, „die unmittelbar oder mittelbar pazifistischen Bestrebungen dient,“235 Dr. Lucy Hoesch-Ernst wurde am 3.3.1916 in militärische Sicherheitshaft bei der Polizeidirektion in München genommen.236 Um das „staatsgefährliche Treiben“ von L.G. Heymann endgültig zu unterbinden, wurde sie im März 1917 aus Bayern ausgewiesen.237 Die Militärbehörden registrierten daraufhin beruhigt, „daß seit ihrer Entfernung in Bayern radikale Bestrebungen weiblicher Pazifistinnen nicht mehr wahrgenommen wurden.“238 * * * Die Friedensagitation beider Frauenbewegungen enthielt deutliche politische Komponenten, die weit über eine reine Friedenslosung hinausgingen. Sie zielten vielmehr auf einen angestrebten Wandel der bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ab. Die sozialistischen Frauen in Bayern interpretierten den Ersten Weltkrieg als Folge des internationalen Kapitalismus. Dieser hatte „ohne Rücksicht auf die furchtbaren Opfer des Volkes alles auf eine Karte gesetzt, um sich die Herrschaft in Deutschland und damit dem Kapitalismus die 43

Weltherrschaft zu sichern.“239 Mit ihrer Friedenslosung versuchten sie deshalb nicht nur den Krieg zu beenden, sondern auch dem Sozialismus zum Sieg zu verhelfen, nur so sei ein künftiger Menschheitsfrieden gewährleistet. Die Pazifistinnen aus dem radikal-bürgerlichen Lager strebten einen demokratischen Umbau des Staates an, der über das Frauenwahlrecht den Frauen volle politische Gleichberechtigung bringen sollte. Von der politischen Gleichberechtigung der Frau erhofften sich die beiden Protagonistinnen der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung eine humanere Politik, hatte doch der Ausbruch des Ersten Weltkrieges den Beweis geliefert „daß der durch Gewalt aufgebaute und beherrschte Männerstaat auf der ganzen Linie versagt hat; der Beweis seiner Untauglichkeit wurde wohl noch nie anschaulicher erbracht. Das männliche Prinzip ist zersetzend und wird, wenn fortgeführt, die völlige Vernichtung der Menschheit herbeiführen.“240 In den Resolutionen der Haager Frauenkonferenz, denen sich die radikal-bürgerliche Frauenbewegung verpflichtet sah, wurden klare politische Vorschläge entwickelt, die auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene künftig den Frieden sichern sollten. Eine demokratische Staatsform, politische Gleichberechtigung von Frauen, internationale Einbindung Deutschlands waren wesentliche politische Bausteine, mit denen das alte kaiserliche System umgebaut werden sollte. Mit diesen Vorstellungen rüttelten die Pazifistinnen aus dem radikalbürgerlichen Lager an den Grundfesten der bestehenden staatlichen Ordnung. Welche Wirksamkeit die Anti-Kriegs-Propaganda tatsächlich erreichte, ist schwer einzuschätzen, doch „... es spricht für die relative Wirksamkeit dieser Tätigkeit, daß insgesamt wohl mehr Frauen an den Unruhen der Kriegsjahre aktiv beteiligt waren als Männer“ so das Urteil von KarlLudwig Ay.241

2.3 Frauenproteste Bereits zu Kriegsbeginn hatte sich die patriotische Begeisterung der „Frauen aus dem Volk“ in Grenzen gehalten. Gertrud Bäumer beobachtete eine „bedrohliche Erregung in den proletarischen Frauenkreisen gerade in den allersten Tagen,“ bemerkte das „tiefe Mißtrauen gegen Staat und Militarismus.“242 Lida Gustava Heymann schilderte: „Wo immer wir während der Kriegsjahre mit Frauen aus dem Volke zusammenkamen, Einblicke in ihre seelische Verfassung gewannen, spürten wir nichts von dem in allen Tageszeitungen und sonstigen Schriften gepriesenen frenetischen Kriegsjubel deutscher Frauen.“243 Je länger der Krieg dauerte und je mehr Menschenleben und materielle Opfer er forderte, um so mehr zeigte sich eine Stimmungsänderung. Die Frauen waren immer weniger bereit, die 44

Belastungen des Kriegsalltags klaglos hinzunehmen, eine zunehmende Verbitterung der Frauen über die Lebensmittelsituation entlud sich zunächst in Lebensmittelunruhen. Die von Frauen dominierten Lebensmittelkrawalle waren gleichsam die erste Protestwelle und bereiteten den Boden für die Arbeitskämpfe im betrieblichen Bereich. Neben Forderungen nach Lebensmittel traten nun ab 1917 wirtschaftliche und schließlich auch politische. Vor allem die Arbeiterinnen, die in der Kriegswirtschaft arbeiteten, zeigten sich offen. Aus den proletarischen Arbeiterinnenkreisen formierte sich ein Widerstand zunächst gegen die Arbeitgeber, um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu erreichen. Doch vor dem Hintergrund eines zunehmenden Versorgungsmangels und einer ausgeprägten Kriegsmüdigkeit gelangten immer mehr politische Inhalte in den Forderungskatalog der Streikenden. Dieser barg einen gewaltigen Zündstoff und war gegen den Staat gerichtet, den man für Krieg, Ausbeutung und soziale Verelendung verantwortlich machte. Die Arbeiterinnen schlossen sich in den letzten beiden Kriegsjahren Streiks und Demonstrationen an, die einen eindeutig politischen Charakter entwickelt hatten.

2.3.1 Lebensmittelunruhen Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatte Deutschland gänzlich unvorbereitet in ernsthafte Versorgungsengpässe gestürzt, vor allem die Lebensmittelknappheit wurde bald zu einem ernsthaften Problem.244 Unmut und Verzweiflung über die desolate Lage an der „Heimatfront“ äußerte sich nicht nur in individuellen Verstößen gegen die Rechtsnormen. In kollektiven Aktionen, bei denen meist örtliche Stadtverwaltungen und Lebensmittelgeschäfte bedrängt wurden, versuchten die Frauen reichsweit eine bessere Versorgung zu erzwingen.245 In Bayern war die Ernährungslage während des ganzen Krieges gekennzeichnet durch einen Mangel an Nahrungsmittel, Preissteigerungen, Hamsterei, Wucherei und Schwarzhandel. Die staatlichen Versuche, die Ernährungsmisere in den Griff zu bekommen durch die Festsetzung von Höchstpreisen, Lebensmittelrationierungen oder die Bekämpfung von Schleichhandel und Hamsterei erwiesen sich auch in Bayern als größtenteils unwirksam.246 Mit der Einführung von Brotmarken begann im Februar 1915 die Rationierung von Nahrungsmittel, bald folgten Mehl, Graupen, Grütze, Hülsenfrüchte, Fleisch, Fett, Butter, Margarine, Milch, Eier, Kartoffeln, Kohlrüben, Fische, Zucker und noch zahlreiche andere zum Verzehr geeignete Lebensmittel. Wie viel man aber für die jeweiligen Marken bekam, war von Ort zu Ort verschieden, da die Kommunen für diesen Teilbereich der Kriegsbewirtschaftung zuständig wa45

ren.247 Doch überall blieb die Menge der offiziell zugeteilten Produkte weit hinter dem Mindestbedarf zurück. In Bayern setzten ein halbes Jahr nach Ausbruch des Krieges die ersten Lebensmittelunruhen ein.248 Initiiert und weitgehend getragen von Frauen manifestierte sich ihre Verbitterung in Aktionen, die zunächst gegen die lokalen Verwaltungsbehörden gerichtet waren, von denen sie sich eine verbesserte Versorgung erhofften. Insbesondere im Winter und im Frühjahr, wenn die Nahrungsmittelknappheit am schlimmsten war, traten vermehrt Lebensmittelunruhen auf. Die meisten von diesen Krawallen entstanden aus dem Augenblick heraus. Der Grund der Proteste lag in einer völlig unzureichenden und unzumutbaren Versorgung durch die Kriegswirtschaft, die das Überleben zu einem täglichen Kampf machte. Das spontane und unorganisierte Handeln setzte unmittelbar bei der Alltags- und Lebenssituation der Frauen an. Auslöser waren dabei behördliche Maßnahmen wie z. B. eine weitere Kürzung der Brotration oder der generelle Mangel an Zucker, Butter oder Eiern. Noch traten die Frauen eher als Bittstellerinnen auf, versuchten über Abordnungen bei den staatlichen Amtsträgern eine Verbesserung ihrer Situation zu erreichen.249 Seit Sommer 1916 zeichnete sich jedoch eine zunehmende Radikalisierung der Lebensmittelunruhen ab. Heftigere Krawalle setzten ein, große Menschenansammlungen drückten ihre Verbitterung über die schlechte Versorgungslage aus. Diese Unruhen, bei denen es nun vermehrt zu Belagerungen und Sachbeschädigungen250 und zu einem massiven Widerstand gegen die Staatsgewalt251 kam, wurden weitgehend von Frauen getragen. Doch auch Jugendliche und Soldaten solidarisierten sich zunehmend mit ihnen. Als ein besonderes Beispiel für „das grenzenlos brutale Verhalten der Zusammengerotteten“252 sei der „Weidener Weiberaufstand“ genannt. Bei diesem mehrtägigen Aufruhr Anfang August 1917, hauptsächlich getragen von Frauen, entstand ein Sachschaden von etwa 10 000 Mark und Personenschäden durch Steinwürfe bei mehreren Amtspersonen.253 49 Frauen wurden wegen Landfriedensbruch angeklagt.254 Frauen beteiligten sich zunehmend auch an anderen Tumulten, die nicht unmittelbar die Lebensmittelsituation, für die sich die Frauen besonders verantwortlich fühlten, berührten. Jederlei Anlässe boten Gründe zu Ausschreitungen. Die Behörden erkannten, dass gerade die Missstimmung über den Krieg und seine Begleiterscheinungen ein besonderer Nährboden für die Neigung zu Unruhen sei und zudem die Beziehungen förderte, die sich zwischen der weiblichen Arbeiterschaft und den Militärmannschaften bildeten.255 In Ingolstadt wirkten Frauen tatkräftig an Unruhen am 22.5.1918 mit, weil Polizisten einen Kriegsinvaliden festgenommen und geprügelt hatten.256 Es kam zu Steinwürfen gegen die Fenster des Rathauses, zur Brand46

stiftung und zur Plünderung des Rathauses sowie einiger umliegender Geschäfte, das stundenlange Toben endete erst mit dem Einsatz militärischer Streifen. Von den 97 Verhafteten waren 35 Mädchen und Frauen, vorwiegend Arbeiterinnen.257 Die Ursache für diese Vorfälle sah man unter anderem auch in den „Verhältnissen der derzeitigen Arbeiterschaft, die zum großen Teil aus Jugendlichen und Frauen ohne Schulung und Zucht besteht.“258 Die besonderen Beziehungen zwischen den Frauen und Soldaten zeigten sich auch in Erlangen bei einer Demonstration im Mai 1918, als sich bis zu 2 000 Frauen und Jugendliche Soldaten angeschlossen hatten, die nicht mehr ins Feld rücken wollten.259 Vor allem in München nahmen die Frauendemonstrationen gegen Kriegsende bedrohliche Ausmaße an. Als die Nahrungsmittelversorgung im Sommer 1918 zusammenbrach, kam es im Juli und August 1918 Woche für Woche zu Hungerdemonstrationen von Frauen auf dem Münchener Marienplatz.260 Diese Frauen kamen meist aus den Vorstädten zum Rathaus und zu den mit Ernährungsfragen sich befassenden Staatsbehörden. Zwar verliefen sie friedlich, aber durch die Regelmäßigkeit ihres Auftretens, trotz eindringlicher Verwarnungen, waren sie ein bedenkliches Zeichen für den zunehmenden Verfall der inneren Ordnung. Straubinger Marktfrauen schreckten nicht einmal mehr vor der höchsten staatlichen Autorität zurück. Sie hatten anlässlich der Siebenhundertjahrfeier der Stadt, bei der König Ludwig III. anwesend sein sollte, geplant, ihn mit faulen Kartoffeln zu empfangen.261 Die Lebensmittelkrawalle wurden hauptsächlich von Frauen aus den unteren sozialen Schichten getragen, sie hatten sich dem Einfluss des Staates entzogen, der Staat versuchte diese Welle weiblicher Gewalttätigkeiten einzudämmen und ergriff unterschiedliche Maßnahmen. Da gerade die Menschenansammlungen beim Schlangestehen für Lebensmittel ein wachsendes revolutionäres Potential bargen, schritten die Behörden ein. Die Polizei in München erließ ein generelles Verbot auf dem Viktualienmarkt und den angrenzenden Straßen „namentlich vor der städtischen Freibank und der Kuttlerhalle [...] vor ½ 5 Uhr morgends sich anzustellen oder anzusammeln.“262 In München hatten sich sogar die Gewerkschaften bereit erklärt, eine Reihe von weiblichen Vertrauenspersonen aufzustellen, die die Aufgabe hatten, bei Aufläufen die Tätigkeit der Polizeibeamten in auffälliger Weise durch Beruhigung der Volksmenge zu unterstützen.263 In Hof wurde „das müßige Stehenbleiben und Gruppenbilden auf öffentlichen Straßen und Plätzen verboten und mit Strafe bedroht,“ dieses Verbot wurde bis zum 15. August 1918 aufrechterhalten.264 Doch die Lebensmittelkrawalle brachen nicht ab. Auch die Versuche, bei den Frauen den Willen zum Durchhalten zu stärken, zeigten nicht die gewünschte Wirkung. Sowohl die heroischen Sparappelle der bayerischen Frauenverbände265 wie auch die staatlichen Aufklärungskampagnen über eine kriegsgemäße Ernährung prallten 47

an den Frauen ab. Alles sollte vermieden werden, um nicht weitere Anlässe zu Ausschreitungen zu liefern. Im Oktober 1918 erging sogar die Anweisung, auf Verstöße gegen die kriegswirtschaftlichen Vorschriften zunächst mit Verwarnung und nicht mit Strafanzeigen zu reagieren. Strafanzeigen sollten eingeschränkt werden, da „gerade in der gegenwärtigen Zeit alles vermieden werden muß, was geeignet ist, die im Volk herrschende Erregung und Erbitterung zu steigern.“266 * * * Die Frauen, in Sorge um eine ausreichende Ernährung und Gesundheit ihrer Familien, griffen zu Protestaktionen, die auf Grund ihrer Häufigkeit, öffentlichen Präsenz und zunehmender Radikalität zu einer wachsende Beunruhigung und letztendlich eine Bedrohung des kriegsführenden Systems wurden: „Ihre ewigen Klagen, ihre ewigen Anschuldigungen, ihre durch keinerlei Rücksicht auf das Vaterland beeinflußten Wünsche und Forderungen, ihre Jammerbriefe an ihre Männer und Söhne an der Front sind eine der Hauptursache der schlechten Stimmung in der Armee.“267 Die Ursachen für ihre Proteste waren eine Gemengelage verschiedener politischer, ökonomischer und sozialer Faktoren: Kriegs- und Staatsverdrossenheit, unzureichende Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und zunehmende soziale Spannungen. Mit ihren Aktionen wurden die Hausfrauen zu einem wesentlichen Störfaktor des kriegsgesellschaftlichen Systems. Die vielen Stimmungsberichte zeigen an, welche Bedrohung für den Burgfrieden die Behörden in diesen Protesten sahen. In diesem Sinne waren diese Aktionsformen zweifellos politisch, Ausdruck subversiver Stimmung. Vor allem die Angst der Behörden, dass diese Protesthaltung durch einen Briefverkehr mit den eingezogenen Ehemännern einen Einfluss auf die Kriegsbereitschaft der Soldaten haben könnte, verlieh den rebellierenden Frauen an der Heimatfront eine politische Bedeutung von großer Tragweite. Die Krawalle als soziale Protestformen artikulierten zwar eine gegenwartsbezogene Kritik am Staat, doch diese barg keine Lösungsvorschläge bzw. politische Konzepte zur Behebung der Missstände oder zum Abbau sozialer Spannungen.

2.3.2 Streiks und Demonstrationen Der aufbrechende Zwiespalt zwischen Frauen und Staat zeigte sich nicht nur bei den Lebensmittelunruhen. Die um sich greifende wirtschaftliche und soziale Not bildete gleichsam die Basis für Proteste. Doch spätestens seit 1917 beteiligten sich Frauen an Demonstrationen und 48

Streiks, in denen eine allgemeine politische Unzufriedenheit zum Ausdruck kam. Der Januarstreik 1918 bedeutete gleichsam das letzte Glied einer Kette von Massenaktionen, an denen sich Frauen während des Ersten Weltkrieges beteiligt hatten. Richteten sich die Streiks anfangs noch gegen die katastrophalen Versorgungsverhältnisse und die schlechten Lohn- und Arbeitsverhältnisse,268 spielten politische Fragen eine zunehmende Rolle. Die pazifistische Strömung innerhalb der Arbeiterschaft ergriff auch die Frauen. Auf Grund der ständig wachsenden Kriegsmüdigkeit waren die im Dezember 1917 aufgenommenen Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk mit großen Erwartungen auf den Abschluss eines allgemeinen und demokratischen Friedens verfolgt und enttäuscht worden.269 Doch auch das zögerliche Voranschreiten der Wahlreform im Rahmen der Neuorientierungsdebatte 1917 und das Ausklammern des Frauenwahlrechts waren sehr wohl von Frauen registriert worden. Es kam zu Friedensdemonstrationen und Wahlrechtskundgebungen.270 Bei den Massenstreiks im Januar 1918 waren Frauen in alle Phasen des Streiks eingebunden, sie stellten Flugblätter her und verteilten sie,271 beteiligten sich an den Demonstrationszügen.272 In manchen örtlichen Streikleitungen waren auch Frauen vertreten,273 doch die Streikführer waren Männer. Der Januarstreik endete mit einer Niederlage, eine große Zahl von Personen, darunter auch Frauen wurden verhaftet.274 In Bayern war es – wie im ganzen deutschen Reich – durch die Anpassung an die Bedingungen und Erfordernisse einer Kriegswirtschaft zu einem immensen Arbeitskräftebedarf in der Kriegsindustrie gekommen. Dies machte es auch in Bayern notwendig, eine weibliche Reservearmee an der Heimatfront zu mobilisieren. Nach einer amtlichen Erhebung vom 1.12.1917 waren 224 184 Frauen in den der bayerischen Gewerbeaufsicht unterstellten Betriebe beschäftigt (Frauenanteil an der Gesamtzahl der Beschäftigten 43,12 %), davon 90 684 Frauen in den kriegswichtigen Industriezweigen.275 Gesundheitsgefährdende Arbeit,276 überlange Arbeitszeiten,277 Sonntags- und Nachtarbeit bei nicht ausreichenden Arbeitslöhnen278 gehörten zum Arbeitsalltag der erwerbstätigen Frauen. Die Unzufriedenheit der Arbeiterinnen über ihre Tätigkeit im Betrieb wuchs und wurde verstärkt durch die zahlreichen außerbetrieblichen Nöte wie die ständigen Probleme bei der Beschaffung von Nahrungsmittel und die psychische Belastung durch die ständige Sorge um die Familienangehörigen im Feld. Unter dem Druck der sozialen und politischen Verhältnisse hatten sich die bayerischen Arbeiterinnen ab 1916 den gewerkschaftlich orientierten Verbänden, vor allem den Metallarbeiter-Verbänden der freien und christlichen Gewerkschaften zugewandt,279 die die offizielle Burgfriedenstaktik der Gewerkschaften zunehmend kritisierten und damit zu Hoffnungsträgern wurden. 49

Anders als die Lebensmittelkrawalle, die ja bereits nach einem halben Jahr der Kriegsführung eingesetzt hatten, begannen die Streiks massiv erst ab Herbst 1917. Frauen hatten sich dieser ersten Streikwelle angeschlossen, bei der zunächst Lohnerhöhungen oder verbesserte Arbeitsbedingungen gefordert wurden.280 Doch neben wirtschaftliche Forderungen traten ab 1917 politische Forderungen. Pazifistische Forderungen nach Frieden verbanden sich mit Forderungen nach Verfassungsreformen. Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USP) hatte auch in Bayern ihre Vertrauensmänner in den Betrieben, die dann die Arbeitsniederlegungen und Unruhen einleiteten.281 In einem Schreiben der Regierung von Niederbayern wurden die Distriktbehörden informiert, dass die Taktik der Unabhängigen „ganz besonders auf die Frauen gerichtet sei [...] die sie in einem Umfang gewonnen haben, wie es der alten sozialdemokratischen Partei nie geglückt sei.“282 Dabei werde vor allem das Ziel vorgeschoben, den Massen den ersehnten Frieden zu bringen. Als Indiz für die Wirksamkeit dieser Propaganda galt eine USP-Versammlung vom 27. August 1917 in München, zu der sich ungefähr 500 Personen, darunter viele Frauen, eingefunden hatten. Dabei hatte die Menge „eine starke Stimmung zu Ausschreitungen“ gezeigt. 283 Den Höhepunkt der Streikbewegung bildeten in Bayern die Massenstreiks im Januar 1918, vor allem in Nürnberg und München. In den industriellen Ballungsgebieten dieser Städte war ein besonderer Schwerpunkt der Frauenarbeit entstanden, so lag 1917 in Nürnberg-Fürth der Frauenanteil an der Beschäftigtenzahl bei 50,5 %.284 Der Januarstreik in Nürnberg am 28. und 29. Januar 1918 gestaltete sich zu einer der größten politischen Massendemonstrationen im Deutschen Reich und hatte seine tieferen Ursachen in der Unzufriedenheit der Arbeiterschaft über ihre Lebensumstände und dem nicht enden wollenden Krieg.285 Inszeniert wurde der Nürnberger Streik von einer äußerst wirkungsvollen Agitation der USP. In der Nacht vor Streikausbruch wurde die Nürnberger Rüstungsfabrik Gebr. Bing wegen der vielen Arbeiterinnen ausgewählt, als erste in den Streik zu treten.286 Die bisherigen Erfahrungen des Jahres 1917 hatten eine hohe Demonstrationsbereitschaft der Arbeiterinnen offenbart. Oft bedurfte es nur weniger Worte, um die Frauen zum Streik zu bewegen. Einer der Organisatoren berichtete, als er am Eingang einer Fabrik zum Streik aufgerufen habe, seien ihm die Frauen um den Hals gefallen.287 Die Arbeiterinnen begannen sofort, selbst aktiv für den Streik zu agitieren, holten Bauarbeiter von ihren Gerüsten und bewogen sie, sich in den Demonstrationszug einzureihen.288 Da in den Rüstungsbetrieben mit überwiegend männlicher Belegschaft wie z.B. MAN oder Siemens-Schuckert die Streikagitation weniger Wirkung gezeigt hatte, kam Karl-Dieter Schwarz in seiner Untersuchung zu dem 50

Ergebnis, dass in Nürnberg die Frauen wesentlich streikfreudiger waren als die Männer.289 Hinweise über einen zahlenmäßigen Frauenanteil bei dem Nürnberger Streik liegen aber nicht vor. Die Frauen hatten sich in Nürnberg einer Streikbewegung angeschlossen, die einen vorwiegend politischen Charakter trug.290 Die Streikwelle erreichte von Nürnberg ausgehend zeitgleich auch die benachbarte Stadt Fürth erreicht. Auch hier versammelten sich vorwiegend Frauen und Jugendliche und waren bereits um 7 Uhr morgens in Gruppen durch das Stadtgebiet Fürth gezogen.291 Es schlossen sich zunächst insgesamt 1 234 Arbeiter und 1 401 Arbeiterinnen aus 35 Betrieben dem Streik an,292 der Anteil der Frauen lag damit bei 53,17 %. Bis am Nachmittag wuchs die Zahl der Streikenden auf ca. 6 000 Personen an, meist Frauen.293 Der Frauenanteil an den Streiks stieg für den Landbezirk Nürnberg auf beachtliche 71,3 % an, überwiegend waren kleinere Betriebe mit einem hohen Anteil von Frauenarbeit betroffen.294 In München gehörte Kurt Eisner, Parteiführer der USP, zu den Initiatoren des dortigen Massenstreiks.295 Auf mehreren Arbeiterversammlungen hatte Eisner für einen Generalstreik agitiert und als Redner bei Krupp und den Rapp-Motorenwerken die Arbeiter zum Kampf gegen Krieg und Ausbeutung aufgefordert.296 Sara Lerch, Mitglied der USP,297 war bei diesen Veranstaltungen298 neben Kurt Eisner eine wichtige Hauptrednerin, die „hervorragendste Rednerin nach Eisner“, wie Werner Bolt urteilte.299 Bei dem Massenstreik 1918 in München galt sie als die „russisch-polnisch-jüdisch-deutsche Adjutantin“ von Kurt Eisner, die zusammen mit ihm in „unerhörtesten Tönen, Massenstreik und Revolution predigend“ die Arbeiterschaft aufwühlte.300 Meist trat sie im Anschluss an die Reden Eisners auf, dessen Ausführungen sie in leidenschaftlicher Weise zustimmte. Sie forderte dabei gleich Eisner zum Massenaufstand auf, sprach von der Verbindung des deutschen und russischen Proletariats und begrüßte es namentlich in der Versammlung vom 31. Januar 1918 im Wagnerbräu, dass der Freiheitsgedanke in München endlich zur Verwirklichung komme. Sie forderte dazu auf, die Arbeit nicht eher wieder aufzunehmen, bis die Freiheitsidee sich durchgesetzt habe.301 Ihre Reden übten auf die Anwesenden stets eine ausschlaggebende Wirkung hinsichtlich des Entschlusses der Arbeitsniederlegung aus, meist erntete sie „lebhaften Beifall.“302 Zwei weitere Frauen, die Schwestern Emilie und Betty Landauer,303 beide Mitglieder der Münchener USP, waren zwar nicht als Rednerinnen aufgetreten, hatten aber Flugblätter mit Streikaufforderungen im Auftrag des Vereinsvorstandes verteilt.304 Am 31. Januar 1918 brach der Streik in München aus.305 Bei der Beteiligung von Frauen ergaben sich einige charakteristische Unterschiede zu Nürnberg. Hier waren zunächst weniger 51

die Betriebe mit einem hohen Anteil von Arbeiterinnen unter den Beschäftigten vom Streik betroffen, sondern umgekehrt die mit einer niedrigen Frauenquote.306 Der Streik war in Freimann in den Kruppwerken ausgebrochen. Dort war der Frauenanteil mit 21,5 % besonders niedrig.307 Die Ausnahme bildeten die Präzisionswerke Friedrich Deckel, hier waren 65 % Frauen beschäftigt. Der am 2. Februar erfolgte Eintritt dieser Werke in den Streik mit 763 Arbeiterinnen und 410 Arbeiter veränderte das Bild und den Eindruck der Streikbewegung.308 So betont der damalige Regierungspräsident Dr. Gustav von Kahr, dass Frauen und Jugendliche zu diesem Zeitpunkt die Hälfte aller Streikteilnehmer gestellt hätten.309 Diese Aussage beruhte jedoch wohl weniger auf dem Zahlenmaterial, sondern war der Ungewöhnlichkeit eines öffentlichen politischen Engagements von Frauen geschuldet. Am 1. Februar wurden die Streikführer festgenommen. Unter den Inhaftierten befanden sich neben den männlichen Streikführern Kurt Eisner, Winter Albert und Johann Unterleitner auch Sara Sonja Lerch310 sowie Emilie und Betty Landauer.311 Die Nürnberger Polizei und Justiz hatte ebenfalls auf die Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch die Streiks unmissverständlich reagiert: es wurden 28 Verhaftungen vorgenommen,312 gegen sechs Leute wurde Strafanzeige wegen Verbrechens nach § 89 RSt.G.B. (Beihilfe zum Verbrechen des Landesverrates) erstattet. Unter diesen befand sich die ledige, 21jährige Ottilie Völker, Munitionsarbeiterin in Nürnberg.313 Ab Februar 1919 wurde in München und Nürnberg wieder die Arbeit aufgenommen, danach kehrte – aber nur scheinbar – wieder Ruhe ein in Bayern.314 Die junge Partei der USP war an der Spitze des Januarstreiks gestanden, doch die führenden Mitglieder, die die Führer des Protestes gewesen waren, wurden entweder noch während des Streiks oder nach dessen Abschluss als Streikführer verhaftet. Auf diese Weise verlor die USP in München innerhalb kürzester Zeit ihre gesamte Führungsmannschaft.315 Hinzu kam das verschärfte Einschreiten der Behörden, die mit allen Mitteln versuchten, das Parteileben lahmzulegen. Die Versammlungen wurden regelmäßig nach Militärangehörigen und anwesenden Ausländern durchkämmt, die Zusammenkünfte scharf im Auge behalten. All dies hatte zur Folge, dass nur noch wenige Getreue hinter der USP in München stand, die Mitgliederzahlen schwanden rapide. Am 21. Januar 1918 gab die Partei ihren Mitgliederstand mit 600 an, im Juni schätzte ihn die Königliche Polizeidirektion auf etwa 400 Anhänger.316 Doch in München zeigte sich, dass die Partei lediglich unterdrückt, aber nicht ausgeschaltet werden konnte. Unter den erschwerten Bedingungen engagierten sich nun einige weibliche Mitglieder der USP, hielten die oppositionelle Gruppierung lebendig und agitierten auch ohne 52

Kurt Eisner weiter. Sie nahmen eifrig an den Parteiversammlungen teil317 und übernahmen Führungsaufgaben bei der Leitung der Versammlungen. Sechs Frauen mit außergewöhnlich hohem parteipolitischen Engagement waren Ehefrauen bzw. Töchter von Männern, die eine führende Funktion innerhalb der USP ausgeübt hatten und zum fraglichen Zeitpunkt wegen ihrer Beteiligung am Streik schon im Gefängnis saßen oder wenig später festgenommen wurden.318 Vor allem Hedwig Kämpfer, bereits seit der Gründung der USP in München Mitglied der Partei, schien eine führende Rolle gespielt zu haben. Sie gehörte zusammen mit zwei weiteren Frauen, Viktoria Gärtner und Trude Thomas, dem sechsköpfigen Aktionsausschuss an, der die Leitung der Unabhängigen in München in der Hand hatte.319 Über die Rolle von Hedwig Kämpfer gibt ein Bericht Auskunft: „Nebenbei sei erwähnt, dass der Vorsitzende Luttner in allen seinen Handlungen unselbständig ist. Frau Kämpfer bestimmt durch leise Zurufe, was er zu tun und zu lassen habe. Es gewinnt überhaupt den Anschein, dass Luttner nur eine Scheinvorstandschaft führt und Frau Kämpfer mit dem Aktionsausschuss das Heft in der Hand hält.“320 Die Verhaftung der führenden USP-Genossen gab vermutlich auch den Anlass, dass der Münchener Ortsverein für die Landeskonferenz der USP-Bayern, die am 31.3.1918 in Nürnberg stattfand, zwei Frauen nominiert wurden: Hedwig Kämpfer und Victoria Gärtner. Auf dieser Konferenz waren von 48 Delegierten knapp 23 Prozent weiblichen Geschlechts.321 Es schien, als ob nun Frauen der USP das Erbe der Männer angetreten hätten. Vor allem Frau Kämpfer galt als „ein besonders tätiges Mitglied des Vereins Unabhängige sozialdemokratische Partei Deutschlands, Bezirk München,“ sie trat „entschieden für den Massenausstand und für Umsturz“ ein und hatte in ihrer Wohnung geheime Zusammenkünfte zu diesem Zweck unterhalten.322 Da diese Agitation als „eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ eingestuft wurde, wurde Hedwig Kämpfer als preußische Staatsangehörige ab Mai 1918 der fernere Aufenthalt im Korpsbezirk untersagt.323 Auch für Selma Sara Schroeder wurde zum gleichen Zeitpunkt eine gleichlautende Anordnung getroffen.324 * * * Die soziale Protestbewegung der Frauen, die mit Lebensmittelkrawallen begann und mit einer Beteiligung an gewalttätigen Demonstrationen und Massenstreiks endete, nahm damit politische Formen an. Ein neues politisches Bewusstsein der Arbeiterinnen drückte sich zunächst in einer Mitgliedschaft in gewerkschaftlichen Organisationen und einer Affinität zur Partei der USP aus, beide Gruppierungen hatten eine führende Rolle bei den ausbrechenden Streiks gespielt. Während die sozialdemokratische Partei in Bayern durch ihre kriegsunterstützende Politik das Vertrauen eines großen Teils ihrer weiblichen Mitglieder verloren hatte325, wurde 53

vor allem die junge Partei der USP zu einem neuen Hoffnungsträger. Wie viele weibliche Mitglieder, die sich von der SPD abwandten und dafür eine Mitgliedschaft bei der USP angetreten waren, muss leider im Dunkeln bleiben, ebenso wie der Frauenanteil der USP für diese Zeit auf Grund fehlender Statistiken nicht zu ermitteln ist. Doch die USP wurde in erster Linie als eine radikale Friedenspartei wahrgenommen, verband in ihrer Agitation pazifistische, sozialistische und bürgerlich-demokratische Elemente und hatte mit dieser Mischung bei ihrer Agitation für die Massenstreiks auch die kriegsmüden Arbeiterinnen in Bayern erreicht. Die Arbeiter und Arbeiterinnen verlangten bei den Massenstreiks 1918 immer dringlicher eine Teilhabe an der politischen Macht, bürgerlich-demokratische Forderungen verbanden sich mit Friedensforderungen. Das Frauenstimmrecht war zwar mancherorts ein Teil der Streikforderungen, hatte jedoch für die Streiks eine eher marginale Bedeutung. Die Gründe für die Streikbereitschaft der Frauenlagen auf verschiedenen Motivebenen. Zum einen waren es die hohen physischen Belastungen des Arbeitsalltags, hinzu kam die Sorge um die im Felde stehenden Familienangehörigen und die schwierige Ernährungslage. Die materiellen und psychischen Belastungen des Krieges an der Heimatfront hatten die einfachen Frauen aus dem Volk verändert, ihre Erfahrungen von Hunger, Krankheit und Tod trieben sie auf die Straße. Mit ihrer Beteiligung an Demonstrationen und Massenstreiks nahmen die sozial motivierten Protestformen ausgeprägt politische Formen an. Neben Brot und Frieden wurde nun eine demokratische Umgestaltung der politischen Verhältnisse verlangt. In dieses Forderungspaket gehörten neben der Abschaffung der Monarchie auch Wahlrechtsreformen, die teilweise das Frauenwahlrecht mit einschlossen. Doch die Rolle der Frauen in diesen Massenstreiks hatte sich gegenüber den Lebensmittelkrawallen gewandelt. Sie waren nicht mehr Rädelsführerinnen, sondern eher Mitläuferinnen. Die Frauen schlossen sich zwar in hohem Maße diesen organisierten Massenstreiks an, beteiligt waren sie jedoch meist nur an den Basisprozessen, lediglich eine Minderheit gehörte den Streikleitungen an. Bei dem Januarstreik 1918 zeigte sich, dass die Handlungsinitiative auf die Männer übergegangen war. Die Organisation der Streiks und politischen Demonstrationen lag weitgehend in den Händen von gewerkschaftlich und/oder politisch geschulten Männern. Auch die Protestform der Streiks hatte sich geändert, die Massenbewegung gewann an Breite, organisatorischer Festigkeit und klarer politischer Zielbestimmung. Die hohe Streikbereitschaft der Frauen zeigte aber an, dass es gegen Kriegsende den Frauen keinesfalls nur mehr um Probleme der Alltagsbewältigung ging. Sie schlossen sich politischen Protesten an, die systemverändernde Reformen verlangten. Die Massenstreiks von 1918 zielten bereits auf einen radikalen Wandel der bestehenden politischen Verhältnisse und die Frauen hatten durch 54

ihre hohe Beteiligung daran ihrer Unzufriedenheit mit den bestehenden akuten Missständen im Staat einen sichtbaren Ausdruck verliehen. In München ergab sich nach dem Ende des Massenstreiks ein auffallendes Phänomen. Frauen hatten in führender Position die parteipolitischen Interessen weitergeführt und als Funktionsträgerinnen die parteipolitische Protestbewegung am Leben erhalten. Ihre Agitation für den Umsturz fand jedoch im Mai 1918 ein Ende, als die beiden exponiertesten Frauen Hedwig Kämpfer und Selma Schroeder ausgewiesen wurden.

2.4 Die Beteiligung der Frauen an den revolutionären Novemberereignissen Kurt Eisner war in den Oktobertagen 1918 auf freien Fuß gesetzt worden326 und mit der „Gloriole des politischen Märtyrers“327 nahm er auf einer Vielzahl von Wahlversammlungen seine Agitation für einen sofortigen Frieden ohne Annexionen, den Aufbau einer sozialen Republik und für eine Revolution wieder auf.

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Bei diesen Versammlungen traten wohl nur Männer

auf, es ließen sich keine Auftritte von Frauen nachweisen. Die brillante Rednerin Sara Sonja Lerch hatte in Stadelheim Selbstmord begangen.329 Hedwig Kämpfer war ausgewiesen worden und erlebte die Revolutionstage in Berlin.330 Trotzdem ist anzunehmen, dass die Münchener USP-Frauen weiterhin als Gesinnungsgenossinnen das Wirken Kurt Eisners aus dem Hintergrund unterstützten. Einige USP-Frauen in München wie Trude Thomas, Paula Maier und Agnes Losem standen unter dem Verdacht, „Flugschriften landesverräterischen Inhalts“ verteilt zu haben, doch Hausdurchsuchungen konnten diesen Verdacht nicht bestätigten.331 Lediglich von Hilde Kramer, einer bislang unbekannten jungen Sozialistin, ist aus überlieferten Briefen dokumentiert, dass sie an den Vorbereitungen zur Revolution beteiligt war. Sie gehörte einem Kreis linksradikaler Studenten, größtenteils Luxemburger, an, in dem unter größten Schwierigkeiten Flugblätter gedruckt und mit Hilfe von Eisner und der USP verteilt wurden.332 Den Auftakt zur Revolution in Bayern bildete die von beiden sozialistischen Parteien zusammen mit den Freien Gewerkschaften geplante großangelegte Friedenskundgebung am 7. November 1918 auf der Münchner Theresienwiese mit abschließendem Umzug durch die Innenstadt. Arbeiter und Arbeiterinnen waren zusammengeströmt. Bilder von diesem Auftakt zur Novemberrevolution zeigen ungewöhnlich viele Frauen, die durch ihre Anwesenheit ihr Interesse an dieser politischen Demonstration bekundeten.333 Doch es ließen sich nur wenige Frauen namentlich ermitteln, die an diesen revolutionären Ereignissen in München teilgenommen hatten. Eine von ihnen war die junge Revolutionärin Hilde Kramer, die in einem 55

enthusiastischen Brief ihrer Pflegeschwester in Berlin die revolutionären Ereignisse am 7. November 1918 beschrieben hatte.334 Sie hatte sich dem Demonstrationszug Richtung Kasernen angeschlossen und schilderte ihre Eindrücke.335 Kreszentia (Zenzl) Mühsam, eine weitere namentlich bekannte Frau, hatte die Ereignisse vor der Türkenkaserne an der Seite ihres Ehemanns Erich Mühsam miterlebt.336 Trotz dieser nur spärlichen Dokumente über die Teilnahme von Frauen an diesem revolutionären Auftakt in München, schienen viele Frauen die revolutionären Ereignisse mit Jubel und Begeisterung begrüßt zu haben. Helene Grünberg, eine Sozialdemokratin aus Nürnberg, vermerkte, dass die Revolution in München am 8. November sich zündend auf die Frauen in ganz Bayern ausgewirkt hätte, vor allem auf die Arbeiterinnen.337 Während die Revolution in Bayern unblutig verlaufen war, spitzten sich die revolutionären Ereignisse in anderen Städten zu. Am 9. November erreichte die Revolution Berlin, Hunderttausende strömten in die Innenstadt.338 Innerhalb weniger Tage breiteten sich die revolutionäre Aktionen im ganzen Land aus, Frauen trugen durchaus dazu bei. Sie hatten sich Demonstrationszügen angeschlossen, sich aktiv an Auseinandersetzungen mit Polizei und Militär beteiligt, revolutionäre Reden gehalten.339 Die Beteiligung der Frauen an den revolutionären Novembertagen 1918 hatte ihren Blutzoll gefordert, 63 Frauen in ganz Deutschland waren der Revolution zum Opfer gefallen.340 * * * Die revolutionären Aktivitäten der Frauen beim Ausbruch der Revolution umspannten reichsweit ein weites Feld. Sie zeigten dabei Verhaltensweisen, die sie scheinbar in den Kriegsjahren erprobt hatten: Sie demonstrierten auf öffentlichen Straßen und Plätzen und riskierten Auseinandersetzungen mit Polizei und Militär. Doch wie schon bei den Massenstreiks 1918, an denen die Frauen zwar eine hohe Streikbereitschaft gezeigt hatten, waren es auch bei dem Ausbruch der Revolution die Männer, die die Initiative ergriffen hatten und den Ereignissen die politische Zielrichtung vorgaben. Die Novemberrevolution 1918 in Bayern war zwar keinesfalls ein reines Männerereignis, doch an exponierter Stelle fanden sich in Bayern keine Frauen. Dabei hatten gerade die USP-Frauen in München eine wichtige Rolle in den Monaten zwischen dem Januarstreik 1918 und dem Ausbruch der Revolution im November gespielt und die Partei über die führerlose Zeit am Leben erhalten. Doch nachdem die männlichen Führer der Partei im Oktober 1918 wieder die politische Bühne betreten hatten, waren diese Frauen in deren politischen Schatten getreten.

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2.5 Das Staatsbürgerrecht für bayerische Frauen Die Kriegsjahre hatten einen neuen diskursiven und symbolischen Grundstein gelegt für die Einbeziehung der Frauenrechtsfrage. Doch es war kein Anzeichen zu erkennen, dass die bisherigen Leistungen der Frauen auch ihre politische Position verbessern würde. Mit der 1917 aufflammenden Diskussion um eine innenpolitische Neuordnung waren deshalb auch die Frauenwahlrechtsforderungen zu neuem Leben erwacht. In verschiedensten Petitionen versuchten organisierte Frauen, eine gleichberechtigte politische Teilhabe zu erreichen. Es begann die letzte Phase der Auseinandersetzungen um das Frauenstimmrecht vor der Revolution. In einem historischen Schulterschluss fanden sich nun gemäßigt-bürgerliche, radikalbürgerliche und sozialdemokratische Frauenverbände zu einem gemeinsamen Kampf um das Frauenstimmrecht zusammen. Doch es scheint, als ob in Bayern gerade die unorganisierten Frauen mit ihrer zunehmenden Protest- und Streikbereitschaft einen größeren Druck auf das politische System ausgeübt hatten als all die Agitation für das Frauenstimmrecht. Wohl mit Blick auf die in München fast täglich stattfindenden Frauenproteste im Sommer 1918 kam es im September 1918 sogar aus dem konservativen Kreis des bayerischen Zentrums zu vereinzelten Stimmen, die das Frauenwahlrecht forderten: ... es geht auf die Dauer nicht mehr an, daß wir die Frauen so ganz vom politischen Leben ausschließen. Wie soll die Frau in der Stunde der Gefahr ein Verständnis haben für die Nöte des Staates, wenn sie in den Stunden des Friedens niemals mit Geist und Sinn des Staates vertraut geworden ist.“341 Aus diesem Grund plädierte Dr. Schlittenbauer, Zentrumsabgeordneter im Bayerischen Landtag, im September 1918 für das Frauenstimmrecht, da es „tief begründet im Wohle des Staates selber“ liege.“342 Als die politische Lage in Bayern immer verfahrener wurde, kam es am 2. November 1918 zu einem Abkommen zwischen königlicher Regierung und den Landtagsparteien. Einer der zentralen Reformpunkte war die Einführung eines Verhältniswahlrechtes einschließlich des Frauenstimmrechts.343 Obwohl der König per Erlass dieser Verfassungsreform noch zustimmte, war es für diese „Reform von oben“ zu spät. Die Revolution hatte diese Pläne eingeholt. Die Frauen hatten unter dem Druck der revolutionären Ereignisse das Frauenwahlrecht erhalten, obwohl viele politische Kräfte zu diesem Zeitpunkt dem Frauenwahlrecht noch überaus ablehnend gegenüberstanden. So darf nicht übersehen werden, dass im katholisch geprägten Bayern die Tradition ein große Rolle spielte und die Konservativen eine starke Macht ausübten. Seit 1893 hatte die bayerische SPD wiederholt Anträge zur Einführung des

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Verhältnisrechtes einschließlich des Frauenrechts gestellt und war stets am Widerstand der Konservativen gescheitert. Ein letzter Einwand gegen das Frauenwahlrecht kam nicht – wie zu erwarten gewesen wäre – aus den konservativen Kreisen, sondern erfolgte auf höchster „revolutionärer“ Ebene im Ministerrat und zwar von Seiten der SPD. Die Proklamation von Kurt Eisner am 8.11.1918 hatte noch keine Gesetzeskraft und es kam in Bayern, nach dem die Proklamation des Frauenwahlrechtes erfolgt war, zu überraschenden Auseinandersetzungen. Die Debatten im bayerischen Ministerrat am 4. und 5. Dezember 1918 drehten sich unter anderem auch darum, ob man den Frauen das ihnen in der Nacht zum 8. November versprochene Wahlrecht wirklich gewähren sollte. In der Sitzung des bayerischen Ministerrates vom 4. Dezember forderte der Innenminister und Vertreter der Mehrheitssozialdemokratie Erhard Auer plötzlich, die Wahlen zum verfassungsgebenden Landtag möglichst bald und deshalb ohne die Frauen durchzuführen, da die Erstellung der Wählerlisten bei einer Einbeziehung der Frauen doppelt so lange dauern würde.344 Auch bei anderen Ministern, so z. B. bei Justizminister J. Timm (SPD), zeigten sich Bedenken gegenüber dem Frauenwahlrecht, man fürchtete durch eine Wahlbeteiligung der Frauen eine unerwünschte Stärkung des Zentrums, da viele Wählerinnen unter klerikalem Einfluss entscheiden würden.345 Kultusminister J. Hoffmann (SPD) wandte allerdings ein, das Missliche sei, dass die Frauen im Reich bereits unumstößlich das Wahlrecht besäßen.346 Kurt Eisner verteidigte dagegen auf einer Sitzung des Arbeiterrates „mit aller Energie das Frauenwahlrecht.“347 Auch Gustav Landauer stellte sich auf seine Seite, trotz mancher Bedenken hinsichtlich der politischen Reife, die er jedoch geschlechtsübergreifend sowohl bei Frauen, aber auch bei den Männern vermisste: „Es besteht kein Zweifel, dass Männer und Frauen heute noch sehr unpolitisch sind. Aber die Frage, dass man die Frauen von der ersten Wahl zur Nationalversammlung ausschließt, müsse er ebenfalls verneinen.“348 In einer weiteren Ministerratssitzung am Abend des 5.12.1918 wurde dann das Wahlgesetz in der von Hoffmann vorgeschlagenen Fassung unter Einschluss der Frauen angenommen.349 Auf Grund seiner besonderen Bedeutung sei hier der volle Wortlaut wiedergegeben: „Wahlberechtigt sind alle männlichen und weiblichen Staatsangehörigen, die am Tage der Wahl 1. das 20. Lebensjahr zurückgelegt haben 2. die bayerische Staatsangehörigkeit besitzen.“350 Diese Debatten zeigen, dass das Frauenwahlrecht in Bayern nicht einmal bei allen sozialdemokratischen Ministern innerhalb der Revolutionsregierung durchwegs begrüßt wurde. Obwohl das Frauenwahlrecht gerade von Mitgliedern der sozialdemokratischen Partei im Rah58

men der parlamentarischen Debatten in Bayern immer wieder beantragt wurde, werfen diese Diskussionen ein bezeichnendes Licht auf die tatsächliche Akzeptanz der politischen Frauenrechte und offenbaren ein tiefes Misstrauen gegenüber der politischen Reife der Frau.351 Doch auch innerhalb der organisierten Frauenwelt fand der neue staatsbürgerliche Status keine einheitliche Bewertung. Das erhaltene Frauenstimmrecht löste unterschiedliche Grade an Begeisterung innerhalb der Frauenbewegung aus. Die Freude über die unerwartet rasche Erfüllung eines lange vergeblich angestrebten Ziels war nicht in allen Frauenbewegungen so ungetrübt wie bei der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung. „Hurrah! Dem Frauenstimmrecht. Ein dreifaches Hoch der befreiten deutschen Frau!“ jubelte Lida Gustava Heymann im Dezember 1918 über das erreichte Ziel.352 Bei der bürgerlichen Frauenbewegung zeigte sich eine ambivalente Haltung gegenüber den neuen politischen Rechten der Frau. Nach der Revolution befand sich der BDF in einer eigenartigen Situation: rein formal war ein langfristig angestrebtes Ziel erreicht worden, aber gleichzeitig mussten die bürgerlichen Frauen den Zusammenbruch eines Staates erleben, den sie bedingungslos unterstützt hatten und in den sie die Frauen integrieren wollten. Das ersehnte Ziel einer aktiven Beteiligung der Frauen am Staat wurde nun zu einer verantwortungsvollen Bürde, wie Gertrud Bäumer in dem bayerischen Verbandsorgan ihren bayerischen Mitstreiterinnen mitteilte: „Ungeheuer ist die Verantwortung, die auf den Frauen liegt. Sie entscheiden mit über die deutsche Zukunft, über die politischen Grundlagen, über das Schicksal ihrer Kinder.“353 Dagegen konnten die sozialdemokratischen Frauen das Wahlrecht, das die Revolution gebracht hatte, vorbehaltlos annehmen. Im Besitze des Wahlrechtes könnten nun die Frauen im Interesse ihres Geschlechtes und ihrer Klasse Reformen erzwingen, die notwendig seien, um das Leben vieler zu erleichtern.354 Mit dem neuen staatsbürgerlichen Status setzten sich auch die katholisch organisierten Frauen auseinander. Das erhaltene Frauenstimmrecht galt für die katholischen Frauen als etwas „Neues und Lastendes, das wesensfremd sich ihnen gegenüberstellte,“355 „etwas Ungewohntes und Ungelegenes.“356 * * * Die Debatten im Ministerrat im Dezember 1918 wie auch die Reaktionen der verschiedenen Frauenorganisationen zeigten einen großen Dissens in der Beurteilung der neuen staatsbürgerlichen Rechte der Frauen. Skepsis herrschte sowohl in der Männerwelt wie auch in der orga59

nisierten Frauenwelt. Die Frauen hatten unter dem Druck der revolutionären Ereignisse das Wahlrecht erhalten, obwohl viele politische Kräfte zu diesem Zeitpunkt die politische Gleichberechtigung der Frauen überaus zwiespältig beurteilten. Auch die Frauenbewegungen fanden nicht zu einer einheitlichen Sprache. Weder in der Frauenbewegung noch im Kreis der Parteien war die Freude darüber ungeteilt, die Reaktionen zeigten die verschiedensten Schattierungen von Jubel und Begeisterung bis zu Skepsis und großen Bedenken. Doch alle stellten sich im Dezember 1918 auf den „Boden der Tatsachen,“ eine damals übliche Formulierung der konservativen Kräfte zur Bewertung der neuen politischen Situation. Und zu diesen Tatsachen gehörte auch das aktive und passive Wahlrecht für Frauen.

2.6 Resümee Der Staat hatte während des Ersten Weltkrieges die Frauen umworben und erwartete von ihnen eine Identifikation mit dem Staat. Bei den Frauen war dadurch ein wachsendes Bewusstsein ihrer staatsbürgerlichen Bedeutung entstanden, so dass durchaus von einer politisierenden Wirkung des Ersten Weltkrieges auf die Frauen gesprochen werden kann.357 Schon in der Vorkriegszeit hatten sich Frauen Teilbereiche des Öffentlichen erobert durch zunehmende außerhäusige Berufsarbeit, durch ehrenamtliche Sozialarbeit oder durch Öffentlichkeitsarbeit und Petitionen für das Frauenwahlrecht. Doch während des Ersten Weltkrieges wurde die Öffentlichkeit zu einem Ort politischen Handelns, zu einem Schauplatz unterschiedlich ausgeprägter patriotischer Gesinnungen, die in verschiedensten Aktionsformen sichtbar hervortraten. Frauen hatten sich während der Kriegsjahre teilweise als unberechenbare, nicht manipulierbare Größe erwiesen. Sie hatten ein hohes Maß an selbständigem politischen Denken bewiesen, sich emanzipiert von Normen und Ideologemen der Kriegsgesellschaft und waren mit ihren Aktionen zu Störfaktoren des kriegsführenden Staates geworden. Sie entfalteten unter dem Druck der Kriegsjahre einen erstaunlichen politischen Eigen-Sinn, der sich über die gesellschaftlichen und politischen Normen einer Kriegsgesellschaft hinwegsetzte. Durch ihren Widerstand griffen sie in politische, soziale und auch geschlechtsspezifische Machtbeziehungen der Kriegsgesellschaft ein, die den Frauen eine klaglose, patriotische Opfermentalität zugewiesen hatte. Sozialdemokratische und radikal-bürgerliche Pazifistinnen wie eine Vielzahl unorganisierter Frauen zeigten eine große Entschiedenheit und Kraft, um sich sowohl gegen ein kriegsführendes politisches System zu stellen und gleichzeitig die Normen einer patriar60

chalischen Gesellschaft zu durchbrechen. Dieses Handeln konnte nur seine Wirkung entfalten, weil die Zielsetzung der Aktionen eine starke Resonanz in der kriegsführenden Gesellschaft fand. Die Proteste der Frauen machten allgemeine politische Überzeugungen, Ängste und Hoffnungen sichtbar. Dies verlieh ihren Aktivitäten zwar eine gesellschaftliche, aber keine politische Legitimation. Aus diesem Grund mussten Aktionsformen und Handlungsräume auf einer nicht institutionalisierten politischen Ebene stattfinden. Trotz dieser Verlagerung politischen Handelns auf eine Ebene außerhalb eines konventionellen politischen Raums hatte eine Politisierung der Frauen stattgefunden. Nach einem Konzept von Brigitte Geißel weist eine Politisierung drei Stadien auf: Es muss zunächst eine Einsicht reifen, dass ein Zusammenhang zwischen öffentlicher Politik und privatem Leben besteht.358 Am Anfang einer Politisierungsentwicklung muss gleichsam die Erkenntnis stehen, dass politisches Handeln Auswirkung auf das alltägliche Leben hat. Diese Erfahrung muss zu dem Wunsch führen, mitbestimmen und gestalten zu wollen. Darüber hinaus muss ein gewisses Effektivitätsgefühl vorhanden sein, das bedeutet, dass das eigene Handeln Einfluss auf die Entscheidungen des politischen Systems nehmen kann. Diese Stadien einer Politisierung hatten viele Frauen während des Ersten Weltkrieges sicherlich durchgemacht und ihre Aktionen zeigten, dass sie zumindest versucht haben, Einfluss auf das politische System zu nehmen. Damit war die Heimatfront sowohl für die organisierten Frauen wie auch für die einfachen Frauen aus dem Volk zu einer Lernstätte politischen Denkens und Handelns geworden. Das Frauenstimmrecht hatte nun den Ausschluss der Frauen von der politischen Sphäre beendet, den Frauen stand neben einem bislang ausschließlich genutzten nicht institutionalisierten Handlungsraum eine Mitwirkung auf der politisch konventionellen Ebene in rätepolitischen oder parteipolitischen Parlamenten und Gremien offen. Das Frauenstimmrecht war zwar eine wichtige Voraussetzung zur Durchsetzung des weiblichen Einflusses im Staatswesen. Doch eine politische formelle Rechtsgleichheit sichert nicht diesen Einfluss, sondern bietet lediglich eine Chance. Die neu gewonnenen politischen Handlungsmöglichkeiten mussten die Frauen auch nutzen, sie hatten lediglich formal das Mittel in der Hand, an der Neugestaltung von Gesellschaft und Staat mitzuwirken. Die Frauen hatten das Frauenwahlrecht zu einem Zeitpunkt erhalten, wo gewaltige politische Aufgaben zu bewältigen waren. Es ging darum, die katastrophale Niederlage des Staates zu überwinden, neue Visionen einer Politik zu entwerfen, mit denen die anstehenden Probleme in Staat und Gesellschaft gelöst werden sollten. Inmitten einer politisch instabilen Zeit sollten die Frauen von 61

einem Tag auf den anderen ihre „politische Reife“ beweisen und politische Verantwortung übernehmen.

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3. Die politischen Akteurinnen in der bayerischen Revolution 1918/19 Den Pionierinnen dieser wichtigen Erstphase politischen Wirkens, ausgestattet mit einem neuen staatsbürgerlichen Status, gehört m. E. die gebührende Aufmerksamkeit. In diesem Kapitel wird deshalb politisch aktiven Frauen, die in den unterschiedlichen politischen Gremien der Revolutionszeit vertreten waren oder andere öffentliche Handlungsräume nutzten, um ihrem politischen Willen Ausdruck zu verleihen, ein besonderes biographisches Interesse gewidmet. Es soll eine Antwort auf die Frage gefunden werden, was das für Frauen waren, die unter den extremen Bedingungen des Revolutionsgeschehens sich in der Männerdomäne „Politik“ engagierten. Es geht dabei nicht um eine weibliche Eliteforschung, bei der nur „prominente“ Frauen Beachtung finden, dieses Kapitel wirft auch einen Blick auf Frauen, die auf der „Unterseite der Geschichte“ (Elise Boulding)359 wirkten. Nicht alle politisch aktiven Frauen in diesem revolutionären Zeitraum können und sollen hier vorgestellt werden. Viele dieser Frauen blieben anonym, von vielen ist nur der Name bekannt, über manche von ihnen liegen nur wenige, dürre Lebensdaten vor. So beeinflusste sicherlich das zur Verfügung stehende Material die Auswahl. Doch es geht nicht um die lückenlose Darstellung aller politisch aktiven Frauen, es soll vielmehr exemplarisch die Heterogenität dieser historischen Frauengruppe sichtbar gemacht werden. Nicht entscheidend bei der Auswahl war ihre politische Wirksamkeit in diese Phase, gewürdigt wurden nicht politische Effektivität, sondern das Bemühen und der Mut, Einfluss auf das politische Geschehen der Revolutionszeit zu nehmen. In diesem Sinne versuche ich nicht „Heldinnen-Geschichten“ zu schreiben, obwohl das erste politische Handeln von politisch mündigen Frauen und ihr Erscheinen auf der politischen Revolutionsbühne in ihrer symbolischen Wirkung nicht zu unterschätzen ist. Die politische Rechtsgleichheit vor dem Gesetz bedeutet keinesfalls ein individuelles Gleichsein. Die Frauen, die die politische Bühne der Revolutionszeit betraten, unterschieden sich nicht nur durch Geburt, Bildungsgrad oder/und Beruf, sondern auch durch ihre Zugehörigkeit zu verschiedenen frauenpolitischen, konfessionellen oder parteipolitischen Organisationen. Da diese Frauenorganisationen als geistige Heimat der Frauen verstanden werden können, werden deshalb die Organisationsgeschichte und das zugrunde liegende Emanzipationsverständnis der jeweiligen Frauengruppierung dargestellt. Im Anschluss daran folgen jeweils ein bzw. zwei Kurzportraits von Frauen, die dem jeweiligen Frauenverband angehörten. Die Lebensläufe sind als skizzenhafte Portraits konzipiert, bei denen zunächst Merkmale wie soziale Herkunft, Bildung, Beruf und Schwerpunkte ihrer beruflichen und/oder frauenpolitischen Aktivitäten herangezogen werden, um ein soziostrukturelles Profil zu erstellen. Soweit möglich

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wird über weitere Merkmale wie politische Vorerfahrungen und Parteizugehörigkeit versucht, den Akteurinnen ein politisches Profil zu geben.

3.1 Frauen der gemäßigt-bürgerlichen Frauenbewegung Die gemäßigt-bürgerliche Frauenbewegung wurde in Bayern vertreten durch den Hauptverband Bayerischer Frauenvereine (HBF). Die Frauen, die sich dem HBF angeschlossen hatten, gehörten einer bürgerlich-fortschrittlichen Frauenorganisation an, die „mehr auf ein sozialpraktisches als prinzipiell-revolutionäres Programm ausgerichtet war.“360 Das bedeutete im Hinblick auf die politische Gleichberechtigung, dass diese eher als abstraktes Fernziel definiert wurde.

3.1.1 Der Hauptverband Bayerischer Frauenvereine Der „Verein für Fraueninteressen“ bildete den Ausgangpunkt der organisatorischen Entwicklung hin zum Hauptverband Bayerischer Frauenvereine und kann daher als Mutterverein der bürgerlichen Frauenbewegung in Bayern gelten. Im ausgehenden 19. Jahrhundert zählte München zu den geistig liberalsten Großstädten in Deutschland. Ab Mitte der 1880er Jahre hatte hier eine moderne Literatur- und Kunstströmung überkommene Lebensformen radikal in Frage gestellt, das intellektuelle Leitmotiv jener Jahre war „Grenzüberschreitung.“361 Zu diesen „grenzüberschreitenden“ Ideen gehörte auch ein Infrage-Stellen des tradierten Geschlechterverhältnisses, die junge Bohème-Generation begeisterte sich emphatisch für den neuen weiblichen Emanzipationsdrang: „In diesem Kreis von Männern und Frauen bestand eine geistige Wahlverwandtschaft zwischen künstlerischen und geistigen Menschen,“ urteilte Gertrud Bäumer.362 Dieses Klima der Liberalität bildete einen ausgezeichneten Nährboden für die Entwicklung einer feministischen Bewegung, und so begannen die Münchner Frauen sich ab 1890 massiv und spürbar zu organisieren. Auf Anregung von Anita Augspurg und Baronesse Elvira von Barth wurde 1894 die „Gesellschaft zur Förderung der geistigen Interessen der Frau“ gegründet.363 Alles, was in der Residenzstadt modernen und fortschrittlich-liberalen Ideen zugeneigt war, trat dieser Gesellschaft bei.364 Anita Augspurg war in den ersten beiden Jahren Präsidentin und sah ihre Hauptaufgabe zunächst darin, die Interessen der modernen Frauenbewegung in möglichst weite Kreise zu tragen durch öffentliche „Gesellschaftsabende.“365

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Während Anita Augspurg sich kompromisslos für die politischen Interessen der Frauen einsetzte, übernahm die Mehrheit bald schon eine konservative Auffassung und glaubte, erst durch fleißige praktische Arbeit auf sozialem Gebiet den Beweis ihrer gesellschaftlichen Gemeinnützigkeit antreten zu müssen, dann würden sich die politischen Rechte automatisch einstellen.366 Diese Diskrepanzen über Ziel und Richtung des Vereins führte zu einem Vorstandswechsel, 1896 übernahm Ika Freudenberg den Vereinsvorsitz.367 Damit hatte sich die konservative Richtung durchgesetzt, Anita Augspurg avancierte zu einer der wichtigsten Wortführerinnen der radikalen Richtung der bürgerlichen Frauenbewegung. Ika Freudenberg wurde dagegen zur Schlüsselfigur der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung in Bayern. Unter ihrer Führung bis zum Jahre 1912 verlagerte sich der Schwerpunkt der Vereinsaktivitäten mehr und mehr auf sozialreformerische und sozialpraktische Aufgabenstellungen. 1897 hatte sich der Vereinsname auf „Verein für geistige Interessen der Frau“ geändert, 1899 verschwand der kulturpolitische Aspekt. Der neue Vereinsname „Verein für Fraueninteressen“ verwies nun auf präzise frauenpolitische Interessen. Mit großer Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit wurden ausgehend von München Ortsgruppen in ganz Bayern gegründet, um die „Propaganda für die große Sache der Frauen planmäßig und nachdrücklich ins Land hinaus zu tragen.“368 Der Schwerpunkt der Vereinsarbeit lag auf einer Unterstützung der Bildungs- und Erwerbsbestrebungen der Frauen, man trat schon früh für Frauenrechte ein, die den erstrebten größeren Pflichten entsprechen sollten.369 Dieser Kurs erwies sich als äußerst erfolgreich. Als es im Mai 1909 zu einem Zusammenschluss der Frauenorganisationen zum „Hauptverband Bayerischer Frauenvereine“ kam, gehörten diesem 14 000 Mitglieder in 54 Ortsgruppen und angeschlossenen Vereinen an.370 Verflochten mit der Eigenart des Landes hinsichtlich bayerischer Sitten- und Rechtszustände, mit dem Anspruch auf bayerische Lebensverhältnisse einzuwirken, verstand sich der HBF als „Bayerische Frauenbewegung“, die sich jedoch keinesfalls inselhaft aus der deutschen bürgerlichen Frauenbewegung herauslösen wollte.371 Der HBF wollte zwar weiterhin selbständig wirken und den lokalen, also bayerischen, Verhältnissen Rechnung tragen, aber sich in seiner Arbeit und seinen Zielen einheitlich einfügen in den Rahmen der deutschen gemäßigten Frauenbewegung.372 Als Konsequenz dieser Einstellung trat 1909 der Hauptverband Bayerischer Frauenvereine (HBF) dem Bund Deutscher Frauenvereine (BDF) bei. Mit weit mehr als 20 000 Mitgliedern in 72 angeschlossenen Ortsvereinen, verteilt auf 50 bayerische Städte, stellte er am Vorabend des Ersten Weltkrieges einen der mitgliederstärksten Verbände im BDF dar.373

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Die bayerischen Frauen des HBF lehnten jedoch nicht nur organisatorisch einen „bayerischen“ Sonderweg ab, auch die ideologischen Konzepte, weitgehend entworfen von den beiden Cheftheoretikerinnen Helene Lange und Gertrud Bäumer vom BDF, entfalteten in Bayern ihre Wirksamkeit und beeinflussten ihre frauenpolitische Grundpositionen wie auch ihr Engagement. Diese Haltung bezog sich zunächst auf das Konzept der geistigen Mütterlichkeit als Basis ihres Emanzipationsverständnisses. Das Konzept der geistigen Mütterlichkeit wurde bereits seit der Jahrhundertwende als weiblicher Dienst an der Gesamtheit verstanden mit dem Ziel, die gesellschaftliche und berufliche Emanzipation der Frauen zu legitimieren.374 Helene Lange oder Gertrud Bäumer strebten eine „organische“ und „wesensgemäße“ Einordnung der Frauen in die Gesellschaft an, durch die Mitarbeit der Frauen sollte das „menschenfeindlich gewordene öffentliche Leben“ in positiver Weise beeinflusst werden.375 Den Frauen kam somit nicht nur die Aufgabe zu, die von Männern beherrschte Welt komplementär zu ergänzen – ihnen wurde eine Art Erlöserrolle für die gesamte Gesellschaft zugewiesen.376 Mit dem Konzept einer neuen, „geistigen“ Mütterlichkeit wurde der Frau nicht mehr allein die Erziehung des einzelnen Kindes, sondern die Erziehung der ganzen Menschheit zur Aufgabe gemacht.377 Die „geistige“ Mütterlichkeit wurde zu einer gesellschaftlichen Bestimmung der Frau,378 die Idee von der besonderen Kulturaufgabe der Frau wies ihr den Weg in die Sphäre des Berufes und der Öffentlichkeit – nicht nur um ihrer selbst willen, sondern „um des öffentlichen Wohls willen, weil Gemeinde und Staat zur Lösung vor allem ihrer modernen sozialpolitischen Aufgaben der Mitarbeit der Frauen durchaus bedürfen.“379 Diese Strategie einer notwendigen „Ergänzung der männlichen Kulturideen und Leistungen durch weibliche Art“ sollte die Frau langfristig zu einem neuen Status führen, einer Anerkennung als „gleichberechtigte Bürgerin.“380 Doch die Forderung nach politischer Gleichberechtigung sollte sich weniger durch einen Kampf um politische Rechte erfüllen als durch eine schrittweise Ausdehnung der konkreten Tätigkeitsfelder und deren gesellschaftlicher Anerkennung: „Unser Programm muss sein: mitarbeiten, um durch Leistung zu überzeugen, sich von der Pike auf in das öffentliche Leben hineindienen“ war die Parole von Helene Lange, der großen Theoretikerin des BDF.381 Diese Ideen bildeten auch für den Hauptverband Bayerischer Frauenvereine (HBF) den frauenpolitischen Hintergrund seiner Aktivitäten. Die sichtbare Konsequenz dieser Anlehnung lässt sich an den Hauptgebieten des HBF ablesen: Vertiefung der Frauenbildung, Förderung der Frauenberufs- und Erwerbstätigkeit, die Beteiligung der Frauen am öffentlichen und privaten Fürsorgewesen.382 Damit standen geistige, wirtschaftliche und rechtliche Ziele im Vor66

dergrund, das Ideal der politischen Gleichberechtigung war lediglich als Endpunkt gedacht: „Die Frauenbewegung wollte die Frauen erst zu Staatsbürgerinnen machen, bevor sie mit solchen Forderungen hervortrat.“383 Man glaubte, durch fleißige praktische Arbeit auf sozialem Gebiet den Beweis der gesellschaftlichen Gemeinnützigkeit der Frau antreten zu können, dann würden sich die politischen Rechte automatisch einstellen: „ ... so wie die Dinge in Staat und Gemeinde nun einmal liegen, werden die Frauen ihre Bürgerrechte erst dann erhalten, wenn sie sich durch immer mehr fortschreitende Mitarbeit am Gemeinwohl eine feste Stelle im öffentlichen Leben erobert haben, wenn sie sich durch nützliche Dienste unentbehrlich gemacht und durch die Ausübung ernster und wichtiger sozialen Pflichten ihren Anspruch auf bürgerliche und politische Rechte bis zur Unabweisbarkeit bekräftigt haben werden.“ 384 Noch im Jahr 1913 wurde die Forderung nach dem Frauenstimmrecht eher sehr verhalten erhoben, sie galt nicht als Ausgangspunkt frauenpolitischer Forderungen, sondern eher „als Endpunkt unserer Arbeit und unseres Strebens.“385 In diesem Sinne wurde der Verein für Fraueninteressen in der Stimmrechtsfrage nicht selbst aktiv, sondern überließ den Kampf um die staatsbürgerliche Gleichstellung der Geschlechter der Frauenstimmrechtsbewegung, die sich nach der Aufhebung des Vereinsgesetzes 1908 auch in Bayern etablieren konnte. Auch das im Mai 1908 in Kraft getretene Reichsvereinsgesetz, das den Frauen den Eintritt in Parteien ermöglichte, änderte an dieser Grundhaltung nur wenig. Der HBF blieb als Organisation parteipolitisch neutral, nur wenige Frauen fanden zu einem parteipolitischen Engagement. Da bereits seit der Jahrhundertwende „ein schwungvoller Liberalismus“ das geistige Klima innerhalb des Muttervereins bestimmte,386 wurde diese Tradition fortgesetzt, die Frauen des HBF hatten in liberalen Parteien ihre parteipolitische Heimat gesucht.387 Nach dem Tod von Ida Freudenberg übernahm Luise Kiesselbach 1912 den Vereinsvorsitz und setzte den Kurs der sozialreformerischen Erfassung der Frauenfrage fort, indem sie „Frauenpflichten vor die Forderung von Rechten stellte.“388 Unter ihrer Leitung entstand ein weitgespanntes Netzwerk der Frauenaktivitäten auf den verschiedensten Gebieten, von Frauenrechten, Emanzipation und Gleichberechtigung über Armenpflege und Sozialarbeit bis hin zur Sozialpolitik und zur Organisation von Wohlfahrt.389 Die gemäßigt-bürgerlichen Frauen aus dem HBF hatten sich jedoch auch gegenüber einer nationalen „Idee des Ganzen“ geöffnet, die den BDF seit der Jahrhundertwende beherrschte. Seit 1900 sprach man von „der Hingabe an nationale Aufgaben und Pflichten“, stellte das „Allgemeininteresse vor jedes Sonderinteresse, das Wohl der Gesamtheit über das Wohl des Einzelnen oder einer einzelnen Interessengruppe.“390 Gertrud Bäumer betonte das „patriotische Verbundensein“ der Frauenbewegung, Frauen seien „erst in dem Maße ein lebendiger 67

und organischer Teil des Ganzen“, als „über Geschlechtsinteressen hinweg das Gemeinsame von ihnen miterlebt wird.“391 Das nationale Hochgefühl, das die führenden Frauen des BDF bei dem Ausbruch des ersten Weltkrieges erfasst hatte, wurde auch von den Frauen des HBF geteilt. Bei den Frauen des Hauptverbandes bayerischer Frauenvereine hatte der August 1914 eine „Welle nationaler Begeisterung, das Bewusstsein nationaler Verteidigung und Treue gegenüber dem Staat ausgelöst,“ der Glaube an „die Berechtigung des Krieges“ zu „Beweisen von Opferwille, Vaterlandsliebe und Pflichttreue“ geführt.392 Eine grundsätzlich staatsloyale Gesinnung verwandelte sich beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges in einen Patriotismus, der das sozialpolitische Engagement der Vereinsmitglieder verstärkte. Es gab kaum ein Gebiet der Kriegshilfe, auf dem die dem HBF angeschlossenen Vereine nicht tätig wurden. Diese Bewährung im praktischen Dienst der Kriegshilfeorganisationen führte nicht nur zu einer Aufwertung der im Fürsorgewesen tätigen Frauen, der HBF konnte sich zudem eines regen Zulaufs erfreuen. Der Hauptverband bayerischer Frauenvereine wuchs auf 64 000 Mitgliedern in insgesamt 129 Organisationen an.393 Neben dieser Wirkung auf die eigene Organisation war das ideologische Band zum BDF noch enger geworden. Ab September 1919 verstärkte sich die organisatorische Anbindung des HBF an den BDF noch durch eine personelle Verflechtung: Luise Kiesselbach wurde in den engeren Bundesvorstand des BDF gewählt, Marianne Weber gehörte nach ihrer Übersiedlung nach München 1919 dem HBF an und wurde auf der 11. Generalversammlung des BDF im September 1919 zur ersten Vorsitzenden des BDF gewählt.394 Die unvermutet schnelle Erfüllung der staatsbürgerlichen Gleichstellung der Frauen durch die Revolution machte eine „politische Orientierung“ und gleichzeitig eine „politische Mitarbeit“ der Frauen notwendig.395 Der HBF, der sich als „Willensorgan einer beträchtlichen Frauenzahl“ verstand, wollte nun auch die politische Plattform zur Vertretung von Fraueninteressen nutzen.396 Doch nur wenige Frauen aus dem HBF wagten den Sprung in die politische Sphäre, unter ihnen Luise Kiesselbach,397 Vorsitzende des HBF, Dr. Rosa Kempf und Helene Sumper,398 Vorsitzende des Bayerischen Lehrerinnenverbandes. Dieses bürgerliche Frauentrio aus dem HBF leistete sein gemeinsames politisches Debüt im Provisorischen Nationalrat. Damit betraten in der Frauenbewegung gut geschulte Frauen die politische Bühne, parteipolitische Vorerfahrungen besaß keine dieser Frauen. Sie waren sich zwar bewusst, dass sie „keine geschulten weiblichen Politiker“ waren, trotzdem bezogen sie ihr Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen aus ihren erworbenen Fähigkeiten im Rahmen der Frauenbewegung, sie fühlten sich 68

als „geistige Elite der Frauenwelt, die sich seit Jahrzehnten geschult hat und die den Mut besitzt, die Konkurrenz mit den Männern zu bestehen.“399

3.1.2 Dr. Rosa Kempf Rosa Kempf, Tochter des Humanmediziners Jakob Kempf und dessen Ehefrau Emma, kam am 8. Februar 1874 im niederbayerischen Dorf Birnbach zur Welt.400 Sie besuchte zunächst eine Volksschule, 1892 absolvierte sie das Lehrerinnenseminar in München. Anschließend unterrichtete sie vier Jahre lang als Hilfslehrerin an der Dorfschule in Wolfakirchen in Niederbayern. Nach einer Versetzung nach München legte sie dort ihre Staatsprüfung ab und erhielt im Jahr 1900 als Volksschullehrerin eine feste Anstellung. Sie unterrichtete, unterbrochen durch Krankheit und Studium, rund 20 Jahre in Niederbayern und München. In München holte sie 1904 als Externe das „Gymnasial-Absolutorium“ am Theresien-Gymnasium nach und immatrikulierte sich ein Jahr später für das Studium der Philosophie und der Staatswissenschaften. Eingebunden in ein Forschungsprojekt der Soziologen Alfred und Max Weber über „Auslese und Anpassung der deutschen Arbeiter“ promovierte sie 1911 über „Das Leben der jungen Fabrikmädchen in München“ und gehörte damit zu einem kleinen Kreis von vier Frauen, die Lujo Brentano, Professor für Nationalökonomie in München, als Doktorandinnen betreut hatte. Dr. Rosa Kempf hatte einen besonderen Schwerpunkt ihrer Aktivitäten der beruflichen Qualifizierung von Frauen für die Sozialarbeit im kommunalen Fürsorgewesen gewidmet. Ihrer Anschauung nach setzte effektive soziale Arbeit eine gute Ausbildung voraus. Sie hielt nichts von der ehrenamtlichen Sozialarbeit wohlhabender Töchter. Als Direktorin am Frauenseminar für Berufsarbeit in Frankfurt (1914-1917) versuchte sie, ihre Vorstellungen einer soliden Ausbildung für die „sozialen Berufsarbeiterinnen“ umzusetzen.401 Neben einem umfangreichen theoretischen Unterrichtsprogramm galt ihr besonderes Augenmerk den charakterlichen Eigenschaften der künftigen Sozialarbeiterinnen.402 Doch sie ging dabei keineswegs von der den Frauen angeblich wesenseigenen Mütterlichkeit als Basis für soziale Tätigkeiten aus, ihre Anschauungen fügten sich nicht in das Bild der „Mütterlichkeit als Beruf,“ das von der bürgerlichen Frauenbewegung propagiert wurde. Energisch setzte sie sich für die Öffnung der beruflichen Möglichkeiten der Frauen ein, wollte die Tätigkeiten keinesfalls nur im sozialen oder kulturellen Gebiet fixiert wissen.403 Nicht nur in diesem Punkt stand sie konträr zur Ideologie der bürgerlichen Frauenbewegung. Bereits 1914 hatte ein von ihr auf der 2. Generalver69

sammlung des „Verbandes für handwerksmäßige und fachgewerbliche Ausbildung der Frau“ in Charlottenburg gehaltenes Referat für Furore und harte Auseinandersetzungen innerhalb der bürgerlichen Frauenbewegung gesorgt. Unter dem Titel „Das Interesse der Industrie an der weiblichen Arbeitswelt“ kritisierte Rosa Kempf die bürgerliche Familienideologie und unterstützte das Anliegen der Frauen, trotz Kinder zu arbeiten.404 Außerdem teilte sie nicht die Überzeugung der bürgerlichen Frauenbewegung, dass der Gewährung von Frauenrechten zunächst die Erfüllung von Pflichten vorausgehen müsste.405 Ihre Haltung während des Ersten Weltkrieges stand im Widerspruch zu der von der bürgerlichen Frauenbewegung gepflegten „Burgfriedensmentalität,“ denn der Krieg war für sie kein Grund, von ihren frauenpolitischen Forderungen abzugehen. Als Frauenrechtlerin gehörte Dr. Rosa Kempf zunächst dem radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung an und setzte sich für das Frauenstimmrecht ein. Um 1908 leitete sie zusammen mit vier anderen Frauen, darunter Lida Gustava Heymann, die Münchner Ortsgruppe des „Bayerischen Vereins für Frauenstimmrecht,“ wechselte dann zum gemäßigten, ja eher konservativen Flügel über und ließ sich in den Vorstand des „Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht,“ 1916 in den Vorstand des „Deutschen Reichsverbandes für Frauenstimmrecht“ wählen.406 In Bayern gehörte sie dem Münchener Verein für Fraueninteressen an und engagierte sich zunehmend in dem ab 1909 gegründeten „Hauptverband der bayerischen Frauenvereine,“ hatte gute Kontakte zu Luise Kiesselbach, der Vorsitzenden des HBF. Sie gehörte seit 1910 dem wissenschaftlichen Beirat des „Instituts für soziale Arbeit“ an, das der „Verein für Fraueninteressen“ in München ins Leben gerufen hatte. Zudem war sie aktiv im Bayerischen Lehrerinnenverein tätig, dort gehörte Helene Sumper zu ihren Mitstreiterinnen. Rosa Kempf hatte die Revolution zwar nicht „mitgemacht“, aber „mit Begeisterung miterlebt,“407 schließlich hatte diese den Frauen die vollen staatsbürgerlichen Rechte gewährt. Diese formale Möglichkeit zu politischer Mitsprache wurde für sie der Anlass ihres persönlichen, politischen Engagements. Sie gehörte zusammen mit acht weiteren Frauen aus dem HBF dem Münchener Arbeiterrat an.408 Im provisorischen Nationalrat trat sie als Vertreterin des „Hauptverbandes der bayerischen Frauenvereine“ auf und war damit eine der acht Frauen im provisorischen Nationalrat, zusammen mit Luise Kiesselbach und Helene Sumper.409 Am 18. Dezember 1918 hielt Dr. Rosa Kempf die erste Rede einer Frau in einem „bayerischen Parlament,“ thematisierte hier vor allem die historische Bedeutung des Frauenstimmrechtes und brachte im Plenum des revolutionären Übergangsparlamentes ihre Frauenforderungen vor.410 Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits im Parteivorsitz der am 16. November 1918 neu gegründeten DDP/DVP als Stellvertreterin des Parteivorsitzenden Dr. Georg Hohmann.411 Als Mit70

glied der Deutschen Demokratischen Partei kandidierte sie für den Bayerischen Landtag412, erhielt ein Mandat und wurde eine der aktivsten weiblichen Abgeordneten des ersten ordentlichen Landtages des Freistaates Bayern.413 Bei den Neuwahlen im Juni 1920 scheiterte sie. Als nebenamtliche Dozentin kehrte sie 1921 an „ihre“ Frankfurter Schule zurück.414 Von Anfang an gehörte Dr. Rosa Kempf zu den entschiedenen Gegnerinnen des aufkeimenden Nationalsozialismus.415 Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wurde sie ihres Amtes an der Frankfurter Schule enthoben. Sie zog sich zurück, arbeitete weiter an Themen, die sie interessierten, hatte jedoch kaum mehr Publikationsmöglichkeiten.416 Sie starb Anfang 1948 in einem Altenpflegeheim bei Darmstadt.

3.2 Frauen der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung Dr. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann waren die Protagonistinnen der bürgerlichradikalen Frauenbewegung in Bayern, die sich vor allem als Stimmrechtsbewegung präsentierte. Beide Radikalfeministinnen bildeten im Rahmen des von ihnen gegründeten Bayerischen Vereins für Frauenstimmrecht die weibliche Stoßtruppe im Kampf um das Frauenstimmrecht. In diesem Verein hatte man keinesfalls still und bescheiden die politischen Rechte der Frauen eingefordert, sondern die Frauen griffen zu unkonventionellen, spektakulären Aktionen, um ihr Ziel einer staatsbürgerlichen Gleichberechtigung der Frauen voranzutreiben.

3.2.1 Der Bayerische Verein für Frauenstimmrecht Die Geschichte und politische Bedeutung der Frauenstimmrechtsbewegung in Bayern stand in einem engen Zusammenhang mit der Entwicklung der nationalen Stimmrechtsbewegung. Die erste Stimmrechtsorganisation in Deutschland wurde 1902 im Bundesstaat Hamburg gegründet von Anita Augspurg, Lida Gustava Heymann, Minna Cauer, Charlotte Engel-Reimers, Käthe Schirmacher und Adelheid von Welczeck.417 Dieser Verein für Frauenstimmrecht agierte auch in Süddeutschland, vor allem in München. 1904 wurde dann der Verein umbenannt. Als „Deutscher Verband für Frauenstimmrecht“ war es nun möglich, in allen vereinsfreien Bundesstaaten Stimmrechtsorganisationen zu gründen. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann wurden als Vorsitzende gewählt. 1907 hatte die Generalversammlung in Frankfurt am Main in die Satzung § 3 das demokratische Prinzip des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts für Männer und Frauen als Zielvorgabe festgeschrieben.418 71

Mit dem Fall des Vereinsgesetzes im Mai 1908 konnten auch die inzwischen zahlreichen Einzelmitglieder des Stimmrechtsverbandes organisatorisch zusammengefasst werden. In Würzburg wurde der erste bayerische Stimmrechtsverein gegründet, der bis Herbst desgleichen Jahres 36 Mitglieder zählte.419 Am 30. Oktober 1908 verbanden sich die bayerischen Einzelmitglieder des Deutschen Stimmrechtsverbandes zum „Bayerischen Verein für Frauenstimmrecht.“420 Neben den Ortsgruppen München und Würzburg entstand nach einem Vortrag von L.G. Heymann im November 1908 in Nürnberg die dritte bayerische Ortsgruppe.421 Der „Bayerische Verein für Frauenstimmrecht“ stand ganz in der Tradition von Hedwig Dohm: Das Frauenstimmrecht war der Ausgangspunkt, mit dem sich alle weiteren geschlechterspezifischen Ungerechtigkeiten beseitigen ließen. In seinem „ABC des Frauenstimmrechts“ wurde die Beseitigung aller familienrechtlichen Ungerechtigkeiten und der Missstände für die berufstätige Frau, die Belebung der Sozialpolitik, die Förderung der Rassenhygiene und die Eindämmung der Prostitution wie des Alkoholrechts verheißen, wenn nur den Frauen das Stimmrecht verliehen werde.422 Die heftigen Richtungskämpfe und inneren Zerreißproben auf nationaler Ebene um die Frage nach dem „richtigen“ Wahlrecht hatten die Stimmrechtsbewegung entzweit. Zu den „Anhängern des offenen Bekenntnisses zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht“ gehörten neben den Ortgruppen in Baden, Hessen, Bremen und Berlin auch Bayern.423 Der Bayerische Landesverein für Frauenstimmrecht trat geschlossen aus dem Deutschen Verband aus.424 Obwohl nach Heymann ein „reges Leben“ herrschte in dem Bayerischen Landesverein für Frauenstimmrecht und „alle aktuellen bzw. prinzipiellen politischen Fragen“ bearbeitet wurden,425 waren die nationalen Spaltungsprozesse nicht spurlos an der bayerischen Stimmrechtsbewegung vorüber gegangen, gerade die radikale Gruppierung kämpfte schwer gegen eine abbröckelnde Anhängerschaft.426 Der Bayerische Verein für Frauenstimmrecht vertrat trotzdem künftig eine konsequent radikale Linie und griff vielfach zu unkonventionellen Aktionsformen. Anita Augspurg nahm sich bei diesen spektakulären Aktionen die Arbeitsmethoden der englischen Suffragetten zum Vorbild, in dem sie versuchte, mit Musik und Gesang die Versammlungen und Vorträge attraktiver zu machen. 1912 hatten die beiden Frauenrechtlerinnen die spektakuläre Münchner Frauendemonstration mitorganisiert. Sie verstieß in geradezu revolutionärer Weise gegen die öffentliche Moral und erregte deshalb ungeheures Aufsehen.427 Neben solchen propagandistischen Aktionen wurde auch viel weniger spektakuläre „politische“ Arbeit geleistet, um die staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Frauen voranzutreiben. Diese politische Arbeit um72

fasste vor allem Petitionen zum Vertretungsrecht der Frau in Gemeinden, Schulen, Kirchen, Berufsorganisationen, bei Kammern, Gerichten und Krankenkassen.428 Auch wenn die Kampfmittel des Bayerischen Vereins für Frauenstimmrecht oft radikal waren und von der bürgerlichen wie auch der konfessionellen bayerischen Frauenbewegung missbilligt wurden, drückte erstaunlicherweise Ellen Ammann, die Führerin der katholischen Frauenbewegung in Bayern, den beiden bayerischen Radikalfeministinnen ihre uneingeschränkte Bewunderung aus.429 Während des Ersten Weltkrieges hatte sich die Arbeit der Stimmrechtsbewegung in Bayern auf pazifistische Aktivitäten konzentriert. Der bayerische Verein für das Frauenstimmrecht erwies sich zunächst „als effiziente Waffe gegen die Kriegsverhetzung, für Ad-hocFamilienhilfe und als Sammelbecken für aktive Friedenshilfe.“430 Doch die Zensurbestimmungen hatten dieses Wirken bald schon massiv behindert.

3.2.2 Dr. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann Zwischen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann bestand „ein geradezu symbiotisches Arbeitsverhältnis,“ das es schwer macht, Augspurgs von Heymanns Gedankengut und Aktivitäten zu trennen.431 Deshalb sollen die beiden Freundinnen in einem Doppelportrait gemeinsam erfasst werden. Anita Augspurg, geboren am 22. September 1857 in Verden an der Aller, entstammte dem wohlhabenden Bürgertum. Sie arbeitete nach Beendigung der höheren Töchterschule in der Anwaltskanzlei ihres Vaters mit.432 Durch eine Erbschaft seitens ihrer Großmutter war sie wirtschaftlich unabhängig geworden und gründete 1888 zusammen mit ihrer Freundin Sophia Goudstikker das berühmte „Hofatelier Elvira“ in München. Dieses Fotoatelier wurde zum Treffpunkt und zur Keimzelle der bürgerlichen Frauenbewegung in München und Bayern. Spätestens ab 1891 begann Augspurg, sich in der Frauenbewegung zu engagieren. Als Mitbegründerin des deutschen Frauenvereins „Frauenwohl“ wirkte sie an einer Petition mit, Frauen in Deutschland zum Hochschulstudium zuzulassen. Nach einem Besuch des Lehrerinnenseminars studierte sie selbst ab 1893 an der Universität Zürich Rechtswissenschaften und beendete das Jurastudium 1897 mit einer Doktorarbeit. Lida Gustava Heymann, geboren am 15. März 1868 als Tochter einer reichen Hamburger Kaufmanns- und Senatorenfamilie, wurde durch Gouvernanten und Hauslehrer erzogen und besuchte später eine vornehme Hamburger höhere Töchterschule.433 Sie entwickelte sich zur rechten Hand ihres Vaters in allen geschäftlichen Angelegenheiten und wurde nach dem Tod 73

des Vaters 1896 von ihm zur Nachlassverwalterin seines großen Vermögens eingesetzt. Zu dieser Zeit begannen ihre Aktivitäten in der organisierten Frauenbewegung, sie gehörte zu den Initiatorinnen der Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins in Hamburg.434 1896 lernte sie auf dem Internationalen Frauenkongreß in Berlin ihre spätere Lebensgefährtin Anita Augspurg kennen, ein lebenslanges, gemeinsames frauenpolitisches und pazifistisches Engagement verband fortan diese Frauen. Beide waren überzeugte Pazifistinnen und standen dem ethischen Pazifismus von Bertha von Suttner nahe. Obwohl sich der Pazifismus durchaus wie ein Leitmotiv durch die Schriften von Anita Augspurg zog, wurden doch nur vergleichsweise wenige Artikel zu Außen- oder Militärpolitik, zu Militarismus und Völkerverhetzung oder zu Friedensbewegung und Pazifismus veröffentlicht.435 1903 waren sie der Deutschen Freisinnigen Volkspartei beigetreten, doch die dort gemachten Erfahrungen offenbarten ihnen „die haltlose Enge des Parteiwesens: Parteiinteressen, Parteivorteile, nicht humane Ziele waren ausschlaggebend.“436 Für diese Art von Männerpolitik wollten sie weder Zeit, Kraft noch Geld investieren und traten konsequenterweise bald aus der Partei aus.437 Ein wesentlich größeres Engagement entwickelten sie im Rahmen der nationalen wie bayerischen Frauenstimmrechtsbewegung. Nach einem deutlichen Rechtsruck des „Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht“ waren Anita Augspurg und L.G. Heymann 1912 auf der Hamburger Generalversammlung als Vorsitzende zurückgetreten.438 Fortan konzentrierten sie ihren Kampf um das Frauenstimmrecht auf Bayern und waren hier für die konsequent radikale Ausrichtung verantwortlich. Sie agierten als versierte Rednerinnen und prominente Repräsentanten der bayerischen Stimmrechtsbewegung und leisteten durch eine Reihe von öffentlichkeitswirksamen Tätigkeiten Pioniersarbeit für ihr großes Ziel, die volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung für Frauen. Dabei verknüpfte Anita Augspurg die Forderung nach politischer Gleichberechtigung mit einem ethischen Pazifismus.439 Ihre pazifistischen und frauenpolitischen Ansichten wurzelten in feministischen Vorstellungen, die auf einer angenommenen Polarität der Geschlechtscharaktere, also in einer durchaus biologistischen Vorstellung von der Andersartigkeit der Frau, basierten: die Frau sei von Natur aus friedfertiger und gewaltloser als der Mann.440 Diese Haltung ging einher mit einer massiven Kritik an der Männerpolitik. Der auf „Gewalt, Einschüchterung, Zwang, Furcht und Profitgier“ gegründeten „Herrschaft des Mannes“ und seiner „imperialistischen Gewaltpolitik“ stehe eine weibliche Gesinnung gegenüber, die weniger auf „Eroberung, Krieg und Beute eingestellt,“ sondern vielmehr bestrebt sei, Frieden und 74

Wohlstand zu vermehren.441 Tod und Vernichtung wurden als „charakteristische Symbole der Auswirkung und Betätigung des Mannes“ verstanden – dagegen stehe Leben und Aufbau als Symbol weiblicher Tätigkeit.442 Als Inbegriff des männlichen Machtprinzips im politischen Leben galt ihnen die Parteipolitik. Neben dem Vorwurf einer mangelnden Orientierung auf das Gesamtwohl setzte die Kritik auch auf einer moralischen Ebene an.443 Mit diesem Vorstellungskomplex strebten die beiden Radikalfeministinnen keineswegs eine organische Eingliederung in Staat und Gesellschaft wie der HBF an, das Ziel war vielmehr über die politische Gleichberechtigung der Frau eine Phase qualitativ anders gearteter weiblicher Politik einzuleiten. Theoretische Aufklärungsarbeit und Agitationsreisen in die Provinz sollten ihre Vorstellungen des Stimmrechtsgedanken verbreiten. An öffentliche Auftritte gewöhnt, setzten sie sich souverän mit den Vorurteilen und Anfeindungen auseinander, die ihnen vor allem in den traditionsverhafteten Mittel- und Kleinstädten begegneten.444 Ihre Auftritte445 beunruhigten jedoch nicht nur Polizei und Gesellschaft, die beiden gerieten auch innerhalb der Frauenbewegung zunehmend in eine Isolation.446 Während des Krieges hatten Anita Augspurg und L.G. Heymann ihre Tätigkeit ganz in den Dienst der Friedensidee gestellt. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verschärfte sogar ihre Kritik an der Männerpolitik. Dieser Krieg hatte den Beweis geliefert, „daß der durch Gewalt aufgebaute und beherrschte Männerstaat auf der ganzen Linie versagt hat; der Beweis seiner Untauglichkeit wurde wohl noch nie anschaulicher erbracht. Das männliche Prinzip ist zersetzend und wird, wenn fortgeführt, die völlige Vernichtung der Menschheit herbeiführen.“447 So war die logische Konsequenz für die Radikalen: „ein Europa mit Frauenstimmrecht wäre keinem Weltkrieg zum Opfer gefallen.“ 448 Die Revolution hatte die bedrückenden Fesseln der Kriegsjahre gelöst und das proklamierte Frauenstimmrecht hatte Begeisterung bei den beiden Frauenrechtlerinnen Augspurg und Heymann ausgelöst. Besondere Verehrung galt Kurt Eisner. Bereits in den Kriegsjahren müssen über den Kreis der „Münchner Friedensvereinigung“ persönliche Kontakte zu Kurt Eisner entstanden sein, nach der Revolution suchten beide Frauenrechtlerinnen Kurt Eisner noch im November 1918 auf: „Was dieser Mann wollte, deckte sich mit unseren Bestrebungen, denen unsere Lebensarbeit galt; uns verband die gleiche Sehnsucht nach Befreiung von jeder Knechtschaft, nach Freiheit und Gerechtigkeit für Mann und Frau“ urteilten die beiden in ihren Memoiren.449 Sie boten ihre Mitarbeit an, unter dem Vorbehalt ihrer parteilichen Ungebundenheit. 75

Anita Augspurg gelangte als Vertreterin des „Bayerischen Vereins für Frauenstimmrecht“ als eine von acht Frauen in den Provisorischen Nationalrat Bayerns,450 doch sie leistete weder eigene Sprechbeiträge noch beteiligte sie sich an irgendwelchen Anträgen. Diese politische Zurückhaltung wurde in der folgenden Revolutionszeit aufgegeben. Anita Augspurg kandidierte als Parteilose für die USP bei der am 12. Januar 1919 stattgefundenen Wahl für den Bayerischen Landtag. Sie trat wohl auch zusammen mit Eisner auf den Wahlversammlungen auf und dürfte damit zu den prominentesten Rednern bzw. Rednerinnen der bayerischen USP gehört haben.451 Trotz ihres Einsatzes scheiterte sie, Anita Augspurg errang in ganz Bayern nur 963 Stimmen und damit kein Mandat.452 L.G. Heymann kandidierte für die Deutsche Nationalversammlung auf dem dritten Platz der oberbayerischen und bayerisch-schwäbischen USP Liste im Wahlkreis 24, vor ihr standen in diesem Wahlkreis lediglich Kurt Eisner und Finanzminister Edgar Jaffé auf der Kandidatenliste.453 Doch auch Lida Gustava Heymann blieb der Sprung in ein Parlament verwehrt. Nach der Landtagswahl trat Augspurg noch auf weiteren Versammlungen auf, am 14. Januar 1919 zusammen mit Kurt Eisner, dem Innenminister Hans Unterleitner und dem Finanzminister Edgar Jaffé454 sowie auf einer Veranstaltung am 16.1.1919, die neben Augspurg von Eisner und Jaffé bestritten wurde. Am 24. Januar 1919 hatte Augspurg auf einer öffentlichen Versammlung des NFDF einen Vortrag gehalten mit dem bezeichnenden Titel „Es gilt die Errungenschaften der Revolution zu sichern“ und gab damit die Richtung des weiteren politischen Engagements vor.455 Im Februar 1919 gründete Anita Augspurg zusammen mit L.G. Heymann die Zeitschrift „Die Frau im Staat.“ Laut Impressum hatte Augspurg die alleinige Schriftleitung, Heymann erledigte die alltägliche redaktionelle Arbeit.456 Das Blatt diente den beiden Herausgeberinnen vor allem dazu, ihre eigene feministisch-pazifistische Weltsicht zu entfalten und das Zeitgeschehen entsprechend zu interpretieren. Der Tod von Kurt Eisner hatte eine tiefe Betroffenheit bei beiden Frauen ausgelöst, in ihrem Nachruf griff Anita Augspurg sogar zu biblischen Zitaten, in denen der ermordete bayerische Ministerpräsident in die Nähe von Jesus Christus gerückt wurde.457 Es folgte eine immer größere Nähe zum rätepolitisch-revolutionärem System, die sich in der Teilnahme am Rätekongress in München vom 25. Februar bis zum 8. März 1919 ausdrückte. Lida G. Heymann hatte über eine persönliche Unterredung mit Gustav Landauer Berechtigungskarten für die Teilnahme am Rätekongress erwirkt.458 Beide Frauen waren unter den sechs Frauen auf dem Rätekongress die aktivsten, in etlichen Redebeiträgen nahm vor allem L.G. Heymann Bezug auf aktuelle politische Geschehnisse. Beide hatten etliche Kommissionen angeregt und wurden zu 76

Mitglieder in einigen Kommissionen gewählt.459 Am 7. März 1919 hatte Augspurg die Einrichtung von Frauenräten beantragt und war damit gescheitert.460 Augspurgs und Heymanns politische Unterstützung des Rätesystems hatte sich weitgehend auf eine theoretische Ebene beschränkt, ihr Hauptinteresse galt der Frage, wie ein neuer, gerechter und demokratischer Staat aussehen sollte und wie Frauen in dieses neue Staatswesen integriert werden könnten. Für dieses Ziel hatten sich beide noch auf dem Rätekongreß eingesetzt. Während der folgenden Räteherrschaft zogen sich beide auf einen weitgehend kritischen, aber parteilosen Beobachterposten zurück. Dies mag der Grund dafür sein, dass Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann dem weißen Terror entkamen. Doch sie blieben den neuen Machthabern suspekt: Die Burg Sonnensturm in Icking von Anita Augspurg wurde unmittelbar nach dem Ende der zweiten Räterepublik nach verdächtigem Material durchsucht, wohl auch die gemeinsame Wohnung in München. In den folgenden Jahren galt ihr Hauptinteresse der pazifistischen, internationalen Frauenbewegung. 1933, nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, gingen beide ins Exil. Da ihr Vermögen in Deutschland konfisziert wurde, lebten sie von publizistischen Tätigkeiten und der Unterstützung durch Freunde. Im Exil verfassten sie 1941 ihre Erinnerungen „Erlebtes-Erschautes.“ Am 31. Juli 1943 starb Lida Gustava Heymann in Zürich, am 20. Dezember 1943 folgte Anita Augspurg ihrer Lebensgefährtin und Mitkämpferin.461

3.3 Frauen aus katholischen Frauenorganisationen Die katholischen Frauen waren fest verwurzelt in einem katholisch geprägten, sittlichreligiösen Weltbild. Das Interesse an politischen Frauenfragen war in den katholischen Frauenorganisationen äußerst gering und die Forderung nach politischer Gleichberechtigung galt als geradezu anrüchig. Noch im September 1918 glaubte man, dass das Frauenstimmrecht für die „frommgläubige Frau“ einen großen Schaden bedeuten würde, wenn sie „aus der Stille des Gebetskämmerleins und den beschaulichen Betrachtungsstunden vor dem Tabernakel herausgerissen und in den wilden Wirbel der Politik hineingeschleudert“ würde.462

3.3.1 Der Katholische Frauenbund und der Verband Süddeutscher Katholischer Arbeiterinnenvereine Der Katholische Frauenbund München hatte sich am 6. Dezember 1904 mit 339 Mitgliedern konstituiert, darunter mehrere Prinzessinnen des Königlichen Hauses. Zur Vorsitzenden wur77

de auf Empfehlung von Pater Auracher Ellen Ammann gewählt.463 Bis 1909 zählte der Katholische Frauenbund in München 617 Mitglieder. Nach der Gründung des Bayerischen Landesverbandes 1911 nahm die katholische Frauenbewegung in Bayern einen gewaltigen Aufschwung in allen Diözesen und wuchs bis zum Vorabend des Ersten Weltkrieges auf 75 000 Mitglieder in 600 Zweigvereinen an.464 Im Mai 1917 erfolgte der Zusammenschluss aller katholischen Frauenvereine im „Landesverband des katholischen Frauenbundes.“465 Im Katholischen Frauenbund organisierten sich Frauen mit dem Bedürfnis, ihr Interesse an der Frauenfrage mit dem Glauben und der Zugehörigkeit zur katholischen Kirche zu vereinbaren und die Frauenfrage im christlichen Sinne zu lösen. In diesem Sinne verstand sich der Katholische Frauenbund als Teil der Frauenbewegung, setzte dabei jedoch deutlich andere Akzente. Ellen Amman umriss die Aufgaben des Katholischen Frauenbundes folgendermaßen: „Der Unterschied zwischen uns und den anderen ist, daß wir die Frauenfrage auf religiöser Grundlage lösen wollen in strengster Vereinigung mit der Kirche. Der Katholische Frauenbund ist eine starke Organisation für die Frau, nicht gegen den Mann. Uns bleibt es bewußt, daß die Frau die Gehilfin des Mannes ist. [...] Wir müssen uns zusammenschließen, um unsere Weltanschauung zur Geltung zu bringen.“466 Grundlegend für die christliche Auffassung von der Frau wurde innerhalb des Katholischen Frauenbundes ein Buch von Elisabeth Gnauck-Kühne mit dem Titel „Die deutsche Frau um die Jahrhundertwende,“ das umfassend die christlichen Vorstellungen von der Zuordnung der beiden Geschlechter formulierte.467 Noch 1919 hatte „Das Bayerische Frauenland“, Organ des Katholischen Frauenbundes in Bayern, zustimmend eine der zentralen Thesen wiedergegeben: „Mann und Frau sind zwei verschiedene Verkörperungen der göttlichen Menschheitsidee, verschieden, damit sie sich ergänzen.“468 Die Frau sei von der Natur her bestimmt durch die Mutterschaft und die Wesensart der Mütterlichkeit, dem Mann wäre die Schutz- und Nährpflicht zugewiesen.469 Auf diesem Grundsatz bauten sich die Weiblichkeitskonstrukte von Frauenleben und Frauenberuf auf, sei es in Ehe, Familie, im Weltberuf oder Kloster. Diese Konzepte sahen die Frau als Hausfrau und Mutter, eingebunden in die Ehe, die der Frau allein die Würde und den Schutz geben, „welche ihr nach göttlichem Gebot zustehen!“470 Doch in den sozialreformerischen und bildungsreformerischen Tätigkeiten des Bundes deutete sich ein wichtiges frauenpolitisches Anliegen an. Die soziale Lage der Frauen sollte sich langfristig verändern und den Frauen mit einer soliden Aus- und Weiterbildung neue Handlungsräume eröffnet werden. Trotz dieser Bildungsarbeit stand unumstößlich fest, dass die christliche Gattin und Mutter den „Hort des Glücks“ nur im „Schoß der Familie“ finde,471 außerhäusliche Erwerbstätigkeit der Frauen gefährde grundsätzlich Ehe, Familie und Gesellschaft 78

und sei nur akzeptabel als Recht auf Arbeit zum Lebensunterhalt. Bei dieser Motivationslage sei es zwar unmöglich, Frauen von der Erwerbstätigkeit fernzuhalten, doch sollte dabei stets der Grundsatz gewahrt bleiben, dass um wirtschaftlicher Werte willen religiös-sittliche Werte nicht verloren gehen dürften.472 Während weite Teile der Frauenbewegung für das Frauenwahlrecht Jahrzehnte lang gekämpft hatten, war der Katholische Frauenbund in dieser Frage sehr zurückhaltend geblieben. Nach der reichsweiten Zulassung von Frauen zu Parteien im Jahr 1908 sah sich auch der Katholische Frauenbund zu Stellungnahmen zum Frauenwahlrecht genötigt. Elisabeth Gnauck-Kühne trat in einem Artikel in der „Christlichen Frau“ eindeutig für das Frauenwahlrecht ein, doch nach dieser vorpreschenden Einzeläußerung erschienen keine weiteren Artikel mehr, die sich entschieden für die politische Gleichberechtigung der Frau ausgesprochen hätten.473 Man verharrte in einer aufmerksam abwartenden Haltung, trotzdem wurde die staatsbürgerliche und sozialpolitische Schulung der Mitglieder grundsätzlich nicht abgelehnt, sondern sogar in das Programm aufgenommen.474 Der „Verband Süddeutscher Katholischer Arbeiterinnenvereine“ war im Februar 1906 gegründet worden „zum Schutze der Arbeiterin vor materieller und sittlicher Not und vor Verflachung von Seele und Geist.“475 In den Arbeiterinnenvereinen fanden die Frauen nicht nur Unterhaltung und Ablenkung vom schweren Arbeitsalltag, sondern im Gespräch mit Kolleginnen erhielten sie oft auch Rat für Hygiene, Arbeits- und Versicherungsschutz.476 Der Süddeutsche Verband der katholischen Arbeiterinnenvereine war in der Kriegszeit auf 27 000 Frauen in 240 Vereinen angewachsen.477 Getreu den katholisch-kirchlichen Vorstellungen herrschte in dem Verband eine traditionelle Auffassung der Frau als Hausfrau und Mutter. Trotzdem hatte die Notwendigkeit, zum eigenen oder familiären Lebensunterhalt beizutragen, bereits vor dem Krieg zu einer Zunahme weiblicher Erwerbstätigkeit geführt, die Kriegswirtschaft hatte dann die Frauenarbeit in bisher nicht gekanntem Ausmaß benötigt. Mit einem neuen Selbstbewusstsein stellte der Verband katholischer Arbeiterinnenvereine deshalb zwar fest, dass die Frauen dadurch an „Arbeitsehre“ gewonnen hätten, doch es drohe durch die Erwerbstätigkeit die Gefahr, an „Frauenehre“ zu verlieren.478 Nur innerhalb der stillen Mauern des Familienlebens erfülle sich das Idealbild der Frau, es bleibe „der Hauptberuf und das tiefste Sehnen jedes weiblichen Wesens immerdar im stillen Haushalt ihre eigentümlichen Kräfte zu entfalten als Gattin und Mutter der Kin-

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der.“479 Das Erwerbsleben, vor allem in der Fabrik, berge enorme sittliche Gefahren für die Frau, da der oft raue Ton das weibliche Zartgefühl verletze. Die gesellschaftliche, politische Gleichstellung zwischen Mann und Frau, die jeden geschlechterspezifischen Unterschied leugne, wurde als eine „falsche Emanzipation“ abgelehnt.480 Das katholische Frauenbild setzte sich damit deutlich ab von den Weiblichkeitskonzepten der liberalen und vor allem der sozialdemokratischen Frauenbewegung und sah hierin „traurige Irrgänge,“ die zu vermeiden seien, kurz die „öde Gleichstellerei“ sei ein „toller Unsinn.“481 Noch im September 1918 lehnten die katholischen Arbeiterinnen-Vereine konsequenterweise auch die politische „Gleichmacherei“ in Form des Frauenstimmrechtes ab, die Frauen würden „viel mehr verlieren als gewinnen, wenn sie in den Staub der politischen Arena mit deren leidenschaftlichen Kämpfen hinabsteigen.“482 Das Frauenwahlrecht galt als eine Neuerung, von der nur ein Schaden für die Frauen entstehen würde. Die Frau als „Hausfrau und Hüterin des häuslichen Herdes“ würde aus dem Familienkreis herausgerissen und in das öffentliche Leben gestellt werden.483 Der ganze Schatz ihrer wahren Innerlichkeit würden die Frauen gegen den „zweifelhaften Gewinn des Frauenwahlrechtes eintauschen.“484 Die Plötzlichkeit der Einführung des Frauenwahlrechtes hatte zwar keinesfalls alle bisherigen Besorgnisse und Bedenken beseitigt, aber man war nun bereit, auch die „Lichtseiten des Frauenwahlrechts“ zu sehen. Das Frauenstimmrecht sollte sich nun „zu unserem persönlichen Nutzen, zum Heil und Frommen unserer Kinder, zum Segen für unser Vaterland und zur Freude unseres Herrgotts“ auswirken.485 Diesem vagen Leitbild folgten nun fünf Frauen aus dem mächtigen Verband des Katholischen Frauenbundes wie aus dem Verband Süddeutscher Katholischer Arbeiterinnenvereine und engagierten sich während der Revolutionszeit politisch im Rahmen verschiedener politischer Gremien. Freiherrin Elisabeth Maria von Gebsattel, aus dem speziellen Wirkungskreis der Caritas, kandidierte erfolgreich für die Bayerische Landtagswahl im Januar 1919. Marie Zettler, die Landessekretärin des Bayerischen Landesverbandes des Katholischen Frauenbundes, gelangte über ihre Kandidatur für die Zentrumspartei in die deutsche Nationalversammlung. Marie Sturm, Mitglied im katholischen Lehrerinnenverein, vertrat ihren Verein im Provisorischen Nationalrat. Aloisia Eberle486 war als Verbandssekretärin des Verbandes Süddeutscher Katholischer Arbeiterinnenvereine Mitglied im provisorischen Nationalrat und hatte als Kandidatin für die BVP für den Bayerischen Landtag ein politisches Mandat errungen. Ellen

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Ammann hatte ebenfalls für die BVP kandidiert und rückte in den Bayerischen Landtag als Abgeordnete ein.

3.3.2 Ellen Ammann Ellen Ammann wurde am 1. Juli 1870 als Ellen Sundström in einer protestantischen Familie in Stockholm geboren.487 Ihr Vater war Gelehrter und später Professor der Zoologie und Ornithologie. Politisch engagiert, schrieb er die Leitartikel des Stockholmer „Dagbladet.“ Ellens Mutter, eine geistreiche und gebildete Frau, war nach dem frühen Tod des Gatten selbst journalistisch tätig und leitete über ein Jahrzehnt lang den außenpolitischen Teil einer der größten schwedischen Zeitungen.488 Ellen Sundström absolvierte in Stockholm die Höhere Mädchenschule sowie das Gymnasium und begann mit dem Medizinstudium. Sie studierte Heilgymnastik und lernte bei diesen Kursen ihren späteren Mann, den Münchner Orthopäden Dr. Ottmar Ammann kennen. Sie konvertierte zur katholischen Konfession und folgte ihrem Mann nach der Heirat im Jahre 1890 nach München. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor, ihr Leben war wesentlich durch Familienpflichten bestimmt.489 Sie unterstützte ihren Mann in seiner orthopädischen Klinik, leitete 18 Jahre lang die hauswirtschaftliche Versorgung. Als Schwedin brachte Ellen Ammann großes Interesse an der Frauenbewegung mit und verfolgte in München aufmerksam und mit Hochachtung, was die Frauenbewegung und ihre herausragenden Vertreterinnen Ika Freudenberg, Anita Augspurg sowie Lida Gustava Heymann betraf. Ihr sozialpolitisches Engagement begann 1895, als sie dem Marianischen Mädchenschutz beitrat, der sich mit Zufluchtsheimen und Lehrkursen um junge, berufstätige Mädchen kümmerte.490 Im Jahr 1897 organisierte sie den ersten „Bahnhofsdienst“ auf dem Münchener Hauptbahnhof, die erste katholische Bahnhofsmission in Deutschland.491 Ihr frauenpolitisches Ziel konzentrierte sich auf die katholischen Frauen in Bayern: „Es sollte sich bald zeigen, dass unserer frauenbewegte Schwedin eine Aufgabe an den allzu konservativen Bayernfrauen zu erfüllen hatte“ schrieb ihre Biographin Marianne Neboisa zu diesen Ambitionen.492 In München initiierte Ellen Ammann die Gründung eines Zweigvereins des seit 1903 in Köln bestehenden „Katholischen Frauenbundes.“493 Ellen Ammann begründete diesen Schritt folgendermaßen in dem Aufruf „An die katholischen Frauen und Jungfrauen Münchens“ vom 17. Oktober 1904: „Nur wer die Zeichen der Zeit gar nicht versteht, wer die Zusammenhänge der wirtschaftlichen und sozialen Bewegung unserer Zeit gar nicht kennt, kann die Notwendigkeit einer katholischen Frauenorganisation leugnen.“494

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Die Frauenbewegung bedeutete für sie jedoch weniger eine Kampfbewegung gegen anders eingestellte Richtungen der Frauenbewegung, sondern Aufbauarbeit für das katholische Familienleben, für die staatsbürgerlichen Aufgaben der Frau und für die Verinnerlichung der Persönlichkeit.495 Ellen Ammann hatte erkannt, dass alle bis zur Gründung des Bundes caritativsozial wirkenden Unternehmungen, zu denen auch der „Mädchenschutz“ gehörte, nur ein Teilgebiet der Frauenfrage lösen konnten, die Frauenfrage sei grundsätzlicher und umfassender aufzufassen. Da die bestehende Frauenbewegung um 1900 weitgehend nicht religiös war, setzte sie sich für eine katholische Frauenbewegung ein.496 Unter ihrer Führung wurde der Dreh- und Angelpunkt der Arbeit des Katholischen Frauenbundes die Erweiterung und gleichzeitige Verbesserung des Bildungssystems für Frauen. Nur mit einer Aus- und Weiterbildung würde die soziale Lage der Frauen langfristig verändert und neue Handlungsspielräume eröffnet. Engagiert setzte sich Ellen Amman für dieses Ziel ein, prägte nicht nur den katholischen Frauenbund in Bayern, sondern war Initiatorin sozialpolitischer Einrichtungen und in vielen anderen caritativ-sozialen Werken tätig.497 Gerade Ellen Ammann hatte ihre Aufgabe als Führerin des mächtigen Katholischen Frauenbundes von Anfang an als eine politische Aufgabe verstanden, als „taugliches Mittel, die katholischen Frauen für ihre Arbeit im Staate zu rüsten.“498 Für sie war die staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Frau und ihre Befähigung zur Übernahme von politischen Ämtern ein zentrales Anliegen. Für diese Auffassung von weiblicher Emanzipation fand sich jedoch wenig Verständnis bei den meisten Frauenbundmitgliedern. Ellen Ammann musste vorsichtig taktieren, denn laut für das Frauenstimmrecht zu plädieren, „hätte ganz zweifellos in jener Zeit den Katholischen Frauenbund der Massengefolgschaft der Frauen beraubt.“499 Die Mitstreiterin von Ellen Ammann und ihre spätere Biographin, Marie Amelie von Godin, beschrieb die geistige Gesamtverfassung jener katholischen Kreise der Anfangszeit wie folgt: Schon allein das Wort „sozial“ wirke „wie das berühmte rote Tuch auf den Kampfstier und gar die Erwähnung öffentlicher oder politischer Ansprüche und Rechte der Frau schien fast gleichbedeutend mit der Aufforderung zu anstößigem Leben. Die Frau gehört ins Haus! Das war zu jener Zeit noch das allgemeingültige Axiom.“500 So ist es verständlich, dass Lida Gustava Heymann bei ihrer Werbung für den 1902 gegründeten „Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht von Ellen Ammann eine Absage erhielt: „Nein, Frau Heymann, davon kann für uns noch nicht die Rede sein! Glauben Sie mir, ich würde, begänne ich heute bereits mit solcher Propaganda, auch Ihren Absichten mehr schaden als nützen. Eines aber versichere ich Ihnen, wenn dann der richtige Augenblick kommt, bedarf es nur eines Wortes von mir wie der übrigen Führerinnen und Führer, um all meine Mitglieder sofort ohne irgendwelche weitere Vorbereitung auf den Plan zu rufen.“ 501 82

Die Revolution hatte diesen „richtigen Augenblick“ herbeigeführt. Als am 12. November 1918 die beiden Zentrumspolitiker Georg Heim und Sebastian Schlittenbauer auf einer Tagung der Christlichen Bauernvereine in Regensburg die „Bayerische Volkspartei“ gegründet hatten,502 hatte sich auch Ellen Ammann als Führerin des mächtigen Katholischen Frauenbundes in Bayern an der Gründung der Bayerischen Volkspartei (BVP) beteiligt,503 kandidierte für die BVP für den bayerischen Landtag und gelangte als eine der ersten Parlamentarierinnen in den Bayerischen Landtag. Sie gehörte von 1919 bis 1932 dem Bayerischen Landtag an, keine der bayerischen weiblichen Parlamentarierinnen war so lange und kontinuierlich Abgeordnete in der Weimarer Zeit. Die Ressorts Gesundheitswesen, Familienfürsorge, Jugendfürsorge, Öffentliche Fürsorge und Wohlfahrtspflege entsprachen ihrem bisherigen Wirkungsund Erfahrungsbereich. Durch ihr unerschrockenes Handeln verhinderte sie 1923 den Hitlerputsch, in dem sie durch eine persönliche Intervention bei Kahr erreicht hatte, gegen Hitler und die Nationalisten vorzugehen. Am 22. November 1932 erlitt sie während einer Rede im Landtag einen Schwächeanfall und starb in der folgenden Nacht.

3.4 Frauen aus der proletarischen Frauenbewegung Während der Revolutionszeit in Bayern existierten – wie auch im Deutschen Reich – drei sozialistische Parteien, denen Frauen als Mitglieder angehörten: die SPD, die 1917 gegründeten Ortsverbände der USP und die ab 1919 entstandenen Ortsgruppen der KP in Bayern. Innerhalb dieser Dreiteilung der proletarischen Frauenbewegung hielten die Sozialistinnen, trotz politischer Differenzen,504 an der sozialistischen Emanzipationstheorie fest, die sich an der von August Bebel entwickelten sozialistischen Auffassung von der Rolle der Frau orientierte. In seinem 1878 erstmals erschienenen Buch „Die Frau und der Sozialismus“ verwies er nicht nur auf die physischen Unterschiede zwischen Mann und Frau, sondern er behandelte die Frauenfrage als „eine Seite der allgemeinen sozialen Frage.“505 Da sich unter diesem Aspekt die Frau erst dann von den konventionellen Fesseln befreien könne, wenn sich die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse geändert hätten, sei die „Gleichberechtigung der Frau mit dem Manne auf dem Boden der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung“ nicht zu verwirklichen.506 Clara Zetkin führte die Bebelschen Überlegungen weiter, entsprechend ihrer Grundauffassung galt das vordergründige Ziel der sozialistischen Frauenbewegung dem Klassenkampf. Das Stimmrecht wurde für die Sozialistinnen zu einem Kampfmittel der Arbeiterinnen gegen die kapitalistische Ordnung: „Wir verlangen gleiche politische Rechte mit dem Manne, damit wir ungehemmt durch gesetzliche Schranken mitarbeiten, mitkämp83

fen können, um diese Gesellschaft zu stürzen.“507 Das Wahlrecht galt als Voraussetzung der Arbeiterin für einen gemeinsamen Kampf mit den Männern zur sozialistischen Umwandlung der Gesellschaft.

3.4.1 Die sozialdemokratische Frauenbewegung Die Entwicklung der sozialdemokratischen Frauenbewegung verlief in Bayern in nur sehr langsamen, zögerlichen Schritten. Auf Grund des bayerischen Vereinsgesetzes vom 26. Februar 1850 durften Frauen nicht als Mitglieder in Vereinen, die politische Zwecke verfolgten, aufgenommen werden.508 Doch ab 1870 suchten bayerische Frauen nach Wegen, diese Bestimmungen

zu

umgehen

und

sich

über

sog.

Bildungsvereine

oder

Frauen-

Agitationskommissionen zu organisieren.509 Doch all diese Vereine waren nur sehr kurzlebig. Sie wurden zwischen 1891 und 1895 kurzerhand zu politischen Vereinen erklärt, da sie sich mit öffentlichen Angelegenheiten befassten, und wurden darum polizeilich aufgelöst.510 Mit der Lockerung des bayerischen Vereinsgesetzes 1898 konnten die Frauen wieder an eigenständige Organisationsformen denken, ab 1901 entstanden erneut Bildungsvereine in Augsburg, München und Nürnberg. Helene Grünberg,511 die Nürnberger Arbeitersekretärin, prägte entscheidend die sozialdemokratische Frauenbewegung in Nürnberg und spielte in der sozialdemokratischen Frauenbewegung in Bayern neben Marie Greifenberg eine wichtige Rolle. Seit 1906 begann sich auch in Hof eine proletarische Frauenbewegung zu formieren. Margarete Völkel, die Vertrauensfrau der Hofer SPD hatte im Hinblick auf die bevorstehenden Reichstags- und Landtagswahlen an ihre Genossinnen und alle Arbeiterfrauen appelliert:„Agitiert und organisiert. Helft den Genossen bei allen Wahlarbeiten. Sammelt Gelder, verteilt Flugblätter und veranstaltet Hausagitationen!“512 Ganz im Geiste von Clara Zetkin wurden auch in Bayern Vorträge gehalten, in denen „die Aufforderung an die Frauen erging, sich zu organisieren, wie die Sozialdemokraten Front zu machen gegen die Gesetze und Bestimmungen, welche die Frauen bedrücken, ihre Thätigkeit auf das politische Gebiet, das Staats- und Gemeindeleben zu erstrecken und in den Kampf gegen das Kapital einzutreten, bis die jetzige Gesellschaftsform zusammenbreche und der soziale Volksstaat entstanden sei.“513 Das vordergründige Ziel der sozialistischen Frauenbewegung in Bayern galt um 1900 dem Klassenkampf und der Erweiterung der Mitgliederbasis. Am 20. Oktober 1907 tagte die erste bayerische Frauenkonferenz in Nürnberg. Hier wurde Marie Greifenberg zur Landesvertrauensperson gewählt, mittlerweile gab es in 34 Orten in Bayern Vertrauenspersonen.514 Trotz zunehmender weiblicher sozialdemokratischer Aktivitä84

ten war die Attraktivität der SPD für die bayerischen Frauen, gemessen am Mitgliederstand, eher gering. 1908 besaß die SPD für Nordbayern und Südbayern zusammen 281 weibliche sozialdemokratische Mitglieder,515 bis 1910 zählte die SPD in Nordbayern 1 886 und in Südbayern 1 613 weibliche Mitglieder.516 Das lag u. a. auch an dem Einfluss der katholischen Kirche, die die sozialdemokratischen Bestrebungen ablehnte und die Arbeiterinnen lieber in christlichen Vereinen und Gewerkschaften organisiert sehen wollte. Selbst die noch eher bescheidene Entwicklung einer sozialdemokratischen Frauenbewegung in Bayern löste bereits in ihren Anfängen Ängste aus, eine sozialistische Agitation unter den Frauen durch das sozialdemokratische Organ „Die Gleichheit“ wurde als eine ernsthafte Gefahr angesehen für Kirche und Staat.517 Zu dieser Zeit hatte die proletarische Frauenbewegung bereits die Stimmrechtsfrage an die Spitze ihrer Tagesordnung gesetzt. Seit 1911 fanden auch in den größeren bayerischen Städten alljährlich Frauentage mit großen Kundgebungen statt, die den Schwerpunkt der sozialdemokratischen Frauenarbeit auf den Kampf um das Frauenwahlrecht legten. Es wurden Resolutionen verfasst, die immer wieder nachdrücklich das Frauenwahlrecht forderten.518 Das Frauenwahlrecht gewann zunehmend einen eigenständigen Wert. Auf dem Frauentag in Hof wurde 1914 nach einer Rede von Luise Zietz in einer einstimmig angenommenen Resolution festgehalten: „Die Gleichberechtigung der Frauen beginnt mit dem Frauenwahlrecht.“519 Die Frauen müssten Einfluss gewinnen auf die Politik, um selbst ihre Interessen wahrzunehmen. Sie verlangten das gleiche, geheime und direkte Wahlrecht, da ein beschränktes Frauenwahlrecht, das eine bestimmte Steuerleistung, einen bestimmten Bildungsgang voraussetzt, einen großen Teil der Proletarierinnen weiter zu politischer Rechtlosigkeit verurteilt hätte.520 Mit dem Inkrafttreten des Reichsvereinsgesetzes vom 8. April 1908 änderte sich die politische Situation der sozialdemokratischen Frauen grundlegend. Das Reichsvereinsgesetz hatte den Frauen die volle Vereins- und Versammlungsfreiheit gewährt, damit war es ihnen möglich geworden, in die Sozialdemokratische Partei einzutreten. Die organisatorische Eingliederung der Frauenvereine in die SPD wurde in Nürnberg beschlossen.521 Die Frauen ließen sich in die Partei integrieren, ohne jedoch wirklich einflussreiche Positionen zu erhalten. Dies lag wohl auch an der Haltung der sozialdemokratischen Männer in Bayern, die eine deutliche Diskrepanz zwischen einer theoretischen Anerkennung der politischen Frauenarbeit und der praktischen Akzeptanz politischer Gleichberechtigung im Parteileben erkennen ließ. Auf Parteitagen und Frauenkonferenzen führten Frauen ständig Klage darüber, dass die Männer in den Ortsvereinen zum Ausdruck brachten, dass die Frauen ihrer Meinung nach nichts in der Politik zu suchen hätten und sie darum nicht genügend unterstützten.522 85

Vor diesem parteipolitischen Hintergrund erscheint die Eroberung neuer Aufgaben im Bereich der Sozialpolitik auf Gemeindeebene wie eine Kompensation für die Ausgrenzung der Genossinnen aus der Parteipolitik. Ab 1910 setzte eine sozialpolitische Arbeit der Sozialdemokratinnen in Bayern ein, z. B. in München, aber auch in Nürnberg. Hier wurde Helene Grünberg in der Kinder- und Jugendfürsorge und zwischen 1916 und 1919 als Armenrätin tätig.523 Ideologischer Hintergrund dieses sozialpolitisch-öffentlichen Engagements war ein traditionelles Frauenleitbild, das trotz marxistischer Grundpositionen durchaus eine Anlehnung an die Idealvorstellungen der bürgerlich-gemäßigten Frauenbewegung darstellte, obwohl die Rolle der Frau in der Familie sich grundsätzlich abheben sollte von den konservativbürgerlichen Vorstellungen.524 Nach der Vorstellung von Clara Zetkin sollte die Frau sowohl in der Welt wie auch in der Familie „wurzelnd tätig“ sein, dem Mann „nicht mehr als gehorsame Magd, nicht bloß als treu sorgende Pflegerin und Hauswirtin“ zu Seite stehen, sondern als „Gefährtin seiner Kämpfe“, als „überzeugte, warmfühlende Hegerin seiner Ideale.“525 Vor allem das Stereotyp des Mütterlichen als spezifisch Frauliches drang in die marxistische Emanzipationstheorie ein. Diese Position wurde vor allem von Clara Zetkin und Ida Altmann vertreten. So tauchten bereits seit 1906 Vorstellungen von der „heiligen Beziehung des Weibes, der Mutter zum Kind“ auf, die beste Kraft der Frau sei ihre Aufopferungsfähigkeit und ihre „mütterlichen Kräfte, die im Weibe schlummern, die es besonders zu dem Amt des Erziehers befähigen.“526 Diese Hinwendung zum mütterlichen Frauenbild, das im mütterlichen Empfinden eine besondere weibliche Eigenart sah, schien durchaus auf eine breite Resonanz innerhalb der Sozialdemokratie zu stoßen.527 Denn entgegen der sozialistischen Theorie konnten und wollten die sozialistischen Männer ihre patriarchalische Einstellung und Verhaltensweise in der Familie und gegenüber ihren Ehefrauen nicht ablegen. Doch manche sozialistischen Frauen waren durchaus nicht bereit, solche antifeministischen Haltungen zu akzeptieren. Sie entwickelten eine neue Vorstellung einer Rollen- und Arbeitsverteilung innerhalb der Familie, damit sich die Frauen vermehrt organisieren und am Klassenkampf teilnehmen könnten. Eine Freistellung von familiären Pflichten sei jedoch nur durch persönliche Mithilfe der Männer bei der Kinderversorgung und im Haushalt möglich.528 Gerade in Bayern konnten die sozialdemokratischen Männer diesen Vorstellungen wenig abgewinnen. In vielen bayerischen Parteiversammlungen, in denen es um Fraueninteressen ging, waren oft die Männer in der Mehrzahl, da die Frauen zu Hause bei den Kindern bleiben sollten. Selbst bei den Kindern zu bleiben „empfinden die süddeutschen Genossen ... als eine furchtbare Herabwürdigung,“ hatte Käte Duncker 1908 festgestellt.529 Ein „mütterliches“ 86

Leitbild der Frau tastete dagegen den familiären Patriarchismus nicht an, den Genossinnen konnte mit Aufgaben im Bereich der Sozialpolitik auf Gemeindeebene ein Platz in der Öffentlichkeit zugewiesen und gleichzeitig eine Ausgrenzung von parteipolitischen Ämtern vorgenommen werden. Trotz gesellschaftlicher Widerstände und männlicher Ressentiments innerhalb der eigenen Partei hatten sich die sozialdemokratischen Frauen als eifrige Kampfgenossinnen bewährt, erfolgreich Agitation geleistet, die männlichen Genossen bei Wahlen unterstützt, Flugblätter verteilt, Spendengelder eingetrieben. Das Ergebnis dieser sozialdemokratischen Agitation konnte sich sehen lassen. Die weibliche Mitgliedschaft zählte bis zum Vorabend des Ersten Weltkrieges 9 122 organisierte Frauen, der Frauenanteil lag damit bei etwa 10 %.530 Damit gehörte Bayern zu den Agitationsbezirken der SPD mit einem geringen weiblichen Frauenanteil. Der Reichsdurchschnitt lag bei 16,09 % im Jahre 1914.531 In den Kriegsjahren kam es dann zu einem drastischen Rückgang der weiblichen Mitglieder, die Sozialdemokratie in Bayern zählte bis Ende 1917 nur mehr 3 937 weibliche Mitglieder.532 Einige der SPD-Genossinnen hatten die Chance des Frauenstimmrechts ergriffen und ihr politisches Engagement von der Parteipolitik auf die konventionell-politische Ebene verlegt. Sie waren Mitglieder in Arbeiterräten wie Aurelie Deffner und Helene Grünberg; Emilie Mauerer533 wurde die Vertreterin der SPD-Frauen im Provisorischen Nationalrat. Centa Metzger und Emilie Mauerer aus München, Babette Ramig aus Würzburg und Aurelie Deffner aus Kempten hatten für die SPD bei den Landtagswahlen 1919 kandidiert, Emilie Mauerer und Aurelie Deffner hatten einen Sitz im Bayerischen Landtag errungen. Helene Grünberg und Toni Pfülf gelangten über ihre SPD-Kandidatur in die Deutsche Nationalversammlung.

3.4.1.1 Aurelie Deffner Aurelie Deffner, geborene Wagner, wurde am 10. Dezember 1881 in Handzell (Lkr. AichachFriedberg, ehemals Oberbayern) als uneheliche Tochter der Magd Anna Maria Wagner und eines Knechtes geboren.534 Mit knapp 15 Jahren fand sie eine Anstellung als Arbeiterin in der Baumwoll-Feinspinnerei in Augsburg und damit in einer typischen „Frauenindustrie.“ Ein Jahr später arbeitete sie in der Mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei Augsburg und befreundete sich hier mit einer sozialistisch gesinnten Arbeitskollegin. Für politisch interessierte Frauen gab es bis zur Jahrhundertwende auf Grund des Vereins- und Versammlungsgesetzes von 1850 nur die Möglichkeit, über eine gewerkschaftliche Organisation öffentlich aktiv zu werden. Beide Frauen schlossen sich deshalb dem Deutschen Textilarbeiterverband 87

an, der 1899 in Augsburg bereits 97 weibliche Mitglieder zählte.535 Obwohl der Deutsche Textilarbeiterverband die offizielle Theorie der SPD unterstützte, die die Emanzipation von Frauen durch eine aktive Teilnahme am Arbeitsprozess propagierte, galten Arbeiterinnen in der Rhetorik der Gewerkschaften lange Zeit als „Lohndrücker“ oder „Streikbrecherinnen,“ als „Schmutzkonkurrentinnen.“536 Aurelie Deffner besuchte trotz dieses oft frauenfeindlichen Umfeldes eifrig die Textilarbeiterversammlungen und lernte hier den Kammgarnspinner, hauptamtlichen Gewerkschaftsfunktionär und aktiven Sozialdemokraten Wilhelm Deffner kennen, 1902 heiratete sie ihn, zwei Jahre später gab sie ihre Berufstätigkeit auf.537 Zusammen betrieben sie gewerkschaftliche Agitation in Augsburg, wobei sie sich vor allem an die Mädchen und Frauen wandte. 1910 zog die Familie mit ihren zwei Kindern nach Kempten um. Hier errichtete Wilhelm Deffner eine Zweigstelle des Textilarbeiterverbandes für das Allgäu. Aurelie Deffner stand ihm dabei tatkräftig zur Seite.538 1917, als Wilhelm Deffner als Soldat eingezogen wurde, übernahm sie Leitung und Geschäfte des Textilbezirkes. Die Nähe des Textilarbeiterverbandes zur Sozialdemokratie führte Aurelie Deffner neben ihrer gewerkschaftlichen Arbeit schon früh in die Parteipolitik der SPD. Vermutlich gehörte Aurelie Deffner zu den 45 Frauen, die sich bereits in der Gründungsversammlung am 18. Oktober 1901 dem Bildungs-Verein für Frauen und Mädchen in Augsburg anschlossen.539 Sie wurde in den Vorstand des Augsburger Bildungsvereins gewählt, 1905 zur Stellvertreterin von Marie Greifenberg, der amtierenden Vertrauensperson. Als diese ihr Amt 1906 aufgab, übernahm Aurelie deren Aufgabenbereich. Damit war sie örtliche Vertreterin der proletarischen Frauenbewegung innerhalb der sozialdemokratischen Ortsgruppe Augsburgs und es gehörte zu ihren Aufgaben, planmäßig politische Werbung für die Sozialdemokratische Partei unter Frauen zu betreiben, öffentliche Versammlungen zu organisieren und Frauen an politische Fragen heranzuführen. Sie veranstaltete Leseabende, auf denen sich Frauen mit dem SPD-Parteiprogramm befassten und agitierte für das Frauenwahlrecht. 1908 setzte sich Aurelie Deffner für den geschlossenen Übertritt der Mitglieder des Frauenbildungsvereins in den Sozialdemokratischen Verein ein.540 Deffner wurde in den Parteivorstand gewählt, 1910 war sie zweite Schriftführerin. Als sie im gleichen Jahr nach Kempten umzog, wurde sie 1912 erste Schriftführerin im Sozialdemokratischen Verein Kempten. Hier setzte sie ihr parteipolitisches Engagement fort und trat als Rednerin für das Frauenwahlrecht auf Kundgebungen in Kempten auf, 1914 auf dem Frauentag in Augsburg.541 Nach der Revolution gehörte Frau Deffner bereits im Dezember 1918 dem Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat in Kempten an,542 ihr Mann wurde Vorsitzender dieses kommunalen Rates 88

und in den provisorischen Nationalrat gewählt.543 Für die bayerischen Landtagswahlen kandidierte sie für die SPD für die Wahlbezirke Sonthofen und Kempten.544 Sie wurde gewählt und zog als Abgeordnete im Januar 1919 in den Bayerischen Landtag ein. Auf der dritten Sitzung am 18. März wurde sie neben Ellen Ammann Ellen und Käthe Günther in den LehrergesetzAusschuss gewählt.545 Bereits in der nächsten Legislaturperiode kandidierte sie nicht mehr und widmete sich die nächsten Jahrzehnte ausschließlich ihrer Familie.546 Im Juli 1959 starb sie im Alter von 77 Jahren in Augsburg.

3.4.1.2 Antonie Pfülf Antonie (Toni) Pfülf wurde am 14. Dezember 1877 in Metz als Tochter eines kaiserlichen Oberst und späteren hohen Beamten im bayerischen Kriegsministerium in München geboren.547 Sie besuchte zunächst die höhere Töchterschule in Metz und ging 1896 nach München, um sich am dortigen Lehrerinnenseminar ausbilden zu lassen. Sie unterrichtete dann als Volksschullehrerin in verschiedenen bayerischen Orten, ab 1907 in München, bis sie 1920 aus gesundheitlichen Gründen ihren Lehrberuf aufgeben musste. Zum Bruch mit ihrem Vater kam es, als sie sich für politische Fragen interessierte, aus der katholischen Kirche austrat und aktive Sozialistin wurde. Bereits 1902 war sie einer der SPD nahestehenden Frauenvereinigung beigetreten. Anlass war möglicherweise der Besuch einer Frauenkonferenz, bei der Clara Zetkin als Rednerin mit dem Thema „Die politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts, insbesondere auf dem Gebiet des Vereins- und Versammlungsrechtes“ auftrat.548 Bei Kriegsbeginn wandte sie sich dem Pazifismus zu und forderte die SPD auf, sich bei der Abstimmung über die Kriegskredite zu enthalten.549 Obwohl sie der SPD angehörte, hielt sie sich nicht an die „reinliche Scheidung“ und leistete zusammen mit bürgerlichen Frauen ehrenamtliche Sozialarbeit, während des Ersten Weltkrieges war sie als Münchener Armen- und Waisenrätin tätig. Nach dem Ausbruch der Revolution gehörte sie dem Münchener Arbeiterrat an, auf der 4. Sitzung am 10. Dezember 1918 hatte sie die positive Arbeit, die der Zentralrat der Revolutionäre bisher in Bezug auf die Jugendbildung geleistet habe, lobend hervorgehoben.550 Ihrer Meinung nach war die Jugendbildung eine notwendige Voraussetzung für die Revolutionierung der Gesellschaft.551 Doch Kritik übte sie an der bisherigen mangelhaften Politisierung von Frauen durch das Rätesystem.552 Die bisher geringe Beteiligung von Frauen an der Rätebewegung mag Toni Pfülf veranlasst haben, sich an der Gründung des „Bundes sozialistischer

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Frauen“ zu beteiligen, sie wurde sogar Vorsitzende des im Dezember 1918 gegründeten Bundes sozialistischer Frauen.553 Antonie Pfülf hatte für die SPD im Wahlkreis Oberbayern-Schwaben für die Deutsche Nationalversammlung kandidiert und und den politischen Sprung in die Deutsche Nationalversammlung geschafft. Hier gehörten die Sozialdemokratinnen mit 22 Parlamentarierinnen zu der Fraktion mit dem höchsten Frauenanteil, unter ihnen befand sich neben Toni Pfülf später als Nachrückerin Helene Grünberg554 aus Nürnberg. Toni Pfülf kann zweifellos zu den aktivsten Politikerinnen in der deutschen Nationalversammlung während dieser ersten Legislaturperiode gezählt werden. Sie gehörte dem parteiübergreifenden Verfassungsausschuss an, dem von Seiten der SPD zeitweise auch Marie Juchacz, Ernestine Lutze, Minna Bollmann, Frida Hauke, Clara Bohm-Schuch zugehörten.555 Für Frauen war die Beteiligung an der Ausgestaltung der Verfassung insoweit von weitreichender Bedeutung, da hier als Novum die Gleichstellung der Frau festgelegt werden sollte. Die Verankerung des staatsbürgerlichen Gleichberechtigungsprinzips sollte im Artikel 109 erfolgen. Strittiger Punkt war jedoch die Formulierung: Männer und Frauen haben „grundsätzlich“ dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. Toni Pfülf beantragte auf der 40. Sitzung des Verfassungsausschusses am 16. Juni 1919 die Streichung des Wortes „grundsätzlich“ in Artikel 109, das vom Ausschuß nachträglich eingefügt worden war. In einem weiteren Antrag wandte sich Toni Pfülf gegen die Ausnahmebestimmungen, die gegen weibliche Beamte gerichtet waren. Die Beamtinnen sollten die gleichen Aufstiegsmöglichkeiten wie die Männer haben, das Gebot des Zölibats wegfallen und für beide Geschlechter die gleiche Gehaltsstufe gelten. Toni Pfülf hatte sich dann auch am 3. April 1919 für die Einheitsschule engagiert und war jedoch – anders als ihre eigene Partei – der Meinung, den Religionsunterricht als ordentliches Schulfach zu verankern. Die Unverletzlichkeit der religiösen Empfindungen könnte und müsste durch die regelmäßige Erteilung von Unterricht gewährleistet sein und dürfte nicht den Religionsgemeinschaften überlassen bleiben. Damit gehörte sie zu den Wegbereiterinnen für den „Schulkompromiß“ mit dem Zentrum, der dann neben der Verankerung des Religionsunterrichts als ordentliches Schulfach SPD-Vorstellungen der Einheitsschule vorsah. Danach sollten Kinder aus minderbemittelten Schichten Erziehungsbeihilfen aus öffentlichen Mitteln erhalten, um deren höhere Schulbildung finanziell abzusichern. Zusammen mit anderen SPD- und USP-Frauen verfasste sie weitere Anträge und Anfragen in den Bereichen Renten, Kriegsfürsorge, Wöchnerinnenfürsorge, Holzwucherei, Gefängnisfürsorge, Säuglingssterblichkeit und einer Neuregelung des Hausangestelltenrechtes.

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1920 zog sie in den Reichstag ein und blieb bis zu ihrem Freitod im Jahre 1933 Reichstagsabgeordnete in Berlin.556 In ihrer politischen Arbeit konzentrierte sie sich weiterhin auf die Neuordnung des Ehe- und Familienrechtes, plädierte für eine rechtliche Gleichstellung von ledigen Müttern und unehelichen Kindern, trat für die Abschaffung des Paragraphen 218 ein.557 Als vehemente Gegnerin des erstarkenden Nationalsozialismus war sie Repressalien der braunen Machthaber ausgesetzt, wurde vorübergehend inhaftiert. Am 8. Juni 1933 hatte Antonie Pfülf ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt.558

3.4.2 Frauen in der Unabhängigen Sozialistischen Partei Die Gründung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) war Folge der innerparteilichen Spannungen der deutschen Sozialdemokratie im Ersten Weltkrieg.559 Während einer Tagung vom 6. bis 8. April 1917 in Gotha gründeten verschiedene Oppositionsgruppen der Sozialdemokratie die „Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ als Sammelbecken für die burgfriedensfeindlichen und konsequent pazifistischen Sozialisten. Die Haltung zum Krieg hatte auch die proletarische Frauenbewegung gespalten, die Kriegsgegnerinnen schlossen sich der neu gegründeten USPD an. Mit Clara Zetkin und Luise Zietz waren die führenden Funktionärinnen der SPD zur USPD gewechselt. Am Vorabend der Novemberrevolution kämpften die USPD-Frauen für Frieden, Freiheit und Verwirklichung des Sozialismus, Clara Zetkin hatte die „Frauen-Beilage“ der Leipziger Volkszeitung zu ihrem Sprachrohr gemacht.560 In engem Zusammenhang mit dem Kampf für Frieden hatte Clara Zetkin ihr „Frauenprogramm“ entwickelt, das folgende Schwerpunkte umfasste: Volles Bürgerrecht der Frau, durchgreifenden gesetzlichen Schutz und wirtschaftliche Gleichberechtigung der Arbeiterin, umfassende soziale Fürsorge für Mutter und Kind und soziale Einrichtungen und Maßnahmen zur Entlastung der Hausfrau und Mutter.561 Zwar zeigte sich hier eine ähnliche Programmatik wie bei der sozialdemokratischen Frauenbewegung, doch ein klarer Trennungsstrich wurde gezogen durch ein klares Bekenntnis zum sozialistischen Klassenkampf. Angesichts der Februarrevolution in Russland hatte Zetkin eine revolutionärklassenkämpferische Konzeption entwickelt und „die revolutionär-emanzipatorischen Perspektiven des Völkermordens“ entdeckt.562 Die proletarischen Frauen sollten dem internationalen Sozialismus die Treue halten, die Propagierung und der Einsatz für einen revolutionären Umsturz wurden zu einem Bestandteil revolutionärer USPD-Frauenpolitik.

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Auch in Bayern fanden sich Frauen, die mit dieser neuen Programmatik sympathisierten. Als in Bayern eine neue Parteiorganisation aufgebaut wurde, schlossen sich auch Frauen der neu gegründeten USP an.563 In München waren seit 1916 Diskussionsabende im „Goldenen Anker“ veranstaltet worden unter der geistigen Führung von Kurt Eisner und Felix Fechenbach.564 Bis zu 100 junge Leute kamen hier zusammen, darunter auch Frauen. Oskar Maria Graf, der als junger Soldat diese Zeit in München miterlebte, schilderte die Atmosphäre im „Goldenen Anker“ folgendermaßen: „In dieser kleinen Gastwirtschaft begann buchstäblich die Bayrische Revolution. Dort saßen in einem kleinen Nebenzimmer alle rebellischen Elemente Münchens – und es waren ihrer so wenige. Kaum zwei bis drei Dutzend. […] Was saß denn da neben dem grauhaarigen, bebrillten, immer belebten, immer geistreichen Kurt Eisner? Vier oder fünf ganz Getreue, rundherum etliche oppositionelle SPD-Proleten, Intellektuelle und vor allem kriegsmüde Proletarierinnen, Frauen mit ausgelaugten Gesichtern, zerarbeiteten Händen und entschlossenen Augen. Sie waren eigentlich die Nüchternsten, die Mutigsten. Sie arbeiteten in den Granatenfabriken, waren Straßenbahnschaffnerinnen, schufteten sonst wo und erzählten von ihren Nöten, von den Schwierigkeiten der Agitation unter ihren Kolleginnen, und sie machten Vorschläge. Sie waren die ersten, die in München, in jenem grauenvollen Kriegswinter, die ersten Hungerdemonstrationen wagten, sie gingen als erste anlässlich des Januarstreiks 1918 mit Eisner ins Gefängnis.“ 565 Die am 16. Mai 1917 gegründete Münchner USP stützte sich zunächst auf das enge Einzugsfeld dieser Diskussionsabende.566 Der Vorstandschaft, die in dieser Zusammensetzung bis zum Januarstreik 1918 bestand, gehörte die Buchhalterin Emilie Landauer als Kassier an.567 Die bayerische USP war das einzige Sprachrohr einer wachsenden Zahl Unzufriedener, eine Anti-Kriegsgruppierung, die mit zunehmender Kriegsdauer und wachsenden Versorgungsengpässen die junge Partei auch für Frauen immer attraktiver machte, als sichtbares Zeichen für diese Affinität kann sicherlich die hohe Beteiligung der Frauen bei den verbotenen Versammlungen der neu gegründeten USP angeführt werden. So war laut Polizeibericht „das weibliche Element“ bei den Versammlungen „stark vertreten,“ unter den bis zu 300 Personen zählenden Versammlungen waren die Hälfte der Anwesenden Frauen.568 Eine „nicht näher ermittelte Frauensperson, anscheinend Ausländerin“ war bereits bei diesen Versammlungen als Rednerin aufgetreten,569 zu vermuten ist, dass es sich hier bereits um Sara Lerch gehandelt hat. Die Mitgliederzahlen der lokalen Verbände blieben zunächst gering, die Mitgliedschaft der bayerischen USP setzte sich zusammen aus linkspazifistischen Aktivisten unterschiedlichster Herkunft, enge Kontakte gab es bereits früh zu den Metallarbeitern der Rüstungsindustrie.570 Der Frauenanteil der USP ist für diese Zeit auf Grund fehlender Statistiken nicht zu ermitteln, USP-Frauengruppen existierten jedoch in Hof und Umgebung571 sowie in München. 92

Nach der Verhaftung der USP-Parteiführer, die die Massenstreiks in München im Januar 1918 organisisert hatten, übernahmen USP-Frauen in München wichtige parteipolitische Führungsaufgaben. Dem Aktionsausschuss, der die Leitung der Unabhängigen in München in der Hand hatte, gehörten neben den sechs Männern auch drei Frauen an: Frau Vikoria Gärtner, Hedwig Kämpfer und Trude Thomas.572 Auf den USP-Mitgliederversammlungen waren vom März 1918 an teilweise beinahe ein Viertel der Anwesenden Frauen, der Frauenanteil schwankte je nach Veranstaltung zwischen 10 und 25 Prozent.573 Die Verhaftung der führenden USP-Genossen war möglicherweise der Grund für den hohen Frauenanteil auf der Landeskonferenz der USP-Bayern, die am 31.3.1918 in Nürnberg stattfand. Auf dieser Konferenz waren von 48 Delegierten knapp 23 Prozent weiblichen Geschlechts, unter ihnen die beiden Münchener USP-Frauen Hedwig Kämpfer und Viktoria Gärtner.574 An dieser vergleichsweisen starken Beteiligung von Frauen lag es wohl auch, dass bei dem Treffen unter anderem das Thema Frauenagitation zur Sprache kam.575 Nach dieser Konferenz führten in München Hedwig Kämpfer und Selma Schroeder die von Kurt Eisner begonnene Agitation für einen Massenausstand und für einen revolutionären Umsturz weiter, bis sie beide im Mai 1918 aus Bayern ausgewiesen wurden. 576 Damit endete das vorrevolutionäre Engagement der USP-Frauen. Als die im Oktober aus der Haft zurückgekehrten männlichen Parteiführer das Heft wieder fest in die eigenen Hände nahmen, spielten die Parteifrauen keine nennenswerte Rolle mehr beim Ausbruch der Revolution. In den Monaten der bayerischen Revolutionszeit hatte die USP eine führende Rolle übernommen. Dabei schien sich die Partei in den taktischen und prinzipiellen Auseinandersetzungen um das richtige Verhältnis zwischen parlamentarischen und außerparlamentarischen Positionen eher zu verlieren, frauenpolitische Belange wurden eher als marginal empfunden.577 Frauen aus der Münchner USP-Garde waren jedoch in der Revolutionszeit in eine Vielzahl von politischen Gremien integriert, Hedwig Kämpfer, Viktoria Gärtner und Agnes Losem gehörten dem Münchener Arbeiterrat an, im Vollzugsauschuss des Münchener Arbeiterrates waren Sophie Setzer und Hedwig Kämpfer vertreten. Frau Kämpfer gehörte dem Landesarbeiterrat an und war als deren Vertreterin in den Provisorischen Nationalrat berufen worden. Für die Landtagswahlen am 12. Januar 1919 kandidierten drei USP-Frauen für die USP, Hedwig Kämpfer aus München, Therese Bözold aus Augsburg und Anna Schwarm aus Nürnberg.578 Andere USP-Frauen wie Elma Klingelhöfer, Thekla Egl, Mathilde Baumeister, Sophie Steinhaus oder Rosa Aschenbrenner waren Mitbegründerinnen oder Mitglieder des Bundes sozialistischer Frauen. Einige von ihnen nahmen als Delegierte an dem Rätekongress in 93

München teil wie Thekla Egl, Sophie Steinhaus oder auch Hedwig Kämpfer. Anni KlawaMorf,579 erst seit 1919 Mitglied der USP in München, war eigens aus der Schweiz angereist, um sich in den Dienst der Revolution zu stellen.

3.4.2.1 Thekla Egl Thekla Egl, geboren am 17. September 1892 in Putzbrunn bei München, war vor Ausbruch des Krieges zwei Jahre als Gesellschafterin und Reisebegleiterin in Frankreich gewesen. Erst bei Kriegsausbruch kehrte sie nach München zurück.580 Im September 1916 meldete sie sich als Krankenschwester beim Roten Kreuz und wurde nach einer Ausbildung in das Barackenlazarett Oberwiesenfeld abgestellt. Nach 10 Monaten wurde sie auf dem Lazarettschiff Solve et Salve eingesetzt, Anfang Januar 1918 zum Transporttrupp 7 und zum Kriegslazarett 19b abkommandiert. Nach Ausbruch der Revolution wurde sie nach Leipzig zurücktransportiert und reiste von dort nach München. Hier kam sie am 28. November 1918 an, stellte sich dem Roten Kreuz zur Verfügung, wurde dem Reserve-Lazarett Fürstenried zugeteilt und blieb dort bis zum 21. Februar 1919. Ab Dezember 1918 entwickelte Thekla Egl ein zunehmendes politisches Interesse, ihre Mutter Maria Egl mag die politische Grundrichtung ihrer Tochter beeinflusst haben. Maria Egl war Mitglied der USP und galt während der Räteregierung als eine ausgesprochene Spartakistin, die sich in dieser Zeit stark an den politischen Umtrieben beteiligt hatte.581 Auch Thekla Egl näherte sich der Position des linken Flügels der USP und trat am 27. Dezember 1918 als Mitglied bei der Münchener USP ein. Im Januar 1919 hatte sie kurz erwogen der „Kommunisten-Partei“ beizutreten, diesen Schritt aber dann unterlassen.582 Sie fand Zugang zum Kreis von Marie Bertels, die in ihrem Haus in München politische Versammlungen und Besprechungen organisierte. In diesem privaten Kreis lernte Thekla Egl die Frauenrechtlerinnen Lida Gustava Heymann und Anita Augspurg kennen,583 aber auch sozialistische Frauen wie Nanette (Netty) Katzenstein, Sophie Steinhaus und Elma Klingelhöfer. In dieser Frauenrunde fanden Gespräche und Diskussionen über die revolutionären Ereignisse statt, hier entstand auch die Idee, einen „Bund sozialistischer Frauen“ zu gründen. Zu den regelmäßigen Treffen dieses Frauenkreises fanden sich später auch namhafte Führer der Revolution wie Ernst Toller, Daudistel und Dr. Katzenstein ein,584 bei diesen politischen Besprechungen soll die „die Räterepublik vorbereitet und gefördert worden sein.“585

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Im weiteren Verlauf der Revolutionszeit galt Thekla Egl „als diejenige Person, die Toller in allen seinen politischen Maßnahmen, Bewegungen und Umtrieben unterstützt haben soll.“586 Nach Ansicht der Stadtkommandantur hatte sie sich „nach jeder Richtung hin politisch betätigt und unzweifelhaft zur Ausrufung der Räteregierung mit beigetragen.“587 Thekla Egl besuchte in den folgenden Monaten häufig politische Versammlungen aller drei sozialistischen Parteien, beteiligte sich dabei öffentlich an den Diskussionen. Als Delegierte des „Bundes sozialistischer Frauen“ nahm sie am Rätekongress in München teil.588 An der Seite von Ernst Toller, dem neuen Vorsitzenden des Zentralrates, besuchte sie Versammlungen der revolutionären Betriebsobleute.589 Zunehmend band Toller Thekla Egl in seine revolutionäre Arbeit ein, sie wurde zu seiner engen Vertrauten, die er auch um politischen Rat fragte, wie z. B. bei der Errichtung einer Bürgerwehr. Er betraute sie mit besonderen Missionen, so sollte sie auf seine Anweisung hin auf die revolutionierenden Arbeiter während des Palmsonntagsputsches am 13. April in München mäßigend einwirken und sie von unüberlegten Gewalttaten abhalten. Als die weißen Truppen nach Allach einmarschierten, fuhr sie – ebenfalls auf Bitte von Toller – zusammen mit Dr. Schollenbruch nach Karlsfeld und Allach, um dort, „wenn nötig, als Schwester tätig zu sein.“590 Zusammen mit Toller hatte Thekla Egl auch an der Betriebsratssitzung vom 30. April 1919 teilgenommen und hier von dem Geiselmord erfahren. Im Anschluss daran fuhren beide in das Luitpoldgymnasium und befreiten dort sechs im Keller eingesperrte Geiseln. Anfang Juni, am Ende der Revolution führte eine Denunziation zu ihrer Verhaftung,591 am 7. Juni 1919 kam sie in Untersuchungshaft nach Stadelheim. Am 15. August 1919 fand die Verhandlung vor dem Volksgericht für den Landgerichtsbezirk München I statt wegen Beihilfe zum Hochverrat. Sie wurde zu 1 Jahr und drei Monate Festungshaft verurteilt und in das Frauengefängnis Aichach eingewiesen. 592 Nach ihrer Entlassung im Herbst 1920 hielt sie sich bis 1925 weiterhin in Bayern auf, angeblich in der Wohnung ihrer Mutter in Oberhaching.593 Sie wurde in dieser Zeit wohl weiterhin ständig überwacht, nur über eine Berliner Deckadresse von Gabriele Kaetzler konnte sie ihrem Verlobten und späteren Mann Eugen Maria Karpf, dem ehemaligen Adjutanten von Eglhofer, Briefe in das Gefängnis schicken. 1922 stand sie im Verdacht, Geld für die Befreiung von Erich Mühsam gesammelt zu haben, Arbeitern Waffen angeboten und diese animiert haben, Sprengstoff in die Festung Niederschönenfeld zu schmuggeln, in der die meisten Räterepublikaner in Haft waren.594 Dieser in einer KP-Broschüre erhobene Vorwurf erscheint jedoch angesichts einer ständigen Überwachung absurd. 1925 verließ sie Bayern, nach einem Bericht

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der Gendarmeriestation Oberhaching war die „kommunistische Kurierin Thekla Karpf-Egl“ nach Berlin gezogen.595

3.4.2.2 Hedwig Kämpfer Hedwig Kämpfer kam am 23.1.1889 in München als Tochter des Bäckers Michael Nibler und seiner Frau Ursula zur Welt.596 Nach dem Besuch der Schule und einer Ausbildung arbeitete sie 1912 beim Zentralrat der Angestellten als Kontoristin. Über diese Tätigkeit lernte sie Felix Fechenbach kennen, der ihre politische Entwicklung wesentlich beeinflusste. Fechenbach organisierte ab 1914 Vortragsabende für die Jugend-Sektion der SPD, bei denen Kurt Eisner als Redner auftrat. Eine Teilnehmerliste verzeichnete Hedwig Kämpfer unter ihrem Mädchennamen Nibler bei diesen Diskussionsabenden. Aus diesem Einzugsfeld entstand die Münchener Ortsgruppe der USP, möglicherweise gehörte auch Hedwig Kämpfer zu dem kleinen Kreis der Gründungsmitglieder.597 1917 heiratete sie den Journalisten Richard Kämpfer, der ebenfalls zu den Mitgliedern der USP zählte. Nach der Verhaftung von Kurt Eisner anlässlich des Streiks in München 1918, hatte sich Hedwig Kämpfer in den Versammlungen der USP eifrig parteipolitisch engagiert, gehörte dem Aktionsausschuss der USP an, war als Delegierte auf dem Parteitag der USP in Nürnberg gewesen.598 Auf Grund ihrer agitatorischen Tätigkeit wurde Hedwig Kämpfer im Mai 1918 aus Bayern ausgewiesen,599 die Zeit bis zum Ausbruch der Revolution im November 1918 verbrachte sie in Berlin. Zurück in München gehörte sie bald schon dem engen Personenkreis um Kurt Eisner an, der versuchte, die neu entstandenen Rätegremien mit seinen Vertrauten zu besetzen. Ihre Mitgliedschaft in nahezu allen wichtigen Rätegremien, vor allem in der ersten Phase der Revolution unter Kurt Eisner, zeigen, dass sie zwar nicht zu den politischen Entscheidungsträgern gehörte, aber als Teil seiner alten USP-Garde sein Vertrauen besaß. Sie gehörte dem Revolutionären Arbeiterrat an,600 im Münchener Arbeiterrat war sie als 3. Schriftführerin Mitglied der Vorstandschaft,601 in dem am 28.11.1918 gebildeten Aktionsausschuss vertrat sie den Arbeiterrat und wurde als 1. Schriftführerin eingesetzt.602 In dem Provisorischen Nationalrat war sie einziges weibliches Mitglied im 50-köpfigen Landesarbeiterrat603 und gehörte dort dem Revolutionsausschuss an.604 Hedwig Kämpfer kandidierte für die USP bei den ersten Bayerischen Landtagswahlen im Januar 1919, das verheerende Ergebnis der USP – nur drei männliche USP-Mitglieder gelangten in den Landtag – verhinderte ein Mandat.605 So konzentrierte sich ihre politische Aktivität 96

auf die Mitarbeit in rätepolitischen Organen, war als Delegierte auf der am 13. Februar 1919 stattfindenden Versammlung der Arbeiter- und Soldatenräte Bayerns,606 hatte am Rätekongress in München teilgenommen und war als Richterin in dem am 10. April 1919 ins Leben gerufenen Revolutionstribunal tätig. 607 Ihr persönlicher Einsatz galt auch frauenpolitischen Angelegenheiten, bezog sich vor allem auf die politische Einbindung der Frauen in die rätepolitisch-revolutionäre Bewegung. So trat Hedwig Kämpfer als Rednerin der USP auf etlichen Frauenversammlungen auf, thematisierte v.a. die „Ziele und Aufgaben der Frau in der Revolution.“608 Als größtes Hindernis für eine politische Betätigung von Frauen sah sie in der „Überbürdung der Frau, deren Pflichten sie ans Haus fesselten, so daß ihr nicht genügend Zeit bleibt, ihre politischen Interessen in Versammlungen und Vorträgen genügend wahrzunehmen.“609 Am Ende der Revolution versuchte Hedwig Kämpfer, die sich anbahnenden militärischen Auseinandersetzungen zwischen den weißen und roten Truppen zu verhindern, zusammen mit Gertrud Baer bat sie um eine Unterredung mit Leviné, dem Führer der kommunistischen Räterepublik, doch beide kehrten erfolglos von dieser Friedensmission zurück.610 Die Frauen hatten das kommende Blutbad nicht verhindern können, mehrere hundert Menschen verloren bei den Kämpfen ihr Leben, es folgten standesrechtliche Erschießungen, unzählige Menschen landeten in den Gefängnissen. Auch Hedwig Kämpfer gehörte zu den Frauen, die zunächst zu Festungshaft verurteilt wurden.611 Über die Höhe ihrer Strafe ist nichts bekannt, sie war wohl in Stadelheim inhaftiert und wurde aber bereits vor dem 18.6.1919 wieder daraus entlassen, auf Grund eines Gnadengesuchs der USP.612 Hedwig Kämpfer hatte sich als Kandidatin der USP für die anstehenden Stadtratswahlen aufstellen lassen. Ihr gelang der Sprung in das Stadtparlament, von 1919 bis 1924 war sie als Stadträtin in München tätig.613 Plakate aus den 1920er Jahren zeugen von ihrer weiteren politischen Aktivität. So hielt sie am 24. Februar 1922 auf einer Frauenversammlung zusammen mit Dr. Bauer, Landtagsabgeordneter, einen Vortrag zum Thema „Teuerung – Kindersegen.“614 Für die folgenden Jahre ist über Hedwig Kämpfer wenig bekannt. Erst die neuen politischen Verhältnisse brachten einschneidende Veränderungen mit sich. Richard Kämpfer musste 1933 wegen seiner politischen Vergangenheit und vor allem wegen seiner jüdischen Herkunft aus Deutschland fliehen, 1935 reiste Hedwig Kämpfer ihrem Mann nach Paris nach. Ihr Mann und ihre Tochter emigrierten in die USA, Hedwig blieb in Frankreich und hielt sich mit Putzarbeiten über Wasser. Als im Mai 1940, kurz vor dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Frankreich, die französische Regierung alle deutschen Frauen in Paris und Umgebung fest97

nehmen ließ – egal ob Jüdinnen, Flüchtlinge vor den Nationalsozialisten oder völlig unpolitische Frauen – war auch Hedwig Kämpfer unter diesen Frauen und kam in das Internierungslager Gurs.615 Unter schrecklichsten Bedingungen verbrachte sie hier ihre nächsten drei Jahre, entkam nur knapp einer Massenepidemie im Lager. In dieser Zeit hatte sie Kontakt aufgenommen zu Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann, die selber äußerst bescheiden im schweizerischen Exil lebten, und bat sie um Hilfe. Es gelang den beiden Hedwig Kämpfer Geld zukommen zu lassen.616 1943 kam sie in das Flüchtlingslager Bégué, erlebte dort das Kriegsende und kehrte nach Paris zurück. Ab 1946 betrieb sie ihre geplante Rückkehr nach München, doch ein defekter Gasofen in der Küche machte ihren Traum von der Heimkehr zunichte.617

3.4.3 Frauen in der kommunistischen Partei Im Dezember 1918 war die Kommunistische Partei Deutschlands in Berlin gegründet worden, die sich als fester Bestandteil der kommunistischen Weltbewegung verstand. Mit dieser Gründung sollte auch eine historische Wende in der proletarischen Frauenpolitik eintreten, in dem mit der Eroberung der politischen Macht durch eine Diktatur des Proletariats die entscheidende Voraussetzung für die Verwirklichung des sozialistischen Programms der Frauenemanzipation geschaffen würde.618 Clara Zetkin trennte sich nunmehr von der USPD und trat in die KPD ein, da sie hier – wie sie meinte – „jene Grundsatzklarheit und Grundsatzfestigkeit, jene tatkitische Entschlossenheit und Energie“ fand, die bei einem großen Teil in der USPD verlorengegangen war.619 Die kommunistischen Richtlinien gingen von der Feststellung aus „daß das Privateigentum die letzte Ursache der Geschlechtssklaverei und der Klassensklaverei ist und daß einzig und allein die Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, ihre Umwandlung in Gesellschaftsbesitz, volle Frauenbefreiung sichert. Die tiefe und weitreichende Umwälzung der Gesellschaftsordnung muß die Gemeinschaftstat der Besitzlosen und Wenig-Besitzenden ohne Unterschied des Geschlechts sein. Ohne revolutionären Klassenkampf des Proletariats keine wirklich volle Frauenemanzipation, ohne Beteiligung der Frauen daran keine Zerschmetterung des Kapitalismus, keine sozialistische Neuschöpfung“ schrieb Clara Zetkin.620 Zahlreiche Frauen hatten in der Anfangszeit der Partei reichsweit die Bildung von Ortgruppen der KPD unterstützt, übernahmen den illegalen Vertrieb der „Roten Fahne“ und trugen zum organisatorischen Aufbau der Partei bei.621 Auch in München war eine Ortsgruppe der Kommunistischen Partei gebildet worden, die aus der Münchener Gruppe des Spartakusbundes hervorging.622 Seit dem Erlass der Provisori98

schen Richtlinien für die Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte Ende November 1918 waren die Kompetenzen der Räte deutlich beschränkt worden. Missfallen und Kritik an der gegen die Räte ausgerichtete Politik der Regierung Eisner und Auer übte in München vor allem der Revolutionäre Arbeiterrat (RAR). Erich Mühsam hatte sich um die Schaffung einer breiten linksradikalen Organisation bemüht, überzeugt davon, dass die Einheit aller Linksradikalen die Revolution in einem sozialistischen Sinne vorantreiben könne. Zu diesem Zweck hatte er am 30. November 1918 zusammen mit einigen Mitgliedern des Revolutionären Arbeiterrates die „Vereinigung revolutionärer Internationalisten“ gegründet. Diese Vereinigung arbeitete mit den Bremer Linksradikalen der „Internationalen Kommunisten Deutschlands“ und der Münchener Ortsgruppe des Spartakusbundes, die von Max Levien und Hans Kain am 11. Dezember 1918 gegründet wurde, zusammen. Zu den Mitgliedern der „Vereinigung revolutionärer Internationalisten“ gehörte auch Hildegard Kramer. Hilde Kramer hatte zusammen mit Mühsam, Merl und Fister ein Flugblatt der „Vereinigung Revolutionärer Internationalisten“ verfasst, zumindest trägt das wohl Anfang Dezember 1918 verbreitete Flugblatt ihre Unterschrift.623 Die Münchener Ortsgruppe der Kommunistischen Partei verstand sich als ein „unmittelbares Produkt des revolutionären Umwandlungsprozesses.“624 Die Gründung der KP war in deutlicher Abgrenzung zur USP entstanden, der in den Augen der KP-Mitglieder der „revolutionäre proletarische Klassencharakter“ fehle und inspiriert sei von „moralischer Entrüstung und pazifistischen Tendenzen.“625 Die Kommunistische Partei hatte dagegen ausgeprägt ultralinke wie auch anarchistische Tendenzen, deren Mitglieder strebten kontinuierlich eine Räteherrschaft an. Rosa Leviné, die Anfang März zusammen mit ihrem Mann Eugen Leviné nach München gekommen war, hatte die Stimmung innerhalb der bayerischen KP folgendermaßen beschrieben: „Die Partei macht es nicht, Hauptsache man ist revolutionär.“626 Der Münchener Parteiorganisation der KP traten die meisten Mitglieder der „Vereinigung revolutionärer Internationalisten“ bei, darunter auch Hilde Kramer.627 An der Spitze der KP in München stand Max Levien, unter seiner Parteiführung waren in München mehrere Sektionen entstanden, in Giesing, Obergiesing, Haidhausen, Au, Neuhausen, Dreimühlenviertel und dem Gärtnerviertel.628 Am 26. Februar 1919 wurde eine Ortsgruppe der KP in Nürnberg offiziell bestätigt, es folgten Gründungen in Rosenheim, Augsburg, Schweinfurt, Würzburg und Ingolstadt.629 In einigen dieser Ortsgruppen waren auch Frauen aktive Mitglieder. In der Sektion Schwabing gehörte Edith Schuhmann als 1. Schriftführerin dem dortigen Vorstand an.630 Dr. Hildegard Menzi war Mitglied der Sektion Haidhausen.631 In Nürnberg gehörte Frau Bönheim, an der 99

Seite ihres Mannes, zu den prominentesten Sprechern der KP.632 Weitere Frauen hatten sich während der Revolutionszeit der KP angeschlossen wie z.B. Lessi Sachs, Gertraud Kästner, Dr. Hildegard Menzi oder Dr. Frieda Rubiner, doch eine Gesamtzahl weiblicher Mitglieder für die bayerische KP konnte für diese Zeit nicht ermittelt werden. Auffällig ist, dass viele dieser Frauen nicht aus Bayern stammten. Die revolutionären Ereignisse übten auf revolutionäre kommunistisch gesinnte Frauen wohl eine gewisse Anziehungskraft aus. So hatte bereits die Novemberrevolution 1918 einige von ihnen nach Bayern gebracht wie z. B. Gertraud Kästner aus Dresden,633 andere brachen nach Bayern auf in der Zeit zunehmender Radikalisierung der Rätebewegung. Sie hielten sich meist in München für einige Wochen oder sogar Monate auf in der Zeit von November 1918 bis Mai 1919 und stellten sich in den Dienst der Revolution. Anneliese Rüegg, eine sozialistische Schriftstellerin aus der Schweiz hielt sich seit Februar 1918 in München auf.634 Liddy Kilian, eine kaufmännische Angestellte und Fürsorgerin, war im Februar 1919 aus Dresden nach München gekommen,635 Lessi Sachs, eine Künstlerin war aus Breslau nach München geeilt,636 Dr. Frieda Rubiner, geboren in Litauen, war erst im April 1919 nach München gekommen.637 Viele weibliche KP-Mitglieder gehörten vorwiegend revolutionären Ausschüssen und Kommissionen an, die in der Zeit der beiden Räterepubliken entstanden waren oder hatten Kurierdienste für die KP übernommen. Hilde Kramer war in allen Phasen der Revolution aktiv und hatte sich in den Revolutionsmonaten ganz dem Dienst an der Revolution gewidmet.

3.4.3.1 Hilde Kramer und die Familie Gabriele Kaetzler Gabriele Kaetzler (1872 Berlin – 1954 Zürich), war die Tochter des Admirals Freiherr von der Goltz und seiner adligen Frau.638 Mit 17 oder 18 Jahren bekannte sich Gabriele Kaetzler zur sozialistischen Anschauung und provozierte damit ein ernsthaftes Zerwürfnis mit ihrer Familie. Als sie einen Bürgerlichen heiratete, einen Professor der Neuphilologie, wurde sie endgültig von der Familie verstoßen. 1908 zog sie mit ihrem Mann und ihren sechs Kindern nach Bayern, nach Riederau am Ammersee. Sie hielt Kontakte zu der Gruppe der Bremer Kommunisten um Johann Knief und Charlotte Kornfeld, die sich führend an der Bremer Revolution beteiligt hatten, war befreundet mit Sophie und Karl Liebknecht.639 Seit März 1919 gehörte sie der KPD an. Die 10-jährige Waise Hilde Kramer (geboren 1900 in Ilmenau) war 1910 von Gabriele Kaetzler in Pflege genommen worden. Hilde hatte ab 1915 die Volksschule in Ilmenau besucht und belegte dann Handelskurse in München. Bereits vor dem Ausbruch der Revolution kam sie 100

durch einen aus Berlin geflüchteten Studenten in einen Kreis linksradikaler Studenten, größtenteils Luxemburger.640 Voller Enthusiasmus berichtete sie in einem Brief von dieser Zeit: „Fabelhaft wars, wenn wir in der Studentenbude saßen und revolutionäre Pläne brüteten.“641 Beim Auftakt der Revolution, der für den 7. November angesetzten Friedenskundgebung auf der Münchener Theresienwiese, befand sich Hilde Kramer mitten unter den Volksmassen. Sie hatte sich dem Demonstrationszug zu den Kasernen angeschlossen und erlebte hier die Begeisterung der Menschen.642 Bereits am zweiten Tag nach der Revolution bot sie sich „für alle Arbeiten“ bei den im Landtag einquartierten Arbeiter- und Soldatenräten an und war dann als Schreibkraft im Büro des Soldatenrates tätig.643 Sie schloss sich der von Erich Mühsam am 30. November 1918 gegründeten „Vereinigung revolutionärer Internationalisten“ an.644 Hilde Kramer hatte zusammen mit Mühsam, Merl und Fister ein Flugblatt der „Vereinigung Revolutionärer Internationalisten“ verfasst, das wohl Anfang Dezember 1918 verbreitet wurde. Dass eine junge Frau einen derartigen wichtigen Aufruf mitverfasst hatte, wurde selbst in Berlin in den KPDKreisen wahrgenommen und kritisiert.645 Für die Vereinigung Revolutionärer Internationalisten übernahm sie Kurierdienste. Hilde Kramer hatte sich der neu gegründeten Ortsgruppe der Münchener KP angeschlossen, beteiligte sich an den Januardemonstrationen 1919 und wurde in der Nacht auf den 10. Januar zusammen mit zehn bis zwölf führenden KPD-Aktivisten verhaftet.646 Während der kommunistischen Räterepublik war sie als Schreiberin in der Stadtkommandantur tätig und stand deren Angestellte „unter dem Schutz der Räte-Republik.“647 Die kommunistischen Aktivitäten der Familie Kaetzler führten am 2. Mai 1919 auf Grund einer Denunziation zu einer Verhaftung von Gabriele Kaetzler und ihren Töchtern Frida und Luise in der Wohnung von Hilde Kramer in München. Hilde Kramer konnte zunächst untertauchen, eine Woche später erfolgte in dem Haus der Familie in Riederau am Ammersee die Verhaftung. Gabriele Kaetzler und Hilde Kramer wurden nach München-Stadelheim gebracht, Frida und Luise Kaetzler in das Frauengefängnis Aichach bei Augsburg. Frida und Luise Kaetzler entließen die Behörden am 29. Juni 1919 aus der Haft. Gegen Gabriele Kaetzler wurde Anklage wegen Beihilfe zum Hochverrat erhoben, bereits am 4. Juli 1919 jedoch aus der Schutzhaft entlassen.648 Sofort nach ihrer Entlassung nahm sie ihr politisch-revolutionäres Engagement wieder auf und versteckte Verfolgte. Die Folge war, dass sie weiterhin unter polizeilicher Beobachtung stand.649 Hilde Kramer blieb noch mindestens bis zum 1. August 1919 in Schutzhaft. Da die Hauptbelastungszeugin nicht vor Gericht erschien, wurde Hilde Kramer freigesprochen.650

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Über den weiteren Lebensweg der Familie Kaetzler liegen nur spärliche Daten vor. Die wenigen Informationen trug Christiane Sternsdorf-Hauck zusammen, die folgenden Ausführungen beziehen sich auf dieses Material. Im Oktober 1919 verließen die Kaetzlers und Hilde Kramer Bayern, ab 1920 befanden sich Gabriele Kaetzler mit ihren Töchtern Frida und Luise in Berlin. Hier versteckte Gabriele Kaetzler vermutlich auf dem Dachboden von der Polizei gesuchte Personen, unter ihnen den geflohenen Würzburger Republikaner und Schweizer Kommunisten Anton Waibel. Ihre Wohnung diente vielen als Deckadresse u.a. auch für Thekla Egl. Im März 1921 wurde sie bei einer von der KPD organisierten Arbeitslosendemonstration verletzt. Ihre beiden Töchter arbeiteten in den folgenden Jahren für kommunistische Zeitungen, Luise bei der „Neuen Zeit“ und der „Roten Fahne“, Frida bei „Inprekorr“, der Zeitung der Kommunistischen Internationale. 1933 wurden alle vier Frauen, Gabriele, Frida, Luise Kaetzler und Hilde Kramer in Berlin wieder verhaftet und vorübergehend in Schutzhaft genommen. Frida emigrierte danach nach Zürich, arbeitete wieder als Sekretärin bei einem Pressedienst, ihre Mutter Gabriele folgte ihr und hatte sich während des Krieges im evangelischen Flüchtlingswerk des Pfarrer Paul Vogt engagiert. Hilde und Luise blieben in Berlin und waren 1935 bei der Berliner Kartellverwaltung Bureau Theodor Eschenburg beschäftigt. Nach dem Krieg arbeitete Hilde, mittlerweile verheiratete Fitzgerald, in London als Sozialforscherin und Bibliothekarin und veröffentlichte 1956 eine anerkannte Studie über die Sozialfürsorge während des 2. Weltkrieges. Luise Kaetzler starb 1974, Hilde Fitzgerald in den 90er Jahren in Chicago.

3.4.3.2 Dr. Frieda Rubiner Frieda Rubiner (1879-1952), geboren in Litauen, hatte ab 1900 bis 1903 an den Universitäten Zürich, Berlin und Heidelberg studiert und 1906 eine Promotion mit einer mathematischphysikalischen Dissertation abgelegt.651 1911 heiratete sie den österreichischen Schriftsteller Dr. Rubiner und lebte mit ihm in den nächsten Jahren in Paris, Berlin und in Zürich. Sie schrieb in dieser Zeit an einer wissenschaftlich anerkannten Abhandlung über das perpetuum mobile, veröffentlichte populärwissenschaftliche Abhandlungen in verschiedenen Zeitschriften und Tageszeitungen, übersetzte Romane von Voltaire und Tagebücher von Tolstoi.652 In der Schweiz hatte sie Lenin und Krupskaja persönlich kennengelernt, befasste sich daraufhin mit sozialistischen und kommunistischen Werken und schloss sich der Zimmerwalder Linken an.653 Im Herbst 1918 reiste sie nach Wien, Anfang 1919 siedelte sie sich in Berlin an, am 9. April 1919 kam sie nach der Ausrufung der ersten Räterepublik nach München.654 Seit Jahren bestanden persönliche Beziehungen zu Eugen Leviné, Max Levien, Erich Mühsam und dem 102

Schriftsteller Gustav Landauer. In München nahm sie Kontakt auf zu Eugen Leviné und bot ihre Mithilfe in dem Propagandaausschuss an.655 Neben dem Hauptagitator Werner, dem Leiter des Ausschusses nahm sie bald eine „hervorragende Vertrauensstellung“ ein und entfaltete in ihrer Stellung „eine besonders wichtige Tätigkeit.“656 Ihre Aktivitäten führten dazu, dass sie dabei von manchen Personen sogar als Leiterin des Propagandaausschusses wahrgenommen wurde.657 Im Rahmen ihrer Tätigkeit hielt sie tagtäglichen Kontakt mit allen Führern der kommunistischen Umsturzbewegung im Wittelsbacher Palais, was als weiterer Beweis ihrer hervorragenden und wichtigen Vertrauensstellung während der kommunistischen Räterepublik galt. Auf Grund ihres „unverkennbaren kommunistischen Fanatismus“ sei sie keinesfalls eine unerfahrene Mitläuferin gewesen, sondern „ganz zweifellos einer der geistig bedeutendsten Köpfe unter allen Münchener Kommunisten-Führern.“658 Neben ihrer Tätigkeit in der Kommission während der kommunistischen Räterepublik hatte sie unter dem Kampfnamen „Genossin Friedjung“ kommunistische Propagandavorträge gehalten.659 Der revolutionäre Hochschulrat hatte Veranstaltungen für die Proletarier über Kommunismus und Sozialismus organisiert, in dieser Reihe von Abendvorträgen war Dr. Frieda Rubiner als Vortragsrednerin am 29. April 1919 aufgetreten mit dem Thema „Bolschewismus und Demokratie.“660 Zudem galt Dr. Rubiner als Mitglied der Redaktion der Roten Fahne, den entsprechenden Ausweis dafür hatte sie von Eugen Leviné erhalten. Damit konnte sie an den Sitzungen der Arbeiterräte im Münchener Kindl-Keller teilnehmen und sollte als Berichterstatterin arbeiten.661 Der Artikel „Von der Scheinräterepublik zur Diktatur des Proletariats“ wurde ihr zwar zugeschrieben, dies konnte jedoch nicht zweifelsfrei belegt werden.662 Im November 1919 wurde sie wegen ihrer führenden Rolle bei der kommunistischen Räterepublik zu einem Jahre und neun Monaten Festungshaftstrafe verurteilt.663 Nach ihrer Haftentlassung blieb sie ihrer kommunistischen Überzeugung treu, hatte bis 1922 in der Redaktion des Zentralorgans der KP Österreich „Die Rote Fahne“ gearbeitet und war ab 1924 in Berlin in der Redaktion der „Roten Fahne“ tätig.664 1946 zog sie in die damalige sowjetische Besatzungszone und war dort Dozentin und Dekanin für Grundfragen des Marxismus-Leninismus an der Parteihochschule „Karl Marx“ der SED, erhielt 1949 die Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig. Sie verstarb am 22.1.1952 in Kleinmachnow.

3.4.4 Der Bund sozialistischer Frauen Einige Frauen aus dem linken Parteienspektrum hatten sich zusammengeschlossen mit dem Ziel, die bestehende parteipolitische Spaltung der sozialistischen Parteien zu überwinden. 103

Sozialistisch orientierte Frauen sollten hier über die Parteigrenzen der USP und SPD hinweg versammelt werden – als eine Organisation ausschließlich für Frauen. Der Entschluss, einen Bund sozialistischer Frauen zu bilden, ging von fünf Frauen aus, die alle der USP angehörten: Thekla Egl, Marie Bertels, Netty Katzenstein, Sophie Steinhaus und Elma Klingelhöfer.665 Sie beschlossen gemeinsam, „einen Bund sozialistischer Frauen zu bilden, in dem Frauen aller sozialistischen Richtungen aufgenommen werden können, auch solche, die nicht in den bestehenden Parteien waren.“666 Die Idee zu einer sozialistischen Frauengruppe fand weitere weibliche Anhänger im Kreis der USP und der SPD. Antonie (Toni) Pfülf von der SPD schloss sich ebenfalls dieser Initiative an. Toni Pfülf hatte in den ersten Tagen der Novemberrevolution bereits ihre eigenen, bitteren Erfahrungen mit dem neuen Rätesystem gemacht. Der Zeitzeuge Emil Holzapfel berichtete, dass sie sich Zugang zum Tagungslokal des Arbeiter- und Soldatenrates verschafft und die Mitwirkung von Frauen im Arbeiter- und Soldatenrat gefordert hatte. Trotz mehrmaliger Aufforderung war sie nicht bereit gewesen zu gehen und rief stattdessen: „Man kann mich nur mit Gewalt aus dem Sitzungssaal befördern, denn ich habe hier im Arbeiter- und Soldatenrat die Interessen der Frauen zu vertreten.“ Sie wurde niedergestimmt und hinausgeworfen.667 Toni Pfülf gehörte dann zwar im Dezember 1918 dem Münchener Arbeiterrat an und nahm an dessen Sitzungen nun offiziell teil. Auf der 4. Sitzung am 10. Dezember 1918 hatte sie ihre Kritik an der bisherigen mangelhaften Politisierung der Frauen vorgebracht.668 Eine Politisierung der Frau war jedoch in ihren Augen dringend erforderlich und eine eigene sozialistische Frauenorganisation konnte möglicherweise Abhilfe schaffen. Die erste große Versammlung fand am 16. Dezember 1918 im Deutschen Theater statt.669 Die Einladung, die die Unterschrift von Toni Pfülf und Nanette (Netti) Katzenstein trug, war gerichtet an alle Frauen, „die entweder schon auf dem Boden des Sozialismus stehen oder dieser Richtung zuneigen.“670 In einem überlieferten Redemanuskript wurde die Gründung und die Aufgabe des „Bundes sozialistischer Frauen“ bekanntgegeben: „Wir haben in München einen ‚Bund der sozialistischen Frauen’ gegründet, der sich die politische Aufklärung und Schulung der Frauen zur Aufgabe gemacht hat.“671 Die politische Richtung der Schulungsarbeit war klar vorgegeben: „Der Bund will der Weltanschauung des Sozialismus zum Siege verhelfen, die Herzen gewinnen.“672 Die Arbeit des „Bundes sozialistischer Frauen“ konzentrierte sich somit auf Öffentlichkeitsarbeit, auf politische Agitation. Mit einem – zwar undatierten – Flugblatt warb der neu gegründete Bund um weibliche Mitglieder: Wir dienen dem Sozialismus, als dem Gedanken der Zukunft. 104

Wir bekämpfen den Kapitalismus, als die Macht der Vergangenheit und die Not der Gegenwart. Wir gehören den verschiedenen sozialistischen Parteien an; wir fühlen uns trotzdem als Einheit, denn wir vergessen nie das gemeinsame Ziel. Wir wenden uns an alle arbeitenden Mädchen u. Frauen, die sich zum Sozialismus bekennen. Die Handarbeiterin und die Kopfarbeiterin sind uns gleich willkommen. Wir wenden uns an alle Mädchen und Frauen in Stadt und Land, die politisch noch unreif sind, denn wir wollen sie sammeln. Wir wollen erziehen und bilden durch Vorträge, Kurse und Diskussionen. Wir wollen unsere Frauenforderungen aufstellen und vertreten in Parlament und Frauenrat. Wir wollen Stellung nehmen zu allen politischen Ereignissen – immer als Frauen, immer als Sozialistinnen. Kommt und helft!673 Wie viele Mitglieder der Bund letztendlich mit seiner Arbeit und Zielrichtung erreichte, ist unbekannt. Neben den oben genannten Personen schlossen sich aber noch folgende Frauen dem Bund an: Mathilde Baumeister (seit 1919 Mitglied der USP), Rosa Aschenbrenner (USP),674 Nelly Auerbach, mit Ernst Toller seit 1917 aus Heidelberger Studententagen befreundet und Hedwig Kämpfer (USP). Auch Constanze Hallgarten,675 Frauenrechtlerin und Pazifistin, hatte sich dem Bund angeschlossen.676 Die beiden radikalen Pazifistinnen und Frauenrechtlerinnen Augspurg und Heymann zeigten ebenfalls Interesse, sie suchten die Verbindung zu den Frauen der SPD und USP.677 Sie waren besonders von dem Grundgedanken fasziniert, dass in einer Zeit, wo die Mehrheitssozialisten und die Mitglieder der USP eine „reinliche Scheidung“ vollzogen, sich hier ein Frauenbund zusammengetan hatte, der sich die Aufgabe gestellt hatte, „die Brücke der Einigung zwischen den verschiedenen sozialistischen Parteien zu schlagen.“678 Augspurg und Heymann schienen einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die Organisationsform des sozialistischen Frauenbundes ausgeübt zu haben. In ihrer neu gegründeten Zeitschrift „Die Frau im Staat“ berichteten sie gleich im Heft 1 des 1. Jahrgangs über den „Bund sozialistischer Frauen“: „Es ist das die erste sozialistische Frauenorganisation, die selbständig, unabhängig von den sozialistischen Männerparteien und Fraktionen ist. Der Bund hat keine Satzungen, kein Programm. Wer auf sozialistischem Boden steht – auch dann, wenn er keiner sozialdemokratischen Männerpartei angehört – und mitarbeiten will, kann die Mitgliedschaft erwerben.“679 Diese lockere Organisationsform, ohne Satzung und Programm, war schon vor der Revolution im Deutschen Frauenstimmrechtsbund zur Anwendung gekommen. Bereits 1916 hatte Heymann die damit verbundenen Vorteile umrissen: kein Personenkult, keine Wahlkämpfe, gleichberechtigte Stellung aller Mitglieder in der Organisation.680 Diese Organisationsform 105

hatte sich wohl in den Augen Heymann bewährt und sollte auf den „Bund sozialistischer Frauen“ übertragen werden, obwohl diese Form bereits damals nicht unangefochten geblieben war.681 Heymann hatte damals noch argumentiert, dass die Mängel der Organisation an den Fehlern der Mitglieder gelegen hätten, „die noch so unter dem Bann veralteter Organisationsweise stehen, daß sie die Vorteile der neuen freien Form nicht zu nutzen verstehen.“682 Nach Ansicht von Heymann waren die Frauen durch die Kriegsjahre wohl gereift, schließlich setzte sie sich mit dieser offenen Organisationsform durch. Trotzdem erhielt der Bund sozialistischer Frauen mit Antonie Pfülf als Vorsitzender des neu gegründeten Bundes sozialistischer Frauen eine zentrale Leitung.683 Die parteipolitische Offenheit des „Bundes sozialistischer Frauen“ deckte sich zudem durchaus mit den Vorstellungen einer „Linksmehrheit,“684 die Anita Augspurg dann auch bei den Bayerischen Landtagswahlen ebenso wie bei der Wahl zur Nationalversammlung anstrebte. Diese „Linksmehrheit“ war weniger ein parteipolitische als eine ideelle Angelegenheit: „Sozialismus ist alles“ hatte Gertrud Baer Augspurgs politischen Standpunkt während der Revolution beschrieben.685 In diesem „Bund sozialistischer Frauen“ hatten sich also Frauen der radikalen Frauenbewegung und politisch links gerichtete Frauen zusammengeschlossen, auf großen Versammlungen, die meist im Saal des Deutschen Theaters stattfanden, wurden „alle die Frauen betreffenden Angelegenheiten besprochen.“686 Auffällig ist, dass der „Bund sozialistischer Frauen“ lediglich SPD und USP-Frauen ansprach, KP-Frauen ließen sich nicht nachweisen. Der „Bund sozialistischer Frauen“ widmete sich der politischen Schulung von Frauen und veranstaltete Vortragsabende, auf denen die Stellung der Frau im Staat diskutiert wurde. Neben den öffentlichen Versammlungen kam es jedoch auch zu politischen Treffen im privaten Kreis, meist in der Wohnung von Marie Bertels, hier tauschten die Frauen oft ihre Eindrücke über die aktuellen Zeitgeschehnisse aus.687 Zwischen den Frauen des „Bundes sozialistischer Frauen“ und den Frauenvereinigungen der radikal bürgerlichen Frauenbewegung „Verein für Frauenstimmrecht“ und „Frauenausschuß für den dauernden Frieden“ bestanden damit enge Kontakte über Lida Gustava Heymann und Anita Augspurg, alle drei Frauenvereinigungen arbeiteten zusammen bei ihrem gemeinsamen Ziel, die Frauen zu politisieren. Dieser Schulterschluss zwischen den Frauen der radikalen Frauenbewegung und den politisch links gerichteten Frauen erschien wohl manchen männlichen Sozialisten suspekt. Lida G. Heymann urteilte darüber in ihren Memoiren:

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„Mit steigendem Mißbehagen wurde diese Zusammenarbeit der Frauen von vielen sozialistischen Männern betrachtet; sie spürten offenbar, daß es hier für sie ums Ganze ging, fühlten sich in ihrem Autoritätsgefühl bedroht, ihre Herrennatur begehrte auf.“688 Dass sich die Männer wirklich von diesen Frauenaktivitäten bedroht fühlten, ist wenig wahrscheinlich. Zu wenig traten diese Vereinigungen in der Öffentlichkeit auf. Die Pressemitteilungen über die Aktivitäten oder Veranstaltungen des „Bundes sozialistischer Frauen“ sind spärlich, lediglich zwei Artikel konnten recherchiert werden, die sich mit dem Bund befassten. Beide erschienen in dem USP-Organ „Neue Zeit“ im März und April 1919.689 Obwohl also nur wenige Quellen auf die Existenz des „Bundes sozialistischer Frauen“ verweisen und Auskunft geben über die Vereinsaktivitäten, so kann doch dieser Frauenbund als ein revolutionäres, sozialistisches Netzwerk von Frauen angesehen werden. Diese Frauen fühlten sich der Idee des Sozialismus verbunden, kämpften für Freiheit und Frieden, glaubten an eine geistige Revolution. Für dieses Ziel setzten sich viele Mitglieder des „Bundes sozialistischer Frauen“ in der kommenden Revolutionszeit ein. Die Mitglieder aus dem Kreis des „Bundes sozialistischer Frauen“ engagierten sich auf vielfältige Weise für die Revolution: als Mitglieder im Provisorischen Nationalrat wie Hedwig Kämpfer als Delegierte auf dem Rätekongress wie Lida G. Heymann, Sophie Steinhaus und Thekla Egl als Mitglieder des Revolutionstribunals wie Mathilde Baumeister (als Beisitzerin), Hedwig Kämpfer (als Richterin) und Rosa Aschenbrenner (Beisitzerin) als Schlichterinnen zwischen dem roten und weißen Terror wie Hedwig Kämpfer, Rosa Aschenbrenner, L.G. Heymann und Anita Augspurg. Sie hielten „aufreizende kommunistische Reden“690 wie Netty Katzenbach oder spielten für die Münchener Justizbehörden die „Rolle einer Rosa Luxemburg in Bayern“691 wie Elma Klingelhöfer. Ihr politisches, „revolutionäres“ Engagement brachte manche von ihnen in Konflikte mit der Polizei, manche von ihnen wurden nach Zerschlagung der Räterepublik verhaftet und verurteilt.

3.5 Resümee Symbolträchtig liefern die Portraits Hinweise auf die individualisierten Bedingungen politischen Handelns von Frauen, ihre „Geschichten“ sind gleichsam eine personifizierte Verfestigung von früher politischer Frauenemanzipation. An dieser Stelle wird zwar keine statistische Auswertung im Sinne einer theoretisch und methodisch reflektierten, empirischen, quantitativ 107

unterstützten Erforschung des Datenmaterials angestrebt, dazu erscheint mir die gewählte Stichprobe zu klein. Trotzdem sollen an Hand objektivierbarer Merkmale strukturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede aus dem biographischen Material abgeleitet werden, die im Zusammenhang mit dem politischen Engagement der Frauen stehen könnten. Eine grobe formale Strukturierung soll über folgende Indikatoren erfolgen: Alter, Lebensform, soziale Herkunft, politische Vorerfahrungen und Mitgliedschaft in den Frauenorganisationen. Die Bereitschaft zu politischem Handeln schien weitgehend unabhängig vom Alter zu sein. So lagen zwischen der jüngsten (Hilde Kramer, 18 Jahre) und der ältesten Akteurin (Anita Augspurg, 61 Jahre) immerhin 43 Jahre. Das Alter schien damit weniger ein Auslöser für politisches Handeln zu sein, sondern beeinflusste eher den subjektiv gewählten politischen Handlungsraum. So ist interessant, dass die jüngeren Akteurinnen wie Hilde Kramer oder auch Thekla Egl zwar ein hohes revolutionäres Engagement in fast allen Phasen der Revolution zeigten, jedoch nicht in politischen Gremien eingebunden waren. Sie waren eher Aktivistinnen der Straße, die sich in den Dienst der Revolution gestellt hatten. Dagegen schien die Lebensform der Frauen, erfasst über das Merkmal Familienstand, einen erheblichen Einfluss auf das politische Engagement ausgeübt zu haben. Unter den ersten politischen Akteurinnen dominierten die ledigen Frauen.692 Dieser hohe Anteil von unverheirateten Frauen weist darauf hin, dass gerade Frauen ohne Familienaufgaben politisch aktiv waren.693 Damit schienen die ledigen Frauen ihren Verantwortungssinn von der Privatsphäre auf die politisch-öffentliche Sphäre ausgedehnt zu haben. Doch ein zweiter Erklärungsansatz erscheint mir ebenfalls denkbar. Die zur Verfügung stehende Zeit stellt eine wertvolle Ressource für politisches Handeln dar.694 Ledige Frauen, freigestellt von Familienaufgaben, verfügten eher über diese sehr wichtige Ressource für politisches Handeln: freie Zeit. Nicht geklärt kann werden, inwieweit bei den Ledigen in der damaligen Zeit das „SingleDasein“ eine von ihnen erwünschte Lebensform war oder eine als defizitär empfundene Situation, die auf eine künftige Ehe als Versorgungsinstitution ausgerichtet war. Doch zumindest bei zwei von ihnen, Frau Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann kann das Ledigsein und Ledigbleiben nicht als eine erzwungene Begrenzung ihrer Lebenssituation interpretiert werden. Hier lag eine bewusste Entscheidung als alternativer Lebensentwurf jenseits der Ehe vor. Dieser Begründungszusammenhang kann auch für verbeamtete Lehrerinnen wie Antonie Pfülf und Dr. Rosa Kempf in Anspruch genommen werden. Die Zölibatsklausel zwang diese

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Frauen zum Ledigsein, zumindest solange sie ihrer Erwerbstätigkeit als Lehrerin nachgehen wollten, denn eine Verheiratung hätte eine Entlassung bedeutet. Dabei wäre zu vermuten, dass die ledigen Frauen zur Erwerbstätigkeit gezwungen sind, da sie für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen mussten. Dies hätte den entscheidenden Zeitfaktor wieder eingeschränkt. Doch zwei ledige Frauen, Anita Augspurg und L.G. Heymann waren durch Vermögen finanziell abgesichert, die verwitwete Luise Kiesselbach durch eine Pension ihres Mannes finanziell unabhängig. Interessanterweise gehörten die verheirateten Frauen überwiegend dem sozialistischen Parteimilieu an, auch ihre Ehemänner waren Sozialisten. Das Milieu der Arbeiterbewegung, sei es gewerkschaftlich oder parteipolitisch, schien ein Heiratsmarkt für politisch interessierte Frauen zu sein, hier wurden „Beziehungen unter Gleichgesinnten geknüpft und Ehen angebahnt.“695 Alle drei Frauen hatten in dem gewerkschaftlichen bzw. parteipolitischen Umfeld ihre künftigen Ehemänner kennengelernt. Die gemeinsame Verankerung in der großen sozialistischen Parteifamilie wurde durch ein gemeinsames Engagement noch verstärkt. So scheint es, dass Frauen, deren Ehemänner sich im gleichen gewerkschaftlichen oder sozialistischen Milieu engagierten, eine entsprechend Akzeptanz und Unterstützung für ihre politische Aktivität innerhalb der Ehe erfuhren. Dies erleichterte zweifellos das politische Engagement. Die soziale Herkunft, hier festgelegt nach dem Beruf des Vaters, bestimmt zwar in hohem Maße Bildung und Ausbildung, doch schichtübergreifend hatten alle Frauen geschlechtsspezifischen Diskriminierungen der Frau zu ertragen. Die Frauen aus der bürgerlichen Schicht hatten ihre höhere Bildung zu einer Zeit erworben, als der Zugang zu Gymansium und Universität ein weitgehend männliches Privileg darstellte. Sie hatten ihre Bildung genau an der Zeitenschwelle erworben, als Frauen von den ersten Errungenschaften der bürgerlichen Frauenbewegung hinsichtlich Bildung und Ausbildung profitieren konnten, doch es bestanden noch erhebliche Benachteiligungen im Bildungssektor für Mädchen und den beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten. Die Frauen aus dem Arbeitermilieu bzw. dem kleinbürgerlichen Milieu arbeiteten gemäß ihrer Ausbildung als Arbeiterinnen in der Textilindustrie, als Damenschneiderin, als Kontoristin, als Krankenpflegerin und als Schreibkraft. In diesen typischen Frauenberufen kann wohl davon ausgegangen werden, dass sie alltäglich die grundsätzliche Bevorzugung der Männer in der Arbeitswelt erlebten. Geschlechtsspezifisch niedrigere Löhne wie auch die Unmöglichkeit, in Bereiche hochwertiger qualifizierter Männerarbeit vorzudringen, gehörten wohl zu 109

den Alltagserfahrungen dieser Frauen. Rosa Kempf hatte im Rahmen ihrer Dissertation 1911 je eine Woche in einer Textil- und einer Holzfabrik gearbeitet und ihre Erfahrungen folgendermaßen beschrieben: „... die in den Fabriken arbeitenden Männer sprechen von den weiblichen Arbeitskräften fast stets von den ‚Weibern’, während die Frauen und Mädchen von ihren Arbeitskollegen als von ’Herren’ sprechen. Die Männer allein sind beruflich gebildet, sie allein werden Vorarbeiter und Meister, und stehen an den wichtigsten Posten, verteilen die Arbeit an die Frauen und kontrollieren sie; Männer allein verdienen so hohen Lohn, daß sie ihren eigenen Lebensunterhalt decken können.“696 So entschied die soziale Herkunft weniger über die Tatsache, dass Frauen gemeinsinnorientierte und später politische Interessen ausbildeten, sondern beeinflusste die Zugehörigkeit zu Frauenorganisationen. Sowohl Frauen aus der bürgerlichen Schicht wie auch Frauen aus dem Arbeitermilieu fanden ihnen gemäße Wege zu überindividuellem, organisatorischem Handeln. Mit ihrer Bereitschaft, sich Organisationen anzuschließen, deutete sich bereits eine gleichsam „politische“ Erkenntnis an, dass ein Agieren in Netzwerken eine erfolgreiche Strategie zur Durchsetzung von Interessen ist. Obwohl sich seit der Änderung des Reichsvereinsgesetzes im Jahre 1908 für Frauen der Weg in die Parteien geöffnet hatte, nutzten nur wenige diese parteipolitische Plattform zur Durchsetzung ihrer Interessen. Unter den ersten politisch aktiven Akteurinnen verfügten lediglich die SPD-Frauen über langjährige parteipolitische Vorerfahrungen. Diese hatten aber in ihrem Parteileben durchaus bittere Erfahrungen gemacht, geschlechtsspezifische Zurücksetzungen erlebt und mussten sich auch innerhalb ihrer Partei gegen antifeministische Tendenzen und Vorurteile zur Wehr setzen. Bei den beiden radikalen Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg und L. G. Heymann hatte ihr kurzes Intermezzo bei einer liberalen Partei zu einer langfristig ablehnenden Haltung gegenüber jeglicher Mitarbeit in Männerparteien geführt. Auch in der Revolutionszeit beharrten sie auf diesem Standpunkt, unterstützten lediglich als Parteilose die USP. Für die meisten anderen Frauen lösten erst die Erfahrungen im Ersten Weltkrieg sowie das Erlebnis der Revolution ein parteipolitisches Engagement aus. Diese historischen Ereignisse bildeten somit einen wichtigen Schub einer parteipolitischen Organisierung, die den Weg in die politische Sphäre vorbereitete. Davon wurden auch Frauen erfasst, die sich bisher von der parteipolitischen Sphäre ferngehalten hatten. Hedwig Kämpfer gehörte ab 1917 der USP an, Thekla Egl hatte sich erst im Dezember 1918 der USP angeschlossen, Hilde Kramer wurde im Januar 1919 Mitglied der kommunistischen Partei. Ellen Ammann wie auch Aloisia Eberle

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wandten sich erst nach der Revolution der BVP zu, Dr. Rosa Kempf und Luise Kiesselbach wurden ebenfalls erst im November 1919 Mitglieder der Deutschen Demokratischen Partei. Diese parteipolitischen Bevorzugungen verweisen zwar auf einen engen Zusammenhang mit schichtbezogenen, weltanschaulichen und politischen Dispositionen, doch dieses Bild ist nicht ganz stimmig. Bürgerliche Frauen wie Toni Pfülf, Dr. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann standen politisch im sozialistischen Lager, dagegen war die Arbeiterin Aloisia Eberle Mitglied der BVP geworden. Auch die aus einem bürgerlichen Milieu stammende Ellen Ammann engagierte sich nicht in einer schichtspezifisch zu erwartenden liberalen Partei, sondern in der BVP. So liegt die Vermutung nahe, dass weniger die Schichtzugehörigkeit, sondern eine weltanschaulich-religiöse Gesinnung, die ihren sichtbaren Ausdruck in der Zugehörigkeit zu der individuell gewählten Frauenorganisation, einen großen Einfluss auf die politischen Einstellungen hatte. Frauen, die die politische Bühne betraten, grenzten sich zwar gegenüber der Männerwelt als scheinbar homogene Gruppe ab, hatten sich aber auf ihren Lebenswegen zu sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten entwickelt und bildeten in vielerlei Hinsicht keineswegs eine homogene Gruppe. Doch sie einte das Bewusstsein einer Diskriminierung der Frauen in Gesellschaft und Politik. Diese Wahrnehmung hatte die meisten der hier vorgestellten Frauen bereits vor 1918 in frauenpolitische, konfessionelle, gewerkschaftliche und/oder parteipolitische, sozialistische Organisationen geführt, hier kämpften sie mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Schwerpunkten für einen Abbau der geschlechterbedingten Ungleichheit von Frauen. Dabei erwarben sie Fähigkeiten, die auch in der politischen Sphäre als wertvolle Kompetenzen gelten können. Gewöhnt an öffentliche Auftritte, bei denen sich manche als brillante Rednerinnen hervorgetan hatten, geschult in taktischem und diplomatischem Agieren, wo es um die Durchsetzung von Fraueninteressen ging, ausgestattet mit viel Energie und unermüdlicher Schaffenskraft für die Belange der Frauen auf politischer, sozialer oder wirtschaftlicher Ebene, besaßen die meisten dieser Frauen ein hohes Maß an Professionalität. Das Engagement in Organisationen hatte zudem bei diesen Frauen wohl auch ein Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten entstehen lassen, das sie auch auf den politischen Bereich übertrugen. Ihrer Selbsteinschätzung nach fühlten sie sich befähigt, Politik verstehen, angemessen beurteilen und politischen Einfluss nehmen zu können. Gerade dieses in den Organisationen erworbene subjektive Kompetenzgefühl ist sicherlich ein nicht unwesentlicher Faktor für politisches Handeln. Die Frauenorganisationen waren damit in einem gewissen Sinne Lern- und Schulungsorte zum Erwerb politischer Schlüsselqualifikationen. 111

Doch die Frauenorganisationen waren weit mehr als Ausbildungsorte für Frauen. Die Frauenorganisationen bildeten gleichsam verschiedene weltanschaulich-ideologische Gehäuse, die das Denken, Urteilen und Handeln der organisierten Frauen prägten. Sie besaßen einen identitätsstiftenden Charakter, indem sie unterschiedliche Weiblichkeits- und Emanzipationskonzepte festlegten und unterschiedliche Idealvorstellungen von der Rolle der Frau in Staat und Gesellschaft entwarfen. Verschiedene frauenrechtliche Positionen waren entwickelt worden, die als Leitvorstellungen Zielsetzungen, Handlungen und Verhaltensweisen der Frauen in der öffentlichen wie auch in der privaten Sphäre beeinflussten. Seit dem Entstehen der Frauenorganisationen im 19. Jahrhundert waren unterschiedliche stereotype Leitbilder für die Frau entwickelt worden, die eine Resonanz auf die Realität einer geschlechtsspezifischen Trennung zwischen öffentlicher und privater Sphäre darstellten. Ungeachtet unterschiedlicher Emanzipationskonzepte war das gemeinsame Ringen um die politische Gleichberechtigung ein wichtiges Bindeglied zwischen den verschiedenen Frauenorganisationen gewesen. Unterhalb dieser gemeinsamen Zielebene waren jedoch äußerst heterogene Vorstellungskomplexe über die Frauen in Politik und Gesellschaft entstanden. Das Frauenstimmrecht war nun eine Zäsur für die Frauenbewegungen, die Zeit verlangte nach geschlechtsspezifischen Interpretationen und Zielsetzungen, die sich auf den neuen politischen Wirkungskreis der Frau bezogen. Die entscheidende Frage für diese Arbeit ist: Inwieweit formulierten die verschiedenen Frauenorganisationen einen zeitgemäßen politischnormativen Gestaltungsanspruch, der dann über organisationsinterne politische Normen ein Sinn- und Wertesystem bildete, das dem politischen Handeln der Akteurinnen seine Zielrichtung vorgab? In dem nächsten Kapitel soll deshalb geklärt werden, ob und inwieweit Frauenorganisationen auf den Druck der gewandelten Verhältnisse ihre alten Leitbilder modifizierten und sich den neuen Bedingungen anpassten.

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4. Politische Themen und Debatten innerhalb der bayerischen Frauenbewegung Das Spektrum der Frauenfragen bis 1918 umfasste alle Lebensbereiche, was nicht verwunderlich ist, repräsentierte es doch das Anliegen der „Hälfte der Menschheit.“ Unterschiedliche Weiblichkeitskonzepte beeinflussten nicht nur Richtung, Tempo und Stil des frauenpolitischen Engagements, sondern äußerten sich auch in einem unterschiedlichen Verständnis von Staat und Nation, bestimmten politische Orientierungen und Kooperationen. So waren die unterschiedlichen Themen und Debatten innerhalb der jeweiligen Frauenorganisationen nicht nur ein Zeugnis für die Breite und Lebendigkeit der Frauenbewegung, in der frauenpolitischen Programmatik lag auch eine immense politische Relevanz.697 Die politische Betätigung von Frauen war stets an der Wahlrechtsfrage gescheitert. Zwar brachte 1908 die Neufassung des Vereinsgesetzes einen erweiterten, parteipolitischen Spielraum, doch immer noch fehlte die Anerkennung als gleichberechtigte Staatsbürgerin. Erst das 1918 gewährte Frauenstimmrecht hatte nun grundlegend neue Rahmenbedingungen für das gesellschaftlich-politische Wirken von Frauen geschaffen. Die formale Rechtsgleichheit stellte die Grundbedingung dar, um auf politischer Ebene frauenpolitische Gegenstände neu zu verhandeln. Doch es ist zu bedenken, dass dies nicht zwangsläufig zum politischen Handeln von Frauen führen musste. Um von ihrem neuen Recht wirksam Gebrauch zu machen, waren Konzepte und Entwürfe notwendig, die ihrem politischen Wirken Ziele setzten. Die Frauen, die während der bayerischen Revolutionszeit die politische Bühne betraten, gelten zurecht als „Pionierinnen“ in der Welt der Politik, weibliche Vorbilder für ihre politische Tätigkeiten existierten nicht. Doch viele politisch aktive Frauen der Revolutionszeit gehörten Organisationen an, die sich mit mehr oder weniger ausgeprägtem Engagement für die staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Frau eingesetzt hatten. Sie waren Mitglieder der gemäßigt-bürgerlichen, der radikal-bürgerlichen, der sozialistischen, der katholischen Frauenbewegung wie auch des der gemäßigt-bürgerlichen Frauenbewegung nahestehenden Bayerischen Lehrerinnenverbandes. Diese Frauenorganisationen dienten als weltanschauliches und frauenpolitisches Bezugssystem, das den organisierten Frauen bislang unterschiedliche Vorstellungen von dem Bild der Frau und deren familiären oder gesellschaftlichen Wirkungskreis geliefert hatte. Frauenpolitische Leitbilder und Grundpositionen waren entstanden, die Zielbestimmung und Strategien den jeweiligen Frauenorganisationen vorgaben, aber auch auf einer individuellen Ebene das bisherige Denken und Handeln der organisierten Frauen beeinflussten. Frauen, die nun die politische Bühne betraten, taten dies zwar als Subjekt ihres eigenen politischen Handelns und trugen mit ihrer Person frauenpolitische Themen in die politische Sphäre. 113

Doch es ist anzunehmen, dass damit nicht die Verbindung zu den Frauenorganisationen abbrach, sondern die gruppenspezifischen Erwartungen, Einstellungen und Vorstellungen weiterhin als Orientierungssysteme für frauen-politisches Handeln fungierten. Die hier zu untersuchenden Frauenorganisationen in Bayern verfügten über eigene Zeitschriften, die als Forum eigener Vorstellungen dienten. Sie waren nicht nur organisationseigene Mitteilungsblätter, sondern besaßen eine publizistische Kraft, die auch das frauenpolitisch-politische Bewusstsein beeinflussen sollte. Die Hauptaufgabe dieses Kapitels liegt in der Erfassung des Orientierungssystems, das die unterschiedlichen Frauenorganisationen bereitstellten, und widmet sich der zentralen Frage, welche frauen-politische Grundpositionen und politischen Konzeptionen als Reaktion auf die neue Situation entstanden sind. Es werden Antworten gesucht auf folgende Leitfragen: Welche politischen Stellungnahmen erfolgten zu den politisch-revolutionären Strömungen und Ereignissen der Revolutionszeit? Welche Positionen nahmen sie gegenüber den alternativen politischen Systemen ein, wie bewerteten sie also das räte- bzw. parteipolitische System? Ein weiterer Schwerpunkt der folgenden Untersuchung liegt zudem in der Erfassung des frauenpolitischen Selbstverständnisses, das ihrem politischen Handeln zugrunde lag: Welche „Frauenprogramme“ entwickelten sie? Welche politische Aufgaben sahen sie für die Frau? Stellten sich dabei Kontinuitätslinien zu ihren bisherigen frauenpolitischen Konzeptionen ein oder kam es zu einem Bruch bzw. einer grundsätzlichen Neuorientierung?

4.1 Die bürgerlich-gemäßigte Frauenbewegung Das Konzept der „geistigen Mütterlichkeit“ sowie die „Idee des Ganzen,“ entwickelt von den führenden Frauen des BDF, hatten auch in Bayern das Verhältnis zwischen den bürgerlichen Frauen und dem Staat bestimmt, gültig für alle Frauenvereine, die sich dem HBF angeschlossen hatten. Diese grundsätzlich staatsloyale Gesinnung hatte sich zu Beginn des Ersten Weltkrieges in einen Patriotismus verwandelt. Durch ihren Beitrag zur nationalen Pflichterfüllung wollten die bürgerlichen Frauen sich ebenbürtig neben die Männer stellen und erhofften sich damit einen grundlegenden Wandel ihrer Frauensituation. Der sozialpolitische Einsatz von Frauen während des Krieges sollte ihre Leistungsfähigkeit und Unentbehrlichkeit unter Beweis stellen und ihnen zur vollen staatsbürgerlichen Anerkennung verhelfen. Beide Emanzipationskonzepte, die „Idee der geistigen Mütterlichkeit“ wie auch die „Idee des Ganzen“ sollten letztendlich zu einer angestrebten organischen Eingliederung der Frauen in Staat und Ge114

sellschaft führen. Die Frauen sahen sich Ende des Ersten Weltkrieges kurz vor ihrem angestrebten Ziel, eine anerkannte Einordnung in das herrschenden politische und gesellschaftliche System zu vollziehen. Die deutsche Niederlage wurde wie ein jähes Erwachen aus einem bösen Traum empfunden, alle „Riesenleistungen“ und die „Heldentaten“ der Kriegsmonate waren vergeblich gewesen, das „Erliegen und Zurückweichen“ des Vaterlandes vor dem übermächtigen Feind war bitter.698 Zweifel an der Richtigkeit des eigenen patriotischen Einsatzes während des Krieges hegten die Führerinnen der bürgerlichen Frauenbewegung in Bayern nicht. Unbeirrt hielten sie an der nationalen Grundorientierung fest: Der Begriff der Nation sei „nicht nur etwas Elementares, sondern zugleich eine Aufgabe, an der wir mit immer neuer innerer Festigung zu arbeiten haben.“699 Trotz Schmerz und Trauer über die nationale Katastrophe empfanden die Frauen aus dem HBF deshalb eine Mit-Verantwortung gegenüber dem Staat und zeigten ihre Bereitschaft zum Wiederaufbau. Luise Kiesselbach rief ihre Mitglieder auf, Klage und Jammer zu überwinden, damit sie den künftigen Aufgaben gewachsen seien: „Wir brauchen Kraft und Klarheit für die kommenden Tage [...] wenn wir den neuen Aufgaben gewachsen sein wollen.“700

In dem Hauptorgan der bayerischen Frauenvereine wurden zunächst keine eindeutigen negativen Stellungnahmen zu der Revolution und der neuen Revolutionsregierung veröffentlicht. Die bürgerlichen Frauen hatten sich in den ersten Revolutionstagen „die Beschränkung der Pflicht zu Stummheit in den Entscheidungstagen auferlegt,“ da die „Tragweite jedes Wortes unübersehbar, jede Stellungnahme unendlich verantwortungsvoll“ war.701 Im November 1918 stellten sich die Frauen vom HBF wie alle anderen bürgerlichen Kräfte auf den Boden der Tatsachen: „Wir müssen feststehen und uns in das Bestehende einordnen“ war die Parole von Luise Kiesselbach.702 Damit erkannte man in Bayern zunächst die neue politische Macht der Räte an und in diesem System sollten dementsprechend auch Frauen vertreten sein. Wenn „die Räte als Fundament einer neuen politischen Organisation bestehen bleiben sollen, dann muß auch für die Frau eine derartige Ratsorganisation geschaffen und sie muß auch mit Funktionen und Rechten ausgestattet werden,“ so die Meinung von Dr. Rosa Kempf.703 Aus diesem Grunde konstituierte der Hauptverband bayerischer Frauenvereine schon kurz nach den Tagen des Umsturzes aus seinen eigenen Reihen einen Frauenrat, aus dem acht Mitglieder in den Münchener Arbeiterrat delegiert wurden.704 Dr. Rosa Kempf war als Vertreterin 115

des Hauptverbandes Bayerischer Frauenvereine Mitglied im Provisorischen Nationalrat, Luise Kiesselbach als Vertreterin des „Rates Geistiger Arbeiter.“ Durch diese Mitarbeit in revolutionären Organen erhofften sich die Frauen einen stärkeren weiblichen Einfluss in der Politik. Doch in diese Hoffnungen mischten sich schon bald Argwohn und Bedenken. Das Misstrauen galt vor allem der mangelnden Legitimität des revolutionären politischen Systems. Die Beherrschung der Volksmassen durch eine kleine Minderheit war kein Ausdruck einer von der Revolutionsregierung propagierten demokratischen Lebensform.705 Wenig Vertrauen brachte Dr. Rosa Kempf deshalb den Revolutionären entgegen: „Sollen wir den Menschen, die die Revolution gemacht haben, physisch mit ihrer Hand oder mit ihrem Wort in einer Nacht, sollen wir diesen blind glauben?“706 Der demokratische Gedanke könne nur langsam in den Völkern erwachen und entstehe nicht durch Bevormundung einiger Volksführer.707 Neben einer mangelnden Legitimität bedeutete die offizielle politische Macht der Räte in den Augen der HBF-Verbandsfrauen vor allem Gewalt und Terror. Der politische Umgangston war in München rau geworden, öffentliche Versammlungen wurden gewalttätig gesprengt, tumultartige Szenen beherrschten die politischen Diskussionen, Stühle wurden von den Rednertribünen heruntergeworfen.708 Diese Ausschreitungen schrieb man den neuen Machthabern des Rätesystems zu, vor allem die Tatsache, dass diese geduldet würden. Gerade die Frau habe aber „infolge ihrer mütterlichen Instinkte als erstes Bedürfnis das Bedürfnis der körperlichen Sicherheit.“709 Das Rätesystem schien ein Gewaltprinzip zu verkörpern, unter dem vor allem die Frauen zu leiden hatten. Der HBF folgte damit der Einschätzung von Gertrud Bäumer, die Ende 1918 Stellung zu der aktuellen politischen Lage bezog: „Jedes Gewaltprinzip wird ihnen (den Frauen, A.K.), ob sie die politische Gleichberechtigung haben oder nicht, doch im letzten Grunde den Einfluß verwehren.“710 Über die Argumentationslinie Bolschewismus, Proletariat, Gewalt und Männerstaat konstruierte Gertrud Bäumer vom BDF eine prinzipielle Unvereinbarkeit von Rätesystem und Frauenrechten.711 Ihr Hauptvorwurf richtete sich vor allem auf den strukturellen Ausschluss der Hausfrauen. Da sich die Rätemodelle an den „Produktionsinteressen“ orientierten, bliebe einer großen Gruppe von Frauen eine Integration in das Rätesystem verwehrt. Doch eine entsprechende Modifizierung des Rätesystems zog Bäumer nicht in Erwägung: „Die Hausfrauen werden und können in ihm nicht vertreten sein.“712 Diese Position blieb nicht unwidersprochen. So stellte M. Weinberg fest, dass diese Haltung nicht zu rechtfertigen sei, da davon die politische Gleichberechtigung der Hausfrauen abhänge – unter dem Vorbehalt, dass der Rätegedanke sich dauerhaft verankern würde im politischen System.713 Dieser Einwand führte wohl zu einem Um116

denken. In dem im September 1919 neu formulierten Bundesprogramm des BDF wurde die „Anerkennung der produktiven Arbeit der Hausfrau durch Förderung ihrer Ausbildung, Organisation und wirtschaftspolitischer Vertretung“ gefordert.714 Diesen Gedankengang griff Luise Kiesselbach dann im November 1919 in der Bayerischen Frauen-Zeitung auf und forderte nachdrücklich eine Zusammenfassung von Hausfraueninteressen in einer eigenen großen Berufsorganisation. Die Gruppe der Hausfrauen, die ihr als die größte und belastetste Frauengruppe erschien, sei bisher im öffentlichen Leben am wenigsten hervorgetreten und es bestünde die Gefahr, dass bei den zu gründenden berufsständischen Vertretungen in Anlehnung an den Rätegedanken diese ohne erheblichen Fraueneinfluss blieben.715 Der Stand der Hausfrauen dürfe keinesfalls „ungeschützt und ungenützt bleiben,“ denn gerade diese Gruppe sei notwendig, um „eine feste Wand aufzurichten, an der auch die brandenden Wogen des Aufruhrs zerschellen.“716 Im Hauptorgan des HBF wurden deshalb die Hausfrauen aufgefordert, sich den in Bayern gebildeten Berufsorganisationen für Hausfrauen anzuschließen, um hier ihr Mitspracherecht geltend zu machen und sich einen Einfluss auf die Gesetzgebung zu sichern.717 Doch diese geforderten Hausfrauenorganisationen stellten bestenfalls eine Anlehnung an den Rätegedanken dar, sie waren ein Teil der von allen Seiten immer wieder geforderten Diskussion über eine lebendige Demokratie, bei der die wahre Demokratie nur durch die Mithilfe aller verwirklicht werden könne. Doch diese Hausfrauenorganisationen waren von der Zielrichtung her jeglichen revolutionären Ansatzes beraubt und sollten den Frauen lediglich einen organisatorischen Rahmen ihrer eigenen, konservativ ausgerichteten Interessen liefern. Auch auf dem Gebiet der Erziehung rückten die Frauen des HBF nur scheinbar in die Nähe des Rätegedankens. In den neu zu gründenden Elternräten sahen sie zunächst einen „lebensvollen Gedanken der Demokratie“ verwirklicht, weil damit der „zur Kluft gewordene Abstand zwischen Haus und Schule überbrückt“ werden könnte.718 Über eine sog. Schulpflegschaft, in der Elternvertreter einbezogen sein sollten, erhoffte man sich eine Förderung der äußeren Schulverhältnisse und der Erziehung. Über die Elternräte strebte man ein „verständnisvolles, auf gegenseitiges Vertrauen beruhendes Zusammenwirken zwischen Familie und Schule“ an.719 Dabei sollten in dem Elternrat Vertreter aller politischen und religiösen Richtungen zusammentreten. Rein politisch gefärbte Elternvereinigungen lehnte man jedoch ab.720 Man befürchtete auf diese Weise eine politische Beeinflussung der Schuljugend, aber auch, dass sich „revolutionäre“ Elternräte zu einem „Polizeiorgan über die Lehrerschaft“ entwickeln würden.721 117

An diesen beiden Beispielen zeigte sich, dass ein gewisses Wohlwollen gegenüber einzelnen Grundelementen des Rätesystems vorhanden war, jedoch nur dort, wo die Räte ihres politischen bzw. „revolutionären“ Vorzeichens entkleidet waren. Wo die Räte einen „lebensvollen Gedanken der Demokratie“ zum Ausdruck brachten, bei dem Alltag der Frauen und Politik positiv verknüpft werden konnten, schienen die Räte ihre Berechtigung zu haben. Interessanterweise vollzog sich diese Annäherung an das Rätesystem, die sich lediglich auf bestimmte Mitspracherechte der Hausfrauen und Mütter bezog, erst in dem Augenblick, als die Rätebewegung ihre politische Bedeutung bereits eingebüßt hatte. Die Räterepubliken waren niedergeschlagen worden, die rätepolitischen Ambitionen konzentrierten sich auf den Ausbau eines wirtschaftlichen Rätesystems durch das Betriebsrätegesetz und die Einrichtung von berufsständisch organisierten Wirtschaftsparlamenten. Zu diesem Zeitpunkt wagten die Frauen des HBF dann, unmissverständlich und offen ihre politische Ablehnung des Rätesystems zu artikulieren. Die Revolutionäre wurden als innere Feinde gebrandmarkt, die in „unterwühlender Hetzarbeit“ die „Ruhe und Ordnung“ gestört und damit „das tiefes Leid innerer und äußerer Zerrissenheit unserer Volksgemeinschaft, Aufstände, Wirren und Terror aller Art“ hervorgerufen hätten.722

Die Bedenken der bayerischen Verbandsfrauen gegenüber den Räten führten bereits in den ersten

Revolutionswochen

zu

einer

deutlichen

Hinwendung

zum

parteipolitisch-

demokratischen System. Erst durch demokratisch legitimierte Wahlen, also durch die Ausübung des Stimmrechts, „sind die Staatsbürger in der Lage sich an der Einrichtung und der Verwaltung des Staates zu beteiligen, die Richtlinien zu bestimmen, nach welchen der Staat gestaltet wird.“723 Zu diesen Staatsbürgern, die den Staat mitgestalten konnten und sollten, gehörten nun auch Frauen. Doch in einer Zeit, da der Staat neu aufgebaut werden sollte, wurde für die Frauen vom BDF und HBF das Frauenstimmrecht zu einem Auftrag, „gemeinsames dunkles Schicksal mitverantwortlich auf sich zu nehmen.“724 Diese ungeheure Verantwortung durch den neuen staatsbürgerlichen Status der Frau kam zudem zu unvermittelt. Noch kurz vor Ausbruch der Revolution hatte der HBF eine Petition eingereicht, in der lediglich eine Einbeziehung in die „aktive Gemeindepolitik“ beansprucht wurde. Dahinter stand die Erkenntnis, dass die Gemeinden in immer größerem Umfang zu Trägern der Sozialpolitik werden würden. Deshalb strebten die Frauen zunächst nur eine größere Mitsprache im sozialen Bereich an.725 Zwar lange ersehnt, war das Frauenstimmrecht aber nun zu überraschend und zu umfassend gekommen: 118

„In keinem Land der Erde ist den Frauen das Wahlrecht so unvorbereitet und plötzlich übertragen worden wie in Deutschland. Überall haben [...] die Frauen ganz allmählich erst das Wahlrecht für Stadt- und Landgemeinde, dann in langem Kampf, der viele Frauen erst geschult hat, das Wahlrecht für die Parlamente bekommen. Die deutschen Frauen erhielten jetzt alles auf einmal ...“726 Doch nicht nur die überraschende Plötzlichkeit des Frauenstimmrechtes war ein Problem. Das Frauenwahlrecht hatten die Frauen erhalten von einer ungewollten Revolutionsregierung inmitten einer unruhigen Zeit, einer fließenden Welt, einer Welt im Werden und es bestanden deutliche Zweifel darüber, ob die Frauen schon die nötige politische Reife besäßen: „ ... es ist schlimm, dass so schwere Verantwortung so Unvorbereiteten auferlegt wird.“727 Dr. Rosa Kempf erhob die Frage, ob die Frauen nicht erst noch besser geschult werden müssten, bevor sie fähig seien, „das Vaterland zu verstehen in seinen Forderungen und Nöten.“728 Trotzdem erschien das gewährte Frauenstimmrecht als das einzig legitime Mittel, sich gegen weitere revolutionäre Umwälzungen zu stemmen. Angestrebt wurde eine wahre, volle Demokratie, die die Entwicklung aller Gruppen einer Gemeinschaft gewährleiste und sich deshalb deutlich von einer Majorisierung der Minderheiten unterscheide.729 Nur durch legitim durchgeführte Wahlen könnten sich der Volkswille und die Staatsgesinnung seiner Staatsbürger ausdrücken. Obwohl Dr. Rosa Kempf in diesem Artikel das Bürgertum nicht ausdrücklich nannte, kann wohl angenommen werden, dass sie bei der Majorisierung der Minderheiten vor allem an das Bürgertum dachte. Das Bürgertum sollte ein Garant für die neue Freiheit werden, denn die Träger der revolutionären Bewegung, die Räte, die ihren Ursprung nicht im Bürgertum hatten und nicht seinem Einfluss unterlagen, waren dementsprechend unberechenbare Größen.730 Das Bürgertum war die kulturelle und soziale Heimat der bürgerlichen Frauenbewegung, die bürgerlichen Frauen sahen mit dem sinkenden Einfluss des Bürgertums zugleich die kulturelle und geistige Identität der deutschen Nation gefährdet.731 Diese Entwicklung konnte nur über Wahlen verhindert werden, um sich gegen eine weitere Auflösung des Volksganzen zur Wehr zu setzen. In diesem Sinne traten die Frauen des BDF wie auch des HBF für einen frühzeitigen Wahltermin ein. Mit dieser Argumentation reihte sich der HBF zusammen mit dem Bundesverband der bürgerlichen Frauenbewegung in ein breites Bündnis ein, das von den konservativen Kräften bis weit in die SPD hinein reichte.732 Wieder einmal schienen die bürgerlichen Frauen das Gesamtwohl in den Vordergrund zu stellen. So hatte der BDF-Vorstand verkündet, dass es bei den Wahlen zur Nationalversammlung um Fragen gehe, „zu denen man als politischer Mensch, nicht als Frau Stellung nehmen muß.“733 Doch für Dr. Rosa Kempf ging es bei den Wahlen nicht nur um das Gesamtwohl, sondern auch um die Wahrung der staatsbürgerlichen Rechte und um den politischen Einfluss 119

der Frauen. Die Wahlen waren nach Ansicht von Dr. Rosa Kempf die „einzige Möglichkeit, unsere staatsbürgerlichen Rechte tatsächlich auszuüben. Sonst bleiben wir in einer so erdrückenden Minorität, daß wir uns nicht zur Geltung bringen können.“734 Um den Frauen eine ausreichende Geltung zu verschaffen, erhob Dr. Rosa Kempf sogar eine für diese Zeit revolutionäre Forderung: Die Quote weiblicher Abgeordneter müsste der Quote der weiblichen Wähler entsprechen.735 Nur so sei garantiert, dass die Frau wirklich als ein gleichberechtigter politischer Faktor zu betrachten sei. Auch bei ihren Demokratievorstellungen band sie die Frauen in ganz besonderer Weise ein. Die Demokratie war für sie die „einzige Lebensform, die auch den Frauen die Geltendmachung ihrer Eigenart verbürgt.“736 Die Frauen müssten sich „mit vollem Herzen und ganzer Seele der Demokratie“ ergeben und mit dem zur Verfügung gestellten Mittel des Stimmrechts „das Neue, Bessere“ schaffen.737 Die Berücksichtigung der weiblichen Eigenart sei eine Forderung des demokratischen Prinzips. So lange Staat und Volksgemeinschaft die „ Auffassungen und Wünsche der Frauen nicht hören,“ gäbe es keine demokratische Staatsform, keine Vertretung des Mehrheitswillens, keine Volksregierung, „weil Mann und Frau sich in ihrer Auffassung und ihren Wünschen, in dem was sie als Recht und als beglückend empfinden, gar häufig viel stärker von einander unterscheiden als die einzelnen sozialen Schichten der Männer. Vor allem sind es die Fragen des persönlichen Lebens, die gar nicht gerecht zu lösen sind, wenn nicht in allen staatlichen Maßregeln das Gefühl für die Bedingungen materiellen und geistigen Wohlbefindens, wie es in den Frauen lebt, zur Geltung kommt.“738 Das Wohlbefinden der Volksgemeinschaft sei aber nicht zu trennen vom Wohlbefinden seiner größeren weiblichen Hälfte, „die selbst wiederum der Schöpfer des Glücks und Wohlbefindens und Gedeihens der Kinder ist.“739 Die Berücksichtigung weiblicher Interessen läge damit im Interesse des Gemeinwohls, das Wohlergehen von Frauen sei eine notwendige Voraussetzung für die ganze Volksgemeinschaft. Um den weiblichen Einfluss in den Parlamenten aber geltend machen zu können, kam den Parteien eine Schlüsselrolle zu. Und so war es keine Frage unter den tonangebenden Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung im November 1918, dass Frauen ihre politische Heimat in den bestehenden bzw. sich neu konstituierten Parteien finden müssten. Vorrangig ging es darum, die Frauen „zum Anschluß an die Parteien und zur Ausübung ihres Wahlrechtes vorzubereiten.“740 Gertrud Bäumer hatte in der bayerischen Zeitschrift „Frauenstreben“ unmissverständlich gefordert: „Sie [die Frauen. A.K.] müssen sich den Parteien anschließen.“741 In anderen Zeiten hätte man sich überlegen können, ob es nicht möglich wäre, dass Frauen Frauen ihres Ver120

trauens ohne Rücksicht auf die Parteipolitik wählen könnten.742 Doch bei den anstehenden Wahlen gehe das nicht, teilte Gertrud Bäumer ihren bayerischen Vereinsfreundinnen mit. In dieser „dunklen, zukunftsschweren Zeit“ stünden schwerwiegende Entscheidungen an: Freiheit für Handel und Gewerbe oder staatliche Zwangswirtschaft, ob einheitliches Reich oder Aufrechterhaltung der bisherigen Bundesstaaten, ob Monarchen oder Präsidenten auf Zeit.743 Bei diesen schwierigen Fragen gäben die Parteien den Politikerinnen einen inneren Rückhalt und sicherten ihre Einflussmöglichkeiten. Für die Wählerinnen bedeute die Partei eine wertvolle Entscheidungshilfe bei den kommenden Wahlen. Bei den anstehenden Problemen „muß man als Parteipolitiker Stellung nehmen, nicht aber als Mann oder Frau.“744 Deshalb könnten die Frauen nicht „ohne Parteistellung bleiben. Sie müssen sich parteipolitisch entscheiden.“745 Vorschläge, selbst als Frauenpartei mit eigenen Listen zu kandidieren, wurden zwar auch von der Verbandsbasis des BDF vorgebracht und offenbar heftig diskutiert.746 Diese Auseinandersetzung wurde jedoch nur von den BFD-Frauen ausgetragen, im HBF wurde dieses Thema zumindest nicht öffentlich diskutiert. Doch Dr. Rosa Kempf hatte auf einer Wahlversammlung der DVP/DDP Stellung zu einer Frauenpartei bezogen. Gerade in einer eigenen Frauenpartei sah sie eine große Gefahr für die politische Betätigung von Frauen. Diese würden durch eine Frauenpartei zurückgedrängt werden, nicht nur bei den Wahlen, sondern auch im Parlament.747 Deshalb kämpfe sie überall gegen eine getrennte Frauenpartei. Dabei sah sie auch die Parteien in einer besonderen Verantwortung: „Gewinnen Sie die Frauen, helfen Sie ihnen, seien sie jetzt geduldig mit den Frauen, damit Sie nicht eine getrennte Frauenpartei bekommen.“748 Fast wie eine Warnung klangen die Worte an ihre Parteifreunde aus der DDP: „Wenn wir uns zusammengefunden haben als Gleichberechtigte, dann werden wir auch zusammen mit Ihnen arbeiten. In Ihrer Hand liegt es, ob Sie gleichberechtigte Mitkämpfer haben, oder ob der Kampf zwischen Mann und Frau nun innerhalb der Partei beginnt.“749

Die Revolution hatte das alte politische System durchbrochen, in den Augen der meisten bürgerlichen Frauen herrschte daher zunächst nur Chaos und Verunsicherung. In dieser Situation standen nicht Fraueninteressen im Vordergrund, sondern die Erfordernisse der Nation. Gertrud Bäumer hatte sich in ihrem Leitartikel „Aufrichtung“ in der Bayerischen Frauen-Zeitung an ihre bayerischen Mitstreiterinnen gewandt und an ihr Pflichtbewusstsein appelliert.750 Sie sollten ihren Beitrag zum Wiederaufbau des Staates zu leisten: „Der große Gedanke, den auch die Frauen jetzt mitdenken lernen müssen, ist der des Volksstaates.“751 Jeder – auch die Frauen – müsse sich noch einmal aufraffen zu „einem Dienst, wie ihn wichtiger und entschiedener das Vaterland noch niemals verlangt hat.“752 Die große Aufgabe, die 121

die Frauen mitzutragen hatten, war der „Wiederaufbau all’ des Wertvollen im Volksganzen“ wie Luise Kiesselbach vermerkte.753 Die Frau müsse sich einreihen in die Aufbauarbeit in ihrer „Erfüllung eigenster Frauenbestimmung: Leben zu fördern, zu schützen und zu erhalten.“754 Dabei wurden wieder die besonderen Werte und Gaben der Frau unentbehrlich: Ihnen ständen die Mächte des Trostes, der Freundlichkeit und Liebe zur Verfügung, um Fäden der Gemeinschaft von Mensch zu Mensch zu spannen.755 Die dualistische Theorie der Geschlechter wurde weitergeführt, Empfindungs- und Liebesfähigkeit als Inbegriff des Weib-Seins sollte in den Dienst einer politischen Erneuerung gestellt werden und mithelfen „das Neue, Bessere“ zu schaffen. Auch die Idee der „geistigen“ Mütterlichkeit“ wurde fortgeführt und in die Sphäre der Politik übertragen: „Es braucht nur die in jeder Frau auch der Unverheirateten innewohnenden Mütterlichkeit zum Wohle des Ganzen entfaltet zu werden, schützend, helfend, aufrichtend sollen die Frauen neben Männern stehen, die Bürgerin neben dem Bürger.“756 Wieder wurden die Frauen in der Stunde der Not des Vaterlandes gebraucht und sollten mithelfen am wirtschaftlichen und politischen Wiederaufbau des Staates: „Überall werden Frauen gebraucht. Noch ist das Maß der neuen Frauenpflichten unübersehbar in Gemeinde und Staat, im öffentlichen und privaten Leben. [...] Das Gebot der Arbeit muß an alle Frauen herantreten: ‚für Drohnen ist kein Platz mehr im deutschen Reich.’“757 Bei dieser neuen „Arbeitspflicht“ sollte zwar die gebildete Frau vorangehen, doch auch „die Hausmutter darf ihre Mütterlichkeit nicht auf den engen Kreis des Hauses beschränken, auch ihre Hände müssen sich, je nach Können, darüber hinaus ausspannen, will sie ihrer sozialen Pflicht gerecht werden. Die Pflicht trifft jede, auch die überlastete Frau.“758 Die bürgerliche Frauenbewegung schickte die Frauen wieder mit einem höheren Auftrag in das öffentliche, nun politische Geschehen: „Nur wenn die Frauen ihre Pflicht erfüllen [...] wird uns Kraft werden zum Ertragen des Kommenden, Kraft zum Anteil am Heilen der tausend Wunden, aus denen das Vaterland blutet. Kraft zur Mithilfe beim Wiederaufbau einer zertrümmerten Welt.“759 Mit dem Erhalt des Frauenstimmrechts hatten die Frauen nun völlig veränderte politische Einflussmöglichkeiten gewonnen. Doch das Stimmrecht allein bedeutete zunächst noch nicht viel, wie Dr. Kempf erkannte: „Das Stimmrecht zu haben, heißt noch gar nicht viel. Wenn aus der politischen Befreiung nichts anderes folgt, als daß die Frau wählt, so ist die ganze Sache ohne irgend einen Einfluß auf das praktische Leben.“760 Die Frauen müssten „mit Mut in das

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öffentliche Leben eintreten,“ und das bedeutete eben auch das passive Wahlrecht zu nutzen, sonst bliebe die Frau lediglich „Stimmvieh“ für die Parteien.761 Im bayerischen Verbandsorgan formulierte Emmy Wolff die Hauptaufgabe der Frauen bzw. der Frauenbewegung: „Wenn jetzt unserem öffentlichen Leben neue, feste Gestalt gegeben wird, müssen wir Frauen uns an ihrer Formung bewußt beteiligen.“762 Durch das Frauenstimmrecht hatte sich für die Frauen eine neue Ebene erschlossen, von der aus dieses Ziel in Angriff genommen werden konnte: „Wir haben Mitarbeit zu leisten an der Gesetzgebung und an der Ausführung der Gesetze.“763 Damit erfüllte sich eine Forderung, die in Bayern bereits 1908 Helene von Forster, ein zentrale Persönlichkeit der bürgerlichen Frauenbewegung Nürnbergs, gestellt hatte: Nur wenn die Frauen „vordringen bis in den Kreis der Gesetzgeber“ seien Veränderungen zu erwarten, da in dem bisherigen Kreis der Gesetzgeber keiner sei, der Frauenwünsche, Frauenangelegenheiten und Frauenbedürfnisse „so recht nach ureigenstem Verstehen abschätzen könnte.“764 Der HBF bejahte das parteipolitische System zwar grundsätzlich, trotzdem lehnte es der Hauptverband bayerischer Frauenvereine ab, sich parteipolitisch festzulegen. Jeder Frau müsse es selber überlassen werden, „welcher der großen Gruppen sie sich zuwenden will.“765 Die bayerische Frauenbewegung sah sich als Vermittlerin zwischen den wahlberechtigten Frauen und den weiblichen Abgeordneten in den Parlamenten. Bei der weiblichen Wählerschaft musste das Verständnis geweckt werden für die politischen Aufgaben, und gegenüber den Parlamentarierinnen bestand die Aufgabe „die Fühlung mit den weiblichen Abgeordneten aller Parteien aufrecht zu erhalten, damit durch sie die Interessen der Frauen auch wirklich vertreten werden.“766 Die Gemeinsamkeit der Fraueninteressen sollte damit über allen „trennenden Weltanschauungsgegensätzen der Parteien“ stehen.767 Trotz einer eindeutigen Bejahung der Parteien deuteten sich hier erste Vorbehalte des HBF gegenüber dem Parteiensystem an. Man fürchtete eine Zersplitterung der Frauenbewegung durch den Anschluss der Frauen an die Parteien. Der HBF sah es nun als eine der dringendsten Aufgaben an, der Frauenbewegung „eine feste Verbindung und einheitliche Richtung zu geben“768 und beschwor die Frauen, sich die Hände zu reichen „zum Bündnis in Schutz und Trutz, in gegenseitiger Hilfe zum Heile und zur Wiedergesundung, Wiedererhebung des deutschen Volkes.“769 Eine neue Frauensolidarität erhofften sich die Frauen vom HBF, unabhängig von Weltanschauung, politischer Überzeugung, Stand, Religionszugehörigkeit und Besitzstand.770

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Doch bereits nach kurzer Zeit parteipolitischer Betätigung in den Parlamenten wich diese euphorische Aufbruchsstimmung einer großen Ernüchterung. Zwar seien einzelne Frauen als „leidenschaftliche Helferinnen“ bei den Wahlen engagiert gewesen, einige seien zu politischer Erkenntnis gereift, doch eine „sehr viel größere Masse ist unberührt geblieben.“771 Als Konsequenz dieser Einsicht forderte Luise Kiesselbach die „Trennung vom alten Frauenideal.“772 Von dem traditionellen Frauenbild schienen sich die Frauen in Bayern nur schwer lösen zu wollen, trotz des neuen staatsbürgerlichen Status. Zumindest stellte Luise Kiesselbach fest, „daß die große Masse der Frauen weder von der Freiheit ihrer neuen Gleichberechtigung noch von der Gebundenheit ihrer Mitverantwortung den nötigen Eindruck haben.“773 Zu viele „Mitläuferinnen“ gebe es und zu viele „Laue und Gleichgültige,“ die noch aufzurütteln seien, da ihnen nicht bewusst sei, wie unerlässlich die politische Mitarbeit der Frau sei.774 Luise Kiesselbach erwartete hier in absehbarer Zeit wenig Änderung: „Und es ist zu glauben, daß ohne weiteren Anstoß und tiefer gehende Bemühungen noch eine gute Weile verstreichen wird, bis hier ein Wandel geschaffen ist.“775 Diese Anstöße müssten von den „Wissenden“ und „Erkennenden“ unter den Frauen kommen, also von den organisierten Frauen.776 Es folgten aber auch mahnende Worte vom HBF für die weiblichen Abgeordneten: „Es gibt solche Interessen, die über den trennenden Weltanschauungsgegensätzen der Parteien stehen: Dinge sozialer und wirtschaftlicher Art, zu denen wir als Frauen aus unserer Natur heraus eine besondere Stellung haben, und vor allem Fragen unserer eigenen Existenz, wie der des Berufes, des Rechtes, der Vertretung in den Wirtschaftsparlamenten.“777 Der HBF mahnte damit an, Parteiinteresse nicht über Fraueninteresse zu stellen. Mit dieser Haltung ging der HBF konform mit dem BDF. Auch hier wurde die politische Arbeit der Frauen innerhalb des Parteiensystems immer kritischer gesehen. Gertrud Bäumer appellierte an ihre Geschlechtsgenossinnen, „die eigene Note ihres Frauenwillens zur Geltung zu bringen,“778 wenn dies nicht gelänge, sei mit einer Eingliederung der Frauen in die Parteien ein Machtverlust für die Frauen zu befürchten.779 Der HBF beschwor die Einheit der Frauenbewegung und verstand sich als Forum zur Bündelung von Fraueninteressen. Die künftige Aufgabe der Frauenvereine läge in der Vermittlung von politischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Informationen als Basis für einen regen Austausch der Gedanken und Meinungen.780 Damit sollte der eigentliche Schauplatz frauenpolitischer Aktivitäten die Frauenbewegung bleiben, die Parteien lediglich ein notwendiges Instrument zur Rekrutierung von Mandatsträgerinnen für die Parlamente. Die kurze Zeit parteipolitischer Betätigung hatte „so etwas wie eine Krise der Frauenbewegung“ hervorgerufen und eine klare Positionierung ihrer Stellung notwendig gemacht: „Sie bleibt neutraler 124

Boden in Frauensachen, sie ist Vorschule für die Parteien; sie ist Sammelpunkt für sozial Arbeitende.“781 Obwohl damit scheinbar die Fraueninteressen oberste Priorität genießen sollten, betonte Luise Kiesselbach als Vorsitzende des HBF die Einordnung der Fraueninteressen in das Gesamtinteresse der Nation. Die nationalen Aufgaben der Frauenbewegung sollten zwei Stoßrichtungen haben: sich mit aller Macht gegen die „zersetzenden und vernichtenden Elemente in unserem deutschen Volk, ihre Irrlehren, ihre Verführungs- und Verhetzungsversuche“ zur Wehr zu setzen und dabei gleichzeitig „tätig mitarbeiten am Wiederaufbau, am Erhalt des Wertvollen in unserem Staatsleben.“782 Das sollte bedeuten, dass die Frau „sich in selbständig gewählter Verantwortung an die Gemeinschaft gebunden fühlt, aus diesem Bewußtsein heraus ihre Kraft entwickelt und in selbstloser Hingabe für das Ganze einsetzt.“783 Auf der 11. Generalversammlung des BDF in Hamburg vom 14.-18. September 1919 wurde „die Idee von der Kulturaufgabe der Frau“ neu bestätigt und als Zukunftsaufgabe vorgegeben. Die Hingabe für das Ganze drückte sich zunächst in der Sorge über die Zerrissenheit und Ziellosigkeit der durch Krieg und Revolution zerrütteten Gesellschaft aus. Das Bestreben der Frauen müsse auf Versöhnung und Ausgleich gerichtet sein. Sie müssten mithelfen, den Klassenkampf und inneren Hader gerade in Bayern zu überwinden – so die Forderung von Luise Kiesselbach, die als Vorsitzende des HBF der Generalversammlung beigewohnt hatte.784 Marianne Weber, die sich seit kurzem dem HBF in München angeschlossen hatte, referierte auf dieser Generalversammlung des BDF in Hamburg über „Die Mitarbeit der Frau am geistigen und sittlichen Wiederaufbau unseres Volkslebens“ und hob dabei als besondere Aufgabe hervorgehoben, „dem Zerfall des Gemeinschaftsgefühls“ in der Gesellschaft entgegenzuwirken.785 Im Geiste einheitlicher, aufbauender Arbeit, im Glauben an die Kraft des Volkes zu neuem Aufstieg sollten die Frauen auf dem Boden der neu erworbenen Rechte gewissenhaft und tatkräftig ihre Pflichten erfüllen. Um frauenpolitische Ziele in den Bereichen Familie, Arbeit und Staat zu verwirklichen, müssten möglichst viele sachverständige Frauen in den gesetzgebenden und verwaltenden Körperschaften vertreten sein, in der Regierung sich vor allem der Durchführung sozialpolitischer und kulturpolitischer Aufgaben (Mutter- und Kinderschutz, soziale Wohnungspolitik, Ernährungs- und Gesundheitsfürsorge, Bekämpfung des Alkoholismus, Jugendfürsorge) widmen. Basis für die neuen politischen Aufgaben sollte eine umfassende staatsbürgerliche Schulung aller Frauen durch Schulen und politische Organisationen sein.786

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* * * Die Frauen vom Hauptverband bayerischer Frauenvereine befanden sich nach der Revolution in einer zwiespältigen Situation. Das alte gesellschaftliche und politische System, in das sich die bürgerlichen Frauen integrieren wollten, existierte nach der Revolution nicht mehr. Doch sie vollzogen zunächst eine realpolitische Annäherung an das Rätesystem, um sich einen weiblichen Einfluss in diesem neuen System zu sichern. Dies bedeutete aber keinesfalls eine bedingungslose Akzeptanz des Rätesystems. In ihre abwartende Haltung mischten sich schon bald viel Argwohn und Bedenken. Diese ablehnende Zurückhaltung beruhte zunächst auf frauenpolitischen Erwägungen. Innerhalb des neuen politischen Systems schien ein männliches Gewaltprinzip zu herrschen, das weder eine körperliche Sicherheit für die Frauen noch eine Realisierung der neuen politische Gleichberechtigung in ihren Augen garantieren konnte. Gerade der fast strukturell bedingte Ausschluss der nicht berufstätigen Frauen aus dem Rätesystem erschien wie ein politischer Konstruktionsfehler. Zwar forderten die bayerischen Frauen einen stärkeren Einfluss der Frauen in die Räteorganisationen durch eine Ausweitung von Frauenrechten in diesem System, doch diese Forderung wurde nicht besonders nachhaltig vorgebracht. Während der Revolutionszeit wurden keine konstruktiven Vorschläge, den formalen Ausschluss der Frauen aus dem Rätesystem rückgängig zu machen, in die zeitgenössische Rätedebatten eingebracht. Elemente der Räteideen fanden erst spät Eingang in organisationsinterne Debatten, die Vorschläge zum Umbau des Rätesystems beschränkten sich auf – verspätete – Diskussionen über Hausfrauenräte und Elternräte. Mit diesen Vorschlägen knüpfte die bürgerliche Frauenbewegung an typisch weiblichen Lebenswelten an und wollte gerade diese Sphären mit der politischen verbinden. Neben diesen frauenpolitischen Aspekten einer Ablehnung des Rätesystems waren jedoch manche politischen Zurückhaltungen des Verbandes verankert in einer besonderen Affinität zu den bürgerlichen Schichten und deren politischen Grundorientierungen. Die Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung standen im bürgerlich-liberalen Lager der Deutschen Demokratischen Partei und nahmen zunehmend gemeinsam mit den konservativen politischen Kräften schon früh eine gegenrevolutionäre Haltung ein. Die Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung in Bayern fühlten sich im Kampf „gegen Irrwahn und Terror, gegen Auflösung von Ordnung, Zucht und Sitte, gegen Maßlosigkeit aller Art.“787 Bei diesem Kampf erschien das Frauenstimmrecht – trotz aller Bedenken – als das einzig legitime Mittel sich gegen einen weiteren revolutionären Umbau zu stemmen. Über demokratisch durchgeführte Wahlen sollten neue politische Verhältnisse geschaffen werden, die anders als

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die Revolution als Ausdruck des Mehrheitswillens gelten könnten und damit eine wirkliche Volksregierung wären. Dr. Rosa Kempf hatte bei den Wahlen von den Frauen ein offenes Bekenntnis zur Demokratie gefordert, da nur innerhalb einer demokratischen Staatsform die Fraueninteressen Gehör finden könnten. Der von ihr verwendete Demokratiebegriff war vielschichtig, politische und frauenpolitische Aspekte vermengten sich. Er war zunächst einmal von der Gemeinschaft, dem Volksgedanken her gedacht und sollte die politische Mitwirkung aller Volksteile garantieren. Die Demokratie stellte damit einen legitimen staatlichen Rahmen zur Verfügung, in dem sich alle Volksströmungen in gleicher Weise einbringen konnten. Gleich geachtet und gleich wichtig genommen, sollten aber auch die Frauen einen festen Platz in einem demokratischen Staatsgebilde einnehmen. Das demokratische Prinzip müsse zum einen der weiblichen Andersartigkeit gerecht werden, zum anderen sich die Wesensverschiedenheit zwischen Mann und Frau zum Wohl des Ganzen auswirken. Damit wurde die dualistische Theorie der Geschlechter weitergeführt, weibliche Werte sollten sich zum Wohl des Ganzen entfalten, in dem sich Frauen-Pflichten und Frauen-Fähigkeiten ausdehnten in das öffentlich-politische Leben. Die Idee der „geistigen Mütterlichkeit“ und die Verpflichtung gegenüber dem Volksganzen blieben weiterhin Leitbilder und Zielvorgaben für alle Frauen. Dabei sollte den veränderten Bedingungen Rechnung getragen werden, indem politisch aktive Frauen bis in den Kreis der Gesetzgeber vordringen sollten, um von hier aus Frauenwünsche und Frauenangelegenheiten endlich in dem erforderlichen Ausmaß zur Geltung zu bringen. Frauen sollten sich daher den Parteien anschließen, ihr aktives und passives Stimmrecht nutzen, um damit den Fraueninteressen ein größeres parlamentarisches Gewicht zu verleihen. Es entstand ein neues Leitbild für die politisch aktive Frau, die auf keinen Fall die Tuchfühlung zu ihrer Frauenorganisation verlieren sollte, sondern gleichsam als parlamentarischer Arm der bürgerlichen Frauenbewegung in den Parlamenten agieren sollte. Dieser scheinbar so schlüssige Vorstellungskomplex enthielt jedoch etliche Brüche und Unvereinbarkeiten. Jene traditionellen Leitbilder blieben weiterhin lebendig, die die Hausfrauen und Mütter in den Mittelpunkt der Emanzipationsbemühungen gestellt hatten. Luise Kiesselbach klagte zwar über die Hartnäckigkeit des alten traditionellen Frauenbildes, das viele dem häuslichen Bereich verhaftete Frauen von der politischen Mitarbeit abhielt. Ungewollt unterstützte der HBF diese Denkstrukturen aber, in dem er sich selbst als unpolitisch verstand und sich weiterhin dem von Helene Lange propagierten Neutralitätsgebot verpflichtet sah. Gleichzeitig schickte der HBF jedoch seine Mitglieder in die Politik mit einem höheren Auftrag: Sie sollten mit ihren weiblichen Fähigkeiten der Freundlichkeit und der Liebe, ihrer „innewoh127

nenden Mütterlichkeit“ ihren Beitrag zum Aufbau einer „zertrümmerten Welt“ leisten. Doch in dem Verhältnis zwischen Fraueninteresse und Gesamtinteresse und auch zwischen Fraueninteresse und Parteiinteresse deutete sich eine freiwillige Unterordnung von Fraueninteressen unter nationale und parteiliche Interessen an. A priori akzeptierten die politisch aktiven Frauen eine untergeordnete Bedeutung der Frauenbelange gegenüber den Erfordernissen des Vaterlandes und der Partei, so dass sich der HBF genötigt sah, an die Gemeinsamkeit von Fraueninteressen zu erinnern, die über allen trennenden Weltanschauungen und parteilichen Zersplitterung stehen sollte.

4.2 Die radikal-bürgerliche Frauenbewegung Anita Augspurg und L.G. Heymann begrüßten die Revolution mit Begeisterung. Nach der Katastrophe von 1914 hatte die Novemberrevolution 1918 die „ersehnte Beendigung jahrelanger, brutaler Menschenschlächterei“ gebracht und Hoffnungen auf eine „Erlösung vom gewalttätigen Männerstaat“ geweckt.788 Dem alten Kaiserreich fühlten sie sich wenig verpflichtet, im Gegenteil. Die Revolution hatte die bedrückenden Fesseln der Kriegsjahre gelöst und ihnen nicht nur die Wiedererlangung persönlicher Bewegungs- und Meinungsfreiheit gebracht. Die Einführung des allgemeinen, demokratischen Stimmrechts für Männer und Frauen erfüllte eine Forderung, die seit der Jahrhundertwende im Mittelpunkt ihrer Agitation gestanden hatte. Die Revolution wurde durch das Frauenstimmrecht geradezu als Zeitenwende empfunden: „nach dem katastrophalen Zusammenbruch des Weltkrieges ist eine neue Zeit im Werden.“789 Die bisherige Kritik am Männerstaat und dem männerdominierten Parteiensystem hatte bei den bayerischen Radikalen zu einer Begeisterung gegenüber den revolutionären Ereignissen geführt und die Hoffnung geweckt, dass die Revolution die ersehnte Freiheit bringen müsste.790 Dementsprechend offen und aufgeschlossen zeigte man sich dem neu entstandenem Rätesystem, von dem man sich eine durchgreifende Demokratisierung erwartete. Die Räte waren in erster Linie – in Übereinstimmung mit der Konzeption Eisners791 – als Schulen der Demokratie gedacht, Instrumente politischer Erziehung, die über den Weg der direkten Demokratie und der kollektiven Verantwortung für den Volksstaat einer subjektiven Form der Selbstbestimmung dienen sollten. In Anlehnung an diese Programmtik war der Rätegedanke bei Heymann verbunden mit der Absicht, eigenständiges, gesellschaftlich verantwortliches Handeln zu fördern. Bei der Verwirklichung einer „existenten Demokratie“ kam neben den Räten dem Bildungssystem eine besondere Aufgabe zu. Der Gedanke einer tatsächlichen Demokratie 128

sollte über das Schulsystem gelehrt, in Schülerräten eingeübt und in den Arbeiterräten realisiert werden: „ Eine existente Demokratie [...] wird beginnen, den Kindern in den Schulen zu lehren, was Selbstverwaltung, Selbstverantwortung und Selbständigkeit der Überzeugung ist, wird alle drei vom 12. Jahre ab praktisch üben lassen in Schülerräten, die in Arbeiterräten usw. übergehen und längst bevor ein Menschenalter herum ist, sind die echten bodenständigen Demokraten herangereift.“792 Hinter der neuen politischen Konzeption der Räte sahen sie „ferne Utopien lebendige Gestalt annehmen“ durch die Verwirklichung eines neuen Schul- und Erziehungswesens, „deren Aufgabe es sein sollte, denkende Menschen zu bilden.“793 Diese pädagogische Erwartung an die neue revolutionäre politische Kultur der Rätebewegung kreiste damit weniger um Fragen einer konkreten Ausgestaltung neuer politischer Formen als um die Zielvorstellung „Wesen zu schaffen, die den Namen Menschen verdienen ...Menschen, die voll des guten Willens sind, sich gegenseitig zu helfen, Kultur zu schaffen, das Leben lebenswert zu machen.“794 Heymann und auch Augspurg wollten das Rätesystem als ein Erziehungsinstrument für Frauen genutzt wissen, modifizierten dabei jedoch die Rätevorstellungen, indem sie gesonderte Frauenräte forderten. Im November 1918 hatte Heymann auf einer großen Münchener Frauenversammlung für die „sofortige Gründung eines Frauenrates“ plädiert.795 Dieser Frauenrat sollte der Interessenvertretung der Frauen in den Parteien und der Nationalversammlung dienen. Dieser Münchener Frauenrat hätte dafür zu „sorgen, daß den Frauen alle Berufe, auch der Richterberuf, eröffnet werden und daß sie in Staat und Verwaltung an verantwortungsvolle Stellen treten können.“796 Neben dieser speziellen Interessenvertretung für Frauen erachtete Heymann die Frauenräte „als eines der wirksamsten Mittel [...], damit Frauen im Bewußtsein ihrer besonderen Aufgabe und in selbständiger Betätigung – das politische Leben bereichernd – in den neuen Volksstaat hineinwüchsen.“797 Eine Woche später kam es dann tatsächlich zur Gründung eines Frauenrates in München, über den jedoch nichts weiteres bekannt wurde.798 Frauenräte sollten also den Frauen eine Form von politischem Handeln ermöglichen, die sie – nach Ansicht von Heymann – nicht in den Parteien realisieren konnten. So bezeichnete Heymann die Parteimüden, die „der Ekel vor dem korrumpierten Parteigetriebe und Wahlbetriebe“ erfasst hatte, als die „Rätereifen.“799 Die beiden bayerischen Radikalen orientierten sich mit ihren Vorstellungen an der Konzeption Eisners, der zwar in den Räten nicht nur eine Übergangserscheinung sah, aber ihnen auch kein alleiniges Exekutiv- und Legislativrecht zugestehen wollte. Die Räte sollten nach seinen Vorstellungen neben dem Parlament bestehen, zum „schaffenden Dienst an der Gesamtheit erziehen“ und als Grundlage 129

des neuen Regierungssystems die „Massen des Proletariats unmittelbar zur politischen Mitarbeit heranziehen.“800 In diesem Sinne befürworteten Augspurg und Heymann das Rätesystem. Beide Frauen brachten durch die aktive Beteiligung an den Wahlen aber auch ihre Akzeptanz des parlamentarischen Systems zum Ausdruck. Nachdem die Wahlergebnisse zum Bayerischen Landtag und zur Nationalversammlung gezeigt hatten, dass der Traum einer erneuerten Gesellschaftsordnung in weite Ferne gerückt war und auf dem parlamentarischen Weg nicht zu realisieren sei, wurde das parlamentarische System von den bürgerlich Radikalen Augspurg und Heymann zunehmend in Frage gestellt. Nach den Wahlen im Januar 1919 hielt Augspurg einen Vortrag mit dem bezeichnenden Titel „Es gilt die Errungenschaften der Revolution zu sichern“ und gab damit die Richtung ihres weiteren politischen Engagements vor.801 Die bayerischen Radikalen Heymann und Augspurg tendierten immer mehr zum radikalen Flügel der Rätebewegung, je deutlicher sich die alten Mächte wieder behaupteten. Da die Gegenrevolution überall spürbar wurde, forderte Heymann den Einsatz aller Kräfte, „die gewillt waren, dem Volke Freiheit und Rechte aus der von den Soldaten und Arbeitern eingeleiteten Erhebung zu sichern.“802 Beide Frauen hatten an dem Rätekongress in München teilgenommen und ließen hier eine klare Bevorzugung des Rätesystems erkennen.803 Die Räte sollten auf keinen Fall beseitigt werden, denn sie seien ein lebendiges und wichtiges demokratisches Organ, von dessen Dauerhaftigkeit des Bestehens die beiden Frauen wie selbstverständlich ausgingen.804 Zweifel am grundsätzlichen Aufbau der Arbeiter- und Bauernräte wurden nicht geäußert, vielmehr sollten entsprechend ihrem „Antrag auf Errichtung von Frauenräten“805 obligatorische Frauenräte zunächst auf allen Ebenen bis zum Zentralrat parallel zu den Arbeiter- und Bauernräte aufgebaut werden. Ziel sollte dabei weniger die Durchsetzung von Fraueninteressen sein, sondern die Aufgabe der Frauenräte sollte es sein, „insbesondere auf dem Lande der Propaganda der Reaktion durch Aufklärung und Politisierung der Frauen entgegenzuwirken.“806 In diesen Frauenräten sah Augspurg das einzige Mittel, um Frauen den reaktionären Einflüssen von Kirche und Bürgermeistern zu entziehen. Interessanterweise wurde die Idee der Frauenräte nicht in ihrer Zeitung aufgegriffen, auch die rätetheoretischen Darstellungen, sowie eigene Vorstellungen eines idealisierten Sozialismus beschränkten sich auf nur wenige Artikel in den nächsten zwei Jahren und verschwanden dann völlig aus dem Themenspektrum der „Frau im Staat.“

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Kritische Gedanken zum Kapitalismus äußerte Augspurg dagegen auf dem Züricher Frauenfriedenskongreß im Mai 1919. Hier machte sie kein Hehl daraus, dass für sie ein dauerhafter Friede nur durch die Abschaffung der kapitalistischen Weltwirtschaft zu sichern sei: „Es waren die Interessen der gegenseitigen Konkurrenz im Gewinn [...] im Einheimsen der Beute aus den Schätzen dieser Erde, die dazu geführt haben, daß sich die einzelnen Völker, oder sagen wir doch lieber die einzelnen Regierungen, bekämpft haben. [...] Es wäre deshalb eine natürliche Folge der Revolution, daß sie überall darauf ausging, dieses kapitalistische Interesse aus der Welt zu schaffen und einen Güteraustausch zwischen den Völkern anzuregen, damit alle Güter dieser Erde allen Völkern – und nicht nur Einzelnen – nach ihren Bedürfnissen zukämen. [...] die Völker dieser Erde sind nicht länger Willens, sich für den Kapitalismus knechten und ausbeuten zu lassen.“807 Deutlich zeigte sich hier die ideologische Nähe zum Sozialismus, doch ihre Kritik am Kapitalismus blieb sehr allgemein, ebenso ihre einige Monate später entstandenen Ausführungen zu einem Drei-Parlamente- Staat mit einem Rätesystem als Überbau. Augspurgs diffuser Sozialismus-Begriff mag auch ihre Mitstreiterin Gertrud Baer zu ihrer Einschätzung geführt haben: „Augspurg [...] glaubte [...] da im Moment, Sozialismus ist alles.“808 Auch bei der Gründung des deutschen Zweiges der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, die im Juni 1919 aus einer Fusion des Deutschen Frauenstimmrechtbundes und des Frauenausschusses für dauernden Frieden hervorging, zeigte sich, dass die radikale politische Frauenbewegung eine völlige Neugestaltung des innenpolitischen Apparates anstrebte. Es ging darum, „die Parteipolitik, die Beherrscherin unseres heutigen gesamten Lebens zu überwinden.“809 So wurde ein Kommission eingerichtet mit dem Ziel, „die Frauen mit allen Systemen bekannt zu machen, die dahin zielen, anstelle des Maschinismus eines zerfallenden Staatsgebäudes neue Formen zum Aufbau zu finden.“810 Diese sehr unkonkrete Zielformulierung verwies zwar auf eine eindeutige Überwindung des bisherigen Staatsaufbaus, eine klares Bekenntnis zum Rätesystem war dies jedoch nicht. Im April 1919 sah Heymann den kapitalistischen Staat abgewirtschaftet und meinte: „Wir gehen mit Riesenschritten der Sozialisierung entgegen.“811 In ihrem Artikel „Zur Lösung der Frage der Dienstbotennot“ trat L. G. Heymann für ein Modell zur Sozialisierung des Familienhaushaltes ein, das auch in Teilen der sozialistischen Frauenbewegung propagiert wurde. Ihr Konzept beruhte auf einer Änderung des gesamten Mechanismus des üblichen Haushaltes. An die Stelle von vielen einzelnen Familienwohnungen sollten größere, genossenschaftliche Einheiten treten, eben Zentralhaushaltungen, die die großen städtischen Mietskasernen mit ihren Einzelhaushalten ersetzen sollten.812 Heymann sah durchaus Widerstände gegen dieses System von Männern und Frauen. Doch gerade die Letzteren müssten einsichtig werden und mit zwingender Notwendigkeit die Vorteile erkennen: Befreit vom alltäglichen Kleinkram um 131

die Versorgung der Familie könnten sie sich mit höheren und schöneren Dingen des Lebens befassen, sich als Glieder der Gemeinschaft und nicht als Lastenträger für ein enges Hauswesen fühlen.813 Im August 1919 beschäftigte sich Anita Augspurg mit einem neuen Staatsaufbau und entwarf in der Zeitschrift „Die Frau im Staat,“ inspiriert von dem Anthroposophen Rudolf Steiner, eine neue Form der Gewaltenteilung. Augspurg sprach sich hier noch für drei verschiedene Parlamente aus, die sich entsprechend der Steinerschen „Dreigliederung des sozialen Organismus“ um Staat, Wirtschaft und Kultur kümmern sollten.814 Augspurg entwarf nun auf der Basis dieser Steinerschen Konzeption der Dreigliederung des Staates ein Staatsmodell, das die Räte als „Fundament“ eines Staates mit drei Parlamenten verband: „Ein Parlament, welches den ganzen Wirtschaftskörper eines Landes und nur diesen, in allen seinen Zweigen und Verästelungen regelt, ein anderes, das allen rechtlichen Forderungen Genüge tut, ein drittes, das die Fäden von Kultur- und Geistesleben wirkt; diese drei ergänzt durch einen Ausschuß aller, der das Gleichgewicht zwischen ihnen herstellt und aufrecht erhält. Von Land zu Land ein Parlament in Fühlung mit dem gleichen jenseitigen zum Austausch und Ergänzung, zu gegenseitiger Anregung im Fortschritt. Wahrlich ein Ziel, aufs innigste zu wünschen und ein zweckfroher Überbau des Fundamentes Rätesystem.“815 In diese Staatsutopie integrierte sie ihre Vorstellung vom Sozialismus. Unter diesem Begriff verstand Augspurg nicht nur eine Wirtschafts- und Staatsform, sondern vor allem die Befreiung des Menschen von mannigfaltigen Zwängen und geistiger Einengung. So strebte sie für das Proletariat primär geistig-kulturelle Entfaltungsmöglichkeiten an, da sie den Klassenhass nicht nur im „Bewußstsein der Ausbeutung durch den Kapitalismus“ sah, sondern ebenso in der „Kenntnis des Ausschlusses von den Kulturgütern der Bourgeoisie.“816 Dementsprechend sah sie im „geistigen und seelischen Entbehren des Proletariats“ den „wesentlichen Ausgangspunkt der sozialen Frage, der von der sogen. materialistischen Geschichtsauffassung meist abgeleugnet wird.“817 Mit dieser geistig-kulturellen Perspektive stand Augspurg ganz in der Tradition des Bildungsbürgertums, ihr Sozialismuskonzept entsprang ihrer bürgerlichliberalen Position. Gleichzeitig aber distanzierte sich Augspurg von dieser bürgerlichen Position, indem sie scharfe Kritik äußerte am Privatkapital. Sie forderte eine radikale Umgestaltung der Wirtschaft: Die „ärgsten Schädlinge des alten Systems“ seien „das Privatrecht, das Erbrecht, der Zins.“818 In einem „neuen“ Staat dürften sie keinen Platz mehr haben.819 Zu den wenigen Artikeln, die sich in der Zeitschrift „Die Frau im Staat“ zur Rätefrage finden lassen, gehörte auch der Aufsatz von Wolfgang Martini mit dem Titel „Sozialisierung und 132

Rätesystem.“ Für ihn war das Rätesystem „das denkbar feinste Regierungssystem,“ da es eine „wahre, nicht scheinbare Volksregierung“ garantiere, in dem „jedes Mitglied der Volksgemeinschaft tätig Teil hat.“820 Im Rätesystem werde die unlösbare Zusammengehörigkeit der einzelnen Volksteile praktisch erlebt, in den Räten verbinde sich geistig-kulturelle und technisch-materielle Sachkenntnis und so stellten die Räte nicht im Gegensatz zu den Parlamenten keine „Schwatzbuden“ dar, sondern seien „praktische Arbeitsorganisationen.“821 Das Problem einer nicht angemessenen Vertretung der nicht erwerbsmäßig arbeitenden Bevölkerungsteile löste er durch eine eher vage, unverbindliche Erklärung: „Es bietet keinerlei Schwierigkeiten, die nicht in größeren Betrieben arbeitenden Berufe oder die Hausfrauen, oder die nicht mehr arbeitenden, alten Leute zu besonderen Gemeinschaften zusammenzuschließen und ihnen entsprechende Vertretungen in den Räten zuzubilligen.“822 Damit stellte sich das Problem einer angemessenen Frauenvertretung im Rätesystem als ein leicht zu lösendes Randproblem dar, dem Wolfgang Martini keine weitere Aufmerksamkeit widmete. Über den großen Ideen von „gedeihlicher Arbeit, Frieden und Lebensglück“ im Rätesystem wurden somit auch hier die Frauen vergessen. Doch eine kritische Auseinandersetzung mit diesen „Lücken“ im Rätesystem erfolgte von Seiten der bayerischen Radikalen nicht. Weder wurde eine systematische Rätekritik aus der Perspektive des Frauenstandpunktes formuliert, noch thematisierte man die bisherigen Erfahrungen bzw. die Unterrepräsentanz der Frauen im Rätesystem. Die Radikalfeministinnen adaptierten ziemlich kritiklos die rätepolitischen Vorstellungen, trotz dieser Mängel im Rätesystem schien es die einzige Möglichkeit zu sein, den abgewirtschafteten Parlamentarismus samt seinem verderblichen Parteibetrieb zu überwinden. So empfahlen Augspurg und Heymann noch im Jahre 1920 die rätetheoretischen Schriften von Ernst Däumig und Richard Müller.823 Diese Broschüren gäben eine sehr gute Orientierung über den Aufbau des Rätesystems und die Etappen zur Verwirklichung einer echten, nicht nur formalen Demokratie. Nach Däumigs Vorstellungen sei der Sieg des Rätegedankens aufgebaut auf der „zwingenden Macht des Geistes.“824 Deshalb sollten „alle politisch mündigen Männer und Frauen sich eingehend mit dieser Räte-Organisation vertraut machen,“ da diese berufen sei, den Parlamentarismus abzulösen.825

Die Revolution hatte mit der Einführung des allgemeinen, demokratischen Stimmrechts für Männer und Frauen eine Forderung erfüllt, die seit der Jahrhundertwende im Mittelpunkt der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung in Bayern stand. Die Radikalfeministinnen hatten auf 133

Agitation und Propaganda gesetzt und durch eine bestimmte Art des Auftretens versucht, das Interesse der Medien und der staatlichen Instanzen zu wecken.826 Auch wenn klar war, dass nicht die Propaganda der Stimmrechtsvereine die unmittelbare Ursache für die Wahlreform gewesen war, war die Freude darüber ungeteilt. Das von der Revolution gewährte Stimmrecht bedeutete für die bayrischen Frauenrechtlerinnen Heymann und Augspurg einen Sieg ihres Kampfes für die politische Gleichberechtigung der Frau.827 Trotz des erreichten Zieles warfen manche Frauen aus der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung wie z.B. Dr. Lucy Hoesch-Ernst einen durchaus kritischen Blick auf die Frauenwelt. Viel zu viele Frauen hatten ihrer Meinung nach ihr Leben bislang in einer unpolitischen Nische des Lebens verbracht.828 Während die einen in der „Lethargie des Alltags“ gefangen waren, befanden sich andere in dem „Fiebertraum des Krieges“ und hatten auch mit ihrem patriotischen Hass den Kriegsbrand geschürt.829 Nun sollten die unpolitischen „Dornröschen“ wie auch die fehlgeleiteten „Patriotinnen“ mithelfen am „praktischen Aufbau.“830 Mit dem Frauenstimmrecht hatten die Frauen das politische Werkzeug in der Hand. „Dieses Werkzeug richtig zu nützen, sollt ihr lernen!“ rief Lucy Hoesch-Ernst am Ende des Artikels den Frauen zu.831 Doch es ging nicht nur darum, die Frauen an die Wahlurne zu bringen.

Das politische Leben sollte nach Ansicht der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung „menschlicher, schöner und fruchtbringender“ gestaltet werden als bisher.832 Von den demokratischen Wahlen zum Bayerischen Landtag und der deutschen Nationalversammlung hatten Heymann wie auch Augspurg eine Abrechnung mit dem alten politischen Männersystem erwartet. Der bisherige Männerstaat sollte sich deutlich ändern und einen anderen Charakter erhalten, den Frauen musste es gelingen, „der gesetzgeberischen Arbeit einen merklich anderen Charakter aufzuprägen, als im früheren Männerstaat. [...]Unser revolutionierter Staat muß nicht nur die Mitwirkung, er muß den Einfluß der Frau [...] suchen.833 Deshalb genüge es nicht, „daß Frauen mit den Männern zur Wahlurne gehen und daß der Volksvertreter von Männer und Frauen gewählt wird, es genügt auch nicht, daß die Parteien auf ihre Kandidatenlisten einige weibliche Namen stellen, um die weibliche Wählerschaft bei guter Laune zu halten und daß schließlich jede Partei mit einer oder der anderen Paradefrau ins Parlament einzieht.“834 Dieser „neue“ Staat sollte auf einem Fundament beruhen, in dem andere Kräfte wirkten als diejenigen, die bisher Staat und Gesellschaft gestaltet und geführt haben. Sie träumten von einer neuen Zeit, die gestaltet wurde von Menschen mit einer revolutionären, friedfertigen Gesinnung. 134

Erklärtes Ziel war deshalb, möglichst viele Frauen in die Parlamente zu bringen, damit sie dort ihre bislang unterdrückte Eigenart zu Geltung zu bringen könnten. Auf Grund ihrer Skepsis gegenüber den „Männerparteien“ hatten die bayerischen Radikalen Heymann und Augspurg eigene Frauenlisten vorgeschlagen, um den Frauen „eine ihrer Zahl angemessene Vertretung durch weibliche Abgeordnete“ zu sichern.835 Doch die Bildung eines „Frauenblocks“ scheiterte, wohl auch an dem Widerstand des BDF. Trotz eigener starker Vorbehalte gegenüber Parteien suchten Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann deshalb den Kontakt zu Kurt Eisner und boten ihm ihre politische Mitarbeit bei der USP an, jedoch unter dem Vorbehalt der Parteilosigkeit.836 Beide Frauen hatten darauf hin einen Platz auf der USP-Liste als Parteilose erhalten, Anita Augspurg für den Bayerischen Landtag, L.G. Heymann für die deutsche Nationalversammlung. Diese Kandidatur kann jedoch weniger als parteipolitisches Bekenntnis zur USP betrachtet werden, sie war vielmehr eine persönliche Kooperationsbeziehung zu Kurt Eisner, einer von ihnen hoch geschätzten Persönlichkeit. Mit ihrer Kandidatur hatten die beiden jedoch zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht auf Seiten der Frauen der KPD standen, die dem Parteibeschluss gemäß nicht zu den verschiedenen Parlamentswahlen angetreten waren und „alle Macht den Räten“ proklamiert hatten. Als „linksstehende“ bürgerliche Demokratinnen lehnten Augspurg und Heymann – anders als die KPD-Frauen – das parlamentarische System nicht grundsätzlich ab.837 Die bayerischen Wortführerinnen der Radikalen hatten sich mit Hilfe der Wahlen, zu denen erstmalig Frauen zugelassen waren, eine größere Vertretung der Frauen in den Parlamenten gewünscht, parteipolitisch hatten sie zumindest eine „Linksmehrheit“ erwartet. Mit größter Spannung hatten die Frauen auf die Wahlen gewartet und sich eine neue Ära für das politische Leben erhofft. Doch die Wahlen brachten nur ein „trauriges Resultat.“838 Alle Hoffnungen hatten sich in eine massive Enttäuschung über das Wahlergebnis verwandelt.839 Das alte politische System schien gesiegt zu haben, Heymann artikulierte ihre Enttäuschung über die Zusammensetzung der Nationalversammlung: „Der alte Reichstag und die neue Nationalversammlung haben ein verflucht ähnliches Aussehen. Viele der alten Abgeordneten aus dem selig dahingeschiedenen Reichstage kehren wieder zurück. Sie haben sich, so unglaublich das auch scheint, von ihrer alten Partei unter neuer Firma aufstellen lassen und sind, was noch unglaublicher ist, von deutschen Männern – und leider auch Frauen – wiedergewählt worden. Dieselben altersschwachen Greise, dieselben Parteigötzen, die seit Jahren an jedem Kuhhandel beteiligt, zu jeder Konzession bereit waren, die sich von der preußisch-monarchistisch militärischen Regierung so schmachvoll hatten betrügen lassen, die deren verbrecherische Kriegspolitik mitgemacht haben und dadurch eine nie wieder gutzumachende Schuld auf sich luden, diese Männer ziehen wieder in die Nationalversammlung ein.“840

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„Die größte Schuld“ an diesem Ergebnis treffe die bürgerlich-gemäßigte Frauenbewegung, sie habe in ihrer ausschlaggebenden Mehrheit wieder einmal, wie während der ganzen Kriegsdauer, versagt.841 Eine große Abrechnung setzte ein: Sie habe der verbrecherischen Kriegspolitik Vorschub geleistet, in dem sie sich mit dem Vorgehen der deutschen Regierung identifizierte, habe jede Völkerverständigung während der Kriegsjahre abgelehnt, die Frauen noch im Oktober 1918, als der völlige Zusammenbruch Deutschlands bereits absehbar war, zur nationalen Verteidigung aufgerufen.842 So fand die Mehrheit der deutschen Frauenbewegung nach der Revolution nicht zu einem „befreienden Aufschwung, der ihr die Möglichkeit gegeben hätte, aus eigener Kraft den Frauen einen ungeheuren Einfluss zu sichern im Interesse einer Wiedergeburt des politischen Lebens.“843 Nach ihrer Meinung hatten aber auch die Wählerinnen versagt und nicht begriffen, „um was es sich eigentlich handelt. Sie merken nicht, daß eine neue Zeit im Werden begriffen ist, eine Zeit, die andere Menschen fordert, Menschen, die nicht mitschuldig sind am Vergangenen, Menschen, die einen anderen Geist haben, von anderer Gesinnung beseelt sind.“844 Zweifel an der politischen Reife der Frauen waren nach den Wahlen deutlich zu spüren. Zwar hatte die hohe Wahlbeteiligung der Frauen ein politisches Verantwortungsgefühl und ein Interesse für das politische Leben erkennen lassen. Doch die Parteien hätten die Masse der Wählerinnen in unzulässiger Weise beeinflusst und in die Irre geleitet. Massiv griff Heymann die Skrupellosigkeit der politischen Männerparteien im letzten Wahlkampf an, die „alles vorher in Deutschland Erlebte“ überstiegen hätte: „auf den höchsten Grad getriebene lügnerische Behauptungen, persönliche Verunglimpfungen, Verleumdungen jeder Art.“845 Auf diese Weise wurden die Parteien, denen die Frauen in Massen bei den ersten Wahlen zuströmten, zum Verhängnis.846 Das Wahlergebnis hatte nicht nur zu Schuldzuweisungen an der bürgerlichen Frauenbewegung und zu einer Enttäuschung über das Wahlverhalten der Wählerinnen geführt. Die Wahlen hatten auch wieder ihre Kritik an den Parteien belebt und verstärkt. In Heymanns Wahlanalyse lebte ihre alte Parteikritik wieder auf.847 Diese drastische Parteikritik wurde noch kompromissloser und endgültiger kurz vor den Reichstagswahlen 1920, die politischen Parteien seien „gemeinschädliche Institute,“ die die Menschen verdummen und waren für Heymann „wahre Brutstätten der Unmoral, der Intrigen, Verleumdungen, Lügen, des Strebertums.“848 Ein sich selbst regierendes Volk erfordere eine Abkehr von den „veralteten, unfruchtbaren Formen des Parteilebens.“849 An eine Reformierbarkeit von innen heraus konn-

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ten Heymann und Augspurg nicht mehr glauben, eine Erneuerung des Parteiensystems durch Frauen lehnten sie konsequent ab. So fand der Vorschlag, „fest bezahlte Parteisekretärinnen“ in den Parteien zu installieren, den E. Trott-Helge in der „Frau im Staat“ unterbreitete, nicht die Zustimmung von Heymann und Augspurg. Für diese Parteisekretärinnen sollte die politische Betätigung „Lebensberuf“ sein.850 Ihre ganze Arbeitskraft und Persönlichkeit sollten diese Frauen in den Dienst der Parteipolitik stellen „mit der besonderen Aufgabe, ihre Mitschwestern als tätige Glieder zu werben, Versammlungen vor Frauen zu halten, mit ihnen Besprechungen über die Frauen berührenden Fragen des öffentlichen Lebens abzuhalten und den weiblichen Nachwuchs zu eifriger politischer Anteilnahme zu erziehen.“851 Doch die bayerischen Radikalen wünschten eine grundlegende Erneuerung des Parteiensystems, nicht eine Integration der Frauen in die alten, festgefahrenen Strukturen. Etwas Neues müsse an seine Stelle treten, es könne nicht Aufgabe der Frau sein, „diese veralteten, morschen Parteigebilde durch unverbrauchte politische Kraft zu frischem Leben zu galvanisieren und selbst vom Parteiformalismus aufgerieben zu werden.“852 Nach Augspurg wäre es vielmehr für die Frau in der Partei heiligste Pflicht, sich allen üblichen gemeinen Wahl- und Parteimanövern zu widersetzen bis zum Bruch der Parteidisziplin und sie wird, „wenn sie sich behauptet, zugleich die Hochachtung vor der Frau erringen und ihre Stellung festigen, denn letzten Endes beugt sich das Gemeine stets der Vornehmheit.“853 Doch diesen vornehmen Rat beherzigten viele weibliche Politikerinnen in den Parteien nicht und so bedauerte Heymann, „daß viele Frauen die Politik der Männer zu der ihren machen, daß ihnen Parteipolitik über alles steht, daß sie im männlichen Parteidogma erstarren, daß das Ziel aller ihrer Bestrebungen erreicht ist, wenn sie im Reichs-, Landes- oder Stadtparlament sitzen [...] es ist bedauerlich, wenn sie dann genau so gucken und spucken wie die Männer.“854 Die Kritik an den Parteien betraf somit nicht nur das Parteiensystem, sondern auch die willfährige Anpassung von Frauen an die Parteipolitik der Männer. Gegenüber einer eigenen Frauen-Partei verhielt man sich jedoch auch skeptisch.855 Einen Ausweg aus dem schädlichen Parteienbetrieb sahen die bayerischen Radikalen für die Frauen eher in einer Aufstellung von Frauenlisten. Bereits nach den ersten Wahlen hatte Heymann dem BDF bzw. der gesamten Frauenbewegung in Deutschland den Vorwurf gemacht, einen großen Augenblick nicht genutzt zu haben. Heymann spielte damit auf die vertane Chance an, mit Frauenlisten die männliche Parteihierarchie zu sprengen. „Hätte die gesamte Frauenbewegung sich entschlossen, gemeinsame Frauenlisten herauszugeben, so wären zweifelsohne 80-100 weibliche Abgeordnete in die Nationalversammlung eingezogen. Die Frauen bildeten ja bei der Wahl die Majorität.“856 137

Dringend wurden deshalb für die nächsten Wahlen Frauenlisten gefordert.857 Nur so könnten sich die Frauen „einen glänzenden Erfolg sichern.“858 Diese Vorgehensweise sei keine „Eigenbrödelei,“ sondern notwendig, „damit die Eigenart der Frauen dem politischen Leben die erhofften neuen Werte darbieten kann.“859 Mit der Aufstellung einer Frauenliste könne es gelingen, unabhängig von Parteiapparaten, möglichst viele und zwar „die fähigsten und tüchtigsten Frauen“ in die Parlamente zu bringen.860 Vor den nächsten Wahlen im Jahr 1920 schlug Heymann die Form eines kurzfristigen Wahlbündnisses vor.861 Nach ihren Vorstellungen wäre es notwendig, „daß die großen Frauenorganisationen, sozialistische, bürgerliche, berufliche, konfessionelle usw. zu diesem Zweck kartellieren, in vernünftigen Besprechungen unter Ausschaltung ihrer gegenseitigen Voreingenommenheiten die Stärke ihrer Parteischattierungen gegen einander abschätzten und daraufhin die jeder Richtung zubilligende Kandidatenzahl festsetzten.“862 Dabei sollte es sich „weder um eine neue zu begründende Frauenpartei noch um Frauenlisten handeln, sondern um eine Frauenliste, auf der die weiblichen Kandidaten aller Parteien wie der parteilosen Frauen aufgestellt worden wäre.“863 Nach einem Verteilungsschlüssel „nach Maßgabe der letzten Wahlstatistik“ sollte dann die Zahl der Kandidatinnen in entsprechender Reihenfolge auf die verschiedenen Parteien verteilt werden.864 Nach der Wahl sollten dann die Mandatsträgerinnen in ihrer politischen Arbeit völlig frei sein, sich aber möglicherweise ihren entsprechenden Parteien zuordnen. Nach Ansicht der bayerischen Radikalen war zwar die Zahl der Befürworter von Frauenlisten stetig gewachsen, doch die Bemühungen in dieser Richtung blieben weiterhin erfolglos. Da die Zahl der weiblichen Kandidaten auf den Parteilisten seit 1918 stetig abgenommen hatte und auch der andauernde Rückgang weiblicher Abgeordneter in den Parlamenten mit Sorge beobachtet wurde, kam es 1926 zu einem weiteren Vorstoß, Frauenlisten einzuführen: „Der Gedanke der Frauenlisten liegt in der Luft, er kommt immer öfter und ernster zum Ausdruck,“ meinten die bayerischen Frauenrechtlerinnen.865 Dazu sollten „alle Frauenorganisationen: evangelische, katholische, jüdische, alle Frauen-Berufsund Arbeiterinnen, Künstlerinnen, Hausfrauenvereine, akademische Frauen, der Bund deutscher Frauenvereine, die Frauen der verschiedenen Parteien, parteilose Frauen usw. zunächst eine allgemeine Frauenkonferenz einberufen, um die Arbeit einzuleiten.“866 In den Zeiten wirtschaftlicher Not und des Abbaus auf allen Gebieten sei es dringend geboten, den Frauen einen Einfluss im politischen Leben und in den Parlamenten zu sichern. Für die Männer sei die Tätigkeit als Abgeordneter „Beruf, Erwerb und Geschäft. Mitbewerber, dazu so unliebsame wie die Frauen, werden einfach beiseite geschoben, die Partei leistet dabei 138

tatkräftige Unterstützung.“867 Allein die Einigkeit der Frauen sichere eine Zunahme weiblicher Abgeordneter: „Frauen aller Parteien und Weltanschauungen und parteilose Frauen haben sich als geschlossene Einheit der Einheit der Männer gegenüberzustellen...“868 Angesichts einer immer dringender empfundenen Notwendigkeit, den weiblichen Einfluss auf die Politik zu stärken, sollten alle Zwistigkeiten zurückgestellt werden, alle „Kämpfe der Vergangenheit“, die „Gegensätzlichkeit der Weltanschauungen und Parteien“ sollten vergessen sein, die Frauen sollten sich „zum Wohl der Jugend und des Volksganzen“ einigen.869

Die neue Zeit sollte durch den Eintritt der Frauen in die Politik zu einer grundsätzlichen Wesensänderung des Staates führen und auf einer Beseitigung des blutigen Gewaltprinzips der Männer beruhen. Mit Blick auf die furchtbaren Erschütterungen der vier Kriegsjahre orientierten sich die politischen Perspektiven für eine bessere Zukunft an der Idee der Gewaltlosigkeit. Die größte Erkenntnis aus dem Krieg sei, dass „Gewalt nur immer noch ärgere Anwendung von Gewalt nach sich zieht, dass die Gewalt am Ende in ihrem Erfolg nur immer vernichtend, nicht aber aufbauend sein kann.“870 Die neue politische Freiheit der Frau müsse genutzt werden, diese Erkenntnis zu verbreiten: „Sorgen wir dafür, dass bei dem Eintritt der Frau in das öffentliche Leben jener Zeitgeist beginnt, wo die Gewalt für immer beseitigt wird.“871 Das „stärkste Bestreben“ der Frau in der Politik sei es, „den Krieg als den verworfensten Massenmord zu bekämpfen und vor allem gegen jenes System aufzutreten, das ihn dauernd als ehrenvolle Einrichtung zu erhalten strebt, gegen den Militarismus.“872 Der Kampf gegen „Militarismus, Nationalismus und Imperialismus“ würde der Frau „unvergänglichen Ruhm“ einbringen, wenn sie mit ihrem Eintritt in die Politik den Kampf dagegen aufnehme.873 Frauenpolitik im Sinne der Radikalen setzte sich eine Umwandlung der gesellschaftlichen Werte zum Ziel: Eine neue Gesellschaft sollte entstehen, in der nicht mehr Hass, Gewalt und Rachsucht herrschten, der Staat sollte getragen werden von einer Gemeinschaft von Menschen, die geleitet würden „durch den Glauben an die Notwendigkeit der Güte für das Bestehen der menschlichen Gemeinschaft.“874 Nach der großen „Menschheitstragödie“ des Weltkrieges sollte der Neuaufbau des fast zertrümmerten Vaterlandes gelingen durch eine geistige und seelische Erneuerung.875 Helene Stöcker sah zu der „Bildung dieser Gemeinschaft der Kultur, der Liebe und der Versöhnung“ vor allem die Frauen berufen.876 Für Gertrud Baer sollten die spezifisch weiblichen Geschlechtscharaktereigenschaften „eine Erlösung von toten Formeln, von starren Systemen, von alten Schranken“ bringen.877 Für Elise Dosenheimer hät139

te der Besitz des politischen Stimmrechts, von der Erfüllung einer Forderung der Gerechtigkeit abgesehen, wenig Bedeutung für die Gesellschaft und Kultur, wenn die Frau nicht ihre eigene Geistigkeit, Seelenhaftigkeit und Gefühlswerte in dem politischen und sozialen Leben, aktiv geltend machen würde.878 Die Umgestaltung des Staates wurde zu einer weiblichen Mission, die ihre politische Kraft aus dem biologistisch-gedachten Anderssein der Frauen beziehen sollte: „Frauen sind, nur weil sie Frauen sind, gegen jede brutale Gewalt, die nutzlos zerstören will, was gewachsen, was geworden ist, sie wollen aufbauen, schützen, neu schaffen, neu beleben.“879 Die Radikalen griffen – um ihren Anspruch auf eine spezifische Frauenpolitik zu begründen – auf eine Argumentation zurück, die von der Vorstellung einer in der physischen Natur wurzelnden Wesensverschiedenheit der Geschlechter ausging. Obwohl es „vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet“ im allgemeinen keine spezifisch männlichen oder weiblichen Eigenschaften gebe, sondern nur individuelle, scheide sich die Frau als „Urquell allen Lebens“ vom Mann doch in ihrer Empfindung dem schaffenden Leben gegenüber.“880 In der im Februar 1919 von Anita Augspurg und L. G. Heymann gegründeten Zeitschrift „Die Frau im Staat“ fanden sich gerade im ersten Jahrgang viele Beispiele mit ähnlichen Argumentationen.881 Das Frauenstimmrecht führte zu einer Diskussion darüber, was eine spezifische Frauenpolitik leisten sollte und hatte damit eine neue Debatte über die Geschlechtscharaktere ausgelöst. Um die Notwendigkeit des Eintritts der Frauen in die Politik zu begründen, geriet die weibliche Natur in den Mittelpunkt der Argumentation. Es gäbe zwar keine spezifische männliche oder weibliche Logik, keine männliche oder weibliche Sittlichkeit oder Religion, „aber es gibt Fragen, die ganz von selbst und unbedingt nach spezifisch weiblichen Denk- und Gefühlsweisen verlangen und diese spezifische Denk- und Gefühlsweise wird, wie sie jeder Frau mehr oder minder innewohnt, wiederum ganz von selbst die weibliche Stellungnahme bedingen und durchdringen.“882 Mit einem neuen Selbstbewusstsein bekannte man sich zu den Gefühlswerten der Frau. Bislang waren die Ansprüche der Frauen auf eine Teilnahme am politischen Leben damit abgewehrt worden, dass in der Politik nur der Verstand, nicht aber das Gefühl mitzusprechen habe.883 Die Frau sei selbst so gefangen in dieser Auffassung gewesen, dass sie sich fast für ihr Gefühl entschuldigte oder vorsichtig darauf verwies, „dass sie doch auch ein bisschen Verstand habe.“884 Doch dies sei eine völlig falsche Taktik gewesen: „Nicht trotzdem, sondern weil das Gefühl bei der Frau in höherem Grade mitschwingt als beim Manne, muss sie in die Politik.“885 140

Diese Diskussionen über die weibliche Mission in der Politik wurden auch in der Männerwelt wahrgenommen. So blickten – wie Heymann glaubte – auch manche Männer, „die vom Elend der deutschen Parteipolitik angeekelt beiseite standen“ einem neuen verjüngten Leben entgegen, das durch den Eintritt der Frauen in die Politik entstehen sollte.886 Männer wie Leopold Plaichinger übernahmen teilweise die biologistische Sicht der Geschlechtscharaktere, er stellte in einem Artikel den Machtwillen des Mannes das Wohlwollen der Frauen gegenüber. Die Frau kenne nicht „jenen Willen zur Macht, der unersättlich über alle Schranken hinausgreift, der nicht Ziel kennt, noch Grenze, sondern nur Untergang und Vernichtung.“887 In der Frau lebe noch der Wille zum Wert, hier allein liege der Sinn und Zweck, der heute die Frau zur Politik rufe: „Sie, die Achtung vor dem Leben hat, weil sie es gebärt, wird dem Manne die Grenze zu setzen wissen, über die hinaus die Gier seiner Gewalt nicht langen darf.“888 Jetzt sei der Augenblick gekommen „da die Frau eingreifen muss, um an Menschheitswerten zu retten, was nicht des Mannes Kampfeswut schon zerstampft hat.“889 Doch auch andere Ansichten standen wohl wieder hoch im Kurs, so wie das 1903 von Otto Weininger verfasste Werk „Geschlecht und Charakter.“ Dieses Buch, das eine neue Menschheit forderte, die auf der Basis einer neuen Männlichkeit konstruiert sein sollte, unterwarf Dr. Lucy Hoesch-Ernst einer umfangreichen Kritik. Denn auch hier wurde mit geschlechtsspezifischen Charaktereigenschaften argumentiert. Die Frau stelle geradezu eine Bedrohung für die Gesellschaft dar, da sie bar jeder Geistigkeit, jeder Seele, jeder Sittlichkeit sei und „alles Primitive, Minderwertige, Unwahre“ verkörpere.890 Gegen dieses frauenfeindliche Weltbild setzte L. Ernst-Hoesch die fundamentale Aufgabe der Frau: die Erhaltung des Lebens.891 Doch diese Mission sollte die Frau aus ihrem engen Lebenskreis der Familie hinausführen und ihren Sinn auf das „allgemeine Wohl“ ausrichten: „Wir müssen uns nicht nur als die Mütter unserer Kinder, sondern wir müssen uns als die Mütter der Welt fühlen lernen.“892 Eine wesentliche Aufgabe von Frauen sollte es sein, aufbauende Arbeit im Sinne der Völkerverständigung zu leisten. „Die neue Mission des Weibes“ hieß „International sein.“893 International denkenden Frauen, „die das Gefühl des Völkerhasses nicht kennen“ müssten jetzt handeln und „die Grundlage legen zu wahrer Menschengemeinschaft, in der sich alle Völker verantwortlich fühlen.“894 Nicht nur innerhalb eines Staates sollten die weiblichen Kräfte wirken: „Die politisch mündigen und freien Frauen wollen durch ihre Mitarbeit eine Wesensänderung der Staaten herbeiführen.“895 Eine neue Welt sollte errichtet werden, an deren Bau die Frauen mithelfen wollten: „Alles, was die Völker der Erde zur Feindschaft, zum Hass, zur Vernichtung führte, muss beseitigt werden. Gegenseitiges Verstehen, wechselseitige Hilfe, gemeinsames Aufbauen sind die neuen Werkzeuge der Zukunft.“896 141

Die Internationale Frauen-Friedenskonferenz in Bern vom 11. und 12. Februar 1919 schien den Beweis geliefert zu haben, dass sich Frauen aus den verschiedensten Nationen, aus den verschiedensten Parteien, aus den verschiedensten Gesellschaftskreisen zusammenfinden könnten zu „einmütigem Handeln in treuer Kameradschaft [...| wenn wahres weibliches Empfinden und internationales Denken sie beseelt.“897 Die sicherste Grundlage, um alle nationalen Vorurteile zu überwinden und Brücken zu schlagen innerhalb der einzelnen Völker, sei ein „einheitliches, inniges Verstehen unter den Frauen aller Länder.“898 Im Vergleich mit den Verhandlungen auf der Internationalen Arbeiter- und Sozialisten-Konferenz, die fast ausschließlich von Männern getragen wurde, hätte sich gezeigt, dass die männlichen Delegierten sich gegenseitig mit „berechtigten und unberechtigten Vorwürfen“ überschütteten, sich in „unwürdiger Weise“ anfeindeten, so dass „manch’ schriller Misston“ die „Konferenz der Männer“ beeinträchtigte.899 Die Frauen seien deshalb „in weit höherem Masse geeignet als die Männer, die Internationale wieder aufzurichten und dauernde Völkerverständigung in die Wege zu leiten.“900 Feministische Gründe wurden als Erklärung dafür geliefert: Sie würden sich von den machtpolitischen Ideen weder beeindrucken noch irreführen lassen, die Seele der Frau reagiere viel feiner auf alle inneren Zusammenhänge der Völker.901 Die Erziehung zu Friedfertigkeit sei von jeher Frauensache gewesen, und selbst der raueste Mann würde im „Interesse der Familie, der Arterhaltung“ sich „willig diesem weiblichen Zügel fügen“ und seine Gewaltmethoden ablegen.902 Entgegen diesem feministischen Idealismus musste Helene Stöcker resigniert feststellen, dass die Erwartungen an den Berner Völkerbund und andere Friedenskonferenzen sich nicht erfüllen könnten „solange im Innern der Staaten die Straßenschlachten weiter gehen und andere politische Überzeugungen mit Kanonen und Minenwerfern bekämpft werden.“903 Um der Aufgabe, eine neue Menschheitskultur zu schaffen, gerecht zu werden, müssten die Frauen mit der Erziehung der Völker beginnen.904 Die Erziehung des „Menschengeschlechts“ sei nur durch eine „Revolution unseres sittlichen Bewusstseins“ zu erreichen und sie müsse gelingen, „um aus Not und Finsternis zu einer besseren Zukunft aufzusteigen.“905 Für diese Aufgabe sollten die Frauen im Geiste „umfassender Menschlichkeit, allumfassender Gemeinsamkeit die kommende Generation zu kraftvollen, freien, selbstbewussten Menschen, zu Persönlichkeiten erziehen.“906 Auf der Internationalen Frauen-Friedenskonferenz am 11. und 12. Februar 1919 in Bern wurde deshalb eine „Kommission für Schulreform“ gebildet, da die Reform der Schule und der Erziehung das „Hauptmittel zur Völkerverständigung und zur Vernichtung des Völkerhasses“ sei.907 Auch der Internationale Frauenkongress in Zürich vom 12. bis 19. Mai 1919 betonte 142

nochmals die Wichtigkeit der Pflege einer pazifistischen Geisteskultur, um die „Basis einer neuen Menschheitskultur“ zu schaffen.908 Um dieser Aufgabe gerecht zu werden „müssen wir mit der Erziehung der Völker beginnen, Achtung und Ehrfurcht vor dem Menschenleben, Wert und Heiligkeit der Einzelpersönlichkeit müssen im Mittelpunkt alles menschlichen Denkens stehen.“909 Im Mai 1919 wurde dann die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit gegründet, deren deutscher Zweig die Einführung von Frauen im inneren und auswärtigen Dienst forderte und sich dadurch erhoffte, durch ihren Einfluss auf erzieherische, politische, gesetzgeberische, soziale und wirtschaftlichen Maßnahmen dahin zu wirken, dass ein Wiederausbruch von zwischenstaatlichen und Bürgerkriegen verhindert und die freiheitliche kulturelle Höherentwicklung aller Volksgenossen gefördert werde.910 * * * Die Revolution wurde für die bayerischen Radikalfeministinnen zu einer Chance für einen Neubeginn. Das erhaltene Frauenstimmrecht wurde als ein neues Signal an die Frauen verstanden, sich helfend am Aufbau einer besseren Gesellschaft zu betätigen. Sie glaubten fest daran, dass Frauenarbeit nun auf allen politischen und sozialen Gebieten erwünscht wäre.911 Die Mitarbeit der Frauen war in den Augen von L.G. Heymann auch dringend geboten, denn es war Männerpolitik, die Deutschland in den Abgrund getrieben hatte. So hatte für L.G. Heymann nicht nur „das kaiserliche Deutschland,“ sondern auch die bisherige „Männerpolitik bankrott“ gemacht.912 Die bayerischen Radikalen entwarfen deshalb das Konzept einer spezifischen Frauenpolitik, das auf der Idee einer besonderen sittlichen Bestimmung der Frau beruhte und Heilsversprechungen enthielt, die sich aus den spezifischen Denk- und Gefühlswerten der Frau ableiteten. Damit sollte der Gewalt- und Machtpolitik des Mannes ein Ende gesetzt werden, eine martialistisch-materialistische Weltanschauung sollte einer Kultur der Gemeinschaft, der Liebe und der Versöhnung weichen. Diese Vorstellungen standen durchaus in einer Denktradition der bisherigen Zielsetzungen der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung in Bayern, doch der Erste Weltkrieg hatte viele Positionen noch verschärft. Der Krieg galt als „äusserste Ausgeburt des Mannswesens,“ „die letzte und fürchterlichste Konsequenz der männlichen Aktivität.“913 Eine weibliche Politik musste an die Stelle männlicher Politik treten, sollte eine friedliche und freiheitliche Welt entstehen. Es dürfe nicht „die von Männern seit Jahrhunderten vertretene Politik“ übernommen oder nachgeahmt werden, die Frau sollte – die Mängel und Zweckwidrigkeiten der Männerpolitik erkennend – eigene Wege gehen.914 Die Zielvorstellungen der Radikalen kreisten um die Schaffung einer neuen Menschheitskultur, getragen von freien, aller Zwänge enthobener, friedfertiger Menschen. Damit standen 143

neben den pazifistischen Leitbildern vor allem Erziehungsfragen im Vordergrund, eine neue Generation von Menschen sollte die Basis legen für die Zukunft eines Kulturstaates. Bei dieser Umwandlung des politischen Lebens war es unerlässlich, dass das bisherige männliche Prinzip, das auf den Kampf ums Dasein auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens, im Staatsleben, im Kampf zwischen den Einzelnen, den Klassen und Völkern ausgerichtet ist, durch ein weibliches Prinzip ersetzt wird.915 Dieser idealistischer Ansatz einer spezifischen Frauenpolitik beinhaltete eine merkwürdige Gleichgültigkeit gegenüber politischen Strukturen. Um den Einfluss der Frauen zu sichern, kam es zu wechselnden Orientierungen. Augspurg und Heymann vollzogen einen staatstheoretischen Spagat zwischen den beiden alternativen politischen Systemen, Rätesystem und Parlamentarismus. Beide Systeme erschienen ihnen zwar verbesserungswürdig, die eigenen staatstheoretischen Überlegungen blieben aber eher „vage verfassungstheoretische Gedankenspiele.“916 Trotz offensichtlicher frauenpolitischer Mängel des Rätesystems unterblieb eine systematische Rätekritik, auch nachhaltige eigene rätetheoretische Konzeptionen – bis auf den Vorschlag von Frauenräten – wurden nicht entwickelt. Das Sozialismus-Konzept von Heymann und Augspurg enthielt – trotz Kapitalismuskritik – eher geistig kulturelle Komponenten und zeigte damit eher Anhaftungen an das Bildungsbürgertum, dem die beiden angehörten. Ihre Vorstellungen vom Sozialismus beschäftigten sich weniger mit ökonomischen Umwälzungen, es ging ihnen um die Befreiung des Menschen von mannigfachen Zwängen und geistiger Einengung. Das Rätesystem sollte eher ein lebendiges und wichtiges demokratisches Organ sein und nicht Ausdruck einer Diktatur des Proletariats. Klassenkampf, Klassenhass und die damit verbundene Bereitschaft zu Gewaltanwendung war man nicht bereit zu akzeptieren. Ihr radikal pazifistischer Ansatz trennte damit die bayerischen Radikalen von den Vorstellungen der KPD. So wurden die immer lauter werdenden Rufe der Kommunisten nach Bewaffnung des gesamten Proletariats von ihnen als „Anhänger gewaltloser Methoden“ missbilligt.917 Trotz einer – zwar nicht bedingungslosen – Akzeptanz des Rätesystems hatten die bayerischen Radikalfeministinnen mit der Beteiligung an den ersten Wahlen 1919 auch ihre Zustimmung zum parlamentarischen System zum Ausdruck gebracht. Bei angemessener Vertretung der Frauen in den Parlamenten sollte schließlich das politische System durch den Einfluss der Frauen humaner gestaltet werden. In ihrer Analyse des enttäuschenden Wahlergebnisses trugen ganz klar die Parteien die Schuld an dem niederschmetternden Resultat. Parteien- und Männerkritik lebten wieder mit einer neuen, polemischen Heftigkeit auf. Die Parteien 144

verkörperten das männliche Prinzip, Parteipolitik und Männerpolitik wurden in den Texten fast als synonyme Begriffe verwendet, und entsprechend heftig attackiert. Eine angestrebte Verbesserung des Parteiensystems belief sich aber lediglich auf den Vorschlag von Frauenlisten, den sie mehrere Jahre ebenso hartnäckig wie erfolgslos vorbrachten. Doch die Macht der Parteien, die als Rekrutierungsorgane für das parlamentarische System fungierten, konnte so keinesfalls gebrochen werden. Bereits schon nach einem Jahr, nach dem das Räte-Experiment in Bayern gescheitert war, hofften sie auch auf einen Zusammenbruch oder eine Erneuerung des parlamentarischen Systems. Ihr visionärer Blick richtete sich weit in die Zukunft: „Halten wir uns bei aller Arbeit im öffentlichen Leben immer vor Augen, daß nichts ewigen Bestand hat, auch nicht das parlamentarische System mit seinen ekelhaften Parteigetriebe. Andere Systeme werden sich mit der Zeit herausbilden, um das Staatsleben der Völker zu gestalten.“918 Obwohl Augspurg und Heymann in ihrer Kritik des Parteienwesens durchaus ein Gespür für politische Herrschaftsmechanismen erkennen ließen, verzichteten sie auf allgemeinverbindliche Gestaltungsentwürfe für politische Systeme. In ihrer Abneigung gegenüber „starren Systemen“ und „toten Formeln“919 maßen sie normativen Regelungen eine zu geringe Bedeutung bei. So verblieben sie auf einer Ebene idealistischer Visionen.

4.3 Die sozialistische Frauenbewegung (SPD, USP) Die Revolution hatte die Unmenschlichkeit des Krieges beendet, ein Krieg, der von den bayerischen Sozialistinnen als Folge des internationalen Kapitalismus interpretiert wurde. Dieser hatte „ohne Rücksicht auf die furchtbaren Opfer des Volkes alles auf eine Karte“ gesetzt, „um sich die Herrschaft in Deutschland und damit dem Kapitalismus die Weltherrschaft zu sichern.“920 Die sozialistischen Frauen in Bayern beklagten die unerhörten Preissteigerungen, die wucherischen Preistreibereien und die Vergiftung der Volksmoral. Das alles galt als Werk des Kapitalismus. Aus diesem Grund empfand man Dankbarkeit gegenüber der Revolution, denn sie habe diesem „Übermaß des Leidens und der Entwürdigung “ ein Ende gesetzt: „Saget der Revolution Euren Dank, Mütter und Frauen, sie hat den Wahnwitz der nationalen Verteidigung verhindert, an der noch Hunderttausende verblutet wäre.“921

Die Revolution hatte aber nicht nur den Krieg beendet. Eine sozialistische Revolutionsregierung begann in Bayern mit einer sozialistischen Umformung von Politik und Gesellschaft. Doch in den Augen der deutschen SPD-Frauen war das Ziel der Revolution nicht nur eine 145

politische, sondern vor allem eine wirtschaftliche Befreiung.922 Aber bereits in den ersten Wochen nach dem Ausbruch der Revolution wurde aus dem Kreis der bayerischen Sozialistinnen eine Unzufriedenheit mit dem Erreichten formuliert. Zu wenig sei bisher für eine sozialistische Umgestaltung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung getan worden: „Man hat eine Revolution gemacht und man hat eine sozialistische Regierung eingesetzt, aber man schreckt ängstlich zurück vor jeder geringsten wirtschaftlichen Reform.“923 Scharf wurde die zögerliche Haltung bei der Umwandlung der Wirtschaftsordnung angegriffen: „Nichts ist geschehen zur Hebung der ruinierten Volksgesundheit. Wo sind die Versprechungen des Ministeriums des Innern geblieben [...] Das besitzende Erwerbsherrentum wird geschützt, die Arbeit nicht. Die Lebensmittel werden weiterhin rationiert, solche Preise festgelegt, dass der Reiche schlemmt und der andere darbt, dem das Geld fehlt.“924 Vor allem der Minister für Inneres, Erhard Auer (SPD), stand im Mittelpunkt der Kritik. Es wurde gefordert, „dass das Ministerium des Innern Farbe bekennt und zeigt, ob es die Interessen des Kapitals weiterhin schützt oder die Interessen der Arbeit, ob es den Kapitalisten weiterhin nicht weh tun will auf Kosten des Volkes.“925 Das Innenministerium verspräche zwar Ruhe und Ordnung, Frieden und Brot, aber mit „der Protektion des kapitalistischen Bürgertums bekommt nur dieses Bürgertum das Brot, und die übrigen Sehnsuchtsrufe werden ungehört verhallen, wenn man nicht anfängt, die empörten darbenden Massen zu schützen durch Brot und durch Arbeit.“926 Alle bisherigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Revolutionsregierung in Bayern würden sich auch weiterhin am wachsenden Kapital und den Unternehmergewinnen orientieren. Die Folge waren hohe Preise und Massenarbeitslosigkeit: „Diese Schädigung des Volkskörpers und diese Unterdrückung des Volkswohles“ sollten sich die Frauen nicht länger gefallen lassen.927 Auch auf der 5. Sitzung des Münchener Arbeiterrates vertrat man die Meinung, dass die Regierung wohl nicht gewillt sei, eine Verstaatlichung der Betriebe durchzuführen.

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Sophie Setzer (USP), 3. Vorsitzende des Münchener Arbeiterrates, griff auf dieser Sitzung die Revolutionsregierung an und bekräftigte die Forderung nach einer sofortigen und umfassenden Sozialisierung: „In der Bodenfrage will uns die Regierung einen Riegel vorschieben, weil es ausdrücklich heisst: sozialisiert wird nur auf gesetzlichem Wege. Es ist höchste Zeit, dass wir zu dieser Regierung Stellung nehmen und verlangen, besonders für reife Betriebe, und reif sind alle, dass dies endlich durchgeführt wird. Wir müssen zur Sozialisierung schreiten... “929 Es sei das Ziel des Sozialismus, dass jeder in Abhängigkeit vom Gesamtwohl komme und deshalb sollte der Unternehmer gezwungen werden, diese Abhängigkeit vom Gesamtwohl auf 146

sich zu nehmen, die altgewohnte Ausbeutung des Arbeiters sollte endlich zur Unmöglichkeit werden. Hedwig Kämpfer (USP) warf in der Sitzung des Münchener Arbeiterrates den Unternehmern eine bewusste Sabotage vor.930 Nicht nur in Bayern wurde die bisherige Revolutions-Politik scharf angegriffen. Für Luise Zietz (USP) saß der „Feind“ im Lager der SPD, vor allem die Rechtssozialisten hätten zu wenig die Verwirklichung der sozialistischen Ideale in Angriff genommen.931 In einem leidenschaftlichen Appell forderte sie die sozialistischen Frauen auf, für die Durchsetzung des Sozialismus zu kämpfen, damit „aus der halben Revolution eine ganze werde.“932 Die mangelnde Umsetzung sozialistischer Ziele wurde auch auf dem außerordentlichen Parteitag der USPD vom 2. bis 6. März 1919 in Berlin thematisiert, auf der Frauen deutlich unterrepräsentiert waren, aus Bayern keine einzige USP-Frau vertreten.933 Toni Sender (USP) übte hier harte Kritik an der Durchführung der Revolution.934 Wegen eines fehlenden „geschlossenen, einheitlichen Vorgehens“ habe die zögerliche Umsetzung der Sozialisierung „dem Kapitalismus eine Ruhepause gewährt,“ lautete der Vorwurf an die eigenen Parteigenossen.935 Doch die Rüge galt auch der von den Männern betriebenen parteipolitisch orientierten Machtpolitik. So hatte Toni Sender auf dem außerordentlichen Parteitag angemahnt, es ginge nicht darum, „was nützt und frommt unserer Partei, sondern wie können wir die Revolution zum Ende, den Sozialismus zum Sieg führen.“936 Mit dieser Position zeigte sie eine ähnliche Grundhaltung wie der bayerische „Bund sozialistischer Frauen,“ dem eine sozialistische Gesinnung wichtiger war als parteiliche Zugehörigkeiten und starre Parteidisziplin. Das Rätesystem als Symbol der Revolution wurde bald kritisiert. Doch zunächst erfolgten innerhalb der sozialistischen Frauenbewegung keine unmittelbaren programmatischen Auseinandersetzungen mit dem Rätesystem. Dieser theoretischen Zurückhaltung entsprach durchaus das in der Praxis gezeigte geringe Interesse der sozialistischen Frauen an einer Beteiligung an den Räteorganen. Nur wenige Frauen hatten sich um eine Integration in das Rätesystem bemüht,937 viele ließen damit die Chance ungenutzt, hier ihre Interessen zu vertreten. Die Diskussion setzte deshalb an der geringen Beteiligung der Frauen an. Clara Zetkin klagte bereits in einem Brief an Rosa Luxemburg vom 17. November 1918 über die mangelnde politische Betätigung der Frauen und sah darin auch ein Versagen der revolutionären Kräfte.938 In Bayern hatte Antonie Pfülf (SPD) auf einer Sitzung der Arbeiterräte in München am 10. Dezember 1918 Kritik an der bisherigen mangelhaften Vertretung der Frauen in den Räten

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geübt. Übereinstimmend mit der Ansicht von Clara Zetkin sah auch sie die Ursache dafür in einer unzureichenden Politisierung der Frauen durch die revolutionären Kräfte: „Auch heute sehe ich nur fünf Frauen im ganzen Arbeiterrat. Das kann nicht so gehen. Wenn Sie eine Frau nicht als totes Gegengewicht gegen die Revolutionierung haben wollen, so müssen Sie die Frau politisieren.“939 Dabei sei die Mitwirkung der Frauen in den Räten notwendig, um sie in den revolutionären Prozess einzubinden, so die weiteren Ausführungen von Pfülf. Auch Clara Zetkin hatte diese Notwendigkeit einer stärkeren Mitwirkung der Frauen im Rätesystem betont, die Masse der Frauen müsse zur „verständnis- und hingebungsvollen Mitarbeit in den Räten“ herangezogen werden.940 Neben diesen frühen Klagen über die unzureichende Vertretung der Frauen setzte auf Reichsebene eine programmatische Auseinandersetzung mit dem Rätesystem erst ab Frühjahr 1919 ein und es kam zu einem eingehenden theoretischen Nachdenken über die Rolle der Frau in den Räten. In dem USPD-Organ „Die Kämpferin“ prallten die Meinungen der Befürworterinnen parlamentarischer Arbeit gegen die Positionen der Anhängerinnen des reinen Rätesystems.941 Dabei wurde das Rätesystem vor allem im Hinblick auf die Vertretung der Frauen besprochen.942 Eine angestrebte Steigerung des Anteils der Frauen in den Räten sollte erreicht werden durch eine Änderung des rätepolitischen Wahlrechts, indem sich die Basis der wahlberechtigten Frauen erweitern sollte. Das neu aufzustellende Wahlreglement, das von dem Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldaten-Räte Großberlins bearbeitet wurde, sollte eine größere Anzahl von Frauen erfassen, in dem die Hausangestellten, die Heimarbeiterinnen und die Hausfrauen einbezogen werden sollten.943 Doch diese Anregungen wurden in den neuen Richtlinien nicht berücksichtigt und so wurde auf der Bezirksfrauenkonferenz in Leipzig nochmals eine angemessene rätepolitische Vertretung der Frauen als eine Forderung der Gerechtigkeit eingeklagt.944 Zunehmend drehten sich die Diskussionen darum, das Problem einer mangelnden Beteiligung der Frauen in der Rätebewegung dadurch zu lösen, in dem alle Hausfrauen das Wahlrecht erhalten sollten.945 Doch bei der Durchsetzung der Hausfraueninteressen offenbarte sich ein strukturelles Problem, denn die Bemühungen um die Hausfrauen unterliefen gleichsam das Emanzipationsverständnis, nach dem die Emanzipation nur durch die Eingliederung der Frauen in den Produktionsprozess zustande komme.946 Dagegen schienen die Bemühungen um eine Quotierungsklausel eher dem Emanzipationsverständnis zu entsprechen. Toni Sender hatte eine Quotierung in den Betriebsräten gefordert, gemäß dem Beschäftigungsanteil der Frauen in den Betrieben.947 148

In Bayern wurde diese Quotierung umgesetzt. Am 10.4.1919 erschienen die „Leitsätze für die Betriebsräte“, nach denen den weiblichen Beschäftigten eine Vertretung nach ihrem zahlenmäßigen Anteil im Betrieb zugebilligt wurde.948 Damit war eine frühe Form einer Frauenquote im System der Betriebsräte verankert, die zumindest in den Betrieben in München eine deutliche Erhöhung der Frauen in den Betriebsräten zur Folge hatte. So waren von den insgesamt 1 725 Betriebsräten in München immerhin 233 Frauen,949 die Frauenquote betrug damit 13,5 %, eine Höhe, wie sie in keinem anderen Rätegremium erreicht wurde. Eine weitere Lösung sah man in Bayern in eigenen Frauenräten. Die Errichtung von Frauenräten war bereits von Anita Augspurg auf dem Rätekongress beantragt worden, jedoch ohne Erfolg. Diese Idee wurde von Hedwig Kämpfer (USP) aufgenommen und weiterverfolgt. Auf einer Frauenversammlung der USP vom 5. April 1919 in Lindau hatte Hedwig Kämpfer über das Thema „Die Ziele und Aufgaben der Frau in der Revolution“ gesprochen und dabei Frauenräte gefordert.950 Sie beklagte insbesondere die „Überbürdung der Frau, deren Pflichten sie ans Haus fesselten, so daß ihr nicht genügend Zeit bleibt, ihre politische Interessen in Versammlungen und Vorträgen genügend wahrzunehmen.“951 Doch trotz familiärer Belastungen der Frauen sei es notwendig, dass sie sich um Frauenfragen kümmerten und sich nicht auf die Hilfe anderer verlassen sollten, sondern selbst eingreifen müssten, überall da, wo durch Missstände ihre Interessen gefährdet seien.952 In zwei abschließenden Abstimmungen beschlossen die anwesenden Frauen sodann einstimmig die Einführung der Räterepublik und die Aufnahme von Frauenräten.953 Als dann am 7. April der Arbeiter- und Soldatenrat (ASR) Lindau die Verwaltung der Stadt übernommen und Lindau zum Zentrum der Räterepublik im südschwäbischen Raum gemacht hatte,954 wurde u. a. die Bildung und Aufnahme von Frauenräten in den ASR beschlossen.955 Im April 1919, kurz vor der Ausrufung der Räterepublik, traten dann die Bemühungen um eine angemessene Vertretung der Frauen in den Räten in den Hintergrund. Es galt nun, die noch schwankenden Teile der Bevölkerung von der Räteherrschaft zu überzeugen. So sprach auf einer Frauenversammlung Frau Steinhauser (SPD)956 über die Räte und die Räterepublik und versuchte dabei, die Bedenken gegen den „Bolschewismus“ zu zerstreuen: „In Deutschland ist, dank der Organisation und Kultur des deutschen Volkes niemals eine solche Misswirtschaft wie in Rußland zu befürchten. Das unkultivierte Rußland mit seinem hohen Prozentsatz Analphabeten mit seinen ungeheuren Massen Volk, das in Jahrhunderte langer Knechtschaft und Bedrückung sich plötzlich frei fühlte, hat in bestialischer Weise seinen niedrigsten Instinkten nachgegeben und dadurch bei unaufgeklärten Menschen einen falschen Begriff von Bolschewismus hervorgerufen, der für die ganze Bewegung von ungeheurem Nachteil gewesen ist.“957 149

Bewusst setzte sich hier Frau Steinhauser von der russisch-kommunistischen Bewegung ab und veredelte die revolutionäre Bewegung in Deutschland mit kulturellen, „deutschen“ Qualitäten. Die sozialdemokratische Frauenbewegung hatte sich in gewissen Teilen seit dem Krieg schon längst von klassenkämpferischen Zielen distanziert. Der Begriff „Sozialismus“ war nicht mehr kämpferisch aufgeladen, sondern sollte als Resultat einer evolutionären Reformpolitik gelten. Der neue Sozialismus-Begriff, wie er sich in der Zeitschrift „Die Gleichheit“ präsentierte, erhielt eine humane Bedeutung: „Sozialismus ist die entfaltete Verinnerlichung des Weltgeschehens. Veräußerlichung entfalteter Innerlichkeit. [...] Sozialismus ist der Tempel der Menschlichkeit.“958 Dagegen lebte die klassenkämpferische Position im USPD-Lager weiter. Die reformistische Haltung wurde abgelehnt zugunsten eines radikal-revolutionären Umsturzes. In Augsburg hatte sich Lilly Prem (USP), Mitglied im Augsburger Arbeiterrat, im Namen der revolutionären Frauen Augsburg gezielt an die Frauen gewandt und versucht, diese für einen letzten Kampf für die „heilige Sache“ zu mobilisieren: „Frauen Augsburgs! Bürgerinnen der freien Räterepublik! Die Würfel sind gefallen. Unser geliebtes Bayernland ist freie Räterepublik geworden und nach langer, dunkler Nacht erscheint die Morgenröte der neuen Zeit. Genossinnen, Schwestern! [...] Verwandeln wir den alten Parteihader zu einem bewußten Klassenkampf. [...] Frauen des Proletariats [...] habt Vertrauen zu den jetzigen Führern, die unser Bestes wollen, [...] Arzt und Apotheke, sowie Bäder werden für Minderbemittelte frei sein. Bald wird mehr folgen! Habt Geduld und harrt noch eine kleine Weile aus, wie ihr viereinhalb Jahre ausgeharrt habt. Bedenkt das Glück unserer Kinder steht auf dem Spiel! [...] Also schließt die Reihen und laßt uns geschlossen an der Seite unserer Männer für die heilige Sache kämpfen [...]. Im Namen der revolutionären Frauen Augsburgs: Lilly Prem.“959 Für die USP-Frauen besaß der Klassenkampf absolute Priorität, Fraueninteressen wurden zurückgestellt. Damit schien auch für die sozialistischen Frauen aus Bayern die reichsweite Einschätzung von Luise Zietz (USP) zu gelten: „Vor dem Gemeinsamkeitsinteresse der Klasse trat das besondere Fraueninteresse, das Interesse des Geschlechts, zurück.“960

Die Revolution hatte nach Ansicht von Luise Zietz nicht nur „Throne und Kronen“ zerbrochen, sie „befreite auch die Frau von den Fesseln politischer Rechtlosigkeit.“961 Dies war ihrer Ansicht nach „ein schlüssiger Beweis dafür, wieviel gründlicher Revolutionen mit altem überlieferten Unrecht aufräumen als Reformen!“962 Auch Clara Zetkin, ebenfalls zu dieser Zeit noch USPD-Mitglied, sprach von einem „Geschenk der Revolution“963 für die Frauen, dagegen erklärte Marie Juchacz (SPD) das Zustandekommen des Frauenwahlrechtes als eine 150

„Selbstverständlichkeit.“964 Doch sie betonte auch, dass da „wo Rechte gegeben werden“ auch Pflichten folgen. Die Frauen trügen bei den anstehenden Wahlen die Verantwortung „für das zukünftige Geschick der jungen deutschen Republik.“965 In Bayern wurde die längst überfällige Einführung des Frauenstimmrechts mit Genugtuung begrüßt. Die Frauen hätten sich ihren Anspruch auf das Bürgerrecht schon lange verdient durch ihre Leistungen im gesellschaftlichen Arbeitsprozess sowie ihre Leistungen als Mutter und Hausfrau. Die bisherige politische Rechtlosigkeit wurde als „bitteres Unrecht“ empfunden, das „Kampffeld der Politik“ war ihnen verwehrt, auf dem sie zum Nutzen der Gesellschaft hätten wirken können.966 Tief saß die Enttäuschung, dass weder die „übermenschlichen Opfer der Frauen während des Krieges“ noch „ihre unermüdliche Arbeit an der Heimatfront“ die konservativen Parteien von der politischen Würde und Reife der Frauen überzeugt hatten, so dass das bayerische Zentrum ihnen noch im Juni 1918 das Stimmrecht verweigert hatte.967 Dieselben Parteien, die den Frauen das Stimmrecht verweigert hätten, seien es auch gewesen, „die diesen Krieg geschürt und verlängert haben.“968 Die Revolution hatte den Frauen „nun endlich die staatsbürgerlichen Rechte verschafft.“969 Doch das lange verweigerte Frauenwahlrecht hatte fatale Wirkungen für die Entwicklung der politischen Reife der Frau gehabt, beklagten die sozialistischen Frauen in Bayern. Während der Mann im Besitz des Wahlrechtes zu immer größerer politischer Aktivität fand, sein politisches Interesse gefördert und belebt hatte und ihn zu einem immer größeren politischen Verantwortungsgefühl erzogen hatte, sei für die Frau die „politische Schulung und Sammlung hintan geblieben,“ bei der Erziehung der Frauen zu politischer Verantwortung sei zu viel versäumt worden.970 In der SPD-Zeitschrift „Die Gleichheit“ wurde der „Aufklärungsdienst“ zur „dringendsten Aufgabe“: „Wir wollen uns nicht sagen lassen, daß die Republik in ihrer Weiterentwicklung zum Sozialismus durch die politische Rückständigkeit der Frauen gehemmt worden ist.“971 Das erhaltene Stimmrecht, ob als „Geschenk“ oder „Selbstverständlichkeit“ interpretiert, wurde zu einem politischen Gebot, das Erbe der Revolution zu erhalten und dafür Sorge zu tragen, dass „die Errungenschaften der politischen Macht nicht angetastet werden,“ wie Clara Zetkin meinte.972 Diese reichsweite Einstellung der Sozialistinnen wurde auch von den bayerischen Sozialistinnen mitgetragen: „Es gilt jetzt, Erreichtes zu sichern, Begonnenes weiterzuführen, das Gewesene zu zertrümmern. [...] Ganz gleich, aus welchem Lager jeder kommt – wer es gut meint mit

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dem Volk, mit der Freiheit, mit den Errungenschaften der Revolution, der helfe dem neuen Volksstaat zu Sozialismus, zur geistigen Revolution, zum dauernden Frieden.“973 Bei dem Gelingen dieses wichtigen Umgestaltungsprozess waren auch die Frauen gefordert: „Soll die Revolution dem Sozialismus die Tore öffnen, müssen wir Frauen unseren Teil dabei erfüllen,“ hieß es in Bayern. 974 Für die SPD-Frauen war es keine Frage, dass der Weg zum Sozialismus nur über eine demokratische Volksabstimmung zu erreichen sei und nicht durch die „Einführung des Bolschewismus nach russischem Vorbild.“975 Sie grenzten sich gegenüber der KP ab, die sich einer Teilnahme an den Wahlen verweigert hatten und sahen darin den „Ausdruck einer Knebelung eines ganzen Volkes durch eine kleine Minderheit.“976 Diese Verweigerungshaltung sei insbesondere fatal für die Frauen, denn ohne die Wahlen, und damit „ohne die Nationalversammlung wären wir Frauen genauso rechtlos, wie wir vorher waren.“977 Als gleichberechtigte Staatsbürgerinnen sollten die Frauen nach Ansicht von Marie Juchacz in einer parlamentarischen Demokratie gemeinsam mit den Männern für den Sozialismus kämpfen, der allen arbeitenden Menschen und dem ganzen weiblichen Geschlecht die wirtschaftliche und kulturelle Gleichberechtigung bringen würde.978 Auch Toni Pfülf glaubte, dass mit der Verfassung einer parlamentarischen Demokratie „ein Werkzeug zur Verwirklichung des Sozialismus“ geschaffen wurde.979 Die Beteiligung der Frauen an den Wahlen war damit kein Diskussionsthema innerhalb der SPD-Frauen. Doch bei den USPD-Frauen schienen sich dieselben Flügelkämpfe abzuzeichnen wie bei den männlichen Genossen, obwohl die Frauen an den entscheidenden Debatten einen kaum erkennbaren Anteil hatten.980 Während Clara Zetkin die Wahlen ablehnte,981 galten für viele USP-Frauen die Wahlen und damit der Parlamentarismus als Waffe im Endkampf zwischen Kapitalismus und Sozialismus.982 Zudem dürfe das „kaum geweckte politische Interesse breiter Frauenmassen nicht sofort wieder erstickt werden, indem man ihnen die eben in die Hand gedrückte Waffe zur Verteidigung ihrer politischen und zur Gewinnung ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit wieder entwindet.“983 Solche Flügelkämpfe der sozialistischen Frauen in der Einstellung zu den Wahlen ließen sich für Bayern nicht nachweisen. In den zur Verfügung stehenden Dokumenten schienen sie sich vorbehaltlos zu den Wahlen bekannt zu haben. Die anstehenden Wahlen galten gleichsam als Schicksalswahl, bei der über die politische Zukunft entschieden wurde: 152

„Das Gesamtwohl kann niemals der Kapitalismus im Auge haben. Deshalb kämpft die Sozialdemokratie gegen den Kapitalismus und seine Uebergriffe, denn sie kämpft für das Glück der Vielen, gegen die Macht der Wenigen. Heute ist bürgerlich und kapitalistisch das selbe. Es geht um das Ganze! Die Frage, ob kapitalistisches Ausbeutertum und kapitalistische Machtherrschaft, die uns in den Abgrund des Krieges hineingeschleudert hat, in Zukunft sein soll oder sozialistische Gemeinschaft, das ist die Bedeutung der kommenden Wahlen.“984 Es sei deshalb eine „heilige Pflicht,“ bei den Wahlen mitzuwirken. Den bayerischen Wählerinnen wurde vorgegeben, welchen politischen Platz die Frauen einnehmen sollten: „Die Sozialdemokratie ist die Partei, die den Adel der Arbeit, die Neuwertung der Arbeit, der geistigen und körperlichen, auf ihr Banner geschrieben hat. [...] Erringen wir dieses sozialistische Deutschland, so haben wir auch einen köstlichen Sieg über unsere Gegner errungen!“985 Reichsweit waren die Gegner sowohl rechts und links: “Genauso, wie wir Frauen und Mädchen uns gegen die falschen Demokraten auf der Rechten wenden, wenden wir uns gegen die falschen Freunde auf der Linken, die uns mit einer neuen Gewaltherrschaft beglücken wollen.“986 Deshalb könnten die Frauen nur durch ihr „richtiges“ Wahlverhalten von sich behaupten: „Ich habe mitgeholfen aufzubauen auf dem Grundstein der Freiheit und der Gerechtigkeit, der Demokratie und des Sozialismus,“ so die Aussagen bayerischer Sozialistinnen.987

Der Sieg des Sozialismus beinhaltete aber auch eine starke frauenpolitische Komponente. So betonte Luise Zietz (USPD), dass gerade die Frauen „ein besonders hohes Interesse am Siege des Sozialismus“ haben müssten,988 und auch nach Marie Juchacz bringe erst der Sozialismus den Frauen die volle Unabhängigkeit.989 In Bayern wurde bereits einige Wochen nach der Novemberrevolution ein leidenschaftliches Bekenntnis zum Sozialismus verknüpft mit Fraueninteressen. Im eigenen Interesse müssten die Frauen mithelfen, den Grundstein für den Sozialismus zu legen. Nur dieser könne den Frauen Freiheit und Gerechtigkeit garantieren, nur dem Sozialismus könne man die Vertretung der Fraueninteressen anvertrauen.990 Das Vertrauen auf die Männer der eigenen Klasse war gesunken, der Krieg hatte eine emanzipatorische Wirkung auf die Frauen der proletarischen Frauenbewegungen. Die Enttäuschungen über die Kriegspolitik der Männer – auch aus den eigenen parteipolitischen Reihen – hatte die ideologische Geschlechterdifferenzierung verschärft, die untergeordnete Rolle, die die marxistische Emanzipationstheorie den Frauen bei dem gemeinsamen Klassenkampf zugewiesen hatte, wurde nicht mehr hingenommen. Die

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Revolution habe „dem einseitigen Männerrecht ein Ende gemacht“ und die Frauen könnten durch ihren Eintritt in die Politik eine „eine hellere, lichtvollere Zukunft“ herbeiführen.991 Bei den Vorstellungen über die Rolle der Frauen in Politik und Gesellschaft wurde in Bayern auf die Idee einer vermuteten weiblichen Eigenart zurückgegriffen, um den weiblichen Anspruch auf politische und gesellschaftliche Mitverantwortung zu begründen: „Wir brauchen die Eigenart der Frau“ hieß es und das Wesentliche dieser Eigenart sei, dass die Frau das Menschenleben hochachte: „Wir brauchen Frauen, um der Zerstörung von Menschenleben entgegenzuwirken, um im sozialen Leben dem Persönlichen und Individuellen, das durch die wirtschaftlichen Mächte so schematisiert und ausgelöscht wird, neue Geltung zu verschaffen. Das verstehe ich unter Helfen, unter Überbrückung der Klassengegensätze für die Frau. Werden und Vergehen, innere Entwicklung eines Menschen, also das Menschenleben selber soll den Frauen der höchste Wert sein. Die Frau, die als Naturaufgabe Leben schafft, soll als Kulturaufgabe Leben erhalten.992 Für dieses „heilige Ziel“ habe die Revolution den Frauen den Weg frei gemacht.993 Die vordringlichste Aufgabe der Frau in der Politik sollte also eine Friedensmission sein, um künftige Kriege zu verhindern. Diese politische Aufgabe der Frau formulierte auch „Die Kämpferin“: „Die Frauen [...] haben in diesen ernsten Zeiten die Aufgabe, im Geiste des Sozialismus für die hohen Ideale der Menschlichkeit zu wirken, auf daß die Wiederholung dieses namenlosen Unglücks verhütet wird, dieser Krieg der letzte ist.“994 Doch auch als Kulturträgerin sollte die Frau agieren und einen weiblichen Beitrag leisten für eine „geistige Auferstehung“ des Volkes, so die Meinung der bayerischen Sozialistinnen.995 Frauen könnten sich wieder auf das „Echte der Frauenart“ besinnen, die Kultur der Gesellschaft könnte nun, da die Revolution die Frau zur „Vollbürgerin gemacht hätte,“ eine Bereicherung und Differenzierung erfahren durch das, was die Frau an Eigenart zu geben vermag.996 Der Sinn der Revolution sei schließlich, dass nun das Menschliche in den Bereich der Politik hineingreife. Auch Marie Juchacz betonte das biologistische Anderssein der Frau mit ihrer Aussage: „Gleichberechtigt sein, heißt nicht gleichartig sein.“997 Daraus leitete sie eine besondere Mission der Frau in der Politik ab: „Wir sollen doch mit unserem vollen Eintritt in das politische Leben [...]durch unseren speziellen weiblichen Einfluß zu seiner Gestaltung und Bereicherung beitragen.“998 Diese Vorstellung einer geistig-sittlichen Aufgabe der Frau standen durchaus in der Tradition, die Clara Zetkin bereits 1896 formuliert und sich zum „Frauenleitbild der sozialistischen Mutter und der ‚Mütterlichkeit’“ entwickelt hatte.999 Die besondere Funktion der Frau als Mutter besaß innerhalb der sozialdemokratischen Frauenbewegung bereits vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges einen hohen Stellenwert, der Krieg hatte wohl 154

diese Rolle der Frau noch weiter betont. Mit dem Blick auf die Zukunft gerichtet, erhielt 1914 die Mutterrolle eine geradezu heroisierenden Nimbus: „Muttermacht kann und darf nur eines vorbereiten: die künftigen Siege des Sozialismus. Ihnen leben wir, für sie erziehen wir die Kinder, wir Mütter.“1000 Damit wurden auch in sozialistischen Kreisen die bürgerlichen Geschlechtsstereotypen kultiviert und vorzugsweise von den USP-Männern vertreten. In der USP-Zeitschrift „Die Kämpferin“ bestätigte Werner Kuntz den sozialistischen Frauen ihren Kulturauftrag. Die Aufgabe der Frau sei es, „dem ganzen Volk den Weg zu einem vollen Menschendasein zu ebnen, äußerlich durch Verbesserung der Lebensumstände und Schaffung der zur Entwicklung des Menschentums unerläßlichen freien Zeit, innerlich durch Sozialisierung der Bildungswerte, die mit der Entwicklung des solchen Menschentums verflochten sind.“1001 Indem die sozialistische Frau diese kulturellen Werte in die „Heimstätten der Familie“ hineinträgt, würde ein „nie geahnter Aufschwung der Kunst“ die sozialistische Gesellschaft erfassen und die Frau würde zur Vorkämpferin „in dem Kampf des Volkes um Gewinnung höherer Daseinsformen und idealer Lebensgestaltung.“1002 Während die sozialistischen Frauen den Anspruch erhoben, mit ihren weiblichen Werte die Politik humaner zu gestalten, schienen die sozialistischen Männer diese Werte auf den traditionellen Familienbereich beschränken zu wollen.

Neben diese kulturpolitische Aufgabe der Frau trat noch eine viel wichtigere, bedeutendere: „Das Kindergebären muss als soziale Tat betrachtet werden!1003 Diese hier angesprochene Aufwertung der Mutterschaft war Ausdruck eines verstärkten Leitbildes der Frau als Mutter in der sozialistischen Frauenbewegung. In der USP-Zeitschrift „Die Kämpferin“ verwandelte Bertha Braunthal das „Recht auf Mutterschaft“ in ein sichtbares Bekenntnis zum revolutionären Sozialismus. Die Frau als „Trägerin des kommenden Geschlechts“ trug die „hohe Verantwortung in sich, der kommenden Gesellschaft nur wirklich gesunde und kraftvolle Menschen zu geben, die imstande sind, die Kultur weiter zu entwickeln, sie auf ein höheres geistiges und ethisches Niveau zu bringen.“1004 Im Kampf um die Revolution sollte sie als Mensch und Mutter handeln und ihre Mutterschaft als „verantwortungsvolle Funktion“ für die ganze sozialistische Gesellschaft auffassen.1005 Sozialistische Frauen besaßen damit als Mütter eine gesellschaftsgestaltende Macht, sie trugen Verantwortung für die nächste Generation. Dieses Recht auf Mutterschaft im Dienste einer sozialistischen Gesellschaft führte nicht nur bei den USP-Frauen zu einer Überhöhung des Bildes der Frau als Mutter. Auch SPD-Frauen lenkten das Interesse der Frau auf die „Politik der Mutter.“ Über die Rolle der Frau als Staats155

bürgerin nachdenkend, sah Marie Juchacz die Frauen vor allem als Mütter, die staatsbürgerliche Arbeit bei der Erziehung der Kinder leisteten und zudem als Hausfrau einen großen Teil des Nationalvermögens verwalteten. Es sei notwendig, dass nach und nach eine „größere Wertschätzung der Mutterschaft als Volksdienst“ durchgesetzt werde.1006 Die Gleichheit riet den Frauen: „Sei du Mittlerin im Kreise deiner Familie [...]. So übst Du die rechte Politik der Mutter und dienst Deiner Familie und Deinem Volke.“1007 Nach den traumatisierenden Erlebnissen des Krieges lag in dem heilbringenden Charakter der Mütterlichkeit eine neue Hoffnung auf eine humanere Gesellschaft und Politik.1008

Trotz dieser Ausrichtung der Frau auf den häuslich-familiären Wirkungskreis, sahen die sozialistischen Frauen in Bayern die Mitwirkung im politischen Bereich als eine soziale Lebensnotwendigkeit: „Auf jede Frau kommt es an. Jede muss eine warmherzige und tapfere Kämpferin und Helferin werden.“1009 Im Besitze des Wahlrechtes könnten die Frauen im Interesse ihres Geschlechtes und ihrer Klasse Reformen erzwingen, die notwendig seien um das Leben vieler zu erleichtern, so eine zentrale Aussage in dem bayerischen Redemanuskript.1010 Neben dem Klasseninteresse sollten jedoch in Zukunft vermehrt auch die Fraueninteressen eine stärkere Berücksichtigung finden. Mit einem neuen politischen Selbstbewusstsein wurden die alten Frauenforderungen neu vorgebracht, in der Hoffnung auf mehr Verständnis und größeren Chancen ihrer Erfüllbarkeit: „Was wir verlangen, ist nichts Neues. Neu ist daran nur, dass man damit nicht immer an die Grenzen des Staates stösst, dass die Erfüllung dieser Forderungen nicht von vornherein mit dem ‚nicht anwendbar’ ad acta gelegt wird. Wir verlangen das, was die Sozialdemokratie schon 1901 im Erfurter Programm für die Frau gefordert hat: Abschaffung aller Gesetze, welche die Frau in öffentlich- und privatrechtlicher Beziehung gegenüber dem Manne benachteiligen. “1011 Für dieses Ziel müsse sich die Frau selbst einsetzen, da den Männern die „Intensität des Erlebens“ von Frauennöten fehle.1012 Deshalb dürfe sich keine Frau dem politischen Leben entziehen, bei der Durchsetzung ihrer Forderungen müssten die Frauen ihre neu gewonnene politische Mündigkeit einsetzen und ihre Rechte einfordern. Mutterschutz, Familienrecht, und Bildung standen im Mittelpunkt eines umfassenden Forderungskatalogs. Damit orientierte sich der Forderungskatalog an dem Leitbild der Frau als Mutter. An erster und damit wohl an wichtigster Stelle des Forderungskatalogs standen somit ausreichende gesetzliche Bestimmungen zum Schutz von Mutter und Kind, wie z.B. der Ausbau der Wöchnerinnenfürsorge oder der Säuglingsfürsorge.1013 Das Argument für einen verbesserten Mutterschutz war: „Wir

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müssen unsere geschwächte Volkskraft wiederherstellen, einen gesunden Nachwuchs sichern durch diese Schutzmaßnahmen.“1014 Bei der Erweiterung des Familienrechtes standen in dem Forderungskatalog vor allem die Stärkung des weiblichen Erziehungsrechtes im Vordergrund, im Bildungsbereich ging es um eine Vergesellschaftung der öffentlichen Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, die Bildung sollte nicht länger „das Monopol der Besitzenden“ sein.1015 Dass ein neues Schulsystem den sozialistischen Frauen in Bayern ein besonderes Anliegen war, zeigte sich auf einer für den 4. Dezember 1918 einberufenen Versammlung des „Bundes sozialistischer Frauen.“ Hier wurde in einem Referat die Bedeutung eines neuen Erziehungssystems für die Umwandlung der Gesellschaft deutlich hervorgehoben.1016 Neben diesen sozial- und bildungspolitischen Forderungen traten Forderungen für den Arbeitsschutz der Frauen in Werkstätten und Fabriken eher in den Hintergrund. Mit der Einführung des Acht-Stundentages wie auch der Abschaffung der Gesindeordnung1017 erschienen wohl wichtige Ziele erfüllt worden zu sein, um die Frauen vor körperlichen und physischen Belastungen in den Dienst- und Lohnverhältnissen zu schützen. Doch geblieben war die finanzielle Benachteiligung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, diese sollten ein Ende finden, indem bei gleicher Arbeitsleistung der gleiche Lohn wie für die Männer bezahlt werde und die gleichen Tarife bei der Erwerbslosenunterstützung ausgezahlt würden.1018 In diesem „bayerischen“ Forderungskatalog spiegelten sich die gleichen programmatischen Ansprüche wieder, die die sozialistische Frauenbewegung generell aufstellte. In der sozialdemokratischen Zeitschrift „Die Gleichheit“ wurde Mutter- und Kinderschutz verknüpft mit dem in der Bevölkerungspolitik vorgesehenen Ziel einer Volksvermehrung.1019 In der Zeitschrift „Die Kämpferin“ beschäftigte man sich zwar in nur wenigen Artikeln mit dem Mutterschutz und den Erziehungs- und Bildungsfragen, theoretische Ausführungen zu diesem Themenbereich wurden erstaunlicherweise eher von Männern verfasst.1020 Doch in der Resolution zum Frauentag der USP-Frauen wurde die Errichtung von Entbindungsanstalten, Schwangeren-, Wöchnerinnen- und Säuglingsheime gefordert.1021 Um den Frauen Entlastungen im Bereich des Haushalts und der Kinderbetreuung vor allem für die erwerbstätigen Mütter zu bringen, wurde auch das Modell eines Haushalts der Zukunft entworfen, der als Zentralhaushalt konzipiert war.1022 Doch hinter dieser Idee einer Entlastung der Frau vom Haushalt stand zum einen die Absicht die Frauen „zur industriellen Arbeit als Hauptberuf zu befähigen,“ zum anderen würde sich durch das Verschwinden des „Zwergenhaushaltes“ eine völlig veränderte Stellung der Frau ergeben, in deren Folge sich auch die Beziehungen der Geschlechter wan157

deln würden.1023 Bei den angestrebten Reformen im Bereich der Erziehung ging es vor allem darum, die Proletarierkinder nicht der bürgerlichen Gesellschaft zu überlassen.1024 An Stelle einer bisherigen Erziehung im Geiste des Kapitalismus müsse eine sozialistische Erziehung erfolgen, die die Kinder zum Klassenkampf erziehe.1025 Um diese frauenpolitischen Ziele zu erreichen, war es wichtig, dass sich die Frauen ihrer Bedeutung in Partei und Politik bewusst würden. Den politischen Standort der Frau beschrieb Marie Juchacz, Mitglied des SPD-Parteivorstandes folgendermaßen: „Unser Platz ist in der Partei, wir Frauen müssen uns eifrig am Parteileben beteiligen, weil die gleichen Aufgaben und Ziele Männer und Frauen der arbeitenden Klassen vereinen.1026 Die Losung von Marie Juchacz „Hinein in die sozialdemokratische Partei“1027 wurde auch von den bayerischen Frauen aus dem Bund sozialistischer Frauen aufgegriffen. Die Frau sei unentbehrlich in der Partei1028, wobei im Geiste des Bundes sozialistischer Frauen offengelassen wurde, ob es die SPD oder USPD sein sollte. Während also eine parteipolitische Mitarbeit der Frau als erwünscht, ja sogar als unerlässlich angesehen wurde, hatte die Zeitschrift „Die Gleichheit“ gleichzeitig den geschlechtsunabhängigen Status der ersten Politikerinnen in den Parlamenten hervorgehoben und ihnen als politisches Leitbild mitgegeben: Sie seien nicht „in das Parlament [...] gewählt als besondere Vertreterinnen der Fraueninteressen, sondern als die gleichberechtigten Vertreterinnen des gesamten Volkes.“1029 Da die SPD von jeher für die volle politische Gleichberechtigung von Mann und Frau eingetreten sei, würde es „diesem Grundsatz der Gleichberechtigung widersprechen, wenn die Frauen eine besondere Fraktion bilden oder sich nur für die Vertretung besonderer Fraueninteressen kompetent halten würden.“1030 Was bedeutete diese Aussage nun? Die Frauen sollten keine „Untergruppe“ innerhalb der eigenen Partei bilden, sondern eine geschlechtersolidarische Politik betreiben. Das klang gut. Doch die Verfasserin führte weiter aus, dass dies nicht gleichzeitig eine Spezialisierung auf bestimmte Themenkreise ausschlösse und wies den weiblichen Abgeordneten als besondere Aufgabenbereiche Fragen zur Fürsorge, der Gesundheitspflege, des Frauenschutzes und der Kindererziehung zu.1031 * * * Die Revolution hatte den Krieg beendet, das Frauenstimmrecht gebracht und die Hoffnung auf einer Verwirklichung einer sozialistischen Gesellschaft genährt, alles langjährige Ziele der sozialistischen Frauenbewegung. Doch bald schon übten die sozialistischen Frauen Kritik an der revolutionären Entwicklung: die Umsetzung der sozialistischen Ideen erfolge zu zögerlich 158

und das Rätesystem erweise sich nicht als eine politische Struktur, in der die politische Gleichberechtigung der Frau zum Tragen komme. Doch die Bemühungen, Fraueninteressen und Rätesystem miteinander in Einklang zu bringen, zeigten keinen Erfolg. Eine tragfähige theoretische Verknüpfung, die der frauenfeindlichen Praxis des Rätesystems ein Ende setzte, gelang nicht. Dabei hätte das Rätesystem das erste politische System werden können, in dem die Frauen sich politisch einbringen. Doch als sich die revolutionäre Bewegung in den formalen Organisationen der Arbeiter- Soldaten- und Bauernräte konsolidierte, trat die politische Gleichberechtigung der Frau in den Hintergrund. Selbst die berufstätigen Frauen hatten in diesem System, das vorwiegend aus langjährigen Facharbeitern bestand, keine Chance. Die theoretischen Überlegungen der Frauen setzten aber nicht an diesen antifeministischen Grundorientierungen an, die auch den berufstätigen, wahlberechtigten Frauen kaum Chancen einräumten, sondern sie konzentrierten sich auf die Einbeziehung von Hausfrauen in das Rätemodell. Das Rätemodell basierte jedoch auf Vorstellungen, nach denen Emanzipation nur durch die Eingliederung der Frauen in den Produktionsprozess zustande komme. Eine angestrebte Integration von Hausfrauen unterlief damit von vornherein das sozialistische Emanzipationskonzept. So ist es erstaunlich, dass die sozialistischen Frauen in ihren Lösungsversuchen den Hausfrauen, obwohl sie nicht in das Konzept passten, eine ungleich größere Beachtung schenkten als den erwerbstätigen Frauen. Dabei hatte sich zumindest in München der Ansatz einer Quotierungsregelung in der praktischen Umsetzung deutlich vielversprechender gezeigt. Diese auffällige Konzentration auf die Hausfrauendebatte innerhalb des Rätesystems ging einher mit einer nicht minder auffälligen Zurückhaltung bei den Forderungen für berufstätige Frauen. Arbeitsschutz für Frauen – selbst die Forderung nach Angleichung von Frauenlöhnen an die Männerlöhne – nahm in dem sozialistischen Forderungskatalog eine eher untergeordnete Position ein. Dies mag ein Hinweis auf eine Neubewertung der Rolle der Frauen in der Gesellschaft sein. Mit der Betonung eines traditionellen Frauenbildes hatte sich möglicherweise auch die Einstellung zur Erwerbstätigkeit geändert. Die Hauptaufgabe der Frau sollte wohl in der Erfüllung von Mutterschaft und Familienaufgaben liegen. Die sozialistische Frauenbewegung schien sich in eine „Hausfrauen- und Mütterbewegung“ zu verwandeln, eine Entwicklung, die bereits schon vor 1914 eingesetzt hatte.1032 Mit diesen Positionen griff die sozialistische Frauenbewegung die Ideen der bürgerlichen Frauenbewegung auf und stellte die natürliche Andersartigkeit der Frau in den Dienst der Gesellschaft. Die Familie als Keimzelle des Staates, die Überhöhung der Mutterschaft und die Frau als Vorkämpferin für Kultur und Sitte sind ideologische Elemente eines bürgerlichen 159

Emanzipations- und Kulturverständnisses, die in die Arbeiterbewegung hineingetragen wurden. Weite Teile des sozialistischen Frauenprogramms besaßen damit einen Charakter, der ebenso gut in ein Konzept der bürgerlichen Frauenbewegung hätte übernommen werden können – mit dem nicht unwesentlichen Unterschied einer sozialistischen Ausrichtung. Mütterlichkeit, Erziehung und Kulturaufgaben der Frau hatten eine politische Funktion innerhalb einer sozialistischen Gesellschaft. Eine systematische Erweiterung des weiblichen Kultureinflusses erschien als eine vielversprechende Emanzipationsstrategie, um den Anspruch auf eine spezifische Frauenpolitik durchzusetzen. Kriegserfahrungen wie auch die ersten politischen Erfahrungen im revolutionären System hatten nicht einen Fortschritt zur Behebung des Gegensatzes zwischen den Geschlechtern gebracht, sondern eher eine Verschärfung. So wollten auch die Frauen im sozialistischen Lager, der „Nurmännerpolitik des Verstandes“ eine Politik gegenüberstellen, die von „verstehendem Gefühl durchströmt“ sei.1033 Eine geschlechtsspezifische Emanzipationsstrategie wurde dann im Zusammenhang der Diskussionen über den Entwurf des neuen Parteiprogramms erörtert. Ein Artikel, der mit dem Titel „Die Frauen und das neue Parteiprogramm“ im September 1921, also kurz vor dem Görlitzer Parteitag, in der „Neuen Zeit“ erschien, leitete die Debatte ein. In ihm definierte die Autorin die ‚weiblichen’ Aufgaben in der Politik: „Eignet der männlichen Wesensart mehr der Kampf, so ist es Frauensache, zu hüten, zu schützen, zu bewahren. Hat der Mann mehr Interesse, mehr Verständnis für äußere Geschehnisse, für Gütererzeugung und Güterwirtschaft, so eignet der Frau mehr die Vertiefung in das Menschenleben und Menschenschicksal.[...] In dieser Rolle der Frau als Hüterin und Schützerin des Menschenlebens haben wir auch die Frauenaufgabe in der Politik zu blicken. [...] Die Frau ist die berufene Schöpferin der Menschenökonomie, denn sie trägt die Kosten des Lebens; sie opfert dem neuen Menschen in Mühe und Sorge ihr Blut und Leben. Die Frau allein weiß, was Menschenleben wert ist, sie hat es körperlich erfahren und innerlich durchkostet. Darum muß sie verlangen, daß mit Menschenleben menschlicher umgegangen wird. [...] Faßt die Frau ihre Aufgabe als Hüterin und Schützerin des Menschenlebens in diesem Sinne auf, dann erstrecken sich die Fäden ihrer Wirksamkeit auf alle Gebiete des öffentlichen Lebens. Diesen Gedanken der Menschenökonomie muß die Frau hineintragen in die Außenpolitik, in die Wirtschaftspolitik ...in unser Recht ...in unsere Kulturpolitik, in die Bevölkerungspolitik, in die Sozialpolitik.“1034 Die „menschenökonomischen“ Aufgaben der Frau seien damit „umfassend sozial“ und mehr als die „eigentliche soziale Arbeit.“ Als „Menschenökonomin“ müsse sich die Frau für eine grundlegende Umgestaltung der Gesellschaft zu einer „sozialistischen Gemeinwirtschaft“ einsetzen. Weibliche Sozial- und Kulturpolitik sollte nicht mehr eine untergeordnete Rolle spielen gegenüber der Güterwirtschaft, die bislang in den Parteiprogrammen als der „übergeordnete, alles beherrschende Bereich“ betrachtet wurde.

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Doch dieses vorgeschlagene Konzept blieb ohne Konsequenzen auf die SPD-Politik. Die meisten Frauen der sozialistischen Frauenbewegung verzichteten auf eine geschlechterkämpferische Strategie innerhalb ihrer Partei, sie setzten ihre Leitbilder als Lebens- , Arbeits- und Kampfgefährtin des Mannes fort. Ihr Emanzipationskampf hatte noch nie dem anderen Geschlecht gegolten, sondern war gegen die kapitalistische Klasse gerichtet. Es ging um praktische Mitarbeit an diesem Ziel, nicht um eine rigorose Verfolgung von Fraueninteressen.

4.4 Die katholischen Frauenorganisationen In den katholischen Frauenorganisationen bestimmte die Haltung der Kirche maßgeblich deren Einstellung zu den revolutionären Vorgängen. Die erste Reaktion auf den staatlichen Umsturz war in den Kirchen zunächst bestimmt von der „Revolutionsgeduld,“ ein Ausdruck, den Georg Kalmer geprägt hatte.1035 Evangelische wie katholische Kirchenbehörden mahnten übereinstimmend, den vollzogenen Umschwung hinzunehmen, an der Aufrechterhaltung der Ordnung mitzuwirken und drohendes Übel tatkräftig abzuwenden.1036 „Es wurde eine neue Lage geschaffen, die nach christlichen Grundsätzen nicht gebilligt werden kann, sondern tief bedauert werden muß,“ schrieb der Bischof von Eichstätt an seine Diözesanen in einem Hirtenbrief vom 20. November 1918.1037 Trotz sittlicher Disqualifizierung des gewaltsamen Umsturzes ließ sich zunächst ein Bemühen konstatieren, die im Kirchenvolk vermuteten Ressentiments gegen die Mitgestaltung der neuen Ordnung zu überwinden und zu aktiver Beteiligung im Staat anzuregen. Doch diese vorerst passiv hinnehmende Haltung der Kirchen wurde alsbald abgelöst durch einen entschlossenen Widerstand gegen die kirchenpolitischen Zielsetzungen der Revolutionsregierung und deren Realisierungen. In Bayern wurde am 16. Dezember 1918 die geistliche Schulaufsicht beseitigt. Die zur Konferenz in Freising zusammengetretenen bayerischen Bischöfe erfuhren davon aus der Zeitung.1038 Am 25. Januar 1919 war der Besuch des Religionsunterrichts in das Ermessen der Erziehungsberechtigten gestellt worden. Eine heftige Kritik an diesen Maßnahmen folgte. Das Vorgehen des Ministers Hoffmann sei eine „kulturkämpferische Gewalttat,“ geboren „aus glaubensfeindlichem Geiste“ und die, wie Erzbischof Faulhaber wortgewaltig formulierte, „vor dem Richterstuhl Gottes schwerer wiegt als der Blutbefehl Herodes.“1039 Nicht mehr „Revolutionsgeduld“, sondern Kampf gegen die durch die Revolution zur politischen Führung gelangten Parteien war die Konsequenz.1040

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Diese Grundposition der katholischen Kirche prägte auch die Haltung des Katholischen Frauenbundes. In den ersten Wochen nach den Novemberereignissen erfolgten nur wenige, eher zurückhaltende Aussagen gegenüber den revolutionären Ereignissen. Es wurden keine offenen Angriffe gegen das neue Regime vorgebracht. Erst ab Januar 1919 bezog der katholische Frauenbund eine deutliche Abwehrhaltung gegenüber den revolutionären Ereignissen, trotzdem vermied man jede politische Polemik, „weil das der Friedensmission der Frau im tiefsten Grunde nur widersprechen würde.“1041 Deshalb sprach man vorsichtig von einem „seeleerschütternden Umsturz.“1042 Doch mit der neuen sozialistischen Regierung unter Kurt Eisner waren die „Gegner der christlichen Weltanschauung“ an die Macht gekommen, die mit ständig neuen Forderungen den christlichen Standpunkt erschütterten.1043 Die unzumutbarste aller Forderungen war die geplante Trennung von Staat und Kirche und von Kirche und Schule. Auch der Eingriff in das christliche Erziehungsrecht durch staatliche Säuglings- und Erziehungsanstalten war für die katholische Frau nicht hinnehmbar.1044 Durch den Erlass des SPDMinisters Hoffmann sah man die wichtigsten christlichen Ideale gefährdet. Die Umwandlung der christlichen Schulen in staatliche würde den Religionsunterricht als bisheriger Mittelpunkt des ganzen Unterrichts zu einem bloßen Wahlfach herabdrücken.1045 Wahre christliche Erziehung könne jedoch nur durch ein Zusammenwirken von christlicher Erziehung im Elternhaus und der Vermittlung christlicher Werte in einer christlichen Schule gelingen. Doch nun habe die Revolution den Weg bereitet zu einer „religionslosen, weltlichen Schule der Sozialdemokratie“ und daraus erwachse eine große Gefahr für die christliche Erziehung.1046 Die revolutionären Erzieher würden die jungen Menschen zur Revolution aufrufen, sie gegen ihre Lehrer als ihre Bedrücker und Betrüger aufhetzen und ihnen die Achtung und Liebe zu den Eltern rauben.1047 Die Revolution habe zudem einen „übertriebenen Zug von Gleichmacherei“ in das politische Leben gebracht, nun solle alles – auch das Verhältnis der Geschlechter zueinander – „gleichheitlich“ geregelt werden.1048 Doch eine Gleichberechtigung der Geschlechter könne es nicht geben, da der Schöpfer nun einmal Unterschiede geschaffen habe und es somit nicht möglich ist, “daß Männer und Frauen das Gleiche wollen und sollen.“1049 Man wandte sich gegen jede Form der Gleichstellung von Mann und Frau, auch und gerade in der Familie. Die christliche Familie sei das gesellschaftliche Fundament, in der christlichen Ehe liege die Garantie für die Lösung von Kulturaufgaben, welche nur mit Hilfe der Familienerziehung zu leisten sein werden: „Vom Wirken der christlichen Frau in der Familie muß uns wieder die Befreiung von der Knechtschaft des Hasses und der Selbstsucht kommen.“1050

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Neben den Grundpositionen der Kirche bestimmte auch eine grundsätzlich monarchischkonservative Staatsauffassung die Haltung der katholischen Frauen. Im Kreise des süddeutschen katholischen Arbeiterinnenvereins wurde bedauert, dass der monarchische Gedanke „gegen den Willen des größten Teiles der Bevölkerung der revolutionären Gewalt“ hatte weichen müssen,1051 doch man dürfe sich jetzt keinesfalls in den „politischen Heulwinkel stellen“, dies sei „politische Nervenschwäche.“1052 Die neu geschaffene Staatsform wurde zwar als „feststehende, vorläufig nicht zu ändernde Tatsache“ anerkannt, doch die kommenden Nationalwahlen sollten zeigen, „dass noch lange nicht das ganze bayerische Volk vor 14 Tagen auf der Theresienwiese war.“1053 Bis dahin wurde die gegenwärtige Macht anerkannt: „Wir werden ohne Vorbehalte mittun, damit Ordnung und Disziplin aufrechterhalten, der Gang unseres Wirtschaftslebens weitergeführt und die schwierigen Fragen der Demobilisierung und Uebergangswirtschaft reibungslos gelöst werden können.“1054 Doch hinter dieser offiziellen Anerkennung verbarg sich bereits die Bereitschaft zum Widerstand gegen allzu revolutionäre Gestaltungspläne. Es sei Aufgabe jedes Katholiken, sich „in dieser gärenden und kochenden Zeit gegen allen unbesonnenen, revolutionären, bolschewistischen Umsturz zu stemmen.“1055 In einem Grußwort der katholischen Frauen Anfang Dezember 1918 an die heimkehrenden Soldaten sprach man bereits von der „heimtückischen Natter,“ die sich im Herzen des deutschen Volkes eingenistet hatte und Schrecken, Wirrnis, vielleicht sogar den Tod bringe.1056 „Kommt und helft den Feind im Lande zu besiegen“, riefen die katholischen Frauen den Heimkehrern zu, da sonst das Vaterland sinnlos zerstört und in blinder Wut der Erniedrigung und dem Untergang preisgegeben werde. Umsturz und Kommunismus sei die Forderung des Tages, doch unter der „der Diktatur des roten politischen Terrors“ 1057 hätten vor allem die Frauen besonders zu leiden, so die verbreitete Meinung innerhalb der katholischen Arbeiterinnen-Vereine. Der sozialistische Zukunftsstaat könne den Frauen nur Nachteile bringen, da der Grundsatz der Gleichheit vor allem die Frauen treffen müsste. So bedeute die Gleichheit in der sozialistischen Wirtschaftsordnung, dass auch Frauen künftig unangenehme und gefährliche Arbeiten übernehmen müssten, da es sonst nur Missstimmung, Neid und Hader am Arbeitsplatz geben würde.1058 Frauenschutz hätte auch keine Bedeutung mehr, es gebe „keine Rücksichten auf Frauenehre und Schicklichkeit [...], die Gleichmacherei würde jede Eigenart der Frau im Wirtschaftsleben übersehen.“1059 In einem streng organisierten Wirtschaftsleben müsste jeder auf seinem zugewiesenen Arbeitsplatz ausharren, diese schwere Einbuße der Freiheit würde gerade die Frau treffe, da sie manch „unwürdige Stellung“ annehmen müsste und dann in „unehrenhafte Abhängigkeit“ gerate.1060 Selbst der von der sozialistischen Regierung festgelegte Achtstundentag könnte nur bei oberflächlicher Betrachtung Jubel erwecken, 163

da abzusehen sei, dass zum Ausgleich dafür gerade bei den Frauen die Löhne gekürzt werden.1061 „Die brutale mechanische Gleichmacherei des künftigen Sozialismus bedeutet für das natürlich schwächere Geschlecht eine wahre Tyrannei“ und die Frauenerwerbstätigkeit werde unzweifelhaft „unter die Räder kommen.“1062 Erst recht habe das sozialistische System kein Verständnis für den natürlichen Frauenberuf, „den Mutterberuf.“1063 In einer an der Gütererzeugung orientierten Gesellschaft führe der Mutterberuf eine „Aschenbrödelrolle,“ die einzelnen Familienhaushalte würden „Staatsspeisehaushalten“ und „Volksküchen“ weichen, das Kind werde zum Staatseigentum erklärt, kein Unterschied werde mehr zwischen der ehelichen und der unehelichen Mutter gemacht.1064 Der Sozialismus setzte durch diese Ideen die Geschlechtsehre der Frau herab und schände die Zukunft der Frauen.1065 Nachdem die kommunistische Räterepublik im April 1919 ausgerufen wurde, galt in der Zeitschrift „Die Arbeiterin“ der Kampf dem Bolschewismus. Dieser sei die „extremste Ausgestaltung der marxistischen Revolutionstheorie“, bringe „völlige Zerrüttung aller Verhältnisse, Hunger und Elend.“1066 Der Bolschewismus wolle die Einzelhaushaltung aufheben und eine gesellschaftliche Hauswirtschaft einführen, angeblich „um die Frau aus ihrer Sklaverei zu erlösen,“ doch in Wirklichkeit zerstöre er damit das Familienleben.1067 Dies alles könne die Frau nicht hinnehmen und darf sie nicht gleichgültig lassen. Die Frauen seien eine größere Macht, viel mehr, als sie zu sein scheinen, und könnten einen Damm bauen gegen diese Flut.1068

Die neue Zeit hatte nicht nur neue politische Verhältnisse gebracht, sondern den Frauen das Wahlrecht. Mit dieser Neuerung setzten sich auch die katholisch organisierten Frauen auseinander. Nach dem Erhalt des Frauenstimmrechtes galt das Frauenstimmrecht für die katholischen Frauen als etwas „Neues und Lastendes, das wesensfremd sich ihnen gegenüberstellte,“1069 „etwas Ungewohntes und Ungelegenes.“1070 Es kam gleichsam über Nacht – „schneller als wir alle es dachten, schneller und unter anderen Verhältnissen, als es sich die katholische Frau gewünscht hatte.“1071 Doch nun sollte das Frauenstimmrecht zu einer neuen Pflicht für die katholischen Frauen werden. Dazu gehörte auch, sich politisch zu bilden. Lesen, Hören und Lernen, sich Schulen sei deshalb eine unabdingbare Voraussetzung für ein eigenes politisches Urteil, ließ das „Bayerische Frauenland“, das Organ des Katholischen Frauenbundes, seine Leserinnen wissen: „Bei allem Respekt vor Frauentreue und Frauengehorsam, des selbständigen Urteils in Ange164

legenheiten, die weit über das Familiengebiet hinausreichen, darf sich die Frau nicht entschlagen.“1072 Hinter diesem neuen politischen Selbstbewusstsein stand damit durchaus die Vorstellung einer politisch mündigen Frau, die sich jedoch in erster Linie als eine im katholischen Milieu verwurzelte Staatsbürgerin verstehen sollte. Dazu gehörte selbstverständlich die Pflicht zu wählen. Das „Muß“ des Wählens wurde den katholischen Frauen eindringlich nahegelegt, doch ebenso unmissverständlich war die Parteiempfehlung des Katholischen Frauenbundes: „Nur die Partei kann für die katholische Frau in Frage kommen, die ihre Fahne hoch hält für Glauben, Wahrheit, Sitte und Recht – die grundsätzlich auf dem Boden der christlichen Weltanschauung steht, die die Familie, Ehe, religiös-sittliche Erziehung der Jugend schützen und verteidigen will! Deshalb unsere Stimme der Bayerischen Volkspartei.“1073 Obwohl auch in den Kreisen der christlichen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine stets Bedenken gegen das Frauenstimmrecht geäußert wurden, und manchen als Untat erschien, sollten sich nun alle mit der gegebenen Tatsache abfinden.1074 Die Plötzlichkeit der Einführung hatte aber keinesfalls ebenso plötzlich alle Bedenken und Besorgnisse hinweggefegt, „die besonnene und weitblickende Menschen mit Recht dem Frauenwahlrecht entgegenstellten.“1075 Doch „in jener denkwürdigen Nacht vom 7. auf 8. November“ wurde den Frauen das Wahlrecht zugestanden, nun seien sich die Frauen der damit verbundenen „großen Verantwortung wohl bewußt. Freilich hätten wir es lieber aus anderen als gerade aus ‚roten’ Händen in Empfang genommen.“1076 Doch ein Dank gegenüber „den roten Vätern“ für das Frauenstimmrecht sei völlig unangebracht, die Frauen hätten das Wahlrecht verdient, weil sie im Kriege gezeigt hatten, dass die Frauen im Erwerbsleben genauso tüchtig seien wie die Männer. Ihre Arbeitsleistungen seien anerkannt worden, ob in den Munitionswerkstätten, den Büros oder Amtsstuben. Auch die Hausfrauen am häuslichen Herd hätten sich durch ihre Sparsamkeit als wichtige Kriegshelfer erwiesen. Deshalb sei das Frauenstimmrecht „etwas Wohlverdientes.“1077 Mit dem Frauenstimmrecht sei zwar die „gemütliche Häuslichkeit“ gestört und es drohe „unserem hausfraulichen Schalten und Walten“ ein langsames Ende zu bereiten.1078 Doch aus Liebe und Freude am häuslichen Heim müsse nun das Wahlrecht Mittel zum Zweck werden. Die revolutionäre Regierung bedrohe dieses häusliche Glück, und das Wahlrecht muss das Instrument werden, „einer Regierung Bahn zu brechen, die Ordnung und Sicherheit in das heutige, zerrüttete Wirtschaftsleben hineinträgt.“1079 Von den Frauen wurde erwartet, dass sie ihr Frauenstimmrecht dazu nutzen, sich bei den nächsten Wahlen gegen die „furchtbaren Umwälzungen“ zu stemmen und in diesem Sinne ihre Wahlpflicht erfüllen.1080 Die ausgegebene Parole hieß: „Offener Kampf der Anarchie; Nieder mit Willkür und Bolschewismus!“1081 165

Das Wahlrecht biete darüber hinaus endlich auch die Gelegenheit, „die Früchte unseres Glaubens und Betens vor aller Welt zu zeigen, [...] was wir zutiefst in unserem Herzen tragen und was den Adel und die Weihe unseres Frauencharakters ausmacht.“1082 Das Frauenstimmrecht sollte „zu einer deutschen Wagenburg um die Kirche werden, zur Wagenburg besetzt von deutschen Frauen.“1083 Die Frauen sollten für ihre christlichen Ideale kämpfen mit dem Stimmzettel in der Hand und so ein „öffentliches Bekenntnis für Christus ablegen!“1084 Die katholischen Frauen sahen sich mit dem Frauenwahlrecht in eine große Verantwortung gestellt, „die Fragen des Gewissens, der Religion, der Erziehung der Kinder und damit die wichtigsten Zukunftsfragen des ganzen Volkes stehen auf dem Spiel.“1085 In der Zeitschrift „Die Arbeiterin“ wurden die Leserinnen daran erinnert, wo ihr politischer Platz sein sollte: „Deine politische Partei ist keine andere als die Bayerische Volkspartei!“1086 Diese Partei vertrete in ganz besonderem Maße die Interessen der christlichen Arbeiterinnen, in dem sie sich für Maßnahmen zum Schutz der werktätigen Frauen, der Jugendlichen und Kinder einsetze, auf dem Boden der christlichen Weltanschauung stehend.1087 Je näher der Wahltermin rückte, um so eindringlicher wurden die katholischen Arbeiterinnen an ihre Wahlpflicht erinnert: Der Wahlzettel sei geradezu ein „schriftliches Glaubensbekenntnis,“ eine Wahlenthaltung sei „wahrhaft Sünde,“ durch ein Wegbleiben von der Wahlurne trügen sie Mitverantwortung dafür, „daß unser Land ruiniert wird und wir alle an den Bettelstab kommen oder sogar im Elend umkommen.“1088

Der Katholische Frauenbund sah die Aufgabe der katholischen Frau darin, die christlichen Ideale zu verteidigen: „Das Heim der christlichen Familie, der Frauen Reinheit und Würde, der Jugend Aufwärtsstreben durch die christliche Erziehung und Bildung, der Kirche Freiheit“ seien die Ideale, für die sich die katholische Frau einsetzen müsse, „auf daß die christliche Frauenwelt das unserem Volke an inneren Gütern geben kann, was es zu seiner Gesundung braucht.“1089 Bei diesem Kampf um die christlichen Ideale seien „mutige, furchtlose, Herzen, ritterliche Männer- und Frauenherzen ‚ohne Furcht und Tadel’“ gefragt, beide Geschlechter seien als „gleichberechtigte Kämpfer in die Arena des politischen Ringens gerufen, beide müssen dort furchtlos dem Gegner entgegentreten.“1090 Die Aufgaben der Frauen sollten über das Familiengebiet hinausreichen, deshalb müssten sie den Schritt in die politische Öffentlichkeit wagen. Nach der Erfüllung ihrer häuslichen Pflicht müsse die katholische Frau noch Zeit aufbringen für die Interessen außerhalb des Familienbereichs, für die „große Volksfamilie.“1091 Diese neue Mitarbeit im Staat erfordere ein besondere Schulung, die „Einsicht, 166

Interesse, Eifer und die Selbstständigkeit“ fördern sollte.1092 Politische, vor allem caritative, sozialpolitische Aufgaben würden die Frauen zu erfüllen haben beim „beginnenden Aufbau eines neuen Staatsgebildes.“1093 Der Katholische Frauenbund hatte die ihm angeschlossenen Vereine stets als Vermittler gesehen, die das kirchliche Bewusstsein und den Mut zum christlichen Bekennen in die Familien und in die Öffentlichkeit hineintragen sollten.1094 Nun, da die höchsten geistig sittlichen Güter durch die revolutionäre Umwälzung in Gefahr waren, sollte mit diesem Aufruf zu politischer und gesellschaftlicher Mitarbeit eine neue öffentlich-politische Phase religiösen Bekennens eingeleitet werden. Bei der Mobilisierung politischer Energien bildete das christlichkatholische Weltbild mit seinen Idealen das Fundament politischer Zielsetzungen. In klarer Abgrenzung zu den sozialistischen, aber auch liberalen Frauenforderungen hatte der Katholische Frauenbund sein „Frauenprogramm“ präsentiert, das tief verankert war in der christlichen Weltanschauung.1095 Demgemäß galt der frauenpolitische Kampf zunächst allem, was das Ideal der christlichen Familie bedrohen könnte. Die Gleichstellung der unehelichen Mutter mit der ehelichen wurde vehement abgelehnt. In dem Frauenprogramm wurde auch eine klare Absage an jede „übertriebene Verstaatlichung und Vergesellschaftlichung der Familienaufgaben“ wie z. B. staatliche Säuglings- und Erziehungsanstalten, die Heim und Familie ersetzen wollen, formuliert. 1096 Doch auch die Einführung einer religionslosen staatlichen Zwangsschule sollte um jeden Preis verhindert werden, da nur eine konfessionelle Schule dem Erziehungsgrundsatz der christlichen Mutter genügen könne. Bis 1914 lag der Arbeitsschwerpunkt des Katholischen Frauenbundes in Bayern im Bildungsbereich. Dieses Anliegen, über Bildung die Situation der Frauen zu verbessern, gehörte weiterhin zum Frauenprogramm des Katholischen Frauenbundes. Die hauswirtschaftliche Bildung für Mädchen sollte vertieft und verstärkt werden, selbst für die in der Industrie tätigen Mädchen, „da hauswirtschaftliche Tätigkeiten und Kenntnisse ein ungleich höheres Kapital für die Zukunft unserer Mädchen sind als Fabrik- und gewerbliche Arbeit.“1097 Doch auch eine Förderung handwerksmäßiger Berufe für Frauen wurde als erstrebenswert empfunden – man dachte hier wohl vor allem an Ausbildungen im Textilbereich – und so wurden gesetzliche Ausbildungsregelungen bis hin zu Meisterinnenprüfungen gefordert. Für die pflegerischen, erzieherischen und sozialen Berufe sei eine Verankerung in der christlichen Weltanschauung weiterhin dringend geboten. Von allen Bildungseinrichtungen, Volksfortbildungsschulen u.a. wurde eine Berücksichtigung der „Natur und Eigenart des weiblichen Geschlechtes“ gefordert, weiblicher Einfluss in der Leitung der Schulen, Vertretung der Frau in den behördlichen Schulkommissionen verlangt.1098 In dem vom Katholischen Frauenbund gefassten Bildungsbegriff stellte weiterhin die religiöse 167

Bildung einen Kern aller Frauenbildung dar. Ein besonderes Ziel war schließlich die Weiterführung der sozial-caritativen Arbeit in der christlichen Caritas. Trotz einer bewundernswerten sozialen Gesetzgebung und öffentlichen Fürsorgeeinrichtungen seien die caritativen Einrichtungen unerlässlich.1099 Diese Grundsätze und Forderungen des Katholischen Frauenbundes sollten nicht nur das Glück der Frauen sichern, sondern des ganzen Volkes. Nur unter der Wahrung der christlichen Werte sei es möglich, dass „die christliche Frauenwelt das unserem Volke an inneren Gütern geben kann, was es zu seiner Gesundung braucht!“1100 Von den Frauen, die als Kandidatinnen für die BVP bei den Wahlen antraten, erwartete man eine wirksame Vertretung der katholischen Frauenforderungen im bayerischen Landtag: Frau Hofrat Ammann hätte ihre bisherige Kraft und Erfahrung in den Dienst der katholischen Frauenbewegung gestellt, Frl. Aloisia Eberle sei als ehemalige Fabrikarbeiterin wie keine zweite geeignet für das Wohl ihrer Standesgenossen einzutreten, Elisabeth Freiin v. Gebsattel, sollte ihren bisherigen Wirkungskreis der Caritas parlamentarisch unterstützen und Frl. Maria Schuster zeichnete sich durch ihren Beruf als Lehrerin durch ihre ideale Auffassung als Erzieherin der Jugend aus.1101 Die parlamentarische Arbeit dieser Frauen sollte sich auf der Basis dieses Frauenprogramms auf die Gebiete Familien-, Erziehungs- und Bildungspolitik sowie auf die Wohlfahrtspflege konzentrieren. Ziel der katholischen Arbeiterinnen-Vereine war es, Frauen zum richtigen Gebrauch ihres Wahlrechtes zu erziehen und sie meinten damit vorzugsweise das aktive Wahlrecht. Man begnügte sich damit, der BVP zu einem Wahlsieg zu verhelfen und vertraute die Interessenvertretung der Frauen den männlichen Politikern an: „Das Frauenwahlrecht muß uns helfen, Männer an maßgebende Stellen zu bringen...“1102 Diese sollten mit weitblickender Besonnenheit dafür einstehen, dass die verheirateten Männer für ihre Arbeit so viel Lohn erhalten, dass sich für die Hausfrauen die Erwerbsarbeit erübrigen würde, sie sollten die Gleichstellung der unehelichen mit den ehelichen Frauen verhindern und alles dafür tun, dass Frauenehre und Frauenwürde geschützt werde.1103 Dabei war eine Vertreterin der eigenen Standesbewegung, Aloisia Eberle, für die Wahlen als Kandidatin der BVP angetreten und in die Abgeordnetenkammer eingezogen. Damit besaßen die katholischen Arbeiterinnen-Vereine eine parlamentarische Repräsentantin an der Stelle, „wo über so viele Fragen, die das Wohl und Wehe der erwerbstätigen Frauen und Mädchen betreffen, beraten und beschlossen wird.“1104 In dieser Position sollte „sie sich so recht unserer Interessen annehmen.“1105 Das klang nicht nach ei-

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nem großen Vertrauen in die Wirksamkeit weiblicher Interessenvertretung durch weibliche Abgeordnete. Die katholischen Arbeiterinnen-Vereine verstanden sich zwar nach der Revolution als politische Vereine, doch sie wollten keinesfalls in politische Konkurrenz zu den Männern treten. Bindend für ihr Selbstverständnis blieben die Vorstellungen, die die männlichen Verbandsmitglieder über die Rolle der Frau in der Politik entwickelten: „Unsere Mädchen und Frauen werden ... in ihrer Bildung und Schulung mehr nach der Ausbildung der Staatsbürgerin trachten als danach, sich zu parteipolitischen Ringkämpferinnen und Schlachtenjungfrauen, kurz zu politischen Mannweibern zu verbilden und damit ihren Staatsbürgerinnenethos zu verwüsten, dessen still aufbauendes Wirken wir gerade heute so bedürfen.“1106 Die Frauen sollten ihre staatsbürgerliche Schulung dazu nutzen, Steigbügelhalterinnen für die männlichen Politiker zu werden. Als „parteipolitische Ringkämpferinnen“ und als Konkurrentinnen in der politischen Arena waren sie unerwünscht. Das Organ der männlichen katholischen Arbeitervereine wies den Frauen einen eng begrenzten Aufgabenbereich neben dem politischen Aufgabengebiet des Mannes zu, um eine unnötige Konkurrenz in den Kernbereichen der Politik zu verhindern. Ihr „mütterlicher Sinn“ würde ihnen den Weg weisen zu ihrem Platz im neu eröffneten politischen Leben: „Sie werden insbesondere auf ihrem Gebiete der Erziehung und Bildung, der Familien, Sitten- und Kulturpflege, der Hauswirtschafts- und Gesundheitspflege, des Schutzes und der Förderung des Kindes, der Jugend, der erwerbstätigen Mädchen und Frauen, auf dem weitschichtigen Felde der Volkswohlfahrtspflege soviel seelisch befriedigende, schöpferische Arbeit finden, daß sie nicht in das rauhere Aufgabengebiet des Mannes überzugreifen brauchen.“1107 Zu sehr war das Frauenbild in den Arbeiter- und auch Arbeiterinnenvereinen geprägt vom Leitbild der Frau als Hausfrau und Mutter, als dass eine vollständige Gleichberechtigung auf politischem, gesellschaftlichem oder wirtschaftlichem Gebiet wirklich erwünscht gewesen wäre. Gegen diese Vorgaben ihrer männlichen Verbandsmitglieder lehnten sich die katholischen Arbeiterinnen nicht auf. Zu groß waren in den eigenen Kreisen die Bedenken, dass sie im politischen Kampf ihre Frauenwürde und Weiblichkeit verlieren könnten: „Wird die Leidenschaft der Wahlagitation, das verbissene Niederringen des Gegners, das Neiden und Geizen nach jeder Stimme nicht alle fraulichen Gefühle zurückdrängen, das Gepräge der Milde und Güte von unserem Wesen abstreifen und aus einer gewinnenden Frauengestalt ein hartes, leidenschaftsvolles Mann-Weib machen?“1108 Die Frauen dürften keinesfalls mit der gleichen „wilden Verbitterung“ und „Maßlosigkeit“ in der „gleichen oft haßerfüllten Form“ wie die Männer auftreten, sonst würden „Frauen zu Hy169

änen“ werden.1109 Die Frauen sollten nicht mit der männlichen Schroffheit, Härte und Unerbittlichkeit konkurrieren, sondern „mit aller Kraft und Macht unseres Frauengemütes“ werben.1110 Ruhe und Vornehmheit des Frauencharakters sollten in den Wahlkampf der Männer hineingetragen werden und damit „die männliche Erregtheit und Gereiztheit beschwichtigen, die bis zum äußersten getriebene Leidenschaft, Verhetzung und Maßlosigkeit in Wort und Schrift in die Grenzen eines ehrlichen, offenen und beherzten Kampfes zurückführen.“1111 Bereits schon bei dem Wahlkampf, also dem ersten Betreten der politischen Arena, sollten die „Frauentugenden“ ihre Wirkung zeigen, man erwartete sogar eine Veränderung des politischen Stils im Umgang mit politischen Gegnern. Im politischen Leben müsste die Zukunftsaufgabe der Frau darin bestehen, „ihre natürliche soziale Veranlagung [...] voll zur Geltung zu bringen, was sicher eine Gewähr für ein gesundes, gerechtes Gemeinschaftsleben der Zukunft bieten dürfte.“1112 Mit einer zunehmend desolaten Wirtschaftslage während der Revolutionszeit sollten jedoch auch weibliche Politikerinnen ihre politische Zuständigkeit auf den Bereich der Wirtschaftspolitik ausdehnen, um „der Wirtschaftsordnung den Stachel der Härte und der Not“ zu nehmen.1113 Auf Grund ihrer „psychischen Veranlagung, das Menschliche, die Seele über das sachliche, Materielle zu stellen“ könnten sie hier die sozialen Gesichtspunkte viel konsequenter vertreten wie der Mann:1114 „Das frauliche Wesen hat es vermocht, auch in das ödeste Heim wärmende Liebe und hingebenden Opfergeist zu tragen; so wird es ihrer tiefen Innerlichkeit und seelenvollen Erfassung auch des politischen Lebens gelingen, dem wirtschaftlichen Treiben der Menschen im neuen Volksstaat völkische Gemütstiefe und lebendiges Staatsbewußtsein einzuhauchen.“1115 Mit dieser Argumentation erhoben die Frauen aus dem katholischen Arbeiterinnenverein einen Anspruch, auch die Wirtschaftspolitik mitzugestalten mit der Begründung ihrer besonderen spezifisch weiblichen sozialen Veranlagung. Damit gliederten sie einen Kernbereich der „männlichen“ Politik ihren weiblichen Bereichen der Familien- Erziehungs-, und Bildungspolitik an. * * * Die katholischen Frauenorganisationen stellten mit ihrem christlichen Frauenideal und der Verankerung der Frau in einer christlichen Familien- und Lebensordnung die katholische Antwort auf die Frauenfrage dar. Man fühlte sich zwar der modernen Welt und der Frauenbewegung zugehörig, doch das dominierende, charakteristische Element war eine Verwurzelung in der katholischen Glaubenswelt. Einer politischen wie auch gesellschaftlichen Gleich170

stellung der Geschlechter stand man äußerst ablehnend gegenüber, die liberaleren Weiblichkeitskonzepte der bürgerlichen Frauenbewegung, aber auch und vor allem der sozialdemokratischen Frauenbewegung wurden entschieden abgelehnt. An diesen Grundpositionen hatte auch die Revolution nichts geändert. Im Gegenteil, angesichts der religionsfeindlichen Grundhaltung der Revolutionsparteien, breitete sich ein neuer christlich-katholischer Bekennermut aus, der seinen politischen Ausdruck vor allem bei den Wahlen finden sollte. Das Frauenwahlrecht, eine bislang umstrittene frauenpolitische Forderung innerhalb der katholischen Frauenbewegung, sollte zur stärksten Waffe der katholischen Frau werden, um für ihre christlichen Ideale zu kämpfen. Der Katholische Frauenbund wie auch der süddeutsche katholische Arbeiterinnenverband gaben eine unmissverständliche Wahlempfehlung für die Bayerische Volkspartei, die als ein Garant für christlich-konservative Werte stand. Während der süddeutsche katholische Arbeiterinnenverein die politischen Aufgaben der Frau mit der Ausübung des aktiven Wahlrechts weitgehend erfüllt sah und die Fraueninteressen in die Hände der männlichen Politiker legte, erfasste der Katholische Frauenbund die neuen staatsbürgerlichen Rechte der Frau in einem umfassenderen Sinne. Der Katholische Frauenbund bekannte sich ohne Einschränkung zu der politischen Gleichberechtigung, die der revolutionäre Umsturz den Frauen gebracht hatte, und bereitete die katholischen Frauen auf einen Bewusstseinswandel und einen veränderten Frauenalltag vor. Der Katholische Frauenbund verlangte von seinen Mitgliedern politische Bildung, ein eigenständiges politisches Urteil sowie eine furchtlose Bereitschaft, den Schritt in die politische Öffentlichkeit zu wagen. Dabei sah er beide Geschlechter als gleichberechtigte Kämpfer in die politische Arena gerufen. Doch bei der politischen Arbeit war eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung vorgesehen, politische aktive Frauen sollten sich vornehmlich sozial-, bildungs- und familienpolitischen Bereichen widmen.

4.5 Der Bayerische Lehrerinnenverein Der bayerische Lehrerinnenverein (BLiV)1116 widmete sich vor allem Verbandsinteressen: der beruflichen Emanzipation der Lehrerinnen, der Verbesserung der Anstellungsverhältnisse, einer Angleichung der Lehrerinnen- und Lehrergehälter, den Forderungen nach beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten, den Verbesserung der rechtlichen Stellung der Lehrerin innerhalb des Lehrer- und Beamtenstandes.1117

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Die sozialen und pädagogischen Forderungen enthielten jedoch auch frauenpolitische Vorstellungen. So entwickelte der Verein neben den reinen Verbandsinteressen ein ausgeprägtes Engagement für die Idee einer besseren Mädchenbildung.1118 Verbunden damit waren Forderungen wie die hauswirtschaftliche Bildung der Mädchen. Ein pädagogisches Hauptanliegen des BLiV war der Ausbau der weiblichen Fortbildungsschule, welche den zukünftigen Staatsbürgerinnen solide Kenntnisse für Beruf und Ehe vermitteln sollte.1119 Eine qualifizierte höhere Mädchenbildung sollte die Voraussetzung für einen gesellschaftlichen Aufstieg der Frau bilden. Damit gerieten pädagogische Fragestellungen in den gesellschafts- und kulturpolitischen Bannkreis.1120 In der bisherigen Verbandsarbeit waren die Lehrerinnen zwar notwendigerweise auch in Konfrontation mit staatlichen und politischen Einrichtungen gekommen, deren legislativen oder administrativen Entscheidungen ihre Arbeitsbedingungen festlegten. Ihre grundsätzlich staatsloyale Einstellung zum monarchischen Staat erlaubte jedoch keine Erschütterung staatlicher Autorität und machte die Lehrerinnen bereit, auch die kleinsten Fortschritte anzuerkennen.1121 Dieses besondere Treueverhältnis zum Staat zeigte sich dann auch beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Die einschlägigen Artikel der Lehrerinnenpresse ließen eine sprunghafte Steigerung des Nationalbewusstseins erkennen, der Krieg galt als „säuberndes Gewitter,“ das alle vorherige Hast, die Jagd nach Glück in sinn- und geistloser Gier, beiseite schwemmte.1122 Als Lehrkräfte hatten sie auf Grund einer Entschließung der Obersten Unterrichtsverwaltung eine besondere Aufgabe erhalten: Die Kriegsereignisse sollten im Unterricht aufgegriffen werden, um so vaterländische Gesinnung, deutsche Art und Kraft und Liebe zu Kaiser, Reich, Fürst und Land zu pflegen.1123 Da die meisten Lehrerinnen die „Flamme der Begeisterung“ für das Vaterland in sich trugen, übernahmen sie in höheren Schulen, aber auch in den Volksschulen gern die „unvergleichlich schöne Aufgabe, in den jugendlichen Gemütern Staatsgesinnung zu erwecken und zu hegen und die jungen Herzen dem vaterländischen Geiste zu gewinnen und für vaterländisches Leben zu entflammen.“1124 Während der Kriegsjahre erfolgte jedoch auch ein Meinungsumschwung in der Frage des Frauenstimmrechts. Vor Kriegsausbruch waren die führenden BLiV-Mitglieder noch sehr zurückhaltend gegenüber den Frauenstimmrechtsforderungen gewesen. Es wurde bezweifelt, ob die Zeit und die Frauen schon reif seien für die Ausübung des Stimmrechts. Der Gewinn des Frauenstimmrechts stellte sich für die BLiV-Frauen als langfristiger Prozess dar, der wichtige Zwischenstufen verlangte: „Nicht nur kämpfen und streiten und fordern, sondern allem Schwachen nachgehen und es stärken, allem Kranken Gesundung geben, überall da, wo Not und Elend nach Hilfe

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und Rettung schreien, am Platze sein mit hellem Kopf und warmem Herzen und tätiger Hand! Dann wird auch die Stimme der Frau zu ihrem Recht kommen.“1125 Der BLiV schloss sich damit der Meinung des BDF an, dass sich Frauen erst über Leistung legitimieren müssten. Die angeführten Beispiele zeigen, dass man sich auch innerhalb des BLiV an den Idealbildern vom Wesen der Frau orientierte, nach denen die Frau ihre segensreiche Arbeit vor allem in den typischen weiblichen Aufgabengebieten der Fürsorge entfalten sollte. Doch es war auch klar, dass die Lehrerinnen die ihnen anvertrauten Schülerinnen erst zu klar schauenden, ruhig prüfenden und tüchtig arbeitenden Frauen erziehen müssten, damit nicht blindes Mitläufertum das Stimmrecht ad absurdum führe.1126 Als es dann 1916 um die Frage des weiblichen Dienstjahres ging, betonte die 1911 noch so zögerliche Betty Hertel, dass damit auch die Frage des Frauenstimmrechtes auf das engste verknüpft sei:„Denn die Umschreibung neuer, alle Frauen in gleicher Weise bindender Pflichten fordert auch eine Vermehrung ihrer staatsbürgerlichen Rechte.“1127

Der tiefgreifende politische Wandel durch die revolutionären Ereignisse am 7. und 8. November 1918, löste keine begeisterte Zustimmung aus. Betty Hertel urteilte in ihrem Leitartikel in der Bayerischen Lehrerinnenzeitung: „Mag man auch die Freiheit als kostbares Menschengut hochhalten, man löst sich doch nicht ohne Wunden aus den Banden der Tradition. [...]Und wäre es doch so, dann schweige man in Zukunft von deutscher Treue.“1128 Die bisherige pflichtbewusste, nationale und bedingungslos staatsloyale Gesinnung innerhalb des BLiV lässt diese Äußerung verständlich erscheinen. Die zurückhaltende Scheu gegenüber den veränderten politischen Verhältnissen drückte sich jedoch nicht in einer Verweigerungshaltung gegenüber dem neuen politischen System aus. Der Vorstand des Bayerischen Lehrerinnenverbandes verpflichtete sich dem neuen Regime.1129 Die Mitglieder des BLiV erklärten ihre Bereitschaft zur aktiven politischen Mitarbeit: „Wie auch unsere innere Stellung zur neuen Staatsform sei, eines wollen wir alle gemeinsam: mitarbeiten am Wiederaufbau deutschen Volksglückes.“1130 Doch bald schon ergab sich auf Grund der kulturpolitischen Vorstellungen eine ablehnende Haltung gegenüber der Revolutionsregierung. Nachdem Kurt Eisner am 7./8. November 1918 die Republik ausgerufen hatte, ernannte er den ehemaligen Pfälzer Volksschullehrer Johannes Hoffmann (SPD, 1867-1930) zum Kultusminister. Hoffmann war wie der weit überwiegende Teil der Sozialdemokratie von der Überzeugung getragen, dass Religion als "Privatsache" anzusehen sei und daher Kirche und Staat (Schule) getrennt werden müssten. Schon kurz nach 173

seinem Amtsantritt veranlasste er die Umbenennung des bisherigen Königlichen Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten in das Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Diese Namensänderung war kennzeichnend für die neue Politik. Dies zeigte sich auch kurze Zeit später, als am 15. November 1918 das schulpolitische Programm der neuen Regierung verkündet wurde. Die wichtigsten Kernpunkte waren die Trennung von Schule und Kirche, die fachmännische (nicht geistliche) Schulaufsicht, die Neuregelung der Gehalts- und Rechtsverhältnisse der Volksschullehrer, die Übernahme der Volksschullasten durch den Staat, die Reform der Lehrerbildung sowie organisatorische Änderungen im Schulbetrieb. Mit diesem Programm sollte der politische Umbruch auch zu einem kulturellen Wandel führen. Auch wenn die Frauen nach Ansicht des Bayerischen Lehrerinnen-Vereins helfen sollten, „mitzubauen an der Zukunft unseres Volkes,“1131 mahnte Betty Hertel doch zur Vorsicht gegenüber den neuen politischen Verhältnissen. Die neue Regierung verhieß zwar einen „frischen Windzug,“ einen neuen Geist der Freiheit, der zunächst ganz allgemein begrüßt wurde. Doch über dieser Freude sollten nicht die dabei drohenden Gefahren vergessen werden. Man befürchtete einschneidende Änderungen des Erziehungs- und Unterrichtswesens, die nur neue Beunruhigung in die Arbeit des Lehrerstandes bringen würde, ein Übermaß an Freiheit gefährde vor allem die Jugend, aber auch das ganze Volk. Autorität sei schließlich der „starke Pfeiler, der die Gemeinsamkeit der Menschen, das Arbeiten des einzelnen und der Gesamtheit und dadurch das Wohl des Volkes trägt.“1132 So liege es im Interesse des Volksganzen, dass „an der religiös sittlichen Grundlage, auf der zu arbeiten uns Pflichtgefühl und Gewissen binden“ nicht gerüttelt werde.1133 Schon im Dezember 1918 befürchtete Betty Hertel, dass wohl diese Haltung auch in den eigenen Reihen mehr denn je die Geister scheiden werde und rief daher zu gegenseitiger Toleranz auf.1134 Diese Mahnung war vergeblich. In den folgenden Wochen zeigten sich innerhalb des BLiV Symptome der Unsicherheit und Richtungslosigkeit, schwere Auseinandersetzungen zwischen führenden Mitgliedern folgten. Das Programm der bayerischen Revolutionsregierung vom 15. November 1918 ließ zwar die bayerischen Lehrerinnen auf eine mildere Form der Trennung hoffen, in dem es sowohl der Schule wie auch der Kirche größere Freiheit zusichere als dies für Sachsen vorgesehen sei.1135 Deutlich brachte der Bayerische Lehrerinnenverein aber seine Position zum Ausdruck: Wenn der neue Volksstaat Bayern seinen Charakter als Kulturstaat wahren wolle, könne er der Kirche als Trägerin der Kultur und der Sittlichkeit keinesfalls das Hausrecht in seinen Schulen verweigern – so die programmatische Aussage innerhalb des Lehrerinnenvereins.1136 174

Doch die nun einsetzenden Diskussionen um das Programm Hoffmann offenbarten die engen Verflechtungen zwischen pädagogischen und gesellschaftstragenden Themen und gleichzeitig die politische Zerrissenheit innerhalb des Bayerischen Lehrerinnen-Vereins. Linksstehende Lehrerinnen begrüßten die anstehenden Veränderungen und sahen sich einer Verwirklichung ihrer bisherigen schulpolitischen Ziele – wie z. B. der Einheitsschule – nahe. So hatte der Vorstand des Oberbayerischen Kreisausschusses seine Vorstellungen künftiger Schulgestaltung in Anlehnung an Hoffmanns Pläne in der Tagespresse veröffentlicht, Hauptpunkte waren dabei die Trennung von Schule und Kirche, die Beseitigung der Schulaufsicht und die Erledigung der Schulangelegenheiten durch Eltern- und Lehrerräte sowie eine schul- und lernmittelfreie Einheitsschule.1137 Diese programmatische Erklärung wurde auf einer Vertreterinnenversammlung am 28.11.1918 auf das Schärfste verurteilt, es galt als „Vergewaltigung der Vereinsmitglieder,“ mit dem einzelne Ausschussmitglieder in Missbrauch ihres Amtes eigene Wünsche und politische Anschauungen durchsetzen wollten.1138 Helene Sumper distanzierte sich im Namen der Vorstandschaft des Bayerischen Lehrerinnenvereins von diesem Programm einiger linksstehender Lehrerinnen, doch es trug weiterhin Unruhe in den Verein.1139 Die Mehrheit des BLiV erwies sich bei diesen Auseinandersetzungen als Sprachrohr der religiös-konfessionellen Mitglieder, die die Trennung von Staat und Kirche zutiefst ablehnten.1140 Wichtige Führerinnen des Vereins machten sich zu Wortführerinnen dieser Mehrheit. So argumentierte Maria Deppisch in einem Artikel, die Kirche sei der Garant eines Autoritätsgedankens und der Moral und nur durch deren Mitwirkung könne ein „Neubau der Menschheit“ gelingen: „Bedenkt man denn nicht, daß gerade eine tiefe religiöse Kultur dem Staat die Bürger erzieht, die in echt demokratischem Edelsinn das Gebot des Gewissens über alle Versuche staatlicher Vergewaltigung stellen.“1141 Auch Elisabeth Weber sah in den bildungspolitischen Vorstellungen von Hoffmann die Gefahr einer Entrechtung der Kirche im Unterricht. Doch auf die Religion als Trägerin der Kultur und Sittlichkeit könne Bayern nicht verzichten, denn die Konfessionsschule sei die „wahre Erziehungsschule, in der die sittlich religiösen Bildungselemente die ihnen gebührende zentrale Stellung einnehmen und im Gesamtunterricht ungehemmt zur Wirkung kommen können.“1142 Der Kampf um den katholischen Religionsunterricht wurde zu einem Dauerthema innerhalb des Lehrerinnenvereins.1143 Obwohl hinter der Bildung von Lehrerräten vor allem für das Volksschulwesen auch die Absicht stand, die bisherigen autoritativ-kirchlich geprägten Schulleitungen abzulösen, führte dies nicht zu den heftigen verbandsinternen Kontroversen wie um den Religionsunterricht. Im November 1918 waren in einigen Städten – so auch in München – Lehrerräte gebildet wor175

den, die sich als „demokratische Körperschaft“ verstanden, von der man sich ein „gedeihliches Zusammenarbeiten von Vorgesetzten und Untergebenen“ erhoffte.1144 Bei den Wahlen zum Münchener Ortslehrerrat am 15. Dezember 1918 gelangten dann 12 Lehrerinnen in den 19-köpfigen Lehrerrat, dessen Vorsitz Antonie Pfülf übernahm.1145 Über die Tätigkeit dieses Lehrerrates ist leider nichts weiter bekannt, auch nicht inwieweit der Lehrerrat Kontakte zu den Arbeiterräten in München unterhielt. Die Gründung dieses Lehrerrates führte jedoch zu keinen weiteren Diskussionen innerhalb des Lehrerinnenvereins, was zumindest auf eine gewisse Duldung bzw. Gleichgültigkeit dieser Institution gegenüber hinweisen würde. Dagegen wurde die Errichtung von „Schülerräten“ in den Volksschulen heftigst abgelehnt: „Gott bewahre uns vor ‚Schülerräten’ in der Volksschule!“ hatte Betty Hertel ausgerufen und ihre Ablehnung mit den für die Kindererziehung notwendigen Werten wie Gehorsam, Pflicht, Ordnung begründet, ohne die eine Erziehung weder in der Schule noch im Elternhaus möglich sei.1146

Während die bildungspolitischen Pläne der Revolutionsregierung durchaus kontroverse Positionen im BLiV auslösten, war die Beurteilung des Frauenstimmrechtes einheitlicher ausgefallen. Der Einsatz der Lehrerinnen während der Kriegsjahre hatte ein Umdenken bezüglich des Frauenstimmrechtes im BLiV ausgelöst, bereits kurz vor Ausbruch der Novemberrevolution hatten die bayerischen Lehrerinnen das Stimmrecht beansprucht, „weil sie wissen, daß sie keineswegs ihr Bestes zu leisten vermögen, wo sie nicht ganz selbst sein können, ihre Einsichten nicht fruchtbar machen, nicht selbst gesetzgeberisch sein können.“1147 Aus diesem Grunde begrüßten die Frauen des BLiV das Frauenstimmrecht „als Morgenrot eines neuen Arbeitstages der Frauen voll schwerer Pflichten, voll ernster Verantwortung, voll heiliger Rechte. Die neue Zeit hat uns mündig gesprochen und uns zu vollwertigen Staatsbürgerinnen erhoben. Das danken wir ihr.“1148 Mit dem Erhalt des Frauenstimmrechts sei nun die staatsbürgerliche Mitarbeit der Frauen das Gebot der Stunde, keine Frau dürfe dabei ängstlich beiseite stehen, das wäre „Feigheit und Verrat am Vaterland.“1149 Mit dieser Position wäre auch die Aufgabe einer politischen Schulung verbunden gewesen. Doch die Vereinszeitung stellte sich nicht in den Dienst einer staatsbürgerlichen Erziehung,1150 sondern rief die Mitglieder nur zu einer verantwortungsvollen, aber selbsttätigen „Prüfung und Vergleichung“ auf: „Jede muß wissen, was sie selbst will, nicht was andere wollen. Eine blinde Gefolgschaft sollte es in unseren Reihen nicht geben.“1151 Ausdrücklich wurde jede parteipolitische Bindung des Vereins abgelehnt, da der 176

Bayerische Lehrerinnen-Verein als solcher nicht politisch sei.1152 Es erfolgte lediglich ein Appell an die Lehrerinnen, ihr aktives Wahlrecht im „vollen Bewußtsein ihrer Verantwortung“ zu nutzen: „Jede von Euch muß die Zukunft des Vaterlandes mitbestimmen! Das seid Ihr Euch selbst und denen schuldig, die Ihr erzieht! Jede muß wählen – keine darf fehlen.“1153 Zu staatspolitischen Fragen wie zu dem Rätesystem oder der parlamentarischen Demokratie äußerte sich der Bayerische Lehrerinnenverein nicht, doch der Aufruf zur politischen Mitbestimmung durch die Nutzung des aktiven Wahlrechtes kann sicherlich als Zustimmung zur parlamentarischen Demokratie gewertet werden.

Die Politik galt nun als ein „Ausdruck der großen Ideenströme, die die Menschheitsgeschichte durchfluten, als Zusammenprall der großen Gegensätze, in denen sie sich vollzieht, zum Ausdruck einer Weltanschauung.“1154 Die Frau von dieser politischen Sphäre auszuschließen würde bedeuten, ihr das Recht und die Fähigkeit abzustreiten, zu denken, zu urteilen, über sich und andere zu bestimmen.1155 Elise Dosenheimer wandte sich deshalb gegen die alten, „falsch verstandenen Ideale“ der Frau, die die Gefühlswerte, das Weibliche, das Mütterliche betont hatten. Aus diesen Festlegungen sei zu Unrecht ein Mangel an Unparteilichkeit, an Logik, an verstandesmäßigem Abwägen bei der Frau abgeleitet worden, um daraus die Minderbefähigung der Frau für die Politik zu beweisen. Diese Vorstellungen von Weiblichkeit wurden nun abgewiesen, selbstbewusst bekannte man sich zu dem Gefühl, das man als „verstehende, sich einfühlende Intuition“ verstanden haben wollte. Es sei keineswegs Ausdruck einer „weinerlichen gefühlvollen Sentimentalität,“ sondern Ausdruck eines ethischen Orientierungs- und Gerechtigkeitsgefühls.1156 Deshalb sollte die „Frau als Frau“ das Feld der Politik betreten, das „wahrhaft Weibliche,“ „ihr Bestes, ihre Ruhe, ihre Ganzheit, ihre Harmonie“ in die Politik hineintragen:1157 „Nicht trotzdem, sondern weil sie anders ist als der Mann, weil sie viele Dinge anders sieht wie der Mann, anderes sehen muß, soll die Frau, ihre Art zu sehen, in die Politik, soll ihre Stimme mitschaffen an der Schicksalsgestaltung der Gesellschaft.“1158 Doch die Lehrerinnen beanspruchten das Stimmrecht nicht nur „um des Rechtes, um ihrer eigenen Würde willen, sie wollen es ja gerade auch um ihrer Pflichten willen, weil sie ihre Pflichten [...] nur durch diesen Besitz voll und ganz ausüben können.“1159 Als politische Bereiche, in denen der weibliche Einfluss unerlässlich sei, nannte Elise Dosenheimer den Arbeiterinnen- und Kinderschutz, Kranken- und Hinterbliebenenversicherung, Wöchnerinnenfürsorge, Schutz auch der unehelichen Mutter wie des unehelichen Kindes, eine angemessenen 177

Interessenvertretung bei Gewerbe- und Handelsgerichten und letztendlich bei allen Sittlichkeitsfragen. Alle diese gesetzgeberischen Neuregelungen würden nach einer weiblichen Mitwirkung rufen. Durch den Eintritt der Frau als ein „Wesen mit eigenen wertvollen Menschheitsmerkmalen“ würde sich damit ein weiterer „Schritt auf dem Wege der Kulturmission des Menschengeschlechtes“ vollziehen.1160 Neben diesen wenigen, allgemein gehaltenen Aussagen zur Rolle der Frau in der Politik, die sich stark an den ideologischen Vorgaben des HBF/BDF orientierten, vermied man jedoch politische wie frauenpolitische Themen im Verbandsorgan. Die Frage der politischen Gleichberechtigung der Frauen wurde auf standespolitischer Ebene gestellt, so ging es um die Frage der weiblichen Schulaufsicht,1161 um einen größeren Anteil der Frauen in den Gemeinde- oder Schulbehörden,1162 um eine angemessene Vertretung in den Landeslehrer-, Kreislehrer- und Bezirkslehrerräten.1163 Ein eindringlicher Appell von Helene Sumper, der Vorsitzenden des Bayerischen Lehrerinnenverbandes, mahnte jede Lehrerin, ihre Wahlpflicht zu erfüllen und ihren eigenen Verband dabei zu unterstützen: „Frauenwahlrecht – Frauenwahlpflicht! Das ist die Pflicht jeder Frau zu wählen, aber auch die Pflicht, Frauen zu wählen!“1164 Doch das Ergebnis der Wahlen war für den Bayerischen Lehrerinnenverein enttäuschend, in den mit 16 Mitgliedern besetzten Landeslehrerverein waren lediglich vier Frauen gewählt worden. Die Lehrerinnen hatten wohl vermehrt ihre männlichen Kollegen des Lehrervereins gewählt und damit selbst für dieses schlechte Ergebnis gesorgt. Dementsprechend wurde nun „der Mangel an Standesgefühl und der Gleichgültigkeit“ getadelt, von den 800 Mitgliedern des Lehrerinnenvereins München hatten nur 450 die eigene Liste unterstützt, dagegen erhielt der Lehrerverein mehr Stimmen als er Mitglieder hat: „Dafür gibt es keine Entschuldigung, aber auch kein Wort des Tadels, das ein solches Verhalten scharf genug kennzeichnen würde.“1165 Doch möglicherweise hatte gerade der Verband selbst für eine Verunsicherung gesorgt durch die Diskussion um einen Zusammenschluss aller Lehrer- und Lehrerinnenvereine.1166 Dieser Zusammenschluss, angeregt durch den Lehrerverband, sollte angestrebt werden, um die gemeinsamen Standesinteressen besser verteidigen zu können. Die bisherigen Differenzen, die sich vor allem bei der Behandlung der Gehaltsfrage entzündet hatten, sollten nun dem demokratischen Grundsatz: gleiche Arbeit, gleiches Recht, gleicher Lohn weichen.1167 Die Einteilung einer Standesorganisation nach Geschlechtern wurde auch von einigen Frauen des Bayerischen Lehrerinnenvereins als nicht mehr zeitgemäß eingeschätzt: „Die Zeit der reinen Frauenvereine ist vorüber; sie haben ihre Aufgabe erfüllt: die Rechte der Frauen erkämpft und 178

ihre Berufsmöglichkeiten erweitert.“1168 Angesichts der schwierigen Zeiten, in denen das gesamte Kulturleben bedroht sei, müsse die einigende Idee der Vaterlandsliebe, der Berufstreue und die Liebe zur Jugend unseres Volkes im Vordergrund stehen: „Das gemeinsame Standesinteresse ist größer als das Fraueninteresse.“1169 Lehrer und Lehrerinnen müssten nun nach Einigung streben, „nicht nur im Interesse unseres Standes, sondern vor allem aus Liebe zu unserem Volke.“1170 * * * In den generalisierenden Aussagen zum Frauenstimmrecht, zur politischen Rolle der Frau, zur parteipolitischen Neutralität des Vereins und zur Revolution blieb der BLiV durchaus den ideologischen Vorgaben des HBF und BDF verhaftet, was nicht verwunderlich ist, da er deren Mitglied war. Es kann aber festgestellt werden, dass die politischen Positionen des Bayerischen Lehrerinnenverbandes vor allem an pädagogischen und bildungspolitischen Zielsetzungen festgemacht wurden. So wurden neben Verbandsmitteilungen nur solche Themen aufgegriffen, die einen unmittelbaren Bezug zur Bildungs- und Schulsituation aufwiesen: Amtliche Mitteilungen des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, das Verhältnis von Schule und Kirche wie Schule und Staat. Bereits diese Themen bargen genug Zündstoff, um die Lehrerinnen in verschiedene Lager zu spalten wie die Debatten um das Schulprogramm der oberbayerischen Lehrinnen zeigten. Aus Angst, diese Zerrissenheit noch weiter voranzutreiben, mied man Stellungnahmen zu aktuellen, revolutionären Ereignissen und Entwicklungen. Um ihr selbstgewähltes Postulat eines unpolitischen Vereins aufrecht zu erhalten, kapselte man sich von der revolutionären „Tagespolitik“ ab und vermied politische Diskussionen innerhalb der Mitglieder. Diese Enthaltsamkeit und die damit verbundene passive Haltung gegenüber den meisten revolutionären Vorgängen kann durchaus als bewusster Verzicht auf jegliche politische Einflussnahme auf die Mitglieder gedeutet werden. Auf diese Weise versuchte man die Unparteilichkeit bzw. Überparteilichkeit des Vereins zum Ausdruck zu bringen. Parteipolitisches Engagement blieb Angelegenheit einzelner Mitglieder und man erwartete lediglich Toleranz gegenüber anders gerichteten Meinungen. Mit dieser Position wurde aber die Passivität des Bayerischen Lehrerinnenverbandes im politischen Bereich auch in den standespolitischen Bereich hinübergetragen. Die Ergebnisse bei der Wahl des Landeslehrerrates zeigte den Willen der bayerischen Lehrerinnen an die Vertretung der Standesinteressensvertretung in die Hände ihrer männlichen Kollegen zu legen. Um das gemeinsame Standesinteresse zu verteidigen, sollten alle politischen und weltanschaulichen Differenzen zurückgestellt werden.1171 Doch diese rein standespolitische Position war 179

schwer aufrecht zu erhalten. Während der Revolutionszeit standen Erziehungs- und Bildungsfragen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und die Schule war wie kaum jemals zuvor in den Streit der politischen Meinungen geraten. Schulprogramme der verschiedensten Richtungen waren aufgestellt worden – auch innerhalb der eigenen Reihen – die nicht selten einen vollkommenen Bruch mit dem bisherigen Bildungswesen bedeuteten. Schul- und Bildungsfragen wurden sowohl auf parteipolitischer Ebene wie auf parlamentarischer Ebene erörtert, die Erziehung der Jugend war Zukunftsgestaltung. Die Haltung gegenüber den bildungs- und kulturpolitischen Positionen der Revolutionsregierung führte zu großen Differenzen innerhalb der Vereinsmitglieder, politische Themen wurden zu einer Zerreißprobe innerhalb des Verbandes.

4.6 Resümee Alle hier vorgestellten Frauenorganisationen hatten sich mit ihrem neuen staatsbürgerlichen Status auseinandergesetzt und ihn angenommen, doch setzten sich die alten Uneinigkeiten und Zaghaftigkeiten, die sich bereits bei den Bemühungen um das Frauenstimmrecht gezeigt hatten, fort. Nur die Radikalfeministinnen hatten die politische Gleichberechtigung der Frauen uneingeschränkt begrüßt, für alle anderen Frauenorganisationen bedeutete das Frauenstimmrecht nicht nur politische Freiheit und Chance, sondern eine Bürde, eine schwer zu tragende Last. Trotz unterschiedlicher Bewertungen des Frauenstimmrechtes schienen die Frauen in einem angestrebten politischen wie auch gesamtgesellschaftlichem Transformationsprozess ihren Platz im politischen System einzufordern und mit einem verstärkten Selbstbewusstsein aufzutreten. Der Start in die politische Sphäre wurde begleitet durch ein nahezu einmütiges Bekenntnis zu den weiblichen Werten, aus dem ein neues Selbstwertgefühl der Frauen sprach. Die politische Welt sollte wieder auf höhere Werte zurückgeführt werden zum Wohl des Ganzen. „Mütterlichkeit“ wurde zu einer Chiffre für eine neue Art von Politik, geprägt von sozialer Verantwortung und Humanität. Die Idee der Mütterlichkeit als politische Mission entsprach nicht nur den Vorstellungen der gemäßigt-bürgerlichen Frauen, einschließlich der Frauen aus dem Lehrerinnenverband, auch die Radikalen waren überzeugt, dass nur mit spezifisch-weiblichen Werten der aggressiven Männer- und Machtpolitik ein Ende gesetzt werden kann. Selbst den sozialistischen Frauen diente der Hinweis auf Mütterlichkeit als ein Motiv der Rechtfertigung für spezifische Frauenpolitik und auch die katholischen Frauen erhofften sich von den Frauentugenden eine Veränderung des politischen Stils. 180

So wurden nach der Revolution die erlösenden Frauenkräfte beschworen, die nach der zerstörerischen Machtpolitik der Männer Rettung bringen sollten. Menschlichkeit, Güte, Wärme, Friedfertigkeit als spezifisch weibliche Attribute mündeten in eine politisch-soziale Verantwortungsbereitschaft. Frauen als besonders moralische Personen sollten als bessere Menschen die Sphäre des Politischen von aller Härte und Kälte befreien. Diesem von Frauen formulierten Selbstverständnis haftete jedoch eine freiwillige Selbstbeschränkung an, die durchaus mit sozial funktionalen Attributen der Unterordnung gleichzusetzen waren. In diesem Sinne reduzierten die Frauenorganisationen das Politische auf Sozialpolitik und Bildungspolitik und sahen darin ihren spezifisch weiblichen Beitrag zum Wiederaufbau einer zertrümmerten Welt. Mit ihren Vorstellungen vom anderen Wesen der Frau setzten sie schlicht die Tradition der bisherigen Geschlechterverhältnisse fort, die freiwillige Selbstbeschränkung lief nicht auf eine organische Einordnung bzw. angestrebte mitverantwortlich-gleichberechtigte Position in dem politischen Apparat hinaus, sondern wurde unbewusst zu einem geschlechtsspezifischtrennenden Prinzip der Unterordnung in der Politik. Doch ohne geschlechtsspezifische Gleichheit mussten die von den Frauen angestrebten politischen und gesellschaftlichen Transformationsprozesse illusorisch bleiben. Obwohl nahezu allen Frauenorganisationen der Begriff der „Mütterlichkeit“ als Versatzstück weiblicher Identität diente, verbargen sich hinter der Oberfläche dieses funktionalisierten Begriffs durchaus unterschiedliche konkrete politische Zielsetzungen. Mütterlichkeit war ein inhaltliches Abstractum, eine Leerformel, kompatibel mit verschiedenen politischen Alternativen, von links bis rechts. In konkret politischen Fragen traten deutliche Differenzen zu Tage. Bei der Bewertung der revolutionären Ereignisse, in der Haltung zum Rätesystem und dem parteipolitischen System, in den demokratisch oder sozialistisch ausgerichteten Grundeinstellungen wurden häufig entgegengesetzte Standpunkte bezogen und offenbarten scharfe Gegensätze. Trotzdem setzte eine frauenpolitische Perspektive bei den konzeptionellen Auseinandersetzungen oft an der gleichen Stelle an. Das Rätesystem wie auch das Parteiensystem wurde einer frauenpolitischen Kritik unterzogen. Trotz unterschiedlicher Präferenzen für das Räte- oder Parteiensystem forderten vor allem die bürgerlich-gemäßigten, die radikalen wie auch die sozialistischen Frauen für jeweils beide Systeme Korrekturen ein. Doch diese konzeptionellen Auseinandersetzungen setzten erst verspätet ein, obwohl eine frühzeitige Klärung und Artikulation der Fraueninteressen hätte nützlich sein können. Trotz des gemeinsamen Ziels einer Stärkung des Fraueneinflusses in der Politik fanden die verschiedenen Frauenorganisationen nicht zu einer einheitlichen Sprache. Der Start in die politische Sphäre war damit schwer belastet durch trennende Weltanschauungen und parteiliche Zersplitterung: die bürger181

lich-gemäßigte Frauenbewegung stand im liberalen Lager, die Radikalfeministinnen neigten der USP zu, die Sozialistinnen hatten ihre politische Heimat in der SPD bzw. USP, die katholischen Frauen standen der BVP nahe, der Lehrerinnenverband musste innerhalb seiner eigenen Reihen einen parteipolitischen Spagat zwischen sozialistischen, liberalen und konservativen Orientierungen leisten. Die unterschiedlichen politischen Präferenzen führten dazu, dass die Frauen in verschiedenen politischen Lagern standen. Zwischen den bürgerlich-gemäßigten und radikalen Frauen hatte sich der schon im Krieg aufgetane ideologische Graben vertieft, katholische und sozialistische Frauen standen sich unversöhnlich gegenüber. Dagegen erfolgte eine Annäherung zwischen den radikalen Frauen und den sozialistischen Frauen. Der Start in die politische Sphäre war damit schwer belastet. Idealistische Vorstellungen der Frauen von Politik waren dabei ebenso hinderlich wie eine Zersplitterung von Fraueninteressen und unterschiedlichen definitorischen Fassungen von Gesamtwohl.

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5 Politische Handlungsräume und Aktionsformen Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem politischen Handeln der Frauen in der bayerischen Revolutionszeit. Es stellt eine empirische Suche nach politisch handelnden Frauen und deren politischem Wirkungskreis dar. War bereits 1908 mit der Aufhebung der Vereinsgesetze, die eine politische Betätigung der Frauen in Versammlungen und Vereinen verboten hatten, ein wichtiger Schritt im Kampf um die politische Gleichberechtigung erfolgt, stellte doch erst die Einführung des Frauenwahlrechts im November 1918 den entscheidenden Meilenstein für das politische Handeln der Frauen dar. Grundsätzlich muss eine Verfassung über verfassungsrechtlich zugestandene Staatsbürgerrechte die Möglichkeiten politischer Partizipation bereitstellen.1172 Eine wesentliche Grundvoraussetzung für das politische Handeln von Frauen war mit der Einführung des Frauenwahlrechtes als ein verfassungsmäßig abgesichertes Recht erfüllt. Doch eine Verfassung ist lediglich eine gesetzlich-gefasste Norm, ein Form, die erst durch politisches Handeln ausgefüllt werden musste. Aus der Subjektperspektive stellen politisches Wissen, Interesse und Selbstbewusstsein weitere grundlegende Voraussetzungen dar.1173 Je stärker das subjektive Interesse, Kompetenzbewusstsein und Responsivitätsgefühl bezogen auf den Bereich der Politik ist, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich politisches Handeln erfolgt.1174 Dieses Kapitel soll zeigen, welche Impulse für weibliches politisches Handeln die veränderten Rahmenbedingungen gesetzt hatten und wie sie von Frauen umgesetzt wurden. Um politisches Handeln erfassen zu können, muss eine Arbeitsdefinition für diesen Begriff erfolgen. Politisches Handeln ist zunächst menschliches Handeln. Soll nicht jedes menschliche Handeln als politisches Handeln verstanden werden, muss es aber griffige Unterscheidungsmerkmale geben. Für diese Untersuchung gilt in Anlehnung an eine Definition von Max Kaase, dass alle Verhaltensweisen, die mit dem Ziel unternommen werden, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen, als politische Handlungen einzustufen sind. Politisches Handeln steckt damit immer noch ein sehr weites Feld ab mit der einzigen Prämisse: es muss auf politischen Intentionen basieren mit dem Ziel einer politischen Beeinflussung. Politisches Handeln kann sich damit in verschiedenen Feldern der Öffentlichkeit vollziehen, sei es innerhalb oder außerhalb einer institutionellen politischen Ordnung. Mit der Einführung des Frauenstimmrechts standen den politisch interessierten Frauen nun alle verfassten bzw. institutionalisierten Partizipationsformen und Handlungsräume offen. Bezogen auf den politischen, institutionellen Bezugsrahmen, glich die Revolutionszeit einem 183

riesigen politischen Laboratorium mit unterschiedlichen Sozialismuskonzepten und verschiedenen Demokratievorstellungen und brachte rätepolitische wie auch parteipolitische, parlamentarische Institutionen hervor. Die politisch aktiven Frauen betraten damit ein politisches Experimentierfeld, das ihrem Handeln innerhalb der politischen Ordnung unterschiedliche Aktionsräume bot. Politisches Handeln findet auch außerhalb einer institutionalisierten Ordnung statt. Bereits der Erste Weltkrieg hatte die Frauen in allen Lebensbereichen in politische Entwicklungen hineingezogen, die Heimatfront war zu einer Lernstätte politischen Denkens und Handelns für die Frauen geworden. Doch fehlende staatsbürgerliche Rechte hatte die Frauen von der institutionalisierten politischen Sphäre ausgeschlossen, so dass politische Aktivitäten auf einen öffentlichen, aber politisch nicht institutionalisierten Raum beschränkt bleiben mussten. Dieser Handlungsraum stand nun auch während der Revolutionszeit den Frauen offen, gerade von diesem ging sogar ein erheblicher Druck auf die politischen Prozesse während der Revolutionszeit aus. Dieses Kapitel richtet den Blick nun auf die institutionalisierten wie auch nicht institutionalisierten Handlungsräume und untersucht die von Frauen jeweils genutzten Aktionsformen. Die genderorientierte Perspektive erfordert zunächst eine starke Fokussierung auf die weiblichen Akteure in der Politik, die politischen Aktivitäten und Beiträge der Männer werden damit weitgehend beiseite gelassen, es sei denn, sie dienen als Hintergrundfolie zur Beurteilung für weibliche Themen oder Koalitionsformen. Bei der Darstellung des weiblichen politischen Engagements werden vor allem zwei grundsätzliche Fragestellungen in den Vordergrund gerückt. Im Mittelpunkt steht die Frage, mit welchen politischen Themen sich Frauen beschäftigten. Diese thematische Ausrichtung soll das Spannungsfeld zwischen einer spezifischer Frauenpolitik und einem politischen Engagement für Allgemeinpolitik der Frauen erfassen. Neben dieser thematisch ausgerichteten Fragestellung geht es aber auch um geschlechterorientierte Kooperationsformen zwischen Frauen verschiedener partei- oder weltpolitischer Richtungen einerseits und mit männlichen Akteuren andererseits. Die politische Zuspitzung in der Revolutionszeit bedeutete jedoch nicht nur eine Bewältigung von krisenhaften Grundsituationen, sie verwies auch auf Erschütterungen einer bislang gefestigten politischen Kultur, die durch männliche Normen konnotiert war. So steht auch die Frage im Raum, inwieweit es Frauen in der Revolutionszeit gelang, innerhalb dieser männlich

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geprägten Kultur bisherige Barrieren aus geschlechtsspezifischen Vorurteilen, Abgrenzungen und Blockierungen zu durchbrechen.

5.1 Institutionalisierte politische Partizipationsformen Politische Partizipation ist verfasst, wenn sie rechtlich verankert und geregelt ist. Damit sind institutionalisierte bzw. verfasste Formen politischer Partizipation weitgehend definitorisch identisch und erfolgen innerhalb von Institutionen bzw. unter rechtlichen Rahmenbedingungen. Während der Revolutionszeit existierten nun alternative politische Institutionen mit räteund/oder parteipolitischen Ausrichtungen, die um den jeweiligen Herrschaftsanspruch rangen. Es ging um die Festlegungen wichtiger politischer Standards, über die politischen Machtverhältnisse sollten die Weichen gestellt werden für einen neuen Zukunftsstaat. Über die Ausübung des aktiven Wahlrechts konnten Frauen bei den Wahlen zu dem bayerischen Landtag und der deutschen Nationalversammlung erstmalig Einfluss nehmen auf die politische Machtverteilung innerhalb eines politischen Systems. Die Teilnahme an den Wahlen im Januar/Februar 1919 war eine der wichtigsten verfassten Partizipationsformen und darüber hinaus ein bisheriges Novum für die Frauen. Das Kapitel 5.1.1 beschäftigt sich deshalb mit diesen ersten Wahlen, an denen Frauen als gleichberechtigte Staatsbürgerinnen teilnehmen konnten. Über die Ausübung des passiven Wahlrechtes konnten Frauen auch erstmalig politische Ämter und Verantwortung übernehmen. Auf dieser Ebene vollzog sich politisches Handeln von Frauen in parteipolitischen, parlamentarischen Strukturen wie dem Bayerischen Landtag (Kapitel 5.1.2). Aber auch in rätepolitischen Gremien wie dem provisorischen Nationalrat oder auch auf dem Rätekongress in München waren Frauen vertreten und leisteten hier politische Arbeit. Innerhalb neu entstandener Kommissionen, die von der führenden Ebene des jeweiligen herrschenden Rätesystems etabliert wurden oder auch in Ausschüssen boten sich Frauen weitere Möglichkeiten zu institutionalisiertem politischen Handeln. In Kapitel 5.1.3 wird dieses rätepolitische Engagement näher dargestellt.

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5.1.1 Die ersten Wahlen mit weiblicher Beteiligung Die Teilnahme an Wahlen stellt eine der wichtigsten politischen Partizipationsformen dar. Dieses Recht übten die Frauen erstmalig mitten in der Zeit der Revolutionswirren aus. Die ersten Wahlen nach der Novemberrevolution galten als Schicksalswahlen, hier sollten die politischen Weichen für die Zukunft Bayerns gestellt werden. In dieser bedeutungsschweren Zeit sollten Frauen ihre politische Reife unter Beweis stellen. Die kurze Zeitspanne zwischen Revolution und Wahltermin wurde nun von den Frauenorganisationen genutzt für eine politische Erziehungsarbeit der Frauen, bei der gleichsam im Schnellverfahren staatsbürgerliche Schulung wie auch Wahlvorbereitung geleistet wurde. Ihre Aktivitäten zwischen staatsbürgerlicher Erziehung und Wahlkampf werden im Kapitel 5.1.1.1 dargestellt. Die daran anschließenden Ausführungen beschäftigen sich damit, in welchem Ausmaß die Frauen ihr aktives Wahlrecht genutzt haben und wie sie durch ihre Stimmabgabe in die politischen Machtverhältnisse eingegriffen haben (Kapitel 5.1.1.2).

5.1.1.1 Wahlvorbereitungen der Frauenorganisationen zwischen staatsbürgerliche Bildungsarbeit und Wahlkampf Die staatsbürgerliche Gleichstellung der Frau schien ein frauenpolitisches Eingreifen der Frauenverbände notwendig zu machen, um die politische Bildung der Frauen voranzutreiben. Die Verleihung des Frauenwahlrechtes führte deshalb bei nahezu allen Frauenorganisationen zu verstärkten Bemühungen im Bereich einer staatsbürgerlichen Erziehung der Frauen.

Der Hauptverband bayerischer Frauenvereine (HBF) sah es als eine der wichtigsten Aufgaben an, alle seine Vereine anzuregen, „aufklärend und belehrend in ihren Kreisen tätig zu sein, damit unseren Frauen das Rüstzeug gegeben wird, ihre neuen Rechte zum Segen des Ganzen auszuwirken,“ wie die Vorsitzende des HBF, Luise Kiesselbach, formulierte.1175 Durch Kurse, Vorträge und die Verbreitung politisch einführender Schriften und Flugblätter leitete der HBF eine systematische Wahlaufklärung und Wahlagitation ein, um Frauen mit ihrem neuen politischen Recht vertraut zu machen.1176 In dem Verbandsorgan wurden die Frauen deshalb über die Wahlordnung und das Verhältniswahlrecht aufgeklärt, Wahlgrundsätze wurden erklärt und die neuen Staatsbürgerinnen erhielten „technische“ Informationen über den genauen Ablauf des Wahlvorgangs.1177 Mangelnde Kenntnisse sollten die Frauen auf keinen Fall abhalten, von ihrem Wahlrecht Gebrauch 186

zu machen. Ein Abschieben der Verantwortung dürfte es nicht geben, und es sollte Frauen bewusst sein, dass sie, „ob sie wählen oder nicht wählen,“ Einfluss auf die Politik nehmen würden.1178 Nicht vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, würde die Kräfte zugunsten des Gegners verschieben und das politisch Unerwünschte herbeiführen. Das Wichtigste war also, die Notwendigkeit des Wählens hervorzuheben, den Frauen klarzumachen, dass die Stimme jeder Frau von größter Wichtigkeit ist.1179 Frauenwahlrecht wurde zur Frauenwahlpflicht.1180 Gezielt wandte sich der HBF in seiner Wahlwerbearbeit an bestimmte weibliche Wählergruppen. In dem bayerischen Verbandsorgan richteten sich die führenden Verbandsfrauen besonders an Ehefrauen und Mütter, die stellvertretend für einen gefallenen Gatten und Sohn an die Wahlurne treten sollten, „um das Vaterland, für das jener sein Leben ließ, neu aufbauen zu helfen.“1181 Der HBF richtete seine Aufmerksamkeit aber auch auf die Jungwählerinnen. Gerade diese Frauengruppe galt als der Politik besonders fernstehend, doch auch jene sollten „sich bewußt werden, daß sie nicht für sich und einen kleinen Kreis leben, sondern mitbauende, schaffende Glieder sind des großen Gesamtwesens, das wir Staat nennen...“1182 Alle Vereine des HBF sollten sich daher gerade der Gruppe der Jungwählerinnen annehmen und eine neue politische Einstellung der Mädchen anbahnen. Der HBF hatte zwar versucht, „neutrale Wahlaufklärung“ zu leisten und verzichtete daher auf direkte Parteiempfehlungen.1183 Jeder Frau sollte es selbst überlassen werden, welcher „der großen Gruppen sie sich zuwenden will.“1184 Trotzdem wurde daran erinnert, dass Frauen ihre eigene soziale Klasse unterstützen sollten, um deren Interessen nicht zu schwächen: „Die Frau der bürgerlichen Kreise gräbt, wenn sie politisch tot bleibt, dem Bürgertum sein Grab.“1185 Bei den entscheidenden ersten Wahlen im Januar und Februar 1919 hatte sich der HBF als Verband parteipolitische Neutralität auferlegt, das schloss auch Empfehlungen, die auf eine gezielte Wahl von weiblichen Kandidaten verweisen würden, ein. Dabei hatten sich zwei führende Frauen aus dem HBF, Dr. Rosa Kempf und Luise Kiesselbach, als Kandidatinnen für die DDP aufstellen lassen. Eine weitere Kandidatin, Käthe Günther, gehörte dem Bayerischen Lehrerinnenverein an, der Mitglied beim HBF war.1186 Eine öffentliche Wahlunterstützung für die eigenen Verbandsfrauen unterblieb jedoch in dem Verbandsorgan. Dabei gehörte bei diesen ersten Wahlen Mut dazu, sich als Kandidatin der bürgerlichen DVP/DDP dem Wahlkampf zu stellen. Gerade die bürgerliche Partei war Hauptzielscheibe des roten Terrors, die radikalen Linken wie auch die Anarchisten sabotierten die Parlamentswahlen, missachteten Versammlungs- und Redefreiheit und sprengten Versammlungen bürgerlicher Organisationen. Dr. Rosa Kempf, die Vorzeigekandidatin der DDP, war 187

persönlich anwesend gewesen bei vier Versammlungen, die gesprengt wurden.1187 Doch trotz aller Vorkommnisse im Wahlkampf sah sie es als notwendig an, „politisch tätig zu sein vom Standpunkt des Pflichtbewußtseins aus“ und „zur Erhaltung des Vaterlandes,“ wie sie auf einer dieser Wahlversammlungen sagte:1188 „Ich für meine Person würde lieber erschossen werden bei einem Tumult mit Handgranaten oder irgendeiner Waffe, womit man eine Versammlung sprengt, als daß ich künftig das Chaos in Bayern miterlebe.“1189 Im Gegensatz zum HBF, der in seiner Wahlagitation Fraueninteressen hintan gestellt hatte, hatte Dr. Rosa Kempf auf einer Wahlversammlung der DDP die wichtigsten Forderungen der Frauen zusammengestellt, weil sie sich bewusst war, dass gerade „jetzt im Wahlkampf weniger davon geredet wird.“1190 Alle diese Forderungen „werden erst später, in einem halben Jahr, zur Geltung kommen,“ so ihre optimistische Aussage.1191 Doch zunächst erschien es ihr wichtig, die Frauen als Wählerinnen anzusprechen und gab dabei auch ihren männlichen Mitkandidaten und Wahlhelfern den Rat, mit aller Kraft die weiblichen Wähler zu umwerben und ihnen „ein Gefühl des Geborgenseins innerhalb der neuen Partei“ zu vermitteln.1192

Auch bei den Frauen aus dem radikal-bürgerlichen Kreis um Lida G. Heymann und Anita Augspurg setzte schon kurz nach der Revolution eine rege Wahlwerbearbeit ein, bei der die Frauen politisch mobilisiert werden sollten. Eine rastlose Zeit politischer Aktivitäten wurde eingeleitet, Frauenversammlungen, Aufrufe, Plakate sollten das politische Bewusstsein der Frauen schärfen. So entfalteten der bayerische „Verein für Frauenstimmrecht“ und der „Frauenausschuß für dauernden Frieden“ in den kommenden Wintermonaten mannigfaltige Tätigkeiten. In der Türkenstraße in München wurde ein Laden gemietet, der „durch schicke Aufmachung die Augen aller Vorübergehenden auf sich lenkte.“1193 Hier wurde Auskunft über alle Frauenfragen erteilt, entsprechende Literatur verbreitet, Flugblätter ausgehängt und zu Hunderttausenden ins Land geschickt.1194 In diesem Frauenzentrum sollten frauenpolitische Aktivitäten über parteipolitische und ideologische Grenzen hinweg koordiniert werden. Man bemühte sich deshalb auch, die rechtsgerichteten bürgerlichen und katholischen Frauen in diese Aktionen mit einzubeziehen. Doch der Versuch einer Zusammenarbeit mit dem bürgerlichen „Verein für Fraueninteressen“ und dem Katholischen Frauenbund schlug fehl,1195 dagegen kam es zu einer gemeinsamen Wahlwerbeveranstaltung mit den Sozialistinnen. Am 19. November 1918 fand im Wagnersaal in München die erste große Frauenversammlung statt, einberufen vom Bayerischen Verein für Frauenstimmrecht, vom Deutschen Frauenaus188

schuß für dauernden Frieden, vom Gewerkschaftsverein München und von der Frauenagitationskommission des Sozialdemokratischen Verbandes.“1196 Als prominente Rednerinnen traten L. G. Heymann und Hedwig Kämpfer (USP) auf. Heymann forderte, „dass auf die Wahllisten aller Parteien zur konstituierenden Nationalversammlung Frauen in genügender Zahl und an ausschlaggebende Stelle gesetzt werden.“1197 Die beiden Radikalfeministinnen zeigten sich sehr zufrieden mit dem regen Zulauf bei diesen Versammlungen. Das Wahlrecht schien die Frauen „aus ihrer Gleichgültigkeit dem politischen Leben gegenüber aufgerüttelt“ zu haben, kein Saal schien groß genug, um „die Massen der Frauen zu fassen, die sich politisch unterrichten wollen.“1198 Die radikal-bürgerlichen Frauen verstanden ihre Wahlagitation eher als politischen Weckruf, denn als staatsbürgerliche Erziehung. Doch anders als der HBF leisteten die radikalbürgerlichen Frauenorganisationen gezielt Wahlkampfhilfe für ihre Kandidatin Dr. Anita Augspurg.1199 Augspurg hatte sich in ihrem Wahlkampf auf die bayerische Hauptstadt konzentriert und veranstaltete hier ihre Wahlversammlungen. Über diese Wahlversammlungen liegen Plakate vor, auf denen ihre Veranstaltungen angekündigt wurden, so z. B. für eine Wahlversammlung Dr. Anita Augspurgs am 11.1.1919 im Mathildensaal.1200 In diesem Plakat hob sie ihre bisherige Rolle beim Kampf um die politische Gleichberechtigung der Frau und ihr pazifistisches Engagement hervor und ermahnte alle Frauen, zu dem Vortrag am Vorabend der Wahl zu kommen, damit sie „wohlvorbereitet zur Wahlurne gehen“ könnten.1201 Bei diesem Aufruf fällt auf, dass Dr. Anita Augspurg die Partei, für die sie angetreten war, mit keinem Wort erwähnt. Ihr Name sollte den Frauen Programm genug sein. Trotzdem trat sie wohl auch zusammen mit Eisner auf den Wahlversammlungen auf und dürfte damit zu den prominentesten Rednern bzw. Rednerinnen der bayerischen USP gehört haben.1202 In der Presse wurden die Versammlungen von Augspurg sehr unterschiedlich bewertet. Die Parteizeitung der bayerischen USP, die „Neue Zeitung,“ lieferte zwar keine ausführlichen Berichte über die Wahlversammlungen von Dr. Anita Augspurg, es erfolgten aber immerhin Hinweise auf bestimmte Veranstaltungen.1203 Die Neue Zeitung war allerdings ein „bescheidenes Blättchen“, dessen Informationsgehalt, Auflage und Nachrichtengebung „anfangs recht mäßig“ waren.1204 Dagegen setzten die Tageszeitung „Münchner Neueste Nachrichten“1205 einiges daran, den Einzug Augspurgs in den Landtag zu verhindern. In einem Artikel vom 11.1.1919, also einen Tag vor den Wahlen, wurde die weibliche Leserschaft ausdrücklich davor gewarnt, Augspurg zu wählen.1206 Das liberale Blatt ergriff Partei für die in Bayern linksliberale Deutsche Volks189

partei und plädierte für eine Wahl von Rosa Kempf. Bis zum Ausbruch der Revolution war Augspurg dem linksliberalen Lager nahe gestanden und so wurde befürchtet, Augspurg könnte für eine Kandidatin der bayerischen Deutschen Volkspartei gehalten werden. Deshalb rückte man sie in das Lager der Sozialisten, Augspurgs Beteuerungen, sie sei parteilos, wurden als Haarspaltereien abgetan. Der Artikel, der unter der Überschrift „Aufklärung“ veröffentlicht wurde, unterstellte Augspurg sogar Kinder für ihren Wahlkampf zu missbrauchen, da sie eine Kinderdemonstration plane. Tatsächlich war aber wohl eine Frauendemonstration für die Kandidatin Augspurg erwogen worden, auf der die Demonstrantinnen ihre Kinder hätten mitnehmen können.1207 Dieser Artikel zeigte, wie tendenziös die Münchner Neuesten Nachrichten über die Aktivitäten von Augspurg berichteten. Auch der Wahlkampf auf dem Land war nicht frei von Hemmnissen und Hindernissen, musste er doch gegen die „geschlossene Phalanx“ der Geistlichkeit und der Lehrerschaft geführt werden.1208 L. G. Heymann und Gertrud Baer hatten Wahlkampf für Anita Augspurg gemacht und sich in die „schwärzesten“ Dörfer des „schwärzesten“ oberbayerischen Bezirks gewagt.1209 Mit Rucksäcken beladen, die das erforderliche Propagandamaterial enthielten, durchwanderten die Frauen Dörfer wie Ober- und Unterammergau, Kohlgrub, Pensberg, Weilheim oder Garmisch Partenkirchen und luden zu Männer- wie auch Frauenversammlungen ein.1210 Mit ihrer männerfeindlichen Perspektive zeichnete Heymann ein sehr unterschiedliches Bild. Auf den Männerversammlungen „herrschte Tabaksqualm, Bierdunst, Lärm, Pfeifen und Schreien; den durch den Krieg verrohten Männern gebrach es an Selbstbeherrschung, Anstand und dem erforderlichen Denkvermögen.“1211 Die Frauenversammlungen verliefen wohl anders. L. G. Heymann berichtete in ihren Memoiren von interessierten Frauen, die sachliche Fragen über Ehe- und Erziehungsrecht der Frau sowie ihre ökonomische Stellung im neuen Staat stellten. Bei einigen Frauen war das Interesse so groß, dass sie sich den Rednerinnen anschlossen, die Flugblätter verteilten und mit der Klingel von Haus zu Haus gingen, um die Frauen zur Versammlung zu holen.1212 Dies alles erregte die Aufmerksamkeit der katholischen Geistlichkeit, die diesen Einfluss von außen nicht dulden wollte und konnte. So erschienen auch katholische Geistliche in den Frauenversammlungen, zogen ebenfalls von Dorf zu Dorf, beteiligten sich an der Diskussion und sprachen sich gegen die Kandidatur einer Anita Augspurg aus.1213 Bei diesen Versammlungen rückten die Wahlhelferinnen nicht das USP-Parteiprogramm in den Vordergrund, sondern machten Werbung für die Person Anita Augspurg: „Wählt eine Frau, wählt unsere Kandidatin, so wählt Ihr den Fortschritt: sie wird unsere Frauenforderungen am radikalsten vertreten, sie wird Gewissens- und Religionszwang in Schule und Staat 190

beseitigen.“1214 Auch wenn Gertrud Baer von einem Erfolg dieser Wahltour sprach, da sie überall gute Freunde gefunden hätten und auf Begeisterung gestoßen seien,1215 war dieser Wahleinsatz vergeblich gewesen, Dr. Anita Augspurg errang kein Mandat im Bayerischen Landtag.

Auch der „Bund sozialistischer Frauen“ widmete sich der politischen Schulung von Frauen und veranstaltete Vortragsabende, auf denen die Stellung der Frau im Staat diskutiert wurde. Die Versammlungen, die vom Bund sozialistischer Frauen abgehalten wurden, fanden in großen Sälen statt, wie z. B. in den Räumen des Deutschen Theaters,1216 die Zuhörerinnen waren zumeist Arbeiterinnen. Elma Klingelhöfer (USP) hielt Vorträge in der „Gemeinschaft sozialistischer Arbeiterinnen,1217 Thekla Egl (USP) sprach auf einer Wahlversammlung der SPD in Giesing und wagte sich sogar in eine Versammlung der Bayerischen Volkspartei in Freising. Jedes Mal sprach sie dabei „im Sinne des Sozialismus über das Frauenwahlrecht.“1218 Hedwig Kämpfer war – wie schon berichtet – zusammen mit L.G. Heymann auf einer großen Frauenveranstaltung im Wagnersaal am 19. November 1919 aufgetreten. In ihrer Rede mahnte sie eine umfassende frauenrechtliche Schulung für Proletarierinnen an, die in besonderem Maße von den sozialistischen Parteien und Gewerkschaften zu leisten sei.1219 Bei diesen Veranstaltungen sollten die Frauen aus ihrer bisherigen politischen Teilnahmslosigkeit aufgerüttelt werden. Sie dürften nicht mehr versinken in Kleinbürgerlichkeit und in den Sorgen des täglichen Lebens, müssten sich nun mit der Politik beschäftigen und die Zusammenhänge des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Geschehen erfassen lernen, so eine Forderung von Elma Klingelhöfer auf einer dieser Veranstaltungen.1220 Im Rahmen dieser Versammlungen wurden Referate gehalten mit anschließenden Diskussionen, politische Lektüre wurde verteilt. Frauen seien nun gefordert, sich zunächst politisches Wissen anzueignen: „Wir Frauen müssen uns Zeit nehmen für den Versammlungsbesuch, für das Lesen politischer Literatur.“1221 Jede Frau sollte auf der Grundlage ihres neuen politischen Wissens in die Lage gebracht werden, sich eine eigene politische Meinung zu bilden. Doch es gehe nicht nur um politisches Wissen als Basis für eine politische Einstellung, die politische Schulung sollte ihre Bewährung finden bei den anstehenden Wahlen. Eindringlich wurde auf die Bedeutung der kommenden Wahlen verwiesen, das Wahlrecht wurde als Wahlpflicht definiert.1222 Die Frauen wurden über die Wichtigkeit ihrer Stimmabgabe informiert und erhielten Ratschläge zur Wahl: 191

„Lassen Sie ihre Stimme nicht einfangen, hören sie auf die Stimme ihrer innersten Natur, wenn sie wählen, prüfen sie Ihre Verantwortung, ihre Selbständigkeit, ihre Weiblichkeit. [...] Es ist keine Kunst, einen klingenden Namen oder einen Titel zu wählen. Auf die Persönlichkeit kommt es an! Die ganze geistige und sittliche Art der Frauen weist ihnen ihren Platz an innerhalb der politischen Parteien. Sie müssen die Ziele dieser Parteien ins Auge fassen und ihre politische Stellungnahme zu uns Frauen verfolgen in allen wichtigen Fragen.“1223 Diese Position zeigte die große Affinität zwischen den sozialdemokratischen Frauen aus dem Bund sozialistischer Frauen und dem Gedankengut von L. G. Heymann und Dr. Anita Augspurg, die ebenfalls empfohlen hatten, das Vertrauen eher Personen als Parteien zu schenken. Doch der Bund sozialistischer Frauen sprach keine direkte persönliche Wahlempfehlung aus, obwohl einige Mitglieder als Kandidatinnen antraten. Dr. Anita Augspurg und Hedwig Kämpfer kandidierten bei den Bayerischen Landtagswahlen für die USP, Antonie Pfülf für die SPD und L. G. Heymann für die USPD bei den Wahlen zur deutschen Nationalversammlung. Frauen aus dem „Bund sozialistischer Frauen“ warben zwar für die Idee des Sozialismus und ihre Veranstaltungen sollten dem Zweck dienen, möglichst viele Frauen als Wählerinnen für die sozialdemokratischen Parteien zu gewinnen, damit eine parlamentarische Mehrheit entstehe zur Verwirklichung einer sozialistischen Gesellschaft. Trotzdem war das Ziel eher eine politische Aufklärung der Frauen und die Weckung eines staatsbürgerlichen Bewusstseins für ihre neuen Rechte und Pflichten. Eine gezielte Wahlpropaganda für eine der beiden sozialistischen Parteien unterblieb wohl. Die Wählerinnen sollten zwar mit dem Stimmzettel ein Bekenntnis für den Sozialismus abgeben, doch eine gezielte Wahlempfehlung für die SPD oder die USP ließ sich nicht nachweisen. Diese Strategie entsprach durchaus ihrem Programm. Die Frauen des Bundes gehörten den verschiedenen sozialistischen Parteien an, aber sie fühlten sich als Einheit und verfolgten das gemeinsame Ziel, dem Sozialismus zu dienen und den Kapitalismus zu bekämpfen.1224

Die katholischen Arbeiterinnenvereine hatten sich am 28. November 1918 in ihrer Verbandszeitschrift „Die Arbeiterin“ öffentlich zu „politischen Vereinen“ erklärt.1225 Um dieser Neuorientierung gerecht zu werden, sollte ein „enger Anschluß an die politische Partei, die den Interessen unserer Standesvereine, wie auch den Interessen unserer heiligen Kirche gerecht wird“ erfolgen.1226 Ziel war es, „die heiligsten Güter“ zu verteidigen und dies gelinge nur innerhalb eines festen Parteigefüges. Sozialpolitisches Interesse und sozialpolitische Schulung reiche deshalb nicht, es gelte nun, sich geschlossen hinter die Bayerische Volkspartei (BVP) 192

zu stellen.1227 In dem Verbandsorgan wurde eingehend über die Neugründung der BVP berichtet und deren Programm besprochen.1228 Neben den männlichen Verbandsorganisationen der Arbeitervereine sollten auch die Arbeiterinnenvereine, Handlungsgehilfinnenvereine, Dienstmädchenvereine zu den „Trägern der Partei“ werden.1229 Bis zum 1. Januar 1919 hatten sich 36 Arbeiterinnenvereine (von 240) der BVP angeschlossen,1230 die Mitglieder dieser angeschlossenen Vereine leisteten dann auch einen obligatorischen Wochenbeitrag von 5 Pfennig für die BVP.1231 Bereits ab Dezember 1918 setzte eine politische Aufklärungsarbeit für die Frauen ein, in den „Politischen Briefen der Liesl an ihre Freundin Kathl“1232 wurden die Frauen informiert über ihre „neuen“ politischen Rechte und Pflichten als Staatsbürgerin. Sie wurden aufgeklärt über die Bedeutung des Frauenwahlrechts, die Anfrage einer Leserin über die Nationalversammlung war der Anlass für eine kleine Einführung in Staatskunde.1233 Der Gang zu den Wahlurnen wurde zur heiligen Pflicht erhoben, unmissverständlich wurden den katholischen Frauen klar gemacht, dass jedoch nur die BVP zu wählen sei: „Ihr dürft jetzt wählen, und ihr müßt auch wählen. Es ist eure Pflicht, ...solche Menschen zu wählen, die treu zur Kirche stehen.“1234 Die politischen Informationen waren stark durchsetzt mit Polemik. In den „Politischen Briefen“ wurde Front gemacht gegen das Unrecht des Umsturzes, gegen die sozialistische Regierung, die „eine ungesetzliche Autokratie (Selbstherrschaft) und Tyrannei“ errichtet hätten, gegen die „unrechtmäßigen Handlungen und Gewalttaten“ der Sozialdemokraten.1235 Die Frauen sollten sich „in keiner Weise betören lassen von den roten Wahlbrüdern, die sich aufspielen als die einzigen Retter des deutschen Frauentums.“1236 Die Sozialdemokratie würde nur theoretisch die Gleichberechtigung der Frau anerkennen, zum Beweis dafür wurden Zitate bekannter Sozialdemokratinnen wiedergegeben, die ihre eigenen Parteigenossen kritisierten.1237 Das Verbandsorgan hatte sich auf diese Weise in ein parteipolitisches Organ für die BVP verwandelt, die organisierten Frauen sollten zu wichtigen Wahlhelfern der Partei werden und eifrig Wahlarbeit leisten.1238 Die katholischen Arbeiterinnen wurden aufgerufen „zu jeder Stunde, bei jeder Gelegenheit, bei allen Leuten mit einer Stetigkeit und Beharrlichkeit wie sie nur Frauen eigen ist,“ für die BVP zu werben.1239 Die politische Wahlarbeit sollte „in der Familie, auf den Arbeitsplätzen und in der Straßenbahn, in Stadt und Land“ erfolgen.1240 Persönliche Gespräche sollte unterstützt werden durch Flugblätter, die dem Verbandsorgan „Die Arbeiterin“ kostenlos beigepackt wurden. Durch Mundpropaganda sowie die Verteilung der Flugblätter sollten alle erreicht werden, „im letzten Dachstübchen der Großstadt und im ent193

legensten Hof auf dem Lande.“1241 Doch mit der Wahlagitation für die BVP wurde gleichzeitig auch der eigene Verband gestärkt, indem neue Mitglieder angeworben wurden.1242 Auch der Katholische Frauenbund bemühte sich nach dem Erhalt des Frauenstimmrechts sofort um eine verstärkte staatsbürgerliche Schulungs- und Bildungsarbeit. Das Organ des Bayerischen Landesverbandes des Katholischen Frauenbundes „Bayerisches Frauenland“ setzte Frauen in Kenntnis gesetzt über die einfachsten Wahlbegriffe, die Wahlordnung in ihren Grundzügen vorgestellt: Die Wahlgrundsätze wurden erklärt, der Unterschied zwischen aktivem und passivem Wahlrecht dargelegt, Wahltermin wie auch der genaue Ablauf in den Wahllokalen beschrieben. Das Wahlrecht wurde zur Wahlpflicht deklariert, „nichts, gar nichts, keine menschlichen Rücksichten, nicht Wind und Wetter und weiter Weg darf uns davon abhalten,“ da jede einzelne Stimme unersetzlich sei.1243 Die Kandidatinnen der Bayerischen Volkspartei wurden vorgestellt und man wünschte ihnen viel Erfolg. Doch eine Wahlempfehlung galt nur der BVP, nicht den einzelnen Kandidatinnen.1244 Das „Bayerische Frauenland“ vermittelte weitgehend sachliche Informationen, enthielt sich jeder parteipolitischen Polemik und verzichtete auf die aggressive Wahlagitation der katholischen ArbeiterinnenVereine. Zwischen November 1918 und Januar 1919 fanden zahlreiche politische Veranstaltungen für Frauen statt. Therese Ullrich1245 war eine der eifrigsten Rednerinnen und hielt in vier Wochen nicht weniger als 35 Vorträge und gründete dabei neun Zweigvereine.1246 Zusammen mit anderen Referentinnen entstanden in dieser Zeit reger Vortragstätigkeit von Anfang Dezember 1918 bis zum Wahltag Mitte Januar 1919 72 neue Zweigstellen des Katholischen Frauenbundes in Bayern und der Pfalz mit etwa 10 000 neuen Mitgliedern.1247 Wie auch bei dem Verband süddeutscher katholischer Arbeiterinnen-Vereine stand die staatsbürgerliche Schulungsarbeit in direktem Zusammenhang mit Vereinsinteressen. Obwohl eine starke christliche Gesinnung in Bayern vorausgesetzt werden kann, zeigte sich, dass der Wahlkampf für die BVP für manche Kandidatinnen nicht unproblematisch war. Der Wahlkampf konnte sich schnell zu einem politischen Zwischenfall ausweiten, vor allem wenn ein starker Soldatenrat wie in Würzburg sich in die wahlpolitischen Vorgänge einmischte. Im Regierungsbezirk Unterfranken hatte Marie Freiherrin von Gebsattel aus Würzburg für die BVP kandidiert und den Stimmkreis Würzburg II erhalten.1248 Auf einer Wahlversammlung für Frauen hatte sie am 8.1.1919 im Huttenschen Garten in Würzburg die revolutionären Vorgänge kritisiert.1249 Sie zitierte dabei eine junge Arbeiterfrau aus dem Stadtteil Grombühl, die ihr vor einiger Zeit auf ihre Frage, was sie von der Revolution halte, geantwortet hatte: „Wenn 194

man nach Würzburg runter kommt, könnt’ man meinen es sei Fastnacht – all’ die Rotzbuben, die da rumlaufen.“ Diese auf der Versammlung wiederholte Aussage gab der Würzburger Generalanzeiger in seiner Berichterstattung wieder.1250 Dagegen hatte der Soldatenrat Residenz behauptet, Marie v. Gebsattel selbst hätte die jungen Revolutionäre als „Rotzbuben“ bezeichnet, es wurde verbreitet, dass sie als Rednerin auch in Eibelsstadt die dortigen Soldaten, die mit dem Gewehr herumliefen, als „Lausbuben“ benannte. In einem Schreiben des Soldatenrats Residenz wurde dieser Sachverhalt der SPD mitgeteilt. Bereits am nächsten Tag wurde vor einer Wahlversammlung dieser Brief verlesen, um die „hochgeborene Persönlichkeit, diese feudale Dame“ der allgemeinen Empörung preiszugeben.1251 Am 10.1.1919 demonstrierten dann mehrere hundert junge Soldaten vor dem Anwesen des Generals Exzellenz v. Gebsattel und verlangten die Herausgabe der „Verbrecherin.“1252 An ihrer Stelle, sie selbst sprach zur gleichen Stunde in einer Wahlversammlung, legte der Vater den wahren Sachverhalt dar und verwies auf eine Richtigstellung in der Presse. Schließlich nahm sich sogar der Bürgermeister dieses Falls an und versuchte vermittelnd einzugreifen. Am 14.1.1919, zwei Tage nach der Wahl, teilte er in der Magistratsratssitzung dann mit, dass ihm eine Verständigung gelungen sei und er nun hoffe „daß wegen der angegriffenen Äußerungen die Ordnung in unserer Stadt nicht mehr gestört wird.“1253 In diesem Skandal um die Äußerungen von Marie v. Gebsattel fielen zwei Wahlredner auf, die zur Mäßigung rieten und dazu aufforderten, die politische Gegnerin nicht persönlich zu attackieren. Fritz Endres (SPD) hatte am 9.1.1919 auf einer Wahlversammlung die Versammlungsteilnehmer gebeten, „sich gegen Fräulein v. Gebsattel nicht zu Handlungen hinreißen zu lassen, mit denen Männer sonst nicht einverstanden sind.“1254 Paul Förster (SPD) hatte versucht, die Soldaten zu besänftigen, sie möchten nicht die braven Eltern für das „gesprächige Fräulein“ büßen lassen.1255 Doch hinter diesen mäßigenden Formulierungen lässt sich durchaus auch chauvinistische Herablassung erkennen gegenüber weiblichen Wahlgegnerinnen. Bei der Wahl hatten diese Vorgänge der Kandidatin nicht geschadet, sie erhielt als Nachrückerin ein Mandat für den Bayerischen Landtag. * * * Alle Frauenverbände hatten eine systematische und groß angelegte Kampagne zur Vorbereitung der Wählerinnen auf die anstehenden Wahlen durchgeführt. In einer gemeinsamen Kraftanstrengung hatten es sich die Frauenorganisationen zur Aufgabe gemacht, die Masse der Frauen in einem Art politischen Schnellkursus für die Wahlen zu mobilisieren. In einer seltenen Einmütigkeit gingen fast alle Verbände von einer politischen Unreife der Frauen aus, 195

die in den Augen der organisierten Frauen ein Eingreifen dringend notwendig machte. Bei diesen Wahlvorbereitungen ist eine Professionalität der Frauenorganisationen nicht zu übersehen. Auf Versammlungen, in Kursen, mit Hilfe von Wahlbroschüren leisteten geschulte Rednerinnen der jeweiligen Frauenorganisation vorrangig staatsbürgerliche Aufklärungsarbeit. Ziel und auch die eingesetzten Methoden glichen sich durchaus. Darüber hinaus zeigte sich eine weitere Gemeinsamkeit: In der Wahlagitation ließ sich eine auffällige Zurückhaltung in Bezug auf Fraueninteressen feststellen. Das Geschlecht war kein bestimmendes Argument im Wahlkampf der organisierten Frauen. Dies schloss ein, dass keine Wahlempfehlungen für die Kandidatinnen aus den eigenen Reihen gegeben wurden, aber auch nicht ganz allgemein um eine gezielte Unterstützung für weibliche Kandidatinnen gebeten wurde. Rückblickend auf die geleistete Arbeit zeigten sich die Frauenorganisationen nach den Wahlen durchwegs zufrieden. L. G. Heymann sah die Frauen zu politischem Leben erwacht und ließ in ihren Augen ihre bisherige Behauptung zur Tatsache werden: „Es bewahrheitet sich jetzt, was wir, die wir seit Jahren für das Frauenstimmrecht kämpfen, von jeher behauptet haben, nämlich: Gebt den Frauen die politischen Rechte und Verantwortungsgefühl und Interesse für das politische Leben wird erwachen!“1256 Auch der HBF beurteilte das Ergebnis seiner Wahlanstrengungen positiv: „Der Drang nach politischem Wissen war erfreulich [...] man hörte, las, diskutierte – lebte Politik.“1257 Trotzdem mischten sich kritische Töne in diese Zufriedenheit: „Stoff, eine Unmenge Stoff, haben wir aufgesammelt. Aber ungesichert, kunterbunt gestapelt, liegt er in unserem Hirn, den Blick viel mehr beengend als befreiend.“1258 Politische Kenntnisse seien genügend vermittelt worden, so das Credo von Anna Neumeyer, die Sorge müsste nun einer echten politischen Bildung gelten. Nicht verödendes Scheinwissen dürften die Frauenorganisationen künftig mehr vermitteln, das „belastende Vielerlei“ müsse sich verwandeln in einen Aufbau einer „politischen Urteilskraft“ der Frau.1259 Die Aufgabe, die katholische Frauenwelt in das politische Leben einzuführen, führte zu weitreichenden Veränderungen innerhalb der katholischen Frauenorganisationen. Der Verband süddeutscher katholischer Arbeiterinnenvereine hatte sich zu einem politischen Verein erklärt, fortan sollten nicht mehr Vergnügen und Geselligkeit im Vordergrund der Vereinsarbeit stehen, sondern die politische Bildung. Ziel war es „ein bisher nicht übliches, reges, politisches Leben“ in den Verband zu bringen und durch politische Stellungnahmen und Themen die Frauen in den Versammlungen schulen.1260 Das Motto der Zukunft hieß nun: „Herunter mit der politischen Schlafmütze vom deutschen Frauenkopf und hineingeschlüpft in das Morgenkleid einer neuen Zeit!“1261 196

Auch im Katholischen Frauenbund wurde künftig eine fortlaufende Schulung für die christliche Frau für notwendig erachtet, sei es in Fragen der Staatsauffassung, der Außenpolitik, in der Wirtschafts- und Finanzpolitik wie der Kulturpolitik.1262 Die Erziehung zur politischen Mündigkeit der Frau wurde auch nach den Wahlen fortgesetzt, die Frauen des Katholischen Frauenbundes weiterhin über die Vorgänge in der Welt der Politik informiert. So wurden die Frauen in Kenntnis gesetzt über den Aufbau des neuen Deutschen Reiches, über das föderative System, über die Verfassung, die Kursinhalte streiften aber auch die Wirtschafts- oder Steuerpolitik.1263 Die „politische Bürde“ sollte sich bei diesen Kursen verwandeln in eine „politische Würde“ der Frau, getragen von „Geist und Kraft einer wahrhaft christlichkatholischen Weltanschauung.“1264 Die ideal-christliche Gesinnung“ wäre schließlich das einzige „Heilmittel bei den großen inneren und äußeren Nöten unserer Zeit“, das dem Volk die Zukunft retten könne.1265 Die politische Schulungsarbeit der Frauenorganisationen hatte also nicht nur die Masse der Frauen verändert und politisiert, sondern auch die Frauenverbände. Das gemeinsame Ziel einer politischen Mobilisierung der Frauen für die anstehenden Wahlen hatte aber keinesfalls eine neue Frauensolidarität hervorgebracht, die Wahlvorbereitungen hatten vorhandene Spannungen nicht beseitigt, sondern verstärkt. Die Frauenorganisationen gaben mit ihrer staatsbürgerlichen Bildungsarbeit ihre jeweiligen frauenpolitischen Schonräume auf und betraten das Minenfeld der parteipolitisch geprägten Wahlpolitik. Es prallten nun nicht nur verschiedene Frauenkonzepte aufeinander, die Frauen standen sich nun auch unübersehbar in unterschiedlichen parteipolitischen Lagern gegenüber. Trotz mancher Übereinstimmungen hinsichtlich des Ziels und der eingesetzten Methoden bedienten sich die organisierten Frauen verschiedener, ja sogar abweichender politischer Sprachen, die politischen Präferenzen der jeweiligen Frauenorganisationen waren unmissverständlich erkennbar. Die konzeptionellen Differenzen, die die verschiedenen Frauenorganisationen voneinander trennten, setzten sich fast linear in den verwendeten Sprach- und Denkmustern der Wahlvorbereitungen fort. Die Radikalfeministinnen hatten einen massiven Wandel bisheriger Männerpolitik angestrebt. Dieses Ziel glaubten sie am ehesten mit Hilfe der USP zu erreichen. Trotzdem standen nicht die parteipolitischen Programme oder Ziele der USP im Vordergrund, sie hatten einen personenbezogenen Wahlkampf geführt. Ihre Wahlkampfbotschaft war auf die bisherigen pazifistischen und frauenpolitischen Leistungen ihrer Hauptkandidatin ausgerichtet, diese Argumente umgingen jedoch die Komplexität der aktuellen politischen Sach- und Strukturfragen der Revolutionszeit. 197

Bei den katholischen Frauenorganisationen war zur Verteidigung ihres christlichen Weltbildes ein enger Anschluss an die BVP erfolgt. Ihre Schulungsarbeit war im Grunde deshalb ein parteipolitischer Wahlkampf, bei dem sich themen- und parteibezogene Botschaften vermischten. Es erfolgte deshalb eine ideologische Positionierung, die in ihrer Wahlkampagne die politischen Alternativen verkürzte auf die Schlagworte Kirche versus religionsfeindlichen Sozialismus. Die bürgerliche Frauenorganisation des HBF verharrte weitgehend auf einer parteipolitisch neutralen Position und verzichtete auf eine gezielte Beeinflussung ihrer Mitglieder, obwohl sie deutlich im parteipolitischen Lager der DVP stand.

5.1.1.2 Das Wahlverhalten der Frauen Über die Ausübung des aktiven Wahlrechtes konnten Frauen bei den Wahlen zu dem bayerischen Landtag und der deutschen Nationalversammlung erstmalig Einfluss nehmen auf die politische Machtverteilung innerhalb eines politischen Systems. Die ersten Wahlen mit weiblicher Teilnahme in Bayern waren die Wahl für den bayerischen Landtag am 12. Januar 1919 (in der Pfalz erst am 2. Februar 1919) und die Wahl der deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919.1266 Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich damit, in welchem Ausmaß die Frauen durch ihre Wahlbeteiligung ihr aktives Wahlrecht nutzten und welche politische Wahlentscheidung sie getroffen hatten. Die Wahlbeteiligung der Frauen Durch die Wahlproklamation vom 5. Dezember 1918 war der Kreis der Wahlberechtigten für den bayerischen Landtag gegenüber dem bisherigen Landtagswahlrecht in „radikalster Weise“ erweitert worden: Das neue Wahlrecht hatte erstmalig Frauen zur Wahl zugelassen und das Wahlalter von 25 Jahren auf 20 Jahre gesenkt. Auch die bisherige Regelung der Entrichtung einer direkten Steuer seit mindestens einem Jahr wurde fallengelassen.1267 Damit hatte sich die Gesamtzahl der Wahlberechtigten, die in den Wählerlisten eingetragen waren, auf 3 977 614 Personen erhöht.1268 Bei den Bayerischen Landtagswahlen 1919 wie auch bei den Wahlen zur deutschen Nationalversammlung in Bayern wurden sowohl die männlichen und weiblichen Wahlberechtigten und Wähler getrennt erfasst, so dass ein genaues geschlechterbezogenes Zahlenmaterial zur Erfassung der männlichen und weiblichen Wahlberechtigten und Wähler vorliegt. Demzufolge waren von diesen wahlberechtigten Personen 1 839 385 Männer (46,2 % der Wahlberechtigten), die Gesamtzahl der wahlberechtig198

ten Frauen lag bei 2 138 229, damit waren 53,8 % der Gesamtwählerschaft Frauen.1269 Allein dieses demographische Übergewicht sagt zunächst nicht viel aus, entscheidend ist, in welchem Umfang die Frauen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten. Bei den Wahlen zum Bayerischen Landtag ergab sich eine erstaunlich hohe Wahlbeteiligung der Frauen von 85,7 %, die damit nur unwesentlich unter der männlichen Wahlbeteiligung mit 86,9 % lag.1270 Die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern stießen sowohl bei Männern wie auch bei den Frauen auf ein geringeres Interesse, die Wahlbeteiligung lag mit 82,5 % insgesamt niedriger als bei den Landtagswahlen mit 86,3 %.1271 Da erst eine Woche vorher die Wahlen zu dem bayerischen Landtag stattgefunden hatten, mag sich hier bereits eine gewisse Wahlmüdigkeit eingestellt haben. In Gesamtbayern hatten sich 83,7 % der Männer und 81,4 % der Frauen an den Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung beteiligt,1272 die Differenz zwischen männlicher und weiblicher Wahlbeteiligung fiel damit größer aus (2,3 %) als bei den bayerischen Landtagswahlen (1,2 %). Das politische Interesse und die davon abhängige Wahlfreudigkeit wird generell von zahlreichen Faktoren beeinflusst, deren Auswirkungen auf männliche und weibliche Wahlberechtigte keinesfalls gleichartig und gleich stark zu sein brauchen.1273 Die Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Wahlverhalten zeigten sich zunächst bei den unterschiedlichen Wertigkeiten, die Männer und Frauen ihrer unmittelbaren politischen und gesellschaftlichen Umwelt zeigten. Die Frauen hatten die bayerischen Landtagswahlen wohl als wichtiger empfunden und über ihre höhere Wahlbeteiligung ein größeres Maß an politischer Verantwortung gegenüber bayerischen Lebensverhältnissen gezeigt. Es schien so zu sein, dass Frauen ein etwas geringeres Interesse den großen, reichsweiten politischen Zusammenhängen entgegenbrachten. Nicht nur zwischen den bayerischen Landtagswahlen und den Wahlen zu der deutschen Nationalversammlung ergaben sich Differenzen hinsichtlich der weiblichen Wahlbeteiligung. Vergleicht man die Höhe der durchschnittlichen weiblichen Wahlbeteiligung von 85,7 % für die bayerischen Landtagswahlen mit den Ergebnissen in den jeweiligen Regierungsbezirken, zeigten sich markante regionale Abweichungen. Mittelfranken wies die höchste weibliche Wahlbeteiligung mit 89,5 % aus, Niederbayern (79,1 %) und Pfalz ( 77,6 %) die niedrigste. Diese hohen regionalen Schwankungen bei der weiblichen Wahlbeteiligung finden keine Entsprechung beim männlichen Wahlverhalten, das nur geringe regionale Differenzen auf-

199

weist.1274 Diese höhere Abhängigkeit der Frauen von regionalen Bedingungen erfordert eine Suche nach Erklärungen. Das Wahlverhalten kann subjektiven Einflussfaktoren unterliegen wie Alter, Familienstand, Konfession, Wohnort, die Erwerbstätigenquote wie auch die Art der Erwerbstätigkeit. Das zur Verfügung stehende Material bei den bayerischen Landtagswahlen lässt jedoch detaillierte Analysen nicht zu. In den Listen der Wahlberechtigten und der Wähler wurde zwar das Geschlecht erfasst, aber keine personenbezogenen Informationen wie Familienstand, Konfession oder Beruf. Eine genaue Analyse, die mögliche Einflussgrößen der weiblichen Wahlbeteiligung erfassen könnte, ist damit problematisch. Die Korrelation zwischen der weiblichen Wahlbeteiligung zu anderen Einflussgrößen ist nur sehr allgemein auf indirektem Wege möglich über statistische Angaben zu dem jeweiligen Regierungsbezirk bzw. Stimmkreis. Auf diesem Umweg lassen sich jedoch keine Kausalzusammenhänge herstellen, da direkte Zuordnungen zu den einzelnen Wahlentscheidungen fehlen. Trotzdem soll versucht werden, Erklärungsansätze für die großen regionalen Unterschiede bei der weiblichen Wahlbeteiligung zu finden. Auffällig ist, dass die Regierungsbezirke mit einer hohen weiblichen Wahlbeteiligung wie Oberfranken (86,6 %), Mittelfranken (89,5%) und Schwaben (88,9%) Bezirke mit einer traditionell hohen Erwerbstätigkeitsquote der Frauen sind.1275 Damit liegt die Vermutung nahe, dass eine lange Erwerbstätigkeit einen Politisierungseffekt auslöst. So schien sich über eine berufliche Stellung der Frau eine stärkere politische Aufgeschlossenheit und Interessiertheit an politischen Fragen zu ergeben, die ihren Ausdruck fand in einer höheren Wahlbeteiligung. Berücksichtigt man nun neben dem Grad der Erwerbstätigkeit die Art weiblicher Erwerbstätigkeit (wie z. B. eine Beschäftigung in der Landwirtschaft oder Industrie) zeigten sich dabei keine nennenswerten Unterschiede.1276 Während also die weibliche Erwerbstätigkeitsquote einen tendenziellen Zusammenhang zur weiblichen Wahlbeteiligung ergab, ließ sich dieser Zusammenhang für die Art der weiblichen Beschäftigung nicht nachweisen. Dagegen schien es einen Zusammenhang zwischen Wahlbeteiligung und Wohnort, genauer zwischen städtischen und ländlichen Gemeinden, zu geben. Die weibliche Wahlbeteiligung bei einer selbst gewählten Stichprobe1277 stieg von 84,3 % in ländlichen Gemeinden auf durchschnittlich 89,5 % in städtischen Gemeinden. Die weibliche Wahlbeteiligung nahm also, wie die wenigen Beispiele zeigen, in den ländlichen Stimmkreisen deutlich ab gegenüber den städtischen Stimmkreisen, unabhängig von den Regierungsbezirken. Regierungsbezirke mit 200

vielen städtischen Ballungszentren wie z. B. Mittelfranken wiesen vielleicht auch deshalb eine höhere weibliche Wahlbeteiligung auf als Bezirke mit vielen ländlichen Gemeinden wie z. B. Niederbayern. Dies mag an dem größeren Verhaftetsein der ländlichen Bevölkerung an traditionellen Leitbildern liegen, die die Frauen in Haus und Hof verwiesen und eine Politisierung der Frau in den ländlichen Gegenden erschwerten. Doch es sind ebenso praktische Gründe denkbar wie die Beschwerlichkeit des Wahlgangs, der auf Grund der Entfernung zum Wahllokal in ländlichen Gegenden und bei winterlichen Verhältnissen sicherlich mühsamer war. Ein Zusammenhang zwischen Konfession und Wahlbeteiligung ließ sich jedoch nicht nachweisen. So zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Regierungsbezirken mit einem hohen katholischen Anteil der Bevölkerung und den vorwiegend protestantischen Regierungsbezirken.1278 Die Möglichkeit einer nach Geschlechter getrennten Untersuchung des Alterseinflusses auf die Wahlbeteiligung ist auf Grund einer Sonderzusammenstellung der Wähler nach dem Alter in Bayern nur zu den Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung möglich. Diese Erhebung kann m. E. durchaus auch als Vergleichsmaterial für die Bayerischen Landtagswahlen herangezogen werden. Doch da die Wahlbeteiligung innerhalb jeder Altersgruppe bei ca. 81 % lag, erwies sich die Wahlbeteiligung der Frauen als nahezu altersunabhängig.1279 Trotz der regionalen Schwankungen der weiblichen Wahlbeteiligung, die sich nur auf einer sehr allgemeinen Ebene erklären lassen, bleibt die Tatsache bestehen, dass die Frauen durch ihre demographische Majorität und ihre hohe Wahlbeteiligung einen enormen Einfluss auf den Ausgang der Wahlen hatten. Ihre Stimmabgabe für eine einzelne Partei konnte damit entscheidend für den Wahlausgang und die parlamentarischen Mehrheiten werden. Die Wahlentscheidung der Frauen Eine der interessantesten Fragen ist, wie die Verleihung des Wahlrechtes an die Frauen auf das Wahlergebnis eingewirkt hat und welches „Parteibekenntnis“ Frauen abgegeben haben. Die Beantwortung wäre denkbar einfach gewesen, wenn durchweg getrennt nach den Geschlechtern besondere Wahlräume eingerichtet oder zumindest besondere Wahlurnen aufgestellt gewesen wären. Doch eine solche Trennung wurde in Bayern nur in einem verschwindend geringen Teil der Stimmbezirke praktiziert. So liegen von den insgesamt 7 166 Stimmbezirken nur für 104 Stimmbezirke nach Geschlechtern getrennte Auswertungen vor, die 201

Stichprobe umfasste damit nur 1,45 % der Stimmbezirke. Zieht man die Zahl der Wählerinnen und Wähler in diesen Stimmbezirken heran, zeigt sich, dass man von den 1 832 048 Frauen, die sich an den Bayerischen Landtagswahlen beteiligt haben, immerhin 76 554 Frauen erfasst hatte, so dass für 4,18 % der Wählerinnen eine Aufschlüsselung nach Parteien und Stimmbezirken möglich ist. Trotzdem lässt diese Stichprobe keine eindeutigen Aussagen über das politische Wahlverhalten zu, zumal die Auswahl der Stimmbezirke gewisse Verzerrungen aufweist.1280 Damit kann die Stichprobe nur bedingt als repräsentative Auswahl gelten.1281 Auf der Basis dieses statistischen Materials können Gesamtaussagen über die politische Entscheidung der Frauen nur als Tendenzen verstanden werden. Dennoch erscheint es erforderlich, Fragen nach der Stimmabgabe der Frauen zu stellen. Welche Parteien haben Frauen bevorzugt? Zeigte sich dabei eine Abweichung von der männlichen Wahlentscheidung? Hat die politische Wahlentscheidung der Frauen die politischen Machtverhältnisse beeinflusst? Bei den Bayerischen Landtagswahlen 1919 war die Bayerische Volkspartei (BVP) mit 35 % aller Stimmen der eindeutige Wahlsieger gewesen, die Sozialdemokratische Partei hatte 33 %, die Deutsche demokratische Volkspartei zusammen mit den Fortschrittlern und den Freisinnigen Demokraten 14 %, die Nationalliberale Partei und die Mittelpartei zusammen 5,8 %, der Bayerische Bauernbund 9,1 % und die Unabhängige Sozialdemokratische Partei 2,53 % erhalten.1282 Die nach Geschlechtern getrennte Auswertung des Wahlergebnisses zeigte jedoch ein sehr unterschiedliches geschlechtsspezifisches Abstimmungsverhalten. Tabelle: Stimmenanteile der Parteien, getrennt nach dem Geschlecht1283: Geschlecht

BVP

Nat.Lib. Partei,

Bayer.

Mittelpartei

ernbund

Bau-

DDP

MSP

USP

(BBB) Männer

32,7

1,4

2,8

17,2

42,6

2,1

Frauen

49,0

2,6

2,0

16,4

28,0

1,0

Dieses geschlechterbezogene Wahlergebnis soll im Zusammenhang mit den vier Parteien BVP, SPD, DDP und USP genauer betrachtet werden. Bayerische Volkspartei (BVP) Die Wahlen hatten eine klare Bevorzugung der bayerischen Frauen für die christlich geprägten BVP (49 %) ergeben. Bei den männlichen Mitwählern hatte die BVP lediglich einen 202

Stimmenanteil von 32,7 % erhalten, eine beachtliche geschlechterbezogene Differenz von 16,3 %.1284 Die Frauen hatten sich damit der Nachfolgerin der vormaligen Bayerischen Zentrumspartei, seit 1899 stärkste politische Kraft im Bayerischen Landtag,1285 zugewandt. Viele Zentrumsanhänger hielten „die gänzliche Gleichstellung der Frau verkehrt und verwerflich.“1286 Vehement hatten die Zentrumsanhänger die wiederkehrenden Anträge der SPD zur Einführung des Frauenwahlrechts abgewehrt. Als die Novemberrevolution jedoch das Frauenwahlrecht einführte, stellte sich die neu gegründete BVP mit einem Schlag auf den Boden der Tatsachen und wetteiferte in ihrer Wahlpropaganda um die Gunst der Wählerinnen. Dabei knüpfte sie vor allem an den Primärinteressen der Frauen an: Familie, Kinder und Religion. Die Bayerische Volkspartei (BVP) versprach in ihrem Parteiprogramm die „heiligsten Güter“ wie Schule, Ehe und Familie zu wahren und zu fördern.1287 Mit einem christlich-orientierten Wahlkampf appellierte die BVP in ihrer Wahlpropaganda an mütterliche oder religiöse Gefühle und griff vor allem die Sehnsucht der Frauen nach Frieden, Ordnung und Ruhe auf. Diese Appelle wurden dann mit einer bewusst antisozialistischen Propaganda durchsetzt. Für diese Art der Propaganda hatten sich die Frauen empfänglich erwiesen und als „Reserve christlich gesinnter Wähler“1288 der BVP zu einer parlamentarischen Mehrheit verholfen. Doch diese Mehrheit verdeckt, dass die BVP bei dieser Wahl gewaltig an politischer Macht verloren hatte. Gegenüber 1912 hatte sie 21 % der Abgeordnetensitze verloren. Dieser Rückgang wäre sicherlich noch dramatischer ausgefallen ohne die Stimmen der Wählerinnen.1289 Trotz dieses beachtlichen Wahlerfolgs der BVP bei den Frauen kam es zu extremen Schwankungen innerhalb der verschiedenen Regierungsbezirke.1290 Den stärksten politischen Rückhalt durch die Wählerinnen fand die BVP in der Oberpfalz mit einem Durchschnittswert von 59,6 %, in einigen Stimmkreisen in der Oberpfalz hatten sich über 70 % der Frauen für die BVP entschieden.1291 Die wenigsten Frauenstimmen hatte die BVP in Mittelfranken mit 13,3 % erhalten. Die Vermutung liegt nahe, dass das Wahlverhalten mit der vorherrschenden Religionszugehörigkeit korreliert.1292 Festzustellen ist dabei zunächst, dass die christlich geprägte BVP sowohl in den katholischen wie auch in den evangelischen Bezirken von den Frauen mehr Stimmen bekamen als von den Männern. Doch in den stark katholisch geprägten Regierungsbezirken wie Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz und Unterfranken war die BVP die von Frauen am meisten gewählte Partei mit mehr als 50 % der abgegebenen Stimmen. Die Diskrepanz zwischen männlichem und weiblichem Wahlverhalten fiel in den katholisch geprägten Bezirken besonders deutlich 203

aus, der geschlechterbezogene Unterschied betrug hier fast überall über 20 %. Diese Zahlen sprechen dafür, dass weniger eine allgemein christlich-konservative Weltanschauung die Wahlentscheidung beeinflusst hat als vielmehr eine starke Bindung der Frauen speziell an die katholische Kirche in Bayern. Gerade die katholische Kirche war eine mächtige Institution in Bayern und verfügte über große Einflussmöglichkeiten auf Grund ihrer zahlenmäßigen und organisatorischen Dimensionen. Die institutionellen Möglichkeiten der Einflussnahme über die Teilnahme am Gottesdienst waren zu dieser Zeit sicherlich beachtlich. Seit der Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht in Bayern am 16. Dezember 1918 hatte vor allem die katholische Kirche den sozialistischen Parteien den Kampf angesagt.1293 In diesem Sinne war es damit auch zu einer entsprechenden Aktivierung des Kirchenvolkes für die Wahlen gekommen und hatte vor allem die Frauen in den katholischen Gebieten erreicht. Die parteipolitische Agitation der BVP erhielt eine klare Verstärkung durch die katholische Kirche erhalten. Parteipolitische Argumente wie auch das katholische Milieu schufen eine politische Lokalatmosphäre, der die Frauen in weit größerem Maße unterlagen als die Männer. Die Sozialdemokratische Partei (SPD) Die Wählerinnen in Bayern hatten mit einem deutlichen Abstand zu der BVP die SPD mit 28 % ihrer Stimmen gewählt. Damit lag die SPD in der Gunst der Wählerinnen an zweiter Stelle. Die männlichen Mitwähler hatten dagegen der Sozialdemokratie (MSP) mit 42,6 % den Vorzug gegeben, der geschlechterbezogene Unterschied in der Parteipräferenz wies bei der SPD eine Differenz von 14,6 % zwischen den Männer- und Frauenstimmen auf.1294 Die SPD war in Bayern die Partei, die seit 1895 wiederholt Anträge zum Frauenwahlrecht gestellt hatte, die jedoch immer wieder zurückgewiesen wurden.1295 Der letzte Vorstoß erfolgte im Sommer 1918, als in der bayerischen Kammer der Abgeordneten eine Debatte um eine Reform des Landtagswahlrechtes entbrannte.1296 Doch auch dieser Antrag wurde wieder abgelehnt. Die SPD präsentierte sich nun bei den ersten bayerischen Landtagswahlen nach der Revolution als die Partei, die die Frauen aus politischer Unmündigkeit befreit hatte.1297 Doch die SPD sprach die Frauen auch in ihrer Rolle als Mutter an.1298 Aber die Frauen hatten bei der Wahl den Einsatz der SPD für ihre politischen Rechte nicht honoriert, auch die „mütterliche“ Wahlpropaganda hatte nicht überzeugt. Damit zeigte sich, dass die Einstellung der Partei gegenüber der politischen Gleichberechtigung der Frau bei der politischen Wahlentscheidung für die Wählerinnen nicht ausschlaggebend war. Die betont antikirchliche Haltung der Sozialdemokratie hatte wohl die weibliche Wählerschaft in Bayern 204

befremdet. So erzielte die Sozialdemokratie vor allem in den katholischen Regierungsbezirken grundsätzlich schlechtere Wahlergebnisse als in den evangelisch geprägten Regierungsbezirken. In den stark katholisch geprägten Regierungsbezirken wie Niederbayern, der Oberpfalz hatte die SPD nur etwa 24 % der Frauenstimmen erhalten, dagegen in den evangelisch geprägten Bezirken wie Oberfranken fast 43 %, in Mittelfranken immerhin 32,2 %.1299 Doch die SPD erhielt auch in Oberbayern und in Schwaben, zwei Bezirke mit überwiegend katholischer Bevölkerung, einen weiblichen Stimmenanteil von ca. 32 %. Hier muss ein anderer Faktor die katholische Grundeinstellung überlagert haben. In den Bezirken mit einem hohen SPD-Stimmenanteil wie Oberbayern, Oberfranken und vor allem Mittelfranken waren viele Frauen in der Industrie beschäftigt, so dass die SPD als Arbeiterpartei wohl die industriellen Arbeiterinnen erreichte. In diesen industriellen Ballungszentren hatte die SPD auch die meisten Männerstimmen erhalten (Oberbayern 47,4 %; Oberfranken 54,9 %; Mittelfranken 46,2 %), so dass möglicherweise eine Beeinflussung durch männliche Kollegen am Arbeitsplatz denkbar wäre. Trotzdem lagen in diesen Hochburgen der SPD die Frauenstimmen deutlich hinter den Männerstimmen zurück. Dabei war die SPD die einzige Partei mit einem nennenswerten Anteil parteipolitisch organisierter Frauen. Doch in den Kriegsjahren hatten sich viele SPD-Frauen von ihrer Partei im Stich gelassen gefühlt und vor allem in Nordbayern ihrer Partei den Rücken gekehrt. Nach der Revolution hatten sich die Frauen wieder der SPD zugewandt, trotzdem blieb der Grad der organisierten SPD-Frauen gemessen an der Zahl der Wählerinnen gering.1300 Die Revolution hatte wohl unabhängig von einer parteilichen Organisation bei den wahlberechtigten Frauen einen Linksruck ausgelöst, so dass doch insgesamt fast ein Drittel der Frauen die SPD gewählt hatten. Dies mag sich mit dem Grundtenor der sozialdemokratischen Politik in der Übergangsphase zwischen Revolution und Einberufung des Bayerischen Landtages bzw. der Nationalversammlung erklären. Oberstes Ziel sozialdemokratischer Politik in dieser Zeit war die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung, sozialistische Experimente wurden abgelehnt ebenso eine rigorose Zertrümmerung der Herrschaftspositionen der alten Gesellschaft, kurz eine ruhige Reformpolitik sollte hinüberleiten in einen neuen Volksstaat.1301 Die Deutsche Demokratische Partei Die verschiedenen liberalen Richtungen, die „Nationalliberalen“ als stärkste Gruppe, links davon die „Fortschrittlichen,“ aufgegliedert in die „Freisinnige Volkspartei,“ „Freisinnige Vereinigung,“ und die „Demokraten“ (Deutsche Volkspartei), die am weitesten links standen, hatten sich bereits in der bayerischen Abgeordnetenkammer zur Fraktionsgemeinschaft der 205

„Liberalen Vereinigung“ zusammengeschlossen.1302 Die linksliberalen Einigungsbemühungen führten in Bayern 1910 zu einer Fusionierung, in der Fortschrittlichen Volkspartei (FVP) waren die Freisinnige Volkspartei, die Freisinnige Vereinigung und die Deutsche Volkspartei aufgegangen.1303 Die typische Wählerbasis der liberalen Parteien bildete sich vornehmlich aus dem Kreis des Besitz- und Bildungsbürgertums und der Beamtenschaft. Die Liberalen hatten in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf zeitgemäße Verfassungsreformen gedrängt,1304 doch gegenüber den politischen Gleichberechtigungsforderungen der Frauenbewegung blieb der politische Liberalismus schwankend und selbst die linksliberalen Gruppierungen wie Nationalsoziale, Freisinnige und Jungliberale, die die Forderung nach dem allgemeinen Frauenstimmrecht unterstützten, waren nicht bereit, diese Forderung in das Parteiprogramm aufzunehmen.1305 Friedrich Naumanns Aussage auf einem Parteitag des liberalen Wahlvereins 1908 in Frankfurt, dass diese Forderungen noch zu unpopulär wären und man die eigene kritische Situation und die Schwierigkeit der Einigung – mit den Nationalliberalen – nicht durch die Frauenstimmrechtsforderung komplizieren wollte, hatte noch für längere Zeit seine Gültigkeit. Mit tiefer Resignation hatte Ika Freudenberg aus dieser Rede zitiert: „Die Frau ist heute noch kein Faktor, mit dem man etwas durchsetzt.“1306 Doch die Revolution hatte ein Umdenken bewirkt, Frauen wurden von der am 16. November neu gegründeten Partei, die sich den Namen Deutsche Volkspartei (DVP) gegeben hatte, kräftig umworben. Die neue Führung der DVP kam mit Dr. Georg Hohmann (Facharzt in München) und dem Augsburger Dr. Pius Dirr (Städtischer Archivrat) fast ausnahmslos aus dem nationalsozial-jungliberalen Lager, das sich schon immer offener gegenüber der Frauenfrage gezeigt hatte. Die DVP/DDP1307 präsentierte sich nun als „Partei der Frauen“ und garantierte den Frauen „Recht, Arbeit, Schutz und Wohlfahrt in einer wahren Demokratie.“1308 Nicht zufällig stellte sich die DDP selbst in einem Wahlplakat als Frauenfigur dar, die ihre schützenden Hände über das Volk erhebt.1309 In ihrer Wahlwerbung wandte sich die DVP an bestimmte weibliche Wählergruppen und sprach die Wählerinnen gezielt als Hausfrauen, als Lehrerinnen, als Mädchen und Mütter an.1310 Die Deutsche Demokratische Partei bemühte sich nicht nur um die bürgerlichen Frauen, sondern auch um die Arbeiterinnen, die in der Kriegswirtschaft gearbeitet und klaglos die Belastungen des Krieges ertragen hatten.1311 Die DDP gelang mit ihrer Wahlpropaganda ein durchaus beeindruckender Wahlsieg, 17,2 % der Männer und 16,4 % der Frauen hatten die DDP gewählt.1312 Der geschlechterbezogene Unterschied in der Parteipräferenz, der gerade bei der BVP und der SPD beachtlich war,

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schrumpfte bei der DDP auf eine Differenz von 0,8 %. Innerhalb der einzelnen Regierungsbezirke gab es jedoch auch bei der DDP deutliche Unterschiede.1313 In den Regierungsbezirken Schwaben und Mittelfranken war die DDP insgesamt besonders stark gewesen, die Frauenstimmen hatten hier sogar die Männerstimmen übertroffen. In diesen beiden Bezirken war die DDP die von den Frauen am meisten bevorzugte Partei, die BVP hatte hier bei den Frauen besonders schlecht abgeschnitten (13,3 % in Mittelfranken; 19,6 % in Schwaben), doch auch die SPD blieb bei den Frauen unter dem Wahlerfolg der DDP (32,2 % in Mittelfranken; 32,1 % in Schwaben). Trotzdem ist ein Rückschluss auf die Struktur der DVP-Wählerinnen über die Regierungsbezirke kaum möglich, zu unterschiedlich sind diese beiden Regierungsbezirke.1314 Doch die DVP war die Partei, die durch ihre liberale Grundhaltung vor allem eine traditionelle Nähe zu den bürgerlichen Frauen des HBF hatte, große Persönlichkeiten des HBF, wie Luise Kiesselbach und Dr. Rosa Kempf, hatten sich als Kandidatinnen zur Verfügung gestellt und für diese Partei geworben. Die Unabhängige sozialdemokratische Partei (USP) Die ersten Ortsgruppen der USP in Bayern wurden ab April 1917 gegründet und unter den schwierigen Ausnahmebestimmungen während des Krieges entstand eine neue Parteiorganisation. Gemessen am Organisationsstand und an der Zahl der Mitglieder hatte die USP während des Januarstreiks 1918 eine beachtliche politische Wirksamkeit erreicht. Als Antikriegsgruppierung richtete die USP ihre Agitation auch auf Frauen aus und hatte sie „in einem Umfang gewonnen, wie es der alten sozialdemokratischen Partei nie geglückt sei“ hieß es von den bayerischen Behörden.1315 Die hohe Beteiligung der Frauen bei den Januarstreiks 1918 kann dabei durchaus als Gradmesser für den Erfolg dieser Agitation gelten. Der Parteiführer Kurt Eisner hatte dann ab Oktober 1918 gezielt auf einen Umsturz hingearbeitet und zusammen mit seinen Mitstreitern in der Nacht vom 7. auf den 8. November 1918 die Revolution eingeleitet. Bei den Wahlen zeigte sich dann, dass der USP mit dem durch die Revolution herbeigeführten Kriegsende die Basis ihrer pazifistischen Agitation verloren gegangen war. Bei den Frauen kam es deshalb möglicherweise zu einer politische Neubewertung mit veränderten Zielvorstellungen, anstelle der Friedenssehnsucht trat die Sehnsucht nach ruhigen, geordneten Verhältnissen. Doch die bürgerliche und katholische Presse, allen voran „Die Arbeiterin,“ das Verbandsorgan der katholischen Arbeiterinnen-Vereine, beschwor in einer Vielzahl von Artikeln die Gefahr einer bolschewistischen Rätediktatur, wie sie vom Spartakusbund und der USP propagiert wurde. Bolschewismus wurde gleichgesetzt mit Anarchie und Hungersnot.1316 207

Als Inbegriff von Chaos, Unfreiheit und Gottlosigkeit würde eine Herrschaft der Bolschewiki das Ende aller demokratischen und christlichen Werte bedeuten und forderte von den Frauen: „Offener Kampf der Anarchie; Nieder mit Willkür und Bolschewismus!“1317 Man beschwor „russische Zustände,“ die Gewalttat, Plünderung, Einmarsch der Feinde und den völligen Ruin des Landes bringen würden.1318 Die publizistische Wirkungsmöglichkeit der USP blieb gegen diese Art von Wahlkampf „sehr beschränkt, der angekündigte ‚Kampf’ gegen die übermächtige Front der bürgerlichen Presse nahezu aussichtslos.“1319 Doch auch in der Wahlpropaganda tat sich die USP schwer, Frauen zu erreichen. Während die anderen Parteien, allen voran die BVP, mit oft plakativen Bildern, einfachen Parolen und viel Wahlkampfpolemik für sich warben, setzte die USP in ihrer Wahlwerbung eher auf die Macht der Worte. Sie enthielt sich weitgehend einer emotionalisierenden Wahlpropaganda und hob sehr nüchtern die Leistungen der USP hervor: Sturz des alten Systems, Beendigung des Krieges, Frauenwahlrecht. Sie präsentierte sich als die Partei der Revolution, deren Aufgabe es sei, die Errungenschaften der Revolution zu sichern.1320 Doch diese Wahlpropaganda überzeugte Frauen nicht mehr. Der Revolutionspartei USP wurde bei den Landtagswahlen eine klare Absage erteilt, nur 1 % der Frauen hatte diese Partei gewählt.1321 Die USP war damit die von den Frauen am stärksten gemiedene Partei. Wie bei den anderen Parteien schwankten auch bei der USP die weiblichen Stimmenanteile innerhalb der einzelnen Regierungsbezirke, wenn auch auf äußerst niedrigem Niveau.1322 In Unterfranken zeigte sich dagegen mit 7,1 % der weiblichen Stimmen für die USP ein erstaunlich hohes Ergebnis, auch der Anteil der Männerstimmen lag in diesem Regierungsbezirk deutlich höher als in den anderen Bezirken, nämlich bei 12 %.1323 Diese hohen Werte beruhen vor allem auf den Ergebnissen von zwei Stimmbezirken in der Nähe von Aschaffenburg: in Großostheim hatten 28,7 % der Wählerinnen und 45,4 % der Wähler, in Schweinheim 14,8 % der wählenden Frauen und 16,5 % der wählenden Männer ihre Stimmen der USP gegeben. Die USP hatte in diesen kleineren Gemeinden in Unterfranken eine treue Schar von politischen AnhängerInnen, wobei auch hier die weiblichen Wählerstimmen unter den Männerstimmen lagen. In Unterfranken hatte vor allem die SPD ein bescheidenes Wahlergebnis, so dass durchaus zu vermuten ist, dass die Wählerinnen sich aus dem angestammten Milieu der SPD rekrutierten und die USP damit ihr Stimmenreservoir vor allem aus den industriellen Arbeiterinnenkreisen rekrutierte. In Oberfranken gab es ähnliche Bezirke, die als Hochburg der USP bezeichnet werden können: So erzielte die USP in Naila eine Wahlergebnis von 45,6 % der Stimmen, in Hof I sogar 51,2 % der Stimmen.1324 Doch für diese beiden Stimmbezirke 208

existiert leider keine nach Männer- und Frauenstimmen getrennte Auswertung, so dass unklar bleibt, inwieweit die Frauen zu diesem Ergebnis beigetragen haben. Aber in Hof waren mit 10 795 Wählerinnen sogar mehr Frauen zur Wahl gegangen als Männer (7 695 Männer) ein ähnliches Bild ergab sich für Naila (Frauen: 6 497 / Männer 4 861).1325 So erscheint es auf der Basis dieses Zahlenmaterials durchaus plausibel, dass in diesen Stimmbezirken auch die Frauen zu dem erstaunlich hohen USP-Ergebnis beigetragen haben. Das Gebiet um Hof gehörte zu den Bereichen, wo einige Kreisvereine der SPD fast geschlossen zu den Unabhängigen übergetreten waren und sich so die WählerInnen dem angestammten SPD-Milieu zuordnen lassen. Bis auf diese wenigen USP-Inseln in Bayern hatten sich die Frauen in Bayern gegen die USP gewandt und waren so Teil einer allgemeinen revolutionsfeindlichen Stimmung geworden. * * * Bei den ersten Wahlen hatten die Frauen in einem erstaunlich hohen Ausmaß Gebrauch von ihrem aktiven Wahlrecht gemacht. Die Wahlvorbereitungen durch die Frauenbewegung hatte wohl Wirkung gezeigt, ebenso die Wahlpropaganda der Parteien. Durch das Frauenwahlrecht war ein neues, staatsbürgerliches Politikverständnis entstanden, die Frauen verwandelten sich in aktive Staatsbürgerinnen. Geschlechtsspezifische Handicaps waren zumindest formal beseitigt, da jede Stimme geschlechtsunabhängig das gleiche politische Gewicht hatte. Die Frauen nutzten nun den Stimmzettel, um ihre politischen Gesinnungen in eine politischinstitutionalisierte Ebene zu tragen, sie übernahmen politische Verantwortung für die künftige Gestaltung des Staates. Der durch die Revolution ausgelöste politische Umbruch und die geplante Neuordnung des politischen Systems betrafen wesentliche Grundfragen der staatlichen und der gesellschaftlichen Ordnung, die auch das persönliche Schicksal der Frauen unmittelbar berührten. Diese Wahlen wurden geradezu als Schicksalswahlen empfunden, diese wohl bewusst wahrgenommene Betroffenheit mag eine Erklärung für die hohe Mobilisierung und Aktivierung der Frauen für die Wahlen sein. Die politische Entscheidung der Frauen bei den Ersten Wahlen stand unter dem Eindruck der durchlittenen Belastungen des Ersten Weltkrieges und den umwälzenden Geschehnissen der Novemberrevolution, so dass die Verheißungen der Parteien von Frieden, Brot und gerechten sozialen Verhältnissen durchaus die Frauen erreichten. Fast alle Parteien hatten diese Wahlversprechen gegeben, doch die christliche Partei verknüpfte dieses Programm mit einem christlichen Wertekanon und erreichte damit einen besonderen Wahlerfolg bei den Frauen. 209

Eine allgemein christlich-konservative Grundeinstellung der Frauen erhielt in Bayern vor allem eine Verstärkung durch eine starke Bindung an die katholische Kirche, die wohl ihren Einfluss geltend gemacht und den Frauen nahegelegt hatte, die Partei zu wählen, die die christlichen Werte zu wahren versprach – eben die BVP. Die betont antikirchliche Haltung der Sozialdemokratie und der USP hatte dagegen wohl die weibliche Wählerschaft befremdet und von den sozialistischen Parteien ferngehalten. Die Einstellung der Parteien gegenüber der politischen Gleichberechtigung bzw. dem Frauenwahlrecht trat dabei in den Hintergrund, der jahrzehntelange Einsatz der SPD für das Frauenwahlrecht wurde genauso wenig honoriert wie die Proklamation des Frauenwahlrechtes durch die USP. Nach vier Kriegsjahren sehnten sich die Frauen nach geordneten und gesicherten Lebensverhältnissen. Doch bereits nach den ersten Revolutionswochen zeigte sich, dass es den revolutionären Machthabern nicht gelungen war, das Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Nach der ersten Revolutionseuphorie war die Stimmung in der Bevölkerung umgeschlagen. Die wirtschaftlichen Bedingungen verschlechterten sich in Bayern seit der Revolution in Bayern im November 1918 nach einer vorübergehenden Besserung wieder. Die Zahl der Arbeitslosen wuchs, in den Großstädten war nicht genügend Wohnraum vorhanden und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel und Brennstoffen stockte. Die Preise für Güter des täglichen Bedarfs stiegen ständig.1326 Die Frauen, ganz nahe an diesem Lebensalltag, waren eindeutig revolutionsmüde geworden. Revolution bedeutete Chaos und Instabilität, die Frauen brachten mit ihrem Stimmzettel unmissverständlich ihre Ablehnung gegenüber diesen unsicheren Verhältnissen zum Ausdruck. Die Frauen erteilten gezielt den Parteien eine generalisierende politische Handlungsvollmacht, von denen sie sich eine Aufrechterhaltung der öffentlichpolitischen Ordnung versprachen. Die Frauen hatten mit ihrer Stimmabgabe deutlich in das Wahlergebnis eingegriffen und die parteipolitischen Machtverhältnisse im Bayerischen Landtag beeinflusst. Die bereits vor der Wahl geäußerten Befürchtungen der SPD, dass das Frauenstimmrecht sich zu Ungunsten der eigenen Partei auswirken könnte, schienen sich bewahrheitet zu haben. Dabei hatte die Revolution die Sozialdemokratie in eine Machtstellung gebracht, die einen Wahlsieg der Partei im Bayerischen Landtag durchaus möglich hätte erscheinen lassen. Die Tatsache, dass trotz dieser mehr oder weniger berechtigten Erwartungen die Sozialdemokraten nicht die Mehrheit erhielten und nicht einmal zusammen mit der USP eine Linksmehrheit bilden konnten, legt die Frage nach den Gründen nahe und führt so zum Frauenwahlrecht. Haben die Frauen die Sozialdemokratie um den erwarteten Wahlsieg gebracht? Ob nun die Sozialdemokraten ohne das Frauenstimmrecht die parlamentarische Mehrheit erhalten hätten, ist auf Grund des lü210

ckenhaften Materials nicht eindeutig feststellbar. Doch da die Mehrheit der SPD in Bayern nur um 2 % verfehlt wurde und damit nur 5 Abgeordnete weniger in den Landtag schickte als die BVP, wäre es durchaus denkbar, dass die Frauen hier gleichsam das Zünglein an der Waage gespielt hatten. Diese Aussage kann natürlich auf Grund des Datenmaterials nur mit großem Vorbehalt geäußert werden. Doch die wenigen geschlechterbezogenen Auswertungen des Wahlergebnisses hatten gereicht, um unter den zeitgenössischen SPD-Mitgliedern eine heftige, reichsweite Diskussion über das Frauenstimmrecht und das Wahlverhalten der Frauen auszulösen.1327 Die Suche nach Ursachen für den Misserfolg führte nun dazu, den Frauen die Verantwortung zuzuschreiben. Die Proletarierinnen standen im Verdacht, die politische Vertretung der katholischen Konfession gewählt zu haben. Zunächst wurde die Kritik am Wahlverhalten der Frauen noch mit aller Vorsicht ausgedrückt: „Nach den statistischen Berichten haben sich die Frauen zahlenmäßig stark an den Wahlen beteiligt, doch lassen Teilfeststellungen vermuten, daß das Frauenwahlrecht der Sozialdemokratie bis jetzt noch nicht allzu günstig gewesen ist.“1328 Trotzdem sahen sich führende Sozialdemokratinnen genötigt, Erklärungen für das Wahlverhalten der Frauen zu geben. Zwar habe der Krieg den Frauen die Augen geöffnet, doch immer noch ständen sie „zu einem großen Teil ganz ungeschult und politisch unwissend da.“1329 Marie Juchacz erklärte sich das weibliche Wahlverhalten damit, dass die Sozialdemokratie Frieden und Brot versprochen und im Rahmen des Möglichen auch alle ihre Versprechungen gehalten hätte, „aber ein großer Teil der Frauen, die rein gefühlmäßig im Trubel der Revolutionsstimmung in die Partei gekommen waren, fühlte sich, weil sie politisch ungeschult waren, um ihre Hoffnungen betrogen.“1330 Auch in der Zeitschrift „Die Gleichheit“ wurden massive Zweifel an der politischen Reife des eigenen weiblichen Klientels geäußert. Unter dem bezeichnenden Titel „O ihr Frauen“ wurden die Wählerinnen massiv getadelt, sie hätten sich nicht von ihrem politisch-sozialistischem Wissen und Gewissen leiten lassen, sondern von ihrem christlichen Mitgefühl.1331 Während Juchacz wieder einmal das Argument der politischen Unreife der Frauen ins Spiel brachte, griff Helene Grünberg, die führende Sozialdemokratin in Nürnberg, ihre männlichen Parteigenossen an. Ein Mangel an praktiziertem Sozialismus in den Familien, eine zu geringe politische Aufklärungsbereitschaft seitens der Parteigenossen hätte bewirkt, dass bei den Frauen nicht das rechte Verständnis für den Sozialismus geweckt wurde.1332 Die Schuld an den schlechten Wahlergebnissen treffe also die sozialdemokratischen Männer, die entgegen der sozialistischen Theorie durchaus ihre patriarchalische Einstellung und Verhaltensweise in der Familie und gegenüber ihren Ehefrauen nicht ablegten. Die Wahlen hatten also innerhalb der Sozialdemokratie die Diskussionen über die 211

Geschlechterbeziehungen neu belebt, den männlichen Vorwürfen, den Stimmzettel nicht richtig gebraucht zu haben, begegneten die Frauen mit Angriffen auf die Männer, den Sozialismus innerhalb der Familie immer noch nicht umgesetzt zu haben. Das Frauenstimmrecht brachte also mit dieser Diskussion innerhalb der SPD nicht einen Fortschritt zur Behebung des Gegensatzes zwischen den Geschlechtern, sondern eine Verschärfung. Dieses angespannte Verhältnis zwischen den Geschlechtern innerhalb der sozialdemokratischen Bewegung war insofern von großer Bedeutung, da für die nächsten Revolutionsmonate die sozialistische Bewegung eine tragende Rolle spielte. Diese Diskussion über das Wahlergebnis innerhalb der SPD zeigt sehr deutlich, dass die Wahlen eine starke frauenpolitische Komponente besaßen. Eine ausschließlich politische Interpretation des Wahlergebnisses greift damit zu kurz, die Frauen hatten nicht nur in die politischen Machtverhältnisse eingegriffen, sondern mit ihrer Wahlentscheidung Unruhe in die Parteiund auch in die Frauenorganisationen hineingetragen. Die Revolution deutete nicht nur auf eine politische Umwälzung hin, sie ließ einen massiven kulturellen und gesellschaftlichen Wandel ahnen. Dieser Wandel betraf auch die Geschlechterordnung. Hinter jedem parteipolitischen Programm verbarg sich auch ein bestimmtes Frauenbild. Bürgerliche und die katholische Frauenorganisationen hatten sich Parteien zugewandt, bei der sie die größte Schnittmenge zwischen dem parteipolitischem Programm und ihren eigenen frauenpolitischen Konzepten vermuteten. Mit der parteipolitischen Wahlentscheidung der Frauen erfolgte damit auch indirekt eine Abstimmung über alternative Weiblichkeitskonzepte. Erstmalig hatten die Masse der Frauen damit demokratisch abgestimmt über die von den Frauenorganisationen entwickelten alternativen Emanzipationskonzepte. Mit einer mehrheitlich konservativ-christlichen politischen Weichenstellung hatten sie auch ein christlich-wertekonservatives Frauenbild bestätigt. Dies würde auch erklären, warum nicht mehr Frauen in den Landtag gewählt wurden. Bei dem bayerischen Wahlrecht konnten sich ja die Wählerinnen für einen Kandidaten auf der jeweiligen Parteiliste entscheiden. Es wäre unter diesen Umständen also möglich gewesen, alle weiblichen Kandidaten durch gezielte Stimmabgabe der Frauen in den Landtag zu bringen, vor allem da Frauen in allen Stimmbezirken die Majorität besaßen. Doch von den 17/211333 Kandidatinnen, die für 5 verschiedene Parteien angetreten waren, hatten nur acht ein politisches Mandat erhalten.1334 Eine entsprechende Konzentration der Wählerinnen auf ihre kandidierenden Geschlechtsgenossinnen, so dass alle weiblichen Kandidatinnen die notwendige Stimmenzahl erhielten, fand damit nicht statt. Nicht das Geschlechtsinteresse stand im

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Vordergrund der Wahlüberlegungen der Wählerinnen, das Vertrauen in politisch-aktive Frauen kann so durchaus als äußerst gering eingestuft werden. Die katholischen Frauenorganisationen konnten sich damit sowohl parteipolitisch wie auch frauenpolitisch als Gewinner sehen. Der Wahlsieg der BVP war zugleich ein Sieg für das christlich geprägte Frauenbild. Dementsprechend zufrieden zeigten sich die katholischen Frauen. Die katholischen Arbeiterinnen-Vereine hätten sich „glänzend bewährt“ und sich im politischen Kampf als „Elitetruppen für unsere christliche Ueberzeugung“ erwiesen.1335 Dass die politischen Gegner der BVP über die „schwarzen Malefizweiber“ schimpften und den Vorwurf erhoben, „ohne die Weiber hätten die Schwarzen elend abgeschnitten,“ fassten sie als „wohlverdientes Lob für unsere wackeren katholischen Frauen und Mädchen“ auf.1336 Da sich in diesem Kreis die Frauen eher als Steigbügelhalter der Partei verstanden und das Bild der politisch aktiven Frau mit deutlichen Vorbehalten zeichneten, ist es nicht erstaunlich, dass die geringe Frauenrepräsentanz im Bayerischen Landtag nicht thematisiert wurde. Der Katholische Frauenbund betrachtete das Wahlergebnis etwas differenzierter. Zwar war die BVP als stärkste Partei aus dem Wahlgang hervorgegangen, doch die absolute Mehrheit war verfehlt worden. Deshalb werde der BVP „in den Fragen, welche uns Frauen am meisten am Herzen liegen, Erziehung, Bildung, Familienschutz, Verhältnis von Kirche und Staat und Kirche und Schule einer Mehrheit gegenüberstehen, die die Freiheit unserer Weltanschauung bedroht.“1337 Dass nur acht Frauen in den bayerischen Landtag eingerückt waren, betrübte die katholischen Frauen nicht, Ellen Ammann, die Vorsitzende des Katholischen Frauenbundes und selbst eine der ersten Parlamentarierinnen im bayerischen Landtag, sprach sogar von einem „erfreulichen Anfang“ 1338 und meinte damit vielleicht auch, dass von diesen acht Frauen immerhin vier aus katholischen Frauenorganisationen stammten. Die Reaktionen auf das Wahlergebnis trugen bei der bürgerlich-gemäßigten und der bürgerlich-radikalen Frauenorganisation dagegen erkennbare Zeichen von Enttäuschung. Der HBF hatte sich eine Sicherung und Stärkung des Fraueneinflusses in den Parlamenten erwartet, das politische Leitbild wies den Frauen eine bedeutsame Rolle bei der Entstehung einer neuen politischen Kultur zu. Doch das Wahlergebnis hatte dazu geführt, dass nur „ein verschwindend kleiner Bruchteil an Frauen“ in die Parlamente gerückt war.1339 Angetreten „um die Geschicke des Reiches, der Bundesstaaten, der Gemeinden“ zu lenken, war der Einfluss vom Frauenstandpunkt aus gesehen „nicht erfreulich.“1340 Die Schuld an diesem Ergebnis wurde u.a. auch den Wählerinnen zugeschrieben, es hätte zu viele „Laue und Gleichgültige,“ gegeben, denen nicht klar war, wie unerlässlich die politische Mitarbeit der Frau sei.1341 213

Kritisch wurde nachträglich auch die eigene Wahlagitation gesehen. Politische Kenntnisse seien zwar genügend vermittelt worden, doch nicht verödendes Scheinwissen dürften die Frauenorganisationen künftig mehr vermitteln, das „belastende Vielerlei“ müsse sich verwandeln in den Aufbau einer „politischen Urteilskraft“ der Frau.1342 Bereits vor den Wahlen hatten die radikal-bürgerlichen Frauen Befürchtungen geäußert, ob Frauen „genügend politisches Verständnis für die Grösse der Zeit und die Tragweite der Geschehnisse“ hätten.1343 Das Wahlergebnis schien diese Befürchtungen zu bestätigen. Zweifel an der politischen Reife der Wählerinnen waren deutlich spürbar, sie hätten nicht begriffen, dass „eine neue Zeit im Werden begriffen ist,“ bei der Frauen einen wesentlichen Anteil am politischen Geschehen besitzen sollten.1344 Mit der geringen Zahl von Parlamentarierinnen konnte aber weder ein „befreiender Aufschwung“ noch eine „Wiedergeburt des politischen Lebens“ gelingen.1345 Die Kritik der bürgerlich-gemäßigten, der bürgerlich-radikalen und der sozialistischen Frauenbewegung zielte in die gleiche Richtung. Der Tadel am Wahlverhalten der Frauen zeigte deutlich, dass durch eine parteipolitische Bindung der Frauenorganisationen die frauenpolitische Perspektive verloren gegangen war. Immer noch standen die Vorwürfe eines mangelnden politischen Bewusstseins und einer fehlenden politischen Urteilskraft der Frauen im Raum. Die Kluft zwischen den bürgerlichen Frauenorganisationen und den von ihnen vertretenen Frauen war mit den ersten Wahlen offenkundig zu Tage getreten, ebenso wie in der sozialistischen Frauenbewegung.

5.1.2. Erste parlamentarische Arbeit der Frauen im Bayerischen Landtag (1. Legislaturperiode vom 21. Februar 1919 bis zum 2. Juni 1920) Die formale Repräsentation von Frauen in einem Parlament war Ziel der organisierten Frauen gewesen. Sie galt als ein Mittel, rechtliche, sozialpolitische und auch ethische Frauenforderungen auf politischer Ebene durchzusetzen. Mit dem Einzug von acht Frauen in den Bayerischen Landtag war eine heroische Epoche der Frauenbewegung zu Ende gegangen. Der Weg für den Eintritt der Frauen in die Politik war frei. Die ersten acht weiblichen Abgeordneten sollen hier nochmals namentlich genannt werden: Ellen Ammann (BVP), Aurelie Deffner (SPD), Aloisia Eberle (BVP), Käthe Günther (DDP), Dr. Rosa Kempf (DDP), Emilie Mauerer (SPD) und Therese Schmitt (BVP).1346 Im Nach214

rückverfahren gelang dann auch Freiin Marie von Gebsattel für die BVP der Sprung in den Bayerischen Landtag.1347 Von den 180 Abgeordneten waren damit 4,4 % weiblich.1348 Diese verteilten sich auf drei Fraktionen. Die DDP (insgesamt 25 Sitze) hatte mit zwei weiblichen Abgeordneten die höchste Frauenquote von 8 %, die vier Frauen der BVP (insgesamt 66 Sitze) stellten 6,06 % ihrer Fraktion dar, die SPD (insgesamt 61 Sitze) kam mit zwei Frauen auf einen Frauenanteil von 3,28 % im Bayerischen Landtag. Diese Frauen repräsentierten verschiedene parteipolitische, frauenpolitische oder konfessionelle Organisationen, die einen ideologischen Bezugsrahmen für ihre Mitglieder mehr oder weniger verbindlich bereitgestellt hatten. Der katholische Frauenbund hatte in seinem Vereinsorgan ein „Frauenprogramm“ entworfen, mit dem die katholischen Frauen auf die wichtigsten Grundpositionen eingeschworen wurden, Dr. Kempf hatte in einer Wahlbroschüre die wichtigsten Frauenforderungen der liberalen Frauen zusammengefasst, die sie bereits auch im Provisorischen Nationalrat vorgetragen hatte. Die bürgerlichen und katholischen Frauenorganisationen hatten damit die weiblichen Abgeordneten, die aus ihren Reihen kamen, mit einem Katalog programmatischer Forderungen versehen, der als frauenpolitischer Wegweiser bei der ersten parlamentarischen Arbeit dienen sollte. Die Vertretung von Fraueninteressen schien damit den ersten Parlamentarierinnen als Aufgabenstellung vorgegeben zu sein. Der Bund sozialistischer Frauen hatte zwar ebenfalls einen Katalog mit Frauenforderungen formuliert, doch aus diesem Kreis war keine Frau im Landtag vertreten. Dagegen hatte Marie Juchacz (SPD) gleichsam als Richtschnur für die weibliche Arbeit die Sozialdemokratinnen angewiesen, sich in die Parteiorganisation zu integrieren, die Frauen dürften innerhalb der Partei keineswegs eine Sonderorganisation bilden.1349 Alle Frauenorganisationen gaben damit den ersten Parlamentarierinnen ihre politische Rolle sowie ihre politischen Aufgabenstellungen vor und versorgten sie für ihren bedeutenden Schritt in die Politik mit programmatischen Vorgaben. Das für die Frauen epochale Ereignis fand jedoch zunächst keinen besonderen Widerhall bei den ersten Sitzungen des Landtages. Weder begrüßten die männlichen Abgeordneten die politischen Neuankömmlinge, noch thematisierte eine der weiblichen Abgeordneten diese Sensation. Die Anwesenheit von Frauen im Bayerischen Landtag wurde mit einer überraschenden Selbstverständlichkeit hingenommen. Das mag auch an den Vorfällen liegen, die das erste Zusammentreten des Landtages am 21. Februar 1919 überschatteten.1350

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Da die ersten beiden Sitzungen am 21. Februar und 17. März 1919 ohne politische Aktivitäten in Form von weiblichen Sprechbeiträgen abliefen, wüsste man ohne die Mitgliederlisten gar nicht, dass nun erstmalig in der Geschichte Bayerns Frauen im Landtag vertreten waren. Doch auf der dritten Sitzung am 18. März 1919 kam es zu einer sichtbaren Integration der Frauen in die politische Arbeit als die elf Landtagsausschüsse gewählt wurden. Eingebunden in fünf von den elf gebildeten Landtagsausschüssen bot sich nun den Frauen die Möglichkeit, sich an der gesetzgeberischen Tätigkeit der Regierung zu beteiligen und mit ihrer parlamentarischen Arbeit die Fraueninteressen voranzutreiben. So waren sie im Verfassungs-Ausschuss (Ellen Ammann und Dr. Rosa Kempf), im Wahlprüfungs-Ausschuss (Aloisia Eberle und Käthe Günther), im Petitions- und Beschwerde-Auschuss (Therese Schmitt), im LandtagswahlgesetzAuschuß (Emilie Mauerer) und im Lehrergesetz-Ausschuss (Ellen Ammann, Aurelie Deffner und Käthe Günther) vertreten.1351 Auch wenn bei dieser Mitarbeit in den Ausschüssen oft nicht direkte Fraueninteressen angesprochen wurden, sahen zumindest die liberalen Frauen ihre Aufgabe darin, „durch Achtsamkeit zu verhindern, dass durch dehnbare Bestimmungen das gleiche staatsbürgerliche Recht der Frauen geschmälert würde.“1352 Doch nicht Fraueninteressen, sondern Staatsinteressen standen zunächst im Vordergrund. Die anstehenden Probleme im bayerischen Landtag schienen wohl von den weiblichen Abgeordneten als zu dringend empfunden worden zu sein, um sie mit Geschlechterfragen zusätzlich zu belasten. Die liberalen Frauen stellten deshalb Frauenfragen zurück, um übergeordnete politische Ziele nicht zu gefährden und die Lösung wichtiger allgemein-politischer Probleme nicht durch Gleichberechtigungsforderungen der Frauen unnötig zu verkomplizieren und so zu verzögern.1353 Auch Ellen Ammann von der BVP stellte vorerst Fraueninteressen zurück. In einem Bericht über den Bayerischen Landtag im April 1919 informierte sie ihre katholischen Vereinsmitglieder über die wichtigsten Ziele, Fraueninteressen und Frauenbelange fanden in ihrem Artikel mit keinem einzigen Wort eine Erwähnung.1354 Trotz der von den Frauen selbst auferlegten Verpflichtung, Fraueninteressen zunächst den allgemein-politischen Interessen unterzuordnen, zeigte sich diese Priorität zumindest bei ihrer weiteren parlamentarischen Arbeit nicht. Die weiblichen Abgeordneten erhoben nicht das Wort bei allgemein-politischen Themen, Wortmeldungen der Frauen während der restlichen Legislaturperiode erfolgten stets nur zu solchen Themenkreisen, die Fraueninteressen berührten.1355 Die Frauen-Abgeordneten engagierten sich in der ersten Legislaturperiode fast ausschließlich für Fraueninteressen. Die Anträge oder Anfragen, an denen sich Frauen beteiligten

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oder selbst initiierten, drehten sich dabei weitgehend um sozial- oder bildungspolitische Themen, hinter denen sich grundsätzliche Gleichberechtigungsforderungen verbargen. In den Vordergrund der parlamentarischen Bemühungen rückte zweifellos die existentielle Frage des Erwerbs der Frauen, sei es die Verbesserung der Anstellungssituation von gut ausgebildeten Frauen wie die Ärztinnen, die Aufhebung des Zölibats für Beamtinnen und Lehrerinnen und die frauenfeindliche Praxis der Demobilisierungsmaßnahmen, von der alle erwerbstätigen Frauen betroffen waren. So hatte sich Ellen Amman (BVP) in einem Antrag für eine vermehrte Anstellung von Frauen als Ärztinnen ausgesprochen.1356 Ihre Parteigenossin Freiin von Gebsattel hatte als Berichterstatterin über die entsprechenden Verhandlungen im Finanzausschuss referiert. Ausdrücklich betonte sie ihren Standpunkt, dass es sich bei diesem Antrag nicht um eine Erwerbsrücksicht für die weiblichen Ärzte handle, die damit den Rücksichten auf die medizinstudierenden Kriegsteilnehmer entgegenstehe, sondern um „die Berücksichtigung der Interessen jener zahlreichen Frauen, die sich und ihre Kinder lieber von weiblichen als männlichen Ärzten untersuchen und behandeln lassen.“1357 Bei dieser Argumentation zeigte sich, wie vorsichtig die weiblichen Abgeordneten argumentieren mussten, um Fraueninteressen in dieser Zeit Gehör zu verschaffen. Zwar sollte die Anstellungssituation von Ärztinnen „nicht durch die vermehrte Heranziehung von Kriegsteilnehmern Schaden erleiden,“ doch gleichzeitig war es notwendig, einer „berechtigten Rücksichtnahme auf die Kriegsteilnehmer“ Rechnung zu tragen.1358 Der Vertreter der Staatsregierung hatte zwar die „Tüchtigkeit, Verlässlichkeit und pädagogische Eignung“ der Frauen als Assistentinnen, Praktikantinnen und auch als Ärztinnen in Kliniken während des Krieges hervorgehoben, doch eine Verbesserung der Situation, d. h. eine entsprechende Zulassung zum Studium sowie eine Anstellung von Frauen in Kliniken könne es erst nach dem Abflauen der Kriegsfolgen geben: Es gebe keine Bedenken, „wenn die Notwendigkeit einer besonderen Berücksichtigung der Kriegsteilnehmer nicht mehr gegeben ist, die studierenden Frauen zu ihrem Recht kommen zu lassen.“1359 Der Antrag von Ellen Ammann wurde in eine Soll-Bestimmung umgewandelt und dann angenommen.1360 Die liberalen Frauen rückten die Situation von Beamtinnen, insbesondere von Lehrerinnen in den Mittelpunkt ihrer parlamentarischen Bemühungen. Es ging dabei zentral um das den Beamtinnen bzw. Lehrerinnen auferlegte Zölibat. Von den liberalen Frauen, Dr. Rosa Kempf und Käthe Günther, wurde ein Antrag eingereicht, bei dem es um die gleichberechtigte Stellung von Lehrerinnen ging. So sollte ein erst am 14. August 1919 verabschiedetes Schulge217

setz, das an der alten Verfassung festgehalten hatte und für die aktiven Lehrerinnen nach der Verheiratung das Ausscheiden aus dem Dienst vorsah, neu gefasst werden und die Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamtinnen beseitigt werden. Dr. Rosa Kempf hatte als Berichterstatterin die zwei Intentionen des Antrags hervorgehoben: “Die Anpassung des Rechtes der weiblichen Beamten an die Reichsverfassung und die Sicherstellung des Rechtes der Frau auf Erwerb.“1361 Nach dem erst verabschiedeten Beamtengesetz bedurfte die Beamtin immer noch eine spezielle Erlaubnis zur Ehe und diese Verordnung sei unvereinbar mit dem Reichsrecht, so die Ausführungen von Dr. Rosa Kempf. Die Verhandlungen zu diesem Antrag im Ausschuss hatten sich unversehens in eine programmatische Diskussion über die Erwerbstätigkeit verheirateter Frau verwandelt. So wurde die Position von einem männlichen Mitglied des Ausschusses vorgebracht, nach der grundsätzlich der Erwerb verheirateter Frauen abzulehnen sei, statt dessen sollte der Arbeitsverdienst des Mannes so gestaltet werden, dass er in der Lage sei, eine Familie zu ernähren. Dieser Grundsatz müsse auch für die Beamtin gelten, zudem vertrat er die Ansicht, „daß die Frau infolge ihrer körperlichen Unzulänglichkeit in mancher Hinsicht nicht das gleiche leiste wie der Mann.“1362 Diese Äußerung, wenn sie auch in der Debatte nicht weiter verfolgt wurde, zeigte sehr deutlich, dass formale Gesetzesnormen keinesfalls die traditionellen geschlechtsspezifischen Denkstrukturen der Männer beseitigt hatten. Doch erstaunlicherweise offenbarte sich an dem Beitrag eines weiblichen Ausschussmitgliedes der Dissens zu diesem Thema auch im Frauenlager. Eine Frau hatte sich ebenfalls im Ausschuss „prinzipiell gegen eine generelle Zulassung der verheirateten Frau zu Erwerb“ gewandt, doch die Angriffe, dass die Frau nicht leistungsfähig genug sei, wies sie entschieden zurück.1363 Im Zusammenhang mit dem Gesetzesentwurf für das Volksschullehrergesetz beschäftigte sich der Landtag erneut mit der Frage des Zölibats. Käthe Günther hatte als Berichterstatterin das Plenum über den Stand der Beratungsverhandlungen informiert und dabei die gegensätzlichen Positionen hervorgehoben.1364 Streitfrage war, inwieweit die bisher noch nicht geänderte Fassung des bayerischen Volksschullehrergesetzes mit der Reichsverfassung im Widerspruche stehe. Sollte der Bayerische Landtag in dieser Frage zu keiner Einigung über die Anerkennung der Reichsvorschriften kommen, müsste die Sache weitergereicht werden an den Staatsgerichtshof. Vor allem die Bayerische Volkspartei wandte sich gegen eine entsprechende Anpassung, zwar hätte die aktive Lehrerin das Recht zu heiraten, doch mehrheitlich wandte man sich gegen die Weiterbeschäftigung als Lehrerin nach der Verheiratung. Lediglich eine Abfindung in Höhe des fünffachen Betrages ihres Ruhegehaltes sollte ihr zugebilligt werden.1365 In dieser Sache lag sogar eine Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion der deutschen Nati218

onalversammlung vor – die u. a. von Antonie Pfülf mitunterzeichnet wurde – was die Reichsregierung gegen diesen offenkundigen Bruch der Verfassung zu tun gedenke.1366 Während also auf der Reichsebene die liberalen Frauen in Bayern Unterstützung durch eine – bayerische – Sozialdemokratin bekamen, hielten sich die beiden sozialdemokratischen Frauen im Bayerischen Landtag in dieser Frage zurück, obwohl die Aufhebung des Zölibats durchaus Teil des SPD-Forderungskataloges war. Sie hatten es ihrem männlichen Parteigenossen Nimmerfall überlassen, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Diesen hatten dann auch die beiden liberalen Frauen unterstützt. Dr. Rosa Kempf hatte sich leidenschaftlich in die Plenumsdiskussion eingemischt, empört wandte sie sich dagegen, dass es für die Umsetzung eines selbstverständliches Rechtes keine Übereinstimmung im Bayerischen Landtag gebe und man so gezwungen sei, in den jetzigen schwierigen Zeiten, wo es darauf ankomme, sich mit aller Energie auf die Fragen der Erhaltung des Lebens und unserer Wirtschaft zu konzentrieren, einen hartnäckigen Kampf um das Zölibat der Lehrerinnen zu führen. Sie argumentierte zunächst über das demokratische Prinzip der Freiheit, nach der es das selbstverständliche Recht jedes einzelnen sei, seine persönlichen Angelegenheiten in die eigene Hand zu nehmen. Es sei kleinlich, selbstgerecht und geprägt von einem „unüberwindlichen Misstrauen,“ dass man dem Personenkreis, dem man die Erziehung der Jugend anvertraut, nicht zutraue, „sein Leben so einzurichten, daß er seine Pflichten erfüllt und sein persönliches Leben auf einer moralischen Höhe halte, die ihn zum Erziehungsberufe berechtigt.“1367 Während sich das erste Argument auf das Freiheitsrecht und auch auf das einzelne Verantwortungsgefühl der Frauen stützte, hob im zweiten Argument Dr. Rosa Kempf den gesamtstaatlichen Nutzen hervor. Das Erziehungsgeschäft eines ganzen Landes könne nur gedeihen, „wenn auch die Mütter mitbestimmenden Einfluss besitzen, und zwar nicht nur von außen her, als Beraterinnen in Kommissionen, sondern von innen her als Persönlichkeiten, die den Lehrplan und seine Auswirkung auf die Kinder täglich miterleben.“1368 Freiin von Gebsattel (BVP) hatte sich im Anschluss an diese Ausführungen zu Wort gemeldet. Augenfällig traten hier die ideologischen Unterschiede bezüglich des Frauenbildes zwischen den liberalen Frauen der DDP und den konservativen Frauen der BVP zu Tage. Deutlich wandte sie sich gegen eine Weiterbeschäftigung von verheirateten Lehrerinnen. Nach dem Lehrergesetz dürfe ein Volksschullehrer ein Nebenamt nur übernehmen, wenn dies mit der gewissenhaften Erfüllung seiner Pflichten vereinbar sei. Doch der Hausfrauenberuf und der Mutterberuf seien kein Nebengeschäft, sondern ein Hauptberuf und dies allein erkläre

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schon die Unvereinbarkeit von Lehrtätigkeit und Ehe.1369 Gezielt an die „Frau Kollega Dr. Kempf“ richtete sie folgende Einwände: „Sie hat davon gesprochen, daß die Mütter insbesondere geeignet sind zur Erziehung des Kindes. Es heißt doch die psychischen Eigenschaften, die mütterlichen Eigenschaften der Frau unterschätzen, wenn man sie abhängig macht von der physischen Mutterschaft. Das Wesen der Frau selbst ist mütterlich und in dem Wesen der Frau selbst liegt die Fähigkeit zur Erziehung begründet, unabhängig davon, ob sie die physische Mutterschaft hat oder ob sie nur die Qualitäten der Mütterlichkeit ausüben kann auf seelischem Gebiet.“1370 Bei der Abstimmung über den Antrag „Nimmerfall“ hatten 67 Mitglieder mit „Nein“ gestimmt, unter ihnen alle Frauen der BVP: Frau Ammann, Frau Eberle, Freiin von Gebsattel und Frau Schmitt. Zu der unterlegenen Gruppe der Befürworter (56 Stimmen mit Ja) gehörten die beiden Frauen der DDP Frau Günther und Frau Dr. Kempf, sowie die Sozialdemokratin Frau Mauerer.1371 Frau Deffner (SPD) war für diese Sitzung entschuldigt. Damit war die Aufhebung des Zölibats für Volksschullehrerinnen um ein weiteres Mal abgelehnt worden. Dagegen war es gelungen, den Grundsatz der gleichen Bezahlung für gleiche Leistung im Lehrergesetz zu verankern und die liberalen Frauen hatten mit der Einführung dieses Grundsatzes für einen so wichtigen Berufszweig gehofft, dass dies auch reformierend auf die Gehälter der weiblichen Beamten wirken würde.1372 Neben dem langwierigen Ringen um das Beatinnen- bzw. Lehrerinnenzölibat war die Wohlfahrtspflege ein weiteres wichtiges Anliegen der liberalen Frauen. Während des Krieges war über die Errichtung von Frauenreferaten, die dem Kriegsamt des Bayerischen Kriegsministeriums unterstellt waren, ein weit verzweigtes Netz von kommunalen Fürsorgestellen entstanden. Die Erhaltung dieser Einrichtungen sollte die Weiterführung der bisher geleisteten Arbeit, weitgehend durchgeführt von den sozial geschulten Frauen der unterschiedlichsten Frauenvereine, garantieren. Nach der Revolution bzw. der Auflösung des Kriegsamtes fehlten aber alle notwendigen Vollmachten zur Erfüllung der arbeits-, sozial- und bildungspolitischen Aufgaben.1373 Es herrschte in weiten Frauenkreisen – und zwar aller Richtungen – Erbitterung darüber, dass man im Kriege, als die Frauen in weitgehendem Maße zur Mitarbeit herangezogen werden mussten, ihnen auf diesen Gebieten entgegenkam, während man sie jetzt in rücksichtslosester Weise hinauszudrängen suchte und ihnen auch die früheren Zugeständnisse in der Verwaltung verkürzt oder sie gänzlich zurückgezogen hatte.1374 Bei einem systematischen Neuaufbau der Wohlfahrtspflege war es deshalb wichtig, den Frauen eine gebührende Vertretung zu sichern. Dr. Rosa Kempf hatte sich deshalb einem Antrag ihrer Fraktion zum Ausbau der Wohlfahrtspflege angeschlossen und als Berichterstatterin die 220

einzelnen Positionen des Antrag vorgetragen: Zusammenfassung des gesamten Wohlfahrtswesens unter einem Ministerium, Anerkennung der beruflichen sozialen Arbeit als einem mit anderen Verwaltungszweigen gleichberechtigten Zweig der staatlichen Verwaltungsarbeit und die theoretische Ausbildung und praktische Schulung von sozialen Berufsarbeitern und Berufsarbeiterinnen.1375 Mit Rücksicht auf die allgemeine Volkswohlfahrt erschien es ihr besonders wichtig, dass soziale Arbeit gleichberechtigt neben einer rein medizinischen oder auch juristischen Organisation stehe. Die Trennung und Verteilung auf verschiedene Verwaltungsorganisationen würde sich nicht „zum Segen des Landes“ auswirken.1376 Doch hinter dieser Argumentation war deutlich ein frauenpolitisches Motiv erkennbar. Der Bereich der Sozialarbeit, der vielfach in den Händen geschulter Frauen lag, sollte als selbständiger und nicht untergeordneter Arbeitszweig gleichberechtigt neben anderen Verwaltungszweigen stehen. Sie fürchtete dabei vor allem die Unterordnung unter medizinisch-hygienische Instanzen: „Wie müssen zu erreichen suchen, daß die Sozialbeamtin als eine Arbeitskraft der allgemeinen Staatsverwaltung eingereiht wird und in dieser ihre Stellung findet und nicht als niederes ärztliches Hilfsorgan des Arztes angesehen wird.“1377 Der liberalen Politikerin ging es also zunächst um eine gleichberechtigte soziale Stellung der Sozialbeamtin. Doch im Ausschuss für Verfassungsfragen stand dieses Thema zunächst im Zusammenhang mit den Demobilisierungsmaßnahmen, von denen gerade auch die Sozialarbeiterinnen bedroht waren. So hatte ein weibliches Mitglied in diesem Ausschuss moniert, dass Frauen, die sich ihre Positionen in den Bereichen Jugendfürsorge, Jugendpflege und Armenpflege erobert hätten, nun diese Posten entzogen würden, um Kriegsteilnehmer an ihre Stelle treten zu lassen: „Man müsse darauf bestehen, daß alle diese Posten, für die die Frauen durch ihre Eigenschaft besonders befähigt seien, den Frauen blieben.“1378 Die Debatte weitete sich aus und bezog sich schließlich auf die „wahllose Entlassung weiblicher Arbeitskräfte.“1379 Doch die Auseinandersetzungen zeigten, dass im Bereich des Arbeitsmarktes Fraueninteressen zurückstehen müssten. Zwar hieß es, dass der Grundsatz der Gleichberechtigung der Frauen hochgehalten werden solle, „aber höher als dieser Grundsatz müsse [...] die Rücksichtnahme auf andere Staatsnotwendigkeiten in Anschlag kommen.“1380 Diese höhere Staatsnotwendigkeit sei die Fürsorge für die aus dem Feld bzw. aus der Gefangenschaft zurückkehrenden Kriegsteilnehmer und Kriegsbeschädigten. Trotzdem seien unnötige Härten zu vermeiden, wo es sich um Frauen handle, „die allein um ihre Existenz kämpften oder vielleicht die einzige Stütze einer betagten Mutter seien.“1381 Von einem weiblichen Mitglied des Ausschusses kam der Einwurf, dass gerade nach dem Krieg die Zahl der Frauen, die alleine 221

durchs Leben gehen müssen, noch größer geworden sei. Deshalb sei es besonders betrüblich, „daß der Kampf, die Frau aus dem Erwerbsleben so sehr hinauszudrängen, aufs neue entbrenne.“1382 Die Regierungskommissärin des Sozialministeriums hatte jedoch darauf verwiesen, dass bereits ein wesentlicher Schritt zur weiteren Verhinderung von Ungerechtigkeiten unternommen worden sei, indem nach einer Entschließung des Ministeriums für Soziale Fürsorge vom 14. April 1920 die Demobilisierungsausschüsse angewiesen seien, sich durch eine Aufnahme von Frauen zu ergänzen: „Dadurch sei den Frauen an der Quelle Gelegenheit gegeben vorzubeugen,“ die Frauen könnten so bereits „ihre Rechte selbst wahrnehmen.“1383 Doch nach Ansicht von Dr. Rosa Kempf reiche diese Maßnahme alleine nicht. Sie vertrat die Auffassung, dass es die Aufgabe aller weiblichen Abgeordneten sein müsse, über staatliche Verordnungen auf diesem Gebiete zu wachen und zu verhindern, „dass die politische Befreiung der Frauen durch die Revolution zu einer Farce wird dadurch, dass sie sich mit wirtschaftlicher Knechtung verbindet.“1384 Die Bemühungen um eine Aufwertung des sozialen Status der Sozialbeamtin gingen einher mit Intentionen, Frauen zur leitenden Mitarbeit in denjenigen Ministerien heranzuziehen, in welchen spezielle Frauenangelegenheiten eine wichtige Rolle spielen, z. B. im Ministerium für soziale Fürsorge oder auch im Kultusministerium. Auf Veranlassung von Kurt Eisner war bereits im Dezember 1919 ein Referat für Frauenrecht gebildet worden, das dem Ministerium für soziale Fürsorge, dem späteren Arbeitsministerium angegliedert worden war. Dieses Referat nahm Mitte Februar 1919 seine Arbeit im Wittelsbacher Palais in München, damals das rote Schloss genannt, auf.1385 Die Leitung der Abteilung für Frauenrecht wurde Gertrud Baer übertragen.1386 Dabei galt es, die neu gewonnenen Rechte der Frau auf politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Gebieten gesetzlich festzulegen.1387 Das Referat für Frauenrecht leitete die Gründung von Frauengewerkschaften ein, versorgte die Provinzpresse mit Artikeln, welche die Frauen interessierende politische Fragen behandelten.1388 Der Arbeit im Referat für Frauenrecht standen die unterschiedlichsten Schwierigkeiten im Wege. Zum einen war die Parteilosigkeit von Gertrud Baer ein Problem, denn „die sozialistischen Parteien wünschten das Frauenreferat mit einer gehorsamen Parteifrau besetzt zu sehen, der Parteidisziplin, nicht Frauenforderungen an erster Stelle stand.“1389 Zudem war Gertrud Baer mit ihrem Referat Minister Unterleitner, dem Chef des Ministeriums für soziale Fürsorge unterstellt. Diesem gebrach es – zumindest nach der Einschätzung von L. G. Heymann – „an Wagemut, Weit- und Übersicht.“1390 Neben persönlichen Problemen gesellte sich 222

noch das für diese Zeit herrschende „politische, wirtschaftliche Durcheinander“ hinzu, gehemmt durch einen „Mangel an Güter- und Geldmittel.“1391 Über die Arbeit dieses Referates ist wenig überliefert, das politische und wirtschaftliche Chaos jener Wochen erschwerte eine konstruktive und nachhaltige Arbeit. Zudem existierte das Frauenreferat nur kurze Zeit. Ab 7. April 1919, als die Räterepublik ausgerufen wurde, stellte das Frauenreferat seine Arbeit ein.1392 In einem Antrag vom 3. Mai 1919 hatten Dr. Rosa Kempf und Käthe Günther angeregt, dass im Ministerium für soziale Fürsorge wieder eine eigene Abteilung für Frauen eingerichtet werden sollte, geleitet von einer Frauenreferentin, einer erfahrenen, theoretisch und praktisch geschulten Frau, die unmittelbar dem Minister unterstellt sein sollte.1393 Bei der Beratung des Notetats im August 1919 wurde diese Frauenreferentin bewilligt, deren Aufgabenkreis den im Antrag gestellten Forderungen entsprach: zum einen Fürsorgefragen der arbeitenden Frau und ihrer Kinder (Arbeitsschutz, Kinderschutz und Wöchnerinnenschutz) zum anderen Frauenberufsfragen wie Arbeitsbeschaffung, Arbeitsumstellung, Arbeitsnachweis und Arbeitsausbildung. Wie wenig Frauenfürsorge einen eigenen Stellenwert hatte und damit wenig als Argument taugte, zeigte die Begründung des Antrags. So sollten die für den wirtschaftlichen Wiederaufbau unentbehrlichen weiblichen Arbeitskräfte in einer Weise verwendet werden, dass sie „mit den generativen Aufgaben der Frau vereinbar ist.“1394 Ab 1920 existierten dann für einige Jahre in verschiedenen Städten Stützpunkte des Frauenreferates: Würzburg (1920-1923), Rosenheim (1920-1922), Amberg (1921-1924), Regensburg (1920-1926), Ludwigshafen (1921-1923), Erlangen (1920-1924).1395 Ein weiterer wichtiger Interessen- und Arbeitsbereich der Parlamentarierinnen betraf die Bildungssituation von Frauen. Frauen der BVP und der DDP hatten jeweils getrennte Anträge zur Verbesserung der Bildungssituation von Frauen und Mädchen gestellt. Differenzen zwischen den bildungspolitischen Vorstellungen der liberalen und der konservativen Frauen verhinderten aber ein gemeinsames Vorgehen. Die Frauen der BVP, Freiin von Gebsattel, Ellen Ammann, Therese Schmitt und Aloisia Eberle hatten einen eigenen Antrag eingereicht bezüglich einer stärkeren Vertretung von Frauen in dem Beirat für Mädchenschulbildung im Staatsministerium für Unterricht und Kultus1396 Die Antragstellerin Freiin von Gebsattel begründete ihren Antrag damit, dass das Mädchenschulwesen bislang nur von Männern beraten und organisiert werde.1397 Deshalb sei es zu Klagen gekommen von Frauenorganisationen und vor allem von Müttern, dass die Schulen bis jetzt zu wenig Gewicht auf den späteren haus223

wirtschaftlichen Beruf der Frau gelegt hätten. Freiin von Gebsattel betonte ausdrücklich, dass „neben den Lehrerinnen auch Mütter und sozialtätige Frauen [...], die in der Armenpflege und in der sittlichen Fürsorge tätig seien und die Schäden unseres Volkswesens kennten,“ in dem Beirat vertreten sein müssten.1398 Die Forderungen nach einer neuen Organisation des Mädchenschulwesens und eine damit verbundene Stärkung der hauswirtschaftlichen Bildung erfolge keinesfalls aus „frauenrechtlichen Beweggründen; denn die Mädchenerziehung ist nicht lediglich eine Frauenfrage, sie ist eine Volksangelegenheit von größter ethischer, volkswirtschaftlicher und nationaler Bedeutung.“1399 Bislang seien die Lehrpläne der Mädchenschulen lediglich ein schlechter Abklatsch der Lehrpläne der Knabenschulen und nähmen damit keinerlei Rücksicht auf den „Charakter der weiblichen Psyche, die biologische Entwicklungskurve der Mädchen, die natürliche Bestimmung und Aufgabe der Frau als Lebensquell und Mittelpunkt der Familie, als Hüterin des Herdes, Pflegerin und Erzieherin der kommenden Generation.“1400 Die Folge sei viel zu wenig Handarbeits- und Kochunterricht, kaum technische Haushaltskunde, keine Erziehung zu seelischen Qualitäten des Opfersinns, der Selbstverleugnung und der Arbeitswilligkeit, wie sie gerade die Hausfrau und Mutter brauche. Deshalb sei eine Stärkung der hauswirtschaftlichen Erziehung in den Schulen für Mädchen das notwendigste. Die bisherige Vernachlässigung dieser hauswirtschaftlichen Schulung sei mittlerweile zu einem „nationalen Unglück geworden.“ [...] „Die Wurzellosigkeit unserer Massen, besonders unserer Arbeiterschaft geht zurück auf die mangelnde hauswirtschaftliche Ausbildung der Frau.“1401 Die mangelnde hauswirtschaftliche Bildung machte Freiin von Gebsattel zudem verantwortlich für weitere soziale Probleme wie die zunehmende Trunksucht der Männer und die Ehescheidungen. Diese einseitige Ausrichtung der weiblichen Bestimmung auf Hausfrau und Mutter im Bildungsbereich führte zu einem Widerspruch von Dr. Rosa Kempf. Ein derartiges Überwiegen eines einzelnen Lebenszweiges der Frau sei nicht akzeptabel, wenn der Beirat dieses Ziel verfolge, könne die geplante Mädchenreform keinesfalls als Fortschritt zu bezeichnen sein.1402 Zwar befürworte auch sie eine bessere hauswirtschaftliche Ausbildung, doch die Allgemeinbildung der Frau wie auch die berufliche Ausbildung dürfe dabei auf keinen Fall zurückgedrängt werden. Jede Ausbildung müsse den Mädchen die Freiheit der Entscheidung lassen zwischen Heirat und Beruf und nur ein geschulter Verstand werde die Biegsamkeit haben, sich verändernden Lebensbedingungen zu stellen. Nur unter dem Vorbehalt, dass der Frauenbeirat nicht „den Kampf zwischen Berufsbildung und hauswirtschaftlicher Bildung im Frauenbeirat“ eröffne, wolle sie diesem zustimmen.1403 Zudem dürfe der Beirat lediglich eine Ergänzung im Kultusministerium sein und nicht die bisherige Referentin im Kultusministerium 224

ersetzen. Im Gegensatz zu Freiin von Gebsattel, die frauenrechtliche Motive für den Beirat ablehnte, ging es Dr. Rosa Kempf bewusst um eine frauenrechtliche Positionierung auch in der Bildungsfrage. Die Gleichberechtigung von Knaben und Mädchen innerhalb des vom Staat geschaffenen Bildungssystems sei „die Voraussetzung eines lebendigen Staatsbürgertums der Frauen.“1404 In einem eigenen Antrag vom 3. April 1919 hatten Dr. Rosa Kempf und Käthe Günther die Regierung des Volksstaates Bayern ersucht, alle bestehenden Anstalten für fachliche und höhere allgemeine Ausbildung auch für die Mädchen zu öffnen. Zudem sollte der Ausbau des gewerblichen, landwirtschaftlichen sowie hauswirtschaftlichen Fachbildungswesens für Frauen und die Einführung einer Pflichtfortbildungsschule für Knaben und Mädchen auf beruflicher Grundlage vorbereitet werden.1405 Diese Öffnung der bestehenden Bildungsanstalten für Mädchen sei zunächst der einzige Weg, um eine Frauenbildung „in Zeiten staatlicher Not“ zu garantieren, um dann später durch einen gezielten Ausbau eines eigenen weiblichen Fachbildungswesens Frauen in jenen Gebieten weiterzuhelfen, in welchen den Bedürfnissen der Frauen innerhalb der Knabenausbildung nicht Rechnung getragen werden kann.1406 Dieser Antrag vom 3. April 1919 gelangte jedoch während der gesamten ersten Legislaturperiode nicht zur Behandlung. Auch die Bemühungen um einen stärkeren Fraueneinfluss im Bildungswesen waren weitgehend erfolglos. Dr. Rosa Kempf hatte beklagt, dass es in ganz Bayern bislang keine einzige weibliche Schulleiterin an öffentlichen Schulen gebe, mit Ausnahme an der Fortbildungsschule in München, dies war erst jetzt unter den veränderten politischen Zuständen möglich geworden. Dass die Mädchenschulen ausschließlich unter männlicher Leitung und unter einer Überzahl von männlichen Lehrkräften gestellt sind, sei für sie als System „absolut verwerflich,“ „ein ganz ungesunder Zustand, der hoffentlich nicht mehr lange weiterbestehen wird.“1407 In Bildungsfragen offenbarten sich Positionen offenbart, die ein gemeinsames parteiübergreifendes Vorgehen der liberalen und der konservativen Frauen verhindert hatte. Eine parlamentarische Zusammenarbeit zwischen den Frauen der DDP und der BVP ergab sich aber bei der Bitte, die Angehörigen der Kriegsgefangenen mit weitreichenden, außerordentlichen staatlichen Mitteln zu unterstützen und sie damit gleichzustellen mit den Hinterbliebenen der Gefallenen und Verletzten.1408 Die Interpellation war initiiert worden von Dr. Rosa Kempf und ihren Parteigenossen. Sie sah in der Behandlung der Kriegsgefangenen die „brutalste Rachsucht und die kleinlichste feige Furcht,“ „eine menschenunwürdige Lust am Quälen und Bedrohen eines Volkes.“1409 Die fortdauernden körperlichen Entbehrungen, die 225

lange Freiheitsberaubung und die Sehnsucht nach den Angehörigen hätten bei den Kriegsgefangenen eine Stimmung erzeugt, „die nahe an Verzweiflung grenzt und diese Stimmung überträgt sich auch auf die Angehörigen in der Heimat.“1410 Die Angehörigen müssten, neben dieser schweren psychischen Belastung, nun einen weiteren Winter ohne Rat, Hilfe und Mitarbeit ihrer Männer durchstehen und das Wenigste, das der Staat für diese Frauen tun könne, sei deshalb die materielle Not zu lindern. Auch Ellen Ammann unterstützte diese Interpellation, hob die ungeheuerliche Verzweiflung dieser Frauen hervor und forderte die Staatsregierung und den Landtag auf, „das Äußerste zu tun [...] um den Gefangenen, ihren Angehörigen und dem Ausland zu zeigen, daß wir hier sorgen wollen und auch würden mit Aufopferung des letzten, was wir hätten.“1411 Eine große Frauenkoalition zwischen Frauen sämtlicher Fraktionen des Landtages hatte sich bei einem die Sittlichkeit der Frauen berührenden Thema ergeben. In einem gemeinsamen Antrag wurde die Staatsregierung ersucht, die Reichsregierung zu veranlassen, darauf hin zu wirken, dass die farbigen Besatzungstruppen aus den besetzten Gebieten zurückgezogen werden: „Die wiederholt von Mitgliedern derselben verübten, von Frankreich immer wieder geleugneten und vertuschten Sittlichkeitsverbrechen gegen deutsche Mädchen und Frauen werden zu einer bleibenden Schmach für die ganze weiße Rasse und für das Sittlichkeitsempfinden der zivilisierten Welt, wenn nicht endlich Abhilfe geschaffen wird.“1412 Durch die schwarzen und farbigen Truppen in den besetzten Gebieten sei „ein sexueller Schrecken durch die Franzosen über das Rheinland losgelassen worden,“ Ellen Amman sah darin eine gezielte, überlegte Politik zur Demütigung Deutschlands, doch darüber hinaus werde die ganze Kultur der weißen Rasse erniedrigt.1413 Es dürfe keinesfalls mehr geduldet werden, dass in gewissen Gegenden „die Frauen und jungen Mädchen die Landarbeit auf dem Felde nicht allein verrichten können, weil sie keinen Augenblick sicher sind, daß sie nicht einem Sittlichkeitsverbrechen von schwarzen Soldaten ausgesetzt sind.“1414 Hinter diesen Antrag hatten sich „Frauen aller Stände, aller Klassen und aller Richtungen“ und die „Frauen sämtlicher Fraktionen des Landtages“ gestellt. Die Frauen vom Katholischen Frauenbund, deren Vorsitzende Ellen Ammann war, hatten sich in dieser Sache zudem an den Nuntius und den Papst gewandt.1415 * * * Für die ersten weiblichen Abgeordneten im Bayerischen Landtag war die parlamentarische Arbeit absolutes Neuland. Die programmatischen Vorgaben der Frauenorganisationen, die den Parlamentarierinnen mit auf den Weg gegeben wurden, schienen tatsächlich eine wesent226

liche Orientierung für ihre Arbeit gewesen zu sein. So stellten die ersten Politikerinnen Fraueninteressen in den Vordergrund und beschäftigten sich überwiegend mit Frauenfragen. Doch außer dieser von den Frauenorganisationen vorgegebenen inhaltlichen Ausrichtung auf Sozial- und Bildungspolitik ist ein Einfluss der Frauenverbände auf die Parlamentarierinnen kaum nachweisbar. In der öffentlichen Diskussion innerhalb der Verbandsorgane wurden aktuelle politische Themen nur auf einer sehr allgemeinen Ebene aufgegriffen. Der Einstieg in die parlamentarische Arbeit war für fast alle Politikerinnen schwierig. Die Beseitigung der Kriegsfolgen, die Wirren der Revolutionszeit belasteten die Anfänge der politischen Arbeit der Frauen. Die großen allgemein-politischen Debatten, die sich um grundlegende politische Weichenstellungen drehten, mieden die Frauen. Dagegen bemühten sich vor allem die Frauen aus der DVP und BVP Fraueninteressen im Parlament Gehör zu schaffen. Auffällig ist die Zurückhaltung der sozialdemokratischen Parlamentarierinnen. Aurelie Deffner wie auch Emilie Mauerer waren keinesfalls Neulinge in sozialdemokratischen Parteibetrieb. Doch die bisherigen Erfahrungen der sozialistischen Frauen in ihrem eigenen Organisationsapparat waren wohl keine wesentliche Hilfe bei der Bewältigung parlamentarischer Praxis. Parlamentarisches Taktieren und Debattieren waren ihre Sache wohl nicht. Die sozialdemokratischen Frauen gingen in dieser ersten Legislaturperiode völlig in ihrer Partei auf, eine autonome politische Wirksamkeit war nicht wahrnehmbar. Dabei ließ sich z. B. in der Frage des Zölibats durchaus eine größere Affinität zwischen sozialdemokratischen und liberalen Positionen erkennen. Doch die sozialdemokratischen Frauen überließen den Kampf für frauenpolitische Angelegenheiten lieber ihren Parteigenossen. Der Kampf für Fraueninteressen wurde im Bayerischen Landtag deshalb fast ausschließlich von den liberalen und katholisch-konservativen Frauen geführt. Dabei lassen sich bei beiden Gruppierungen ähnliche Argumentationsmuster erkennen. Liberale wie auch katholische Politikerinnen begründeten ihre Frauenansprüche fast stets mit nationalen Interessen: Arbeitsschutz für Frauen wurde mit generativen Interessen des Staates begründet, eine Aufwertung der Sozialarbeiterinnen würde sich zum Segen des Landes auswirken, hauswirtschaftliche Ausbildung den Zusammenhalt innerhalb einer Gesellschaft garantieren. Wo dieses Begründungsmuster nicht griff, da nationale Interessen mit Männerinteressen gleichgesetzt wurden wie im Falle von Demobilisierungsmaßnahmen, wurden ziemlich widerspruchslos Fraueninteressen den national-männlichen Interessen untergeordnet. Trotz gemeinsamer bzw. ähnlicher Grundorientierung und Argumentationsstrategien kann keinesfalls von einer gemeinsamen Frauenpolitik der weiblichen Abgeordneten gesprochen 227

werden. Eine parteiübergreifende Frauensolidarität konnte nicht festgestellt werden. Nur in einem Fall hatten sich die Frauen parteiübergreifend zusammengeschlossen, um gemeinsam für die Sache der Frauen zu kämpfen. Diese Übereinstimmung fand sich bei der geforderten Abziehung farbiger Besatzungstruppen, wo die Parlamentarierinnen das höchste Gut der Frau, deren Sittlichkeit, in Gefahr sahen. Ansonsten gingen liberale, konservative und sozialdemokratische Frauen weitgehend getrennte Wege. Eine Bewertung der ersten parlamentarischen Arbeit der weiblichen Politikerinnen führt deshalb zu der Erkenntnis, dass sich die Frauen mit einer gemeinsamen Frauenpolitik schwer taten. Dabei wurde eine gemeinsame Frauenpolitik m. E. weniger durch die Bindung an parteipolitische Vorgaben bzw. durch eine willfährige Unterordnung unter Parteiinteressen verhindert. Der Konflikt spielte sich – soweit erkennbar – nicht ab zwischen den männlichen und weiblichen Parteigenossen innerhalb ihrer Partei. Vor allem den DDP-Frauen gelang es, frauenspezifische Belange zusammen mit ihren Parteigenossen in die Form von Anträgen zu gießen und auch durchzusetzen. Dr. Rosa Kempf hatte in ihrem Tätigkeitsbericht über die weiblichen Abgeordneten in der ersten Legislaturperiode des Landtages vermerkt, dass sie „volles Verständnis und bereitwillige Unterstützung innerhalb der Fraktion gefunden“ hätten: „Es ist eben der deutschen Demokratischen Partei und der Fraktion ernst mit der Verwirklichung der demokratischen Grundsätze; sie will nicht, wie manche andere Partei nur schöne Theorien über die Gleichberechtigung der Frauen aufstellen, sondern im Leben den segensvollen Rechten der Frauen innerhalb des Volksganzen Geltung verschaffen.“1416 Auch die Frauen der BVP arbeiteten weitgehend im Einklang mit ihrer Fraktion. Ihr Emanzipationsverständnis, das in Ehe und Familie die höchsten Werte sah, wurde von ihren männlichen Parteigenossen geteilt und fand daher deren Unterstützung und Beifall. Die beiden Sozialdemokratinnen hatten den Kampf für Fraueninteressen gleich ihren männlichen Parteigenossen überlassen und verzichteten deshalb auf eigene Wortmeldungen. Da namentliche Abstimmungen eher die Ausnahme darstellten, konnte nur bei einem Antrag nachgewiesen werden, dass die Sozialdemokratinnen bei sozialdemokratischen Anträgen im Sinne der Partei abstimmten, doch es kann davon ausgegangen werden, dass dieses Abstimmungsverhalten die Norm war. Alle Frauen-Abgeordneten schienen damit innerhalb ihrer jeweiligen Partei-Familie Unterstützung ihrer Fraktion bei der Vertretung von Fraueninteressen zu besitzen. Doch gerade bei der BVP zeigte sich, dass mit der politische Gleichberechtigung keinesfalls eine Änderung der traditionellen Geschlechterordnung eingetreten war. Eine bislang geschlechterbezogene fami228

liäre Arbeitsteilung sollte nicht angetastet werden, die Vorstellung von der Rolle des Ehemanns als Ernährer der Familie blieb virulent. Der hartnäckige Kampf um das Zölibat kann durchaus auch als ein Ringen um das grundsätzliche Recht der Frau auf Erwerbstätigkeit interpretiert werden, von dem eine Signalwirkung über den Bereich der Lehrerinnen und Beamtinnen auf alle Berufe zu erwarten gewesen wäre. Die Rolle der berufstätigen Frau wurde so gegen die einer mütterlich umsorgenden Hausfrau ausgespielt. Doch diese traditionelle Geschlechterordnung wurde nicht nur von männlichen Politikern verteidigt, sondern auch von den konservativen Frauen im Parlament. Selbst wo sich liberale und konservative Positionen, wie z. B. bei Bildungsfragen, überschnitten und auf das gleiche Ziel, die Verbesserung der Bildungssituation von Frauen, ausgerichtet waren, zeigten sich unüberbrückbare Gegensätze hinsichtlich des dahinterstehenden Frauenbildes. Gerade die Haltung gegenüber der Berufstätigkeit der Frau wurde zu einer Leitdifferenz, die konservative und liberale Frauen in Bildungsfragen, aber auch in ihrer Bewertung des Beamtinnen- bzw. Lehrerinnenzölibats entzweite. Liberale Frauen wie Dr. Rosa Kempf standen vor dem Problem, die beruflichen Ansprüche der Frau zu rechtfertigen, ohne die auch von der gemäßigt-bürgerlichen Frauenbewegung geforderte Gleichwertigkeit der Familienrolle der Frau in Frage zustellen. So behaupteten auch die liberalen Frauen keineswegs einen durchgängigen Anspruch der Frau auf Erwerbstätigkeit und plädierten eher für die Wahlfreiheit der Frau zwischen Beruf und Ehe. Für die konservativen Frauen lag das Dilemma darin, Mutterschaft und Hausfrauentätigkeit als Hauptberuf zu definieren und gleichzeitig die „wirtschaftliche Notwendigkeit der Frauenarbeit heutzutage einzusehen,“ wie Freiin von Gebsattel es formulierte.1417 Doch dieses Zugeständnis bedeutete keinesfalls, dass das Ziel einer den Männern gleichgestellten, gleichwertigen Berufsausbildung für die Frau verfolgt wurde. Die Mädchenerziehung stand als „brennende Frage“ im Fokus des nationalen Interesses durch den notwendigen „Wiederaufbau der Familie“ und der „inneren Erneuerung unseres Volkes.“1418 Die Gegensätze, die eine gemeinsame Frauenpolitik verhinderten, lassen sich damit nur bedingt mit Parteidisziplin erklären. Nicht parteipolitische Weltanschauungen prägten die Frauenpolitik der ersten Abgeordneten im bayerischen Landtag, sondern das unterschiedliche Emanzipationsverständnis, entwickelt von unterschiedlichen Organisationen der einzelnen Frauenverbände, bestimmte das politische Handeln der weiblichen Interessenvertreter auf parlamentarischer Ebene. Die frauenpolitischen Leitbilder, die sich innerhalb der einzelnen Organisationen der konfessionellen und der bürgerlich-gemäßigten Frauenbewegung ausge229

bildet hatten, wurden zu fast unüberwindbaren Hürden und führten dazu, dass kein einheitlicher politischer Frauenwillen entstand. So gelang es nicht, ein überparteiliches politisches Frauenprogramm zu formulieren, das dem Gestaltungswillen der Frauen eine größere politische Stärke verliehen hätte. Widersprüchliche Vorgaben, abgeleitet aus den Emanzipationskonzepten, führten dazu, dass man nicht zu einer klaren Konzeption gelangte. Das Fehlen von klaren Zielsetzungen und Wertigkeiten belasteten somit die politischen Einflussmöglichkeiten. Trotzdem kam es zu wichtigen Ansätzen politischer Arbeit einzelner weiblicher Abgeordneter auf sozialpolitischen und bildungspolitischen Gebieten, die auf gesetzgeberischem Wege eine stärkere Berücksichtigung von Fraueninteressen in Angriff nahmen. Diese frauenpolitischen Intentionen hatten jedoch vielfach auch einen standespolitischen Hintergrund, wenn die Liberalen um bessere Bedingungen für Beamtinnen oder Lehrerinnen kämpften. War doch dieses berufliche Feld eine Domäne der Frauen aus den bürgerlichen Mittelschichten. Die inhaltliche Ausgestaltung der ersten Frauenpolitik im Bayerischen Landtag trug damit eine liberal-konservative Handschrift. Es fehlte der aktive Beitrag der sozialdemokratischen Frauen und mit dem Scheitern der Kandidatur von Dr. Anita Augspurg entfiel auch eine radikal frauenrechtliche Position. Der frauenpolitische Gegensatz zwischen den liberalen und konservativen Frauen zeigte sich auch in ihrem Selbstverständnis als Vertreterinnen von Fraueninteressen. Einerseits sollte die Frau als Frau ihre politische Arbeit leisten und dadurch den Fraueninteressen eine größere Geltung verleihen, andererseits mied man eine bewusste frauenpolitische Position. Fraueninteressen galten weiterhin als Sonderinteressen, die man bereitwillig den nationalen Interessen opferte. Vor allem im konservativen Lager wurde eine frauenrechtlerische Position geradezu abgelehnt. Nur Dr. Rosa Kempf trat im Bayerischen Landtag bewusst als Frauenrechtlerin auf und verwies stolz auf ihren langjährigen Einsatz für Frauenrechte selbst in einer Zeit, „in der man es nur tun konnte unter Einernten von Vorwürfen“ und in der ein „gewisser Mut“ dazugehörte, für Frauenrechte einzutreten.1419 Frauenrechtlerin zu sein war für sie eine Ehrenbezeichnung: „Ich freue mich, daß ich im Leben schon oft ‚Frauenrechtlerin“ genannt wurde, und hoffentlich gehe ich als solche ins Grab.“1420 Mit der politischen Gleichberechtigung war für sie die volle gesellschaftliche Gleichberechtigung keinesfalls erreicht, der frauenrechtlerische Kampf noch nicht zu Ende: „Wir werden noch lange zu kämpfen haben, bis im Leben die Gleichberechtigung der Frauen durchgedrungen ist.“1421 Demensprechend realistisch sah sie auch die Arbeit der ersten weiblichen Abgeordneten im bayerischen Landtag, auch wenn die

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Vertretung von Fraueninteressen nun leichter möglich sei, da jede Partei sich hüten würde, die Frauen als Wählerinnen zu verstimmen.1422

5.1.3 Politische Arbeit in rätepolitischen Gremien Zeitgleich mit der revolutionären Welle im November 1918 waren die für die kommende Revolutionszeit charakteristischen Institutionen entstanden. Arbeiter- Bauern- und Soldatenräte etablierten sich als die neuen Träger der politischen Macht. Im unmittelbaren Anschluss an die Staatsumwälzung wurden in fast allen bayerischen Gemeinden ‚örtliche Räte’ gebildet.1423 Bis Beginn des Jahres 1919 war die Bildung dieser örtlichen Räte im allgemeinen abgeschlossen,1424 insgesamt waren über 7 000 Räte ins Leben gerufen worden.1425 Zusammen mit den überregionalen Räten wie dem Revolutionären Arbeiterrat, dem Provisorischen Nationalrat, verschiedensten Zentralräten und Aktionsausschüssen war eine Räteorganisation von hohem Symbolwert geschaffen worden, verkörperten sie doch gleichsam die neue revolutionäre Zeit. Auch Frauen hatten Zugang zu diesem verzweigten Rätesystem. So waren alle männlichen und weiblichen Angehörigen, sofern sie am Tage der Wahl das 20. Lebensjahr vollendet hatten, wahlberechtigt, 1426 jedoch mit einer wesentlichen Einschränkung. Von der Ausübung des Wahlrechts ausgeschlossen waren „Familienangehörige, die ausschließlich oder vorwiegend im Haushalt der eigenen Familie beschäftigt sind.“1427 Wie widerwillig Frauen der Zugang zu den Räten zugesprochen wurde, zeigte die formulierte Begründung: „Die Frauen werden von der Wahl nicht grundsätzlich auszuschließen, jedoch nur so weit zu berücksichtigen sein, als sie nicht bloß im Haushalt, sondern in wirtschaftlichen Betrieben tätig sind.“1428 Damit war die Wahl zu den Arbeiterräten gebunden an die Erwerbstätigkeit, eine Bedingung, die gleichsam ein undemokratisches Element in der Wahlordnung der Räte verankerte. Die staatsbürgerliche Gleichheit und Gleichbewertung aller StaatsbürgerInnen wurde innerhalb der Räteorganisationen wieder ausgehebelt, nur die Erwerbstätigen durften über die Zusammensetzung entscheiden bzw. hatten einen Zugang zu den Räten. Ein Großteil der Frauen war somit vom Zugang zum Rätesystem ausgeschlossen, ein System, das gedacht war als „Grundlage des neuen Regierungssystems“ mit der Aufgabe, „die Massen des Proletariats unmittelbar zur politischen Mitarbeit heranzuziehen.“1429 Eingeschränktes Wahlrecht und frauenfeindliche Praxis bei der Durchführung der Wahlen1430 behinderten damit sicherlich eine angemessene Integration der Frauen in das System kommunaler Räte. Die Wahlpraxis sah so aus, dass neben den Facharbeitern vor allem in kleineren Gemeinden Bürgermeister, Landwirte, Gastwirte und Handwerker in die örtlichen Räteorga231

nisationen gewählt wurden, Männer, die zu den Honorationen in den Gemeinden zählten und die sich in dem neuen System eine neue politische Macht sichern wollten. In den größeren Städten wurden die Mitglieder oft nicht gewählt, sondern in Absprache mit den örtlichen sozialdemokratischen Parteiführern bestimmt.1431 Frauen schätzten damit möglicherweise von vornherein ihre Chancen auf einen Sitz in einem Arbeiterrat als zu gering ein und beteiligten sich so oft nicht einmal an den Wahlversammlungen.1432 Möglicherweise scheuten Frauen aber auch die politische Verantwortung und den dazu benötigten Zeitaufwand und verzichteten deshalb auf einen Mitgestaltungsanspruch in wirtschaftlichen und sozialen Lebensbereichen. Dies ist umso erstaunlicher, als die Tätigkeitsbereiche der kommunalen Räte einer kommunalen Nahversorgung diente, vom Lebensmittelbereich über Wohnungsprobleme bis zur Regulierung des Arbeitsmarktes. Der Aufgabenbereich lag damit ganz nah an dem unmittelbar erlebten sozialen und wirtschaftlichen Umfeld, das den Frauen die Gründe für ihre Lebensmittelkrawalle während des Krieges geliefert hatte. Doch die Proteste wiesen Verantwortlichkeiten für Missstände behördlichen Institutionen zu und enthielten keine konkreten Problemlösungen. Die Anforderungen an eine Mitarbeit in kommunalen Räten lagen jedoch auf einer anderen Verantwortungsebene. Doch es liegen auch durchaus Hinweise vor, die darauf hinweisen, dass die etablierten Räte nicht gerade eine Willkommenskultur gegenüber interessierten Frauen pflegten. Toni Pfülf hatte sich an den Innenminister Erhard Auer, der zuständig war für die Berufung der Mitglieder des Münchener Arbeiterrates, gewandt und sich um einen Sitz beworben. Als dieser ihre Bewerbung verzögerte und nicht weiter verfolgte, war sie uneingeladen bei einer Sitzung des Münchener Arbeiterrates Ende November 1918 erschienen.1433 Erich Mühsam, der die Sitzung leitete, hatte Toni Pfülf aufgefordert, die Sitzung zu verlassen, sie wehrte sich jedoch ganz energisch dagegen mit den Worten: „Man kann mich nur mit Gewalt aus dem Sitzungssaal befördern, denn ich habe hier im Arbeiter- und Soldatenrat die Interessen der Frauen zu vertreten.“1434 Mit einer „geringen Mehrheit“ beschloss dann der Arbeiter- und Soldatenrat aber die Nichtzulassung von Toni Pfülf an dieser Sitzung, sie verließ den Sitzungssaal.1435 Ob also ausgeprägt antifeministische Tendenzen der Räte, ein zu geringes Interesse der Frauen oder eine Mischung von beidem vorlagen, muss ungeklärt bleiben. Welche Gründe letztendlich eine größere Repräsentanz der Frauen in den kommunalen Räten verhinderten, bleibt offen. Tatsache jedoch ist, dass nur eine extrem geringe Zahl von Frauen in den örtlichen Räten in Bayern vertreten war.1436

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Um so erstaunlicher ist es, dass Frauen einen Zugang zum Provisorischen Nationalrat gefunden hatten, am Rätekongress in München teilnahmen und/oder in den verschiedensten revolutionären Kommissionen und Ausschüssen tätig waren.

5.1.3.1 Frauen im Provisorischen Nationalrat Die Bildung eines Übergangsparlamentes hatte Kurt Eisner bereits am 7. November in der Nachtsitzung im Landtagsgebäude angekündigt. Am Nachmittag des nächsten Tages kam es zum ersten Zusammentritt des provisorischen Parlamentes. Anwesend war der in der Nacht gebildete Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat. Am 13. Dezember 1918 – es war die zweiten Sitzung – präsentierte sich der provisorische Nationalrat, gedacht als „revolutionäres Parlament,“1437 in seiner endgültigen Zusammensetzung.1438 Die Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte hatten je 50 Vertreter entsandt und bildeten mit zusammen 150 Vertretern die größte Gruppe. Ebenso waren 39 Abgeordnete des alten Landtages und insgesamt 67 Delegierte aus 30 verschiedenen Organisationen vertreten. Unter diesen 30 Organisationen befanden sich neben den Gewerkschaften, Beamtenverbänden, Wirtschaftsvereinigungen auch sechs Frauenvereine. Die Mitglieder des provisorischen Nationalrates waren von Kurt Eisner nach den Prinzipien des Rätegedankens zusammengestellt worden. Durch die Einbeziehung ehemaliger Landtagsabgeordneter wie auch der Repräsentanten von berufsständischen Organisationen sollte seiner Politik die Aura einer breiten demokratischen Zustimmung verliehen werden. Dies erschien wohl wichtig, da ja der Nationalrat nicht vom Volk gewählt wurde. Breite Bevölkerungsteile hatten nicht an der Bildung des provisorischen Nationalrates mitgewirkt.1439 Obwohl Kurt Eisner am 7. November 1918 das Frauenwahlrecht proklamierte und einen maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung des provisorischen Nationalrates besaß, befanden sich in seinem „revolutionären Parlament“ unter den 256 Delegierten nur acht Frauen.1440 Hedwig Kämpfer, Kaufmannsgattin, war einziges weibliches Mitglied im Landesarbeiterrat und gehörte dort dem Revolutionsausschuss an. Aloisia Eberle, Verbandssekretärin, war eine der fünf Vertreter des Ortskartells der Christlichen Gewerkschaften Münchens und des Bezirksverbands der katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine Münchens.

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Helene Sumper, Hauptlehrerin a. D., vertrat als einziges Mitglied den Bayerischen Lehrerinnenverein. Marie Sturm, Bezirksoberlehrerin, war einzige Vertreterin des Vereins katholischer Lehrerinnen. Luise Kiesselbach, Vorsitzende des Hauptverbandes bayerischer Frauenvereine in München, gehörte als einzige Frau dem Rat geistiger Arbeiter an, neben 4 männlichen Mitgliedern. Emilie Maurer, Obersekretärsgattin in München, vertrat als – einziges – Mitglied den Sozialdemokratischen Frauenverein München. Dr. Rosa Kempf, Studiendirektorin a. D., vertrat als – einziges – Mitglied den Hauptverband der bayerischen Frauenvereine. Dr. Anita Augspurg gehörte als – einzige – Vertreterin des Vereins für Frauenstimmrecht ebenfalls dem provisorischen Nationalrat an. Die Frauenquote betrug damit lediglich 3,1%, weniger als im Bayerischen Landtag. Bis auf Hedwig Kämpfer, die als Vertreterin des Landesarbeiterrates eine „revolutionäre“ Legitimation beanspruchen durfte,1441 bleibt die Aufnahme (und damit die Frage der Legitimation) der anderen Frauen weitgehend ungeklärt. Sie verdankten ihre „Legitimation“ ihrer Mitgliedschaft bei „berufsständischen“ Organisationen. Die Initiative zur Aufnahme ging üblicherweise von den jeweiligen Organisationen aus. Deren Vertreter reichten schriftliche Anträge an die Regierung ein oder führten mündliche Verhandlungen mit den Ministern.1442 Bei den Frauenorganisationen hatten teilweise jedoch die männlichen Partnerorganisationen diese Vermittlung eingeleitet. Dies war der Fall bei dem Süddeutschen Verband der katholischen Arbeiterinnenvereine1443 und bei den Lehrerinnverbänden;1444 Luise Kiesselbach war vom Rat geistiger Arbeiter entsandt worden.1445 Die Hintergründe der Aufnahme in den Provisorischen Nationalrat bei den anderen Frauen müssen leider ungeklärt bleiben. Die Beteiligung der Frauen am Provisorischen Nationalrat beruhte damit teilweise auf einer Initiative von Männerorganisationen. Damit stellt sich die Frage nach den Motiven, die Männerorganisationen dazu veranlasste, Frauen vorzuschlagen. War es der neue Zeitgeist, Frauen als politisch mündige Staatsbürgerinnen wahrzunehmen, oder sollten lediglich einige wenige Frauen vor den eigenen Wagen gespannt werden? Sicherlich wären auch Männer zur Verfügung gestanden, doch vielleicht hoffte man, dass Frauen, die ihre „Mandate“ Männern verdankten, leichter zu beeinflussen seien und ihr „Mandat“ als Beauftragte von Männern ausüben würden. Diese Stärkung von Männerinteressen lief zunächst innerhalb der jeweiligen 234

Verbandsinteressen, doch denkbar wäre durchaus auch ein parteipolitisches Motiv. Die politischen Auseinandersetzungen verliefen nach dem Umsturz ebenso wie vorher im Rahmen der politischen Parteien.1446 Mit Ausnahme der Abgeordneten ehemaligen Landtagsfraktionen war der Zugang zum Übergangsparlament aber nicht parteipolitisch organisiert, sondern erfolgte über die Räte und die berufsständischen Organisationen. Inmitten dieser parteipolitischen Heterogenität der einzelnen Gruppen mag es als wichtig erachtet worden sein, die eigene Fraktion durch entsprechende loyale Mitglieder innerhalb der berufsständischen Organisationen zu stärken. So stand Aloysia Eberle im Parteilager der BVP.1447 Luise Kiesselbach vom Rat geistiger Arbeiter, Helene Sumper vom Bayerischen Lehrerinnenverein wie auch Dr. Rosa Kempf vom Hauptverband der bayerischen Frauenvereine gehörten der DVP an. Als Mitglieder des Provisorischen Nationalrates befanden sich also insgesamt acht Frauen in einem Männerparlament, das geprägt war von hitzigen Debatten. Vielfach unterbrochen durch Einwürfe und Zurufe aus dem Plenum, hatte Dr. Rosa Kempf am 18. Dezember 1918 das Wort ergriffen als „Vertreter des Hauptverbandes der bayerischen Frauenvereine.“1448 Zunächst würdigte sie zwar die neuen staatsbürgerlichen Rechte der Frau, die es den Frauen erstmalig ermöglichten, in einem „bayerischen Parlament“ als gleichberechtigte Mitglieder zu sprechen.1449 Doch vergeblich suchte sie die proklamierte „gleichberechtigte Beteiligung der Frau“ in der Politik.1450 Ein Indiz dafür, dass die neue Zeit den Frauen noch nicht die gleichberechtige Beteiligung gebracht hatte, sah sie in der Zusammensetzung des provisorischen Nationalrates: im Bauernrat seien keine Bäuerinnen, obwohl ein Bauernhof nicht ohne Bäuerin geführt werden kann, in den Vertretungen der Arbeiterschaft seien kaum Arbeiterinnen, obwohl die Arbeiterinnen im Krieg wichtige Arbeit in den Fabriken geleistet hätten.1451 Sie kritisierte, dass der vom HBF gebildete Frauenrat ebenso wenig eine Vertretung im provisorischen Nationalrat erhalten hatte wie der sozialdemokratische Frauenrat. In sämtlichen neu geschaffenen Räteorganisationen zeige sich, dass „das Recht der Frau zu kurz kommt.“1452 Doch ohne eine entscheidende Vertretung in den Räten blieben die staatsbürgerlichen Rechte der Frau eine Farce, in dieser aktuellen Minorität könnten sie keinesfalls ihre politische Stimme in der notwendigen Stärke in die Waagschale werfen.1453 Aus frauenpolitischen Erwägungen forderte sie deshalb baldige Wahlen, da die Teilnahme an den Wahlen für die Frauen die „einzige Möglichkeit“ darstellen würde, ihre staatsbürgerlichen Rechte auszuüben.1454 Mit der Forderung nach einem frühzeitigen Wahltermin übernahm sie die bürgerliche Position und ging damit auf einen deutlichen Konfrontationskurs zu Kurt Eis235

ner. Entgegen seiner früheren Zusicherung, eine konstituierende Nationalversammlung bald einzuberufen, war Eisner bereits einige Wochen nach der Revolution von seiner ursprünglichen Position abgerückt. Auch in den weiteren Ausführungen zeigte sich eine revolutionskritische Haltung. Dr. Rosa Kempf kritisierte die Auswirkungen der Revolution auf die gesellschaftlich-politischen Verhältnisse in München. Unter der Revolutionsregierung hatten die radikalen Linken, die Spartakisten, und Erich Mühsam’s Anarchisten begonnen, die Parlamentswahlen zu sabotieren, missachteten Versammlungs- und Redefreiheit und sprengten Versammlungen bürgerlicher Organisationen. Diese Ausschreitungen schrieb sie den neuen Machthabern des Rätesystems zu, vor allem die Tatsache, dass diese Ausschreitungen geduldet würden: „Ich als Frau, die die Instinkte des ‚Dreinschlagens’ und der ‚Fäuste’ nicht teilen kann, die ich mein Leben lang diese Brutalität der Fäuste gehaßt habe, ich verstehe die Duldsamkeit gegenüber diesen Vorgängen nicht; ich verstehe nicht, warum wir jetzt wieder vor der Tatsache stehen, daß nicht zugegriffen wird. Das waren wir bei der alten Regierung gewöhnt, daß nicht zur rechten Zeit gehandelt wurde. Nun habe ich die Empfindung, es wird wieder geradeso gemacht. [...] Wie lange sollen Versammlungen noch gesprengt werden?“1455 In einer Atmosphäre des Terrors sei es unmöglich, Frauen auf ihr neues weibliches Staatsbürgertum vorzubereiten oder für den „Fortschritt zu begeistern.“1456 Diese Bedrohung der körperlichen Sicherheit unter dem Räteregime würde die Begeisterung für die Revolution lähmen und dafür sorgen, „daß die Gegenrevolution ihr Haupt wieder kühn erhebt, [...] weil man nicht mehr das Gefühl der Freiheit und Sicherheit hat.“1457 Dr. Rosa Kempf wandte sich direkt an Kurt Eisner. Dieser solle sich entscheiden, ob er „eine Terrorherrschaft von oben, wo eine kleine überzeugte Clique alles beherrscht“ wolle oder ob er „die Seelen und Überzeugungen der Menschenmassen“ gewinnen wolle.1458 Letzteres könne jedoch nur über eine Garantie von körperlicher Sicherheit erfolgen, denn „unter dem Einfluss des Schreckens kann man niemand begeistern.“1459 In diesem ersten Teil ihrer Rede hatte Dr. Rosa Kempf sehr kritisch die Stellung der Frau seit der Ausbruch der Revolution bewertet: Für die Frau habe die „neue Zeit“ weder eine nennenswerte politische Beteiligung gebracht, ihr Einfluss auf die politische Sphäre sei weiterhin zu gering, die erhoffte Freiheit sei noch keinesfalls eingetreten, die politische Atmosphäre sei durch die Revolution geprägt von Gewalt und Terror und verhindere so eine notwendige politische Aufklärung der Frau.

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In dem nun folgenden Hauptteil ihrer Rede brachte Dr. Rosa Kempf die dringendsten Forderungen der Frauenbewegung vor, alte Forderungen, wie sie meinte, „die jetzt ihre Erfüllung erleben werden.“1460 Es ging dabei darum, die „alten Zöpfe“ abzuschneiden, die noch in vielerlei Gesetzen vorhanden seien, „komische Bestimmungen“, die den Frauen ihre selbständige Persönlichkeit nähmen.1461 Die Sicherung der neuen staatsbürgerlichen „Befreiung,“ also das Recht auf aktives und passives Wahlrecht in allen Körperschaften, wurde an die erste Stelle des Forderungskatalogs gestellt.1462 Dieses Recht sollte in der kommenden Verfassung festgelegt werden und sich auf alle Instanzen beziehen „in allen Kreisen und Gemeindeverwaltungen, vor allem auch in den Berufsorganisationen, also den Arbeitskammern oder Arbeiterräten, wie sie jetzt heißen werden, den Landwirtschaftskammern, Handelskammern usw.“1463 Es folgten weitere frauenpolitische Forderungen, die teilweise bereits vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges erhoben wurden, aber ohne Erfolg:1464 •

Beteiligung in allen Zweigen der Staatsverwaltung und damit an ausführenden Organen, nicht nur auf unteren Positionen, sondern auch als „weibliche Vorgesetzte“,



Beteiligung in allen Zweigen der sozialen Fürsorge,1465



Veränderungen im Schulwesen,1466



Notwendigkeit der Frauenerwerbsarbeit,1467



Zulassung der Frau zu den Ämtern der Richter, der Schöffen und Geschworenen,1468



Gleichstellung von Ehepartnern,1469



Aufhebung des Zwangszölibats für weibliche Beamte,



Gleichstellung der unehelichen mit den ehelichen Kindern, Besserstellung der unehelichen Mütter und



Aufhebung der Reglementierung der Prostitution.

Nach diesem Forderungskatalog wurden die Probleme für die Frauen bei der Demobilisation angesprochen und Dr. Rosa Kempf forderte die Regierung auf, Auskunft darüber zu geben, „was die Regierung gegen diese jetzt eintretende weibliche Erwerbslosigkeit zu tun gedenkt, wieweit sie das Recht der Frau auf Arbeit auch neben dem Rechte des Mannes zu arbeiten durchzusetzen gedenkt.“1470 An den Schluss ihrer Rede rückte Dr. Rosa Kempf nochmals eine deutliche Kritik an der Revolutionsregierung. Anlass war ein Antrag von Prof. Quidde, der Revolutionsregierung unter Kurt Eisner eine parlamentarische Kommission zur Beratung und Kontrolle in außenpoliti237

schen Fragen zur Seite zu stellen.1471 Dr. Rosa Kempf hatte diesen Antrag durch ihre Unterschrift mitgetragen und empörte sich darüber, dass Gustav Klingelhöfer, der im Namen des Landessoldatenrates gesprochen hatte, diesen Antrag der Demokratische Fraktion als „würdelos“ bezeichnet hatte.1472 Dr. Rosa Kempf verwehrte sich gegen diese Ansicht, dass eine solche Kommission ein Zeichen des Misstrauen sei, für sie garantiere diese vielmehr „den dauernden Zusammenhang des Nationalrates mit der Regierung.“1473 Das von Klingelhöfer eingeforderte „Vertrauen“ gegenüber der Regierung wurde zum Anlass einer scharfen Kritik gegenüber der Revolution: „Sollen wir nun das Kirchentum der Revolution bekommen, neben dem anderen Kirchentum? Sollen wir den Menschen, die die Revolution gemacht haben, physisch mit ihrer Hand oder mit ihrem Wort in einer Nacht, sollen wir diesen blind glauben, wie die andern ihren Führern? [...] Wir wollen keinen Glauben, sondern wir wollen Vertrauen, das auf Wissen beruht. [...]Wie wollen keine Unfreiheit, keine Hierarchie von irgendeiner Seite jetzt mehr auftauchen sehen, also keine Hierarchie der Revolutionäre.“1474 Gerade die Frauen hätten keine Veranlassung einer männlichen Politik „blind zu vertrauen,“ denn mit der „männlichen Politik [...] hat eben auch der Mann versagt.“1475 Die jetzige Revolutionsregierung verkörpere mit ihrem Anspruch auf Vertrauen die gleiche politische Auffassung, die blindlings in den Krieg geführt habe. In einem leidenschaftlichen Statement wandte Dr. Rosa Kempf sich gegen einen sich ausbreitenden negativen Personenkult, der die jetzige politische Situation prägen würde. Den Revolutionsführern, jedoch ohne einzelne Namen zu nennen, rief sie zu, dass nicht einzelne Führer die Geschichte verändern, sondern dass große Geschehnisse von der großen Menge des Volkes getragen werden. Die Revolutionsnacht, getragen von revolutionären Gedanken einer Handvoll Menschen, hätte keineswegs die Massen umgewandelt. Auch wenn sich die Revolution organisch entwickelt hatte – sonst wäre sie nicht so unblutig verlaufen – sei es nun notwendig, alle gesellschaftlichen Kräfte in den neuen Staatsaufbau einzubinden. Dabei dachte Dr. Rosa Kempf vor allem an das Bürgertum: „Sie sollen auch das Bürgertum in sich aufnehmen und es gern willkommen heißen, und zwar, ohne es soviel unnütz anzuklagen.“1476 Mit einem flammenden Appell für das Bürgertum beendete Dr. Rosa Kempf ihren Redebeitrag: „Sie brauchen die Aufschließung des bürgerlichen Herzens für die neue Freiheit mit Glauben und Vertrauen und darum arbeiten Sie, bitte, mit den positiven Kräften der Menschenseele, dann werden Sie bessere Früchte sehen und das ist auch die einzig sichere Waffe gegen die Gegenrevolution.“1477 Dr. Rosa Kempf hatte in ihrem Redebeitrag frauenpolitische Belange verknüpft mit der aktuellen politischen Situation. Souverän trug sie dem revolutionären Parlament Frauenforderun238

gen vor, mutig stellte sie sich auch gegen manche revolutionären Entwicklungen und brachte ihre Kritik in aller Deutlichkeit vor. Selbstbewusst hatte sie sich auch an das Rednerpult gestellt und die Erwartung geäußert, dass durch den Eintritt der Frauen in die Politik eine neue politische Redekultur entstehen würde: „Es wird ohnehin ein neuer Ton mit der Teilnahme der Frau in die Verhandlungen einziehen, und wenn dieser mit der Variation beginnt, daß die Reden ruhig verlaufen, dann ist auch dies ein kleines angenehmes Nebenprodukt.“1478 Sie erwartete, dass sich die Zuhörer „in ruhiger Gemütsverfassung befinden“ und ihre Entscheidungen nach „reiflicher, ruhiger Überlegung“ treffen.1479 Scheinbar gelang es Dr. Rosa Kempf, etwas Ruhe und Takt in die lauten männergeführten Debatten zu bringen. Dieser neue Stil war zumindest den Münchener Neuesten Nachrichten, zu dieser Zeit noch liberal ausgerichtet, einige Zeilen wert: „Durch feinen Takt und durch Wissen wirkte Frau Kempf nachhaltiger und zwingender als je einer der rabiaten Menschen wirken kann, die Pfeifen und rollende Augen oder Faustschläge auf das Pult als Merkmale einer neuen Zeit und als Beweis ihrer wahren Demokratie betrachten.“1480 Doch wie wurde die Rede im Parlament aufgenommen? Ihre Rede war immer wieder durch lautstarke Zurufe unterbrochen worden. Heftige Diskussionen und Zwischengespräche unter den Delegierten löste vor allem die Kritik von Dr. Rosa Kempf an der mangelnden Vertretung von Frauen im provisorischen Nationalrat aus. Der Tumult war so groß, dass sie ihre Rede erst fortsetzen konnte, nachdem der Vizepräsident des provisorischen Landtags mit einer Glocke sich Gehör verschaffte, um darum zu bitten, weitere Zwischengespräche zu unterlassen. Ihre frauenpolitischen Forderungen wurden schweigend vom Parlament aufgenommen, dagegen lösten ihre revolutionskritischen Äußerungen lebhaften Beifall und Händeklatschen aus, wohl aus dem bürgerlichen Lager. Die revolutionskritischen Äußerungen blieben jedoch nicht unerwidert. Kurt Eisner persönlich reagierte auf diese Vorhaltungen. Er setzte sich mit zwei Passagen aus Dr. Kempf’s Rede auseinander, in denen er einen Angriff auf seine Person und auf die Revolution sah: dem Antrag auf Einsetzung einer Kontrollkommission und dem erhobenen Vorwurf des Terrors. Mit ihrer Stellungnahme zu dem Antrag auf eine Kontrollkommission fühlte sich Kurt Eisner direkt angegriffen. Zwar habe Frau Dr. Kempf das „unzweifelhafte Recht der parlamentarischen Kontrolle zu begründen versucht, das niemand bestreitet.“1481 Aber in dieser Form sah er „einen Entmündigungsversuch des Ministers des Äußern.“1482 Hinter diesem Antrag sah er den Einfluss von „alldeutschen Einschleichern,“ doch von diesen lasse er sich nicht kontrollieren, ehe würde er wieder die Massen aufrufen, so seine Ausführungen.1483 Dr. Rosa Kempf 239

hatte sich nun in den Augen von Kurt Eisner in den Dienst dieser Kräfte gestellt, dabei die wahren Hintergründe zu verschleiern verstanden und einen beabsichtigten persönlichen Angriff nur scheinbar auf den allgemeinen parlamentarischen Boden gestellt. Sein Kommentar lautete daher: „Ich hätte mehr Ehrlichkeit von der Vorrednerin gewünscht.“1484 Trotz dieser massiven Reaktion von Kurt Eisner war dies nur ein thematischer Nebenschauplatz. Wesentlich ausführlicher setzte sich Eisner mit dem Vorwurf auseinander, „daß die Frauen heute unter dem Terror der rohen Gewalt stünden und sich deshalb nicht frei bewegen können.“1485 Eine derartige Darstellung der gegenwärtigen Zustände hielt er für übertrieben und gefährlich, weil damit „auf die unverantwortlichste Weise heute mit den Empfindlichkeiten der Masse gespielt wird.“1486 Auf die eigentlichen Vorhaltungen reagierte er mit den unterschiedlichsten Argumenten. Zunächst versuchte er die Vorwürfe abzuwiegeln, er selber sei auf zahlreichen Versammlungen gewesen, die alle ruhig verlaufen wären.1487 Doch gleichzeitig verwies er auf die ortsüblichen Verhältnisse in Bayern, so seien auch vor der Revolution „die wüstesten und wildesten Versammlungen“ abgehalten worden und „Maßkrüge als geistige Argumente“ geschleudert worden.1488 Doch dann ging er zum Gegenangriff über. Unlautere Elemente, die sich nur scheinbar auf den Boden der Revolution gestellt hätten, würden die Massen in unverantwortlicher Weise provozieren, sei es durch Beschimpfungen in der Presse oder durch verleumderische Äußerungen in Versammlungen. Nicht die Revolutionäre üben Terror aus, es wachse vielmehr der Terror der Konterrevolutionäre.1489 Diese seien nicht davor zurückgeschreckt, sogar bewaffnet vor dem Außenministerium zu erscheinen, um ihrer Forderung nach einer Nationalversammlung Nachdruck zu verleihen.1490 Doch von dieser „militärischen Demonstration“ wurde nichts berichtet und auch Dr. Kempf hätte sie nicht angesprochen. So warf Kurt Eisner Dr. Kempf vor, mit sehr ungleichem Maß zu messen, hinter den aufgeregten Äußerungen über Gewalttätigkeiten verstecke sich ein Angriff auf die Revolution. Dr. Kempf, in der er die Vertreterin bürgerlicher Interessen sah, rief er deshalb zu: „Sie haben die Ruhe, die sie selbst mitzuhelfen schaffen.“1491 Dr. Rosa Kempf als Vertreterin der bayerischen, bürgerlichen Frauenbewegung, die überwiegend getragen wurde von Frauen des gehobenen Bürgertums, vertrat damit eine soziale Gruppe, der Eisner mit deutlicher Reservierung gegenüberstand. Bürgerliche Kräfte galten Eisner als Feinde der Revolution. Sie sollten nur mitarbeiten nach Gedanken, „die wir ihnen weisen [...] wir brauchen sie, ihre fachmännische Tätigkeit, aber politische Richtung, politische Macht räumen wir ihnen nicht ein.“1492 Ursprünglich hatte er sogar vorgehabt, keine Stellung zu ihrer Rede zu beziehen, doch in Verteidigung seiner Person und seiner Revolution erschien ihm seine Darstellung bzw. die Zurückweisung ihrer Ansichten als wichtig. Ihren frauenpoli240

tischen Forderungen dagegen erwies er keine Würdigung. Wie andere Sozialisten, glaubte er wohl, die Frauenfrage würde sich automatisch mit der sozialistischen Umformung der Gesellschaft erledigen. Dagegen hatte Hedwig Kämpfer, Mitglied des Landesarbeiterrates und der USP, Stellung zum „Frauenprogramm“ von Dr. Kempf bezogen: „Meine Damen und Herren! Ich werde nur ganz kurz noch sprechen, aber ich habe noch sehr wichtiges hier auszuführen. Frau Dr. Kempf hat hier gewissermaßen ein Frauenprogramm entwickelt. Einverstanden damit! Ich sage, ich gehe sogar in vielen Punkten noch viel weiter und wir als Sozialdemokraten sind in früherer Zeit immer schon für die Interessen, für die sozialpolitischen Interesse der Frauen in weitestgehendem Maße eingetreten. Ich habe auch heute noch das Vertrauen in unsere Männer aus der Sozialdemokratischen Partei, daß sie uns, nachdem wir Frauen im Parlament noch sehr schwach vertreten sind, in jeder Hinsicht unterstützen und das Verständnis dafür aufbringen werden, daß Fraueninteressen Volksinteressen im tiefsten Sinne des Wortes bedeute, daß die sozialen Schäden, die das Wirtschaftsleben mit sich gebracht haben, ausgemerzt werden durch Verfügungen, die den Frauen im allgemeinen entgegenkommen.“1493 Diese Äußerungen verraten uns, dass Hedwig Kämpfer keinesfalls zum linken Flügel der USP gehörte, ihre frauenrechtliche Position stand der sozialdemokratischen Haltung der Mehrheitssozialistinnen nahe und wies eher sozialreformerische als klassenkämpferische Tendenzen auf. Fest verwurzelt in ihrer Partei, glaubte sie – ganz im Geiste sozialdemokratischer Frauenpolitik – die Verwirklichung von Fraueninteressen ihren sozialdemokratischen Parteigenossen anvertrauen zu können. Auch der Minister für soziale Angelegenheiten (USP), Hans Unterleitner, setzte sich mit einigen Forderungen des „Frauenprogramms“ auseinander, zumindest mit den sozialpolitischen, die in sein Ressort fielen.1494 Zwar war er bereit, alle frauenpolitischen Forderungen mit dem „größten Wohlwollen“ zu prüfen, doch erscheinen seine Ausführungen wie Abwiegelungen oder vage Versprechungen in eine unbestimmte Zukunft. Auch aus seinen Worten sprach unmissverständlich der sozialistische Geist, nach dem ein eigener frauenpolitischer Kampf für Gleichberechtigung eher unnötig sei, da die Revolutionsregierung bereits dabei sei, die wichtigsten sozialpolitischen Forderungen zu erfüllen. In diesem Sinne endeten seine Erläuterungen mit einer Beschwichtigung: „Also, Frau Dr. Kempf kann beruhigt sein, daß von meiner Seite alles geschieht, um im Interesse der Volksgesundheit die durchgreifendsten Maßnahmen zu treffen.“1495

Die leidenschaftliche Rede in dem provisorischen Nationalrat von Dr. Rosa Kempf war eine Ausnahme, ein einsames Dokument einer frühen weiblichen Redekultur in einem bayerischen 241

Parlament. Von den anderen sieben Frauen im provisorischen Nationalrat hatte keine einzige eine eigenständige Rede angemeldet oder sich in die Männer-Debatten eingeklinkt. Der politische Beitrag der Frauen ermisst sich jedoch nicht nur an den Redebeiträgen. Politische Arbeit drückt sich auch aus durch die Beteiligung an Anträgen, Anfragen oder Interpellationen. Gerade an der Beteiligung bei Anträgen lässt sich ablesen, inwieweit die Frauen in die politischen Netzwerke integriert waren, da zur Stellung selbständiger Anträge die Unterzeichnung von 15 Mitgliedern erforderlich war.1496 Zudem mussten die Frauen vertraut sein mit dem vorgeschriebenen Procedere.1497 Alle Frauen, bis auf Anita Augspurg, hatten sich an dieser Form politischer Arbeit beteiligt. Dabei waren die Frauen jedoch – bis auf zwei Anträge – nicht die Initiatorinnen, hatten aber eine Vielzahl von Anträgen durch ihre Unterschrift mitunterstützt.1498 Bei dieser Form der Unterstützung schlossen sich die beiden sozialdemokratischen Frauen (Hedwig Kämpfer, USP; Emilie Mauerer, SPD) weitgehend solchen Anträgen an, die von ihren Parteigenossen oder sozialistisch ausgerichteten Organisationen eingereicht wurden.1499 Dabei kam es jedoch zu keinem Antrag, an dem sich die beiden Sozialdemokratinnen gemeinsam beteiligt hatten, sie bildeten also keine sozialistische, parteiübergreifende Frauen“fraktion,“ sondern waren bei diesen Anträgen jeweils getrennt die einzigen Frauen, die ihre Unterschriften unter die Anträge setzten. Ihre Unterschriften waren keineswegs notwendig, um dem Antrag die erforderliche Zahl Unterzeichnender zu geben. Die beiden Sozialistinnen waren damit kein notwendiges „Stimmvieh“ ihrer jeweiligen Parteien, doch sie überließen den antragstellenden Männern die Formulierung wie auch die Vorstellung der Anträge und blieben damit im Hintergrund. Diese Anträge erstreckten sich zumeist auf sozialpolitische Maßnahmen,1500 die die wirtschaftliche oder soziale Lage von Arbeitern unterschiedlicher Berufsfelder oder heimkehrender Soldaten betrafen. Fraueninteressen wurden dabei bestenfalls berührt, standen jedoch nicht im Mittelpunkt dieser Anträge. Auch bei dem Antrag, bei dem Hedwig Kämpfer als Antragstellerin fungierte, ging es nicht um Frauenbelange. Ihr Dringlichkeitsantrag bezog sich auf den Beschluss einer Verordnung, dass zur Erlangung der bayerischen Staatsbürgerschaft die Beibringung der Staatsangehörigkeit nicht erforderlich sein sollte.1501 Damit könnten alle Deutschen, die in Bayern wohnen, das Wahlrecht in Bayern nutzen. Hedwig Kämpfer, selbst dem Landesarbeiterrat angehörend, hatte bei ihrem Antrag überwiegend Unterstützung aus dem revolutionären Kreis des Arbeiter- und Soldatenrates.1502 Bei dem Aufruf dieses Dringlichkeitsantrag am 4. Januar 1919 (10. 242

Sitzung) zeigte sich, dass dieser Antrag zurückgezogen worden war,1503 da die Regierung bereits eine Verordnung in dieser Sache herausgegeben hatte. Der Antrag von Hedwig Kämpfer war damit zwischen die formalrechtlichen Fronten der Regierung und des Nationalrates geraten, Proteste gegen diese Vorgehensweise wurden dagegen nicht von ihr selbst vorgebracht, sondern von einem Mitglied des Soldatenrates.1504 Die bürgerlichen Frauen, Dr. Rosa Kempf, Luise Kiesselbach und Helene Sumper hatten sich an insgesamt 8 Anträgen gemeinsam beteiligt. Antragsteller waren meist Vertreter bürgerlicher Organisationen, die Behandlungsgegenstände von vier Anträgen drehten sich überwiegend um die Wahrung der jeweiligen Verbandsinteressen.1505 Die drei anderen Anträge beschäftigten sich mit allgemein politischen Themen, aus denen jedoch eine kritische Distanz gegenüber der revolutionären Eisner-Regierung zu erkennen war und die von Eisner als „konterrevolutionäre Treibereien“1506 bezeichnet worden waren. Die Liberale Vereinigung hatte eine Verordnung „zur Sicherung der Freiheit der Wahlbewegung, zum Schutze des Wahlaktes selbst und des Wahrrechtes, endlich zum Schutze der Volksvertretung und ihrer Beratungen gegen jede Art von Vergewaltigung“ beantragt.1507 Auch ein weiterer Antrag, eingereicht von der Demokratischen Fraktion, besaß diesen revolutionskritischen Hintergrund. Es ging dabei um „die Einsetzung einer fünfköpfigen Kommission aus Mitgliedern des provisorischen Nationalrates, die dem Ministerium des Äußern in den Fragen der auswärtigen Politik beigegeben“1508 werden sollte. Danach sollte eine elfköpfige Kommission eingesetzt werden, die dann nicht nur die auswärtige Politik, sondern die Regierung überhaupt kontrollieren sollte in der Zeit, wo der Nationalrat nicht versammelt ist.1509 Diesem Antrag hatte sich aber auch Marie Sturm als Vertreterin des Vereins bayerischer Lehrerinnen angeschlossen. Die bürgerlichen Frauen, alle dem HBF angehörend, hatten damit eine bürgerliche Frauen“fraktion“ gebildet, nicht jedoch um Fraueninteressen voranzubringen, sondern um bürgerlich-demokratische Interessen und Vorstellungen zu verteidigen. Diese Intention stand auch hinter einer Interpellation vom 18. Dezember 1918, der sich neben Helene Sumper, Luise Kiesselbach und Dr. Rosa Kempf auch Aloisia Eberle von dem katholischen Arbeiterinnenverein angeschlossen hatte: „Was gedenkt die Regierung zu tun, um die durch terroristisches Vorgehen zügelloser Militär- und Zivilpersonen immer wieder vergewaltigte Versammlungsfreiheit zu schützen?“1510 In einer ausführlichen Begründung wurde auf die Sprengung von öffentlichen Versammlungen durch das gewalttätige Auftreten von Personen verwiesen. So wäre eine Akademikerversammlung, aber auch eine geschlossenen Mitgliederversammlung 243

der Deutschen Volkspartei von einem „Haufen Soldaten und anderen Personen“ erheblich gestört worden, selbst das Eingreifen einer Schutzwache hätte die Ruhestörer nicht zurückhalten können.1511 Lediglich in dem von Helene Sumper eingereichten Antrag, der sich auf die Lage der SchulpraktikantInnen und LehramtspraktikantInnen bezog, ging es – auch wenn dies nicht ausdrücklich betont wurde – in erster Linie um die Lehramtspraktikantinnen, da die Freisetzung vor allem sie betraf. Die Schul- und Lehramtskandidaten, welche nach dem Ausbruch des Krieges in großer Zahl in Aushilfsstellen gerückt waren, die von den eingezogenen männlichen Lehrkräften freigesetzt wurden, wurden aus diesen Stellen entlassen und gerieten damit in eine besondere Notlage. Bei ihrem Antrag hatte Helene Sumper die Unterstützung von zwei Frauen: Dr. Rosa Kempf, Mitglied im Bayerischen Lehrerinnenverband und im HBF sowie Luise Kiesselbach, Vorsitzende des HBF.1512 Gemeinsam hatten diese drei Frauen den Antrag auf den Weg gebracht.1513 Mit unterzeichnet hatten diesen Antrag 19 weitere Mitglieder,1514 ein breites Bündnis mit einem bürgerlich-liberalen Schwerpunkt. Helene Sumper hatte diesen Antrag am 4. Januar 1919 als Hauptinitiatorin vor dem Nationalrat begründet.1515 Ihre Vorschläge, die einen kleinen Ausweg aus dieser Situation bringen könnten wie eine längere Gehaltsfortzahlung, der Ausbau der Berufsfortbildungsschule und damit mehr zu besetzende Stellen und ein außerschuldienstlicher Einsatzes der Praktikanten und Praktikantinnen im Bereich der Jugendpflege und Jugendfürsorge, wurden einstimmig angenommen. In keinem einzigen Fall hatten sich die acht Frauen zu einer gemeinsamen politischen Aktion zusammengefunden. Eine politische „Frauensolidarität“ sucht man deshalb bei diesem politischen Debüt vergeblich. Sie hatten sich unterschiedlichen Anträgen und Anfragen angeschlossen, maßgebend war dabei die politische Grundorientierung der jeweiligen Organisationen bzw. der Parteien. Denn auch in diesem Übergangsparlament mit rätepolitischer Ausrichtung vollzog sich die Politik entlang parteipolitischen Linien. Die sozialistischen Frauen schlossen sich sozialdemokratischen Anträgen, die bürgerlichen Frauen den bürgerlichliberalen Anträgen, die katholischen Frauen weitgehend den Anträgen von katholischorientierten Organisationen an. Dabei traten die Frauen nicht als autonom agierende Politikerinnen auf. Sie hielten sich im Hintergrund und überließen sowohl die Inhalte, die Formulierung und auch das begründende Vortragen der jeweiligen Anträge weitgehend den männlichen Mitgliedern im provisorischen Parlament.

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* * * Der Provisorische Nationalrat war das erste Bayerische Parlament, in dem Frauen als gleichberechtigte Mitglieder vertreten waren. Während die Abgeordneten bei dem Bayerischen Landtag ihre Legitimation aus demokratisch durchgeführten Wahlen bezogen hatten, waren breite Bevölkerungsteile an der Bildung des provisorischen Nationalrates nicht beteiligt. Vor allem die Vertreter und Vertreterinnen von Berufsorganisationen verdankten ihren Sitz im Provisorischen Nationalrat organisationsinternen Ernennungen. Sieben von acht Frauen waren damit weniger Volksvertreter, sondern Vertreterinnen frauenpolitischer und berufsständischer Organisationen. Hedwig Kämpfer verkörperte als einziges weibliches Mitglied des Landesarbeiterrates das neue Rätesystem. Dr. Rosa Kempf hatte in diesem „bayerischen Parlament“ die erste politische Rede einer Frau gehalten und sich als engagierte Frauenrechtlerin wie auch als selbstbewusste Angehörige des bürgerlichen Standes gezeigt. Mit Stolz hatte sie am Anfang ihrer Rede festgestellt: „Wir sogenannten bürgerlichen Frauen sind noch am stärksten vertreten.“1516 Als Vertreterin der bürgerlichen Frauenbewegung forderte sie souverän und nachdrücklich die Beseitigung von noch vorhandenen geschlechtsspezifischen Rechtsungleichheiten. Sie nutzte ihre Chance, erstmalig als gleichberechtigtes Mitglied in einem bayerischen Parlament zu sprechen und Frauenbelangen auf einer parlamentarischen Ebene Gehör zu schaffen. Bis zu dieser Zeit waren Petitionen an Behörden, Magistrate, Landtage oder Reichstage das einzige legale Mittel politischer Einmischung für die Frauenrechtlerinnen. Die Petitionskampagnen der bayerischen Frauenvereine hatten nur in wenigen Fällen unmittelbaren politischen Erfolg gezeigt und oft wurde das jahrelange Verschleppen der Eingaben beklagt.1517 Trotzdem setzten die Frauenvereine diese Bemühungen fort: „Wir dürfen uns die Mühe des vergeblichen Petitionierens nun einmal nicht verdrießen lassen, denn die Bäume, die wir fällen wollen, sind uralt und festverwurzelt und der einzelne Hieb erschüttert sie kaum.“1518 Diese Zeit war zwar vorbei, doch auch jetzt schien ein „einzelner Hieb“ im Parlament keine Bresche zu schlagen. Die Neigung, sich auf die frauenrechtlichen Forderungen einzulassen, besaß das bayerische Revolutionsparlament nicht, allen voran Kurt Eisner. Mit der Gewährung des Frauenstimmrechtes schien man für die Gleichberechtigung der Frau vorläufig genug getan zu haben. Das ordnungspolitische Ringen zwischen revolutionsfreundlichen und revolutionsfeindlichen Kräften beherrschte die Männerdebatten.

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Die weiblichen Delegierten des Provisorischen Nationalrates aus den bürgerlichen und katholischen Frauenorganisationen nahmen – neben einer weitgehend verbandspolitischen Arbeit – ebenfalls in diesen ordnungspolitischen Fragen eine klare Position ein. In ihrer Sorge um die künftige politische Entwicklung in Bayern standen sie im revolutionskritischen Lager, entwickelten dabei aber eine klare frauenpolitische Perspektive auf dieses Gestaltungsproblem. Die bürgerlichen Frauen, dem politischen Liberalismus nahe stehend, waren – trotz anfänglicher Hoffnung – zunehmend revolutionsfeindlicher geworden. Sie schlossen sich damit Anträgen an, die auf eine parlamentarisch-demokratische Kontrolle der Revolutionsregierung abzielten, sie prangerten die von der Revolutionsregierung geduldeten Verletzungen der Rede- und Versammlungsfreiheit an, forderten frühzeitige Wahlen und verlangten eine Sicherung des Wahlvorganges. Das bürgerliche Frauentrio stemmte sich damit zusammen mit anderen bürgerlichen Kräfte gegen eine Revolutionsregierung, die zwar immer wieder den lebendigen Geist der Demokratie beschwor, aber immer weniger bereit war, wichtige demokratische Grundrechte zu garantieren oder zu verteidigen. Doch für die bürgerlichen Frauen war die Demokratie die einzige Lebensform, die den Frauen „die Geltendmachung ihrer Eigenart“1519 wie auch die Garantie für die Ausübung der neu erworbenen staatsbürgerlichen Rechte verbürgte.1520 Die katholischen Frauen standen ebenfalls schon bald nach der Revolution im revolutionsfeindlichen Lager, jedoch aus anderen Gründen. Die sozialistische Regierung unter Kurt Eisner galt als Gegner der christlichen Weltanschauung. So nahmen auch sie eine revolutionsfeindliche Position ein. Dabei ging es nicht so sehr um eine Sicherung staatsbürgerlicher Rechte und Freiheiten, sondern um die Wahrung christlicher Vorstellungen. So kam es, dass – trotz unterschiedlicher Motive – sich die katholischen Frauen den bürgerlichen Frauen angeschlossen hatten, wenn die Anträge einen revolutionsfeindlichen Hintergrund besaßen. Schließlich sollte um jeden Preis im Interesse der katholischen Frauen ein sozialistischer Zukunftsstaat verhindert werden. Die sozialistischen Frauen beschäftigten sich vor allem mit wirtschafts- und sozialpolitischen Problemfeldern, die die Nachkriegssituation mit sich brachte. Zwar wollten und sollten auch sie einer sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft den Weg bereiten. Ganz im Sinne der sozialistischen Emanzipationstheorie würden Fraueninteressen erst in einem sozialistischen Staatswesen eine ausreichende Berücksichtigung finden. So stand auch hier eine sozialistische Umwandlung von Staat und Gesellschaft im Vordergrund, doch den Kampf um diesen Transformationsprozess leisteten die männlichen Parteigenossen. Die Frauen aus dem sozialistischen Lager hielten sich im Hintergrund. Im Vertrauen darauf, dass „Fraueninteressen Volks246

interessen im tiefsten Sinne des Wortes“ seien, würden die Männer aus den sozialdemokratischen Parteien mit der Verfolgung sozialistischer Ziele auch die Fraueninteressen voranbringen.1521 Dr. Anita Augspurg von der radikal-bürgerlichen Frauenbewegung war die einzige von den acht Frauen, die sich an der parlamentarischen Arbeit nicht beteiligt hatte, obwohl sie jeder der Sitzungen des provisorischen Nationalrates beigewohnt hatte. Dies erscheint äußerst verwunderlich angesichts der Euphorie, die die Revolution bei den Frauen aus diesem Kreis ausgelöst hatte. Unklar muss bleiben, warum Anita Augspurg die lang ersehnte Chance zu einem Einstieg in die Politik nicht nutzte. Selbst ihre Biographin Susanne Kinnebrock bleibt in dieser Frage sehr zurückhaltend und vermutet eine krankheitsbedingte Zurückhaltung. Wenige Monate später, auf dem Rätekongress in München, gehörte sie jedoch zu den aktivsten Teilnehmerinnen.

5.1.3.2 Dr. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann auf dem Rätekongress in München Der Rätekongress tagte vom 25. Februar bis zum 8. März 1919 in München. Hier sollte die Entscheidung über Bayerns künftige Regierungsform fallen, die Verhandlungen über die Regierungsbildung und den Entwurf eines Regierungsprogramms zogen sich durch den gesamten Kongress. Unter den ungefähr 304 Delegierten,1522 gewählt von den jeweiligen Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten, befanden sich nur wenige Frauen.1523 Lida Gustava Heymann hatte die Teilnahmeberechtigung für sich und ihre Lebensgefährtin über eine persönliche Unterredung mit Gustav Landauer erwirkt.1524 Sie erhielten daraufhin ihre Ausweise, ausgestellt vom Vollzugsrat der Arbeiterräte Bayerns.1525 Ihr Hauptmotiv war wohl allgemein-politischer Natur, ihr Engagement auf dem Rätekongress wurde gespeist aus dem Wunsch, „mitzuhelfen in einer Zeit höchster Krise,“1526 „Gewalt und Willkür zu hindern, vernunftmäßige Lösungen, Wege der Verständigung zur Aufbauarbeit zu finden.“1527 In einer positiv aufbauenden Weise glaubten sie sogar, „im Sinne der Gewaltlosigkeit auf Arbeiter und Soldaten einwirken“ zu können.1528 Ihr Mandat im Rätekongress verdankten sie zwar „weniger einer friedlichen Zeiten entsprechenden Ordnungswahl als dem eigenen Willen, der sie trieb mitzuhelfen“ und „ihre Mitarbeit wurde angenommen und willkommen geheißen,“ wie Gertrud Baer urteilte.1529

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Die beiden radikalen Frauenrechtlerinnen hatten ein erstaunliches Engagement auf dem Rätekongress entwickelt. Dabei glich diese politische Bühne eher einer politischen Kampfarena, obwohl sich der Rätekongress durchaus um übliche parlamentarische Umgangsformen bemühte. In einigen Gepflogenheiten wichen diese aber deutlich von denen eines ordentlichen Parlamentes ab. So fanden Deputationen auf eine zunächst sehr unbürokratische Art Gehör, massive verbale Interventionen von den Zuschauertribünen griffen in die Debatten ein, Verspätungen der Delegierten verzögerten fast jede Sitzung, manche der Delegierten trugen Waffen, bewaffnete Schutztruppen drangen in den Sitzungssaal, entwaffneten die Delegierten oder führten Verhaftungen durch.1530 Die Atmosphäre war größtenteils aggressionsgeladen. Die Gegensätze zwischen den Rechtssozialisten, den Unabhängigen, den „Anarchisten“ und den Kommunisten verschärften sich von Tag zu Tag, teilweise kam es sogar zu Tätlichkeiten zwischen den gegnerischen Parteien. Die wenigen Frauen im Rätekongress hatten wiederholt versucht, „aufgeregte Abgeordnete aus dem Verhandlungssaal zu entfernen und sie in persönlicher Aussprache zur Einsicht und Vernunft zurückzuführen,“ wie Lida Gustava Heymann in ihren Memoiren schrieb.1531 Der erste Redebeitrag von Lida Gustava Heymann am 2. Sitzungstag (27. Februar 1919) galt diesen politischen Umgangsformen. Sie forderte gegenseitigen Respekt und Toleranz gegenüber Andersdenkenden und vor allem einen anderen politischen Umgangston: „Ich bitte sie dringend heute in dieser Versammlung: Lassen Sie jeden Menschen ruhig sprechen, ohne dagegen zu schreien. [...] wir wollen hier nicht schreien, sondern wir wollen vernünftig reden und handeln, nach diesen entsetzlichen Zeiten, die wir erlebt haben.“1532 Die hier Versammelten ständen als „Auserwählte des Volkes“ in einer besonderen Verantwortung, doch dies könne nur in einer besonnenen Atmosphäre geschehen. Doch ihre Mahnungen galten nicht nur der Redekultur innerhalb des Rätekongresses. Sie ermahnte die unterschiedlichen sozialistischen Gruppierungen einig zusammenzustehen, nur so sei über diese schwere Zeit hinwegzukommen. Die Delegierten des Rätekongresses trügen Verantwortung für die weitere politische Entwicklung in Bayern und so forderte sie diese dazu auf, Ruhe zu bewahren und vor allem Blutvergießen und Gewalt zu vermeiden. Anlass dazu war möglicherweise die bereits am Vortag erhobene Forderung nach einer Bewaffnung des Proletariats.1533 Damit war eine weitere Radikalisierung und Eskalation der Gewalt zu befürchten, die in den Augen von L. G. Heymann um jeden Preis verhindert werden sollte.1534 Ihre Ausführungen schloss sie mit der dringenden Bitte: „kein Blutvergießen mehr, keine Waffen, sondern Frieden, freundliches Verstehen und vernünftiges Handeln.“1535 L. G. Heymann 248

hatte für ihre Rede viel Beifall durch Bravo-Zurufe und Händeklatschen erfahren, ihre Appelle an „freundliches Verstehen und vernünftiges Handeln“ zeigten durchaus eine kleine Wirkung.1536 Das Recht der Delegierten auf das Tragen von Waffen wurde insoweit eingeschränkt, dass die Waffen nicht mehr mit in den Sitzungssaal genommen werden sollten, sondern in der Garderobe abgegeben werden mussten. Doch dies erschien L. G. Heymann nicht genug, sie wandte dagegen: „Die Männer können doch nicht die Revolver in der Garderobe abgeben, wo sie jeder holen kann, der sie zu haben wünscht.“1537 Der Antrag wurde trotz dieses Einwandes mehrheitlich angenommen, der Vorsitzende Niekisch hatte jedoch den Vorschlag von L. G. Heymann ernst genommen: „Um der Befürchtung der Frau Heymann zu begegnen, bemerke ich, daß einige Mann beauftragt werden, die Waffen zu bewachen.“1538 Eine weitere Regelung wurde getroffen, um künftige Unruhen und Unterbrechungen des Kongressverlaufs durch Delegationen von außerhalb zu vermeiden. Es wurde eine siebenköpfige Kommission gewählt, die während der laufenden Beratungen die Delegationen in einem Nebenraum empfangen und über die Behandlung ihrer jeweiligen Anliegen im Rätekongreß vorentscheiden sollte. Unter den vorgeschlagenen Mitgliedern dieser Kommission befand sich auch L. G. Heymann.1539 Doch die Bemühungen um einen ruhigeren Ablauf der Verhandlungen zeigten letztendlich wenig Wirkung. Immer wieder kam es zu großer Unruhe und Zurufen auf der Tribüne, Zuschauer überschrien die offiziellen Redner und störten die Verhandlungen. Inmitten dieser insgesamt chaotischen Atmosphäre versuchten die beiden Radikalfeministinnen weiterhin ihren Einfluss geltend zu machen, etliche von ihnen initiierte Anträge führten zur Bildung von Kommissionen. So waren die Verhaftungsversuche einzelner Mitglieder des Rätekongresses sowie die zur Sprache gebrachten Misshandlungen einzelner Kommunisten durch die Bahnhofskommandantur der Anlass für den ersten Antrag.1540 Diese beiden Vorgänge hatten zu endlosen, hitzigen Debatten im Plenum geführt, die beide Frauenrechtlerinnen wohl mit Unmut verfolgten. L. G. Heymann und Dr. Anita Augspurg beantragten schließlich die Bildung einer aus Männern und Frauen besetzten Kommission, welche „sich über die Zustände und Behandlungsart in sämtlichen Untersuchungs- und Strafgefängnissen, Fürsorgeerziehungsanstalten eingehend unterrichten und dem späteren Rätekongreß über die Befunde berichten“ sollten.1541 Dieser 249

Antrag, der die Unterstützung durch Ernst Toller und Gustav Landauer erhielt, wurde einstimmig angenommen.1542 In die fünfköpfige Kommission wurden L. G. Heymann und Dr. Anita Augspurg gewählt. Beide nahmen in dieser Kommission wohl unverzüglich ihre Arbeit auf und führten diese auch nach dem Rätekongress noch weiter.1543 L. G. Heymann hatte sich zudem einem Dringlichkeitsantrag angeschlossen, nach dem sämtliche in Schutzhaft befindliche Kommunisten sofort freizulassen sind, soweit nicht strafbare, unredliche Handlungen vorliegen.1544 Auch ein weiterer Antrag, den Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann zusammen mit sechs Männern, unter ihnen Gustav Landauer, eingereicht hatten, wurde einstimmig angenommen. Danach sollte ein Volkskommissariat für Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten und Mutterschutz dem Staatsministerium des Innern angegliedert werden. Der Antrag enthielt noch einen Zusatz, der eindeutig die Handschrift der beiden Frauenrechtlerinnen trug: „Dem Volkskommissariat muß eine weibliche Sachverständige in leitender Stelle angehören.“1545 Unterstützung in frauenrechtlicher Hinsicht erhielten die beiden Frauenrechtlerinnen durch Dr. Loewenfeld, einen rätefreundlichen SPDler, der in diesem Zusammenhang alte Frauenforderungen aufgegriffen und auch eine Reform des Rechtes der unehelichen Kinder und eine Reform des Eherechtes angemahnt hatte, da das bisherige Recht „nicht nur rein kapitalistisch, sondern auch rein männlich zugeschnitten ist.“1546 Bei der Umsetzung dieser Reform ging er zudem wie selbstverständlich davon aus, „daß dies ohne Mitwirkung auch von Sachverständigen aus dem Kreise der Frauen nicht möglich ist.“1547 Eine derartige frauenfreundliche Position stellte auf dem Rätekongress aber eine einsame Ausnahme dar. Die weiteren Anträge der beiden Radikalfeministinnen hatten einen klaren frauenrechtlerischen Hintergrund. Diese Bemühungen sollten zumindest formal Frauen durch die Mitwirkung in Kommissionen einen neuen politischen Wirkungskreis innerhalb des Rätesystems sichern. Wo alle Kräfte in den „Dienst der Allgemeinheit“ gestellt werden sollten, durften Frauen keineswegs beiseite stehen.1548 Das Rätesystem verkörperte damit für die beiden radikalen Frauenrechtlerinnen das neue machtpolitische System und sie gingen wie selbstverständlich von dessen Dauerhaftigkeit aus. Dr. Anita Augspurg hatte sich dafür eingesetzt, dass die geplante Erziehungskommission sich aus Männern und Frauen zusammensetzt. Gerade im Erziehungswesen könne eine Mitwirkung der Frau gar nicht entbehrt werden, als fachlich ausgebildete Frauen und als Mütter.1549 Während dieser Hinweis ignoriert wurde, gelang es L. G. Heymann bei einem Antrag, der den Aktionsausschuß beauftragen sollte, „fähige Männer“ mit allen notwendigen Vollmachten für 250

die Bewältigung der großen wirtschaftlichen Aufgaben auszustatten, um den Zusatz „und Frauen“ zu erweitern.1550 Es erschien ihr „durchaus notwendig,“ dass in diesem Ausschuss auch Frauen mitarbeiten sollten: „Bei all den Dingen, die bisher vorgeschlagen wurden, kommt in erster Linie der praktische Sinn in Frage und bei den Frauen ist gerade der praktische Sinn außerordentlich ausgeprägt.“1551 Zwar kam es daraufhin im Antrag zu der Formulierung „Männer und Frauen,“ doch Frauen wurden weder benannt noch mit den entsprechenden Vollmachten versehen. So lange frauenrechtliche Forderungen auf einer formalen Ebene gestellt wurden, schienen die Männer des Rätekongresses durchaus zu unverbindlichen Zusagen bereit zu sein. Mit dem Antrag zur Errichtung von Frauenräten versuchten die beiden Frauen aber eine massive Umgestaltung des Rätesystems. Dieser Antrag kam vielen Männern „unerwartet und sehr ungelegen“, wie L. G. Heymann in ihren Memoiren schrieb.1552 Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann hatten zusammen mit verschiedenen anderen Mitgliedern, unter denen sich auch Erich Mühsam befand, einen Antrag auf „Ausbauung und Ergänzung des Rätesystems durch Errichtung von Frauenräten“ eingereicht.1553 Die Errichtung von Frauenräten sollte „insbesondere auf dem Lande der Propaganda der Reaktion durch Aufklärung und Politisierung der Frauen entgegenwirken.“1554 Dieser Antrag stand am 7. März 1919 auf der Tagesordnung und konnte jedoch erst begründet werden, nach dem sich L. G. Heymann gegen Forderungen nach einem Schluss der Debatten durchgesetzt hatte.1555 Daran zeigte sich bereits zu Beginn schon die geringe Bereitschaft der Delegierten, sich mit diesem Antrag auseinanderzusetzen. Dabei galten die Widerstände wohl nicht so sehr den frauenpolitischen Ansprüchen, denn der Formulierung des Antrags war zu entnehmen, dass nicht Fraueninteressen im Vordergrund standen. Das Anliegen des Antrags war vielmehr auf den Schutz und die Erhaltung des Rätesystems ausgerichtet. Doch zu diesem Zeitpunkt war der Niedergang des Rätesystems bereits eingeleitet worden. Selbst unter den Mitgliedern des Rätekongresses bestanden bereits „stärkste Widerstände gegen das Rätesystem,“ das Rätesystem als herrschendes, grundlegendes System war bereits abgelehnt worden.1556 Das Leitmotiv einer Sicherung des revolutionären Rätesystems setzte sich erkennbar in der Begründung fort. In den Frauenräten sah Dr. Anita Augspurg „das einzige und das wirksamste Mittel [...] die Macht des Zentrums auf dem Lande zu brechen.“1557 Gerade Frauen auf dem Lande wären dem Einfluss des Zentrums und der Kirche erlegen.1558 Die Ursache für die weibliche Anfälligkeit gegenüber politischen Manipulationen sah Dr. Anita Augspurg darin, dass sich die politische Reife der Frauen in der Kürze der Zeit seit ihrer Erlangung der staats251

bürgerlichen Rechte noch nicht habe entwickeln könne. Frauenräte sollten nun helfen, dieses Defizit eines eigenständigen politischen Bewusstseins zu korrigieren. Anders als Clara Zetkin oder Toni Sender ging es Dr. Anita Augspurg nicht um eine verstärkte Beteiligung von Frauen an bestehenden Räten. So erschien es ihr als selbstverständlich, dass Frauen nicht vertreten seien in Soldatenräten und auch in den Arbeiterräten „könnte man sie zur Not entbehren,“ zumal bereits in diesen Organisationen „Gelegenheit gegeben ist für eine genügende Mitarbeit der Frauen.“1559 So schien nicht die geringe Repräsentanz der Frauen in den Räten das Hauptproblem zu sein, sondern die viel zu geringe Politisierung der Frau. Diese Aufgabe einer umfassenden Politisierung sollte durch die Gründung unabhängiger Frauenräte, die nur aus Frauen bestehen sollten, erfolgen. Diese Frauenräte, gleichsam als politische Schutzreservate für Frauen gedacht, sollten unter weiblicher Leitung stehen. Bei dieser weiblichen Leitung hatte Dr. Anita Augspurg an die „Aufstellung einer Anzahl entsprechend politisch gebildeter und auf radikal-politischem Boden stehender Volksschullehrerinnen“ gedacht.1560 Diese sollten – für einige Jahre vom Schuldienst beurlaubt – in den Gemeinden Vorlesungen und gemeinverständliche politische Vorträge halten. Mit dieser Intensivschulung glaubte Dr. Anita Augspurg die vorhandenen Defizite innerhalb kürzester Zeit ausgeglichen zu haben, denn nach „fünf, zehn, fünfzehn Jahren“ könnten die Frauenräte überflüssig sein und verschwinden, wenn „die Frauen dann soweit politisch gebildet und interessiert sind, daß sie in den allgemeinen Arbeiter- und Bauernräten mitarbeiten können und tätig sein werden.“1561 Die Organisation der Frauenräte sollte in der Zwischenzeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erfolgen und ausgehend von den örtlichen Frauenräten auf dem Land eine darauf aufbauende hierarchische Organisationsstruktur in Form von Bezirks- und Kreisräten einschließlich Zentralrat und Aktionsausschuss bilden, parallel zu den Arbeiter- und Bauernräte. Die Frauenräte dürften keinesfalls eine private Angelegenheit sein, auch keine Vereinstätigkeit und nicht in das Belieben der einzelnen Frau gestellt bleiben: „Die Frauenräte sind obligatorisch.“1562 Die Frauenräte waren also gedacht als eine Art politische Vorschule für Frauen, um die vorhandenen politischen Entwicklungsrückstände abzubauen. Auch wenn vordergründig über die Frauenräte die konservativen, klerikalen Kräfte zurückgedrängt werden sollten, stand hinter der Verankerung der Frauen in Frauenräten eine frauenpolitische Vision, die nicht nur den politischen Sektor betraf, sondern die geschlechtsspezifische Grundstruktur der Gesellschaft massiv verändern wollte. Politik sollte künftig das ganze Leben der Frau durchdringen, Politik dürfe nicht mehr Männerpolitik sein, beschränkt auf die Stammtischdebatten im Wirtshaus und auf das Zusammenkommen der Männer: „Ich halte es für dringend notwendig, daß im allgemeinen die ganze häusliche Atmosphäre durch die Mitwirkung der Frau an der Politik 252

mehr politisch gefärbt wird und daß die Politik im Hause Allgemeingut wird.“1563 Erst wenn dieses Ziel einer allumfassenden Politisierung der Frau in der Gesellschaft erreicht sei, „ so folgt daraus mit Notwendigkeit, daß an der politischen Ausgestaltung aller Dinge die Frauen in derselben Weise interessiert und beteiligt werden müssen wie die Männer.“1564 Damit verwandelte sich nun eine bisher frauenpolitisch eher defensiv gehaltene Argumentation für die Frauenräte in eine nahezu radikal-revolutionäre Perspektive. Mit diesen Visionen schienen die Delegierten überfordert zu sein, der Beifall war verhalten, die Debatte darüber sollte zunächst ausgesetzt und auf den nächsten Tag verschoben werden. Doch der Augsburger Sozialdemokrat Ernst Niekisch, Vorsitzender des am 22. Februar gebildeten Zentralrates, verurteilte den Antrag bereits vorweg.1565 Er plädierte dafür, den Antrag lediglich als „Anregung“ für den Aktionsausschuss aufzufassen, um „demnächst einen ins einzelne gehenden Plan auszuarbeiten.“1566 Mit solchen Einwendungen sollte die Abstimmung über den Antrag verhindert werden, erst auf Grund protestierender Zurufe wurde eine Abstimmung durchgesetzt. Nur widerwillig entschied der Vorsitzende Soldmann: „Dann müssen wir wohl oder übel über den Antrag abstimmen lassen.“1567 Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass der Antrag abgelehnt wurde. Verantwortlich für diese Niederlage war die sozialdemokratische Mehrheit auf diesem Kongress.1568 Unterstützung bzw. Verständnis für ihre Forderungen hatten Dr. Anita Augspurg und L. G.Heymann lediglich in der Gruppe um Erich Mühsam und Gustav Landauer gefunden. Auf dem Rätekongreß war es wohl zu einer Annäherung zwischen den beiden Radikalfeminsitinnen und dem linken, USP-nahen Flügel gekommen. Die beiden Frauenrechtlerinnen hatten sich durch ihre politische Mitwirkung wohl die Gunst von Ernst Toller, Erich Mühsam und Gustav Landauer erworben. So hatte Toller am 1. März 1919 für das Ministerium „Soziale Fürsorge“ Anita Augspurg als Staatssekretärin vorgeschlagen, doch dieser Vorschlag wurde ignoriert, der Vollzugsrat beharrte auf seiner Vorschlagsliste, nach der weiterhin Hans Unterleitner dieses Ministerium führen sollte.1569 Dr. Anita Augspurg gehörte auch der am 6. März 1919 gebildeten Einigungskommission als Vertreterin der USP an.1570 Arbeitsgrundlage der Verhandlungen war der zehn Punkte umfassende „Nürnberger Kompromiß“ zwischen MSPD, USPD und BB, dem auch die BVP und die DDP zustimmten.1571 Am Ende der Nachmittagssitzung des 7. Märzes legte die Verhandlungskommission ihr Ergebnis vor, der „Nürnberger Kompromiß“ wurde weitgehend bestätigt.1572 Die eingebrachten Änderungsvorschläge versuchten zwar die Rechte der Räte etwas 253

zu stärken, trotzdem hatte der Rätekongress seinen Anspruch auf Macht selbst begrenzt: die Arbeiter- Soldaten- und Bauernräten sollten nur noch das Recht besitzen, Beschwerden und Eingaben beim Landtag und der Regierung einzureichen, bei Gesetzentwürfen sollten sie sich durch einen Beauftragten vertreten lassen.1573 Heftigste Kritik gegen diese Entscheidung kam vor allem aus der Gruppe von Toller, Mühsam und Landauer. Doch sämtliche Anträge auf Korrektur dieser Entscheidung wurden mehrheitlich abgelehnt.1574 Die beiden Frauen hatten sich jedoch in ihren politischen Anschauungen dem linken Flügel um Mühsam, Toller und Landauer angeschlossen und kämpften um die Fortsetzung und Erhaltung des Rätesystems. Lida G. Heymann wandte sich in einer Wortmeldung empört gegen diesen angenommenen „Kompromißantrag“: „Der Kompromißantrag, der hier angenommen worden ist, ist von vielen aufrechten Frauen als ein Schlag ins Gesicht empfunden worden, denn wir sind überzeugt, wir Frauen, die wir neu in das politische Leben hinaustreten, wollen keine Kompromisse mehr. [...]Wir erklären es im Namen der Männer, welche im Parlament nicht mitzureden haben.“1575 * * * L. G. Heymann und Dr. Anita Augspurg hatten sich nach der Enttäuschung über das „traurige Resultat“ der ersten Wahlen deutlich dem Rätesystem zugewandt, die Annahme des Nürnberger Kompromisses durch die Mehrzahl der Rätedelegierten erschien wie ein Verrat an der Revolution. Sie hatten sich eine Revolution des Geistes erwartet. Ganz im Sinne der Konzeption von Eisner sollten die Räte Instrumente politischer Erziehung sein. Seit den frustrierenden Erfahrungen im Wahlkampf erschien ihnen eine Politisierung der Frauen, im Sinne einer Förderung eigenständigen, gesellschaftlich verantwortlichen Denkens und Handelns wichtiger denn je. Über die Etablierung von obligatorischen Frauenräten sollte dieses Ziel in absehbarer Zeit möglich sein. Rätesystem und Fraueninteressen traten damit für sie in ein enges Verhältnis zueinander. Das Rätesystem schien in ihren Augen eine erfolgreichere Politisierung der Frauen zu garantieren als das parlamentarische Parteiensystem. Doch der Rätekongress brachte eine Beschneidung der politischen Rechte des Rätesystems und auch die geplante Verankerung der Frauenräte im Rätesystem war gescheitert. Erstaunlicherweise fanden sich die Frauenrechtlerinnen mit der Niederschlagung ihres Antrags ziemlich gleichmütig ab. Das Thema fand keinen Widerhall in ihrer Zeitschrift „Die Frau im Staat,“ auch in ihren Memoiren kommentierte L. G. Heymann dieses Ergebnis ziemlich nüchtern.1576 Dabei war die politische Selbständigkeit der Frau und die Befreiung aus allen gesellschaftlichen Zwängen sicherlich ein wichtiges Motiv im Denken der beiden Frauenrechtlerinnen. Doch weder ihre pazifistisch motivierten Apelle an einen Verzicht auf Gewalt noch ihre frau254

enrechtlichen Bemühungen übten einen nachhaltigen Einfluss auf den Rätekongress aus. Das auch im Rätekongress vorherrschende Parteiengezänk und auch die vorherrschenden antifeministischen Strömungen gerade bei den Mehrheitssozialisten setzten ihren Bemühungen deutliche Grenzen. Doch diese Gründe thematisierten die beiden Frauen im Rätekongress nicht, es war Erich Mühsam, der diese Kritik formulierte. So warf Mühsam seinen männlichen Geschlechtsgenossen im Rätekongress mangelnde Selbstverantwortlichkeit im politischen Handeln und Denken vor, Loyalität gegenüber der eigenen Partei stände bei ihnen über eigenständigem politischen Urteil. Dies hätte sich besonders bei der Ablehnung des Antrags Augspurgs gezeigt.1577 Die Anträge würden nicht nach der Sachlage abgestimmt, sondern nach der parteipolitischen Richtung, aus der sie kommen, gegenseitige Parteivorurteile würden die in einem Rätesystem geforderte einzelne Selbstverantwortlichkeit verhindern.1578 Im Rückblick auf die Revolutionszeit machte Mühsam dann später auch die vorherrschende antifeministische Strömung im Rätekongress für die Ablehnung der Frauenräte verantwortlich.1579 Solange die Anträge der beiden Frauenrechtlerinnen nur die formale Teilnahme an einzelnen Kommissionen gefordert hatten, wurden die Anträge der beiden Radikalfeminsitinnen befürwortet. Vereinzelte politisch aktive Frauen schienen keine Gefahr zu sein, doch das gleichberechtigte politische Mitreden der Frauen auf allen gesellschaftlichen Ebenen, im häuslichen wie im öffentlichen Bereich, erschien wohl eher wie eine Schreckensvision. Soweit sollte die politische Befreiung der Frau in den mehrheitssozialistischen Kreisen nicht gehen. L. G. Heymann hatte auf dem Rätekongress eine deutliche Kritik an der bisherigen Männerpolitik geübt: obwohl die Vorgänge in Bayern „geradezu weltepochemachend“ seien, hätten die Männer bisher „den Staat in einer Weise geführt [...] wie er nicht hat geführt werden sollen.“1580 Im Rückblick auf den Rätekongress wurde diese Einschätzung noch härter vorgebracht. Nun war die Rede von einer „staatsmännischen Unfähigkeit der linken Politiker,“ von einem „Mangel an Mut bei den Rechtssozialisten“ und davon, „daß die unabhängigen Sozialisten und Kommunisten sich zu keiner einmütigen Tat aufraffen konnten.“1581 Heymanns Gesamturteil über den Rätekongress fiel sehr negativ aus: „Von Tag zu Tag wurde das Durchund Nebeneinander spürbarer. Es fehlte jene Einigkeit, die Kraft und Zuversicht verleiht, ohne die es in Zeiten großer politischer Umwälzungen kein zweckmäßiges, erfolgreiches Handeln gibt.“1582 Nach dem Ende der Revolution rechnete L.G. Heymann massiv mit der Mehrheit der Sozialisten ab. Diese waren für sie „verknöcherte Parteimänner, die durch ihr ganzes Gebaren nicht 255

den revolutionären Sozialisten, sondern den satten „Sozialisten-Bourgois“ erkennen ließen; manche verkörperten äußerlich und innerlich den militärischen Typus, das alles zerstörende Machtprinzip, welches die Völker der Welt an den Abgrund des Verderbens gebracht hat.“1583 Unter den sozialistischen Männern verehrten L. G. Heymann und Dr. Anita Augspurg nur solche, die den Geist der Menge auf höhere Ziele lenkten.1584 Zu diesen wahren Idealisten gehörten für sie Ernst Toller als „ein Mitstreiter für Freiheit, Frieden, guten Willen und Recht,“1585 oder Gustav Landauer, ein „radikaler Pazifist“ und ein Mann von „wahrer Menschengröße,“ „der eine Neugestaltung des Staates aus neuen Elementen, neuen Kräften zu neuen Zwecken, Wirkungen und Zielen nach festen ihm vor der Seele stehenden Richtlinien [...] heraufführen wollte.“1586 Die Affinität der beiden Frauenrechtlerinnen zu der Gruppe um Toller, Landauer und Mühsam begründete sich also in einer geteilten pazifistischen, idealistischen Weltsicht, die dazu geführt hatte, dass die radikal-bürgerlichen Frauenrechtlerinnen auf dem Rätekongress in allen wichtigen Fragen mit dem äußerst linken Flügel zusammengingen, wie Erich Mühsam resümierte.1587 Während diese Männer jedoch führende Positionen in der kommenden revolutionären Entwicklung einnahmen, hatten sich die radikal bürgerlichen Frauen enttäuscht aus der Revolutionspolitik weitgehend zurückgezogen.

5.1.3.3 Frauen in rätepolitischen Kommissionen Die in der Revolutionszeit entstandenen Kommissionen erfüllten unterschiedliche Funktionen. Diese Kommissionen waren gedacht als Arbeitsausschüsse, als Kontrollinstrumente oder als politische Organe mit wirtschaftlichem, administrativem oder politischem Charakter ohne klare Trennlinien zwischen diesen verschiedenen Aufgabenbereichen. Diese Kommissionen waren von unterschiedlichen revolutionär-politischen Machtsystemen gebildet worden und arbeiteten auf dieser untergeordneten Ebene dem rätepolitischen Entscheidungssystem zu bzw. erfüllten die politischen Vorgaben der rätepolitischen Entscheidungsgremien. In diesen Kommissionen wurden wirtschaftliche oder soziale Regulierungen vorgenommen, sie dienten jedoch auch der Herrschaftssicherung vor allem während der ersten und zweiten Räterepublik. Bereits unter Kurt Eisner waren verschiedene Kommissionen mit politischer, sozialer oder erzieherischer Aufgabenstellung entstanden, es ging um Vorschläge für einen neuen Aufbau des Staates. In der Erziehungskommission war Lida Gustava Heymann vertreten, hier sollten Pläne für die zukünftige Schule eines „neuen, vernunftgemäßen“ Staates ausgearbeitet werden.1588 Vorschläge wurden schriftlich eingereicht und in den Sitzungen von den Antragstel256

lern persönlich begründet. Daran schlossen sich dann ausführliche Diskussionsrunden an, an denen Pädagogen wie Karl Gareis teilnahmen.1589 Die Ärztin Dr. Hildegard Menzi1590 hatte sich bereits kurz nach der Novemberrevolution an das unter der Regierung Eisner entstandene Ministerium für soziale Fürsorge gewandt, das dem Minister für soziale Angelegenheiten Hans Unterleitner (USP) unterstellt war. Hier unterbreitete sie einen weitreichenden Plan zur Verhütung der Geschlechtskrankheiten, der sogar Kostenvoranschläge enthielt.1591 Sie hatte sich in dieser Sache auch persönlich an Eisner gewandt. Neben der Lösung dieses dringend anstehenden Problems nach dem Kriege erhoffte sie sich als Sozialistin jedoch vor allem eine sozialistische Umgestaltung des Gesundheitswesens, bei der Arme wie Reiche die gleiche ärztliche Versorgung erhalten sollten.1592 Als Ende Februar 1919 endgültig eine Kommission für das Gesundheitswesen etabliert werden sollte, erhielt Dr. Hildegard Menzi am 30. März 1919 für die konstituierende Sitzung eine Einladung des Vollzugsrates der Arbeiterräte Bayerns.1593 Sie war damit reguläres Mitglied der Gesundheits-Kommission und in dieser Funktion war sie bei der zweiten Sitzung des Zentralrates vom 12. April 1919 anwesend. Bei dieser ZR-Sitzung unter Führung von Ernst Toller ging es um die Neuorganisation des Sanitätswesens. Dr. Schollenbruch hatte in Bezug auf die Sicherheitsmaßnahmen den Antrag gestellt, dass der gesamte Rettungsdienst der Stadt München, die Freiwillige Rettungsgesellschaft und die Sanitätskolonne, der Kommission für Gesundheitswesen in jeder Beziehung unterstellt werden. Neben dem Arzt Dr. Jordan und dem Rückversicherungsbeamten Adolf Kapp sollte die Ärztin Hildegard Menzi die nötigen Vollmachten zu beschleunigten Maßnahmen bei außerordentlichen Ereignissen erhalten.1594 Nach einer Abstimmung über diesen Antrag wurde eine einstimmige Annahme konstatiert, die notwendigen Vollmachten wurden ausgestellt. Dr. Hildegard Menzi gehörte damit der Führungsebene in dieser ansonsten ausschließlich von Männern besetzten Kommission an. Obwohl überzeugte Kommunistin, zeigte sich, dass Dr. Hildegard Menzi ihre Aufgabe weniger unter ideologischen Aspekten sah als ihre männlichen Kollegen. So ging es Adolf Knapp nach seinen Ausführungen darum, den Sanitätsdienst den reaktionären Behörden zu entziehen, denen bisher diese Aufgabe unterlag. Die angestrebte Neuorganisation sollte den Sanitätsdienst im sozialistischen Sinne ausbauen und zu einer Sozialisierung des Rettungswesens führen. Während Knapp also ideologisch argumentierte, blieb Dr. Hildegard Menzi in ihrer Argumentation auf einer Sachebene, indem sie sehr lebensnah die Mängel des Rettungsdienstes bei einem Einsatz im Landtag beschrieb und damit die Notwendigkeit einer weitreichenden Umgestaltung begründete.1595 Bei der von ihr geforderten Umgestaltung des Rettungswe257

sens stand deshalb weniger eine organisatorische Neugestaltung im Vordergrund, es ging ihr vor allem ganz praxisnah um mehr Pferde, Automobile, Verbandsstoffe und Personal.1596 Einen solchen pragmatischen Ansatz bei der Bewältigung von Problemen zeigte auch Frl. Erlewein. Sie gehörte nach einer Verfügung vom 24. April 1919 neben Frau Mayer dem Arbeitsausschuss der Wirtschaftskommission an.1597 In dieser Wirtschaftskommission der zweiten Räterepublik ging es um die wirtschaftlichen Maßnahmen wie z. B. die Bemühungen zur Behebung des Bargeldmangels, Versuche zur Bekämpfung der Wohnungsnot oder Beschlagnahmungen von Lebensmittel zur Bekämpfung der Lebensmittelnot.1598 Nach einem Vorschlag des Genossen Zidler sollten die wirtschaftlichen Angelegenheiten grundsätzlich von zwei Genossen und einer Genossin bearbeitet werden, ein Vorschlag, der jedoch nicht umgesetzt wurde.1599 Auf einer Versammlung wurde auch in dieser Kommission deutlich, dass eine Frau die anstehenden Probleme bei der Lebensmittelversorgung anders anging als ihre männlichen Kollegen. Diese beschäftigten sich mehr mit einer organisatorischen Aufgabenverteilung, grenzten Kompetenzen gegenüber anderen Ämtern wie z. B. dem Kriegswucheramt ab, debattierten auf einer theoretischen Ebene über erweiterte Befugnisse. Frl. Erlewein, Leiterin einer Lebensmittel-Verteilungsstelle für Trockenmilch, verwies dagegen auf konkrete Mängel im Versorgungssystem der Räterepublik.1600 Sie forderte, dass die neu geschaffenen Verteilungsstellen die vorhandenen Lebensmittel gerecht an alle Haushalte verteilen. Sie bemängelte vor allem die Benachteiligung von Müttern, Greisen und Kindern, die bei der anstehenden Verteilung vielfach zu kurz kämen. Sie forderte „strengste Kontrollorgane,“ um vor allem Missstände zu verhindern. Oft seien es Soldaten, die die knappen Lebensmittel vor der Verteilung zu ihren eigenen Zwecken verwendeten und nicht der Allgemeinheit zukommen ließen.1601 Deshalb müssten die Verteilungsstellen mit „ehrenwerten Leuten“ besetzt werden, die eine Verteilung der Lebensmittel nach dem jeweiligen Bedürfnis des Haushaltes vornehmen.1602 Herr Fischer, der Geschäftsführer der Kommission, wiegelte diese Einwände ab, das Bestreben des Wirtschaftsrates sei es grundsätzlich, im Dienste der Allgemeinheit zu arbeiten; die Vorschläge von Frl. Erlewein wurden nicht weiter diskutiert. Die Männer wandten sich unter seiner Leitung wieder den organisatorischen Aufgaben und Zuständigkeiten zu.1603 In dem von der ersten Räterepublik geschaffenen Revolutionsgericht schien zunächst eine gleichberechtigtere geschlechtsspezifische Besetzung vorgesehen gewesen zu sein. Für das aus 28 Mitgliedern bestehende Gremium, das in vier Kammern arbeiten sollte, war am 7. April 1919 festgelegt worden, dass in jeder Kammer eine Frau arbeiten sollte. Diese Bekanntma258

chung war von Ernst Toller unterzeichnet worden.1604 Diese ursprüngliche Vorgabe wurde jedoch nicht umgesetzt, unter den 28 Mitgliedern, die als Richter fungierten, befand sich letztendlich lediglich eine Frau. Die Mitglieder waren nach parteipolitischen Aspekten ausgewählt worden und gehörten der SPD, der USPD, dem Bauernbund und dem Soldatenrat an. Nur die USP hatte von den ihr vier zustehenden Sitzen einen einer Frau zugestanden, Hedwig Kämpfer. Hedwig Kämpfer arbeitete damit als einzige Frau als Richterin in dem aus 28 Richtern bestehenden Gremium. Sie war zugleich Kassenführerin, die die Löhne der beim Revolutionstribunal beschäftigten Personen auszahlte.1605 Neben Hedwig Kämpfer gehörten noch zwei weitere Frauen dem Revolutionstribunal in München an, jedoch nicht als Richterinnen sondern als Beisitzerinnen. Diese waren, wie auch Hedwig Kämpfer, Mitglieder des Bundes sozialistischer Frauen: Rosa Aschenbrenner arbeitete im Revolutionstribunal als Beisitzerin bzw. Sprecherin des räterepublikanischen Staatsanwalts,1606 Mathilde Baumeister ebenfalls als Beisitzerin.1607 Als Beisitzerinnen waren die Frauen fast bei allen Sitzungen beteiligt, konnten durch Fragestellungen zur Urteilsfindung beitragen und stimmten bei dem Urteil mit ab.1608 Das Revolutionstribunal war darüber hinaus das einzige Gremium, in dem alle Angehörigen geschlechtsunabhängig mit dem gleichen Satz entlohnt wurden: 20 Mark pro Sitzungstag.1609 Das Revolutionstribunal begann seine Tätigkeit am 10. bzw. 12. April in den Räumen des Münchener Justizpalastes und beendete seine Tätigkeit Ende April 1919. Gertrud Baer, die Referentin des Referats für Frauenrecht im Ministerium, hatte in dieser Funktion gleich zu Beginn der Arbeit des Tribunals an den provisorischen revolutionären Zentralrat ein Schreiben gerichtet, mit dem sie für die Arbeit des Revolutionstribunals folgende Verfügung beantragte: „In allen Fällen, in denen Vergehen von Frauen oder gegen diese zur Aburteilung gelangen, sind die gleiche Anzahl weiblicher wie männlicher Richter zum Revolutionstribunal zuzuziehen.“1610 Doch das Tribunal nahm seine Arbeit auf, ohne dass diesem Antrag entsprochen wurde. Zwar stand das Revolutionstribunal auf dem Boden des Rätegedankens, doch es wurden unter dem Deckmantel eines gerichtlichen Verfahrens keine klassenpolitischen Ziele verfolgt, maßgeblich für die Beschlussfassung und die Urteilsfällung waren die Grundsätze der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit.1611 Die meisten behandelten Fälle endeten mit Freispruch, die höchsten Strafen waren eineinhalb Jahre Gefängnis wegen Diebstahls, als schwerste Geldstrafe wurden 5 000 Mark verhängt.1612 „Blutgerichte“ wurden nicht gefällt, dazu waren die Mitglieder in ihrer Mehrheit viel zu gemäßigt, urteilte Heinrich Hillmayr.1613 Nach L. G. Hey-

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mann war diese Tatsache auf den Einfluss von Frauen zurückzuführen, die sofort als erstes die Forderung erhoben hatten: „Todesfälle werden nicht verhängt.“1614 Das Revolutionstribunal setzte in diesem Sinne seine Arbeit auch unter der kommunistischen Räterepublik ab dem 13. April 1919 fort. Von dem Revolutionstribunal erwartete man sich nun ein härteres Vorgehen gegen konterrevolutionäre Vergehen. Zunehmend erregten die Milde der Urteile und der Verzicht auf Todesurteile einen wachsenden Unmut, der vor allem den Frauen den „unverbrüchlichen Haß“ von Max Levin und Eugen Leviné, den beiden kommunistischen Führern, eintrug.“1615 Dagegen hatte die Regierung in Bamberg im April 1919 Flugblätter über München abwerfen lassen, die die Ungesetzlichkeit des Revolutionstribunals hervorhoben und vor der Mitwirkung in solchen Gerichten warnten.1616 Damit waren die Frauen in dem Revolutionstribunal zwischen die Fronten von Revolution und Gegenrevolution geraten und gingen durch ihre Mitwirkung ein hohes Risiko ein. Die kommunistische Räterepublik hatte noch in der Nacht des 13. April 1919 eine Reihe von Kommissionen eingesetzt, die nach der Vorstellung von Leviné die Aufgabe haben sollten, den bürgerlichen Staat zu zertrümmern und im sozialistischen Geiste neu aufzubauen.1617 So oblag dem am 13.4.1919 gewählten Aktionsausschuss, der als das hauptsächliche Regierungsorgan der kommunistischen Räterepublik gelten kann, die Gründung einzelner Kommissionen, mit denen sich die kommunistische Regierung einen eigenen Behördenapparat aufbauen wollte.1618 Zu diesen Kommissionen zählte u.a. eine Kommission zur Bekämpfung der Gegenrevolution, die den Schutz der kommunistischen Räterepublik im Innern sicherstellen sollte.1619 Es wurden vor allem Verhaftungen durchgeführt, Haftgründe waren neben Spionage bzw. Spionageverdacht, reaktionäre Gesinnung, Zusammenarbeit mit der Regierung Hoffmann, Propaganda für die Regierung Hoffmann. Nach den Vernehmungen erfolgte entweder sofortige Freilassung, Übergabe an das Revolutionstribunal oder in seltenen Fällen eine Einweisung in ein Gefängnis. In der Kommission zur Bekämpfung der Gegenrevolution, die dem Revolutionstribunal zuarbeitete, war ein weibliches Mitglied vertreten: die Genossin Toni Gernsheimer.1620 Auch in weiteren Kommissionen, die von der kommunistischen Räteregierung als eigener Behördenapparat gebildet worden waren mit dem Ziel, die kommunistische Herrschaft abzusichern, waren Frauen als Mitglieder vertreten. So gehörte die „Genossin Remolt“ der Politischen Kommission Geheimdienst an,1621 „Genossin Eisner“ der Kriminellen Gerichtsbarkeit an.1622 260

Zu den Kommissionen, die von der kommunistischen Räterepublik etabliert wurden, gehörte auch der Propagandaausschuss, dem als einer der wichtigsten Ausschüsse die Aufgabe zukam, durch Herausgabe von Flugblättern, Plakaten, Broschüren und Druckschriften jeder Art der Propaganda und Agitation des Räteprinzips zu dienen.1623 Geleitet von zwei Männern der KPD, gehörte auch Dr. Frieda Rubiner diesem Propagandaausschuss an. Die überzeugte Kommunistin war erst am 9. April 1919 aus Berlin angereist, nahm in München Kontakt auf zu Eugen Leviné und wurde „von den kommunistischen Führern mit offenen Armen empfangen.“1624 Sie bot ihre Mithilfe in dem neu gegründeten Propagandaausschuss an und empfing in dieser Funktion täglich eine große Zahl von Personen, insbesondere Journalisten und Redakteure. Im Auftrag der kommunistischen Räteregierung übte sie dabei die Zensur aus. Neben dem Hauptagitator Werner, dem Leiter des Ausschusses, nahm sie damit eine „hervorragende Vertrauensstellung“ ein und entfaltete „eine besonders wichtige Tätigkeit.“1625 Ihre Aktivitäten führten sogar dazu, dass sie dabei von manchen Personen als Leiterin des Propagandaausschusses wahrgenommen wurde.1626 Im Rahmen ihrer Tätigkeit hielt sie tagtäglichen Kontakt mit allen Führern der kommunistischen Umsturzbewegung im Wittelsbacher Palais. Auf Grund ihrer „nicht alltäglichen Geisteskraft und ihrer ganzen nicht alltäglichen Willenskraft“ sowie ihrem unverkennbaren kommunistischen Fanatismus sei sie „ganz zweifellos einer der geistig bedeutendsten Köpfe unter allen Münchener Kommunisten-Führern“ gewesen.1627 Die Beteiligung und Mitwirkung „an der kommunistischen Schreckensherrschaft“ führte zu einer Anklage wegen Beihilfe zum Hochverrat und der Verurteilung zu einer Festungshaftstrafe von einem Jahr und neun Monaten.1628 Neben diesen Kommissionen waren während der Revolutionszeit auch einige revolutionäre Organisationen und Ausschüsse entstanden, die sich ganz allgemein in den Dienst einer kulturellen oder gesellschaftlichen Revolutionierung gestellt hatten. So war an der Münchener Hochschule im Dezember 1918 eine „Gruppe sozialistischer Akademiker“ entstanden, der anfänglich höchstens 60 bis 80 sozialistische Studenten der Universität München angehörten.1629 Die Gruppe der Sozialistischen Akademiker hatte den Zweck, die sozialistischen Ideen zu vertiefen, in der Studentenschaft neue Anhänger zu gewinnen, die sozialistische Jugendbewegung durch tätige Mitarbeit zu fördern, in Verbindung mit verwandten Organisationen die deutschen Hochschulen im Sinne des Sozialismus umzugestalten sowie durch Pflege internationaler Beziehungen das Bewusstsein der übernationalen Solidarität des Geistes zu stärken.1630

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Gertraud Kästner war Studentin der Staatswirtschaft (Nationalökonomie) in München. Als Mitglied der KPD fühlte sie sich von dieser sozialistischen Ausrichtung angezogen und hatte sich im Wintersemester 1918/19 dieser Gruppierung angeschlossen.1631 Mit ihrer Mitgliedschaft wollte sie zu einer Revolutionierung der Gesellschaft beitragen, unter der sie „eine Umwälzung in rein geistigem Sinne“ verstand.1632 Als 1919 eine Hochschulkommission eingerichtet wurde, stellte ein Sonderausschuss der „Gruppe sozialistischer Akademiker“, dem auch Gertrud Kästner angehörte, ein „Aktionsprogramm zur Revolutionierung der Hochschulen“ auf.1633 Im Zuge der revolutionären Ereignisse ab Mitte März trug dieser im April 1919 Gustav Landauer, dem Volksbeauftragten für Volksaufklärung, sein Aktionsprogramm vor und erhielt umfangreiche Vollmachten.1634 Dazu gehörte auch die Befugnis nötigenfalls die Universität durch Bewaffnete zu besetzen.1635 Auf Grund dieser Vollmachten begab sich eine kleine Abordnung, unter ihnen Gertraud Kästner, am 7. April 1919 früh morgens zur Universität und ordnete unter Vorzeigen der Vollmacht die Schließung der Universität an, das Gitter am Hauptportal wurde versperrt und auf dem Gebäude die rote Fahne gehisst.1636 Ein „Revolutionärer Hochschulrat“ wurde mit Unterstützung durch Mitglieder des radikaleren Flügels der sozialistischen Studentengruppe gebildet, Gertraud Kästner gehörte zusammen mit Otto Hausdorf und Walter Klein dem Kern dieses Rates an.1637 Diese Gruppierung besaß bis auf weiteres das alleinige Recht, in Sachen der Universität und Technischen Hochschule alle Maßnahmen zur Verwaltung und Umgestaltung zu treffen.1638 Nachdem am 13. April die erste unter Landauers Einfluss stehende Räterepublik gestürzt wurde und die kommunistische Räterepublik entstanden war, betrachteten sich die Mitglieder des revolutionären Hochschulrates, deren Mehrheit Mitglieder der KPD waren,1639 als Willens- und Vollzugsorgane der neuen Machthaber auf dem Universitätsgelände. Am 15. April 1919 erzwangen 5 Mitglieder des Hochschulrates, unter ihnen Gertraud Kästner, unter Androhung von Waffengewalt u.a. eine Reihe von Schlüsseln der Universität und den Zutritt zu den Aktenschränken des Senates.1640 Gertraud Kästner hatte bei der Sitzung mitgewirkt, in der die gewaltsame Einforderung der Schlüssel zu den Universitätsakten und der Fakultätsschlüssel beschlossen wurde.1641 Der Rektor der Universität forderte die Polizeidirektion auf, die Mitglieder zu vernehmen und in der Wohnung von Frau Kästner eine Hausdurchsuchung vornehmen zu lassen.1642 Die Hausdurchsuchung war zwar erfolglos, doch Gertraud Kästner hatte wohl die Schlüssel der Universität bis zum 1. Mai in Verwahrung. An diesem Tag hatte sie nämlich ihrer Schwester Eva Kästner ein Paket mit Schlüsseln übergeben, das diese an der Universität abgeben sollte, sie selbst war untergetaucht.1643 Diese Aktivitäten von Gertraud Kästner im Rahmen des „Re-

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volutionären Hochschulrates“ führten zu einer Anklage und Verurteilung wegen des Verbrechens der Beihilfe zu einem Verbrechen des Hochverrats.1644 An der Akademie der Tonkünste war ein aus vier Männern und drei Frauen bestehender sozialistischer Studierendenausschuss entstanden, dem Hannah Merklin, Liesel Thoma und Philippine Schick angehörten.1645 Auf dem Boden einer sozialistischen Bildungsidee stehend, wurde von diesem Ausschuss die Umgestaltung der Akademie zu einer Volkshochschule der Musik gefordert hatte. In einem Schreiben vom 9. April 1919 sollten deshalb alle begabten, aber ärmeren Studenten eine „weitherzige Erteilung von Stipendien“ erhalten, Minderbegabte sollten dagegen entlassen werden.1646 Die Malerin Lessi Sachs, war im Dezember 1918 von Breslau nach München gereist.1647 Hier schloss sie sich der kommunistischen Partei an und war im Februar und März 1919 dritte Schriftführerin der Sektion Schwabing der Ortsgruppe München.1648 Als Kunstmalerin gehörte sie als einzige Frau dem Aktionsausschuß revolutionärer Künstler an.1649 Diese Gruppierung war von etwa 20 Künstlern, die sich mit den Räteanhängern im weitesten Sinne solidarisch fühlten, bereits kurz nach der Ermordung Eisners in München gegründet worden und strebte eine Revolutionierung der Kunst an, indem überkommene Kunstvorstellungen überwunden werden sollten. * * * Frauen, die in den Kommissionen arbeiteten, gehörten gleichsam dem exekutiven Bereich des rätepolitischen Systems an. Ausgelegt auf eine sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft, sollten soziale und wirtschaftliche Alltagsprobleme während der Revolutionszeit bewältigt werden, zunehmend drängten sich aber auch politische Aufgaben zur Sicherung der Revolution und der Abwehr der Gegenrevolution in den Vordergrund. Diese Kommissionen standen alle ausschließlich unter der Leitung eines führenden männlichen Mitgliedes der SPD, der USP oder der KP. Frauen, die Mitglieder dieser Kommissionen wurden, hatten zwar Sitz und Stimme in diesen Kommissionen, doch eine stark zentralistische, patriarchalische Führung verhinderte zumeist eine gleichberechtigte Mitarbeit der Frauen. In diesen Exekutivorganen arbeiteten die Frauen mit in Bereichen, die zunächst durchaus frauenspezifischen Interessensgebieten zugeordnet werden können wie z. B. dem Erziehungswesen, dem Ernährungswesen, dem Gesundheitswesen oder der Gefangenenfürsorge. Doch Frauen engagierten sich auch in rein politischen 263

Kommissionen, die der Absicherung revolutionärer Errungenschaften bzw. der Sicherung der kommunistischen Herrschaft dienten. Ihre Arbeit blieb – soweit die vorliegenden Dokumente darüber Aussagen zulassen – sach- und problemorientiert auf den Aufgabenbereich der Kommission konzentriert, spezifische Fraueninteressen wurden kaum vorgebracht. In den männerdominierten Kommissionen schien für Fraueninteressen und Frauenforderungen wenig Raum und Akzeptanz zu sein. Frauen, die versuchten, in den revolutionären Kommissionen Vorschläge zu unterbreiten, machten so die Erfahrung, dass in diesen meist zentralistisch aufgebauten Strukturen eigenständige Vorschläge eher unerwünscht waren. Betraf dieser Mechanismus durchaus auch manche männliche Mitglieder, zeigte sich doch ein geschlechtsspezifisches Moment, indem Einwürfe von Frauen eher ignoriert und übergangen wurden als männliche Beiträge – obwohl sie Sitz und Stimme in diesen Kommissionen hatten. Von einer gleichberechtigten Besetzung der Kommissionen bezüglich der Anzahl weiblicher und männlicher Mitglieder konnte sowieso nicht die Rede sein. Auffällig ist, dass die Frauen vor allem Zugang zu Kommissionen fanden, die erst ab Februar 1919 gebildet wurden und unter dem Einfluss einer zunehmenden politischen Radikalisierung und Revolutionierung standen. Damit schien gerade während der Ausdehnung der kommunistischen Herrschaft eine Verschiebung zugunsten einer aktiven politischen Einbindung von Frauen eingetreten zu sein. Diese Frauen waren, soweit erkennbar, Mitglieder der USP oder der KPD. Die beiden radikalen Frauenrechtlerinnen Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann, der USP nahe stehend, hatten sich zwar noch der auf dem Rätekongress entstandenen Kommission zur Untersuchung der Gefängnisse und Fürsorgeeinrichtungen angeschlossen, doch von den in den Räterepubliken gebildeten kommunistisch orientierten Kommissionen hielten sie sich fern. Von den Frauen, die in den verschiedenen Kommissionen arbeiteten, gehörten fünf dem „Bund sozialistischer Frauen“ an. Dieser Bund kann durchaus als ein Frauennetzwerk gelten, das daran arbeitete, Frauen mehr Geltung in der öffentlich-politischen Ebene zu verschaffen. So wurde auch hier die Forderung laut, bei allen Einrichtungen Frauen an leitender Stelle einzusetzen. Damit war die Intention verbunden, Gewalt und Willkür zu verhindern und den Weg frei zu machen für „vernunftgemäße Lösungen.“1650 Der politische Einfluss, den hier der „Bund sozialistischer Frauen“ nutzte, um Frauen in Kommissionen zu bringen, könnte durchaus auf die guten persönlichen Kontakte zu Ernst Toller, dem Staatsoberhaupt der ersten Räterepublik, zurückzuführen sein. Diese Kontakte kamen wohl über Marie Bertels zustande, in deren Münchener Wohnung Ernst Toller und andere politische Führer des Rätesystems zusammenkamen, aber auch den sozialistischen Frauen als Versammlungsort diente.1651 Der 264

Bund sozialistischer Frauen war damit ein Netzwerk von Frauen für Frauen, das jedoch wohl auch seine Kontakte zu den männlichen Führern der Revolution nutzte.

5.2 Nichtinstitutionalisierte politische Partizipation Politisches Handeln von Frauen vollzog sich während der Revolutionszeit nicht nur in einem hermetisch abgeschlossenen Bereich der politischen Organe und Organisationen. Auch außerhalb des institutionalisierten Raumes fanden Frauen zu Ausdrucksformen mit einem erkennbaren politischen Hintergrund. Dazu zählen die Handlungen von Bürgerinnen, die nicht in das politische System integriert waren und Wege suchten, ihre individuellen Anliegen gegenüber dem politischen System durchzusetzen und/oder Einfluss auf verschiedene Ebenen des politischen Systems zu nehmen. So verwiesen manchmal das Motiv, manchmal das Ziel der Handlung oder eine Kombination von beidem auf einen politischen Zusammenhang. Das Repertoire politischer Handlungsformen von Frauen, die außerhalb des institutionalisierten politischen Systems standen, beinhaltete Kontakte zwischen Bürgerinnen und politischen Institutionen und Personen, die Arbeit im Dienste der Revolution in verschiedenen politischen Organen, die Teilnahme an Demonstrationen und Kundgebungen und die verschiedensten Beteiligungsformen an den Kämpfen zur Verteidigung der Revolution. Mit diesen Aktivitäten traten die Frauen in einen politischen Dialog mit dem Staat, bekundeten ihre politischen Positionen oder versuchten Einfluss zu nehmen auf politische Richtungsentscheidungen, sei es gewaltfrei oder gewaltsam.

5.2.1 Bittgesuche und Anträge an politische Institutionen und Personen Das Leben der Bevölkerung nach dem Krieg und der Revolution sollte zwar wieder in geordnete Bahnen gelenkt werden, doch die wirtschaftlichen Bedingungen hatten sich seit der Revolution im November 1918 nach einer vorübergehenden Besserung wieder verschlechtert. Mangelversorgung an allen wichtigen Gütern des Alltags und die damit verbundenen Missstände wie Hamsterei und Schleichhandel beherrschten weiter den Lebensalltag. Hinzu kamen noch die Wohnungsnot in den Großstädten sowie eine einsetzende Massenarbeitslosigkeit, von der gerade auch die Frauen auf Grund der Demobilisierungsverordnungen betroffen waren.

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Die Revolution hatte zwar die politischen Verhältnisse umgestürzt, doch das alltägliche Leben war für Frauen damit nicht einfacher geworden. Vor der Revolution, also während der Kriegsjahre, hatten Frauen in hohem Maße das Vertrauen in die staatlichen Institutionen verloren und diesen Vertrauensverlust durch Unruhen, Aufstände und Krawalle zum Ausdruck gebracht. Dieselben Verwaltungsbehörden, Kommunalverbände und Gemeindebehörden besaßen aber auch nach der Revolution in allen wesentlichen sozialen und wirtschaftlichen Fragen des täglichen Lebens die Berechtigung, Entscheidungen zu treffen.1652 Diesem System schienen Frauen weiterhin mit Misstrauen zu begegnen. In der Wahrnehmung mancher Frauen verkörperte dagegen das neu installierte Rätesystem eine politische Macht, der man zutraute, sich mehr für die Notlage im allgemeinen und für die Nöte der Frauen im speziellen einzusetzen. Die Rätebewegung hatte für sich in Anspruch genommen, neue Formen von politischer Öffentlichkeit zu entwickeln, gerade die örtlichen Räte konnten und sollten als Bindeglied zwischen den Bürgern und staatlichen Behörden, Kommunalverbänden und Gemeindebehörden vermitteln. Die Erledigung von Anfragen, Anträgen und Beschwerden gehörte in den Aufgabenbereich der örtlichen Räte, auf dieser Basis konnten dann die Räte mit Vorschlägen und Anregungen an die einzelnen Verwaltungsstellen herantreten.1653 Dabei war es für Frauen oft nicht leicht zu erkennen, welche Bereiche in die Zuständigkeit der Räte fielen und manche fanden sich in dem Dickicht von Verwaltungskompetenzen nur schwer zurecht. So wandten sich Frauen auch in Angelegenheiten an die Räte, die nicht in den Aufgabenbereich der Räte fielen und deshalb abschlägig beschieden oder weitergeleitet wurden.1654 Indem viele Frauen ihre Gesuche aber vor allem an übergeordnete Räte richteten, zeigten sie, dass sie ein Mindestmaß politischer Kenntnisse über den hierarchischen Aufbau des Rätesystems besaßen und sich von Gesuchen an übergeordnete Räte eine wirksamere Durchsetzung ihrer Anliegen erwarteten. Obwohl die Erledigung von Anfragen, Anträgen und Beschwerden in den Aufgabenbereich der örtlichen Arbeiterräte fiel, wandten sich die Frauen nämlich bevorzugt an die überregionalen Räten wie den Vollzugs- oder Zentralrat. Die größere Transparenz und Überschaubarkeit in einem kleineren kommunalen Rahmen ließen Unregelmäßigkeiten und Übertretungen der Arbeiterräte erkennen und führten zu einer Distanzierung zwischen den Frauen und den Repräsentanten der örtlichen Räte. So waren die Maßnahmen der örtlichen Räte eher Gegenstand von Beschwerden, die sie bei dem Zentralrat in München vorbrachten. Es kam zu Beschwerden über ungerecht empfundene Warenbeschlagnahmungen durch den örtlichen Arbei266

ter- und Soldatenrat1655 oder zu Hinweisen auf Lebensmittelschiebungen (Milch) in der Gemeinde und mangelnde Unterstützung des örtlichen Arbeiterrates.1656 Doch nicht nur bei Beschwerden über den örtlichen Arbeiterrat richteten die Frauen ihre Gesuche an die übergeordneten Rätegremien. In nahezu allen wirtschaftlichen, sozialen und oft sogar familiären Belangen waren die übergeordneten Räte die bevorzugten Adressaten. Sie trugen damit ihre privaten Alltagssorgen und Nöte in die öffentlich-politische Sphäre und hoben so die Trennung zwischen der privaten Haushaltssphäre und dem öffentlich-politischen Bereich auf. Über die Bittgesuche und Anträge wurde das Private politisch, die Lebensbedingungen während der Revolutionsmonate wurden, wie schon während der Kriegsjahre, für die Frauen zur Triebfeder ihres Handelns. Die politische Umwälzung, die Frauen neue Staatsbürgerrechte verliehen hatte, weckte wohl Hoffnungen, dass die politische Gleichberechtigung in andere Lebensbereiche ausstrahlen und den Frauen auch im wirtschaftlichen, familiären und sozialen Bereich eine Gleichstellung bringen würde. Voller Vertrauen erwarteten deshalb viele Frauen von den Räten Hilfe bei ihren Problemen der Lebensbewältigung. Ein oft naiv anmutendes Vertrauen in diese Organe, die die neue Zeit verkörperten, veranlasste manche Frau sogar zu Klagen und Schilderungen ihrer untergeordneten Rolle in der Ehe, wie ein Schreiben des Münchener Vollzugsrates zeigte: „Herrn Johann Pirzer, Bahnwärter, Rubing Unterzeichneter Vollzugsrat nimmt Kenntnis von den mündlichen Aussagen Ihrer Frau. Wir möchten Ihnen raten, sie im Interesse Ihrerseits in Zukunft menschlicher behandeln zu wollen. Auch ist Ihre Frau von ihnen von ihrem Posten als Schrankenwärterin entlassen worden, was nicht als schöne Tugend zu bezeichnen ist. Ferner wird sie sehr knapp im Haushaltsgeld gehalten, sie hat überhaupt keins in Händen, was gesetzlich nicht zulässig ist.“1657 Doch die meisten Gesuche bezogen sich auf den Lebensmittel- und außerhäusigen Arbeitsbereich. Eines der größten Probleme der Revolutionsmonate war – wie auch schon während des Krieges – die ungenügende Lebensmittelversorgung und ein großer Teil der Beschwerden betraf diesen Sektor. In den Briefen, meist an den Vollzugsrat gerichtet, beklagten sich die Frauen über eine zu geringe oder sozial ungerechte Verteilung der Lebensmittel oder vorenthaltene Lebensmittelkarten.1658 Der Vollzugsrat wandte sich daraufhin meist an die zuständigen Stellen der Lebensmittelzuweisung und versuchte darauf hin zu wirken, dass Missstände dieser Art behoben würden. Vereinzelt kam es auch zu einer kollektiven Beschwerde mehrerer Frauen einer Gemeinde, um die Wirksamkeit ihrer Forderungen zu erhöhen. So hatte eine Gruppe von Frauen aus Gauting in einem Brief an den Vollzugsrat auf die mangelnde Versor267

gung mit Brot in ihrer Gemeinde hingewiesen und sich beklagt, dass sie „vollständig ohne Brot sind und dass eine Streckung der bisherigen Brotration Ihrerseits auf 4 bis 5 Wochen vorgenommen wurde.“1659 Auch in diesem Fall hatte der Vollzugsrat bei dem Kommunalverband Starnberg interveniert und angewiesen, dass diese Maßnahme zurückgenommen werde. Der Vollzugsrat wurde jedoch auch in Anspruch genommen bei Konflikten mit Arbeitgebern, wie z. B. sozial ungerechtfertigten Kündigungen, mangelnden Lohnzahlungen, Bitten um Lohnerhöhungen oder Verstöße gegen bestimmte Verordnungen wie z. B. das seit 13. Dezember 1918 neu geltende Gesinderecht. Die Frauen wandten sich an den Vollzugsrat und dieser versuchte meist vermittelnd einzugreifen und die Probleme im Sinne der Frauen zu lösen. So erging im Namen des Vollzugsrates wegen einer sozial ungerechtfertigten Kündigung folgendes Schreiben an den Stationsvorsteher der Bahnstrecke Petershausen b/Glonn: „Von Asbach ging uns ein Schreiben der dort ansässigen Frau Marie Kreitmeier zu, dass dieselbe 3 Jahre ununterbrochen bei der Bahnstrecke Petershausen beschäftigt war. Dieselbe ist nun ausgestellt worden. Da diese Frau Witwe ist und 3 Kinder zu ernähren hat, ersuchen wir Sie, ob nicht die Möglichkeit vorhanden wäre, diese Frau weiter beschäftigen zu können. Wir bitten um Begutachtung unseres Gesuchs.“1660 Wegen der Verweigerung einer Lohnzahlung auf Grund einer Erkrankung richtete der Vollzugsrat ein Schreiben an den Arbeitgeber: „Da Krankheitsfall kein Grund ist, das monatlichen Gehalt, die Betreffende war monatlich angestellt, zu verweigern, so ersuchen wir Sie uns umgehend Antwort zu kommen zu lassen, weshalb Sie sich der Lohnauszahlung entzogen haben. Wir können das unter keinen Umständen dulden, dass solche Fälle unerledigt bleiben, und machen Sie darauf aufmerksam, Fräulein A.W. den entzogenen Lohn wieder zukommen zu lassen. Wir sehen ihrer diesbezüglichen Nachricht entgegen.“1661 Die Hausangestellte Kreszenz Ehard beschwerte sich bei dem Vollzugsrat über die Missachtung ihr zustehender Rechte nach dem neuen Gesinderecht und erhielt Rückendeckung, wie folgendes Schreiben beweist: „An Frau Geheimrat Sedlmayer, München Unterzeichneter Vollzugsrat der Arbeiterräte Bayerns bringt Ihnen zur Kenntnis, dass Sie die Frau Kreszenz Ehard sofort und ungehindert zu Ihren Kindern reisen lassen müssen. Wenn Sie Schwierigkeiten machen, werden wir sofort mit den schärfsten Massregeln gegen Sie vorgehen.“1662 In dem sich nun Frauen an die von Männern geprägten politischen Institutionen der Räteorganisation wandten, zwangen sie diese, ihre privaten Überlebenssorgen ernst zu nehmen und soziale, wirtschaftliche oder familiäre Angelegenheiten auch aus der Perspektive der Frauen zu betrachten. Die übergeordneten Räte versuchten dabei durchaus, die vorgetragenen Probleme zu lösen und signalisierten damit eine Neu- bzw. Aufwertung frauenweltlicher Belange.

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Auch wenn die bisher vorgestellten Forderungen und die Reaktionen der Räteorgane auf eine höhere politische Akzeptanz von Fraueninteressen hinweisen, zeigen andere Beispiele, dass die Aufwertung von Fraueninteressen in der politischen Sphäre durchaus brüchig war. Wo die Interessen der Frauen mit denen der Männer kollidierten, endete meist das Verständnis für die Frauennöte. Das Dilemma setzte an dem Punkt ein, wo Fraueninteressen mit Männerinteressen unvereinbar aufeinander prallten wie bei dem Konkurrenzkampf um Arbeitsplätze. Hier traten traditionelle Anschauungen, die der Frau einen untergeordneten Stellenwert im sozialen und wirtschaftlichen Gefüge zuordneten, deutlich zu Tage. Dies zeigte sich bei einem Antrag der Münchener Briefträgerinnen, die 28-tägige Kündigungsfrist zu verlängern, um so mehr Zeit für eine Stellensuche zu gewinnen. Die Briefträgerinnen hatten es als großes Unrecht empfunden, nach dreijähriger Tätigkeit mit einer Kündigungsfrist von 28 Tagen entlassen zu werden.1663 Dieser Antrag wurde auf der 5. Sitzung des Münchener Arbeiterrates behandelt und zunächst im Kreis des Münchener Arbeiterrates „weitgehendsterweise genügend unterstützt.“1664 Doch im Verlauf der Debatte weitete sich das Gesuch der Briefträgerinnen zu einer Diskussion um Frauenbelange und ihr Recht auf Arbeit aus. Albert Rosshaupter (SPD) plädierte schließlich gegen die Annahme des Antrags: „Den Antrag der Briefträgerinnen finde ich komisch. Es geht doch anderen Frauen auch so, es müssen sich alle darein finden, es muss einfach den Feldsoldaten Platz gemacht werden, diese sind in allererster Linie zu berücksichtigen – es wird auf die 4wöchentliche Kündigung verwiesen. Es sind die wenigsten Frauen, deren Männer gefallen sind und in den meisten Fällen ist dann ein Doppelverdienst da, wenn die Männer zurückkehren, was doch sicher gar nicht nötig ist. Antrag ablehnen.“1665 Auch Genosse Söldner äußerte wenig Verständnis für die Frauen und verwies auf die 10 000 arbeitslosen Arbeiter, die draußen demonstrieren, alles „Familienväter“ wie er meinte. Mit der Berücksichtigung des Antrags der Briefträgerinnen „kommen wir auf eine schiefe Bahn, deren Ausgang wir gar nicht voraussehen.“1666 Nur wenige Genossen nahmen in dieser Debatte eine frauenfreundliche Haltung ein, wie z.B., Genosse Scharrer1667 oder Genosse Luitz: „Ich höre, man soll die Frauen hinauswerfen: Wie vereinbart sich dies dann mit dem Frauenstimmrecht, mit der Gleichberechtigung der Frau? (Zuruf: Gehört nicht zur Sache) Der Münchener Arbeiterrat vertritt hier die Auffassung, die Frauen sollen dem häuslichen Beruf wieder zugeführt werden.“1668 Doch diese frauenfreundliche Position setzte sich nicht durch, der Antrag der Briefträgerinnen wurde abgelehnt. Bei dieser Sitzung waren auch Hedwig Kämpfer und Sophie Setzer anwesend, doch von ihrer Seite erhielten die Briefträgerinnen keine Unterstützung. 269

Auch ein Bittgesuch einer Arbeiterin in der Munitionsfabrik Dachau, die sich hilfesuchend wegen ihrer bevorstehenden Entlassung an den Arbeiter- und Soldatenrat München gewandt hatte, wurde abgeschmettert.1669 Mit der Niederschlagung der Räterepublik im Mai 1919 änderten sich nicht nur die politischen Machtverhältnisse, sondern auch die Inhalte der Gesuche der Frauen. Vor allem für Frauen von Männern, die politisch aktiv in den Revolutionsmonaten gewesen waren, hatten schlimme Zeiten begonnen. Eine große Verhaftungs- und Säuberungswelle setzte ein, die Frauen blieben oft wochenlang im Ungewissen, was mit ihren Ehemännern oder Söhnen passiert war. Nicht mehr Lebensmittelnot oder Arbeitslosigkeit waren die vordergründigen Sorgen der Frauen, sondern das Schicksal ihrer männlichen Angehörigen. Die Bittgesuche wurden nun – angepasst an die veränderte politische Situation – nicht mehr an Organe der Räteorganisation gerichtet, sondern an die politischen Vertreter des parlamentarischen Systems, die Regierung in Bamberg oder an den Ministerpräsidenten Hoffmann persönlich. In ihren Schreiben versuchten sie etwas über das Schicksal ihrer Männer in Erfahrung zu bringen1670 oder baten wie Anna Niekisch, Ehefrau von Ernst Niekisch1671 um ein mildes Urteil. Oft ging es dabei auch um eine gerechte Behandlung für den inhaftierten Mann.1672 Die Töchter von Gustav Landauer1673 versuchten für den grausamen Tod ihres Vaters eine Entschädigung vom bayerischen Staat zu erreichen. Es kam zu einer Anfrage eines beauftragten Rechtsanwaltes, ob die Regierung des Volksstaates Bayern die Ansprüche der Töchter auf Entschädigung oder andere Fürsorgeleistungen anerkenne,1674 doch jegliche Ansprüche wurden abgewiesen.1675 Eine Frau Magdalena Herzner wandte sich in einem Gesuch vom 5.5.1919 an die Regierung in Bamberg mit der „Bitte um Befreiung ihres Sohnes Franz Herzner.“1676 Dieser war während eines Demonstrationszuges am 1. Mai 1919 auffällig geworden, das Anliegen der Frau wurde abgewiesen. Die bisher dargestellten Bittschriften, Gesuche oder Beschwerden einzelner Frauen sollten Abhilfe schaffen bei individuellen, persönlichen Problemen der Lebens- und Alltagsbewältigung und zielten nicht ab auf die Regelung eines allgemeinen politischen Gegenstandes z. B. durch eine beantragte Gesetzesänderung oder Verfahrensänderung bestimmter Behörden. Das politische Handeln einzelner Frauen bezog sich auf die Verbesserung ihrer subjektiven Lebenslage.

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Doch es liegen auch Eingaben vor mit dem Ziel, staatliche oder behördliche Entscheidungen zu beeinflussen und Lösungen auf einer übergeordneten Ebene zu finden. Die Verfasser waren die Verbände der radikal-bürgerlichen sowie der gemäßigt-bürgerlichen Frauenbewegung. Diese Eingaben bzw. Einsprüche sprengten den Gegenstandsbereich einer persönlichen, unmittelbaren Betroffenheit. Die Subjektperspektive der Einzelgesuche wurde aufgegeben, die organisierten Frauen strebten generelle Problemlösungen an, meist mit frauenpolitischem, aber auch mit allgemein-politischem Hintergrund. Die radikal-bürgerlichen Frauen hatten über den Bayerischen Verein für Frauenstimmrecht Eingaben formuliert, bei denen sie geschlechtsspezifische Missstände im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich anprangerten. So erhoben sie Einspruch beim Magistrat in München gegen die unterschiedlichen Sätze bei der Erwerbslosenfürsorge und gegen die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede.1677 Beide Benachteiligungen sahen sie als Indiz dafür, dass der politischen keinesfalls eine gesellschaftliche Gleichberechtigung gefolgt sei, dabei läge doch die Berücksichtigung der Fraueninteressen in einem gesamtgesellschaftlichen Interesse. Massiv griffen die beiden Radikalfeministinnen in ihren Argumentationen den neuen Volksstaat an, der der verkündeten politischen Gleichberechtigung keine wirtschaftliche und soziale Gleichstellung folgen lasse. Auch aus dem Kreis der bürgerlichen Frauenbewegung wurden etliche Eingaben formuliert. Luise Kiesselbach hatte als Vorsitzende des Stadtbundes Münchener Frauenvereine mit seinen 15 000 Mitgliedern ein Gesuch des Deutschen Vereins gegen den Missbrauch geistiger Getränke Bezirksverein München mitunterzeichnet, das sich um eine Lösung der angespannten Ernährungssituation bemühte. Zur Erleichterung der allgemeinen Ernährungssituation sollten die Braukontingente in Bayern herabgesetzt werden, damit die Gerste nicht als Genussmittel, sondern als Brotgetreide zur Ernährung herangezogen werden könnte.1678 Damit wäre es möglich, der Allgemeinheit und insbesondere „den Frauen, Kindern und Kranken wertvolle Nährstoffe zuführen zu können.“1679 Wegen den bei der Demobilisierung aufgetretenen Härten bei der Entlassung weiblicher Arbeitnehmer kam es zu einer weiteren Eingabe des Stadtbundes Münchener Frauenvereine, der „um Maßnahmen zur Vermeidung der durch rücksichtslose Handhabung der Verordnung über wirtschaftliche Demobilmachung entstehende Härten ersuchte.“1680 Der Stadtbund Münchener Frauenvereine brachte jedoch auch seine Sorge um die fortschreitende Politisierung des Bildungsbereiches zum Ausdruck. Es wurde eine dringende Bitte an 271

den Bayerischen Landtag gerichtet, „Maßnahmen zu treffen, die das Ueberhandnehmen politischer Beeinflussung der Schuljugend unterbinden.“1681 Jegliche parteipolitische Aktivität sollte von der Schule ferngehalten werden „zur Vermeidung neuer Gefahren der Spaltung und Zwietracht.“1682 In einem weiteren Anliegen wollte der Stadtbund darauf aufmerksam machen, dass die städtische Lehrstellenvermittlung des Arbeitsamtes in München sowohl einer Neuorganisation wie auch eines Ausbaus bedurfte, um den „berechtigten Ansprüchen der Jugendpflege zu genügen und den wirtschaftlichen Wiederaufstieg durch die Vermittlung geeigneten Nachwuchses für das Handwerk [...] zu fördern.“1683 Die Eingaben der bürgerlich-organisierten Frauen verwiesen zwar ebenfalls auf Missstände in der sozialen oder wirtschaftlichen Wirklichkeit, unter denen vor allem die Frauen zu leiden hatten. Doch eine ausschließliche Einengung auf frauenpolitische Belange wie bei dem Bayerischen Verein für Frauenstimmrecht fand nicht statt. Hinter ihren Eingaben – ob im Bereich der Lebensmittelversorgung, der Bildungspolitik oder der Jugendpflege – stand das erkennbare Motiv einer Verantwortung für das Gemeinwohl. Ihren Argumentationen fehlte jede geschlechtsspezifische Polemik. Mit bescheidener Zurückhaltung verwies man lediglich auf die Zusammenhänge zwischen Frauen- und Gesamtinteresse, die Sorge eher auf das Gesamtwohl gerichtet. * * * Wie schon während des Krieges hatten Frauen auch in der Revolutionszeit den lebensweltlichen Kontext ihrer „Frauenwelt“ zum Ausgangspunkt und Mittelpunkt ihres öffentlichpolitischen Handelns gemacht. Doch die individualisierten Bittgesuche der Revolutionszeit signalisierten eine deutliche Veränderung der politischen Handlungsweise. Die politische Bedeutung dieser Bitten und Beschwerden bestand in einer damit verbundenen Wechselbeziehung, in die diese Frauen als Staatsbürgerinnen mit dem politischen System der Revolutionszeit eintraten. Damit überbrückten sie die Distanz zu einem hermetisch abgeschlossenen Bereich der politischen Entscheidungen und versuchten, ihre fehlende direkte politische Beteiligungsmöglichkeit zu überwinden. Mit ihren Bittgesuchen waren Frauen zwar nicht mitgestaltende Akteure des Systems. Die Bürgerinnen traten eher als politische Kundinnen oder Bittstellerinnen an das System heran, dem dann die Gewährung der Bitten oder Forderungen oblag. Auch wenn sie damit nicht per se in den politischen Entscheidungsprozess einbezogen waren, verschafften sie sich auf diese Weise Gehör und drückten damit einen Anspruch auf eine politische Wahrnehmung ihrer spezifischen, individuellen Interessen aus. 272

Frauen, die diese Aktionsform wählten, um auf ihre persönlichen, subjektiven Anliegen aufmerksam zu machen, verwiesen durchaus auch auf objektive, gesellschaftliche Missstände. Diese Gesuche waren damit mehr als nur ein unpolitisches, individuelles „Herzausschütten,“ sondern zeigten als politisches Frühwarnsystem Mängel in der politischen und sozialen Wirklichkeit auf. Damit hatten diese Gesuche durchaus auch eine gemeinwohlorientierte Komponente. Am interessantesten ist jedoch, dass die Frauen eine gewaltfreie Methode wählten. Unmut über wirtschaftliche oder soziale Verhältnisse führte in diesen Fällen nicht zu einer Beteiligung an kollektiven Krawallen, durch die Schriftform wurde die Unzufriedenheit in einen friedlichen Protest umgewandelt. Diese Gesuche können deshalb durchaus auf ein gewandeltes politisch-rechtliches Bewusstseins von Frauen verweisen, das Unmut und Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen öffentlich vorbringt ohne eine Radikalisierung auf der Straße. Die Frauen traten damit in einen gewaltfreien politischen Dialog mit politischen Organen, aus randalierenden Frauen waren Staatsbürgerinnen geworden. Sie wurden Teil einer lebendigen demokratischen Kultur. Die meisten Gesuche wurzelten in einer mangelnden öffentlichen Daseinsvorsorge und waren ausgerichtet auf eine mittelbare oder unmittelbare persönliche Lebensbewältigung. Doch gerade in den kollektiven Bittgesuchen und Anträgen machten Frauen auch auf allgemeine frauenpolitische Defizite aufmerksam und erhofften sich eine gebührende Berücksichtigung. Doch gerade im Bereich des Arbeitsmarktes war der Widerstand gegen eine wirtschaftliche Gleichstellung der Frau groß. Zudem waren die Frauen-Gruppierungen, die hinter den entsprechenden Eingaben standen, zu klein, um ihre Interessen durchzusetzen – ob es der Antrag der Briefträgerinnen auf verlängerten Kündigungsschutz oder die Anträge des mitgliederschwachen Bayerischen Stimmrechtsvereins auf Lohngleichheit oder Angleichung der Erwerbslosenunterstützung waren. Vergeblich hatten die Radikalen deshalb darauf verwiesen, dass die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frau eine wesentliche Voraussetzung einer gesellschaftlichen und familiären Gleichstellung sei.1684 Hinter den Eingaben des Stadtbundes Münchener Frauenvereine verbarg sich zwar eine größere Interessenvertretung der Frauen, doch hier waren die Forderungen sehr zurückhaltend formuliert worden, stets bereit, Fraueninteressen den Gesamtinteressen unterzuordnen. Auch wenn also manche Anliegen der Frauen gebührend bearbeitet und berücksichtigt wurden, verkörperten die Männer des politischen Systems, sei es das Rätesystem oder das parlamentarischen System, doch traditionell patriarchalische Normen, die aufzubrechen sie keinesfalls bereit waren. 273

5.2.2 Schlichtungsversuche der Frauen zwischen rotem und weißem Terror Bereits Anfang 1919 zeichnete sich eine zunehmende Radikalisierung innerhalb der Rätebewegung ab. Max Levien, der bayerische KPD-Führer, hatte auf einer Sitzung des Münchener Arbeiterrats schon im Januar 1919 offen die Haltung von Kurt Eisner kritisiert und eine gezielte Offensive der Massen gefordert.1685 Auch wenn Frauen aus der USP nachhaltig für eine umfassende sozialistische Umformung der Gesellschaft eintraten, wurde doch von ihnen eine gewaltsame Durchsetzung der Sozialisierung abgelehnt. Sophie Setzer hatte sich vehement gegen die Position von Max Levien gewandt: „Berliner Zustände können wir hier in München nicht brauchen [...]. ich wiederhole, wir wollen die Verhältnisse nicht wie in Berlin.“1686 Ein Einwand, der – wie so oft – von den männlichen Genossen überhört und übergangen wurde. Spätestens seit der Ermordung Kurt Eisners setzte der Kampf zwischen den Revolutionären und den Gegenrevolutionären mit ganzer Wucht ein. L. G. Heymann hatte auf dem Rätekongress die um sich greifende Gewaltbereitschaft in ihrem ersten Redebeitrag kritisiert und die anwesenden Räte zu besonnenem Handeln aufgerufen. In einem dringenden Appell an die Delegierten forderte sie im Namen der Frauen Münchens, Blutvergießen und Gewalt zu vermeiden.1687 Doch mahnende Worte einzelner Frau hielten die fortschreitende Gewaltbereitschaft nicht auf. Reden und Versprechungen von den beiden kommunistischen Führern Eugen Leviné und Max Levien peitschten die Münchener Volksmassen auf, ab April 1919 wurde immer vehementer die Bewaffnung des Proletariats gefordert. Auf der Seite der Gegenrevolution bzw. der am 7. April abgesetzten bayerischen Landesregierung unter Führung des Mehrheitssozialisten Johannes Hoffmann rüstete man sich zum Kampf gegen die Münchener Räterepublik. Die militärischen Vorbereitungen liefen bereits seit Mitte April. Von Seiten der Regierung Hoffmann wurde stets erklärt, es gebe nur bedingungslose Unterwerfung, Abgabe aller Waffen, Auslieferung der Führer,1688 der revolutionäre harte Kern in München erklärte „unter allen Umständen auf ihren Posten zu verharren und bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen für das Proletariat und die Räterepublik, gegen die weißen Garden.“1689 Diese zunehmende Gewaltbereitschaft von beiden Seiten wurde von den pazifistischen Frauen aus dem Kreis um Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann registriert. Sie erkannten, dass jeder bewaffnete Aufstand der roten Truppen auf Grund des Übergewichtes an Waffen und Menschenzahl der Rechten in einem Blutbad erstickt werden würde.1690

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In dieser aufgeheizten Atmosphäre unternahmen nun einige pazifistisch gesinnte Frauen Schlichtungsversuche und bemühten sich um persönliche Unterredungen mit führenden politischen Persönlichkeiten, um Blutvergießen zu verhindern. Zuerst versuchten sie Eugen Leviné und Max Levien von der Sinnlosigkeit des Blutvergießens zu überzeugen.1691 Gertrud Baer und Hedwig Kämpfer suchten eine Unterredung mit Leviné, Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann bemühten sich um ein Treffen mit Levien. Sie forderten von ihm, „alles aufzubieten, um Bürgerkrieg, das heißt einen Kampf zwischen den roten und weißen Soldaten zu hindern“ und boten sich sogar als Unterhändlerinnen für Friedensverhandlungen mit der weißen Armee an.1692 Das Gespräch brachte keinesfalls die gewünschte Wirkung, „dieser Gewaltmensch war keiner Logik und Vernunft zugänglich,“ wie L. G. Heymann in ihren Memoiren ausführte. 1693 Auch Gertrud Baer und Hedwig Kämpfer kehrten erfolglos von ihrer Unterredung mit Leviné zurück.1694 Nach diesen vergeblichen Bemühungen versammelten sich einige Frauen in der Wohnung von Augspurg und Heymann zu einer weiteren Lagebesprechung.1695 Es ist zu vermuten, dass es sich bei diesem Kreis um Mitglieder des „Bundes sozialistischer Frauen“ handelte. Hier entstand der Plan, selbständig mit der roten und weißen Armee zu verhandeln. Eine dieser Mitarbeiterinnen verschaffte sich ein Auto und fuhr zusammen mit Hedwig Kämpfer zu den roten und weißen Truppen. Die Frauen fanden zwar sicheres Geleit, doch auch dieser Versuch schlug fehl.1696 Rosa Aschenbrenner, ebenfalls ein Mitglied des „Bundes sozialistischer Frauen,“ marschierte mit weiteren Mitstreiterinnen nach Bamberg, um die dort residierende Regierung Hoffmann zu bewegen, doch nicht gerade zum 1. Mai preußische Truppen in München einmarschieren zu lassen.1697 Das würde, so ihr Argument, am „Tag des Proletariats“ in der aufgewühlten Stadt unweigerlich zu schweren Zusammenstößen führen. Die Frauen hatten zwar freies Geleit erhalten, aber auch hier waren die Schlichtungsbemühungen erfolgslos geblieben.1698 Angesichts bevorstehender kriegerischer Auseinandersetzungen mit den Regierungstruppen schwand die Macht gewaltbereiter Revolutionäre. Die Mehrheit des neu gewählten Ausschusses der Betriebs- und Soldatenräte war verhandlungsbereit. In der Nacht zum 1. Mai – auf Anregung von Toller – fasste die Betriebsräteversammlung den Beschluss zur sofortigen Waffenniederlegung. Je drei Betriebs- und Soldatenräte fuhren noch in der Nacht nach Dachau, um die Übergabeverhandlungen mit dem Oberkommandierenden der Regierungstruppen in die Wege zu leiten.1699 Über diesen Schlichtungsversuch hatte Toller wohl die Frauen aus 275

dem „Bund sozialistischer Frauen“ informiert, Thekla Egl gehörte dann in ihrer Eigenschaft als Abgesandte des „Bundes sozialistischer Frauen“ dieser Deputation des neu gebildeten Zentralrates an. Das Ziel war, „unter allen Umständen das Blutvergießen zu vermeiden.“1700 Nach den vergeblichen Gesprächen mit den politischen Machthabern, die Auseinandersetzungen zwischen den roten und weißen Truppen zu verhindern oder zu verzögern, wandte sich der NFDF in einem Plakat direkt an die Kämpfenden auf den Straßen: In einem flehenden Appell sollten die Gewaltexzesse verhindert werden. Gerichtet war das Plakat an die „Volksgenossen, Republikaner,“ also an die Rotarmisten: „Volksgenossen, Republikaner, die ihr die Entwicklung unseres Staates selbst in Händen habt, lasst euch nicht verführen zum Blutvergießen, Mord und Bruderkrieg. Hört wie die Frauen über Gewalttat denken: Wir wollen keine Todesstrafe, nicht allein wegen der Gerichteten, sondern weil wir unter unserem Volke keine Henker und Scharfrichter wollen. Wir wollen nicht Mord und Gewalttat, nicht allein wegen der Opfer, sondern weil wir unter unserem Volke nicht solche wissen wollen, die mit Rohheit und Blut ihre Hände besudelt haben. Wir wollen keinen Bruderkrieg, nicht, weil ihr für eure Überzeugung nicht mit eurem Leben eintreten sollt, sondern weil ihr nicht für eure Überzeugung töten sollt. Lebenslang geschändet ist die Hand, die Blut vergossen hat. Auf ewig entheiligt ist das Ideal, welches durch Blut zur Tat und Wirklichkeit geführt wurde. [...] Volksgenossen, Brüder, haltet unser bayerisches Land, unser bayerisches Volk vom Blute rein, erhaltet ihm den unvergänglichen Ruhm unserer unblutigen Revolution.“1701 Dieser Appell an die Gewaltfreiheit drückte sich auch in einem Plakat des „Bundes sozialistischer Frauen“ aus. Hier hieß es: „Wir hassen den Krieg, mehr noch den Bruderkrieg! Wir dulden nicht, dass Proletarier auf Proletarier schießen. Wir wollen, dass das Neue sich ohne Blutvergießen verwirklicht. Wir glauben an die Kraft des sozialistisch-kommunistischen Gedankens. Gedanken siegen ohne Blut. Wir wollen jede für sich und alle zusammen diesem Morden ein Ende machen. Proletariererbrüder! Hört uns! Handelt als Menschen einer neuen Gesellschaft!1702 * * * Die Schlichtungsversuche gingen von Frauen aus, die dem „Bund sozialistischer Frauen“ angehörten. Hier vertrat man eine konsequent sozialistisch-pazifistische Anschauung, der Einfluss von L. G. Heymann und Dr. Anita Augspurg ist deutlich erkennbar. Der Gedanke des Sozialismus sollte zwar siegen, doch nicht durch Blutvergießen, sondern dank der Kraft des Gedanken. In der angst- und hasserfüllten Atmosphäre dieser Aprilwochen 1919 war dies aussichtslos. So mögen die Schlichtungsversuche zwar als Symbol eines moralischen Wegweisers interpretiert werden, realpolitische Bedeutung hatten diese Appelle an eine gewaltlose 276

Lösung keinesfalls. Zudem wurde selbst in diesem Kreis ein konsequenter Radikalpazifismus nicht von allen mitgetragen. Um Augspurg und Heymann gab es durchaus Frauen, die für eine Verteidigung der Räterepublik mit Waffengewalt eintraten. So kritisierte Gertrud Baer später, die Bewaffnung der Arbeiterräte sei von allen Seiten hintertrieben worden und der NDFD, hinter dem ja maßgeblich Augspurg und Heymann standen, hätte „an der Spitze derer, die das hintertrieben“ gestanden.1703 Obwohl Gertrud Baer als Pazifistin galt, war sie durchaus bereit, die Errungenschaften der Revolution notfalls auch mit Waffengewalt zu verteidigen. Doch Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann hielten unbeirrt an ihrer radikal-pazifistischen Position fest. Während in München noch der weiße Terror tobte, verließen sie die Stadt, eilten zum Friedensfrauenskongreß in Zürich, der vom 12. bis 17. Mai 1919 tagte und von dort weiter nach Hamburg. Von hier aus beobachteten sie die Vorgänge in Bayern: „Trostlos klangen alle Nachrichten, die wir aus Bayern erhielten. Verschärfter Belagerungszustand dauerte an, Militär und Justiz, sogenannte Volksgerichte, trieben ihr erbärmliches Henkerhandwerk weiter.“1704 Sie setzten in Hamburg ihre Arbeit für Gewaltlosigkeit fort und versuchten, mit Resolutionen und Plakaten Gewaltexzesse zu verhindern. Doch auch hier hatten die Noske-Gardisten wieder Ruhe und Ordnung hergestellt. So erkannten die beiden bayerischen Radikalfeministinnen letztendlich desillusioniert: „Durch brutale Gewalt endete schmachvoll, was in Gewaltlosigkeit so herrlich begann.“1705

5.2.3 Frauen im Dienst der Revolution Die Organe der Räte waren keinesfalls nur politische Gremien, zur Erfüllung ihrer Aufgaben bauten sie teilweise eine eigene administrative Organisation auf. In den Sekretariatsbüros unterschiedlichster Räteorganisationen leisteten seit den ersten Tagen der Revolution Frauen unentbehrliche Dienste als Arbeitskräfte und Beschäftigte, meist als Bürogehilfin, Telefonistin, Stenotypistin oder Protokollführerin. So waren in dem Wirtschaftsrat der kommunistischen Räterepublik1706, bei der Verkehrskommission1707, in der Presseabteilung des Zentralwirtschaftsrates1708 oder im Propagandaausschuss1709 weibliche Bürokräfte angestellt. Die Arbeit bei Räteorganisationen schien lukrativ zu sein, die bezahlten Löhne waren trotz geschlechtsspezifischer Unterschiede vielfach höher als bei anderen Arbeitsplätzen. Bei dem Vollzugsrat beschäftigte Frauen verdienten bei einer täglichen Arbeitsleistung von 8 Stunden 12 Mark,1710 bei anderen Ratsorganen erhielten die Frauen zwar deutlich weniger, bei dem 277

Soldatenrat oder dem Zentralrat schwankten die Löhne zwischen 7,50 und 8 Mark.1711 Trotzdem waren es gut bezahlte Arbeitsplätze, so dass es nicht verwunderlich ist, dass Frauen ihre Stellengesuche schon im November und Dezember 1918 an die Räte, vor allem den Vollzugsrat, aber auch an den Münchener Arbeiter- und Soldatenrat, richteten.1712 Die eingegangenen Bewerbungen waren wohl so zahlreich, dass eine Frau auf ihr Stellengesuch beim Arbeiterund Soldatenrat München den Hinweis erhielt, dass der Arbeiter- und Soldatenrat keine Arbeitsvermittlungsstelle, sondern die „Regierung von Bayern“ sei.1713 Sicherlich wurden von vielen dieser Frauen die Räte lediglich als Arbeitsplatz betrachtet, die ökonomische Motivation eines den Lebensunterhalt sichernden Arbeitsverdienstes stand wohl bei manchen im Vordergrund. Für andere Frauen stellte jedoch ein Beschäftigungsverhältnis bei Räteorganisationen eine Möglichkeit dar, an „revolutionären“ Aufgaben mitzuwirken, auch wenn die politischen Gestaltungsspielräume oder Chancen zum eigenständigen politischen Handeln gering waren. Bei diesen Frauen verband sich die Bereitschaft, für diese revolutionären Institutionen zu arbeiten, eindeutig mit einer politischen Motivation, die ihre Orientierung aus einer starken politischen Wertung bezog, nämlich der Unterstützung und Sicherung der Revolution. Diese politische Grundorientierung war zunächst erkennbar an der parteipolitischen Zugehörigkeit. So war Hilde Kramer, die bereits ab 7. November 1918 im Büro des Arbeiter- und Soldatenrates arbeitete und ab April 1919 Schreiberin in der Stadtkommandantur war,1714 eine überzeugte Kommunistin. Die im Propagandaausschuss der zweiten Räterepublik als Sekretärin beschäftigte Hanna Soboljeff oder Stoboljeff galt als russische Kommunistin, die im Frühjahr 1919 von Berlin in die bayerische Hauptstadt München gezogen war.1715 Martha Lohde, Sekretärin bei Rudolf Egelhofer, hatte bereits in der Räterepublik Bremen mitgekämpft.1716 Auch Dr. Edith Schuhmann-Fischer, die seit dem 14. April 1919 für die Räteregierung in München im Sekretariat und Wirtschaftsrat beschäftigt war, war Mitglied der KP und ab März 1919 1. Schriftführerin der Sektion Schwabing.1717 Lessi Sachs, die als Schreiberin in der Waffenkommission eingesetzt war, zuerst in der Stadtkommandantur, später in der Residenz, hatte sich 1919 der kommunistischen Partei angeschlossen und war ab Februar dritte Schriftführerin der Sektion Schwabing.1718 Die Schweizerin Anny Klawa-Morf, eine überzeugte Sozialistin,1719 stand mit bayerischen Revolutionsführern wie Ernst Toller und Toni Waibel in regem Schriftverkehr. Bereits Ende 1918 wurde sie gefragt, ob sie bei der Roten Armee in Dachau bei München Büroarbeiten machen wolle.1720 Sie sagte ohne Zögern zu, schließlich winkte eine Aufgabe, „die mehr war, als immer nur Versammlungen besuchen, Protokolle schreiben, auf Agitation gehen.“1721 Auch aus dem Kreis des „Bundes sozialistischer Frauen“ 278

stellten sich einige Frauen in den Dienst der Revolution. In dem Büro der Presseabteilung, das sich um die Sozialisierung der Presse bemühte, arbeitete Nelly Auerbach.1722 Sophie Steinhaus (USP) arbeitete als Archivarin der Presseabteilung des Vollzugsrates.1723 Elma Klingelhöfer war beschäftigt als Sekretärin in der Kommandantur.1724 Frauen, die in den Schreibstuben von Räteorganisationen tätig waren, übten als Bürokräfte sicherlich keine politischen Handlungen im engeren Sinne aus, waren nicht eingebunden in politische Entscheidungsprozesse. Sie arbeiteten meist weisungsgebunden und führten kaufmännisch-bürokratische Tätigkeiten aus. Einen Einblick in ihre Tätigkeit in der Stadtkommandantur gab z. B. Hilde Kramer: „Ich hatte das Publikum in die einzelnen Zimmer zu verweisen und Auskünfte zu erteilen, sowie Ausweise auszustellen. Soweit ich ueberzeugt war, dass diese nicht genehmigt werden würden, wies ich die Antragsteller selbst ab. Sonst stellte ich die Ausweise aus und legte sie dem Stadtkommandanten zur Genehmigung und Unterschrift vor. Ich selbst gab keine Unterschriften ab. Bei den Ausweisen handelte es sich beispielsweise um Anweisungen auf Essen für Truppenteile, um Ausweise fuer das Verlassen des Stadtgebietes und Fahrtausweise.1725 Lessi Sachs nahm in ihrer Funktion als Schreiberin in der Waffenkommission die von den Bürgern abzuliefernden Waffen entgegen und führte darüber Listen.1726 Anny Klawa-Morf hielt in dem Büro der Roten Armee in Dachau die Listen der Soldaten auf dem neuesten Stand, verwahrte die Stempel, wurde von Toller auch als Kurierin nach München zum Oberkommandierenden der Roten Armee, Rudolf Egelhofer geschickt.1727 Doch sie erhielt auch einen Revolver, eine Browning und man lehrte sie das Schießen.1728 Die Grenzen zwischen reiner Bürotätigkeit und Arbeiten mit politischem Charakter waren damit fließend. Die Tätigkeitsbereiche lassen deutliche Querverbindungen mit der politischen Sphäre erkennen. So hatte Anny Klawa-Morf kurz vor den Kämpfen in Dachau von Klingelhöfer den Auftrag erhalten, sämtliches Material zu verbrennen, damit es den Weißgardisten nicht in die Hände fällt. In letzter Sekunde verließ sie Dachau, unter dem Knattern der Gewehrsalven und dem ersten Kanonendonner.1729 Manche „Bürokraft“ schien darüber hinaus doch mehr Kompetenzen gehabt zu haben und damit reichte der Einfluss dieser Frauen durchaus in den Bereich politischen Handelns. Hilde Kramer soll nach Zeugenaussagen rechte Hand Max Mehrer’s, dem Stadtkommandanten, gewesen sein und selbst Haftbefehle gegen Geiseln erlassen oder veranlasst haben.1730 Dr. Edith Schuhmann-Fischer soll neben ihren Büroarbeiten im Sekretariat der Räteregierung auch eine leitende Funktion inne gehabt haben und damit auf den Gang der Ereignisse eingewirkt haben.1731 279

Die weiblichen Angestellten in den „politisch-revolutionär“ ausgerichteten Büros besaßen manche Privilegien, Hilde Kramer stand als Angestellte der Stadtkommandantur „unter dem Schutz der Räte-Republik,“ ein Ausweis berechtigte sie „bei Tag und Nacht sämtliche Posten und Strassen zu passieren und alle öffentliche Gebäude zu betreten.“1732 Frau Liebmann besaß einen Ausweis zum Betreten des Wittelsbacher Palais.1733 Manche Frauen waren Angestellte des Rätesystems mit durchwegs politischen Aufgaben. Therese Burgmeier, in ganz München als „rote Resl“ bekannt, arbeitete für den Vollzugsrat der Arbeiter- und Bauernräte.1734 In ihren Aufgabenbereich fielen die Verteilung von Flugblättern, spartakistischer Aufrufe und der von Erich Mühsam herausgegebenen Revolutionszeitschrift ‚Kain.’1735 Ida Bauer stand während der zweiten Räterepublik im Dienst der geheimen Militärpolizei des Kriegsministeriums. Sie hatte dabei die Aufgabe, in Wirts- und Kaffeehäusern Gespräche zu belauschen und es zu melden, falls Äußerungen gegen die kommunistischen Gewalthaber fielen.1736 Bei einem Einsatz im Gasthof Stubenhof gelang es ihr, Angehörige der republikanischen Schutztruppe auszuspionieren, diese wurden dann von Soldaten der Roten Armee festgenommen.1737 Die revolutionäre Gesinnung der meist jungen Frauen drückte sich nicht nur in der Mitgliedschaft bei der KPD oder USP aus. Vielfach zeigten sie auch durch ihre Aktivitäten außerhalb ihres Arbeitsbereiches, dass sie politisch dem Rätesystem nahe standen. Hilde Kramer nahm als eifrige KPD-Aktivistin an nahezu jeder Demonstration teil.1738 Kurz vor ihrer Verhaftung im Mai 1919 hatte sie einige Ausweispapiere aus der Stadtkommandantur sichergestellt und u.a. Rosa Leviné falsche Ausweispapiere besorgt, die dieser ermöglichen sollten, unter dem Namen Hermann auf dem Lande in der Nähe München unterzutauchen.1739 Dr. Edith Schuhmann-Fischer nahm an wichtigen politischen Versammlungen als Protokollführerin teil.1740 Sie hielt Vorträge über die Steigerung des weiblichen Produktivfaktors in der Metallindustrie.1741 Lessi Sachs hatte eine Resolution im Namen der kommunistischen Partei verfasst, in der ein verschärftes Vorgehen gegen die Bourgeoisie gefordert wurde.1742 Nelly Auerbach verfasste Artikel für die „Neueste Zeitung,“ dem Organ der USP.1743 Anny Klawa-Morf besuchte die abendlichen Zusammenkünfte der USP und verkaufte, bevor sie nach Dachau ging, in München einige Zeit die „Rote Fahne,“ das Parteiorgan der Kommunistischen Partei.1744

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Frauen betrieben im Dienst der Revolution Spitzelarbeit oder Straßenagitation, die meisten waren jedoch in den Schreibstuben von Räteorganisationen tätig. Doch bereits damit erfüllte diese meist untergeordnete Tätigkeit den objektiven Tatbestand der Mithilfe und Unterstützung des Rätesystems, was dazu führte, diese Frauen wegen Beihilfe zum Hochverrat anzuklagen. Bei der Beurteilung der für eine Räteorganisation entfalteten Tätigkeit spielte nämlich nicht der tatsächliche Erfolg bzw. der Grad der Einflussnahme eine Rolle, sondern die Gefährlichkeit der Gesinnung. Überzeugte Kommunistin zu sein war ein solcher Faktor, der bereits ein Beschäftigungsverhältnis bei Räteorganen zu einer politischen Tat werden ließ. Hinter ihrer Bereitschaft, für die revolutionären Behörden zu arbeiten, bestand darüber hinaus eine revolutionäre Grundorientierung, die erkennbar wurde durch äußere Handlungen auch außerhalb des eigentlichen Arbeitsbereiches. Sie nahmen an politischen Kundgebungen oder politischen Versammlungen teil, hatten persönliche Kontakte zu den kommunistischen Führern, Mitglieder in parteipolitischen Organisationen, die für eine sozialistische Umwandlung der Gesellschaft kämpften. Dies alles gehörte zu den straferschwerenden Tatbeständen, so dass nach dem Ende der Revolution Strafverfahren gegen diese Frauen eingeleitet wurden. Die meisten dieser Verfahren wurden jedoch wegen Mangels an Beweisen eingestellt. Hilde Kramer wurde Anfang Mai 1919 wegen Verdachts zur Beihilfe zum Hochverrat verhaftet und nach München - Stadelheim gebracht. Hier blieb sie bis zum 1. August 1919 in Schutzhaft. Da die Hauptbelastungszeugin, Frl. Flamersberg, nicht vor Gericht erschien, erfolgte ein Freispruch.1745 Ida Bauer, die Geheimpolizistin erhielt ein Strafverfahren wegen Beihilfe zum Verbrechen des Hochverrats bzw. wegen politischer Umtriebe.1746 Dr. Edith Schuhmann-Fischer wurde am 25. Juni 1919 wegen Hochverrat verhaftet, da man sie beschuldigte, zusammen mit ihrem Ehemann Hermann Schuhmann für die Einführung der kommunistischen Räteregierung gewirkt zu haben.1747 Es kam zu einer Einstellung des Verfahrens am 4. Juli 1919, da ihr eine Beihilfe zum Hochverrat nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Lessi Sachs galt wegen der verfassten Resolution, die ihre Unterschrift trug, als Führerin des Spartakusbundes in München und wurde damit als besonders gefährlich eingestuft. Sie hatte nach Ansicht des Richters „offensichtlich den Willen und das Bewusstsein gehabt, [...] die Münchener kommunistischen Gewalthaber zu unterstützen.“1748 Diese Einschätzung führte zu einer Verurteilung von einem Jahr und drei Monaten wegen Verbrechens der Beihilfe zum Hochverrat.1749

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Anny Klawa-Morf wurde ebenfalls nach Stadelheim gebracht, aber bereits nach einigen Monaten durch Intervention des Schweizer Konsuls Mitte Juni 1919 entlassen und des Landes verwiesen.1750 Elma Klingelhöfer wurde am 1. Mai 1919 verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis Dachau gebracht, später nach Stadelheim verlegt. Die Staatsanwaltschaft beantragte, gegen sie standrechtlich vorzugehen.1751 Bei der Wahrnehmung und Beurteilung dieser Frauen traten oft die größten Widersprüche auf. So bescheinigte der Staatsanwalt Lessi Sachs eine „üble Sensationslust, “ es war die Rede von „geistiger Unreife, Unselbständigkeit und Zerfahrenheit,“ andererseits sprach man von der „Gefährlichkeit und Schädlichkeit“ ihres Tuns.1752 Widersprüchliche Wahrnehmungen ergaben sich auch zwischen den Darstellungen in der Presse und den Bewertungen der Justiz. Die Justiz stellte zumeist politische Zusammenhänge her und beurteilte nicht nach der unmittelbaren Tätigkeit, sondern nach der Art und Bedeutung des bedrohten Rechtsgutes und folgerte daraus eine besondere Schwere des Vergehens. Die Presse spielte dagegen die politische Bedeutung dieser Frauen eher herunter, gab sie der Lächerlichkeit preis oder bezweifelte die Ernsthaftigkeit ihrer politischen Gesinnung. So erschien am 1. August 1919 in den Münchner Neuesten Nachrichten ein geringschätziger Bericht über Hilde Kramer: „Die Sekretärin des Stadtkommandanten ... Hilde Kramer, die zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Revolutionszeit zählte, wurde aus der Haft vorgeführt. Man stellte bei ihrem Erscheinen fest, daß die Bezeichnung, die im Laufe der Verhandlung fiel, ‚das revolutionäre Mädchen mit dem Tituskopf’ wenigstens insofern nicht mehr zutraf, als sie in der Haft ihr Haar wieder hatte wachsen lassen. Die Verhandlung gestaltete sich recht unterhaltsam...Als ihr vorgehalten wurde, sie habe am 7. November an der Friedenssäule Auer zugerufen: ‚Schuft, Lügner, Verräter!’ erklärte sie seelenruhig : ‚Das ist er doch auch!’ – was ihr der Vorsitzende entschieden verwies. Aber auch dieses wilde Mädchen ... konnte die mildere Seite ihrer Weiblichkeit nicht ganz leugnen. Eigenhändig kehrte sie in der Kommandantur, die das offensichtlich sehr nötig hatte...“1753 Ebenfalls in den Münchner Neuesten Nachrichten erschien über Lessi Sachs ein Kurzbericht unter dem Titel „Die Schwabinger Kommunistin.“ Darin wurde, neben den Fakten aus dem Gerichtssaal, auf ihre soziale Herkunft aus einer wohlhabenden Familie angespielt. Von ihrem Vater, einem Breslauer Universitätsprofessor, hatte sie wohl reichlich Zuschüsse in ihrer Münchner Zeit erhalten. Erwähnenswert fand der Bericht auch den Hinweis auf ihren unreligiösen Lebenswandel, so habe die Angeklagte am Ostermontag in ihrer Wohnung ein von Akademikern besuchtes Tanzfest ausgerichtet. Zudem habe sie ihre Vermieterin bei den kommunistischen Machthabern denunziert, nachdem sich diese abfällig über die Ausgelas282

senheit und das Treiben der Spartakisten geäußert habe. Dies führte dazu, sie als eine „typische Vertreterin des neuzeitigen Schwabingertums“ abzustempeln.1754 Die gezielte Beeinflussung der öffentlichen Meinung, die Räterepublik mit ihren Anhängern und Sympathisanten zu verteufeln und zu verunglimpfen, traf damit auch die Frauen. So wurde Elma Klingelhöfer von den Behörden zu einem „gemeingefährlichen Wesen,“ das „einen dämonischen Einfluss auf ihre Umgebung“ ausgeübt haben soll,1755 während die Presse aus ihr und ihrem Mann Salonkommunisten machte, die auch während der kargen Revolutionszeit gut zu leben verstanden. So war nach einer Hausdurchsuchung in der Wohnung von Gustav Klingelhöfer in der „Münchner Post“ vom 19. Mai 1919 zu lesen, dass eine vorgenommene Hausdurchsuchung ein reiches Lager von „Wollsachen, Wäsche, gestickten Decken, Leinen, ungebrauchten Schuh- und Lederwaren sowie eines großen Bestandes an Lebensmittel“ zu Tage gebracht hatte, das wohl auf illegalem Wege unter Umgehung des Kriegswucheramtes zu Stande gekommen war. Frau Klingelhöfer hätte sich trotz dieses schönen Vorrates an Lebensmittel noch Sonderzuweisungen erwirkt und besäße sogar eine Ausweiskarte zum Bezug von billigen Lebensmitteln.1756 * * * Für die bei den Räteorganisationen beschäftigten Frauen wurde der Arbeitsplatz zu einem Ort der Politik, bei dem eine Spaltung zwischen Arbeit und Politik überwunden schien. Die Tätigkeit in einer Schreibstube konnte so zu einem politischen Ausdruck werden und erfuhr auf diese Weise eine politische Gewichtung und Bewertung. In die Arbeitsverhältnisse flossen politisch-revolutionäre Grundorientierungen ein, der Arbeitsplatz ließ eine klare politische Gesinnung erkennen, bei dem das Berufliche und das Politische zusammenfielen. Neben die Arbeitspflicht trat eine politische Treuepflicht, die mit der jeweiligen Tätigkeit die Bereitschaft einschloss, revolutionäre Interessen zu wahren. Da die hier vorgestellten Frauen alle der KPD bzw. der USP angehörten, ist es zudem durchaus denkbar, dass die personelle Besetzung dieser Arbeitsplätze sich an einer zuverlässigen Wahrung revolutionärer Interessen der jeweils Beschäftigten orientierte. Die beschäftigten Frauen und ihre rätepolitischen Arbeitgeber traten damit in ein politisches Verhältnis zueinander, das die Konfrontation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber dadurch überwand, in dem sie gleichsam als Verbündete im Rahmen eines gemeinsamen Kampfes für die Sicherung der Revolution Seite an Seite arbeiteten. Der Arbeitsplatz lieferte den Frauen eine Art politische Identifikation und erhielt so das Ethos der Politik. Sie wollten ihren Beitrag leisten, ihre Utopie von einer neuen sozialisti-

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schen Gesellschaftsordnung verwirklicht zu sehen. Diese Frauen waren damit eher kommunistisch orientiert, Hinweise auf ein feministisches Engagement fehlen. Die meist jungen Revolutionärinnen hatten auf ihre Art oft höchst romantische, propagandistisch geschönte Vorstellungen von dem Rätesystem und dem Kommunismus. So wurde Lessi Sachs vom Richter als „Verführte“ eingestuft, da bei ihr „ein weitgehender Unverstand und ein erheblicher Mangel an praktischer Erfahrung und Lebenskenntnis“ zu Tage trat.1757 Hilde Kramer wurde selbst innerhalb ihrer Familie als „maßlos kindisch und unreif“ eingestuft „und wenn sie hundertmal Delegierte vom Kommunistenbund ist und im ASRat arbeitet.“1758 Trotzdem bezeugen einige Dokumente eine unerschütterliche, revolutionäre Gesinnung. Hilde Kramer hatte aus dem Gefängnis ihrer Lehrerin ihr persönliches politisches „Manifest“ geschickt: „Nein, ich glaube und bin fest überzeugt davon, daß wir für die Kommenden kämpfen [...] Wir machen der neuen Generation den Weg frei, wir bereiten für sie eine neue Zeit [...] Diesen neuen Menschen wird es obliegen, das, was wir in der kommenden Räterepublik – und sie wird kommen trotz aller Noskeschen Maschinen – beginnen, fortzuführen, eine Gemeinschaft (keinen Staat) zu gründen, an deren Geschäften sich das ganze arbeitende Volk beteiligt. Um dieses Ziel vorzubereiten und anzubahnen brauchen wir den Bürgerkrieg, da er sich eben nicht umgehen lässt.“1759 Bei anderen wie z.B. Anny Klawa-Morf stellten sich durch die Nähe zu den Revolutionären manche Ernüchterungen ein und eigene erste Beobachtungen korrigierten ihr verklärtes Bild.1760 Zunächst begeistert von der revolutionären Atmosphäre in München, zeichnete sie schon bald ein negatives Bild.1761 Die Nähe zum revolutionären System bot zwar die Möglichkeit, mitzuarbeiten an der Revolution, doch gleichzeitig wurden die oft wenig realitätsgesättigte Begeisterung durch erlebte Vorgänge und Beobachtungen in einen größeren politischen Kontext gestellt.

5.2.4 Politik auf der Straße Der Revolutionsregierung gelang es nicht, das alltägliche Leben in geordnete Bahnen zu bringen, das Wahlergebnis hatte zudem viele revolutionsbegeisterte Frauen (und Männer) enttäuscht. Spätestens seit den Wahlen hatte sich eine öffentliche politische Opposition gebildet, große Teile der BürgerInnen hatten sich aus dem Kontrollbereich der Staatsmacht entfernt, Politik und BürgerInnen gerieten in Widerspruch zueinander. Die Rückkehr zu einer Politik auf der Straße setzte in Bayern jedoch erst im Januar 1919 ein. In Demonstrationen wurde eine öffentlich sichtbare Kritik an bestimmten sozialen und politischen Verhältnissen artiku-

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liert. Ab Mai 1919 beteiligten sich Frauen mit einem breiten Spektrum von Aktionen an den Revolutionskämpfen zur Verteidigung der Räterepublik. 5.2.4.1 Demonstrationen und Unruhen Lebensmittelknappheit, ständig steigende Preise bei Lebensmittel und Brennmaterial, zunehmende Arbeitslosigkeit und geringe Erwerbslosenunterstützung wurden von der Bevölkerung als innenpolitische Misserfolge der Revolutionsregierung interpretiert und führten zu einem Stimmungswandel in ganz Bayern. Neben den wirtschaftlichen und sozialen Problemen kam ab Januar 1919 die Unzufriedenheit mit der politischen Entwicklung hinzu. Die Bereitschaft zu öffentlichen Protesten war seit Ausbruch der Revolution im November 1918 deutlich gewachsen und zeigte damit an, dass sich Staat und Gesellschaft in einem politisch labilen Zustand befanden. Die Erfahrungen der letzten zwei Monate hatte den Räteanhängern deutlich gemacht, dass die alten Strukturen in der Verwaltung und in der Politik weiterbestanden, monarchistisch-reaktionäre Kräfte wieder in der Öffentlichkeit auftraten und gegen die Revolution hetzten.1762 Die Folge war eine zunehmende Radikalisierung innerhalb der Rätebewegung, die sich zu einer volkseigenen Gegenöffentlichkeit entwickelte und in kollektives Handeln umschlug. Trotzdem spitzte sich die Situation in München – anders als in Berlin – erst im Januar 1919 zu. Bei den sich nun anbahnenden Demonstrationen überlagerten sich die Motive, alltägliche Lebensbedrängnisse verbanden sich mit politischer Unzufriedenheit. Frauen gaben durch ihre Teilnahme zu erkennen, dass sie diese Protestdemonstrationen inhaltlich unterstützten. Für die beteiligten Frauen wurden die Demonstrationen zu einer Möglichkeit, ihrem Protest an den sozialen Verhältnissen einen kollektiven und öffentlichen Ausdruck zu verleihen. Sie kehrten zu einer Politik auf der Straße zurück, mit der Teilnahme an Demonstrationen wählten sie eine Form politischer Einmischung, die anzeigte, dass die Politik in ihren Augen versagt hatte. Die ersten und lautesten Demonstrationen gingen von den Arbeitslosen aus. Am 7. Januar 1919 demonstrierten 4 000 Arbeitslose, unter ihnen auch arbeitslose Arbeiterinnen, auf der Theresienwiese in München, zogen von dort zum Ministerium für soziale Fürsorge und forderten hier eine Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung.1763 Obwohl man sich nach einigen Stunden auf eine Erhöhung um zwei Mark geeinigt hatte, kam es beim Bahnhof zu Ausschreitungen. Dem Schusswechsel mit der mit der Polizei fielen drei Frauen zum Opfer.1764 Die KPD gehörte zu den Organisatoren des Protestzuges, zehn bis zwölf führende KPDMitglieder wurden verhaftet, unter ihnen Hilde Kramer.1765 In den folgenden Revolutionsmo285

naten erwies sie sich als eifrige KPD-Aktivistin im Kampf für die Revolution, einem Polizeibericht zufolge war sie „bei jeder Demonstration, welche in München stattgefunden hat, anwesend gewesen.“1766 So befand sich Hilde Kramer nachweislich unter den Demonstranten, als auf Initiative der KPD und des RAR am 16. Februar 1919 eine machtvolle politische Demonstration auf der Theresienwiese stattfand.1767 Doch Unruhen gab es nicht nur in München. Demonstrationen und Aufstände, an denen Frauen beteiligt waren, fanden auch in anderen bayerischen Städten statt. Wieder überlagerten sich die Motive der Demonstrationen, waren teils wirtschaftlich-sozialer, teils politischer Natur. Am 10. Januar 1919 hatten sich Frauen den demobilisierten Soldaten der Regensburger Regimenter angeschlossen und zogen mit diesen plündernd durch die gesamte Regensburger Innenstadt bis ins benachbarte Viertel Stadtamhof aus.1768 Am 17. Februar 1919 kam es in Bayreuth zu Unruhen, unmittelbar auslösendes Moment war die geplante Minderung der Unterstützungssätze für Arbeitslose. Doch der Forderungskatalog umfasste auch eine Verbesserung der Lebensmittelsituation, es wurde gegen die Verleumdung von Kurt Eisner protestiert und man verlangte den Rücktritt von Dr. v. Caßelmann, dem Oberbürgermeister von Bayreuth. Auch Frauen hatten sich diesem Demonstrationszug angeschlossen.1769 Die Demonstration eskalierte, ein Teil der Demonstranten versuchte, das Rathaus zu stürmen und den Oberbürgermeister tätlich anzugreifen.1770 Als Anna Heinrich, eine 22-jährige, ledige Fabrikarbeiterin aus Bayreuth die vor dem Rathaus versammelte Menge auf die Anwesenheit des Magistratssekretärs Bernhard Steinlein aufmerksam gemacht hatte mit den Worten: „Dort ist der Steinlein, der hat mir keine Arbeitslosenunterstützung bezahlt, auf den müßt ihr halten,“1771 überfiel die wütende Menge den für die Auszahlung der Armenunterstützung zuständigen Beamten. Nach diesen Vorgängen zog die Menschenmenge plündernd weiter zu einigen Geschäften und Betrieben unbeliebter Honoratioren der Stadt. Zehn Personen, die sich an diesem Aufstand beteiligt hatten, wurden wegen Landfriedensbruch angeklagt, darunter auch Anna Heinrich. Sie galt als hinreichend verdächtig, an der öffentlichen Zusammenrottung einer Menschenmenge beteiligt gewesen zu sein und gegen Personen und Sachen Gewalttätigkeiten begangen zu haben.“1772 In Schwabach entwickelte sich eine vom örtlichen Arbeiterrat einberufene Versammlung am 17. Februar 1919 zu einer „furchtbaren Hetzagitation“ gegen die Gemeindebeamten des Kommunalverbandes.1773 Anlass der Ausschreitungen war die Nichtzulassung von Abgesandten des Arbeiterrates zu den Magistratssitzungen. Eine „radaulustige Menge“ von etwa 2 000 Besuchern titulierten die Gemeindebeamten als „Halunken, Verbrecher und Narren.“1774 Die 286

anwesenden Frauen taten „sich in der Erzählung der unglaublichsten Gerüchte hervor,“ welche die Stimmung weiter anheizten.1775 In Hof hatte „eine große Zahl von Frauen,“ unter ihnen Christiana Unglaub, Arbeiterehefrau in Hof, am 19.2.1919 an einer wegen Nahrungsmittelnot statt gefundenen Versammlung teilgenommen.1776 Aus dieser Versammlung wurde bald ein Aufstand, „die Volksmenge vor dem Rathaus schrie und lärmte. [...] Dabei fielen aus der Menge Worte, wie ‚Lasst ihn nicht hinein, den Lumpen.’“1777 Gemeint war der Oberbürgermeister Neupert, der sich in das Rathaus hinein retten wollte. „Noch bevor dieser in das Innere des Rathauses getreten war, rief ihm die Angeklagte, welche noch immer links von der Eingangstüre stand, zu: ’Haut auf ihn ein.’“1778 Eine Abordnung von drei Männern und drei Frauen legte dann im Rathaus dem Oberbürgermeister ihre Forderungen für die Lebensmittel- und Kohleversorgung vor. Während der Verhandlungen hatte eine Gruppe von Demonstranten das Rathaus gestürmt, den Oberbürgermeister gewaltsam wieder aus seiner Amtsstube auf die Straße gezerrt und durch die Stadt getrieben. Dabei hatte ihn Christiana Unglaub „mit der einen Hand vorne an der Brust und mit der anderen Hand am rechten Arm gepackt und festgehalten.“1779 Sie wurde wegen Landfriedensbruch angeklagt und zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt.1780 Die Ermordung Kurt Eisners am 21. Februar 1919 wurde ebenfalls zum Anlass für friedliche Demonstrationen, bei denen es jedoch im Umfeld durchaus auch zu Tätlichkeiten kam. Bei der Beerdigungsfeier und dem Trauerzug durch München säumten viele Arbeiterfrauen friedlich den Weg, in anderen Städten kam es jedoch zu gewalttätigen Übergriffen. Am 28. März 1919 fand aus Anlass der Bestattungs-Feierlichkeiten Kurt Eisners ein Demonstrationszug auch in Bamberg statt, dem sich viele Frauen angeschlossen hatten.1781 Während der Demonstration gärte es zusehends unter den Teilnehmern, weil das angeordnete und von den Massen geforderte Läuten der Glocken von den Vertretern der Kirche verweigert wurde. Ein Teil der Demonstranten begab sich daraufhin zu der Jakobskirche und versuchte, die dortigen Franziskanermönche zum Glockenläuten zu veranlassen. Dabei fielen besonders die Frauen auf, die „äußerst aufgebracht“ waren, wütend die Mönche angegriffen hatten und nur mit Mühe von weiteren Tätlichkeiten abgehalten werden konnten.1782 Als der Zentralrat am 7. April 1919 die Räterepublik von München aus für ganz Bayern ausgerufen hatte, war dies in manchen Orten der Anlass, mit Vertretern der „alten Ordnung“ abzurechnen. So kam es in Peiting während der Ausrufung der Räterepublik zu einigen Auseinandersetzungen, an denen sich auch Frauen beteiligt hatten. Eine eindeutige Aktion war gegen den Leiter des Kommunalverbandes Ludwig Bram gerichtet, der schon seit Jahren ver287

dächtigt wurde, Lebensmittel bevorzugt an Freunde und Bekannte verteilt und dabei die Arbeiterschaft übergangen zu haben.1783 Der Demonstrationszug mit etwa 150 bis 300 Menschen, darunter „sehr viele Frauen, welche sich besonders hervortaten.“1784 Die Menge setzte sich in Richtung auf das Privathaus von Bram in Bewegung, da Bram nicht zu Hause war, bewegte sie sich weiter zum Haus des ebenso verhassten Kaufmanns Brandl. Hier kam es zu Verwüstungen und Hausdurchsuchungen und als Bram von der Menge gesichtet wurde, wurde er von Arbeitern festgenommen und an einen Laternenpfahl gebunden. Von allen Seiten hagelte es wüste Beschimpfungen. Bei diesem „Haberfeldtreiben“ hatten sich vor allem drei Frauen besonders hervorgetan. Hedwig Bock und Katharina Haslauer spuckten dem Gefesselten ins Gesicht, Maria Nocker stieß ihm mit der Faust in den Unterleib, wilde Drohungen ausrufend: „Du Herrgottsakrament. Du mit deiner Schmerzenswangen, jetzt kannst du Haferflocken essen. Zum Salatöl sollte man dich auslassen.“1785 Maria Nocker wurde ein knappes Jahr später zu sechs Monaten Gefängnisstrafe verurteilt.1786 In Schweigersdorf im Bezirksamt Eichstätt wie auch in Bertholdsdorf, Kreis Ansbach, fanden am 12. April 1919 und im Juni 1919 unter Beteiligung von Frauen öffentliche Zusammenrottungen statt.1787 In Schweigersdorf richtete sich der Widerstand gegen die Staatsgewalt, genauer gegen die Überwachungsbeamten der Lebensmittelkontrolle, in Bertholdsdorf sollte ein Übergriff von Spartakisten und Mitglieder des Arbeiterrates aus Beilngries abgewehrt werden werden, von denen Plünderungen befürchten wurden. * * * Die öffentliche Austragung von Interessenkonflikten während der Revolutionsmonate wurde teilweise organisiert von sozialistischen Parteien oder ging spontan von Soldaten aus. Hatten sich während des Krieges vielfach die Soldaten den randalierenden Frauen angeschlossen, zeigten sich nun Frauen mit den Soldaten solidarisch und unterstützten sie bei ihren Protestdemonstrationen. Die Handlungsinitiative wie auch die thematische Ausrichtung blieb damit Männern vorbehalten. Frauen waren keine Rädelsführerinnen und Initiatorinnen der Demonstrationen während der Revolutionszeit, sondern eher Mitläuferinnen. Die Themen der Demonstrationen drehten sich um Arbeitslosigkeit, soziale Fürsorge, Lebensmittelnot. Mit dieser inhaltlichen Ausrichtung fühlten sich auch Frauen angesprochen, täglich erlebte Not wurde – wie schon während des Krieges – zum handlungsauslösenden Moment für ihre Beteiligung. Doch bereits bei den ersten Demonstrationen zeigte sich, dass diese Proteste auch eine Form politischer Artikulation war. Es ging um eine Stärkung der politischen Macht des Rätesystems oder um eine Abrechnung mit Personen, die als Repräsentanten der alten Ordnung galten. Diese Themen sprachen auch Frauen an und führten zu deren Mobilisierung. Ihr Anschluss an 288

diese Protestdemonstrationen zeigte an, dass auch sie die wirtschaftlichen und sozialen Missstände wahrnahmen und auf die gesellschaftlichen Verhältnisse politisch Einfluss nehmen wollten. Soweit erkennbar, beteiligten sich meist Arbeiterfrauen an den Demonstrationen, Frauen also, die in der Regel weder über eine institutionalisierte Macht noch über formelle oder informelle Einflusskanäle verfügten, um ihre Ansprüche unmittelbar zur Geltung zu bringen. Erst über den Umweg öffentlicher Proteste konnten sie hoffen, auf das politische System Druck auszuüben und auch ihre Sache voranbringen. Ausgangspunkt der Proteste waren meist Bedingungen auf der Lokalebene, handlungsauslösend für die Frauen oft ihre bereits im Krieg erworbene Protesthaltung gegenüber den unbeliebten Entscheidungsträgern des alten Systems, die weiter die lokalpolitischen wirtschaftlichen und sozialen Entscheidungen trafen. Die politische Grundrichtung war damit revolutionär, ihre Wut richtete sich besonders gegen die Repräsentanten der alten Ordnung. Eine hohe emotionale Erregbarkeit der Frauen bei diesen Anlässen übte oft einen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf aus. Vielfach leiteten sie mit ihren aufhetzenden Äußerungen eine gewaltsame Phase der Demonstration ein, die ihren männlichen Mitdemonstranten Anlass zu Gewalttätigkeiten und tätlichen Übergriffen gaben. Doch auch die Frauen selbst zeigten eine Neigung zu Tätlichkeiten und Handgreiflichkeiten, so dass sich insgesamt eine Ähnlichkeit mit den Handlungsmustern der Frauen bei den Lebensmittelkrawallen der Kriegszeit ergab. Mit dieser Form politischen Handelns hatten sie – wie schon in den Kriegsjahren – versucht, Einfluss zunehmen auf ihr unmittelbar erlebtes soziales Umfeld, gestalteten es mit und erlebten darüber hinaus ein geschlechtsübergreifendes soziales Miteinander. Trotzdem schien es, dass die Beteiligung der Frauen in Bayern an diesen Protestformen gegenüber der Kriegszeit eher abgenommen hatte. Zwar hatten die Behörden Unruhen in Regensburg, Bayreuth, in Forchheim, Erlangen oder auch in Kötzting registriert, doch von einer nennenswerten weiblichen Beteiligung war nirgends die Rede.1788 Auch die Versuche der USP und KP, Frauen für Hungerkrawalle zu mobilisieren und so das politische System zu destabilisieren, blieben ohne Erfolg.1789 Spezifisch von Frauen organisierte Protestmärsche wie z. B. die Lebensmittelkrawalle der Kriegsjahre konnten für den Revolutionszeitraum nicht nachgewiesen werden. Die Intensität dieser Protestform hatte sich nicht über den Krieg hinaus fortgesetzt, die Frauen waren zwar in wenigen Fällen Beteiligte an Unruhen, wurden aber von den Behörden nicht als treibende Kräfte angesehen. Die politische Brisanz, die von den Lebensmittelkrawallen der Frauen der Kriegsjahre ausgegangen war, hatte sich verflüchtigt.

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5.2.4.2 Frauen im Kampf für die Revolution Mit der Ausrufung der ersten Räterepublik am 7. April 1919 schien die Novemberrevolution in Bayern einen weiteren Höhepunkt erreicht zu haben und steuerte gleichzeitig aber ihrem Ende zu. Die am 7. April 1919 abgesetzte bayerische Landesregierung unter der Führung des Mehrheitssozialisten Johannes Hoffmann hatte vor dem eigentlichen Kampf gegen die Münchener Räterepublik einen Propagandafeldzug gestartet, der für die bevorstehenden militärischen Aktionen alle etwaigen Hemmungen beim Vorgehen gegen die Spartakisten zurückdrängen sollte. Diese Antirätekampagne, organisiert von Johannes Hoffmann von Bamberg aus, stützte sich u.a. auf einen bereits in den Kriegsjahren etablierten Diskurs über Sexualität und Sittlichkeit.1790 Frauenehre und Frauenwürde wurden nun von den rechten Kräften instrumentalisiert und als propagandistische Matrize genutzt, um den Hass auf den roten Feind zu schüren. Die Redaktion der Zeitschrift „Der Freistaat“ installierte ab dem 8. April 1919 das propagandistische Fundament, das als Auftakt der Verleumdungskampagne bezeichnet werden kann: „Wir wollen nicht unsere Kinder und Frauen den Intellektuellen opfern.“1791 Darin klang bereits das Motiv der sexuell versklavten bürgerlichen Frau an, weitere Flugblätter folgten, die dieses Konstrukt noch weiter konkretisierten. Die Vorstellung einer sexuellen Vergesellschaftung der Frau wurde bemüht durch die Meldung, dass „jede Frau […] dem anderen nach Bolschewistenrecht zu willen sein“1792 müsse. Am 15. April 1919 wurde aus einem über München kreisenden Flugzeug ein Flugblatt abgeworfen, das in der Frage gipfelte: „Duldet ihr wirklich, dass nach Kommunistenideal alle Frauen jedem Manne gehören und damit in kürzester Frist restlos zu Huren werden?1793 Diese Propagandaflut sollte die Kampfbereitschaft für den anstehenden Schlagabtausch zwischen den roten und weißen Truppen erhöhen und sie moralisch legitimieren. Die weißen Soldaten konnten sich in ihrem Kampf gegen die Roten als Retter bayerischer Frauen fühlen. Selbst Frauen sollten motiviert werden, ihre Männer und Söhne zu einem Beitritt zu der bayerischen Volkswehr zu bewegen. Der Abgeordnete Kropp richtete z. B. in Würzburg einen „warmen Appell an die Frauen. Sie sollen ihre Männer und Söhne in das Freikorps schicken. Nicht nur das Vaterland sei in Gefahr, sondern es gehe auch um das höchste Gut der Frau, um die Ehe.“1794 Die Vertreterinnen sämtlicher Frauenvereine Würzburgs hatten sich daraufhin am 22. April 1919 zusammengetan, um die Werbearbeit für das Würzburger Freikorps zu unterstützen.1795

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Während sich manche bürgerliche Frauenvereine in ihren Aktionen auf die Regierungsseite stellten und mithalfen, Soldaten für den letzten Abwehrkampf zu mobilisieren, gab es auch weibliche Räteanhänger, die mit dem Rätesystem sympathisierten und bereit waren, ihren Beitrag zur Erhaltung und Verteidigung der Räterepublik Bayern zu leisten. Im Verlauf der Revolutionskämpfe beteiligten sich Frauen mit einem breiten Spektrum von Aktionen, die sowohl gewaltfreie Formen wie auch Formen von aktiver wie auch passiver Gewalt umspannten. Am Morgen des 13. Aprils 1919, dem Palmsonntag, kam es zu den ersten Zusammenstößen zwischen bewaffneten Arbeitern und radikalen Soldaten unter der Leitung des RARMitgliedes Josef Sontheimer und den Republikanischen Schutztruppen. In einer aggressionsund angstgeschwängerten Atmosphäre stellten sich Frauen den von der Regierung Hoffmann entsandten Regierungstruppen entgegen. Zahlreiche Frauen, teilweise sogar mit ihren Kindern, hatten sich gleichsam als lebender Schutzwall in vorderster Reihe zwischen die Kämpfenden gestellt. Auf diese Weise trugen sie mit dazu bei, Soldaten der Regierungstruppen zu entwaffnen, da diese zögerten, auf unbewaffnete Frauen zu schießen.1796 Thekla Egl hatte sich auf Bitte von Ernst Toller zum Schauplatz der Auseinandersetzung begeben. Sie sollte dort in seinem Auftrag mäßigend auf die Arbeiter einwirken und ihnen sagen „sie sollen sich nicht provozieren lassen und nicht von ihren Waffen Gebrauch machen.“1797 Auf der Theresienwiese war sie zu bewaffneten Arbeitern auf ein Lastauto gestiegen und hatte sich bei den kämpfenden Truppen über den Stand der Kämpfe erkundigt und danach Toller Bericht erstattet.1798 Bei den Kämpfen in Dachau hatten sich Frauen, zumeist Arbeiterinnen aus der Dachauer Munitionsfabrik, zwischen die kämpfenden Truppen geworfen und sich vor die Geschütze der weißen Truppen gestellt. Die Arbeiterinnen versuchten, auf die Kanoniere einzuwirken nicht zu schießen. Offiziere jagten darauf hin die Frauen weg, die sich jedoch wieder unter die unentschlossenen Soldaten mischten: „Ein Leutnant legt auf eine Arbeiterfrau seinen Revolver an – kräftige Proletarierfäuste packten ihn, er wird entwaffnet. Ein riesiger Tumult entsteht. Panikartig flieht der Stab auf Automobilen, ganze Abteilungen reißen aus.“1799 Ernst Toller, der Oberkommandierende in Dachau, beschrieb den Einsatz der Frauen so: „Als das Gefecht einsetzt, stürzen sich die Arbeiter und Arbeiterinnen der Dachauer Munitionsfabrik auf die weißen Soldaten, am entschlossensten sind die Frauen. Sie entwaffnen die Truppen, trieben sie vor sich her und prügelten sie aus dem Dorf hinaus.“1800 Die Frauen hatten damit in Dachau wohl mit ihrem „Kampfeinsatz“ einen entscheidenden Beitrag zum Sieg über die Regierungstruppen geliefert. 291

Andere Frauen leisteten Sanitätsdienste, agierten als Kundschafterinnen oder feuerten die Soldaten der Roten Armee zum entschlossenen Widerstand an. Thekla Egl, ausgebildete Krankenschwester, fuhr zusammen mit Dr. Schollenbruch auf Einladung von Toller nach Karlsfeld und Allach, um dort „wenn nötig, als Schwester tätig zu sein.“1801 In Allach angekommen fand sie, dass ihre Tätigkeit nicht notwendig war und wollte zurück nach München, wurde aber von Klingelhöfer gebeten, das Geld für die Löhnung der Mannschaften in Verwahrung zu nehmen.1802 In den folgenden Tagen war Thekla Egl noch zwei Mal in Dachau, „ohne einen anderen Grund, als mich zu informieren,“ so ihre Aussage bei der Vernehmung am 9. Juni.1803 Nach Ansicht des Staatsanwaltes hatte sie jedoch, als Krankenschwester verkleidet, Spionage bei den Regierungstruppen zu Gunsten der roten Armee getrieben.1804 Dr. Hildegard Menzi war ebenfalls bei den Kämpfen um Dachau dabei. Sie hatte von der K.P.D. Sektion Haidhausen einen Ausweis erhalten, der sie berechtigte, sich aktiv an der Front zu beteiligen.1805 Als „Arzt des Stabes der Roten Armee“ war sie offiziell in Dachau stationiert worden.1806 In ihrer Funktion als Ärztin war sie hier vor allem für den Nachschub von Lazarettmaterial verantwortlich.1807 Auch Elma Klingelhöfer, die Frau von Gustav Klingelhöfer, befand sich während der Kämpfe in Dachau. Laut Aussage des Staatsanwaltes war sie „an der Kampffront zur Unterstützung der roten Armee tätig,“1808 und hatte „im Kraftwagen die Truppenteile in der Stellung aufgesucht und sie zum Wiederstande angefeuert.“1809 Anderswo zeigte sich die revolutionäre Unterstützung der Frauen dadurch, dass sie den Rotgardisten die Stellungen der Regierungstruppen verrieten und zum Schießen aufforderten. So hatte Therese Fischer einer Gruppe von Rotgardisten den Standort einer republikanische Schutzmannschaft in ihrer Nachbarschaft verraten und sie angewiesen, diese zu überwältigen und zu entwaffnen, worauf dann tatsächlich eine Entwaffnung vorgenommen wurde.1810 Bei dieser Gelegenheit hatte sie auf offener Straße gegen die Regierungstruppen gehetzt und den Rotgardisten zugerufen: „Zuerst müssen die Schutzleute weggeräumt werden und dann werden deren Frauen und Kinder die Köpfe abgeschnitten, [...] später kommen dann alle Bürger dran...“1811 Eine Nachbarin, Wally Bauer, hatte die roten Soldaten ebenfalls zu Gewalttätigkeiten gegen die Schutztruppen aufgehetzt.1812 Anna Brechter unterstützte am 2. Mai 1919 nachmittags, als an der Ecke der Mars- und Seidlstraße zwischen Rotgardisten und Regierungstruppen Kampfhandlungen im Gange waren, die Rotgardisten, in dem sie vom Fenster

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ihrer Wohnung aus den kämpfenden Rotgardisten den Standort von Regierungstruppen zugerufen und zum Schießen ermuntert hatte.1813 Bisweilen zeigte sich jedoch auch eine revolutionäre Kampfbereitschaft, die die Frauen selbst zu den Waffen greifen ließ. In Kolbermoor bei Rosenheim hatten am 1. Mai 1919 bewaffnete Frauen an den Kämpfen zwischen den Regierungstruppen und den roten Truppen teilgenommen. Die Mehrzahl der Dorfbewohner waren Spartakisten, und bei diesen spielten die Frauen in Kolbermoor offenbar eine „Hauptrolle.“1814 Als es ab dem 3. Mai in vielen Bezirken Münchens zu schweren Dachkämpfen kam, hatten auch hier Frauen im letzten Kampf für die Revolution zu Waffen gegriffen und von einem günstigen Schlupfwinkel auf den Dächern die Straßen beschossen. In der Morgenausgabe der Münchner Neuesten Nachrichten vom 5. Mai 1919 wurde über die Verhaftung von zwei „fanatischen Spartakistinnen“ berichtet, die zwei Tage lang „unter den Ziegeln hervorgeschossen hatten und lange nicht entdeckt werden konnten; sie hatten noch viel Munition und waren auch mit Handgranaten ausgerüstet.“1815 Eine weitere Frau wurde im Norden der Stadt festgenommen, „die aus einem Haus herausgeschossen hatte.“1816 Durch den planmäßigen Einsatz der Regierungstruppen war das Ende der Revolution eingeleitet worden. Auf Grund der zahlenmäßigen Überlegenheit der weißen Truppen war der letzte Widerstand bald gebrochen. Nach sechs Monaten hatte die so unblutig begonnene bayerische Revolution ihr blutiges Ende gefunden.1817 Wie viele Frauen unter den Opfern waren, ließ sich jedoch nicht exakt rekonstruieren, zu unterschiedliche Zahlen liegen vor. In einer Zusammenstellung der „Opfer der Münchner Kampftage“ der Polizeidirektion München, die im Juni 1919 im Bayerischen Staatsanzeiger veröffentlicht wurde, war die Rede von 557 Erschossenen, in dieser Aufstellung wurden 21 Frauen genannt.1818 Nach einem Schreiben des Staatsministeriums des Innern an das Staatsministerium des Äußern vom 25. Oktober 1919 waren in München ab dem 30.4.1919 477 Männer, 29 Frauen, 2 Mädchen und 11 Kinder, ums Leben gekommen.1819 Weibliche Opfer gab es jedoch auch in anderen Städten, wie in Rosenheim, Augsburg oder Schweinfurt.1820 Eine genaue Differenzierung, welche dieser Frauen nun als Unbeteiligte oder als aktiv kämpfende Spartakistinnen erschossen wurde, ist nach der Aktenlage kaum feststellbar. Viele der Toten fielen nicht militärischen Aktionen, sondern willkürlichen Erschießungen zum Opfer. 293

Jedes verdächtige Verhalten konnte Anlass zu einer Erschießung sein, die einer Hinrichtung glich, da Kopfschüsse als Haupttodesursache angegeben wurden. So erschossen die Regierungstruppen eine unbekannte Frau bei der Säuberung des Münchner Arbeiterviertels Au.1821 In einer der ersten Mainächte wurde eine Frau Schäfer von einem Leutnant auf der Flucht von hinten durch Kopfschuss getötet, nachdem sie bei einer Hausdurchsuchung verhaftet und in einer Polizeistation eingeliefert worden war.1822 Die Mordwut der weißen Truppen steigerte sich zu wahren Gewaltexzessen gegen die Spartakisten, die sich auch gegen spartakistische Frauen richteten. Schonung gab es vor allem für die kämpfenden Frauen nicht: „Viele, die mit Waffen betroffen, wurden fest durchgehauen. Es gab ein richtiges Strafgericht.“1823 Doch auch im Stadelheimer Gefängnishof und in den Straßen Münchens kam es zu unbändigen Gewaltausbrüchen der Freikorps im Umgang mit spartakistischen Frauen. Der geschürte Hass der Freikorps auf den roten Feind entlud sich in vielen sexuell motivierten Grausamkeiten.1824 Vom Umgang mit den spartakistischen Frauen im Stadelheimer Gefängnishof berichtete Erich Mühsam, dass die weißen Soldaten gezielt auf die Geschlechtsteile von Frauen und Mädchen schossen.1825 Am 4.5.1919 wurde Maria Kling, eine 23-jährige Kontoristin, in Stadelheim als Spartakistin erschossen.1826 Maria Kling war in der Roten Armee im Sanitätsdienst tätig gewesen. Ein Standgericht sprach sie frei, doch benutzte ein Söldner sie nach dem Freispruch als Zielscheibe. Zuerst schoss er ihr in die Waden, dann in die Oberschenkel, zuletzt in den Kopf.1827 Ebenfalls am 4.5.1919 wurden am Abend zwei Frauen, die ihre erschossenen Männer laut betrauert hatten, nach Stadelheim gebracht und ohne Verhör erschossen.1828 Josephine Schäffer, Kaufmannsfrau, wurde am 5. Mai auf einem Transport erschossen.1829 Auf diejenigen Frauen, die den weißen Terror überlebt hatten, kam eine große Säuberungswelle zu. Um die Reste der Räteregierung niederzuwerfen, setzte eine groß angelegte Verhaftungswelle ein. Bei dieser Säuberung Münchens beschränkte man sich nicht darauf, nur die Rädelsführer zu ergreifen, sondern man wollte auch die MitläuferInnen erfassen. Die Kontakte zu den bekannten Führern der Revolution wurden ausspioniert, um mögliche Gesinnungsgenossen fassen zu können. Dabei gerieten manche Frauen im sozialen Umkreis der Revolutionäre in das Netz der Fahndungswelle. Bei Frauen, die in München Kontakte zu Ernst Toller hatten, wurden Hausdurchsuchungen und die Beschlagnahme aller Postsendungen angeordnet wie bei Rolanda Noeggerath, Marie Bertels, Maria Rappmannsberger, Maria Kurzhals, Maria Egl.“1830 294

Jedes Anzeichen einer revolutionären Gesinnung, sei es im Verhalten oder durch Äußerungen, reichte aus für eine Verhaftung. In Bamberg war Frau Hössrich, eine Studentin aus München1831 verhaftet und wegen Hochverrat angeklagt, da sie öffentlich für die Räterepublik eingetreten war.1832 Frau Hössrich galt als Kommunistin und stand im Verdacht als Agitatorin der Räteregierung nach Bamberg gesandt worden zu sein. Die weitaus meisten Verhaftungen wurden aufgrund von Denunziationen vorgenommen. Marie Bertels wurde von ihrer Dienstmagd beschuldigt, konspirative Besprechungen in ihrer Wohnung mit namhaften Führern der Revolution gehabt zu haben. Damit war sie der Beihilfe zum Hochverrat dringend verdächtig.1833 Auch bei Thekla Egl, nachdem sie sich zunächst vom 1. bis 4. Mai in der Wohnung von Marie Bertels versteckt hatte, führte eine Denunziation zu ihrer Verhaftung.1834 Am 15. August 1919 wurde sie vom Volksgericht für den Landgerichtsbezirk München I wegen Beihilfe zum Hochverrat zu 1 Jahr und drei Monaten Festungshaft verurteilt, die Bewilligung einer Bewährungsfrist wurde abgelehnt.1835 Weitere Opfer der Denunziation waren Anna Brechter, Therese Fischer und Wally Bauer. Anna Brechter wurde mit drei Jahre Zuchthaus und der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte für die Dauer von 5 Jahren bestraft.1836 Therese Fischer stand unter dem dringenden Verdacht, anderen in ihrem Unterfangen, die Verfassung des Volksstaates gewaltsam zu ändern, wissentlich Beihilfe geleistet zu haben, die rechtmäßige Regierung Hoffmann lahm zu legen.1837 Gegen Wally Bauer wurde wegen „politischer Umtriebe“ ermittelt.1838 Erstaunlicherweise liegt kein Urteil vor, so dass das Verfahren wohl eingestellt wurde. Frau Schröder hatte, wie ein anonymer „Beobachter“ der Polizeidirektion in München mitteilte, „Hetzschmierschriften“ verteilt.1839 Dieser Hinweis führte dann zu einem Bericht der Polizeidirektion vom 17. Mai 1919, in dem es hieß: „Friedrich Schröder und seine Frau sind als große Agitatoren bekannt. Es steht fest, dass sie bei Verbreitung der Revolution eine besondere Rolle spielte.“1840 Über die weitere Vorgehensweise der Behörden ist jedoch nichts bekannt. Dr. Hildegard Menzi wurde vor ihrer Wohnung von etwa 100 bis 150 Leuten gestellt und von bewaffneten Zivilisten festgenommen.1841 Sie wurde in das Frauengefängnis der Residenz überwiesen und dort verhört.1842 Zahlreiche Nachbarn wurden als Zeugen vernommen und diese belasteten Dr. Menzi schwer.1843 Sie galt als „schlimmste Spartakistin,“ die über das Bürgertum in unverschämter Weise geschimpft habe.1844

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Dr. Hildegard Menzi wurde wegen Landesverrat und Begünstigung des Hochverrates angeklagt. Nachdem jedoch etliche Zeugen ihre „Menschlichkeit“ bezeugt hatten1845, erfolgte am 21. Juli 1919 ein Freisprcuh von Dr. Hildegard Menzi.1846 Zwar hatte die Gesinnungsschnüffelei der Denunzianten durchaus zu Verhaftungserfolgen geführt, doch die Zufälligkeit dieser Meldungen wurde ergänzt durch den gezielten Einsatz von weiblichen Spitzeln, um gesuchte Frauen oder auch Männer aufzuspüren. Frl. Flamersberg (Vorname unbekannt) leistete solche Spitzeldienste und arbeitete dabei mit Polizeistationen und der Nachrichtenabteilung des Kriegsministeriums der Regierung Hoffmann zusammen. Bei den inhaftierten Frauen gab sie sich oft als verfolgte Kommunistin aus, erschlich sich so das Vertrauen der Frauen und erhielt deshalb wertvolle Hinweise über die revolutionären Netzwerke oder die genauen Tätigkeiten bestimmter Personen im Dienste der Revolution.1847 Die Inhaftierten lieferten in diesen Gesprächen oft unbeabsichtigt Hinweise auf die Aufenthaltsorte gesuchter Personen, die dann abgeglichen wurden mit entsprechenden Polizeiberichten und zu Verhaftungen führten.1848 In dieser Zeit verhafteten Militär, Freikorps, Polizei und Bürgerwehr ohne genaue Richtlinien zu haben jeden, der nur im Entferntesten den Anschein erweckte, mit der Räterepublik sympathisiert zu haben. So wurden Frauen in Schutzhaft genommen, die als politisch bedenkliche Persönlichkeiten eingestuft wurden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellten oder wegen ihrer Zugehörigkeit zum Großstadtgesindel.1849 * * * Die politischen Akteurinnen in dieser letzten Revolutionsphase waren Frauen, die für eine sozialistische Gesellschaft eintraten. Sie agitierten für die Räterepublik, nahmen an Kundgebungen der KPD teil, prangerten das Vorgehen der Weißgardisten an, stellten sich zwischen die kämpfenden Truppen oder leisteten in Straßenkämpfen bewaffneten Widerstand. Die meisten dieser Frauen, die zu den aktiven Verteidigerinnen der Revolution gehörten, zahlten zumeist einen hohen Preis für ihre Beteiligung an diesem letzten Abwehrkampf: Sie fielen dem weißen Terror zum Opfer oder wurden wegen Hochverrat angeklagt. Dass manche Frauen als Kombattantinnen sogar schossen und töteten, passte in das ideologische Bild, das man sich von den Rotarmisten gemacht hatte. Im Reich des „Bolschewismus“ schien das natürliche Geschlechterverhältnis außer Kraft gesetzt, sichtbarer Ausdruck dafür waren die Flintenweiber. 296

Die Antirätekampagne hatte ein besonderes Bedrohungsszenario konstruiert, in dessen Mittelpunkt die von den Kommunisten bedrohte Frauenehre stand. Über die Themenfelder Sexualität und Sittlichkeit wurden Kernfragen der Geschlechterordnung berührt. Eine Instrumentalisierung der Weiblichkeit für politische Zwecke wandte sich nicht einer ungelösten Frauenfrage samt den Bestrebungen, diese zu überwinden, zu, sondern setzte an bei einem normativem Geschlechtersystem, bei dem auf einer sittlichen Ebene sowohl Weiblichkeit und Männlichkeit gleichermaßen bedroht waren. Dieser Diskurs konnte seine volle Brisanz nur deshalb entfalten, da er mittels einer sexualisierten Perspektive auf die Frauenfrage in den sittlichen Kernbereich einer patriarchal strukturierten Männerwelt vorstieß. Nicht die Idee einer gesellschaftlichen völligen Gleichstellung von Mann und Frau stand im Vordergrund. Die weißen Soldaten verteidigten mit ihrem Kampf nicht nur ihr Verständnis von Recht und Ordnung, sondern auch ein historisch gewachsenes Geschlechterverhältnis. Die weißen Soldaten konnten sich als Verteidiger von Frauenehre und Frauensittlichkeit gegenüber den Rotarmisten verstehen. Dass sich nun auch Frauen in einem letzten Abwehrkampf auf die Seite des Weltanschauungsfeindes gestellt hatten, löste wohl tiefste Abscheu aus und erklärt manche Exzesse, die gezielt gegen Frauen gerichtet waren. Der brutale Umgang mit Frauen lässt die Vermutung zu, dass diese Frauen nicht nur politische Verräterinnen waren, sondern auch ihr eigenes Geschlecht verraten hatten. Das Feindbild schloss nun neben männlichen Rotarmisten auch die weiblichen, „fanatischen“ Spartakistinnen ein. Diese Frauen zeigten an, dass das Geschlechterverhältnis bereits in ungeheurer Weise in Unordnung geraten war. Nur durch physische Vernichtung dieser Frauen konnte die in einem traditionellen Geschlechterverhältnis verankerte Tugend und Sittlichkeit wiederhergestellt werden. Auch die Justiz ging gegen die Frauen, die die Rotarmisten unterstützt hatten, mit oft unangemessener Härte vor. Frauen, die sich an den Kämpfen beteiligt hatten, wurden in der Öffentlichkeit auf das Schärfste verurteilt. Diese Frauen verstießen nicht nur gegen Gesetze, sondern gegen geschlechtsspezifische soziale Normen oder gesellschaftliche Konventionen. Das gewaltsame Auftreten der Frauen in der Öffentlichkeit war ein Affront gegen das vorherrschende Frauenbild. So urteilte das Verbandsblatt der katholischen Arbeiterinnenvereine, dass jede „anständige Arbeiterfrau“ selbstverständlich diesen revolutionären Exzessen ferngeblieben sei, diejenigen Frauen aber, die sich daran beteiligt hätten, gehörten dem „politisierenden Dirnentum“ an: „Weibliche Revolutionäre, welche mit der Zigarette im Munde zuschauten, wie die Geiseln erschossen wurden oder welche hinter Dachluken auf die Regierungs- bzw. braven Würtemberger Truppen schossen, das waren keine Arbeiterfrauen, sondern eben sozia297

les Kloakengewürm, wie es auch der großen französischen Revolution als Schandfleck angehaftet hat. Sonst aber hat sich die anständige Arbeiterfrau nicht in den Revolutionstrubel gedrängt. Der soziale Fraueninstinkt ist eben in dieser Hinsicht viel feiner als wie der der Männer. Dieses Fernbleiben war noch lange kein natürlicher Furchtausdruck, sondern eben nur ein sozialer Widerwille gegenüber den revolutionären Tobsuchtsanfällen.“1850 Frauen, die mit den führenden Revolutionären in engem Kontakt standen, wie z. B. Thekla Egl oder Dr. Hildegard Menzi wurde eine geradezu dämonische Macht über die ihnen nahestehenden Revolutionäre zugeschrieben. Thekla Egl galt „als diejenige Person, die Toller in allen seinen politischen Maßnahmen, Bewegungen und Umtrieben unterstützt haben soll.“1851 In einem Zeitungsbericht der Münchner Zeitung vom 13. Juni 1919 hieß es: „Sie soll, wie man in Tollers Bekanntenkreisen erzählt, einen außerordentlichen starken Einfluß auf Toller gehabt haben.“1852 Auch Dr. Hildegard Menzi soll „die Beraterin“ und der „geistige Führer von Eglhofer gewesen sein,“ dieser habe „zweifellos nur nach deren Direktiven gearbeitet habe.“1853 So wurden die Frauen zu geistigen Führern und Beratern von Revolutionsführern wie Ernst Toller oder Rudolf Egelhofer stilisiert, diese Männer hätten nach deren Direktiven gearbeitet und ständen unter deren starken Einfluss. Mit diesen Urteilen wurden wichtige Träger der Revolution der Lächerlichkeit preisgegeben, Ernst Toller und Rudolf Egelhofer als erbärmliche Kreaturen gebrandmarkt, die ihre politischen Ideen und Strategien Frauen verdankten.

5.3 Resümee Die für dieses Kapitel gewählte Grunddifferenz zwischen institutionalisierten und nichtinstitutionalisierten Partizipationsformen war als ein Hilfsmittel gedacht, das der Suche und Erfassung von unterschiedlichen politischen Handlungsräumen und Aktionsformen dienen sollte. Ziel war es, die Komplexität und Vielschichtigkeit des politischen Handelns von Frauen während der bayerischen Revolutionszeit zu reduzieren, um sie einer Analyse zu unterwerfen. Eine Vielzahl von Informationen sind gewonnen worden, ein faszinierendes, bunt schillerndes, facettenreiches Mosaik aus politischen Handlungsräumen und Aktionenformen ist entstanden. Die Frauen hatten alle politischen Handlungsräume betreten, in denen auch Männer politisch in Aktion traten. Die Revolution hatte es möglich gemacht: „Politik war keine reine Männersache mehr.“1854 Eine überwältigende Masse der Frauen hatte ihr aktives Wahlrecht genutzt, einige hatten die „Männerbastion“ der Politik erobert. Sie waren nun Mitglieder im Provisorischen Nationalrat, Delegierte auf dem Rätekongress, besaßen Sitz und Stimme in rätepoliti298

schen Kommissionen, hatten als demokratisch gewählte Abgeordnete ihren Sitz im Bayerischen Landtag und in der deutschen Nationalversammlung. Die Frauen waren in das „Gelobte Land“ der Politik eingezogen und hatten das „Geheimgemach der Männer“ betreten.1855 Die große Masse der Frauen hatte durch die indirekte Partizipationsform der Wahlen ihre Bereitschaft erkennen lassen, politische Verantwortung zu übernehmen. Die hohe weibliche Wahlbeteiligung bei den ersten Wahlen zeigt an, dass die Gewährung des Frauenwahlrechtes das politische Verhalten der Frauen massiv verändert hatte. Die Politisierung nahm staatsbürgerliche Formen an, die unorganisierten, kollektiven Ausbrüche politischen Handelns wurden auf eine institutionalisierte Ebene transformiert. Das Staatsbürgerrecht hatte die Frauen verändert und die Masse der Frauen von der Straße geholt; rebellierende Frauen waren größtenteils von der Bildfläche der Revolution verschwunden, Straßen und öffentliche Plätze waren nicht mehr Schauplatz ihrer ständigen, beunruhigenden Proteste. Frauen äußerten ihren politischen Willen größtenteils nicht mehr in Protestaktionen, sondern machten Politik mit dem Stimmzettel in der Hand. Der hier gezeigte politische Wille machte deutlich, dass die Masse der Frauen nicht staatsfeindlich gesinnt war, ihre Proteste während des Ersten Weltkrieges galten den Misständen der Kriegswirtschaft, aber nicht grundsätzlich dem staatlichen System. Von revolutionären Neugestaltungsmodellen und utopischen Projekten hielten sie wenig. Wie schon während des Krieges orientierte sich das politische Verhalten der Frauen an den lebensweltlichen Grundfragen wie die Sicherung des Friedens, Ruhe, Ordnung, Wohlfahrt und Brot. Die Wahlentscheidung der Frauen sprach eine deutliche Sprache. Die Mehrheit der Wählerinnen setzte auf die konservative Partei und auch auf die Mehrheitssozialisten, die in ihrer jeweiligen Wahlagitation geordnete Verhältnisse und Existenzsicherung versprachen. Vor allem in der BVP sahen sie ein Bollwerk gegen das immer größer werdende Chaos. Einige Wochen Revolutionserfahrung hatten gereicht, um die Frauen in die Arme der BVP zu treiben, die sich als Partei der Ordnung präsentiert hatte und eine scharfe Trennlinie nach links zog. Mit der Teilnahme an den Wahlen hatten die Frauen sich an einer der wichtigsten politischen Partizipationsformen innerhalb einer demokratischen Grundordnung beteiligt und wesentlich die politischen Herrschafts- und Machtverhältnisse beeinflusst. Die Frauen als Wählerinnen waren damit zu einem politischen, konservativ ausgerichteten Machtfaktor geworden, dagegen waren die Lebensmittelkrawalle – trotz ihrer immensen politischen Brisanz – bestenfalls lästige Nadelstiche für das politische System. Für die Masse der Frauen blieb die Ausübung des aktiven Wahlrechtes aber ihre einzige Teilhabe am politischen Prozess. Sie hatten im Rahmen einer 299

repräsentativen Demokratie bestimmten Personen eine generalisierende politische Handlungsvollmacht gegeben und sich damit weitgehend aus dem öffentlich-politischen Leben zurückgezogen. Eine kleine Gruppe von revolutionär gesinnten Frauen suchte dagegen nach Handlungsräumen und Aktionsformen, um einen aktiven Beitrag zur Verwirklichung einer neuen sozialistische Gesellschaftsordnung zu leisten. Unübersehbar ist, dass der Anteil der revolutionären Frauen im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Frauen und im Verhältnis zu den revolutionären Männern gering blieb. Die Frauen mit einer revolutionären Grundorientierung bildeten eine sehr heterogene Gruppe, die jedoch in zwei Hauptlager zerfiel. Die revolutionär-utopischen Zielvorstellungen der Radikalfeministinnen Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann kreisten um die Schaffung einer neuen Menschheitskultur. Ihre Vorstellungen von einer sozialistischen Gesellschaft beschäftigten sich weniger mit ökonomischen Umwälzungen, pazifistisch-frauenrechtlerische Leitbilder führten zu einem Engagement auf dem Rätekongress und zu einer Mitarbeit in einigen Kommissionen mit sozialpolitischer oder pädagogischen Ausrichtung. Die Kombination von pazifistischen, sozialistischen und frauenrechtlerischen Motiven fand sich jedoch auch bei den Frauen, die sich im „Bund sozialistischer Frauen“ zusammengefunden hatten. Hier kämpften L. G. Heymann und Dr. Anita Augspurg zusammen mit Frauen aus den parteipolitischen Reihen der SPD und USP. Auffällig ist, dass anders als bei den revolutionären Männern, die typischen Lagerstreitigkeiten innerhalb der sozialistischen Parteien in diesem Kreis unterblieben, die Parole schien zu sein: „Sozialismus ist alles.“ Der Einsatz galt der Revolution, die Frauen zeigten aber eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den verschiedensten parteipolitischen Färbungen der Revolution. Die zweite Frauengruppierung im revolutionären Milieu bestand zumeist aus Mitgliedern der USP und vor allem der KP. Diese Frauen setzten andere Schwerpunkte. Sie stellten keine frauenrechtlerischen Forderungen, waren tief verwurzelt in einer kommunistischen Doktrin, nach der erst eine tiefe und weitreichende Umwälzung der Gesellschaftsordnung die Unterschiede zwischen den Geschlechtern aufheben würde. Vor allem die Kommunistinnen folgten dem Prinzip des Marxismus-Leninismus, nach dem ohne revolutionären Klassenkampf des Proletariats keine wirkliche volle Frauenemanzipation, ohne Beteiligung der Frauen daran kein Zerschmettern des Kapitalismus und keine sozialistische Neugestaltung von Staat und Gesellschaft erfolgen könnte.1856 Das Hauptinteresse galt also einer sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft und in revolutionär ausgerichteten Kommissionen unterstützten sie die Revolution wie Dr. Frieda Rubiner oder Dr. Hildegard Menzi. Andere waren in den Schreib300

stuben der Revolution beschäftigt und gleichzeitig Aktivistinnen der Straße wie Hilde Kramer, andere hatten die Nähe zu männlichen Revolutionsführern gesucht und tauchten an nahezu allen Brennpunkten der Revolution auf wie Thekla Egl. Manche von ihnen hatten sich den letzten Widerstandskämpfen zur Verteidigung der Revolution angeschlossen. Diese Frauen hatten die Herrschaft des Mannes in diesem revolutionären Kampf akzeptiert und blieben gleichsam bei politischen Postulaten stehen, „die von den Frauen eine Assimilierung an die Männer erforderten und ihre Geschlechtlichkeit verleugneten.“1857 Trotz einer gemeinsamen revolutionären Ausrichtung hatten diese beiden Frauengruppen wenig gemein. Auch das hier zu Tage tretende revolutionäre Bewusstsein zeigte unterschiedlichste Schattierungen. Für manche bedeutete Revolution eine wirtschaftliche, sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft, andere erhofften sich eine geistige oder kulturelle Revolution. So mischten sich pazifistische, sozialistische, sozialrevolutionäre und kommunistische Haltungen unter eine revolutionäre Grundgemengelage. Die meisten dieser Revolutionärinnen bezahlten ihre Begeisterung für die Revolution mit Inhaftierung, manche von ihnen sogar mit ihrem Leben. Vor allem das Schicksal dieser Frauen verbietet jede „Frauen- und RevolutionsRomantik,“1858 auch deshalb, weil sich das revolutionäre politische Engagement als eine Sackgasse erwies. Von den Überlebenden fanden nur die allerwenigsten Frauen aus dieser Gruppe zu einer kontinuierlichen politischen Weiterentwicklung über die Revolutionszeit hinaus. Die Chance zu direkten politischen Partizipationsformen hatten jedoch auch Frauen aus frauenpolitischen und/oder parteipolitischen Organisationen ergriffen. Im Rahmen eines angestrebten politischen und gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozesses meldeten die organisierten Frauen aus der gemäßigt-bürgerlichen, der radikal-bürgerlichen und der sozialdemokratischen Frauenbewegung ihren Anspruch auf Mitgestaltung an, selbst die bislang politikfernen Frauen aus den katholischen Frauenorganisationen waren bereit, politische Verantwortung zu übernehmen. Die Frauen aus diesen Frauenorganisationen nutzten vor allem parlamentarisch strukturierte Handlungsräume wie den Provisorischen Nationalrat und den Bayerischen Landtag. Diese neu eroberten politischen Plattformen sollten genutzt werden, um Frauenwünsche und Frauenangelegenheiten angemessen durchzusetzen. Doch die Umsetzung erfolgte nur zögerlich. Ein realistischer Blick auf die Tatsachen offenbart das Problem dieser spezifischen Frauenpolitik. Im Verhältnis zu ihrer Zahl und im Vergleich zu den Männern muss die Frauenrepräsentanz in diesen politischen Institutionen als sehr gering eingestuft werden. So waren nur jeweils acht Frauen im Provisorischen National301

rat und im Bayerischen Landtag vertreten. Auf Grund personeller Überschneidungen waren es lediglich zwölf Frauen, die auf einer parlamentarischen Ebene agierten. Diese geringe weibliche Repräsentation behinderte den Durchbruch zu einer qualitativ anders gearteten Frauenpolitik. Hinzu kam, dass sich ein einheitlicher politischer Frauenwillen nicht ausbildete. Wie schon bei dem Kampf um das Frauenstimmrecht gelang es nicht, ein überparteiliches politisches Frauenprogramm zu entwickeln, das den politischen Zielsetzungen der Frauen eine größere politische Stärke und Durchsetzungskraft verliehen hätte. Die Frauen aus der katholischen Frauenbewegung vertraten eine konservative, christlich geprägte Linie und bekämpften oft die frauenrechtlerisch-sozialreformerischen Vorschläge der liberalen Politikerinnen; die Vertreterinnen der sozialdemokratischen Frauenbewegung traten als eigenständige Gruppierung fast nicht in Erscheinung und wurden zu einer „Untergruppierung“1859 ihrer Partei; die Stimme der Radikalfeministinnen fehlte im Provisorischen Nationalrat und im Bayerischen Landtag als wichtiges Korrektiv und so fanden die utopisch-visionären Ideen der Radikalfeministinnen keinen Eingang in eine konkrete Frauenpolitik. Bald schon stellte sich mit der ersten politischen Arbeitsphase Ernüchterung ein. Allzu deutlich war, dass die wenigen Frauen im Parlament nur über eine geringe politische Macht verfügten. Selbst Ellen Ammann (BVP), die noch nach den Wahlen von einem „erfreulichen Anfang“ gesprochen hatte, äußerte sich im Rückblick nun skeptischer und beklagte die geringe Zahl der Vertreterinnen in Parlament, Parteien und anderen politischen Körperschaften.1860 Trotz der geringen Repräsentanz der Frauen im Bayerischen Landtag standen gerade die ersten Parlamentarierinnen unter einem enormen Erwartungsdruck. Zumindest Dr. Rosa Kempf (DVP) sah sich gezwungen, die geringen parlamentarischen Erfolge zu rechtfertigen: „Es ist leicht möglich, dass zu grosse Erwartungen in die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten gesetzt werden, dass manche glauben, es könnten nun sofort alle jene grundlegenden Aenderungen in der Lage der Frauen herbeigeführt werden, um welche die Frauenbewegung seit langem kämpft. Solche Hoffnungen müssen unbedingt zurückgestellt werden [...] weil die Zahl der weiblichen Abgeordneten unserer Fraktion zu gering ist.“1861 Auch im Kreis der Sozialdemokratinnen waren die Enttäuschungen über die Ergebnisse bisheriger Frauenpolitik spürbar. Helene Grünberg, bayerische SPD-Abgeordnete im deutschen Nationalrat, versuchte zu beruhigen: „Wenn nicht alle Blütenträume der Frauenwelt im ersten Revolutionsjahre in Erfüllung gehen konnten, so muß auch hier gedacht werden, auf einen Hieb fällt kein Baum.“1862 Nach bereits einem Jahr waren „Blütenträume“ geplatzt, Erwartungen enttäuscht worden, die Traumphase, in der die Frauen ihre Visionen einer besseren Zukunft entwickelt hatten, hatte 302

ihr ernüchterndes Ende gefunden. In einer real umgesetzten Frauenpolitik schien sich die visionäre, frauenrechtlerische, sozialreformerische, teils sozialrevolutionäre Kraft der programmatischen Konzepte aufgelöst zu haben. Die weitreichenden Ambitionen, die sich in der sozialdemokratischen, radikalfeministischen und gemäßigt-bürgerlichen Programmatik widerspiegelten, konnten in einer politischen Wirklichkeit nicht eingelöst werden können. Durchgesetzt hatte sich dagegen eine konservative Grundtendenz. Die Frauenbewegungen trugen sich deshalb den Vorwurf ein, „sie hätten abgewirtschaftet und ihre innovative, umgestaltende Kraft eingebüßt; für die männlichen Politiker wiederum hatten sie ihren aufreizenden Stachel verloren und waren zum ungefährlichen, kalkulierbaren Faktor des politischen Systems geworden.“1863 Der Blick auf die politischen Akteurinnen und ihr politisches Wirken zwingt durchaus zu einer nüchternen Betrachtung. In den unterschiedlichen Handlungsräumen bewegten sich neben den Revolutionärinnen auch Demokratinnen, Sozialistinnen, Pazifistinnen. Manche von ihnen waren Realistinnen, andere Visionärinnen – doch überall zeigte sich, dass sie zwar die gleichen Handlungsräume wie die Männer besetzten, doch eine wirkliche gleichberechtigte Beteiligung der Frauen fand sich nirgends. Unabhängig von ihren politischen Intentionen und ihrer Einbindung in unterschiedliche Handlungsräume könnte man sie mit einem allzu kritischen Blick durchaus als Randfiguren der Revolutionszeit betrachten, eine weibliche Begleitmusik ohne allzu großen politischen Einfluss. Doch der Mut dieser politischen Pionierinnen zwingt zu Respekt und Hochachtung und macht sie eher zu „einsamen Kämpferinnen in der traditionell männerdominierten Politik“1864 inmitten einer politisch turbulenten Zeit.

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6 Schlussbetrachtung In meiner Arbeit beschäftigte ich mich mit weiblichen Akteurinnen während der bayerischen Revolutionszeit, untersuchte ihre konzeptionellen Festlegungen und begab mich auf die empirische Suche nach deren politischen Handlungsräumen und Aktionsformen. Die gewählte Zeitspanne erschien vielversprechend, die Revolution hatte den Frauen bislang vergebens angestrebte politische Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Eine gleichberechtigte Beteiligung der Frauen in der bayerischen Revolutionspolitik fand sich nirgends. Die Tatsache, dass die formelle staatsbürgerliche Gleichstellung der Frau in keiner Weise zu einer gleichwertigen Einbeziehung von Frauen in das politische Leben geführt hat, bedarf Erklärungen oder wenigsten Erklärungsversuche. Die Suche nach Erklärungen basiert auf der Annahme, dass ein Wandel im Gesellschaftsaufbau stets korrespondieren muss mit einem Wandel menschlicher Verhaltens- und Denkmuster. Die formalrechtliche politische Gleichheitsgarantie, die die Revolution den Frauen gegeben hatte, bedeutete ein neues Staatsund Politikverständnis, eine neue politische Struktur, in die Männer wie Frauen ihre unterschiedlichen Wünsche und Hoffnungen einbrachten. Meine Schlussüberlegungen führen in ein verwirrendes Bezugsgeflecht männlicher und weiblicher Erwartungshaltungen, die an eine gleichberechtigte politische Partizipation der Frau geknüpft waren. In der Annäherung an dieses Grundgeflecht geschlechtsspezifischer Unterschiedlichkeiten lassen sich vielleicht Erklärungen finden für die nicht eingelösten Partizipationsversprechungen des Frauenstimmrechtes. Die Revolution von 1918/19 wollte eine grundlegende Demokratisierung weiter Bereiche, von Staat und Wirtschaft, insbesondere des Militärs und der Verwaltung einleiten.1865 Es hieße, den Symbolwert der Revolutionszeit zu unterschätzen, wenn sich die Betrachtung aber nur auf eine Veränderung wirtschaftlicher, politischer, militärischer und administrativer Strukturen beziehen würde. Eine neue, demokratisierte Gesellschaftsordnung sollte entstehen und mit der Proklamation des Frauenstimmrechts führte die Revolution auch die Geschlechterfrage im Schlepptau. Eine hierarchische, komplementär gedachte, de facto aber auf eine subordinierende Rolle der Frau ausgerichtete politische Rollenverteilung sollte nun einer neuen egalitären Geschlechterordnung weichen, die eine politisch gleichberechtigte Teilhabe von Mann und Frau im Staat vorsah. Das aktive und passive Wahlrecht der Frauen griff damit massiv in eine patriarchalische Gesellschaftsordnung ein, die als ein Modell männlicher Dominanz soziale, ökonomische und politische Macht definiert hatte. Eine bislang strenge Geschlechterhierarchie, die zwar bereits durch die langjährigen Diskurse um das Frauenwahlrecht ins Wanken geraten 304

war, hatte vor allem im politischen Bereich eine klare geschlechterbezogene Platzzuweisung vorgenommen. Der politische Bereich war exklusiv den Männern vorbehalten, Frauen hatten kategorisch keinen Zutritt zu diesem „Geheimgemach der Männer.“1866 Die Proklamation des Frauenstimmrechtes rüttelte nun an den Fundamenten einer bislang ungleichen Teilung und Institutionalisierung von Geschlechterrollen. Die Erweiterung der politischen Gestaltungsmöglichkeiten der Frauen ging einher mit dem Verlust eines uralten Männerprivilegs, dem politischen Monopolanspruch der Männer. Gerade in Bayern wurden die vorherrschenden Geschlechterbilder, die eine politische Teilhabe der Frauen ausschlossen, von den meisten männlichen Politikern jahrzehntelang massiv verteidigt. Doch die Politiker aller Parteien waren realpolitisch genug, sich auf den Boden der neuen Tatsachen zu stellen und die Proklamation des Frauenstimmrechtes nicht öffentlich zu bekämpfen. Diese äußerliche Anerkennung des neuen, formalen Sachverhaltes besagte aber noch nicht viel. Zwar hatten sich alle Parteien hervorgetan, Frauen als Wählerinnen zu umwerben. Doch der Parteiapparat lag in den Händen der Männer und diese wiesen den Frauen nur einige Plätze auf ihren Wahllisten zu. Bereits im Vorfeld politischer Macht wurden also die Karten nicht gleich verteilt zwischen Männern und Frauen, eine Konkurrenz zwischen Männern und Frauen um politische Positionen und damit auch um eine geschlechtergerechte politische Machtverteilung wurden so bereits von vornherein weitgehend ausgeschaltet. Die wenigen Frauen, die trotz dieser Hemmnisse einen Zugang zu den politischen Gremien gefunden hatten, stießen auf die Realität einer politischen Ordnung, deren organisatorische Form sich entwickelt und gefestigt hatte, noch ehe Frauen in das politische Leben eingetreten waren.1867 Hatten sich durch die Revolution zwar die parteipolitischen Herrschaftsverhältnisse verschoben, waren auch neue rätepolitische Strukturen entstanden, so blieb doch die von Männern geprägte politische Kultur nahezu unangetastet: „Die Gleichberechtigung der Frauen ...stand in der Verfassung, war auf dem Papier vorhanden, das war aber auch alles. Die Wirtschaft, die Finanzen, Verwaltung, der gesamte Staatsapparat, der bei Revolutionen und Umwälzungen ausschlaggebender Faktor ist, befanden sich ausschließlich in den Händen der Männer.“1868 Die Männer der Revolutionszeit waren mehrheitlich keine politischen Neulinge, durch langjährige Parteimitgliedschaften waren sie eingebunden in parteipolitische Netzwerke und Seilschaften, verfügten über Kenntnisse politischer Prozessabläufe, besaßen eine in parlamentarischen Debatten geübte Streitkultur. Politische Arbeit war dagegen für die Frauen ein ihnen unbekanntes Terrain, Schlüsselqualifikationen, die sie in ihren Frauenorganisationen erworben hatten, waren keine ausreichende Hilfe bei der Bewältigung politischer Arbeit. Sie waren 305

zwar vielfach begabte Rednerinnen, doch ohne rhetorische Schulung für das parlamentarische Taktieren und Debattieren. Ihre Seilschaften beschränkten sich auf die Frauenwelt innerhalb der Frauenorganisationen und waren wenig tragfähig in der politische Männersphäre. Und schließlich waren sie eine zu kleine Minderheit. Trotzdem mussten und wollten sich die Frauen „in einer bislang reinen Männerbastion behaupten.“1869 Die männlichen Politiker ließen jedoch die ersten Frauen in der politischen Sphäre deutlich spüren, dass die grundlegenden politischen Fragen nicht von den Frauen entschieden werden dürften. Die ersten politischen Gehversuche der Frauen wurde mit einem oft diskriminierend wirkenden herablassenden Wohlwollen begegnet. Weibliche Redebeiträge wurden vielfach überhört, ignoriert, übergangen, sobald sie sich mit grundsätzlichen Fragen politischer Weichenstellungen beschäftigten. Diese männlichen Reaktionen waren beobachtbar im Bayerischen Landtag, mehr noch in rätepolitischen Gremien. So fanden sich diese männlichen Abwehrstrategien nicht nur innerhalb der konservativen Partei, sondern überraschenderweise auch bei den Männern sozialistischer Parteien, die ja eine führende Rolle bei der Revolution gespielt hatten. Die Debatten in Bayern um eine mögliche Rücknahme des proklamierten Frauenstimmrechtes verrieten bereits im November 1918 eine männliche Angst vor der eigenen Courage, doch ein Rückzug aus dem – vielleicht schon bald als voreilig empfundenen – Versprechen erschien auch wenig opportun. Ein weiteres Signal kam aus Weimar. Die Formulierung der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter in der Weimarer Verfassung zeigt die gleiche zögerliche Halbherzigkeit. Der Zusatz der „Grundsätzlichkeit“ im Artikel 109 war gleichsam das letzte Bollwerk, das Männer errichtet hatten, um den Grundsatz einer völligen geschlechtsspezifischen Gleichstellung von Rechten und Männern aufzuweichen, indem er „modifizierend-einschränkende Lesarten“1870 des Grundsatzes auf Gleichheit zuließ. In diesem Zusatz verbarg sich bereits die Option einer künftigen Restaurierung alter familiärer Vorstellungen und Lebensweisen. Obwohl die sozialdemokratische Partei sich theoretisch seit langem für die politische Gleichberechtigung in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik eingesetzt hatte, zeigte sich nun nach der staatsbürgerlichen Gleichstellung der Frauen, dass die sozialistische Bewegung, gleich welcher parteipolitischen Färbung, eine Männerbewegung war, die vorrangig die Interessen der männlichen Mitgliedermehrheit vertrat. Von den Diskussionen über das demokratische Wahlrecht bis zur Formulierung des Wahlrechts für die Räte zeigte sich, wie schwer sich die sozialdemokratischen Männern mit einer politischen Gleichberechtigung der Frauen taten. In vielen Debatten offenbarte sich eine Grundhaltung, die auf einen ausgeprägten Antifeminismus verwies. Diese antifeministische Einstellung zeigte sich vor allem bei ihrer ablehnenden Hal306

tung gegenüber der Frauenarbeit, hinter der sich der Wunsch verbarg, Frauenaktivitäten am liebsten auf Haus und Kinder beschränkt zu sehen. Frauenprobleme wurden nur da berücksichtigt, wo sie nicht an den grundlegenden familiären, gesellschaftlichen oder beruflichen geschlechtsspezifischen Arbeitsteilungen rüttelten. So wurde Frauen gerade nur so viel Gleichberechtigung zugestanden, wie es vom männlichen Standpunkt aus unvermeidlich war. Probleme der Ehefrauen oder Hausfrauen fanden als spezifische Fraueninteressen eher Gehör als gleichberechtigte Forderungen im Bereich der Erwerbstätigkeit. Die eingeleiteten Demobilisierungsmaßnahmen, die ungleichen Erwerbslosensätze und auch der hartnäckige Kampf um das Zölibat der Beamtinnen und Lehrerinnen zeigen hier klar die Grenzen eines geschlechtsunabhängigen Gleichstellungswillens – auch bei den sozialdemokratischen Männern. Gerade das gleiche Recht der Frauen auf Erwerbstätigkeit rüttelte deutlich an dem vorherrschenden Rollenverständnis, im Grunde sollte die Frau weiterhin ihre Hausfrauen- und Mütterrolle wahrnehmen. Der SDLer Nimmerfall hatte im Bayerischen Landtag die Position seiner Partei klar umrissen: “Erst ein neues Geschlecht, mit neuen Lebensmöglichkeiten wird das schaffen, wofür wir im Prinzip auch sind, daß die Frau zu Hause ihrem Mutterberufe nachgehen soll.“1871 Sozialdemokratische Positionen waren damit nicht weit von den konservativen Vorstellungen entfernt. Das vorherrschende polaristische Geschlechterbild wurde weder für den Bereich der Familie noch in der Wirtschaft korrigiert, sondern im Gegenteil auch noch auf den Bereich der Politik übertragen. Ein zweifellos guter Wille bei einzelnen Männern, die ein egalitäres Geschlechterprinzip verwirklichen wollten, erwies sich gegenüber dem ausgeprägten Willen, das alte Geschlechtermodell zu erhalten, als zu schwach. Die wenigen Männer im sozialistischen Lager mit einer grundsätzlichen Bereitschaft zur Anerkennung frauenpolitischer Fragen fanden sich am ehesten im anarchistischen Lager. Doch Männer wie Ernst Toller oder Erich Mühsam gehörten eher der anarchistischen Bohème als der sozialistischen Arbeiterbewegung an. Aus dem freizügigeren Bohèmemilieu kommend, nahmen sie die antifeministische Strömung ihrer sozialistischen Parteigenossen deutlich wahr. Ernst Toller urteilte über seine Parteigenossen aus dem Kreise der Arbeiter: „Es ist den Arbeitern unbequem, wenn ihre Frauen ernst machen mit der Verwirklichung sozialistischer Forderungen. [...] Oft sehe ich einen Bruch zwischen sozialistischen und traditionellem Empfinden.“1872 Erich Mühsam, Gustav Landauer und Ernst Toller waren jedoch Außenseiter im sozialistischen Milieu. Mit ihren freizügigen Einstellungen fanden sie in der patriarchal strukturierten Männerwelt der Sozialisten nur wenige Anhänger. Vor allem Mühsams freizügiger Lebensstil 307

und seine Sexualtheorien hatten nicht nur die antibohèmistischen Kreis, sondern auch die bürgerlichen Konterrevolutionäre und bürgerlichen Sozialdemokraten vom Schlage eines Johannes Hoffmann brüskiert. Erich Mühsam galt als Urheber libertärer Ideen im Rahmen von Sexualität und Sittlichkeit, er hatte bereits vor der Revolution Debatten über freie Sexualität und Liebe angestoßen, die repressive bürgerliche Sexualität samt ihrer Institutionalisierung in der monogamen Ehe kritisiert und antibürgerliche Ehekonzepte wie serielle Monogamie oder Polygamie propagiert.1873 Diese Modelle enthielten Vorstellungen von Gleichberechtigung und größtmögliche Freiheit für ein zwischengeschlechtliches Miteinander: „Die Erziehung zur Selbständigkeit in den eigenen Dingen, die Verfügung über den eigenen Leib, ungehindert von den moralischen Intrigen der Gesellschaft, die Befreiung von der öffentlichen Kontrolle der Unberührtheit, die unbedingte Anerkennung des Menschen im Weibe, das wären Frauenrechte, für die auch wir Sozialisten uns mit recht viel eifer Einsetzen könnten...“1874 Damit blieben aber seine Ideen einer gleichberechtigten Geschlechterordnung weitgehend bei einer Forderung nach einer sexuellen Freiheit der Frauen stehen. Doch eine Einwirkung der Revolution in Bayern auf die Sexualauffassungen der öffentlichen Moral ließ sich nach Mühsam nirgends nachweisen1875 – dazu besaß Mühsam aber auch während der Rätezeit weniger politische Macht als er für die Verwirklichung seiner Utopien benötigt hätte.1876 Selbst bei den extremen Linken war das Misstrauen gegenüber Mühsams sexualisiserter Perspektive auf die Frauenfrage groß. Seine Exzentrik führte dazu, dass er in der zweiten Räterepublik nur mit einem marginalen Amt im Bereich der Osteuropapolitik betraut wurde. Doch selbst mit einem größeren Machtbereich ausgestattet, wäre es wohl schwerlich gelungen, durch revolutionäre Dekrete die alte Geschlechterordnung auszuhebeln. Wie sehr das politische Denken und Handeln innerhalb sozialdemokratischer Männerkreise von der Tradition der alten Geschlechterordnung durchtränkt war, hatte sich am Ende der Revolution gezeigt, als Johannes Hoffmann, früherer Weggefährte von Kurt Eisner und nun bayerischer Ministerpräsident, die Antirätekampagne als die letzte propagandistische Verteidigungsreserve aktivierte. Das alte Geschlechtermodell konnte seine volle Wirksamkeit entfalten, indem die Männer als Beschützer nicht nur ihr bayerisches Vaterland, sondern auch die gefährdete Sittlichkeit der bayerischen Frauen gegen die roten Truppen verteidigten. Der Sieg über die kommunistischen Revolutionäre war nicht nur ein Sieg über das politische System der Räterepublik, sondern auch ein Zeichen der Stärke des traditionellen Geschlechtermodells.

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Die geschlechterspezifischen Vorstellungen, die den Frauen vor allem einen Platz als Hausfrau und Mutter in der Gesellschaft zuwiesen, sollten auch unter den formalen Bedingungen einer politischen Gleichberechtigung nicht angetastet werden. Die Kriegsjahre hatten zwar zu einer Ausdehnung weiblicher Erwerbstätigkeit gerade in Männerindustrien und auf Männerarbeitsplätze geführt und den Frauenbewegungen über ihre Beteiligung an der Kriegsfürsorge die Gelegenheit gegeben ihre staatsbürgerliche Tüchtigkeit unter Beweis zu stellen. Doch diese kriegsbedingten Veränderungen in der sozialen und wirtschaftlichen Situation der Frau hatten nur für die Dauer des Krieges die alten Geschlechtsmodelle außer Kraft gesetzt und den Frauen unter dem Druck kriegswirtschaftlicher Erfordernisse eine Rollenveränderung zugestanden. Der kriegsbedingte Rollenwechsel sollte keinesfalls den Weg zu einer dauerhaften Neuordnung der geschlechtlichen Arbeitsteilung ebnen.1877 Die Männer, traumatisiert von Kriegserlebnissen, strebten ohne Zweifel eine Rückkehr zu dem alten Geschlechtermodell an. Francoise Thebaud sieht in dieser männlichen Sehnsucht nach den alten Geschlechterverhältnissen auch eine psychologische Komponente: es sollte zum einen das männliche Selbstwertgefühl gestärkt werden, das in den vier Kriegsjahren argen Schaden gelitten hatte und zum anderen sollte in einer Zeit politischer Unruhe dem Wunsch der Frontsoldaten nach Wiederherstellung ihrer alten Welt Rechnung getragen werden.1878 Der Zeitpunkt für eine Neuordnung der Geschlechterverhältnisse schien damit äußerst ungünstig. Mit der Proklamation des Frauenstimmrechts hatte Kurt Eisner zwar formal einen scheinbar radikalen Wandel für den politischen Status der Frau vollzogen, die Probleme bei dem Aufbau eines neuen demokratischer Staates sollten wohl nicht noch zusätzlich mit der Hypothek einer ungelösten Frauenfrage belastet werden. Doch es darf vermutet werden, dass eine Veränderung der Geschlechterverhältnisse nicht geplant war. Die Last der Tradition mit ihren ausgeprägten Beharrungskräften ließ eine tatsächliche gesellschaftliche Veränderung der Geschlechterverfassung nicht zu. Ein formales, neues Recht konnte gewachsene Vorstellungskomplexe über die neue politische Rolle der Frau sicherlich nicht über Nacht ändern. Männlich konnotierte politische Normen hatten sich in den politischen Institutionen verfestigt und eine exklusiv männlich-geprägte politische Kultur hervorgebracht. Diese männliche Maschinerie des Regierens arbeitete weiter, trotz der Revolution und des proklamierten Frauenstimmrechtes. Die Chancen, zusammen mit einer Neugestaltung des Staates auch das Geschlechterverhältnis neu zu definieren, waren somit gering. Innerhalb eines engen Zeitrahmens sollten Probleme einer neuen Staatsform gelöst, Friedensverhandlungen geführt, zurückkehrende Soldaten integriert, eine materielle Existenzsicherung vor

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allem in Form einer ausreichenden Lebensmittelversorgung geleistet werden – die Frauenfrage blieb angesichts dieser anstehenden Probleme eher marginal.

Wie stellte sich nun die Situation für die Frauen dar? Viele Frauen waren sich im Krieg ihrer Stärke bewusst geworden, auf Grund ihrer sozialen Leistungen in der Kriegsfürsorge, ihrer Leistungen im gesellschaftlichen Arbeitsprozess sowie ihrer Leistungen als Mutter und Hausfrau unter den erschwerten Bedingungen der Kriegswirtschaft. Aus diesen Leistungen leiteten sie einen „Rechtsanspruch“ auf das Frauenstimmrecht ab,1879 empfanden die Gewährung des Frauenstimmrechtes als „eine Selbstverständlichkeit“1880 oder als „etwas Wohlverdientes.“1881 Auch wenn sich manche bürgerlichen und katholischen Frauen von der Einführung des Frauenstimmrechts geradezu überrumpelt fühlten und darin zunächst eine Last und eine Bürde sahen, waren sie schnell bereit, die politischen Chancen zu nutzen, die sich auf Grund des neuen staatsbürgerlichen Status ergaben. Durch das Frauenstimmrecht konnte sich eine neue politische Ebene erschließen, von der endlich Frauenwünsche und Frauenangelegenheiten angemessen durchgesetzt werden könnten. Die Zeit der mühseligen und meist erfolglosen Zeit der Petitionen war endlich vorbei. Die Revolution hatte frauenpolitische Visionen, Forderungen und Wünsche entfesselt, neue politische Systeme sollten entstehen, bei denen endlich auch Frauen den ihnen zustehenden Platz in der Politik finden sollten. Die organisierten Frauen hatten sich große Ziele gesetzt, sie strebten eine Veränderung der politischen Kultur an, wollten der Politik ein weibliches Gepräge geben und Fraueninteressen mehr politisches Gewicht verleihen. Eine spezifische Frauenpolitik sollte sich in einer Emphase politischen Neubeginns entfalten. Kraft und Selbstvertrauen bezogen die Frauen aus einem neuen, selbstbewussten Bekenntnis zum Frausein, das durchaus männerkritische bis männerfeindliche Elemente enthielt. Der Krieg wurde dem Schuldkonto der Männer zugeschrieben, diese Zuordnung fand sich nicht nur bei den Radikalfeministinnen, auch die sozialdemokratischen Frauen nutzten ähnliche Argumentationsmuster und selbst im Kreis der bürgerlichen Frauen war man froh über die frühere Rechtlosigkeit, da die Frauen nun in der glücklichen Lage seien, die „Verantwortung für das, was geschehen ist“ von sich weisen zu können.1882 Unbelastet von alten Verantwortlichkeiten sollte eine Phase einer neuen, weiblich geprägten politischen Kultur eingeleitet werden, die auch gewisse visionäre, geschlechterbezogene Fiktionen beinhaltete. Alle Frauenorganisationen, die ihre Frauen in die politische Arena schickten, hatten sich unter einer Programmatik versammelt, die Helene Lange bereits 1914 als „mütterliche Politik“ be310

zeichnet hatte. In diesem ursprünglich bürgerlichen Leitkonzept wurde stets die „Gleichwertigkeit“ der Geschlechter betont und gleichzeitig die „Gleichartigkeit“ von Mann und Frau abgelehnt. In einer organisch aus den unterschiedlichen Wesensmerkmalen der Geschlechter abgeleiteten Arbeitsteilung sollten Männer und Frauen zur Erfüllung der Staatsfunktionen zusammenarbeiten.1883 Der Anspruch auf politische Partizipation begründete sich vor allem mit einer sozial wie biologisch, psychisch wie physisch bestimmten Mütterlichkeit und legte den Frauen die Erfüllung von politischen Pflichten auf im Interesse einer kulturellen Weiterentwicklung. Diese Ideen besaßen nun soviel Strahlkraft, dass sie teilweise auch von den sozialdemokratischen und radikal bürgerlichen Frauen übernommen wurden. Die katholische Frauenbewegung auf der Basis ihres christlichen Weltbildes hatte eine Geschlechtergleichheit sowieso mit christlichen Argumenten vehement abgelehnt. Die „geistige Mütterlichkeit“ wurde zu einer politischen Programmatik einer dringend gebotenen Humanisierung der Politik, zu der sich alle Frauenorganisationen bekannten. Der Krieg hatte nicht nur Menschenleben und irdische Güter vernichtet, im Krieg seien vor allem ethische Werte verloren gegangen, die Begriffe von Recht und Unrecht, von Moral und Sitte hatten sich verschoben. War dies nicht alles auch ein Versagen der Männer, hatte selbst die patriotisch gesinnte, staatsloyale Luise Kiesselbach gefragt.

1884

In den Augen von L. G. Hey-

mann war es sowie klar, dass Männerpolitik Deutschland in den Abgrund getrieben hatte, so dass für die Radikalfeministinnen die neue politische Freiheit der Frau genutzt werden musste, um eine „Erlösung vom gewalttätigen Männerstaat“ zu bringen.1885 Auch die sozialdemokratischen Frauen in Bayern hatten über die Qual des Krieges geklagt, bedauerten zutiefst, dass sie auf Grund ihrer politischen Rechtlosigkeit schweigen mussten zu der „unerhörten Kriegspolitik“ und waren der Überzeugung, dass ein politisches Mitbestimmungsrecht der Frauen den Krieg, wenn nicht unmöglich gemacht, so doch „die Art seiner Grausamkeit und seine lange Dauer“ verhindert hätten.1886 Der Krieg hatte auf keinen Fall zu einer Entschärfung der Geschlechterordnung beigetragen, die Frauen formulierten massive Kritik an der männlichen Machtpolitik des Krieges. Die Frauenbewegung reagierte darauf mit einem von allen Frauen solidarisch getragenen Konzept der „geistigen Mütterlichkeit.“ Dieses Konzept legte den Frauen ein pflichtbewusstes, selbstloses, friedfertiges Politikverständnis nahe. Weibliche Gefühlswerte, die „Eigenart der Frau,“ sollten den Staat aus dem Chaos und den Trümmern des Krieges herausführen. Mit dieser Grundhaltung betonte man zum einen den verfassungsmäßig garantierten Anspruch auf politische Gleichberechtigung in der Politik, insistierte aber gleichzeitig auf der Wesensverschiedenheit der Geschlechter und einer weiblichen Kulturmission.1887 Das Ziel war, die Vor311

herrschaft des männlichen Prinzips in der Politik zu brechen und der politischen Welt ein menschlich-weibliches Gepräge zu geben. Friedfertigkeit, Mitmenschlichkeit und weibliches Emphatievermögen sollten an die Stelle von Herrschaft und Macht treten. Diese galten als Inbegriff einer kalten, männlich geprägten Kultur und wurden gleichgesetzt mit Gewaltherrschaft und damit als etwas Unmoralisches. Die Politik sollte nun einem größeren Bedürfnis nach Moral Rechnung tragen, von politischer Macht oder Machtbedürfnissen war nicht die Rede. Diese Ausrichtung auf weibliche Gefühlswerte in der Politik ging mit einer Leugnung von politischer Macht einher. Die Frauenbewegung hatte zwar über den neuen staatsbürgerlichen Status der Frau nachgedacht und einen Maßstab für politisches Handeln entwickelt, doch es unterblieb eine Definition von Macht bzw. die Entwicklung eines weiblichen Modus für politische Stärke. Dieses abstinente Verhältnis der Frauen zu Macht fand jedoch eine erstaunlich weibliche Variante. So fanden auffällig viele Frauen zwar nicht den Weg zur politischen Macht, suchten aber die Nähe von mächtigen Männern, um Einfluss auf die politische Sphäre zu gewinnen. L. G. Heymann nahm Kontakt zu Kurt Eisner und Gustav Landauer auf, der Bund sozialistischer Frauen stand im regen politischen Austausch mit Ernst Toller und anderen Revolutionsführern, Dr. Frieda Rubiner ging auf politische Tuchfühlung zu den kommunistischen Führern wie Max Levien, um nur einige Beispiel zu nennen. Das grundsätzliche Festhalten an dem Konzept einer „geistigen Mütterlichkeit“ war damit indirekt verbunden mit einer Bejahung der tradierten Geschlechterordnung durch den Ausschluss eines weiblich festgelegten Machtaspektes. Die Frauen versteckten sich gleichsam hinter dem Begriff der Mütterlichkeit, bei diesem Versteckspiel mit politischer Macht schrieben sie indirekt den politischen Ohnmachtsstatus der Frauen fest. Der Rückgriff auf diesen mütterlichen Ideenkomplex verstärkte damit eher eine patriarchalische Auffassung der Geschlechterbeziehungen als dass er diese aufbrach. Die Gültigkeit und das Festhalten an einer Rolle sanfter Weiblichkeit in der Politik waren eher hinderlich und erwiesen sich als ein strategischer Fehler. Die praktische Auswirkung dieser Einstellung zeigte sich bei der Formulierung der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter im Artikel 109 der Weimarer Verfassung. So wurde diese Formulierung der „Grundsätzlichkeit“ zwar von der sozialdemokratischen Frauenbewegung kritisiert, doch von der bürgerlichen Frauenbewegung in Kauf genommen und von der katholischen Frauenbewegung sogar begrüßt. Das formale Prinzip einer gleichen politischen Teilhabe der Geschlechter an Rechten und Pflichten war damit verwässert worden, der Begriff der „Grundsätzlichkeit“ fixierte formal eine Geschlechterdifferenz durch die Zuweisung unterschiedlicher Aufgaben. Vor dem Hintergrund des legitimen Anspruchs der Frauen auf politische, gleichberechtigte Teilhabe hätte der Zusatz der Grundsätzlichkeit vehement bekämpft 312

werden müssen, doch so bestätigten die ersten weiblichen Abgeordneten in Weimar ein stereotypes Frauenbild, das die alten Rollenerwartungen fortführten, obwohl sie doch zu neuen Ufern aufbrechen wollten. Die Frauenorganisationen und die ihnen angehörenden weiblichen Politikerinnen übersahen die Gefahr einer erneut legitimierten Unterdrückung und Beschränkung. Im Gegenteil, man wollte darin die Berücksichtigung und Stärkung geschlechtsspezifischer Eigenheiten der Frau sehen. Marie Zettler, die bayerische Zentrums-Abgeordnete in Weimar hatte deshalb die Verfassungsregelung ausdrücklich begrüßt und die sozialdemokratischen Frauen, die sich gegen diese Festlegung gewehrt hatten, massiv im Bayerischen Organ des Katholischen Frauenbundes wegen ihrem „festen Drang nach absoluter Gleichmacherei“ angegriffen: „Gleichheit ist gewiss ein edler und schöner Gedanke und daß alle Menschen gleich sind vor Gott, ist Grundsatz des Christentums, aber die Gleichheit bis zum schematischen Zwang zu übertreiben, nach welchem um jeden Preis alles gleich sein soll, ist widernatürlich und darum Unrecht.“1888 Die Auswirkungen mütterlicher Politik zeigten sich jedoch auch bei der Auswahl der Themenfelder, die Frauen überwiegend besetzten. So beschäftigten sich Frauen vorwiegend mit frauenspezifischen Fragen, damit war eine politische Horizontverengung auf die Bereiche der Sozialpolitik, der Wohlfahrtspflege und der Bildungspolitik erfolgt. Die Spezialisierung auf frauenspezifische Themen barg ein weiteres Dilemma, denn mit diesem „Weiberkram“ wie die Männer meinten,1889 konnten sie nicht die erhoffte politische Gleichberechtigung erzielen. Da die grundlegenden, normativen Festlegungen in den Bereichen der Verfassungspolitik, der Wirtschaftspolitik oder Finanzpolitik getroffen wurden, führte dieser Rückzug zu einer Schmälerung des Gestaltungsanspruches. Die „hohe“ Politik blieb das Ressort der Männer, Sozialpolitik als Frauenpolitik ordnete sich diesem harten, männlich besetzten Kernbereich unter. Die Betonung des „Weiblichen“ in der Politik führte jedoch auch zu Verhaltensunsicherheiten, die im politischen Verhalten der Frauen offenbar wurden. Die Fixierung auf die weiblichen Gefühlswerte und das Festhalten am weiblichen Prinzip der Sanftmut verhinderte, dass die Frauen in der politischen Sphäre einen eigenen kraftvollen Stil entwickelten. Unterordnung und Selbstbescheidenheit kennzeichnete vorwiegend das erste Auftreten der Frauen in der Politik, schließlich sollten die Frauen auch in der Politik nicht ihr „Frauentum“ verleugnen. Vor allem konservative Frauen ahndeten schnell Verstöße gegen ein Frauenbild, das auch in der Politik von Sanftmut geprägt sein sollte. Leidenschaftliches Auftreten wurde schnell verurteilt als ein Verhalten, das „alle Scheu und jedes Zartgefühl“ verleugnete, Polemik und die Beteiligung an Wortgefechten galten als ein fehlgeleitetes unweibliches Geba313

ren.1890 So ist es nicht verwunderlich, dass die politische männliche Debattierkultur, die nicht vor hitzigen Auseinandersetzungen zurückscheute, vielfach zu einem freiwilligen vorzeitigen Zurückweichen der Frauen aus den Debatten führte. Frauen schienen den lautstarken, männlichen Schlagabtausch eher zu meiden. Selbst bei als notwendig erachteten Forderungen ließen sie sich oft abbringen und mit vagen, in die Zukunft verlegten Versprechungen besänftigen. Die politische Arbeit der Frauen lief damit ab vor dem akzeptierten Hintergrund einer patriarchalischen Herrschaftspolitik. Die Betonung der „Mütterlichkeit“ in der Politik blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Weiblichkeitskonzepte der bürgerlichen und sozialistischen Frauenbewegung. Eine konservative Linie führte konsequenter Weise wieder zurück auf den Vorrang familiärer Pflichten, eine Synthese von Beruf und Familie erschien weniger wünschenswert als die Fortsetzung traditioneller Familienbindung. Das konservative Frauenbild, wie es in der katholischen Frauenbewegung schon immer propagiert wurde, hatte an Anziehungskraft und Einfluss auch in den bürgerlichen und sozialistischen Weiblichkeitskonzepten gewonnen. Trotz immer noch vorhandener Differenzen hinsichtlich bevorzugter politischer Strukturen und parteipolitischer Ausrichtung schienen die harten Fronten zwischen den bürgerlichen und sozialistischen Frauenorganisationen sich in Auflösung zu befinden. Die heftig geführten theoretischen Diskurse über das „richtige“ Weiblichkeitskonzept zwischen den bürgerlichen und sozialistischen Frauen hatten scheinbar ein Ende gefunden, eine gegenseitige Annäherung war erfolgt. Dagegen zogen die Volksvertreterinnen aus den katholischen Frauenorganisationen eine klare Trennlinie. Die Fronten verliefen nun zwischen den liberaleren Konzepten der bürgerlichen und den traditionell konservativen Entwürfen der katholischen Volksvertreterinnen. Die Politik wurde nun zum öffentlichen Schauplatz konkurrierender Emanzipationskonzepte und die Debatten über ein gültiges Frauenkonzept wurde in der politischen Sphäre ausgetragen. Doch hier entschieden nun nicht mehr nur Frauenorganisationen, sondern parteipolitische Organisationen griffen in diesen Diskurs über unterschiedliche Weiblichkeitskonzepte ein. Damit hatten Frauen ihre Definitionshoheit über Weiblichkeit aus der Hand gegeben, Männer beeinflussten nun über den Bereich der Politik das weibliche Geschlechterbild mit. Die parteipolitischen Mehrheitsverhältnisse im Landtag sorgten so für eine Stärkung des konservativen Frauenbildes. Und zu dieser parteipolitisch-konservativen Majorität hatten auch die Wählerinnen beigetragen. Die Wirren des Krieges und der Revolution hatten bei den meisten Frauen eine Sehnsucht nach einer familiären Lebensweise verstärkt. So stellte Luise Kiesselbach fest, dass die große 314

Masse der Frauen in Bayern „weder von der Freiheit ihrer neuen Gleichberechtigung noch von der Gebundenheit ihrer Mitverantwortung den nötigen Eindruck haben.“1891 Vielfach hatte es einfach am „guten Willen gefehlt,“ sich vom alten Frauenideal zu trennen. Sie mahnte ein neues politisches Bewusstsein bei den Frauen an: „Die Zeiten, in deren die Frau im abgeschlossenen Heim, im stillen oder bewegten Haus, nur einer mehr oder minder kleinen Zahl von Nächsten zuliebe, dienen und herrschen konnte, die Zeit in der die peinliche Einhaltung der Grenzen von ‚Frauen’Pflichten und –Interessen eine Tugend war, ist vorüber. Zwischen Welt und Haus gibt es keinen Trennungsstrich mehr, das Interesse des Hauses muß das der Welt und das der Welt das des Hauses sein.“1892 Nach ihrer Einschätzung werde aber „noch eine gute Weile verstreichen [...] bis hier ein Wandel geschaffen ist.“1893 Dieser Wandel müsse vor allem von der Frauenbewegung angestoßen werden. Die unpolitische Zeit der Frau sollte ein Ende finden, die Frauen die Chancen, die in dem neuen Rechtsstatus lagen, nutzen und in entsprechendes Handeln umsetzen. Die Frauenorganisationen hatten schon immer ein Gespür dafür entwickelt, dass frauenpolitische Leitbilder ein politisch-ideologischer Wertmaßstab sind, der sich auf das Selbstverständnis und die Lebensrealität der Frauen auswirkte. Der neue staatsbürgerliche Status erforderte nun eine politisch-ideologische Weichenstellung, die sich auf die Umsetzung der neuen Rechte auswirken sollte. Neue Maßstäbe waren gesetzt worden, doch neue Verhaltensmuster sind nur in dem Maße durchsetzbar, wenn sie nicht allzu sehr mit den bestehenden Maßstäben der Zeit in Konflikt geraten. Doch die Normen und Leitbilder, die den Frauen nun fix zur Orientierung an die Hand gegeben wurden, standen im Widerspruch zu den bislang kommunizierten Vorstellungen. Neben dem neuen Leitbild einer neuen, politisch verantwortungsbereiten Frau wurde auch das alte Leitbild der Frau als Hausfrau und Mutter hochgehalten. Dieses widersprüchliche Angebot zwischen hergebrachten Denkweisen und neuen politischen Deutungen der Frauen-Rolle war eine der Ursachen, dass auch die Frauen die politischen Chancen nicht oder nur halbherzig umsetzten. Der Loslösungsprozess von den traditionsverhafteten Rollenvorstellungen schritt nicht so schnell voran, wie erhofft. Dieses Problem sollte durch verstärkte politische Bildungsarbeit gelöst werden. Eine staatsbürgerliche Erziehung der Frauen gehörte deshalb zu den künftigen Aufgabenbereichen der Frauenbewegungen in Bayern, sei es bei den bürgerlichen, den sozialdemokratischen und auch bei den katholischen Frauenorganisationen. Doch politisches Bewusstsein ist nur in begrenztem Maße kommunizierbar, es muss eben auch verinnerlicht werden und hier stießen die Frauenorganisationen an ihre Grenzen. Agnes Zahn-Harnack hatte für diese Zielvorgabe eine treffende Formulierung gefunden: „Aufgabe der folgenden Generation wird es nun sein, zu erwerben, was sie besitzen.“1894

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Trotz dieser kritischen Selbstschau war einiges erreicht worden. Der neue staatsbürgerliche Status hatte sich zwar nicht als die „Krone“ der Emanzipationsbestrebungen und damit als das Endziel erwiesen, wie es sich die bürgerlichen Kreise vorgestellt hatten. Aber es war ein gediegenes Fundament, von dem aus eine politische Gleichberechtigung der Frauen starten konnte. Unter erschwerten Bedingungen erfolgte durch die Hartnäckigkeit der Politikerinnen manche wirtschaftliche und soziale Gleichstellung der Frauen bzw. wurde auf den Weg gebracht: die Zulassung der Frauen in der Rechtspflege, Betätigungsmöglichkeiten in allen Zweigen der öffentlichen Verwaltung, Abschaffung des Zölibats für die weiblichen Beamtinnen, insbesondere für die Lehrerinnen, kostenlose Schule für alle, Koedukation sowie Reform der Berufsausbildung für beide Geschlechter. Frauen gehörten bis 1933 jeder Wahlperiode des bayerischen Landtages an, waren Mitglieder in den Gemeinde- bzw. Stadtvertretungen.1895 Doch die Ergebnisse blieben hinter den Erwartungen zurück. Dies sollte sich lange Zeit nicht ändern. Eine Zukunftsperspektive lässt nicht viel Raum für eine optimistischere Bewertung. Die Frauen-Repräsentanz im Bayerischen Landtag nahm nicht zu, in der nächsten Wahlperiode konnte der Frauenanteil mit acht weiblichen Abgeordneten noch einmal auf dem gleichen Niveau gehalten werden, um dann sukzessive abzufallen. In der 5. Wahlperiode (1932/33) und der 6. Wahlperiode (1933) waren nur mehr 3 bzw. 2 Frauen unter den Abgeordneten.1896 Die meisten dieser Frauen gehörten der BVP an, doch 1920 war es Rosa Aschenbrenner, einer Frau aus dem „Bund sozialistischer Frauen,“ gelungen, einen Sitz für die USP zu erringen, nach einem Parteiwechsel im Januar 1920 vertrat sie im Bayerischen Landtag die KP bis 1932. Noch viel Zeit sollte vergehen, bis die erste Frau in einem bayerischen Kabinett saß.1897 Ellen Ammann, von 1919 bis 1933 Mitglied im Bayerischen Landtag, äußerte sich Ende der 20er Jahre enttäuscht über den wachsenden Widerstand der Männer in ihrer Partei „gegen eine dem Zahlenverhältnis ihrer weiblichen Wählerschaft entsprechenden Vertretung der Frauen in ihren eigenen Reihen.“1898 Sie zeigte sogar ein wachsendes Verständnis für Frauen, die deshalb eine Frauenpartei forderten. Das Frauenwahlrecht hatte nicht den erhofften Durchbruch gebracht. Während sich die meisten Frauen in eine Nische traditioneller Politikferne zurückzogen, waren die Enttäuschungen über die geringe politische Effektivität bei den aktiven Politikerinnen greifbar. Politik blieb in den Händen der Männer, politisch aktive Frauen blieben eine kleine Minderheit. Der Start der Frauen in die Politik glich somit einem politischen Kaltstart, der bei hohem politischen Energieverbrauch der Frauen zu einer geringen Effizienz geführt hatte. Die abrupte Einführung des Frauenstimmrechts hatte eine notwendige Phase eines politischen „Vorglühens“ verhindert, 316

die überraschende Plötzlichkeit des neuen politischen Status traf die Frauen unvorbereitet.1899 Dem Start mit Hindernissen folgte ein wenig robuster Aufschwung. Doch den Frauen war auch nur wenig Zeit geblieben. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten beendete die politischen Ambitionen der Frauen. Ab 1933 wurden viele frauenpolitische Errungenschaften wieder rückgängig gemacht, ein erklärtes nationalsozialistisches Ziel war die Vernichtung der Frauenbewegung.1900 Die nationalsozialistische Ideologie, die die Frauen vor allem wieder auf die Mutterrolle verwies, unterbrach den zaghaften Prozess politischer Emanzipation. Das Bild der Frau, welches die Nationalsozialisten entwarfen, entsprach in seinen Hauptzügen den konservativ-traditionellen Vorstellungen. Die Nationalsozialisten nutzten dabei bestehende Tendenzen aus, der Nährboden gerade in Bayern schien dafür besonders günstig zu sein. Die nationalsozialistischen Medien verstanden es gut, die Nachteile der Berufstätigkeit und die Fragwürdigkeit der politischen Gleichberechtigung herauszustellen. Die Ideologie des Nationalsozialismus bot den vom Kampf der politischen Gleichberechtigung enttäuschten Frauen und den durch die Wirtschaftskrise in Not geratenen Frauen Abhilfe.1901 Die Nationalsozialisten versprachen den Frauen, die sich aus Not in die Berufstätigkeit begeben hatten, ein Ende ihrer Berufsfron, „indem er (der Nationalsozialismus. A.K.) die Männer, die Väter auf eine gesicherte wirtschaftliche Basis stellt.“1902 Damit griffen die Nationalsozialsten auf ein Argument zurück, das bereits die bayerische SPD wie auch die BVP gern benutzten – und das auch die katholischen Arbeiterinnenvereine der BVP als politischen Auftrag mitgegeben hatte. Für alle vom Beruf und politischer Mündigkeit enttäuschten Frauen hielt die nationalsozialistische Ideologie eine „ehrenvolle“ Rolle als Hausfrau und Mutter bereit, die jedoch angereichert wurde durch eine nationalsozialistische Aufgabe einer „Reinerhaltung der Rasse:“ „Der Frau sollen also alle Möglichkeiten zur Entfaltung ihrer Kräfte offenstehen; aber über eines muß Klarheit bestehen: Richter, Soldat und Staatslenker muß der Mann sein und bleiben. In der Hand und in der Art der Frau liegt die Erhaltung unserer Rasse. Aus politischer Knechtung kann sich noch jedes Volk aufraffen, aus rassischer Verseuchung nicht mehr. Die Reinerhaltung der Rasse ist die heiligste und größte Aufgabe der Frau.“1903 Alle gescheiterten Bemühungen der Weimarer Zeit um eine gesellschaftliche, berufliche und letztendlich politische Gleichstellung der Frauen lösten wieder einen Rückgriff auf diese Ursprungsrolle der Frau als Mutter aus. Frauen in der Politik waren dagegen den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge, was vor allem die Sozialistinnen zu spüren bekamen. So erschien

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über Toni Pfülf, die bayerische Reichtstagsabgeordnete, folgender Artikel in der Zeitschrift „Der Stürmer:“ „A so a Weibsbild, schämt sich net, mit einem Bubikopf ans Rednerpult zu kommen. Gehen S’ heim, nehmen S’ an Schrubber und an Putzlumpen in d’ Hand und überlassen S’ das Politisieren den Mannsleuten.“1904 Viele Männer und Frauen in Bayern akzeptierten bereitwillig die Rückkehr zu den traditionellen Rollenbildern, die unpolitischen Träume von einer „heilen“ Welt wurzelten tief.1905 In einer tradierten Gesellschaftsordnung suchten und fanden Männer wie Frauen einen Halt in tradierten Familienstrukturen und Rollenmuster. Das Nachwirken der traditionellen Frauenrolle, also die konservative Seite weiblicher Identität, wurde nun von den Nationalsozialisten aufgegriffen und die verschiedenen frauenpolitischen Leitbilder mit den daraus entstandenen Unsicherheiten, Ängsten und Vorurteilen für ihre Zwecke nutzbar gemacht. Diese konservative Festlegung wirkte wie ein selbstreferentieller Zirkel, der vor allem bei einem Scheitern der neuen Frauenrolle das konservative Verhalten bestätigte und erneut rechtfertigte. Da die Erwartungen der Frauen im beruflichen oder auch politischen Umfeld nicht erfüllt wurden, blieb immer noch das traditionelle Familienbild und die von den Nationalsozialisten ausgegebene Parole „Emanzipation der Frau von der Frauenemanzipation!“1906 fiel wohl bei vielen bayerischen Frauen auf fruchtbaren Boden. Trotzdem kann im Rahmen dieser Arbeit die Frage, inwieweit die Frauen auf das traditionelle Rollenangebot des Nationalsozialismus und das verordnete Ideal der Hausfrau und Mutter reagierten, nicht beantwortet werden. Was der Faschismus für Frauen bedeutete, hing sicherlich u.a. von ihrer Religion, ihrer ethischen Herkunft, ihrer sozialen Situation und ihrer politischen Überzeugung ab. So hatten in München einige Frauen des Großbürgertums den Aufstieg Hitlers unterstützt, wie z.B. Erna Hanfstaengl und Elsa Bruckmann.1907 Im Hause „Bruckmann“ konnte er nach seinem mißglückten Putschversuch von 1923, der ihm eine kurze Festungshaft und Redeverbot einbrachte, privat auftreten und den großbürgerlichen Kreisen seine Ideen vermitteln. Elsa Bruckmann trug dazu bei, ihn salonfähig zu machen und knüpfte für ihn wichtige Verbindungen zur Großindustrie.1908 Dagegen versuchten andere Frauen, sich Hitlers Aufstieg entgegenzustellen. Pazifistinnen und Sozialistinnen leisteten Widerstand. Zu den Widerstandskreisen gerade in den letzten Kriegsjahren des Zweiten Weltkrieges gehörten viele Studentinnen der Universität und der Technischen Hochschule. Frauen fanden sich damit in Positionen zwischen Anpassung und Widerstand. Eine klare Antwort auf die Frage nach der Rolle, die Frauen bei dem Aufstieg von Hitler gespielt haben, kann deshalb auf keinen Fall gegeben werden. Frauen wie L. G. Heymann hatten sich jedoch

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bereits 1941 gegen die Behauptung gestellt, Frauen seien für den Aufstieg Hitlers verantwortlich.1909 Von der Perspektive der Emanzipation gesehen, war die nationalsozialistische Ideologie frauenfeindlich.1910 Trotzdem blieb das von der Revolution proklamierte Frauenstimmrecht unangetastet. Mit dem Frauenstimmrecht war ein politischer Raum für Frauen entstanden, in dem das Recht auf politisches Handeln für Frauen durch diese Institutionalisierung gefestigt wurde. Die Revolution hatte damit den Frauen dauerhaft einen Möglichkeitsraum eröffnet, auch wenn es historische Strömungen gab, die hier als emanzipatorische Schubumkehr wirkten. Die politische Aufbruchsbewegung der Frauen vollzog sich in einem sozialen Kontext, der auf einem patriarchalischen Fundament der Gesellschaft stattfand. Frauen traten erstmalig als politische Personen auf und meldeten ihre politischen Ansprüche an, trotzdem konnte die Aufgabe einer politischen Aufstiegsbewegung nicht durch den Willensentschluss einiger weniger Frauen erfüllt werden. Doch nur durch eine Pluralität politischen Handelns vieler Frauen entstehen dauerhafte Veränderungen, nur so können Mechanismen und Automatismen einer Gesellschaft mit tradierten geschlechtsspezifischen Rollenordnungen durchbrochen werden. Selbst wenn der neue Aufbruch zu politischem Handeln der Frauen immer wieder in Schleifen auf bestehende, behindernde Geschlechterverhältnisse zurückführte und nur kleine Erfolge zeitigte, war der politische Aufbruch der Frauen inmitten der Revolution 1918/19 eine revolutionäre Bewegung mit dem Anspruch einer radikalen und umfassenden Veränderung der Geschlechterverhältnisse.

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7 Anhang 7.1 Tabellen Tabelle 1: Lebensmittelkrawalle und Unruhen in Bayern während des Ersten Weltkrieges Datum

Ort

Vorfall

Januar 1915

Grafenwiesen

30. März 1916

Hof

17. Juni 1916

München

6. Juli 1916

Nürnberg

September 1916

Hof

Februar 1917

München

12. / 13. März 1917

Nürnberg

Der Bürgermeister von Grafenwiesen, einem Industriedorf in Niederbayern, wurde frühmorgens von 50 Arbeiterfrauen um Mehl für die Milchsuppe angegangen wurde.1911 Am 30. März 1916 versammelte sich vor dem Rathaus in Hof eine größere Anzahl von Frauen, um gegen die Streichung der zusätzlichen Brotmarken zu protestieren. Dabei war ein kleiner Trupp lärmend in das Rathaus eingedrungen, der jedoch von den herbeigeeilten Polizeibeamten wieder hinausgedrängt wurde. Ein dabei dem Magistrat übergebener Antrag zahlreicher Textilarbeiterinnen, die Zusatz-Brotmarken wieder zu gewähren, wurde von diesem abgelehnt.1912 Am 17. Juni 1916 kam es als Folge einer Umstellung in der Ausgabe der Brotkarten, die plötzlich im sechswöchigen statt bisher im vierwöchigen Turnus ausgegeben wurden, ohne dass die Rationen erhöht wurden, zu einer Ansammlung von Frauen vor dem Rathaus in München, weil sie ihre Ration für sechs Wochen bereits nach einem Monat verbraucht hatten und nun „eine Ergänzung des Brotbezuges“ verlangten. Zu den städtischen Frauen hatten sich Frauen aus dem Land gesellt, die eigens mit der Straßenbahn in die Stadt gefahren waren. Die Fenster des Rathauses wurden eingeworfen, der Marienplatz konnte nur durch den Einsatz von Polizei und Militär geräumt werden. Es kam zu Verhaftungen wegen groben Unfugs, Widerstand gegen die Staatsgewalt und versuchter Gefangenenbefreiungen. Unter den Verurteilten befanden sich vier Frauen, die zwischen sechs Wochen und drei Monaten bestraft wurden. 1913 Am 6. Juli 1916 kam es in Nürnberg zu einem Aufruhr, nach dem in den Geschäften Eier und Butter ausgegangen waren. Am frühen Abend standen zweihundert Frauen auf der Insel Schütt an, um Eier zu kaufen. Da es keine gab, beschlossen sie, sich beim Oberbürgermeister zu beschweren und zogen durch die Stadt vor dessen Wohnung. Fast gleichzeitig hatten einige hundert Menschen bei einem Kolonialwarengeschäft in der Rieterstraße wegen Butter angestanden. Als die Butter bereits nach einer halben Stunde ausverkauft war, erregten sich die Menschen, meist Frauen, so sehr, dass es zu krawallartigen Szenen kam. In kurzer Zeit hatte sich eine wütende Menschenmasse von etwa 2 000 Personen versammelt, Wachleute wurden mit Steinen, Pferdemist und Straßenkot beworfen. 1914 Anfang September 1916 kam es in Hof zu Aufläufen vor vielen Geschäften der Stadt. Der Mangel an Fleisch hatte zahlreiche Frauen veranlasst, schon in den frühesten Morgenstunden, teilweise schon ab 2 und 3 Uhr, sich vor Fleischerläden aufzustellen, um ein Stück Fleisch oder Wurst zu ergattern.1915 Im Februar 1917 wurden einzelne Münchener Geschäfte tagelang belagert, am 6. Februar 1917 standen 500 bis 600 Menschen vor dem Kolonialgeschäft Theodor Ruess in der Schillerstraße in München, tags darauf fanden sich vor dem Geschäft Bronberger 2000 Menschen im Tal ein.1916 In Nürnberg war es am 12. und 13. März 1917 zu einer zweiten Welle von Ernährungsunruhen gekommen. Wieder kam es zu Krawallszenen vor dem Rathaus und vor der Wohnung des Oberbürgermeisters Otto Geßler, bei der die Hauptunruhestifter

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August 1917

Weiden

April 1918

Tirschenreuth

Mai / Juli 1918

Hof

22.5.1918

Ingolstadt

Mai 1918

Erlangen

17. / 18. Juni 1918

München

Juli 1918

Furth

schimpfende Weiber waren, die Kartoffel und Brot forderten. Die meisten hatten ihre Brotmarken vorzeitig verbraucht und verlangten eine Vorziehung der nächsten Brotkartenausgabe. Da diese Forderung nicht erfüllt werden konnte, wurden die Fensterscheiben eines Bäckerladens eingeschlagen, der Polizei gelang es nur mit Mühe, die aufgebrachte Menge zu zerstreuen. Größte Schwierigkeiten verursachten dabei Soldaten, die sich auf die Seite der wütenden Frauenmenge schlug und bei der Räumung des Marktplatzes offenen Widerstand leisteten.1917 Anfang August 1917 kam es zu den wohl schwersten Unruhen in der Nördlichen Oberpfalz. Bei dem sog. „Weiberaufstand in Weiden“ hatten am Samstag, den 4. August 1917, einige Frauen vereinbart, beim Bürgermeister wegen einer Verbesserung der Ernährung vorstellig zu werden.1918 Doch dieser Weiberaufstand weitete sich im Laufe der nächsten Tage aus. Das Ergebnis dieses mehrtägigen Aufruhrs war ein Sachschaden von etwa 10 000 Mark, mehrere Amtspersonen waren verletzt worden.1919 95 Personen, darunter 49 Frauen wurden wegen Landfriedensbruch angeklagt.1920 In dem Strafverfahren wurde am 21. Mai 1918 das Urteil verkündet. Die Hauptbeteiligten wurden zu Gefängnisstrafen von 4 bis 6 Monaten verurteilt, für die übrigen Angeklagten wurden geringere Strafen, bis herab zu 1 Woche Gefängnis ausgesprochen, 20 Angeklagte wurden freigesprochen. Straferschwerend hatte sich „das grenzenlos brutale Verhalten der Zusammengerotteten“ ausgewirkt.1921 Vor allem die Frauen hätten durch ihr schlechtes Beispiel die unbesonnene Jugend mit sich fortgerissen. Im April 1918 hatten 80 Frauen beim Amtsvorstand des Bezirkes Tirschenreuth Klage geführt, wie in Weiden ging es um Lebensmittel. Doch der Aufmarsch verlief ruhig, größere Tumulte blieben aus.1922 Im Mai und Juli 1918 hatte sich in Hof eine Abteilung von Fabrikarbeiterinnen zum Rathaus begeben, eine Deputation sollte eine bessere Zuteilung von Brot und Butter erreichen.1923 In Ingolstadt kam es am 22.5.1918 zu Unruhen, weil Polizisten einen Kriegsinvaliden festgenommen und, weil er sich zur Wehr gesetzt hatte, verprügelt hatten. Es kam zu Steinwürfen gegen die Fenster des Rathauses, zu „gröblichsten Zerstörungshandlungen, zur Brandstiftung und zur Plünderung des Rathauses sowie einiger Geschäfte durch den die Lage beherrschenden Pöbel.“1924 Erst nach stundenlangem Toben und dem „kräftigen Einsatz militärischer Streifen konnten diese Ausschreitungen zur Ruhe gebracht werden.“1925 Schließlich wurden B-StoffHandgasbomben verwendet, die von Soldaten, die sich unauffällig unter die Menge gemischt hatten, an verschiedenen Plätzen innerhalb der Menge, ohne die Umstehenden irgendwie aufmerksam zu machen, zur Wirkung gebracht wurden. Infolge der sofort einsetzenden starken Reizung der Augenbindehäute und Atmungsorgane war die auf 1 000 bis 1 500 Menschen angewachsene Menge in wenigen Minuten zerstreut.1926 Von den 97 Verhafteten waren 35 Mädchen und Frauen, vorwiegend Arbeiterinnen.1927 In Erlangen schlossen sich im Mai 1918 bis zu 2000 Frauen und Jugendliche Soldaten an, die nicht mehr ins Feld rücken wollten.1928 Am 17. und 18. Juni 1918 warfen verzweifelte Frauen und Jugendliche in ihrer Aufgebrachtheit die Fenster des Münchner Rathauses ein. Eine mit Militär verstärkte Schutzmannschaft musste den Marienplatz räumen.1929 In Furth zogen im Juli 1918 etwa 200 Personen zum Rathaus, darunter viele Frauen, um gegen die Herabsetzung der Brot- und

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8. August 1918

Wunsiedel

August 1918

München

Mehlquote zu protestieren.1930 Am 8. August 1918 kam es schließlich in Alexanderbad bei Wunsiedel zu Ausschreitungen. Eine Anzahl Frauen versuchte, von ihren Kindern begleitet, die fremden Kurgäste zu vertreiben, wobei ein Gast verprügelt und die Fenster mehrerer Gastwirtschaften eingeworfen wurden.1931 Die Versorgungsschwierigkeiten führten in München am 7. und 12. August zu weiteren kleineren Demonstrationen von Arbeiterinnen und Hausfrauen.1932 Am 14. August gelang es der Polizei in München nur mit Mühe, eine Frauendemonstration zu zerstreuen, die sich vom Marienplatz in die Maximilianstraße bewegte. Berittene Polizei versuchte die 300-400köpfige Menge über die Isar zu drängen. „Nachdem sich besonders Widerspenstige an Denkmälern und in den Anlagen festsetzten und sich zahlreiche Kinder, die die Sache allgemein als Ulk betrachteten, noch herumtrieben, mußte gegen einzelne Stellen wiederholt vorgeritten werden.“1933 Es kam hier zwar zu einigen Verhaftungen, aber bezeichnenderweise kam die „Haupträdelsführerin“ ungeschoren davon, da die Polizei es nicht wagte, sie zu verhaften. Sie trug ein Baby auf dem Arm und „durch ihre gewaltsame Festnahme wäre mit einer Verletzung des Kindes zu rechnen gewesen und damit der Boden für eine größere Ausschreitung sicher geschaffen worden.“1934

Tabelle 2: Bayerische Mitgliederzahlen bei den Freien Gewerkschaften (Bereich Metallarbeiter) aufgeschlüsselt nach Geschlecht Jahr 1913 1914 1915 1916 1917 1918

Männliche Mitglieder

Weibliche Mitglieder

52 148 30 613 15 216 14 941 24 934 48 462

6 894 7 327 9 755 17 449

Zunahme der weiblichen Mitglieder gegenüber dem Vorjahr in % 6,2 33,13 78,87

Anteil der weiblichen Mitglieder an der Gesamtzahl in % 31,18 32,90 28,12 26,47

Quelle: Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern. Vierzehnter Jahrgang 1919, hrsg. v. Bayer. Statistischen Landesamt, München 1919: Tabelle Arbeiterverbände, a) Freie Gewerkschaften, Organisation Metallarbeiter, S. 286.

Tabelle 3: Bayerische Mitgliederzahlen bei den Christlichen Gewerkschaften (Bereich Metallarbeiter) aufgeschlüsselt nach Geschlecht Jahr

1913 1914 1915 1916 1917 1918

Männliche Mitglieder

Weibliche Mitglieder

3 659 2 267 1 536 1 573 3 045 5 748

292 213 226 319 1 965 1 872

Zu- bzw. Abnahme der weiblichen Mitglieder gegenüber dem Vorjahr

- 79 + 13 + 93 + 1 646 - 93

Anteil der weiblichen Mitglieder in %

7,3 8,6 12,8 16,9 39,2 24,6

Quelle: Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern. Vierzehnter Jahrgang 1919, hrsg. v. Bayer. Statistischen Landesamt, München 1919: Tabelle Arbeiterverbände, b) Christliche Gewerkschaften, Organisation Metallarbeiter, S. 294.

322

Tabelle 4: Weiblicher Mitgliederzahlen der SPD in Bayern von 1914 bis 1917 Agitationsbezirke

Weibliche Mitgliederzahlen 1914

1915

1916

1917

Nordbayern

4 927

1 214

1 060

904

Südbayern

3 292

3 019

2 993

2 834

903

478

321

199

9 122

4 711

4 374

3 937

Pfalz Gesamt

Quelle: Evans, Richard J.: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich, Tabelle 26, S. 341.

Tabelle 5: Wahlbeteiligung in Bayern nach Geschlecht und Regierungsbezirken (Landtagswahlen Januar 1919) Regierungsbezirk Oberbayern Niederbayern Pfalz Oberpfalz Oberfranken Mittelfranken Unterfranken Schwaben

Wähler 380 874 148 831 207 433 131 564 145 888 227 054 169 251 187 975

Anteil der Männer 87,0 86,0 85,2 86,4 88,1 88,3 87,2 87,1

Wählerinnen 438 501 165 940 219 630 152 709 175 585 272 155 192 370 215 158

Anteil der Frauen 87,9 79,1 77,6 87,0 86,6 89,5 86,7 88,9

Quelle: Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 604.

Tabelle 6: Weibliche Arbeitskräfte über 16 Jahre in den der bayerischen Gewerbeaufsicht unterstellten Betrieben für die Jahre 1912, 1917 Aufsichtsbezirk

Erwerbstätigkeitsquote der

Erwerbstätigkeitsquote der

Frauen 1912

Frauen 1917

18,93

42,2

Niederbayern

20,1

29,18

Pfalz

17,2

32,66

Oberpfalz

16,5

30,46

Oberfranken

29,6

53,06

Mittelfranken/Nürnberg-

29,5

53,08

Unterfranken

14,6

35,78

Schwaben

27,9

46,01

Oberbayern/München

Fürth

Quelle: Staatsministerium für soziale Fürsorge (Hrsg.): Die Jahresberichte der Bayerischen Gewerbeaufsichtsbeamten, dann der Bayerischen Bergbehörden 1914-1918, München o. J., S. 20 und S. 61. Eigene Berechnung auf Grund der vorliegenden Zahlenwerte.

323

Tabelle 7: Weibliche Erwerbstätige nach Regierungsbezirken und Berufsabteilungen, 1916 Regierungsbezirk /

Landwirtschaft

Industrie

Handel u. Verkehr

Häuslicher Dienst

Wahlbeteiligung %

Gesamt

Absolut / Anteil %

Absolut / Anteil %

Absolut / Anteil %

Absolut / Anteil %

Oberbayern / 87,9

113 251 / 49,2

57 682 / 25,1

47 190 / 20,5

11 990 / 5,2

230 113

Niederbayern / 79,1

105 843 / 83,2

11 281 / 8,9

8 744 / 6,8

1 388 / 1,1

127 256

Oberpfalz / 87

69 099 / 78,8

11 423 / 13,0

6 068 / 6,9

1 449 / 1,3

87 717

Oberfranken / 86,6

59 907 / 58,5

33 541 / 32,8

7 683 / 7,5

1 226 / 1,2

102 357

Mittelfranken / 89,5

59 645 / 44,1

52 566 / 38,9

19 399 / 14,3

3 645 / 2,7

135 255

Unterfranken / 86,7

77 794 / 73,3

18 178 / 17,1

8 302 / 7,8

1 855 / 1,8

106 129

Schwaben / 88,9

85 138 / 64,7

32 482 /24,7

11 789 / 9,0

2 052 / 1,6

131 461

Pfalz / 77,6

45 738 / 44,8

40 898 / 40,1

12 298 / 12,0

3 149 / 3,1

102083

Quelle: Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern. Vierzehnter Jahrgang 1919, hrsg. v. Bayer. Statistischen Landesamt, München 1919: Tabelle: Die erwerbstätige Bevölkerung nach Regierungsbezirken und Berufsabteilungen 1916, S. 37. Die Prozentzahlen wurden selbst ermittelt.

Tabelle 8: Weibliche Wahlbeteiligung innerhalb der verschiedenen Regierungsbezirken nach städtischen und ländlichen Stimmkreisen aufgeschlüsselt Regierungsbezirk

Stimmbezirk

Niederbayern

Deggendorf Stadt

80,4

Deggendorf Land

74,1

Passau Stadt

87,3

Passau Land

74,1

Oberpfalz

Oberfranken

Mittelfranken

Unterfranken

Schwaben

Weibliche Wahlbeteiligung in %

Regensburg Stadt

91,58

Regensburg Land

85,61

Amberg Stadt

91,7

Amberg Land

92,0

Hof Stadt

90,5

Hof Land

83,9

Bamberg Stadt

91,3

Bamberg Land

87,5

Erlangen Stadt

92,3

Erlangen Land

87,8

Nürnberg I

92,9

Schwabach Stadt

95,11

Schwabach Land

86,0

Würzburg II

91,9

Würzburg Land

87,1

Aschaffenburg Stadt

90,4

Aschaffenburg Land

83,8

Augsburg II

93,1

Augsburg Land

88,4

324

Oberbayern

Pfalz

Lindau Stadt

92,4

Lindau Land

84,5

München XII

90,0

München Land

85,6

Rosenheim Stadt

84,1

Rosenheim Land

84,5

Ludwighafen Stadt I

76,5

Ludwigshafen Amtsbezirk

79,9

Quelle: Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, Tabelle VIII: Abstimmung innerhalb der Stimmbezirke, S. 676 ff. Selbstgewählte Stichprobe aus den vorliegenden Stimmkreisen, weibliche Wahlbeteiligung selbst errechnet auf Grund der vorliegenden Zahlen von weiblichen Wahlberechtigten und Wählern.

Tabelle 9: Die Bevölkerung nach dem Religionsbekenntnis (Katholiken / Protestanten), aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, bezogen auf jeweils 100 Einwohner Regierungsbezirk /

Katholiken

Protestanten

Oberbayern / 87,9

91,06

7,47

Niederbayern / 79,1

98,91

0,97

Pfalz / 77,6

44,28

54,07

Oberpfalz / 87

91,74

7,94

Oberfranken / 86,6

42,76

56,65

Mittelfranken / 89,5

26,99

70,88

Unterfranken / 86,7

80,43

17,74

Schwaben / 88,9

86,04

13,32

Weibliche Wahlbeteiligung in %

Quelle: Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern. Vierzehnter Jahrgang 1919, hrsg. v. Bayer. Statistischen Landesamt, München 1919, Tabelle: Die Bevölkerung nach dem Religionsbekenntnis 1875-1910, S. 16. Die Statistik erfasste noch andere Bekenntnisse, die hier nicht aufgenommen wurden. Deshalb ergeben die Prozentzahlen nicht 100 %. Zudem wurden zum Vergleich mit der Wahlbeteiligung die prozentualen Wahlbeteiligungen je Regierungsbezirk von mir eingefügt.

Tabelle 10: Wahlen zur deutschen Nationalversammlung in Bayern: Frauen als Wahlberechtigte, Wähler unter Berücksichtigung ihres Alters Frauen in ganz Bayern Wahlberechtigte Wählerinnen Anteil der Wählerinnen

20 Jahre

21-25 Jahre

25 u. mehr

zusammen

63 825 / 3%

303 098 / 14%

1 789 943 / 83 %

2 156 866 / 100%

51 994

248 122

1 455 599

1 755 715

81,46%

81,86%

81,3%

81,4%

Quelle Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern. Vierzehnter Jahrgang 1919, hrsg. v. Bayer. Statistischen Landesamt, München 1919, S. 578.

325

Tabelle 11: Die durch die Stichprobe erfassten Regierungsbezirke, aufgeschlüsselt nach der durch die Stichprobe erfassten WählerInnen Gesamtzahl

Oberbayern

Niederbayern

Oberpfalz

Oberfranken

Mittelfranken

Unterfranken

Schwaben

Durch die Stichprobe erfassten Wähler und Wählerinnen Männer

26 628

1 518

25 750

1 502

6 467

4 147

3 171

Frauen

29 518

2 009

34 929

1 810

8 237

5 530

4 323

insgesamt

56 146

3 527

60 679

3 312

14 704

9 677

7 494

284 065

321 473

499 568

361 621

413 545

2,94

2,68

1,8

Wähler und Wählerinnen insgesamt insgesamt

808 963

314 620

Anteil der durch die Stichprobe erfassten Wähler und Wählerinnen in % 6,94

1,12

21,36

1,03

Quelle: Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 601 ff. Eigene Auswertung des zur Verfügung stehenden Materials.

Tabelle 12: Ergebnisse der geschlechterbezogenen Auswertung für die BVP in % nach den Regierungsbezirken Geschlecht

Oberbayern

Niederbayern

Oberpfalz

Oberfranken

Mittelfranken

Unterfranken

Schwaben

Männer

30,9

33,2

41,6

29,7

9,9

39,5

13,1

Frauen

50,1

53,2

59,6

40,0

13,3

54,5

19,6

Quelle: Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, Tabelle XI a, Sonderzusammenstellung für sämtliche Stimmbezirke, in denen Männer und Frauen gesondert wählten, S. 874 ff.

Tabelle 13: Ergebnisse der geschlechterbezogenen Auswertung für die SPD in % nach den Regierungsbezirken Geschlecht

Oberbayern

Niederbayern

Oberpfalz

Oberfranken

Mittelfranken

Unterfranken

Schwaben

Männer

47,4

35,5

39,4

54,9

46,2

23,5

44,8

Frauen

32,3

24,6

24,1

42,9

32,2

15,6

32,1

Quelle: Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, Tabelle XI a, Sonderzusammenstellung für sämtliche Stimmbezirke, in denen Männer und Frauen gesondert wählten. S. 874 ff.

326

Tabelle 14: Weibliche Mitglieder in den einzelnen sozialdemokratischen Agitationsbezirken in Bayern für die Jahre 1914, 1918 und 1919 Agitationsbezirk

Weibliche Mitgliederzahlen der SPD 1914

1918 (31.3.)

1919 (31.3.)

Nordbayern

4 927

1 574

4 932

Südbayern

3 292

3 492

-

903

256

378

Pfalz

Quellen: Für das Jahr 1914: Fricke, Dieter: Zur Organisation und Tätigkeit der deutschen Arbeiterbewegung (1890-1914). Dokumente und Materialien, Leipzig 1962, S. 82. Für die Jahre 1918 und 1919: Protokoll über die Verhandlung des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten in Weimar vom 10. bis 15. Juni 1919, S. 54.

Tabelle 15: Ergebnisse der geschlechterbezogenen Auswertung für die DDP in % nach den Regierungsbezirken Geschlecht

Oberbayern

Männer Frauen

Niederbayern

13,2 11,8

Oberpfalz

5,5 3,6

Oberfranken

Mittelfranken

Unterfranken

9,6 9,0

32,7 34,8

22,9 21,7

15,1 13,3

Schwaben

34,7 40,6

Quelle: Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, Tabelle XI a, Sonderzusammenstellung für sämtliche Stimmbezirke, in denen Männer und Frauen gesondert wählten, S. 874 ff.

Tabelle 16: Ergebnisse der geschlechterbezogenen Auswertung für die USP in % nach den Regierungsbezirken Geschlecht

Oberbayern

Männer Frauen

Niederbayern

2,3 0,9

Oberpfalz

0,1 0,03

Oberfranken

Mittelfranken

Unterfranken

0,4 0,2

0,02 0,01

12,0 7,1

1,5 0,6

Schwaben

0,1 0,1

Quelle: Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, Tabelle XI a, Sonderzusammenstellung für sämtliche Stimmbezirke, in denen Männer und Frauen gesondert wählten, S. 874 ff.

Tabelle 17: Frauen in kommunalen Arbeiter- Soldaten- und Bauernräten in Bayern Ort, Räteorgan

Name

Anmerkungen

München, Arbeiterrat

Hedwig Kämpfer (USP)

Auf einer Namensliste des Arbeiter-Rates der Stadt München, ohne Datum und weiterer Hinweise, wurden unter den 52 genannten Personen drei Frauen genannt, an 5. Stelle Frau Kämpfer (USPD), an 6. Stelle Frau Gärtner1935 (USPD) und an 40. Stelle Frau Losem (USPD).1936 Diese Namensliste tauchte dann in einem Artikel in dem bayerischen Kurier Nr. 333 vom 30. November 1918 auf mit dem Kommentar, dass es sich bei diesen Personen um eine „ausgesprochene Eisnergarde“ handelt, „anscheinend von ihm selbst gewählt. Wie uns Kenner der Personen versichern, sind es durchweg Namen von Unabhängigen, von den gewerkschaftlich organisierten Arbeitern ist kaum einer dabei.“1937 Auf einer konstituierenden Sitzung des Münchener Arbei-

Viktoria Gärtner (USP) Agnes Losem (USP) Frl. Demmel (Vorname unbekannt) Antonie Pfülf (SPD) Sofie Setzer Maria Eichermann Maria Froxler Emma ?auber

327

Nürnberg, ASR

Frau Hartl (USP) (Vorname unbekannt) Helene Grünberg (SPD)

Augsburg, ASR

Lilly Prem (USP)

Pasing, Arbeiterrat

Marie Wintersberger Anna Grassel Frau Nussel (Vorname unbekannt)

terrates am 7.12.1918 wurden 400 Arbeiterräte gewählt, die Wählerbasis bildeten die Betriebe und Berufsorganisationen in München; 50 Mitglieder des Revolutionären Arbeiterrates wurden korporativ aufgenommen, unter ihnen Frau Hedwig Kämpfer. Zu den gewählten Mitgliedern gehörten Frl. Demmel, Frau Pfülf und Dr. Kämpf, bei der es sich mit großer Sicherheit um Frau Dr. Rosa Kempf handelte.1938 Zwei Dokumente aus dem Bestand der Arbeiter- und Soldatenräte verweisen auf weitere drei Frauen, die als Arbeiterrätinnen in den Münchener Arbeiterrat gewählt wurden: Fräulein Emma ?auber1939 und Frl. Maria Froxler, und Maria Eickermann aus dem Kaufmännischen Verein für weibliche Angestellte.1940 Bei der konstituierenden Sitzung am 7.12.1918 wurde eine neunköpfige Vorstandschaft des Münchener Arbeiterrates gewählt, der Frau Kämpfer als Mitglied des Revolutionären Arbeiterrates als 3. Schriftführerin angehörte.1941 In einer Sitzung am 27. Dezember 1918 wurde eine neue Vorstandschaft des Münchener Arbeiterrates gewählt, die als Vollzugsausschuß bezeichnet wurde. Bei diesen Neuwahlen wurde Frau Setzer als Vertreterin der gewerkschaftlich orientierten Arbeiter und Frau Kämpfer als Vertreterin des Revolutionären Arbeiterrates gewählt.1942 Als Ergebnis der endgültigen Konstituierung des Vollzugsausschusses des Münchener Arbeiterrates Anfang Januar 1919 wurde auf der 5. Sitzung des Münchener Arbeiterrates die personelle Organisation festgelegt. Als 3. Vorsitzende wurden hier Frau Setzer genannt, als 1. Schriftführerin Frau Kämpfer eingesetzt.1943 Am 9. November wurde in Nürnberg ein 30köpfiger Arbeiter- und Soldatenrat von den Funktionären der USP und der SPD gebildet, dem zwei Frauen angehörten: Frau Hartel (USPD) und Frau Grünberg (SPD).1944 Ab 27. Januar 1919 war Frau Grünberg bereits ausgeschieden,1945 im September 1919 gehörte auch Frau Hartl nicht mehr dem Nürnberger Arbeiterrat an.1946 Lilly Prem war 1897 in Augsburg geboren und legte als damals einzige Frau in Deutschland, die Bürstenmachergesellenprüfung ab. Die als hübsch und intelligent beschriebenen junge Frau hatte den wegen Straßenraubs vorbestraften Georg Prem geheiratet, der sich nach dem 1. Weltkrieg der Spartakisten-Bewegung anschloss. Auch Georg Prem gehörte dem Augsburger Arbeiter- und Soldatenrat an, beide waren aktiv an der Räterevolution beteiligt. 1947 Die Wahl des Arbeiterrates für die Stadt Pasing fand am 20. November 1918 durch den Gewerkschafts-Verein Pasing statt. Unter den 15 Arbeiterräten befanden sich zwei Frauen: Marie Wintersberger, Pasing (Papierfabrik) und Anna Grassel, Pasing.1948 In der Nacht vom 21. auf 22. Februar 1919 hatte in Pasing sich ein provisorischer Rev. Vollz. Rat gebildet, der am 22. 2. in einer

328

Kempten, ASR

Aurelie Deffner (SPD) Lina Hauser Anna Schmidt

Düllstadt, Bauernrat

Maria Rodamer

Regensburg, Arbeiterrat

Marie Höhne

Schwarzhofen,

Babette Urban

Bezirksbauernrat

Mering,

Therese Linseneisen

Arbeiter- und Bauernrat

Alling, Arbeiterrat

Frau Mark (Vorname unbekannt)

Starnberg, Arbeiterrat

Frau

Reitmaier

(Vorname

unbekannt)

Gauting, Arbeiterrat

Frau Vilseck (Vorname unbekannt)

Lindau, ASR

2 namentlich nicht genannte Frauen

Volkach,

Babetta Benz

Arbeiter- und Bauernrat Würzburg,

Frau Dr. Grosse (Vorname

öffentlichen Versammlung gewählt wurde. Unter den 21 Genossen befand sich Frau Nussel.1949 In Kempten gehörte Frau Deffner (SPD) bereits im Dezember 1918 dem dortigen Arbeiter-, Soldaten und Bauernrat an,1950 ihr Mann Wilhelm Deffner war Vorsitzender dieses Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrates und wurde in den provisorischen Nationalrat gewählt.1951 Dem AR Kempten gehörten ab April 1919 ebenfalls zwei Frauen an, die vom AR Kempten als Vertrauenspersonen des AR bei der Verwaltung bestimmt worden waren: für den Kommunalverband Stadt Frau Hauser und für den Kommunalverband Land Frau Schmidt.1952 Im Verzeichnis der gemeindlichen Bauernräte des Bezirksamtes Gerolzhofen wurde eine Frau Rodamer für den Ort Düllstadt aufgeführt.1953 Dem AR Regensburg gehörte seit 19.1.1919 die Schreinerswitwe Frau Höhne an.1954 Von dem oberpfälzischen christlichen Bauernrat als einer der größten rein bäuerlichen Standesorganisationen in der Oberpflaz wurden in der am 1. Dezember 1918 in Schwarzhofen stattgefunden Versammlung 24 Personen in den Bezirksbauernrat gewählt, darunter Frau Urban, Hebamme und Näherin in Schwarzhofen.1955 In den am 24.2.1919 gewählten Arbeiter- und Bauernrat in Mering wurde Frau Linseneisen als Mitglied des Arbeiterrates gewählt.1956 Eine Neuwahl war erforderlich geworden, da sich der alte Arbeiter- und Bauernrat durch „Untätigkeit“ ausgezeichnet hatte. Da sich die Bevölkerung von Mering „die Segnungen der Revolution nicht weiter entreisen lassen will“ sah man sich gezwungen „mit eisernem Besen auszukehren um aufbauende Arbeit beginnen zu können.“1957 Auch in Alling, einem Ort in der Nähe von Fürstenfeldbruck (Oberbayern), wurde ein neuer Arbeiterrat im Februar 1919 gebildet, laut einem Schreiben vom 19. Februar gehörte Frau Mark dem fünfköpfigen Arbeiterrat an.1958 Am 26. Februar 1919 wurde nach dem Generalstreik aus Protest gegen die Ermordung Kurt Eisners der in Starnberg gebildete „Provisorische Arbeiterrat“ auf 15 Mitglieder erweitert und in „Revolutionärer Arbeiterrat“ umbenannt. Diesem RAR gehörte die Monteursfrau Reitmaier an.1959 Frau Vilseck war im April 1919 Mitglied des AR Gauting.1960 Nachdem am 7. April der SR Lindau die Verwaltung der Stadt übernommen hatte, wurde in einer Versammlung die Aufnahme von Frauenräten in den ASR beschlossen. Darauf erhielten zwei namentlich nicht genannte Frauen einen Sitz im ASR.1961 Mitglied des Arbeiter- und Bauernrates in Volkach Ende April 1919 war die Damenschneiderin Babetta Benz.1962 In dem Würzburger Rat geistiger Arbeiter wurde Frau Dr. Grosse zur 2. Vorsitzenden gewählt.1963

329

Rat geistiger Arbeiter

unbekannt)

Dieser Würzburger Ortsgruppe war innerhalb der kommunistischen Partei in Würzburg gegründet worden und verstand sich als ein Instrument zur Verwirklichung der Räteherrschaft. Diese Gruppierung war ausersehen, an Stelle der Beamten die Geschäfte weiterzuführen, falls diese aus Protest gegen den geplanten kommunistischen Generalstreik, der den Sturz der Regierung Scheidemann bezweckte, in den Ausstand treten sollten. Dieser Würzburger Rat geistiger Arbeiter sollte also die Funktionstüchtigkeit der Räteherrschaft untermauern und hatte damit nicht ganz die Ausrichtung und die Motive, die Professor Lujo Brentano im November 1918 bei der Einrichtung einer „Intellektuellen-Organisation“ im Auge hatte. Frau Dr. Grosse hatte sich in einem mehrseitigen Brief im März 1919 mit einem Missstand in Würzburg an den Zentralrat gewandt, der jedoch mit der Bitte, sich um diese Angelegenheit zu kümmern, diesen an den Arbeiterrat in Würzburg weiterleitete.1964

Tabelle 18: Weibliche Mitglieder in bayerischen überregionalen Rätegremien, einschließlich dem Rätekongress in München Rätegremium

Name

Anmerkungen

Revolutionärer

Hedwig Kämpfer

Arbeiterrat

Viktoria Gärtner

Das erste Gremium der Arbeiterräte in Bayern war zunächst der in der Revolutionsnacht im Malthäserbräu in München gebildete Arbeiterrat, der erste Arbeiterrat, der in Bayern ins Leben gerufen wurde. Dieses Rätegremium war der Revolutionäre Arbeiterrat, gebildet zunächst von und aus den aktivsten Teilnehmern am Umsturz.1965 Daraus leitete der Revolutionäre Arbeiterrat eine Art Avantgarde-Bewusstsein ab, unterstützt dabei von Kurt Eisner, der darin eine „Art Jakobinerclub“ darstellte, gegen den kein Parlament mehr regieren könne.1966 Dieses Gremium verstand sich zunächst auch als Vertreter der Münchener Arbeiter und damit als örtlicher Arbeiterrat. Die Entwicklung der Mitgliedschaft im Revolutionären Arbeiterrat ist nur in Ansätzen zu verfolgen.1967 Nach einem undatierten Verzeichnis aus den Akten des Bayerischen Hauptstaatsarchivs, das sich wohl auf die Lage des Revolutionären Arbeiterrates (RAR) zwischen dem 9. Und 15. November bezieht, da Landauers Name darin noch nicht vorkommt, bestand der RAR aus 25 Personen, Frauen waren dabei nicht aufgeführt.1968 Dass Hedwig Kämpfer jedoch bereits zu dieser Zeit gleichsam zur revolutionären Elite gehörte, zeigt ein Ausweis vom 8.11.1918, der den Gefreiten Kister berechtigte, für den Arbeiter- und Soldatenrat das Grenzschutzbataillon des 1. Reserve-Infanterie-Regiments als Soldatenrat zu vertreten. Dieser Ausweis trug die Unterschriften von Fritz Sauber, dem Vorsitzenden des Soldatenrates, von Kurt Eisner als Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates und Hedwig Kämpfer (USP) als Mitglied im Arbeiterrat.1969 In den folgenden Tagen wuchs dann dieser Revolutionäre Arbeiterrat auf insgesamt 50 Personen an. Ein ebenfalls undatiertes Verzeichnis, das sich wahrscheinlich auf die Zeit zwischen etwa Mitte November und dem 18. November bezieht1970, führt unter den 50 Mitgliedern die Namen von zwei Frauen auf: Hedwig Kämpfer (Geburtsdatum 29.VII.1884, Posen, Preußen, verheira-

330

tet mit dem Handlungsgehilfen Richard Kämpfer, wohnhaft in München, Dreimühlenstraße 20/1) und Viktoria Gärtner (Geburtsdatum 31. VIII. 1983, München, verheiratet mit Alfred Gärtner, Kontorist, Assistent der Ortskrankenkasse München, ebenfalls Mitglied in dieser Liste).1971 Aktionsausschuss

Hedwig Kämpfer

Landesarbeiterrat

Hedwig Kämpfer

Provisorischer

Dr. Anita Augspurg

Am 28.11.1918 wurde ein neues Rätegremium gebildet, der Aktionsausschuß, der als Koordinationsstelle für die Arbeiter-, die Bauern- und Soldatenräte gedacht war bzw. die Aktionen der drei Räte aufeinander abstimmen sollte. Das Gremium sollte je 7 Vertreter der jeweiligen Räte umfassen, Hedwig Kämpfer gehörte der 7-köpfigen Vertretung des Arbeiterrates an, ihr Ehemann Richard Kämpfer der Vertretung des Soldatenrates.1972 Am 29. 11.1918 wählte der Aktionsausschuß einen Vorstand aus seinen eigenen Reihen, Hedwig Kämpfer wurde als 1. Schriftführerin eingesetzt. Bei der Tagung von Vertretern der Arbeiterräte aus ganz Bayern im November 1918 sollten Delegierte aus den acht Regierungsbezirken, damals Kreise genannt, teilnehmen. Die Auswahl der Delegierten war den jeweiligen Arbeiterräten vorbehalten, die Anzahl abhängig von der Bevölkerungszahl festgelegt.1973 210 Delegierte waren vorgesehen, schließlich fanden sich jedoch 280 Delegierte ein.1974 Toni Pfülf (MSP) hatte als Delegierte des Münchener Arbeiterrates daran teilgenommen und erwähnte in einem Redebeitrag fünf teilnehmende Frauen.1975 Von diesen fünf Frauen sind zunächst die Vertreterinnen des Münchener Arbeiterrates bekannt, neben Toni Pfülf Frl. Demmel und Dr. Rosa Kempf.1976 Auf dieser Tagung wurden die zukünftigen Spitzengremien der bayerischen Arbeiterräte bestimmt, der zentrale Arbeiterrat, der dann später als „Landesarbeiterrat“ bezeichnet wurde, und der Vollzugsrat der Arbeiterräte.1977 Der Landesarbeiterrat sollte aus 50 Arbeiterräten bestehen, die in den provisorischen Nationalrat eintreten sollten. Von diesen 50 Arbeiterräten wurden dem Revolutionären Arbeiterrat 10 Vertreter für das provisorische Parlament zugebilligt, als symbolischen Zeichen dafür, dass Leute, die bei der Revolution mitgewirkt oder sie bereits in der Vorbereitung unterstützt haben, in dem provisorischen Nationalrat vertreten sein sollten.1978 Zu dieser Gruppe gehörte Hedwig Kämpfer. Die anderen 40 gewählten Mitglieder des Landesarbeiterrates wurden durch die Teilnehmer an der Tagung der bayerischen Arbeiterräte gewählt, in dieser Gruppe befand sich keine einzige Frau. Hedwig Kämpfer, Kaufmannsgattin, war damit einziges weibliches Mitglied im Landesarbeiterrat.1979 Verein für Frauenstimmrecht

Nationalrat

Hedwig Kämpfer

Landesarbeiterrat

Aloisia Eberle

Bezirksverband der Katholischen Arbeiterinnenvereine

Helene Sumper

Bayerischer Lehrerinnenverein

Marie Sturm

Verein katholischer Lehrerinnen

Luise Kiesselbach

Rat geistiger Arbeiter

Emilie Mauerer

Sozialdemokratischer Frauenverein München

Dr. Rosa Kempf

Hauptverband der bayerischen Frauenvereine

vom 28.11.1918

Kongress der Arbei-

L. G. Heymann

ter-,

Dr. Anita Augspurg

Bauern-

und

Soldatenräte Bayerns

Hedwig Kämpfer

331

in München (25.2.

Thekla Egl

bis 8.3.1919)

Sophie Steinhaus Sophie Setzer

Aktionsausschuss

Frl. Remolt (Vor-

vom 13.4.1919

name unbekannt)

Dieser am 13.4.1919 von einer Versammlung der Betriebs- und Soldatenräte gewählte Aktionsausschuss, bestehend aus 15 Mitgliedern, war zunächst nur provisorisch gedacht. In einer Sitzung am 16. April erfolgte eine Erweiterung des Aktionsausschusses durch eine Zuwahl durch die Versammlung der Betriebs- und Soldatenräte. Ursprünglich sollten weitere 15 Mitglieder gewählt werden, dabei waren wohl nur Männer vorgeschlagen worden. Ein ungenannter Redner hatte daraufhin angefragt, ob nicht auch Frauen gewählt werden könnten. Offenbar wurde dann über eine weitere – weibliche – Kandidatur abgestimmt. Nach dem Ergebnis einer Einzelabstimmung wurden dann 16 Personen gewählt, unter denen sich eine Genossin Burger befand.1980 Da jedoch Genossin Burger die Wahl abgelehnt hatte, wurde Frl. Remolt gewählt und war damit ab dem 16.4.1919 Mitglied des Aktionsausschusses. Dieser Aktionsausschuß war das hauptsächliche Regierungsorgan der kommunistischen Räterepublik, bei ihm lag die Ausübung der Staatsgewalt.1981

Tabelle 19: Frauen in revolutionären Ausschüssen und Kommissionen Kommission/Ausschuss

Name

Erziehungskommission

L. G. Heymann

Kommission für Gesundheitswesen

Dr. Hildegard Menzi

Kommission zur Untersuchung der Zustände und Behandlungsart in Untersu-

L. G. Heymann

chungsgefängnissen und Fürsorgeanstalten

Dr. Anita Augspurg

Einigungskommission (Rätekongress)

Dr. Anita Augsburg

Wirtschaftskommission

Frl. Erlewein

Revolutionstribunal, München

Hedwig Kämpfer Rosa Aschenbrenner Mathilde Baumeister

Kommission zur Bekämpfung der Gegenrevolution

Toni Gernsheimer

Politische Kommission „Geheimdienst“

Frau Remolt

Kommission „Kriminelle Gerichtsbarkeit“

Genossin Eisner

Propaganda-Ausschuss

Dr. Frieda Rubiner

Revolutionärer Hochschulrat

Gertraud Kästner

Sozialistischer Studierendenausschuss der Akademie der Tonkünste

Hannah Merklin Liesel Thoma Philippine Schick

Aktionsausschuss revolutionärer Künstler

Lessi Sachs

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Tabelle 20: Verzeichnis der Personen, die sich auf Grund eines Schutzhaftbefehls ge. Mil.Min. Erlass v. 10.5.19 in militärischer Schutzhaft befinden (Stand 17.7.1919 bzw. 21.8.1919) Name / Zeitpunkt der Verhaftung

Grund

Blass Anna, 5.6.1919

Pol. bedenkliche Persönlichkeit

Brand Sophie, 5.6.1919

Zugehörigkeit zum Großstadtgesindel

Brandmaier, Marie, 1.6.19



Eser Franziska, 15.6.19



Fischer Therese, 8.7.19

Pol. bedenkliche Persönlichkeit

Hirschauer, Maria, 1.6.1919

Zugehörigkeit zum Großstadtgesindel

Huber, Therese, 5.6.1919

Dto

Hofmann Magdalena, 4.6.1919

Dto

Hartinger Walburga, 20.6.1919

Dto

Hahn, Anna, 5.7.1919

Gefahr für die öffentliche Sicherheit

Hoffertbert, Katharina, 5.7.1919

Dto

Litzlfelder Rosa, 3.6.1919

Dto

Oettl, Frieda, 3.6.1919

Dto

Pirk, Eugenie, 5.6.1919

Dto

Pfoffinger, Katharina, 16.6.1919

Dto

Reiner, Berta, 11.6.1919

Dto

Rieder, Maria, 2.7.1919

Dto

Striedl, Katharina, 30.6.1919

Dto

Weber, Martha, 30.5.1919

Dto

Winter, Stephanie, 25.6.1919

Dto

Quelle: BayHStA: MA 102 017, Allgemeines, Verzeichnis der Personen, die sich auf Grund eines Schutzhaftbefehls ge. Mil.Min. Erlass v. 10.5.19 in militärischer Schutzhaft befinden (Stand 17.7.1919 bzw. 21.8.1919).

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Tabelle 21: Liste der weiblichen Mitglieder im Bayerischen Landtag von 1920 bis 1933 2. Wahlperiode 1920-1924 Ellen Ammann, BVP Lina Ammon, SPD Rosa Aschenbrenner, USPD/KPD Klara Barth, BVP

3. Wahlperiode 1924-1928 Ellen Ammann, BVP Lina Ammon, SPD Rosa Aschenbrenner, KPD Klara Barth, BVP

4. Wahlperiode 1928-1932 Ellen Ammann, BVP Lina Ammon, SPD Rosa Aschenbrenner, KPD Gertraud Wolf, BMP

Wahlperiode 1932/1933 Ellen Ammann, BVP Lina Ammon, SPD Klara Barth, BVP

Wahlperiode 1933 Lina Ammon, SPD Klara Bart, BVP

Aloisia Eberle, BVP Maria Gebsattel, BVP Käthe Günther, DDP Gertraud Wolf, BMP Quelle: Auszug aus der Liste der Mitglieder des Bayerischen Landtages. URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Mitglieder_des_Bayerischen_Landtages (26. Februar 2016, 15:13 Uhr).

7.2 Kurzbiographien Rosa Aschenbrenner Rosa Aschenbrenner, geborene Rosa Lierl, wurde 1885 in Beilngries/Oberpfalz als Tochter eines Uhrmachers und Landwirtes geboren.1982 Nach dem Besuch der Volksschule arbeitete sie zunächst als Dienstmädchen und schloss sich 1908 dem Frauen- und Mädchenbildungs-Verein in München an. Sie heiratete 1909 den Arbeiter Hans Aschenbrenner, gemeinsam wurden sie 1909 Mitglied der SPD. 1917 trat Rosa Aschenbrenner in die USP ein. Sie gehörte während der Revolutionszeit zu den Mitgliedern des „Bundes sozialistischer Frauen“ und war Laien-Richterin im Revolutionstribunal. Als die blutige Niederschlagung der kommunistischen Räterepublik unmittelbar bevorstand, versuchte sie als Vermittlerin das Schlimmste zu verhüten.1983 Als Kandidatin der USP wurde sie 1920 in den bayerischen Landtag gewählt, 1921 wechselte sie zur Kommunistischen Partei – eine fast tollkühne Entscheidung in jenen Zeiten, als in der „Ordnungszelle Bayern“ zahlreiche rechtsextreme Geheimbündler ihr Unwesen trieben. 1922 legte sie ihr Landtagsmandat nieder, um sich besser in der „Frauenhilfe für politische Gefangene“ einsetzen zu können. Nach ihrer Wiederwahl in den Landtag 1924 wurde sie Vorsitzende der KPD-Fraktion und nahm in den folgenden Jahren als einzige unter den wenigen weiblichen Abgeordneten im Landtag nicht nur zu den üblichen Frauenthemen Stellung, sondern auch zu Bereichen aus der sogenannten hohen Politik. 1929 trat sie aus der KPD aus. Der eigenwilligen Politikerin war der zentralistisch-dogmatische Kurs der KPD offenbar zu restriktiv geworden. Trotz zahlreicher Intrigen und Anfeindungen konnte sich die "eiserne Rosa" aber im Landtag halten, zunächst als Parteilose, 1930 bis 1932 wieder für die SPD. Als kompromisslose und frühe Gegnerin der NS-Bewegung kam sie am 7. März 1933 in Schutzhaft, wurde aber vier Monate später wieder entlassen. Fast zwei Jahre lang musste sie sich nun jeden zweiten Tag bei der Polizei melden. 1937 folgte eine zweite Haftstrafe von vier Monaten Gefängnis, weil sie einen feindlichen Radiosender abgehört hatte. In einem Gestapo-Bericht aus jenen Tagen hieß es über sie: „Gesinnung (marxistische) nicht geändert.“ Nach Zusammenbruch des Nationalsozialismus wurde Rosa Aschenbrenner 1946 in den Bayerischen Landtag gewählt. Von 1948 bis 1956 engagierte sie sich in der Kommunalpolitik als Mitglied der Münchener Stadtverordnetenversammlung. 1955, anlässlich ihres 70. Geburtstags, wurde sie im Rathaus ausgiebig öffentlich gefeiert, alle Münchner Zeitungen brachten Glückwunsch-Artikel. Nur zehn Monate später jedoch wurde sie von ihrer eigenen Partei kaltgestellt. Rosa Aschenbrenner hatte sich der "kommunistischen Umtriebe" verdächtig gemacht, u.a. weil sie Kontakte nach „drüben“ hatte – ein unverzeihlicher Fehler in den damaligen Zeiten des Kalten Krieges. Als unbequeme Frau zwischen allen Stühlen starb die 82jährige 1967 an einem Lungenleiden.

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Aloisia Eberle Aloisia Eberle, geboren 1889 in Scharfenstein, war eine ehemalige Textilarbeiterin (Weberin) mit einer Zusatzausbildung in Hauswirtschaft.1984 Bereits als junge Frau trat sie in den im Februar 1906 gegründeten „Verband Süddeutscher Katholischer Arbeiterinnenvereine“ ein. Das Verbandssekretariat der Arbeiterinnen im Münchener Leohaus war seit seiner Gründung von einer Frau besetzt gewesen,1985 1916 hatte Aloisia Eberle das Amt der hauptamtlichen Arbeiterinnensekretärin in der Verbandsleitung der Arbeiterinnenvereine in München übernommen und bis zu ihrer Heirat 1926 inne.1986 Sie erledigte in diese Position vor allem praktische Verbandsarbeit wie Agitation und Vereinsbesuche und erwies sich in ihrer Tätigkeit aufgeschlossener und interessierter für politische und soziale Fragestellungen als ihre Vorgängerin.1987 Als nach der Revolution der Verbandspräses Carl Waltenbach ein Telegramm an Kurt Eisner gesandt hatte und einen Anspruch auf Mitarbeit anmeldeten, gestand dieser fünf Mitarbeitern des Süddeutschen Verbandes der Katholischen Arbeitervereine fünf Sitze im provisorischen Nationalrat zu, darunter war auch die Sekretärin der Katholischen Arbeiterinnenvereine, Aloisia Eberle.1988 Aloisia Eberle gehörte damit dem Provisorischen Nationalrat an und vertrat hier zusammen mit ihren Kollegen aus den Katholischen Arbeitervereine eine eher konservativ-revolutionsfeindliche Position. Diese politische Grundposition führte sie auch zu ihrem parteipolitischen Engagement. Die christlichen Arbeiterorganisationen hatten auf die Gestaltung der neuen Partei versucht inhaltlich wie auch personell einzuwirken. Dem Zeitgeist entsprechend, sollte wohl auch eine Frau dem Vorstand angehören und so trug das am 15. November beschlossenen Parteiprogramm der BVP u.a. die Unterschrift von Aloisia Eberle, Sekretärin des Verbandes der Katholischen Arbeiterinnenvereine.1989 Bei den anstehenden Wahlen zum Bayerischen Landtag war sie eine von vier weiblichen Kandidatinnen auf der 150 Kandidaten umfassenden Parteiliste der BVP.1990 Aloisia Eberle sollte als Verbandssekretärin die katholischen Arbeiterfrauen im Kampf der BVP für christliche Werte mobilisieren. Bis zum 1. Januar 1919 hatten sich dann tatsächlich 36 Arbeiterinnenvereine (von 240) der BVP angeschlossen und unterstützten den Wahlkampf.1991 Mit ihrem christlich orientierten Wahlkampf hatte die BVP 66 Sitze im Bayerischen Landtag errungen,1992 unter ihnen Aloisia Eberle. Sie gehörte damit zu den ersten Parlamentarierinnen des Bayerischen Landtags, zusammen mit Ellen Amman und Freiin von Gebsattel bildete sie gleichsam eine konservativ-christliche Frauen-Fraktion. Aloisia Eberle wurde Mitglied im Wahlprüfungs- Ausschuß1993 und gehörte bis 1924 dem bayerischen Landtag an.1994 Nach ihrer Eheschließung 1926 zog sie sich aus der Verbandspolitik wie auch von der Parteipolitik zurück.1995

Helene Grünberg Helene Grünberg wurde am 28. Juni 1874 in Berlin als Tochter eines Restaurateurs geboren.1996 Nach der Volksschule machte sie eine Schneiderinnenlehre und arbeitete danach als Damenschneiderin und Dienstmädchen.1997 Mit 22 Jahren hatte sie sich dem Deutschen Schneider- und Schneiderinnenverband angeschlossen und wurde sogar Mitglied des Vorstands.1998 Ihre erste Agitationstour begann sie am 26. November 1904 in Ansbach, 1905 wurde sie von dem Nürnberger Arbeiter-Sekretariat als erste Arbeitersekretärin angestellt. Neben ihrer täglichen Beratungsarbeit übertrug man ihr die Agitation unter den Arbeiterinnen.1999 Auf Arbeiterinnen-Versammlungen sprach sie über Arbeitszeit, Entlohnung, mangelnden Arbeiterinnenschutz und forderte die Beseitigung des Artikels 15 im Bayerischen Vereinsgesetz und die Einführung des Frauenwahlrechts. Innerhalb von fünf Jahren hatte sich die Zahl der weiblichen Gewerkschaftsmitglieder von 2000 auf 11 000 vermehrt – dank ihrer erfolgreichen Arbeit. 1906 begann sie auch mit der gewerkschaftlichen Organisierung der Dienstboten und gründete im gleichen Jahr den „Verein der Nürnberger Dienstmädchen, Waschfrauen und Putzfrauen,“ dessen Vorsitz sie übernahm.2000 Dieser Verein wurde das Vorbild für die Gründung von Dienstbotenvereinen im ganzen Reich, Helene Grünberg beeinflusste schließlich auch wesentlich das Programm des 1909 in Berlin gegründeten „Zentralverbandes der Hausangen Deutschlands.“2001 Als Vertreterin des gewerkschaftlichen Flügels prägte sie aber auch die sozialdemokratische Frauenbewegung in Nürnberg, in der bayerischen Frauenbewegung spielte sie bald eine führende Rolle neben Marie Greifenberg. 1905 oder 1906 wurde sie zur Nürnberger Vertrauensperson gewählt und nahm als Delegierte an den Frauenkonferenzen teil.2002 1907 wurde sie vom Parteivorstand neben Clara Zetkin, Rosa Luxemburg u.a. zur Internationalen Frauenkonferenz nach Stuttgart entsandt.2003 Als 1908 das neue Reichsvereinsgesetz in Kraft trat, beschlossen die Nürnberger Frauen in einer öffentlichen Versammlung den gemeinsamen Übertritt zur Partei. Eine Frauenabteilung sollte gegründet werden und ein weibliches Vorstandsmitglied im örtlichen Parteivorstand vertreten sein. Helene Grünberg wurde in dieses Amt einer Frauenrepräsentantin im Vorstand gewählt. Als Vertrauensperson begrüßte Helene Grünberg auf der Frauenkonferenz in Nürnberg 1908 „das deutsche sozialistische Frauenparlament.“ Obwohl die Delegierten zwei weibliche Vertreterinnen im Gesamtvorstand forderten, wurde auf dem Parteitag beschlossen, dass nur eine Vertreterin der Genossinnen als Beisitzerin dem Parteivorstand angehören sollte. Zwischen 1909 und 1914 saß Helene Grünberg als Beisitzerin im örtlichen Parteivorstand und leitete die noch 1908 gegründete Frauenabteilung. Auch in Nürnberg wurde ab 1911 der Internationale Frauentag abge-

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halten, 1912 und 1914 trat Helene Grünberg als Referentin auf und widmete sich dabei vor allem dem Thema Frauenwahlrecht.2004 Während der Kriegsjahre arbeitete sie in der Nürnberger Kinder- und Jugendfürsorge, sammelte in dem Verein „Frauendank“ Gelder für die Kriegshinterbliebenen-Fürsorge Nürnberg und war zwischen 1916 und 1919 als Armenrätin aktiv.2005 Nach der Revolution gehörte sie dem Nürnberger Arbeiter- und Soldatenrat an und kandidierte für die SPD für die deutsche Nationalversammlung. Sie gehörte als Abgeordnete ab November 1919 der deutschen Nationalversammlung an, nach dem die Wahl des bisherigen Abgeordneten Simon für ungültig erklärt wurde.2006 1924 trat sie auf Grund einer schweren Erkrankung in den Ruhestand, am 7. Juli 1928 beging sie Selbstmord.

Luise Kiesselbach Luise Kiesselbach wurde als viertes von acht Kindern am 28. Dezember 1863 in Hanau in einer Lehrerfamilie geboren. Im Alter von zwanzig Jahren heiratete sie den 24 Jahre älteren Privatdozenten und späteren Professor für Ohrenheilkunde Wilhelm Kiesselbach und zog mit ihm nach Erlangen. Hier lebte sie bis zum Tod ihres Gatten im Jahre 1902.2007 Sie begann ihr soziales und frauenrechtlerisches Engagement erst nach dem Tod ihres Mannes. In Erlangen gründete sie im Januar 1906 zusammen mit Helene von Forster und einigen anderen Frauen den Erlanger Verein „Frauenwohl.“ Dieser Verein setzte sich „die Förderung des weiblichen Geschlechts in geistiger, sittlicher und wirtschaftlicher Beziehung“ als Aufgabe.2008 Dieses Ziel sollte durch allgemeine Bildungs- und Unterhaltungsabende, durch Vorträge und Kurse auf wissenschaftlichem, praktischem und kunstgewerblichem Gebiet erreicht werden – und durch die Forderung des Rechtes für Frauen auf gleichberechtigte Teilhabe und Mitbestimmung am gesamten gesellschaftlichen Leben. Schon kurz nach seiner Gründung nahm der Verein deshalb an der 1. Generalversammlung bayerischer Frauenvereine in Nürnberg teil. Hier wurde beschlossen, die Zulassung der Frau zur kommunalen Armen- und Waisenpflege trotz aller bisherigen Abweisungen von der Gesetzgebung und den Gemeinden zu fordern. Bislang war in Bayern die öffentliche Armenpflege ausschließlich den Männern vorbehalten gewesen. Als ein Ministerialerlass vom 7. August 1909 schließlich die Einstellung von Frauen in der öffentlichen Armenpflege „anempfohlen“ hatte, ernannte der Armenpflegschaftsrat Erlangen am 8. September 1909 versuchsweise 8 Frauen zu Hilfsarmenpflegerinnen, eine von ihnen war Luise Kiesselbach.2009 1909 wurde Luise Kiesselbach erste Vorsitzende des Vereins Frauenwohl in Erlangen, zeitgleich Vorstandsmitglied im Hauptverband Bayerischer Frauenvereine. Nach dem Tode von Ika Freudenberg 1912 hatte sie den Vorsitz des „Vereins für Fraueninteressen“ in München und zugleich den Vereinsvorsitz des Hauptverbandes bayerischer Frauenvereine mit 11 Ortsgruppen übernommen.2010 Für Luise Kiesselbach war die Emanzipation der Frauen, ihre Gleichstellung in der Gesellschaft, eng mit sozialer Tätigkeit verbunden. Das damalige Leitbild der gemäßigten Frauenbewegung, deren herausragende Vertreterin sie war, beinhaltete die „selbständige, gebildete, urteilsfähige Frau, frei von hausfraulicher oder gelehrter Einseitigkeit.“2011 Im Januar 1914 gründete sie den „Stadtbund Münchner Frauenvereine“, ein Zusammenschluss von 22 Frauenvereine, der 1916 etwa 7 000 organisierte Frauen umfasste.2012 Auch hier übernahm sie den Vorsitz. Sie hatte in diesen Positionen den Kurs der sozialreformerischen Erfassung der Frauenfrage fortgesetzt, für sie war die Frauenbewegung „mit sozialer Leistung und Verantwortung unlösbar verbunden.“2013 In den folgenden Jahren hatte sie eine fast unglaubliche Aktivität auf den verschiedensten Gebieten entwickelt, von Frauenrechten, Emanzipation und Gleichberechtigung über Armenpflege und Sozialarbeit bis hin zur Sozialpolitik und zur Organisation von Wohlfahrt.2014 Kiesselbach hielt Vorträge und organisierte Vortragsreihen, schrieb Aufrufe und Petitionen, verfasste und veröffentlichte eine ganze Reihe von Fachtexten, unterstützte die Neugründung von Vereinen und Interessengruppen und bündelte sie zu Verbänden, um ihnen eine größere Wirksamkeit zu verleihen. Während des ersten Weltkrieges leitete sie zusammen mit Ellen Ammann in München die ehrenamtliche Kriegshilfe.2015 Die daran beteiligten Frauenorganisationen entwickelten zusammen mit den evangelischen und jüdischen Frauenvereinen unzählige Aktivitäten zur Linderung der wirtschaftlichen und sozialen Kriegsfolgen.2016 Als die Revolution im November 1918 ausbrach, zerfiel ein System, an das sie geglaubt und unterstützt hatte. Doch sie stellte sich den Tatsachen und forderte ihre Verbandsfrauen zur „Mithilfe beim Wiederaufbau einer zertrümmerten Welt“ auf.2017 Zu dieser Zeit gehörte sie bereits selbst als Vertreterin des „Rates der geistigen Arbeiter“ dem provisorischen Nationalrat2018 an und kandidierte für die Deutsche Demokratische Partei bei den ersten bayerischen Landtagswahlen im Januar 1919.2019 Ihre Kandidatur war erfolglos, doch bei den Kommunalwahlen in München im Juli 1919 rückte Luise Kiesselbach als eine der ersten Frauen in den Stadtrat in München. Hier arbeitete sie in zahlreichen Ausschüssen und Unterausschüssen mit, als Vorsitzende vieler Verbände und Vereine war sie weiterhin in der Frauenbewegung aktiv. Die Frauenbewegung verband sie auch in den nächsten Jahren konsequent mit sozialem und sozialpolitischem Engagement.2020 Sie starb am 27. Januar 1929 in Eberhausen bei Schäftlarn.

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Anni Klawa-Morf Anni Klawa-Morf (geb. 10.1.1894 in Basel, gest. 15.4.1993 in Bern), Tochter des Hilfsarbeiters Robert Heinrich Morf und seiner Gattin Emma, war ab 1908 als Fabrikarbeiterin in der Textilindustrie beschäftigt und besuchte daneben Kurse an der Universität Zürich. Zwischen 1908 und 1918 war sie als Aktivistin in der Züricher Arbeiterbewegung tätig, war 1909 in die Textilarbeitergewerkschaft eingetreten, gelangte in den Vorstand der Sozialistischen Jugend, und gründete hier 1911 eine sozialistische Mädchengruppe. 1911 wurde sie Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, hatte 1912 an dem Basler Friedenskongress teilgenommen. In dem großen Streik von 1912 war Anny Klawa-Morf in der Streikleitung. Danach erhielt sie keine Anstellung mehr, es folgten Jahre der Gelegenheitsarbeiten und Aufenthalte im Ausland.2021 Durch die „Eintracht“2022 kannte Anny Klawa-Morf viele deutsche Genossen, die eine führende Rolle in der Münchner Räterepublik spielten. Mit bayerischen Revolutionsführern wie Ernst Toller und Toni Waibel stand sie in regem Schriftverkehr. Bereits Ende 1918 wurde sie gefragt, ob sie bei der Roten Armee in Dachau bei München Büroarbeiten machen wolle.2023 Von dem späteren Vorsitzenden der Kommunistischen Jugendinternationale, Willi Münzenberg erhielt sie einen Brief, „in dem stand, ich solle zusagen, wenn eine Anfrage aus München komme.“2024 Bald darauf wurde sie von Ernst Toller gebeten, nach Dachau zu kommen: „Ich sagte ohne Zögern zu. Revolution! Das hieß, ich würde an einer Aufgabe mitarbeiten, die mehr war, als immer nur Versammlungen besuchen, Protokolle schreiben, auf Agitation gehen.“2025 Im Februar 1919 reiste sie über Konstanz zuerst nach Stuttgart und dann nach München. Auf Grund ihrer politischen Einstellung trat Anny Klawa-Morf der USP in München bei. Zunächst nahm sie eine Arbeit in einer Schuhfabrik an, nach ihrer Arbeit besuchte sie abends die Zusammenkünfte der USP: „Dort wurde viel von Russland erzählt, wo die Arbeiter den neuen Staat aufbauten. Ich war begeistert.“2026 Nachdem der Betrieb geschlossen hatte, verkaufte sie einige Zeit die „Rote Fahne“, bevor sie nach Dachau ging. In dem Büro der Roten Armee hielt sie die Listen der Soldaten auf dem neuesten Stand, verwahrte die Stempel, wurde von Toller auch als Kurierin nach München zum Oberkommandierenden der Roten Armee, Rudolf Egelhofer geschickt. Von den Revolutionären, mit denen sie Kontakt hatte, hielt sie wohl nicht viel, 2027 entsetzt musste sie miterleben, dass die Rotgardisten auch nicht vor Vergewaltigung zurückschreckten. Diese Erlebnisse in Dachau lasteten schwer auf ihr. Halt fand sie bei dem revolutionären Kreis um Toller und Klingelhöfer:„Wären nicht Menschen wie Toller, Schollenbruch, Gustav und Elma Klingelhöfer um mich gewesen, wäre ich verzweifelt.“2028 Kurz vor den Kämpfen in Dachau erhielt sie von Klingelhöfer den Auftrag, sämtliches Material zu verbrennen, damit es den Weißgardisten nicht in die Hände fällt. In letzter Sekunde verließ sie Dachau, unter dem Knattern der Gewehrsalven und dem ersten Kanonendonner. Sie floh mit einem Genossen, Friedrich Barthel am 1. Mai 1919 aus München, beide suchten Unterschlupf bei der Schwägerin von Barthel in Augsburg. Doch hier wurden sie von Offizieren der weißen Garde gestellt. Nach dieser Verhaftung in Augsburg wurden beide nach einigen Tagen nach München gebracht, Anny Klawa-Morf landete in Stadelheim. Hier wurde sie gezwungen, zusammen mit Elma Klingelhöfer, die ebenfalls in Stadelheim einsaß, die Erschießungen von einer Zelle auf der Hofseite mit anzuhören:„Da wurde Leviné erschossen, und wir mussten uns das anhören. Nachher wurden wir wieder zurückgebracht. Sie machten das zur Abschreckung, es war richtiger psychischer Terror.“2029 Nach einigen Wochen voller schrecklicher Erlebnisse wurde durch Intervention des Schweizer Konsuls Anny 2030 Klawa-Morf Mitte Juni 1919 entlassen und des Landes verwiesen. Ab 1921 lebte sie in Bern, hier heiratete sie im gleichen Jahr Janis Klawa-Morf (1876-1956), einen Typografen aus Lettland. 1922 gründete sie die sozialdemokratische Organisation der Kinderfreunde Bern (Rote Falken) und leitete sie bis 1967. Sie starb am 15. April 1993.

Emilie Mauerer Emilie Mauerer (Geburtsname unbekannt) wurde am 9.9.1863 in Geroldsgrün, Bezirksamt Naila, geboren.2031 Sie wuchs unter ärmlichsten Bedingungen als Gänse- und Ziegenhüterin im Fichtelgebirge auf, kam dann als Kindermädchen nach München, begann hier eine Lehre als Damenschneiderin und besuchte eine Fortbildungsschule. Über ihre sozialdemokratische Laufbahn ist wenig bekannt, doch es ist anzunehmen, dass sie schon früh Kontakte zu einem sozialdemokratischen Umfeld in München hatte. Angeblich war sie bereits zu Zeiten des Sozialistengesetzes, also vor 1890 agitatorisch tätig und gehörte möglicherweise zu den Gründerinnen des „Allgemeinen Arbeiterinnenbildungsvereins und des Hausangestellten-Verbandes in München.2032 Im Oktober 1906 wurde Emilie Mauerer Vertrauensperson des sozialdemokratischen Frauenvereins und hatte zusammen mit den Vorstandsfrauen aus dem Frauen-Bildungsverein eine rege Frauenversammlungsarbeit entfaltet, wodurch viele Mitglieder gewonnen werden konnten.2033 Das Jahr 1907 stand für die sozialdemokratischen Frauen vor allem im Zeichen der Wahlhilfe. Emilie Mauerer forderte von ihren Frauen eine sozialdemokratische, geschlechterübergreifende Solidarität: „Ihr Kampf ist Unserer, ihr Sieg der Unsere!“2034 Die sozialdemokratische Frauenarbeit verlagerte sich auch in München auf den Bereich der Wohlfahrtspflege, 1911 gab Emilie Mauerer an, dass in München in der Waisen- und Armenpflege über 100 Frauen tätig seien. Im gleichen Jahr referierte sie in einer öffentlichen Frauenversammlung der Sektion Süden und Schlachthausviertel

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über das Thema „Die Frau in der Gemeindepolitik“ und mahnte an, dass sich die Frauen mehr um die Vorgänge im Rathaus kümmern sollten.2035 Emilie Mauerer heiratete Georg Mauerer, ebenfalls ein Sozialdemokrat, von Beruf Krankenkassensekretär, und gab dann wohl deshalb 1911 ihre Tätigkeit als Damenschneiderin auf.2036 So konnte sie sich mehr ihrer Parteiarbeit widmen. Auf Grund ihres langjährigen parteipolitischen Engagements wurde Emilie Mauerer zur Vorsitzenden des sozialdemokratischen Frauenvereins in München gewählt. Als solche wurde sie als Delegierte in den Provisorischen Nationalrat entsandt.2037 Sie trat als Kandidatin für die Bayerischen Landtagswahlen im Januar 1919 auf Platz 12 der Parteiliste auf und hatte von allen Kandidatinnen mit 18 353 die meisten Stimmen für sich gewinnen können.2038 1920 schied sie aus dem Landtag aus, am 17. Dezember 1924 starb sie in München.

Dr. Hildegard Menzi Dr. Menzi, geborene Bischoff, kam in Schöneck (Westpreußen) am 7.4.1872 zur Welt. Die Zeit bis zu ihrem 21. Lebensjahr verbrachte sie bei ihren Eltern in Königsberg.2039 Nach einem Besuch der höheren Töchterschule machte sie 1895 in Bern ihr Abitur und studierte nachfolgend Medizin. Ab 1901 war sie dann als Ärztin in verschiedenen Städten wie Wien, Paris, Breslau, Berlin, Zürich u.a. tätig. Sie heiratete 1903 den Arzt Dr. Hillarius Menzi, der nach drei Monaten verstarb. Durch diese Verheiratung war sie Schweizer Staatsangehörige geworden, beantragte nach ihrer Rückkehr nach Berlin aber wieder die deutsche Staatsbürgerschaft. In Berlin hatte sie dann eine Praxis für Geschlechtskrankheiten eröffnet, die sie jedoch bald darauf aufgeben musste. Da sich eine angestrebte staatliche Anstellung in Deutschland nicht bewerkstelligen ließ, begab sie sich nach Kairo und erlernte dort die arabische Sprache. Sie studierte hier zunächst weiter, kurz vor Beendigung ihres Examens brach jedoch der Erste Weltkrieg aus und sie wurde nach Deutschland zurückgeschickt. Mittellos begab sie sich zunächst nach Friedrichsheim (Schwarzwald) als Assistenzärztin, ging aushilfsweise nach Berlin, von dort nach Promberg. Im Oktober 1916 kam sie nach München und war hier während des Krieges als Ärztin im Krankenhaus links der Isar tätig. Herrn Professor Zumbusch, in dessen Abteilung sie tätig war, hatte sie bereits bei der Anstellung erklärt, dass sie Sozialistin sei. Im Zuge der Demobilisierung erfolgte ihre Entlassung, „weil infolge der Rückkehr der Ärzte aus dem Felde unsere Mitarbeit nicht mehr nötig war.“2040 Als Sozialistin hatte sie die revolutionären Ereignisse mit großen Hoffnungen verfolgt, die sich vor allem auf eine sozialistische Umgestaltung des Gesundheitswesens bezogen.2041 Bis zum Ausbruch der Revolution hatte sie sich nicht politisch betätigt, schwärmte jedoch seit dem 8. November 1918 für die Politik Eisners.2042 Nachdem Eisner an die Regierung gekommen war, hatte sie sich an das Ministerium für soziale Fürsorge gewandt (Unterleitner) und unterbreitete ihre Pläne zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten.2043 Sie hatte sich in dieser Sache auch persönlich an Eisner gewandt. Als Anhängerin der Politik Eisners besuchte sie dann Versammlungen der USP, um vor allem Eisner sprechen zu hören. Überzeugt von seinen Ideen, war sie dann Mitglied der USP geworden.2044 Nach der Errichtung der Räterepublik trat sie in die Kommunistische Partei ein. Ihr Nachbar Richard Laemp hatte zu ihrer politischen Richtungsänderung bei seiner Zeugenvernehmung ausgesagt: „Als die politische Richtung weiter nach links schwenkte, erklärte sie eines Tages mit den U.S.P. gebrochen zu haben, dies sei eine Bande... sie sei jetzt Kommunistin und habe sich bei der Kommunistischen Partei aufnehmen lassen. Es kam dann am 7. April die Ausrufung der Räterepublik, wobei sie begeistert erwähnte: ‚so jetzt sind wir die Herren.’“2045 Dr. Hildegard Menzi gehörte der bereits seit Ende Februar bestehenden ZR-Kommission für das Gesundheitswesen an.2046 Sie war damit reguläres Mitglied der Gesundheits-Kommission und in dieser Funktion war sie bei der zweiten Sitzung des Zentralrates vom 12. April 1919 anwesend. Hier erhielt sie umfassende Vollmachten zur Umorganisation des Sanitätswesens.2047 Als „Arzt des Stabes der Roten Armee“ war sie in Dachau stationiert2048 und hatte einen Ausweis der K.P.D. Sektion Haidhausen erhalten, der ihr die Genehmigung erteilte, „sich aktiv an der Front zu beteiligen.“2049 In ihrer Funktion als Ärztin war sie öfters nach München gefahren „zur Ergänzung von Lazarettbedürfnissen und anderen Bedürfnissen.“2050 Dr. Hildegard Menzi wurde am 1. Mai vor ihrer Wohnung von bewaffneten Zivilisten festgenommen, über die Kommandantur nach der Residenz gebracht und dort verhört worden. Nach zwei Tagen wurde sie in das Frauengefängnis der Residenz gebracht, weitere Verhöre folgten.2051 Zahlreiche Nachbarn wurden als Zeugen vernommen und diese belasteten Dr. Hildegard Menzi schwer. So sollte sie bei den Geiselverhaftungen eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben, jede erdenkliche Grausamkeit wurde ihr zugetraut.2052 Bei den Vernehmungen versuchte Hildegard Menzi diese Anschuldigungen zu widerlegen: „Ich hörte dass Graf Arco in der Kirchenschule wäre, dass er Medikamente verlangte und kein Arzt dagewesen wäre. Ich ging sofort zu ihm, holte selbst die erforderlichen Medikamente aus der Apotheke, ordnete an, was zu seiner Verpflegung das nächstliegende war und suchte sofort unseren ersten Armee-

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arzt Schollenbruch telefonisch zu erreichen. Als dies nicht gelang fuhr ich selbst in die Blumenschule und erwartete dort Schollenbruch und besprach mit ihm, dass es durchaus das nötigste wäre, Arco aus der Kirchenschule zu nehmen und in ein sicheres Versteck zu bringen. Inzwischen erzählte mir Schollenbruch von der Erschießung der Geiseln. Schollenbruch beschloss sofort auf meine dringende Aufforderung den Befehl vom Oberkommandierenden Egelhofer zu erwirken dass nicht nur Arco sondern auch die anderen Geiseln in ein Versteck zu bringen, das ausser Schollenbruch niemand wusste. Schollenbruch wusste ein sicheres Versteck, hatte ein solches bereits vorbereitet, der Aufenthalt der Geiseln war also nur ihm bekannt. Wer sich unter den Geiseln befand, weiss ich nicht, ich habe nur von einer Gräfin gewusst. Ich wusste überhaupt nicht, dass ausser Graf Arco Leute als Geiseln festgehalten waren.“2053 Auch ihre Beziehung zu Rudolf Egelhofer war Gegenstand der Verhöre2054, auf Grund von Zeugenaussagen kam die Fahndungsabteilung der Stadtkommandantur München zu dem Schluss: „Es ist vielmehr nach Lage der Sache und dem Ergebnis der Erhebungen richtig, dass der geistige Führer des Egelhofer Frau Menzi war und dass Egelhofer nur nach den Direktiven der Frau Menzi gehandelt hat.“2055 Dr. Hildegard Menzi wurde wegen Landesverrat und Begünstigung des Hochverrates angeklagt. Für die Hauptverhandlung hatte der Rechtsanwalt Adolf Kaufmann 9 Zeugen beantragt, die „Menschlichkeit“ von Dr. Hildegard Menzi bezeugen sollten, darunter befanden sich neben Dr. Schollenbruch, Ärzten und Schwestern auch Hedwig Kämpfer.2056 Am 21. Juli 1919 erfolgte das Urteil des standrechtlichen Gerichtes gegen Dr. Hildegard Menzi, es kam zu einem Freispruch.2057

Helene Sumper Helene Sumper entstammte einer angesehenen Altmünchener Bürgerfamilie. Mit 18 trat sie 1872 in das eben gegründete Kreislehrerinnenseminar in München ein, nachdem sie die höhere Mädchenschule der Servitinnen besucht hatte. 1873 wurde sie eine der ersten weltlichen Landlehrerinnen in Erding und kehrte 1878 als verbeamtete Lehrerin nach München zurück. Dort arbeitete sie 27 Jahre an der Klenzeschule. 1905 übernahm sie eine der ersten 8. Mädchenklassen und wurde 1907 die Leiterin des hauswirtschaftlichen Unterrichts an den 8. Mädchenklassen und den weiblichen Fortbildungsschulen.2058 Helene Sumper, Mitbegründerin und erste Vorsitzende des Bayerischen Lehrerinnenverbandes,2059 kämpfte vor allem für ihre Idee einer besseren Mädchenbildung. In diese Vorstellungen waren pädagogische Forderungen eingebunden wie die hauswirtschaftliche Bildung der Mädchen, der Ausbau der weiblichen Fortbildungsschule und der Volksschule allgemein. Ein pädagogisches Hauptanliegen des BLiV war der Ausbau der weiblichen Fortbildungsschule, welche den zukünftigen Staatsbürgerinnen solide Kenntnisse für Beruf und Ehe vermitteln sollte.2060 Helene Sumper bemühte sich seit 1900 darum, einen obligatorischen Besuch der Fortbildungsschulen für alle Mädchen zu erwirken, wurde sogar vom Kultusminister von Knilling in eine Landesschulkommission berufen, leitete 1912 eine Kommission des 1912 gegründeten „Bayerischen Fortbildungsschulverein,“ 1913 erschien dann die ministerielle Verordnung, welche den Besuch der sog. „Volksfortbildungsschule“ zu Pflicht machte.2061 Eine qualifizierte höhere Mädchenbildung sollte die Voraussetzung für einen gesellschaftlichen Aufstieg der Frau darstellen, und damit gerieten pädagogische Fragestellungen in den gesellschafts- und kulturpolitischen Bannkreis. In ihrer bisherigen Arbeit war es zwar notwendigerweise auch zu Konfrontationen mit staatlichen und politischen Einrichtungen gekommen, deren Entscheidungen legislativer oder verwaltungsmäßiger Natur ihre Arbeitsbedingungen festlegten. Eine grundsätzlich staatsloyale Einstellung zum monarchischen Staat erlaubte jedoch keine Erschütterung staatlicher Autorität, Helene Sumper war bereit auch die kleinsten Fortschritte anzuerkennen: „Durch festes Zusammenhalten, rastloses Streben nach Vervollkommnung und mutiges Eintreten für unsere Interessen werden wir uns, wenn auch langsam, unserem Ziel nähern. Was uns aber mehr als alles andere gewährleisten kann, das ist und bleibt: treue Pflichterfüllung.“2062 Dieses besondere Treueverhältnis zum Staat zeigte sich dann auch beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Helene Sumper wurde führende Beraterin im Kriegs- und im Innenministerium für Fragen der Frauenarbeit im Krieg und für Säuglings- und Kleinkinderschutz und erhielt für ihre Arbeit das „König-Ludwig-Kreuz“ verliehen.2063 Trotz einer bisherigen pflichtbewussten, nationalen und staatsloyale Gesinnung verweigerte sich der Bayerische Lehrerinnenverband den neuen politischen Verhältnissen nach der Revolution nicht, erklärte seine Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit.2064 Helene Sumper wurde als Vertreterin für den Bayerischen Lehrerinnenverein Mitglied im Provisorischen Nationalrat. Die zweimonatige Mitarbeit in diesem Übergangsparlament blieb ihr einziges politisches Engagement während der Revolutionszeit, sie widmete sich weiterhin wieder schwerpunktmäßig ihrer Verbandsarbeit im Lehrerinnenverein.

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7.3 Anmerkungen 1

Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft 2077/2, Strafverfahren gegen Klingelhöfer Gustav und Elma, Bl. 329, Anonymes und undatiertes Redemanuskript, vermutlich von Elma Klingelhöfer. 2 Ay, Karl-Ludwig: Appelle einer Revolution. Das Ende der Monarchie. Das revolutionäre Interregnum. Die Rätezeit, München 1968, S. 16. K.-L. Ay erwähnt hier nicht die Beteiligung der Freien Gewerkschaften. Dieser Hinweis kommt von Mitchell, Allan: Revolution in Bayern 1918/19. Die Eisner-Regierung und die Räterepublik, München 1967, S. 79. 3 Ursachen, Verlauf u. Lehren der Münchener Revolution. November 1918 bis Mai 1919. Von einem Münchner, München 1919, S. 9. 4 Eisner äußerte sich in der ersten öffentlichen Sitzung des provisorischen Nationalrates vom 8. November 1918 zu den Ereignissen des Vortages: „Es war ein Stück Überraschungsstrategie, mit der wir das alte Bayern aus den Angeln gehoben haben.“ Eröffnungsrede in der ersten öffentlichen Sitzung des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern vom 8. November 1918. In: Eisner, Kurt: Die neue Zeit, München 1919, S. 9. 5 Hallgarten, Constanze: Als Pazifistin in Deutschland. Biographische Skizze, Stuttgart 1956, S. 35. 6 „Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens zwanzig Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen.“ Auszug aus dem Aufruf des Rates der Volksdeputierten v. 12.11.1918. Zit. n.: Scheidemann, Philipp: Memoiren eines Sozialdemokraten, Dresden 1930, S. 324. 7 Gerhard, Ute: Über die Anfänge der deutschen Frauenbewegung um 1848. Frauenpresse, Frauenpolitik, Frauenvereine. In: Karin Hauser (Hrsg.): Frauen suchen ihre Geschichte. Historische Studien zum 19. und 20. Jahrhundert, München 1983, S. 196-220, hier S. 196. 8 Untersuchungen zur politischen Partizipation der Frauen im Vormärz und in der Revolution von 1848/49 beweisen eine ernsthafte Teilnahme von Frauen an diesen Ereignissen und veranschaulichen ein breites Spektrum von Aktionen, von harmlos und skurril erscheinenden Frauenaktivitäten bis hin zu radikaleren, gewalttätigen Formen weiblichen Widerstandes. Hummel-Haasis, Gerlinde: Schwestern zerreißt eure Ketten. Zeugnisse zur Geschichte der Frauen in der Revolution von 1848/49, München 1982; Lipp, Carola (Hrsg.): Schimpfende Weiber und patriotische Jungfrauen. Frauen im Vormärz und in der Revolution von 1848/49, Bühl 1986. 9 Stadtarchiv München: Sammlungen, ZS 0446-3, Flugschrift: Die revolutionären Münchnerinnen. 10 Herve, Florence: „Dem Reich der Freiheit werb’ ich Bürgerinnen.“ Von den Anfängen bis 1889. In: Florence Herve (Hrsg.): Geschichte der Deutschen Frauenbewegung. 7. Auflage, Köln 2001, S. 11-35, S. 17. 11 Lipp, Carola: Frauen und Öffentlichkeit. Möglichkeiten und Grenzen politischer Partizipation im Vormärz und in der Revolution 1848. In: Carola Lipp (Hrsg.): Schimpfende Weiber und patriotische Jungfrauen. Frauen im Vormärz und in der Revolution von 1848/49, Bühl 1986, S. 270-309, hier S. 301. 12 Rouette, Susanne: Frauenarbeit, Geschlechterverhältnisse und staatliche Politik. In: Wolfgang Kruse (Hrsg.): Eine Welt von Feinden. Der Große Krieg 1914-1918. 2. Auflage, Frankfurt / Main 2000, S. 92-126. Vgl. auch: Canning, Kathleen: Das Geschlecht der Revolution – Stimmrecht und Staatsbürgertum 1918/19. In: Alexander Gallus (Hrsg.): Die vergessene Revolution von 1918/19, Göttingen 2010, S. 84-116. 13 So lautete der Titel der von Luise Otto-Peters (1819-1895) 1846 veröffentlichten Schrift. 14 Schenk, Herrad: Frauen kommen ohne Waffen. Feminismus und Pazifismus, München 1983, S. 9. 15 Karl, Michaela: „So viel habe ich diesmal gelernt, dass ich bei einer Revolution mit Weibern nichts mehr zu tun haben will.“ Frauen in der Revolution in Bayern 1918/19. In: Erich-Mühsam Gesellschaft (Hrsg.): Die Rote Republik. Anarchie- und Aktivismuskonzept der Schriftsteller 1918/19 und das Nachleben der Räte – Erich Mühsam, Ernst Toller, Oskar Maria Graf u.a, Lübeck 2004, S. 167- 183, hier S. 169. 16 Heymann, Lida Gustava unter Mitarbeit von Anita Augspurg: Erlebtes – Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850 – 1940. Hg. v. Margit Twellmann, Meisenheim am Glan 1972, S. 164. 17 Huch, Ricarda. Zit. n.: Baum, Marie: Leuchtende Spur. Das Leben Ricarda Huchs, Tübingen 1950, S. 245. 18 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 160. 19 BSB, Flugblatt, 4. H. un.app 219t-1/62, April 1919. Zit. n.: Twardowski, Christian: Weiblichkeit unter der Gewalt des bayerischen Sowjets. Verstöße gegen die Sittlichkeit als Mittel der Stigmatisierung der Linksextremen im Bayern des Frühjahrs 1919, Hamburg 2011, S. 177. 20 Twardowski, Christian: Weiblichkeit unter der Gewalt des bayerischen Sowjets, S. 194. 21 Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4. Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914-1949, München 2003. 22 Rüsen, Jörn: ‚Schöne’ Parteilichkeit. Feminismus und Objektivität in der Geschichtswissenschaft. In: Ursula A.J. Becher, Jörn Rüsen (Hrsg.): Weiblichkeit in geschichtlicher Perspektive. Fallstudien und Reflexionen zu Grundproblemen der historischen Frauenforschung. Frankfurt / Main 1988, S. 517-542, S. 532.

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Hausen, Karin / Wunder, Heide: Einleitung. In: dies. (Hrsg.): Frauengeschichte – Geschlechtergeschichte, Frankfurt / Main, New York 1992, S. 9-18, hier S. 12. 24 Lerner, Gerda: Herausforderungen der Frauengeschichte (1977). In: dies.: Frauen finden ihre Vergangenheit. Grundlagen der Frauengeschichte, Frankfurt / Main, New York 1995, S. 163-175, hier S. 174. 25 Lerner, Gerda: Herausforderungen der Frauengeschichte, S. 163. 26 Bock, Gisela: Historische Frauenforschung: Fragestellungen und Perspektiven. In: Karin Hausen (Hrsg.): Frauen suchen ihre Geschichte. Historische Studien zum 19. und 20. Jahrhundert, München 1983, S. 22-62, hier S. 26. 27 Lerner, Gerda: Unterschiede zwischen Frauen neu gefaßt. In: dies. (Hrsg.): Frauen finden ihre Vergangenheit. Grundlagen der Frauengeschichte, Frankfurt / Main, New York 1995, S. 176-190, hier S. 188. 28 Bock, Gisela: Historische Frauenforschung, S. 34. 29 Davis, Natalie Zemon: „Women’s History in Transition. The Europaen Case. Feminist Studies, Jg. 3 (1976), S. 90. Zit. n.: Hagemann, Karen / Quataert, Jean H.: Einführung: Geschichte und Geschlechter. Geschichtsschreibung und akademische Kultur in Westdeutschland und den USA im Vergleich. In: Karen Hagemann, Jean H. Quataert (Hrsg.): Geschichte und Geschlechter. Revisionen der neueren deutschen Geschichte, Frankfurt / Main 2008, S. 11-63, hier S. 42. 30 Hagemann, Karen / Quataert, Jean H.: Einführung: Geschichte und Geschlechter, S. 44. 31 Schößler, Franziska: Einführung in die Gender Studies, Bonn 2008, S. 15. 32 Der sog. „Historikerinnenstreit“ wurde durch eine 1986 erschienene Studie von Claudia Koonz ausgelöst, die Motive und Formen der Unterstützung von „arisch“-deutschen Frauen aus dem Bürgertum für die Politik der NSDAP in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus untersuchte (Koonz, Claudia: Mothers in the Fatherland. Women, Family Life und Nazi Ideology, 1919-1945, New York 1987). Diese Studie stieß auf heftigste Kritik bei feministischen Historikerinnen aus der Bundesrepublik, widersprach sie doch dem bisherigen Bild der Forschung, das Frauen als Opfer des nationalsozialistischen Männerstaates wahrgenommen hatte. Davis, Belinda: Das Private ist politisch. Geschlecht, Politik und Protest in der neuen deutschen Geschichte. In: Karen Hagemann, Jean H. Quataert (Hrsg.): Geschichte und Geschlechter. Revisionen der neueren deutschen Geschichte, Frankfurt / Main 2008, S. 155-180, hier S. 165. 33 Davis, Belinda: Das Private ist politisch, S. 166. 34 Lerner, Gerda: Unterschiede zwischen Frauen neu gefaßt. In: Hanna Schissler (Hrsg.): Geschlechterverhältnisse im historischen Wandel, Frankfurt / Main, New York 1993, S. 59-79, S. 60. 35 Schissler, Hanna: Einleitung. Soziale Ungleichheit und historisches Wissen. Der Beitrag der Geschlechtergeschichte. In: Hanna Schissler (Hrsg.): Geschlechterverhältnisse im historischen Wandel, Frankfurt / Main, New York 1993, S. 9-36, hier S. 17. 36 Beck, Reinhart: Sachwörterbuch der Politik, Stuttgart 1977, S. 663. 37 Meyer, Birgit: Die „unpolitische“ Frau. Politische Partizipation von Frauen oder: Haben Frauen ein anderes Verständnis von Politik? In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament,“ 12.6.1992, S. 3-18, hier S. 6. 38 Sauer, Birgit: Was heißt und zu welchem Zweck partizipieren wir? Kritische Anmerkungen zur Partizipationsforschung. In: Elke Biester, Barbara Holland-Kunz, Birgit Sauer (Hrsg.): Demokratie oder Androkratie? Themen und Praxis demokratischer Herrschaft in der feministischen Diskussion. Politik der Geschlechterverhältnisse. Bd. 3, Frankfurt / Main, New York 1994, S. 99-130, S. 102. 39 Sauer, Birgit: Was heißt und zu welchem Zweck partizipieren wir? S. 109 f. 40 Kulke, Christine: Politische Sozialisisation und Geschlechterdifferenz. In: Klaus, Hurrelmann / Dieter, Ulich (Hrsg.): Neues Handbuch der Sozialisationsforschung, Weinheim 1991, S. 595-613, hier S. 607. 41 Üehlinger, Hans-Martin: Politische Partizipation in der Bundesrepublik, Opladen 1988, S. 165 ff. 42 Kreisky, Eva / Sauer, Birgit (Hrsg.): Feministische Standpunkte in der Politikwissenschaft – Eine Einführung, Frankfurt / Main, New York 1995, S. 9 f. Eine ahsführliche feministische Kritik an der Partizipationsforschung leisteten: Meyer, Birgit: Die „unpolitische“ Frau. Politische Partizipation von Frauen oder: Haben Frauen ein anderes Verständnis von Politik. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 25-26/92 , S. 3-18; Meyer, Birgit: Frauen im Männerbund. Politikerinnen in Führungspositionen von der Nachkriegszeit bis heute, Frankfurt / Main, New York 1997; Sauer, Birgit: Was heißt und zu welchem Zweck partizipieren wir? Kritische Anmerkungen zur Partizipationsforschung. In: Elke Biester / Barbara Holland-Cunz / Birgit Sauer (Hrsg.): Demokratie oder Androkratie, Frankfurt / Main, New York 1994, S. 99-130. 43 Kaase, M. & Marsh: Political Action. A Theoretical Perspective. In: S. H. Barnes & M. Kaase, et.al. (Hrsg.): Political Action: Mass Partizipation in Five Western Democracies, Beverly Hills 1979, S. 27-56, hier S. 42. Zit. n.: Geißel, Brigitte / Penrose, Virginia: Dynamiken der politischen Partizipation und Partizipationsforschung. URL: http://www.fuberlin.de/sites/gpo/pol_sys/partizipation/Dynamiken_der_politischen_Partizipation/geissel_penros e.pdf?1361541718 (12.3.2015, 10:16 Uhr S. 3).

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Kaase, Max: Vergleichende Politische Partizipationsforschung. In: Dirk Berg-Schlosser / Ferdinand MüllerRommel (Hrsg.): Vergleichende Politikwissenschaft. Ein einführendes Studienbuch, Opladen 1992, S. 145-160, hier S. 146. 45 Rubart, Frauke: Partizipation von Frauen in neuen sozialen Bewegungen. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 42/88, S. 30-42; Hagemann-White, Carol: Können Frauen die Politik verändern? In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, B 9-10/87, S. 29-37; Kahlweit, Cathrin: Damenwahl. Politikerinnen in Deutschland, München 1994; Meyer, Birgit: Die „unpolitische“ Frau. Politische Partizipation von Frauen oder: Haben Frauen ein anderes Verständnis von Politik. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 2526/92 , S. 3-18; Schaeffer-Hegel, Barbara u.a.: Frauen mit Macht: Zum Wandel der politischen Kultur durch die Präsenz von Frauen in Führungspositionen, Pfaffenweiler 1995. 46 Horstkötter, Marianne: Frauen in der Kommunalpolitik. Einflusßfaktoren auf die politische Partizipation von Frauen in kommunalen Räten – Eine Regionalstudie, Frankfurt / Main 1989; Benzler, Susanne u.a.: Frauen in der Kommunalpolitik – Politikerinnen im Landkreis Gießen, Gießen 1995; Geißel, Brigitte: Politikerinnen. Politisierung und Parizipation auf kommunaler Ebene, Opladen 1999; Kürschner, Isabell: Den Männern überlassen wir es nicht. Erfolgreiche Frauen in der CSU, Eichstätt, Ingolstadt 2009. 47 Schöler,-Macher, Bärbel: Die Fremdheit der Politik. Erfahrungen von Frauen in Parteien und Parlamenten, Weinheim 1994; Gilligan, Carol: Die andere Stimme. Lebenskonflikt und Moral der Frau, München 1994. 48 Geißel, Brigitte / Abels, Gabriele / Krat, Heike (Hrsg.): Politische Partizipation im Wandel. Femina Politica. Sonderheft 2001, Nr. 1, S. 73. 49 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19. Legitimation – Organisation – Funktion (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte herausgegeben von der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 135), München 2001, S. 45. 50 Ebd., S. 47. 51 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern im Jahre 1918 bis 1919. I. Band. Nr. 1-10, München o.J. (im folgenden VPNR), Nr.1: Erste öffentliche Sitzung, Freitag, den 8. November 1918, S. 1 f. 52 Kultusminister und Vizepräsident wurde Johannes Hoffmann (MSP), das Ministerium für militärische Angelegenheiten übernahm Albert Roßhaupter (MSP), Erhard Auer (MSP) wurde zum Innenminister gewählt; Johannes Timm wurde Justizminister, Edgar Jaffé (parteilos) Finanzminister, das neu geschaffenen Ministerium für soziale Angelegenheiten übernahm Hans Unterleitner. VPNR, I. Band, Nr. 1: 1. Sitzung vom 8.11.18, S. 2 ff. 53 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 85-288. 54 Diese Vorgänge schildern: Mitchell, Allan: Revolution in Bayern 1918/19, S. 237 ff; Schade, Franz: Eisner und die bayerische Sozialdemokratie, Hannover 1961, S. 88 f. 55 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter,- Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar 1919 bis 8. März 1919 in München, Glashütten im Taunus 1974 (unveränderter Nachdruck der Ausgabe München 1919), S. 80. 56 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 304. 57 Ebd., S. 328. 58 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte. Die erste bayerische Räterepublik vom 7. April 1919, Grafenau 1989, S. 107. 59 Beyer, Hans: Die Revolution in Bayern 1918-1919, Berlin 1982, S. 59. 60 Münchener Neueste Nachrichten v. 7.4.1919. Die Proklamation war unterschrieben vom revolutionären Zentralrat Baierns: Niekisch, Gustav Landauer, Erich Mühsam, Gandorfer (Bauernrat), Dr. Franz Lipp, Albert Schmid. Für den revolutionären Soldatenrat: Kohlschmid, Johann Wimmer, Max Mehrer. 61 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 328. 62 BayHStA: Staatanwaltschaft München I, Nr. 2 242, Bl. 132. 63 Münchener Neueste Nachrichten v. 7.4.1919. 64 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 339 f. 65 Linse, Ulrich: Gustav Landauer und die Revolutionszeit 1918-19, Berlin 1974, S. 238. Für den ersten Bereich sah er eine „sofortige völlige Trennung von Staat und Kirche“ vor, in der Kunst sollte „die neue Ära der Menschheitsgeschichte [...] ihren Ausdruck finden,“ sich zu einer „Proletarierkunst“ entwickeln, die Schule sollte die Aufgabe erhalten, die jungen Menschen in den „neuen Ideen aufwachsen zu lassen, sie in einem neuen Idealismus zu erziehen, sie vom bürgerlichen Materialismus zu entfernen.“ Landauer Gustav. Zit. n.: Linse, Ulrich: Gustav Landauer und die Revolutionszeit 1918-19, S. 238-243. 66 Gerstl, Max: Die Münchener Räterepublik, München 1919, S. 57. 67 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 381. 68 Ebd., S. 383. 69 Ebd., S. 392 f.

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Hillmayr, Heinrich: Roter und weißer Terror in Bayern nach 1918. Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen der Gewalttätigkeiten im Verlauf der revolutionären Ereignisse nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, München 1974, S. 93. 71 Die Zahlen über die Größe der „weißen“ Armee schwanken, Heymann ging von 100 000 Soldaten aus. Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 179. Beyer ging von 60 000 Mann aus. Beyer, Hans: Die Revolution in Bayern 1918-1919, S. 123. Hillmayr setzte knapp 20 000 Mann an, die in den ersten Tagen im Mai 1919 so nach und nach zum Kampf gegen die Spartakisten nach München kommen, nur etwa 13 000 bis 15 000 nahmen an dem Einmarsch in München und an den entscheidenden Auseinandersetzungen mit den Roten teil. Alle anderen beteiligten sich nur noch an den Säuberungsaktionen und fungierten als Besatzungsmacht. Hillmayr, Heinrich: Roter und weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 90. 72 Beyer, Hans: Die Revolution in Bayern 1918-1919, S. 121 f. Hillmayr korrigiert diese Zahlen, er geht lediglich von 10 000 Personen aus, die man als Mitglieder der Roten Armee bzw. der Roten Garde ansetzen kann. Von diesen jedoch wagten keinesfalls mehr als eintausend Mann den aktiven Kampf gegen die Regierungstruppen. Hillmayr, Heinrich: Roter und weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 90. 73 Deuringer, Karl: Die Niederwerfung der Räteherrschaft in Bayern 1919, Berlin 1939, S. 130. 74 Deuringer gibt die Gesamtzahl der Opfer mit 557 an. Deuringer, Karl: Die Niederwerfung der Räteherrschaft in Bayern 1919, S. 221. Speckner spricht von mindestens 800 Menschen, die in den Kämpfen ihr Leben gelassen hätten. Speckner, Herbert: Die Ordnungszelle Bayern. Studien zur Politik des bayerischen Bürgertums, insbesondere der Bayerischen Volkspartei von der Revolution bis zum Ende des Kabinetts von Dr. Kahr, Erlangen 1955, S. 45. Hoegner erwähnt einen „Blutzoll“ von 1 100 Toten. Hoegner, Wilhelm: Der politische Radikalismus in Deutschland 1919-1933, München, Wien 1966, S. 21. Mitchell spricht von 600 Toten. Mitchell, Allan: Revolution in Bayern 1918/19, S. 289. Morenz setzte die Zahl der Toten mit ca. 650 an. Revolution und Räteherrschaft in München. Aus der Stadtchronik 1918/19. Zusammengestellt und bearbeitet von L. Morenz unter Mitwirkung von E. Münz, München, Wien 1968, S. 135. 75 Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des Bayerischen Landtages, Stenographische Berichte. 36, 12.1914, Nr. 309-319. Hrsg. Bayerischer Landtag München, 35. Landtag, 311. Sitzung v. 6.5.1914, Abgeordneter Beck, S. 1026. 76 Albrecht, Willy u.a.: Frauenfrage und deutsche Sozialdemokratie vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn der zwanziger Jahre. In: Archiv für Sozialgeschichte 19 (1979), S. 459-510; Daniel, Ute: Arbeiterfrauen in der Kriegsgesellschaft. Beruf, Familie und Politik im ersten Weltkrieg, Göttingen 1989; Kundrus, Birthe: Kriegerfrauen, Familienpolitik und Geschlechterverhältnisse im Ersten und Zweiten Weltkrieg, Hamburg 1995; Davis, Belinda: Home Fires Burning. Food, Politics und Everyday Life in World War I, Berlin, Chapel Hill, London 2000. 77 So hatte Gertrud Bäumer, die große Führerin des BDF, bereits 1917 festgestellt, dass der Krieg zu einem „Wachswetter“ für das staatsbürgerliche Bewusstsein der Frau geworden sei und dachte dabei wohl an die tatkräftige Mitwirkung der bürgerlichen Frauen im Rahmen des Nationalen Frauendienstes und der Frauenarbeitszentrale. Bäumer, Gertrud: Heimatchronik vom 14.5.1917. In: Die Hilfe, Heft 21, S. 334-336. Die sozialdemokratische Führerin Luise Zietz dagegen meinte, dass die kriegsbedingten Einschränkungen der Rechte – von der Zensur über die Beobachtung von Frauenversammlungen bis hin zu den täglichen Ungerechtigkeiten des Kriegswohlfahrtssystems – die Arbeiterfrauen auf die Straße getrieben hätten und ihr Selbstbewusstsein als Bürgerinnen geschärft hätte. Zietz, Luise: Die sozialdemokratischen Frauen und der Krieg. In: Ergänzungshefte zur Neuen Zeit, Nr. 21, 1914/15, S. 2-6. 78 Zu den grundlegenden Gesamtdarstellungen der Revolution von 1918/19 gehören in chronologischer Reihenfolge: Barth Emil: Aus der Werkstatt der deutschen Revolution, Berlin 1919; Scheidemann, Philipp: Der Zusammenbruch, Berlin 1921; Bernstein, Eduard: Die deutsche Revolution. Ihr Ursprung, ihr Verlauf und ihr Werk, Berlin 1921; Müller, Richard: Der Bürgerkrieg in Deutschland. Geburtswehen der Republik, Berlin 1925. 79 Tormin, Walter: Zwischen Rätediktatur und sozialer Demokratie. Die Geschichte der Rätebewegung in der deutschen Revolution 1918/19, Düsseldorf 1955; Kolb, Eduard: Die Arbeiterräte in der deutschen Innenpolitik 1918-1919, Düsseldorf 1962; Lösche, Peter: Der Bolschewismus im Urteil der deutschen Sozialdemokratie 1903-1920, Berlin 1967; Rürup, Reinhard: Probleme der Revolution in Deutschland 1918/19, Wiesbaden 1968; Haffner, Sebastian: Die verratene Revolution, München 1969; Kluge, Ulrich: Soldatenräte und Revolution. Studien zur Militärpolitik in Deutschland 1918/19, Göttingen 1975; Miller, Susanne: Die Bürde der Macht. Die deutsche Sozialdemokratie 1918-1920, Düsseldorf 1978; Lehnert, Detlef: Sozialdemokratie und Novemberrevolution. Die Neuordnungsdebatte in der politischen Publizistik von SPD und USPD, Frankfurt am Main 1983; Hürten, Heinz: Die Kirchen in der Novemberrevolution. Eine Untersuchung zur Geschichte der Deutschen Revolution 1918/19, Regensburg 1984; Bieber, Hans-Joachim: Bürgertum in der Revolution. Bürgerräte und Bürgerstreiks 1918-1920, Hamburg 1992; Ullrich, Volker: Die deutsche Revolution von 1918/19, München 2009; 80 Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution (Herbst 1917 bis Anfang Mai 1919), Leipzig 1981.

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Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 243 – 246. 82 Niess, Wolfgang: Die Revolution von 1918/19 in der deutschen Geschichtsschreibung. Deutungen von der Weimarer Republik bis ins 21. Jahrhundert, Göttingen 2013, S. 396. 83 Bramke, Werner: Zwei Revolutionen im November. In: Ulla Plener (Hrsg.): Die Novemberrevolution in Deutschland. Für bürgerliche und sozialistische Demokratie, Berlin 2009, S. 304-308, hier S. 304. 84 Grebing, Helga: Rosa Luxemburg (1871-1919). In: Walter Euchner (Hrsg.): Klassiker des Sozialismus. Band 2: Von Jaures bis Marcuse, München 1991, S. 58-71. 85 Gilbert Badia: Clara Zetkin. Eine neue Biographie, Berlin 1994. 86 Wickert, Christl: Helene Stöcker: 1869-1943. Frauenrechtlerin, Sexualreformerin und Pazifistin. Eine Biographie, Bonn 1991. 87 Grebing, Helga: Frauen in der deutschen Revolution 1918/19, Heidelberg 1994. 88 Ebd., S. 7. 89 Weberling, Anja: Zwischen Räten und Parteien. Frauenbewegung in Deutschland 1918/19, Pfaffenweiler 1984, S. 3. 90 Ebd., S. 53-69. 91 Niess, Wolfgang: Die Revolution von 1918/19 in der deutschen Geschichtsschreibung, S. 408. 92 Gallus, Alexander (Hrsg.): Die vergessene Revolution von 1918/19, Göttingen 2010. 93 Canning, Kathleen: Das Geschlecht der Revolution – Stimmrecht und Staatsbürgertum 1918/19. In: Alexander Gallus (Hrsg.): Die vergessene Revolution von 1918/19, Göttingen 2010, S. 84-116, hier S. 88. 94 Beutin, Heidi: „Das waren Wintermonate voller Arbeit, Hoffen und Glück...“ Novemberrevolution und Frauenbefreiung – Frauen und die Novemberrevolution. In: Heidi Beutin, Wolfgang Beutin, Ralph Müller-Beck (Hrsg.): Das waren Wintermonate voller Arbeit, Hoffen und Glück ... Die Novemberrevolution 1918 in Grundzügen, Frankfurt / Main 2010, S. 119-137, hier S. 119. 95 Ebd., S. 120. 96 Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914-1949, München 2003. 97 Winkler, Heinrich August: Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik, München 2000. 98 Gerstl, Max: Die Münchner Räterepublik, München 1919. 99 Mühsam, Erich: Von Eisner bis Levine. Die Entstehung der bayerischen Räterepublik, Berlin 1929; Gesell, Silvio: Der Abbau des Staates und Einführung der Volksherrschaft, Berlin 1919; Landauer, Gustav: Aufruf zum Sozialismus. 3. Auflage, Berlin 1920; Schmitt, Franz-August: Die neue Zeit in Bayern, München 1919; Toller, Ernst: Gesammelte Werke. Band 5. Briefe aus dem Gefängnis. Hrsg. v. Wolfgang Frühwald und John M. Spalek, München 1978. 100 Leviné, Rosa: Aus der Münchner Rätezeit, Berlin 1925. 101 Mühsam, Kreszentia: Der Leidensweg Erich Mühsams, Zürich 1935. 102 Ay, Karl-Ludwig: Die Entstehung einer Revolution. Die Volksstimmung in Bayern während des ersten Weltkrieges, Berlin 1968, S. 52. 103 Mitchell, Allan: Revolution in Bayern 1918/19, München 1967. 104 Bosl, Karl (Hrsg.): Bayern im Umbruch, München 1969. 105 Beyer, Hans: Von der Novemberrevolution zur Räterepublik in München, Berlin 1957. Beyer hatte für diese Arbeit keine Erlaubnis durch die Leitung des bayerischen Hauptarchivs für die Benutzung erhalten, so dass wesentliche Quellen dafür nicht herangezogen werden konnten. Nach erlaubter Einsicht in das Archivmaterial der bayerischen Archive hatte er dann diese Arbeit überarbeitet, es entstand eine neue Darstellung: Beyer, Hans: Die Revolution in Bayern 1918-1919, Berlin 1982. 106 Ebd., S. 118. 107 Kögl, Otto: Revolutionskämpfe im südostbayerischen Raum, Rosenheim 1969; Frölich, Paul: Die Bayerische Räterepublik. Tatsachen und Kritik. Nachdruck der zweiten um einen Anhang erweiterten Auflage, Leipzig 1920, Frankfurt / Main 1971. 108 Schwarz, Klaus-Dieter: Weltkrieg und Revolution in Nürnberg, Stuttgart 1971. 109 Schafhirt, Hans-Peter: Die Stadt Regensburg und die bayerische Revolution von 1918/19, Regensburg 1981; Hecht, Karl: Revolution und Räterepublik in der Nördlichen Oberpfalz, Regensburg 1980; Köttnitz-Porsch, Bettina: Novemberrevolution und Räteherrschaft 1918/18 in Würzburg, Würzburg 1985. 110 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte. Die erste bayerische Räterepublik vom 7. April 1919, Grafenau 1989. 111 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19. Legitimation – Organisation – Funktion, München 2001.

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Dr. jur. Anita Augspurg, Aloisia Eberle, Viktoria Gärtner, Hedwig Kämpfer, Dr. Rosa Kempf, Luise Kiesselbach, Agnes Losem, Emilie Mauerer, Frl. Romolt, Marie Sturm und Helene Sumper. Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 406. 113 Ebd., S. 406. 114 Ebd. 115 Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen. Frauen in der bayerischen Revolution und Räterepublik 1918/19. Mit einem Briefwechsel zwischen Frauen vom Ammersee, aus München, Berlin und Bremen, Fulda 2008. 116 Ebd., S. 17-37. 117 Karl, Michaela: „So viel habe ich diesmal gelernt, dass ich bei einer Revolution mit Weibern nichts mehr zu tun haben will.“ Frauen in der Revolution in Bayern 1918/19. In: Erich-Mühsam-Gesellschaft (Hrsg.): Die Rote Republik. Anarchie- und Aktivismuskonzept der Schriftsteller 1918/19 und das Nachleben der Räte – Erich Mühsam, Ernst Toller, Oskar Maria Graf u.a., Lübeck 2004, S. 167-183. 118 Karl, Michaela: Die Münchener Räterepublik. Portraits einer Revolution, Düsseldorf 2008. 119 Gerstenberg, Günther: Rosa Aschenbrenner – ein Leben für die Politik. Münchner Skizzen 12, München 1998. 120 Volland, Eva-Maria: Antonie (‚Toni’) Pfülf – „die Interessen der Frauen zu vertreten.“ In: Hartmut Mehringer (Hrsg.): Von der Klassenbewegung zur Volkspartei. Wegmarken der bayerischen Sozialdemokratie 1892-1992, München, London, New York, Paris 1992. 121 Beumelburg, Ellen: Anita Augspurg – ein Leben für die Emanzipation der Frauen. In: Hartmut Mehringer (Hrsg.): Von der Klassenbewegung zur Volkspartei. Wegmarken der bayerischen Sozialdemokratie 1892-1992, München, London, New York, Paris 1992, S. 168-174; Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg (1857-1943). Feministin und Pazifistin zwischen Journalismus und Politik. Eine kommunikationshistorische Biographie, Herbolzheim 2005. 122 Godin, Marie Amelie von: Ellen Ammann. Ein Lebensbild, München 1933; Neboisa, Marianne: Ellen Ammann. 1870-1932. Diakonin der katholischen Aktion. Ein Lebensbild, München 1981. 123 90 Jahre Räterevolution München. Ausstellung 27. Februar 09.00 Uhr: „Eine neue Zeit ist angebrochen: Erscheint in Massen! URL: http://www.raeterevolution.De/index.php?page id=21&idG=89 (3.10.14, 11:21 Uhr). 124 Mit der bürgerlichen Frauenbewegung beschäftigten sich u.a.: Twellmann, Margit: Die deutsche Frauenbewegung. Ihre Anfänge und erste Entwicklung 1843-1889 [1972], Frankfurt / Main 1993; Greven-Aschoff, Barbara: Die bürgerliche Frauenbewegung in Deutschland 1894 – 1933, Göttingen 1981; Gerhard, Ute: Frauenbewegung und Feminismus. Eine Geschichte seit 1789, München 2009. Über die gemäßigt-bürgerliche Frauenbewegung existieren Abhandlungen, die von aktiven Frauenrechtlerinnen verfasst worden sind: Bernays, Marie: Die deutsche Frauenbewegung, Leipzig, Berlin 1920; Zahn-Harnack, Agnes: Die Frauenbewegung. Die Geschichte, Probleme, Ziele, Berlin 1928. Als grundlegende Werke zur proletarischen Frauenbewegung können exemplarisch genannt werden: Thönnessen, Werner: Frauenemanzipation. Politik und Literatur der deutschen Sozialdemokratie zur Frauenbewegung 1863-1933, Frankfurt / Main 1969; Evans, Richard J.: Sozialdemokratie und Frauenbewegung im deutschen Kaiserreich, Berlin, Bonn 1979; Niggemann, Heinz: Emanzipation zwischen Sozialismus und Feminismus. Die sozialdemokratische Frauenbewegung im Kaiserreich, Wuppertal 1981. 125 Davis, Belinda: Das Private ist politisch, S. 158. 126 Viele bedeutende Arbeiten der historischen Frauen- und Geschlechtergeschichte wandten sich dem Themenkreis Nation, Krieg und Politik zu. Einige davon sollen hier explizit genannt werden: Hagemann, Karen: Krieg, Militär und Mainstream. Geschlechtergeschichte und Militärgeschichte. In: Karen Hagemann, Jean Quataert (Hrsg.): Geschichte und Geschlechter. Revisionen der neueren deutschen Geschichte, Frankfurt / Main 2008, S. 93-129; Daniel, Ute: Arbeiterfrauen in der Kriegsgesellschaft. Beruf, Familie und Politik im Ersten Weltkrieg, Göttingen 1989; Kundrus, Birthe: Kriegerfrauen. Familienpolitik und Geschlechterverhältnisse im Ersten und Zweiten Weltkrieg, Hamburg 1995; Sack, Birgit: Zwischen religiöser Bindung und moderner Gesellschaft. Katholische Frauenbewegung und politische Kultur in der Weimarer Republik (1918/19-1933), Münster 1998; Planert, Ute (Hrsg.): Nation, Politik und Geschlecht. Frauenbewegungen und Nationalismus in der Moderne, Frankfurt / Main, New York 2000; Wildenthal, Lora: German Women for Empire, 1884-1945, Durham, London 2001; Frevert, Ute: Die kasernierte Nation. Militärdienst und Zivilgesellschaft in Deutschland, München 2001; Süchting-Häring, Andrea: Das „Gewissen“ der Nation.“ Nationales Engagement und politisches Handeln konservativer Frauenorganisationen 1900 – 1937, Düsseldorf 2002; Hagemann, Karen: „Mannlicher Muth und Teutsche Ehre.“ Nation, Militär und Geschlecht zur Zeit der antinapoleonischen Kriege Preußens, Paderborn 2002; Planert, Ute: Der Mythos vom Befreiungskrieg. Frankreichs Kriege und der deutsche Süden. Alltag, Wahrnehmung, Deutung 1792-1841, Paderborn 2006. Der Sammelband von Karen Hagemann und Jean H. Quataert liefert einen guten Überblick über die neuen Forschungsleistungen der Frauen- und Geschlechtergeschichte: Hagemann, Karen / Quataert Jean H. (Hrsg.): Geschichte und Geschlechter. Revisionen der neueren deutschen Geschichte, Frankfurt / Main 2008.

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„Wenn die Frauen nur erst mehr geschichtliche Quellenstudien betreiben würden, dürfte sich herausstellen, daß den deutschen Frauen [...] ein weit größerer Anteil zufällt, als die Herren Geschichtsschreiber uns mitzuteilen für gut finden.“ Augspurg, Anita: Die Wichtigkeit der Beteiligung der Frauen an den politischen und kommunalen Wahlen. In: Parlamentarische Angelegenheiten und Gesetzgebung. Beilage zur Frauenbewegung. 11. Jg./Nr. 22 (15.11.1905). Zit. n.: Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, 1857-1943). Feministin und Pazifistin zwischen Journalismus und Politik. Eine kommunikationshistorische Biographie, Herbolzheim 2005, S. 23. 128 Frauenstreben. Veröffentlichungsorgan des Hauptverbandes bayerischer Frauenvereine; Bayerische FrauenZeitung des Stadtbundes Münchener Frauenvereine und des Hauptverbandes Bayerischer Frauenvereine; Die Frau im Staat. Eine Monatszeitschrift, hrsg. von Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann; Bayerisches Frauenland. Organ des Bayerischen Landesverbandes des Katholischen Frauenbundes; Die Arbeiterin. Organ des Verbandes süddeutscher katholischer Arbeiterinnen-Vereine; Bayerische Lehrerinnen-Zeitung. Organ des Bayerischen Lehrerinnen-Vereins, hrsg. vom Bayerischen Lehrerinnenverein. 129 Schmolze, Gerhard (Hrsg.): Revolution und Räterepublik in München 1918/19 in Augenzeugenberichten, Düsseldorf 1969. 130 Dorst, Tankred (Hrsg.): Die Münchener Räterepublik. Zeugnisse und Kommentare, Frankfurt / Main 1977. 131 Viesel, Hansjörg (Hrsg.): Literaten an der Wand. Die Münchner Räterepublik und die Schriftsteller, Frankfurt / Main 1980. 132 Graf, Oskar Maria: Wir sind Gefangene, München 1978. 133 Heymann, Lida Gustava unter Mitarbeit von Anita Augspurg: Erlebtes – Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850 – 1940, hg. von Margit Twellmann, Meisenheim 1972, 6. Kapitel: Revolution S. 157-186. 134 Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg (1857-1943), S. 74. 135 Ebd., S. 75. 136 So wird beispielsweise Helene Stöcker nur einmal erwähnt. Bayerische Mitstreiterinnen wie Antonia Pfülf, die sogar im selben Haus in München (Kaulbachstraße 12) wie Heymann wohnte, werden gar nicht erwähnt. Über Hedwig Kämpfer finden sich nur einige Hinweise über ihre Arbeit im Revolutionstribunal. 137 Lerner, Gerda: Frauen in die Geschichte einfügen: Definitionen und Fragen, S. 149. 138 Rüsen, Jörn: ‚Schöne’ Parteilichkeit, S. 533. 139 Thronrede des Kaisers am 5.8.1914 im Reichstag. Zit. n. Kruse, Wolfgang: Der Erste Weltkrieg, Darmstadt 2009, S. 16. 140 Bäumer, Gertrud: Die deutsche Frau in der sozialen Kriegsfürsorge, Gotha 1916, S. 46. 141 Lüders, Maire-Elisabeth: Das unbekannte Heer. Frauen kämpfen für Deutschland 1914-1918, Berlin 1936, S. 178. 142 Ebd., S. 7. 143 Kruse, Wolfgang: Krieg und nationale Identität: Die Ideologisierung des Krieges. In: ders. (Hrsg.): Eine welt von Feinden. Der große Krieg von 1914-1918. 2. Auflage, Frankfurt / Main 2000, S. 167-176, hier S. 168 f. 144 „Im Deutschland der Zukunft, in dem die Schätzung des Einzellebens, das weibliche Prinzip, neben dem männlichen der Selbstbehauptung nach außen in seine volle Kraft eingesetzt werden muß, wird Raum und Möglichkeit sein für ein Miteinanderarbeiten der verschieden gerichteten sozialen und nationalen Kräfte von Mann und Frau.“ Bäumer, Gertrud: Die Bürgerin im künftigen Deutschland. In: dies.: Weit hinter den Schützengräben. Aufsätze aus dem Weltkrieg, Jena 1916, S. 216-230, hier S. 222. 145 Der BDF war als Dachorganisation für 34 höchst unterschiedliche Frauenorganisationen gegründet worden, bis 1913 gehörten dem BDF 46 Mitgliedsvereine mit knapp 500 000 Mitgliedern an. Frevert, Ute: Frauengeschichte. Zwischen Bürgerlicher Verbesserung und Neuer Weiblichkeit, Frankfurt / Main 1986, S. 110. 146 Lüders, Marie-Elisabeth: Das unbekannte Heer, S. 3. 147 Ebd., S. 12. 148 Luise Zietz, einzige Frau im Parteivorstand der Sozialdemokratie, hatte aus Parteidisziplin am 14. August 1914 dem „Nationalen Frauendienst“ die Mitarbeit der Genossinnen zugesichert. Hering, Sabine: Die Kriegsgewinnlerinnen, Praxis und Ideologie der deutschen Frauenbewegung im Ersten Weltkrieg, Pfaffenweiler 1990, S. 49. 149 Lüders, Marie-Elisabeth: Das unbekannte Heer, S. 3. 150 Ebd., S. 15. 151 Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz.“ Entstehungsbedingungen und Entwicklungsgeschichte der bürgerlichen Frauenbewegung in Aschaffenburg vor dem Ersten Weltkrieg, Frankfurt / Main 1993, S. 220. 152 Kiesselbach, Luise: Die Frauenarbeit in der Münchner Kriegshilfe, Leipzig 1911, S. 3. 153 Wack, Anna: Frauenarbeit in der Kriegsfürsorge in München, München 1918, S. 2. 154 So hatte in Nürnberg die führende Sozialistin Helene Grünberg in einem Verein „Frauendank“ Gelder für die Kriegerhinterbliebenen-Fürsorge gesammelt. Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg. Feministischen Informations-Bildungs- und Dokumentationszentrum (FiBiDoZ) e. V. (Hrsg.): „Ver-

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laßt Euch nicht auf die Hülfe deutscher Männer! (Hedwig Dohm 1876). Stationen der bürgerlichen und proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, Nürnberg 1990, S. 77-112, hier S. 95. 155 Krafft, Sybille: „An der Heimatfront.“ Frauenleben im Ersten Weltkrieg 1914-1918. In: dies. (Hrsg.): Frauenleben in Bayern von der Jahrhundertwende bis zur Trümmerzeit, München 1993, S. 119-170, hier S. 123, 125. 156 Seidel, Anneliese: Frauenarbeit im Ersten Weltkrieg als Problem der staatlichen Sozialpolitik (Bayern), Frankfurt / Main 1979, S. 108. 157 Wack, Anna: Frauenarbeit in der Kriegsfürsorge in München, S. 9. 158 Altmann-Gottheiner, Elisabeth: Heimatdienst im ersten Kriegsjahr. In: Jahrbuch des Bundes Deutscher Frauenvereine 1916, Leipzig, Berlin 1916, S. 34. 159 Krafft, Sybille: „An der Heimatfront,“ S. 123 ff. 160 Seidel, Anneliese: Frauenarbeit im Ersten Weltkrieg als Problem der staatlichen Sozialpolitik, S. 108. 161 Altmann-Gottheiner, Elisabeth: Heimatdienst im ersten Kriegsjahr, S. 34. 162 Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin – aufgezeigt an der Arbeit des bayerischen Lehrerinnenvereins (1898-1933). Ein Beitrag zur Geschichte der Emanzipation der Frau, München 1971, S. 194. 163 BayHStA: MInn 66 328, Schreiben des Innenministers v. Brettreich vom 7. Juli 1917. 164 BayHStA: MInn 66 327, Note des Kriegsministers v. Kreß an seine Ministerkollegen vom 1. Februar 1916. 165 BayHStA: ML 1 328, ML 1 329, Schreiben des Innenministers v. Brettreich vom 28. Juni 1917. 166 Zunächst sollten nur Frau Staatsrat von Meinel, die Gattin des Handelsreferenten im Außenministeriums Wilhelm von Meinel, und Freifrau von Pranckh, die Gattin des Bezirksamtmanns a.D. und Gutsbesitzers Sigmund Freiherr von Pranckh dem Beirat angehören, zu der ersten Sitzung des Beirates für Fragen der Volksaufklärung waren aber dann noch vier weitere Frauen hinzugezogen worden: Frau Hofrat Ammann, Frl. Marie Hammerschmidt, Frl. Zettler und Gräfin von Luxburg. BayHStA: MInn 66 329, Note des Innenministers an die Mitglieder des Beirats für Fragen der Volksaufklärung vom 7. September 1917; BayHStA: MInn 66 329, Protokoll der Sitzung am 3. November 1917. 167 Krafft, Sybille: „An der Heimatfront,“ S. 146. 168 Erlaß des Chefs des Kriegsamtes. Organisation der Frauenarbeit durch das Kriegsamt. 16. Januar 1917. Zit. n.: Gersdorff, Ursula von: Frauen im Kriegsdienst, Stuttgart 1969, Dokument 11, S. 128. 169 Ebd., S. 129. 170 Lüders, Marie Elisabeth: Das unbekannte Heer, S. 120. 171 Ebd., S. 211 ff. 172 Ebd., S. 119. 173 Rede des Chefs des Kriegsamtes auf der ersten Sitzung des Nationalen Ausschusses für Frauenarbeit im Kriege. 8. März. Zit. n.: Gersdorff, Ursula von: Frauen im Kriegsdienst, Dokument 23, S. 156. 174 Seidel, Anneliese: Frauenarbeit im Ersten Weltkrieg als Problem der staatlichen Sozialpolitik, S. 132. 175 Ebd., S. 136. 176 Ebd., S. 138. 177 Ebd., S. 148. 178 Ebd., S. 203. 179 Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin, S. 194. 180 BayHStA: MInn 66 329, Note des Innenministers an die Mitglieder des Beirats für Fragen der Volksaufklärung vom 7. September 1917; BayHStA: MInn 66 329, Protokoll der Sitzung am 3. November 1917. 181 Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin, S. 194. 182 Krafft, Sybille: „An der Heimatfront,“ S. 152. 183 Gesamtvorstandssitzung des Hauptverbandes bayer. Frauenvereine. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 14, (16. November 1918), S. 67 f. 184 Ebd., S. 68. 185 Albrecht, Willy: Landtag und Regierung in Bayern am Vorabend der Revolution von 1918. Studien zur gesellschaftlichen und staatlichen Entwicklung Deutschlands von 1912-1918, Berlin 1968, S. 75. 186 Ebd. 187 Doch innerhalb der Sozialdemokratie entwickelte sich zunehmend eine „doppelte Loyalität:“ zum einen gegenüber dem internationalen Sozialismus, zum anderen gegenüber der Nation. Bei Kriegsausbruch kam es deshalb zu einer Bewilligung der Kriegskredite durch die Reichstagsfraktion der SPD, um dem Vorwurf mangelnder Vaterlandsliebe zu begegnen. Kruse, Wolfgang: Krieg und nationale Integration, S. 25. 188 Wurms, Renate: Kein einig’ Volk von Schwestern: 1890 bis 1918. In: Florence Herve (Hrsg.): Geschichte der Deutschen Frauenbewegung. 7. Auflage, Köln 2001, S. 36-84, hier S. 77. 189 Rosa Luxemburg und Käte Dunker hielten in Berlin Schulungskurse und Frauenleseabende ab, in denen sie sich der Kriegspolitik entgegenstellten. Scholze, Siegfried: Gegen Imperialismus und Völkermord – für Frieden und Brot. In: Arbeitsgemeinschaft „Geschichte des Kampfes der deutschen Arbeiterklasse um die Befreiung der Frau“ (Hrsg.): Um eine ganze Epoche voraus, Leipzig 1970, S. 46-63, hier S. 50. Im Unterschied zu anderen sozialdemokratischen Organen propagierte die „Gleichheit“ weiterhin einen Antimilitarismus und nahm eine

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entschieden kriegsfeindliche Opposition ein. Bereits einen Tag nach Bewilligung der Kriegskredite wurden in der „Gleichheit“ die internationalen Antikriegsresolutionen von Stuttgart (1907), Kopenhagen (1910) und Basel (1912) veröffentlicht, im Leitartikel „Proletarische Frauen, seid bereit! rief Clara Zetkin zum „Krieg gegen den Krieg“ auf. Wurms, Renate: Kein einig’ Volk von Schwestern, S. 77. 190 Dabei war ihre „Friedenslosung“ eher Ausdruck ihrer Enttäuschung über die proletarischen Massen, die in ihren Augen seit August 1914 versagt hätten. An eine Revolutionierung der Massen vermochte sie zu diesem Zeitpunkt nicht glauben und richtete ihr Augenmerk daher auf Friedensaktivitäten. Puschnerat, Tania: Clara Zetkin. Bürgerlichkeit und Marxismus. Eine Biographie, Essen 2003, S. 220. 191 Internationale Sozialistische Frauenkonferenz in Bern vom 26. bis 28. März 1915. Clara Zetkins offizieller Bericht über die Verhandlungen. In: Brinker-Gabler, Gisela (Hrsg.): Frauen gegen den Krieg, Frankfurt / Main 1980, S. 151-160, hier S. 160. 192 Evans, Richard J.: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich, Berlin, Bonn 1979, S. 279. 193 „Nun, der Burgfrieden zeigt sich darin, daß der Unternehmer eure Löhne drückt, der Händler und gewissenlose Spekulant die Preise steigert, der Hauswirt euch auf die Straße zu setzen droht. Der Staat hat für euch karge Hand, die bürgerliche Wohltätigkeit kocht Bettelsuppen und empfiehlt euch zu sparen.“ BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 13 366, Denkschrift des bayer. Kriegsministeriums über die Friedenbewegung vom 2. November 1915, Anlage 9, Abschrift des Flugblattes „Frauen des arbeitenden Volkes!“ 194 Ebd. 195 Wack, Anna: Frauenarbeit in der Kriegsfürsorge in München, S. 2. 196 „Von Frauen an die Frauen! Wir wollen nicht länger zusehen, wie man unsere Männer und Söhne hinschlachtet. Und wir wollen auch nicht mehr länger dulden, daß sich die Väter unserer Kinder die Hände mit dem Blut ihrer Menschenbrüder beflecken müssen! Wir fordern Frieden! Frieden für Alle!“ BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 13 366, Aktenvermerk Sonnenburgs vom 10. Januar 1916. 197 „Weckruf! Frauen und Mädchen! Weint nicht zuhause ‚Wir wollen Frieden’! Dann wird Euch ein Echo der Frauen aller an dem großen Menschenschlachten beteiligten Länder antworten: ‚Wir wollen Frieden!’“ BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 13 366, Aktenvermerk Sonnenburgs vom 10. Januar 1916. 198 BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 13 366, Entwurf eines Schreibens des Kriegsministeriums vom 23.11.1915. 199 Ebd. 200 Ebd. 201 Staatsarchiv Augsburg: Bezirksamt Lindau, Nr. 3 969: Stellv. Generalkommando I.b.A.K. An die Distriktsverwaltungsbehördendes Korpsbezirks vom 5.5.1917, Betreff: Vaterlandsfeindliche Propaganda. 202 Heymann, Lida, Gustava / Augspurg Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 121. 203 So werden Minna Cauer, Auguste Kirchhoff, Helene Stöcker, Lida Gustava Heymann und Anita Augspurg – alle dem radikalen Flügel der Frauenbewegung zuzurechnen – von Braker als „Bertha von Suttner’s Spiritual Daugthers“ bezeichnet. Braker, Regina: Bertha von Suttners Spiritual Daughters. The Feminist Pacifism of Anita Augspurg, Lida Gustava Heymann and Helene Stöcker at the International Congress of Women at The Hague, 1915. In: Women’s Studies International Forum, 18. Jg./Nr. 2 (1995), S. 103-111, S. 103. 204 Zit. n.: Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg (1857-1943), S. 403. Kinnebrock bezieht sich hier auf Artikel in den Berliner Neuesten Nachrichten Nr. 607 vom 29.11.1914 sowie in der Kreuzzeitung Nr. 562 vom 20.11.1914. 205 Augspurg, Anita / Heymann, Lida Gustava / Selenka, Margarethe / Max Stora / Holma-Ortel, Maria: Botschaft an den Weltbund. In: Zeitschrift für Frauenstimmrecht, 17. Jg. (15.11.1914), S. 51 f., hier S. 52. 206 „Millionen Männer blieben auf dem Felde, sie sehen die Heimat niemals wieder. Andere kehrten heim, zerschlagen und krank an Leib und Seel. Städte höchster Kultur, Stätten trauten Menschenglücks sind vernichtet. Europas Boden raucht von Menschenblut. [...] Frauen Europas, wo bleibt Eure Stimme? Seid Ihr nur groß im Dulden und Leiden? [...] Frauen Europas, wo bleibt Eure Stimme, um Frieden zu sähen (sic!)? Laßt Euch nicht abhalten durch jene, die Euch, weil Ihr Frieden wollt, der Schwäche zeihen, die da sagen, Ihr werdet durch Euren Protest den blutigen Gang der Geschichte nicht aufhalten. Versucht zum mindesten, dem Rad der Zeit menschlich, mutig und stark, würdig Eures Geschlechtes, in die bluttriefenden Speichen zu greifen.“ Heymann, Lida Gustava: Eine Frage. Frauen Europas, wann erschallt euer Ruf? In: Die Frauenbewegung, 21. Jg., Nr. 3 (1.2.1915), S. 14. Ein Abdruck liegt auch in den Akten des Kriegsministeriums. BayHStA, Kriegsarchiv, MKr 13 366: An das K. Staatsministerium des Königl. Hauses und des Äußern, Betreff: Friedensbewegung 2.11.1919, Anlage 7. 207 Ebd. 208 BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen. Kdo. I. A.K. 1 935, Abschrift des bayerischen Kriegsministeriums an das Stv. Generalkommando in Berlin vom 4.2.1915. Minna Cauer, in deren Zeitschrift „Frauenbewegung“ der Aufruf erschienen war, wurde zum Berliner Generalkommando zitiert. Man teilte ihr mit, dass Heymanns Appell jeglicher „Vaterlandsliebe“ entbehre, „aufrührerisch“ sei und „Liebknechts Stellung“ widerspiegele. Da Cauer ein Verbot der „Frauenbewegung“ angedroht wurde, unterstellte sie sich ‚freiwillig’ der Vorzensur, in der Folge-

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zeit wurde die gesamte Berichterstattung der Zeitschrift zensiert. Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg (18571943), S. 401. 209 Etwa 1000 Frauen aus Holland hatten sich als teilnehmende Mitglieder einschreiben lassen, weitere 136 Frauen kamen aus Belgien (5), Canada (2), Dänemark (6), Deutschland (28), Großbritannien (3), Italien (1), Norwegen (12), Österreich (6), Schweden (16), Ungarn (10) und den Vereinigten Staaten (47). Quidde, Ludwig: Der deutsche Pazifismus während des Weltkrieges 1914-1918. Aus dem Nachlass Ludwig Quiddes. Hrsg. v. Karl Holl unter Mitwirkung von Helmut Donat, Boppard / Rhein 1979, S. 76. Der BDF war der Einladung zur Teilnahme nicht gefolgt, verabschiedete sogar eine Resolution heraus, die etwaige abtrünnige Vereine und Mitglieder zur Räson bringen sollte: „Der Bund Deutscher Frauenvereine hat eine Beteiligung an dem Internationalen Frauenkongreß in Den Haag abgelehnt. Er erklärt die Propaganda für diesen Kongreß, sowie die Beteiligung daran, für unvereinbar mit der vaterländischen Gesinnung und die nationale Verpflichtung der deutschen Frauenbewegung. [...] Eine solche Propaganda, sowie den Besuch des Kongresses erklärt der Bund für unvereinbar mit jeder verantwortlichen Stellung und Arbeit innerhalb des Bundes Deutscher Frauenvereine.“ Zit. n.: Lischewski, Heike, DFG-VK-Bildungswerk NRW (Hrsg.): Morgenröte einer besseren Zeit. Die Frauenfriedensbewegung von 1892 bis 1932, Münster 1995, S. 124. 210 In diesen Beschlüssen beschäftigte man sich mit den Bedingungen für den Friedensschluss wie z. B. dem Problem von Annexionen. So sollte keine Gebietsübertragung ohne die Einwilligung seiner männlichen und weiblichen Bevölkerung stattfinden. Weiter wurden Grundsätze für einen dauernden Frieden verfasst wie z. B. die Anerkennung der Völkerrechte, schiedsgerichtliche Austragung bei internationalen Streitigkeiten, demokratische Kontrolle auswärtiger Politik und Gleichberechtigung der Frauen auf allen Gebieten. Internationaler Frauenkongress in Den Haag vom 28. April bis 1. Mai 1915. In: Gisela Brinker-Gabler (Hrsg.): Frauen gegen den Krieg, Frankfurt / Main 1980, S. 169-179, hier S. 174 f. 211 Zit. n.: Lischewski, Heike: Morgenröte einer besseren Zeit, S. 122. 212 „Da der zusammenwirkende Einfluss der Frauen aller Länder einer der stärksten Faktoren zur Vermeidung des Krieges ist und da Frauen nur dann volle Verantwortung und wirksamen Einfluß ausüben können, wenn sie die gleichen politischen Rechte wie die Männer haben, so fordert dieser internationale Frauenkongreß die politische Gleichberechtigung der Frauen.“ Zit. n.: Lischewski, Heike: Morgenröte einer besseren Zeit, S. 135. 213 Quidde, Ludwig: Der deutsche Pazifismus während des Weltkrieges 1914-1918, S. 110. 214 Die Frauen beschränkten sich also auf ein Minimum an festen Strukturen, so gab es lediglich Geschäftsstellen als Anlaufpunkt. In den Bekanntmachungen des Ausschusses wurden drei Geschäftsstellen (München, Stuttgart, Hamburg) genannt, als repräsentative Persönlichkeiten traten Frau Frida Perlen (Stuttgart), Lida Gustava Heymann und Dr. Anita Augspurg (Hamburg und München) auf. BayHStA: MInn 66 132, Aus dem Monatsbericht Nr. 6 des Internationalen Frauenausschusses für dauernden Frieden in Amsterdam vom 1. Dezember 1915. 215 Nachdem ein erster Druck der Beschlüsse in Holland erfolgte, sollte ein zweiter in Deutschland bei der Kgl. Bayerischen Hofbuchdruckerei Kastner & Callwey in München in Auftrag gegeben werden. BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen. Kdo. I. A.K. 1 934, Abschrift des bayerischen Kriegsministeriums an das Königliche Oberkommando in den Marken und an sämtliche Stv. Generalkommandos vom 12.5.1915. 216 Ebd. 217 Ebd. 218 BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen. Kdo. I. A.K. 1 933, Schreiben Thea Mertelmeyer an Lida Gustava Heymann vom 24.7.1915. 219 BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen. Kdo. I. A.K. 1 933, Abschrift eines Schreibens des NFDF an Clara Zetkin vom 25.10.1915. L. G. Heymann hatte ein gemeinsames Vorgehen zur Bekämpfung des Krieges vorgeschlagen. Doch in der Rückantwort war die Rede von einer „Unmöglichkeit einer Zusammenarbeit“ auf Grund der „Verschiedenheit politischer Aufassungen.“ BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 13 367, Nr. 41 408/16. 220 BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an das K. Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 14.3.1916, Betreff: Friedensvereinigungen. 221 BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium Armee-Abteilung I an das Kriegspresseamt, Betreff: Versammlung der Münchener Friedensvereinigung am 10.12.15 im Cafe Heck, Nr. 122 598/15; BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium Armee-Abteilung I an das Kriegspresseamt, Betreff: Versammlung der Münchener Friedensgesellschaft am 26.11.15 im Cafe Heck. 222 BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 13 366, Beobachtungsbericht einer Versammlung der Münchner Friedensvereinigung am 29.10.1915. 223 Eisner hatte sich der „Deutschen Friedensgesellschaft“ (DFG) angeschlossen. Wiesemann, Falk: Kurt Eisner. Studie zu seiner politischen Biographie. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bayern im Umbruch. Die Revolution von 1918, ihre Voraussetzungen, ihr Verlauf und ihre Folgen, München 1969, S. 387-426, hier S. 396. 224 So berichtete Gertrud Baer, nicht ohne ironische Distanz: „Wenn Augspurg und Heymann zurückkamen von Versammlungen mit Eisner, dann hing der Himmel voller Geigen.“ Baer, Gertrud: Privatarchiv Gertrud Pinkus, Solothurn: Abschrift des 7. Bandes des Interviews mit Gertrud Baer vom Juni 1977, S, 1. Zit. n.: Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg (1857-1943), S. 431.

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BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium Armee-Abteilung I an das Kriegspresseamt, Betreff: Versammlung der Münchener Friedensgesellschaft am 26.11.15 im Cafe Heck. 226 Lucy Hoesch-Ernst wurde in Düren geboren. Nach dem Studium der Psychologie in London und der Naturwissenschaften in Freiburg promovierte sie 1905 als experimentale Psychologin und veröffentlichte Arbeiten über die Entwicklung und Psychologie des Schulkindes. Sie war Mitglied des Rheinisch-Westfälischen Frauenverbandes und Vorsitzende des Dortmunder Vereins „Frauenbildung – Frauenerwerb.“ Dr. Lucy Hoesch-Ernst war Mitbegründerin der Zeitschrift „Internationale Rundschau“, die in Zürich von 1915-1918 erschien. Von Geburt Deutsche, seit 1902 Bürgerin der USA, wurde Lucy Hoesch-Ernst 1915 für staatenlos erklärt. 227 Dr. Lucy Hoesch-Ernst gehörte in der Münchener Szene zu den aktivsten weiblichen Friedensakteurinnen, agitierte jedoch auch in Berlin. Sie war nach Ansicht des Kriegsministeriums bei der Inszenierung der Berliner Straßenunruhen vom November und Dezember 1915 beteiligt, zusammen mit der Sekretärin des „Bundes Neues Vaterland“ Lilly Jannasch. Dr. Lucy Hoesch-Ernst gehörte folgenden Vereinigungen und Gesellschaften an: Europäische Gesellschaft in Berlin zur Verständigung der Intellectuellen, Bund Neues Vaterland, Anti-OorlogRaad, Deutsche Friedensgesellschaft, Münchener Friedensvereinigung, Nationaler Ausschuß für dauernden Frieden, Frauen-Weltbund zur Förderung internationaler Eintracht, Frauenstimmrechtsbund. BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an das Oberkommando in den Marken, Berlin 14.3.1916, Betreff: Friedensvereinigungen. 228 BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 13 366, Schreiben der Polizeidirektion München an das Stellvertretende Generalkommando in München vom 17.12.1915. 229 BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an das K. Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 14.3.1916, Betreff: Friedensvereinigungen. Die behördliche Beobachtung hatte ergeben, dass weitere Agitationen von dem Münchener Frauenausschuss für dauernden Frieden vorbereitet wurden, die sich hauptsächlich an die gebildeten Frauen wie Lehrerinnen auf dem Lande wenden sollten. Die Distriktschulinspektionen und Stadtschulkommissionen sollten daher dem weiblichen Volksschullehrpersonal in vertraulicher Weise nahelegen, „im vaterländischen Interesse sich selbst der Beteiligung an der fraglichen Bewegung zu enthalten und gegenüber etwaigen Aufforderungen zur Mitwirkung sich ablehnend zu verhalten.“ Staatsarchiv Bamberg: Bezirksamt Neunburg v. W., Nr. 2 796, K. Regierung der Oberpfalz und von Regensburg, Kammer des Innern an die sämtlichen Distriktschulbehörden des Regierungsbezirkes vom 23. September 1915. 230 BayHStA: MInn 66 132, Note des Kriegsministers über die Friedensbewegung v. 2. November 1915. 231 So bestanden in Bayern starke personelle und organisatorische Überschneidungen zwischen den frauenrechtlichen und pazifistischen Gruppierungen. Die führenden Pazifistinnen standen gleichzeitig an der Spitze der Frauenstimmrechtsbewegung. Lida G. Heymann sowie Anita Augspurg waren Begründerinnen des „Frauenausschusses für den dauernden Frieden“ und des „Bayerischen Vereins für Frauenstimmrecht.“ Anita Augspurg saß im Vorstand des Nationalen Frauenausschusses für dauernden Frieden und war gleichzeitig Vorsitzende des Bayerischen Vereins für Frauenstimmrecht, Lida Gustava Heymann gehörte ebenfalls zum Vorstand des Nationalen Frauenausschusses für dauernden Frieden und stand der Ortsgruppe München des bayerischen Vereins für Frauenstimmrecht vor, die radikale Pazifistin Hoesch-Ernst war Mitglied in diesem Stimmrechtsverein und die Suffragette Stora Max war Vorsitzende der Ortsgruppe München des Frauenbundes der Deutschen Friedensgesellschaft. Frau Professor Margarete Selenka gehörte ebenfalls den pazifistischen Vereinigungen als Mitglied an und war Mitarbeiterin und Ratgeberin von Anita Augspurg und L.G. Heymann. Ay, Karl-Ludwig: Die Entstehung einer Revolution, S. 52 232 BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an Hofrat Kitty Hanfstangl, Hochwohlgeboren München 23.1.1916, Betreff: Handhabung der Zensur. 233 BayHStA: MK 19 301 a, Abschrift eines Schreibens des bayerischen Kriegsministeriums an Lida Gustava Heymann vom 6.3.1916. 234 BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an den Bayer. Verein für Frauenstimmrecht, z. H. der 1. Vorsitzenden Fräulein Dr. Anita Augspurg, Hochwohlgeboren, München vom 6.3.1916, Betreff: Friedensvereinigungen. 235 BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an Fräulein Dr. Anita Augspurg vom 6.3.1916, Betreff: Friedensvereinigungen; BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an Fräulein Lida Gustava Heymann vom 6.3.1916, Betreff: Friedensvereinigungen; BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an Frau Professor Margarete Selenka vom 6.3.1916, Betreff: Friedensvereinigungen. 236 Das Kriegsministerium kam im März 1916 zu dem Schluss, „daß eine Verbreitung der Ansichten, wie sie Hoesch-Ernst hat, eine schwere Gefahr für die Sicherheit des Reiches bedeutet.[...] Es kommt noch hinzu, daß sie als Schriftstellerin mit großen Beziehungen und als vermögende Frau diese Verbreitung besonders wirksam gestalten kann. Sie hat auch bereits große Summen dafür hergegeben, so für die Gründung und Erhaltung der Internationalen Rundschau 29 000 Mark.“ BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an das Oberkommando in den Marken, Berlin 14.3.1916, Betreff: Friedensvereinigungen. 237 BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 13 374, Abschrift eines internen Schreibens des Münchner Stellvertretenden Generalkommandos vom 11.2.1917.

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BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 13 373, Internes Schreiben des Kriegsministeriums vom 16.9.1917. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2077/2, Bl. 326, Anonymes Redemanuskript, das sich in den Akten von Frau Klingelhöfer befand. 240 Heymann, Lida Gustava: Die Frau. In: Die Friedensbewegung. Ein Handbuch der Weltfriedensströmungen der Gegenwart. Hrsg. v. Kurt Lenz und Walter Fabian, Berlin 1922, S. 93. 241 Ay, Karl-Ludwig: Die Entstehung einer Revolution, S. 52. 242 Bäumer, Gertrud: Lebensweg durch eine Zeitenwende, Tübingen 1933, S. 273. 243 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 125. 244 Zur Lebensmittelversorgung im Ersten Weltkrieg: Kundrus, Birthe: Kriegerfrauen. Familienpolitik und Geschlechterverhältnisse im Ersten und Zweiten Weltkrieg, Hamburg 1995, S. 124-141; Daniel, Ute: Arbeiterfrauen in der Kriegswirtschaft. Beruf, Familie und Politik im Ersten Weltkrieg, Göttingen 1989, S. 183-232; Guttmann, Barbara: Weibliche Heimarmee. Frauen in Deutschland 1914-1918, Weinheim 1989, S. 24-27; Roerkkohl, Anne: Die Lebensmittelversorgung während des Ersten Weltkrieges im Spannungsfeld kommunaler und staatlicher Maßnahmen. In: Hans-Jürgen Teuteberg (Hrsg.): Durchbruch zum modernen Massenkonsum. Lebensmittelmärkte und Lebensmittelqualität im Städtewachstum des Industriezeitalters, Münster 1987, S. 309370; 245 Die erste Welle dieser Krawalle schien im November 1915 ausgebrochen zu sein und zwar in Berlin, Aachen, Köln, Leipzig und Münster. Lucas, Erhard: Arbeiterradikalismus. Zwei Formen von Radikalismus in der deutschen Arbeiterbewegung, Frankfurt / Main 1976, S. 148; Evans, Richard J.: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich, S. 299. Im Frühsommer 1916 wurden aus verschiedenen Städten zum Beispiel aus Dortmund, Leipzig und Hamburg weitere Hungerunruhen gemeldet, die auf die schlimme Kartoffelnot zurückzuführen waren. Peters, Dietlinde: Mütterlichkeit im Kaiserreich. Die bürgerliche Frauenbewegung und der soziale Beruf der Frau, Bielefeld 1984, S. 38; Ullrich, Volker: Die Hamburger Arbeiterbewegung vom Vorabend des Ersten Weltkrieges bis zur Revolution 1918/19, Hamburg 1976, S. 277-282; Ullrich, Volker: Kriegsalltag. Hamburg im Ersten Weltkrieg, Köln 1982, S. 51-56. Im „Kohlrübenwinter“ 1916/17 erreichte die Stimmungsverschlechterung auf Grund von Kartoffel- , Fett- sowie Brennstoffmangel ihren ersten Höhepunkt. Ullrich, Volker: Kriegsalltag, S. 63- 72. Doch die Protestwelle steigerte sich noch, eine lang anhaltende Welle von Krawallen erschütterte die deutsche Heimatfront die letzten beiden Kriegsjahre. Im Januar 1917 zerschlugen etwa tausend von Kindern begleitete Frauen die Fenster des Rathauses in Harburg, einer Vorstadt Hamburgs, und bewarfen die Polizei mit leeren Flaschen. Die Menge hauptsächlich aus Frauen, Kindern und Jugendlichen bestehend, rief „Hunger!“ Am 16. Januar 1917 wurden weitere 22 Fenster des Harburger Rathauses von rebellierenden Frauen eingeworfen. In Hamburg wurden die Fenster von 105 Läden von aufständischen proletarischen Hausfrauen zertrümmert, in 118 Geschäften Brot gestohlen, ab Februar 1917 dehnte sich die Bewegung auf die umliegenden Schleswig-Holsteinischen Industrievororte aus. Ullrich, Volker: Die Hamburger Arbeiterbewegung vom Vorabend des Ersten Weltkrieges bis zur Revolution 1918/19, S. 273 ff. 246 Ay, Karl-Ludwig: Die Entstehung einer Revolution, S. 26, S. 156. 247 Krafft, Sybille: „An der Heimatfront,“ S. 135. 248 Übersicht und Darstellung der einzelnen Vorkommnisse finden sich im Anhang unter 7.1 Tabellen, Tabelle 1, S. 320. 249 In Hof hatte am 30. März 1916 eine Abordnung von Textilarbeiterinnen dem Magistrat einen Antrag übergeben die geplante Kürzung der Brotmarken zurückzunehmen. Macht, Rudolf: Bewährung. Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung. Band II (1891 – 1918), Hof 1991, S. 596 f. Auch der „Weiberaufstand in Weiden“ Anfang August 1917 begann mit einer Abordnung von Frauen, die um eine größere Zuckerzuteilung baten. Staatsarchiv Amberg: Landgericht Weiden, Strafakten 129, Bd. 4, Anklageschrift des Staatsanwaltes bei dem Kgl. Landgericht Weiden v. 11. März 1918; Staatsarchiv Amberg: Bezirksamt Neustadt Nr. 4 151, Ergebnis der Voruntersuchung. 250 In Nürnberg wurden von krawallierenden Frauen am 12. und 13. März 1917 die Fensterscheiben eines Bäckerladens zertrümmert (BayHStA: ML 13 358, Telegramm Geßlers an MInn vom 12.3.1917 sowie Bericht Stadtmagistrat an MInn vom 14.3.1917), in Weiden wurden Anfang August 1917 das Lagerhaus des Kaufmann Röger wie das Anwesen des Kolonialwarenhändlers Wießmath mit Steinen beworfen, insgesamt entstand bei diesem Aufstand ein Sachschaden von 10 000 Mark (Staatsarchiv Amberg: Landgericht Weiden, Strafakten 129, Bd. 4. Anklageschrift des Staatsanwaltes bei dem Kgl. Landgericht Weiden v. 11. März 1918 und Staatsarchiv Amberg: Bezirksamt Neustadt Nr. 4 151. Ergebnis der Voruntersuchung). 251 Wachleute wurden mit Steinen, Pferdemist und Straßenkot beworfen (BayHStA, Kriegsarchiv: St. Gen. Kdo. III. A. K., Bd. 164/II/3, Umschlag Nürnberg, Bl. 15, Stadtmagistrat an stellv. III. Generalkommando), gerieten in ein Handgemenge mit der Polizei (BayHStA: ML 13 358, Telegramm Geßlers an MInn vom 12.3.1917 sowie Bericht Stadtmagistrat an MInn vom 14.3.1917), griffen Amtspersonen wie Feuerwehrmänner und Stadtratsmitglieder an. (Staatsarchiv Amberg: Landgericht Weiden, Strafakten 129, Bd. 4, Anklageschrift des Staatsanwaltes bei dem Kgl. Landgericht Weiden v. 11. März 1918; Staatsarchiv Amberg: Bezirksamt Neustadt, Nr. 4 151, Ergebnis der Voruntersuchung). 239

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Staatsarchiv Amberg: Bezirksamt Neustadt, Nr. 4 151, Urteilsverkündung der Strafkammer des K. Landgerichtes Weiden vom 22. Mai 1918. 253 Staatsarchiv Amberg: Landgericht Weiden, Strafakten 129, Bd. 4, Anklageschrift des Staatsanwaltes bei dem Kgl. Landgericht Weiden v. 11. März 1918, Ergebnis der Voruntersuchung. 254 Von diesen Frauen waren 14 unter 21 Jahren, die jüngste Teilnehmerin des Aufstands und auch Angeklagte war ein zwölfjähriges Mädchen. Neunundzwanzig Frauen waren zwischen 21 und 40 Jahren, sechs von ihnen über 40 Jahre alt. Die Hauptbeteiligten wurden zu Gefängnisstrafen von 4 bis 6 Monaten verurteilt, für die übrigen Angeklagten wurden geringere Strafen, bis herab zu 1 Woche Gefängnis ausgesprochen, 20 Angeklagte wurden freigesprochen. Staatsarchiv Amberg: Bezirksamt Neustadt, Nr. 4 151, Verfahren bzw. Urteilsverkündung der Strafkammer des K. Landgerichtes Weiden vom 22. Mai 1918. 255 Staatsarchiv Landshut: BezA/LRA Straubing, Nr. 1 405, K. Staatsministerium des Innern an die K. Regierung von Oberbayern, Betreff: Ausschreitungen in Ingolstadt vom 28. Juni 1918, zur Kenntnisnahme an die übrigen Regierungen. gez. Von Brettreich. 256 Ebd. Ein ausführlicher Bericht über die Unruhen in Ingolstadt finden sich auch in der Note des Innenministers an die Regierung von Oberbayern v. 28.6.1918, BayHStA: MInn 66 284. 257 Ebd. 258 Ebd. 259 BayHStA: MInn 66 284, Stadtkommissär Erlangen an MInn, 25.5.18. 260 BayHStA: ML 1 330. 261 Ende Juli hörte ein Regensburger Bürger ein Gespräch von 25 Frauen mit an, die im Zuge von Straubing nach Geiselhöring fuhren. Er gab das Gehörte weiter: „Jetzt kommt der König zu uns – den braucha ma a no – der soll mit seine Trudeln daheim bleibn – Unser Bürgermeister, der Depp ist extra nach München g’fahrn und hat’n eig’ladn – da schreins immer von den Schulden – die Dekration wird wieder a Geld kostn – a Festfressen wollns a gebn – mir braucha an Dr --- Der soll nur kema – mir hams scho ausgmacht – mit de fauln Kartoffeln wird er empfanga. De moana, wenns a Militär hinstelln, dös hilft eana wos – die Soldaten helfa alle zu uns – dö ham von dem Schwindel a gnua!“ BayHStA: MInn 66 331, Hans Erhard an Garnisonskommando Regensburg, 1. August 1918. 262 Krafft, Sybille: „An der Heimatfront,“ S. 136. 263 Staatsarchiv Bamberg: Bezirksamt Teuschnitz K 21, Nr. 3 324, K. Regierungs-Präsidium von Oberfranken an die Herren Vorstände der Distriktverwaltungsbehörden des Regierungsbezirkes und an den Herrn K. Stadtkommissär in Bayreuth, Betreff: Bekämpfung von Unruhen vom 13. März 1917. Zu ähnlichen Maßnahmen griffen in anderen Städten wie z.B. Lindau auch die Behörden, die „Vertrauenpersonen (namentlich Frauen)“ aufstellen ließen mit der Aufgabe, „bei Aufläufen usw. die Tätigkeit der Polizeibeamten in unauffälliger Weise durch Beruhigung der Volksmenge zu unterstützen.“ Staatsarchiv Augsburg: Bezirksamt Lindau, Nr. 3969, Präsidium der K. Regierung von Schwaben u. Neuburg An die Herren Vorstände der K. Bezirksämter vom 20. März 1917. 264 Macht, Rudolf: Bewährung. Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung, S. 598. 265 Die Zeitschrift „Frauenstreben“, Organ des Hauptverbandes bayerischer Frauenvereine, machte ihren Leserinnen die Bedeutung dieses Küchenkriegsdienstes klar: „Jedes Stück Brot und jedes Pfund Mehl ist ein Stück Munition im wirtschaftlichen Daseinskampf, das seine Bestimmung erfüllen, das heißt mithelfen soll im Krieg.“ Zit. n.: Krafft, Sybille: „An der Heimatfront,“ S. 136. 266 Staatsarchiv Bamberg: Bezirksamt Eschenbach, Nr. 4 278, K. Staatsministerium des Innern an sämtliche Distriktspolizeibehörden, Betreff: Die Strafrechtspflege während des Krieges vom 28. Oktober 1918. 267 BayHStA: MInn 66 332, Dr. Sebastian Schlittenbauer an das Ministerium des Innern vom 30.9.1918. 268 Am 23. Oktober 1915 kam es in Dresden zu einer Demonstration von 2000 Frauen, die gegen die zunehmende Teuerung demonstrierten. Zum großen Teil waren es Arbeiterinnen, die für den Nachmittag dieses Tages ihre Arbeit niedergelegt hatten. Scholze, Siegfried: Gegen Imperialismus und Völkermord – für Frieden und Brot, S. 57. Ende Juni 1917 kam es in Köln in der Chemischen Fabrik Kalk zu einem Streik der Arbeiterinnen. Bei diesem Streik ging es um Lohnerhöhungen und Überstundenzuschläge. Faust, Manfred: Sozialer Burgfrieden im Ersten Weltkrieg. Sozialistische und christliche Arbeiterbewegung in Köln, Essen 1991, S. 123 f. 269 „Die Stimmung der Arbeiterinnen hat sich an vielen Orten wesentlich verschlechtert, weil sich die Frauen zu großen Friedenshoffnungen hingegeben hatten und dann enttäuscht wurden.“ Stellv. Generalkommando des XIV. Armeekorps (Metz). Zit. n.: Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 70. 270 Am 24. Januar 1918 kam es in Hanau zu einer Friedensdemonstration, bei der Genossinnen der USPD zum Rathaus zogen und vor dem Bürgermeister ihre Friedensforderungen begründeten. Kurz vor dem Ausbruch des Januarstreiks fand in Bielefeld eine Wahlrechtskundgebung mit etwa 10 000 bis 12 000 Teilnehmern statt, die ihre Entschlossenheit bekundeten, den „Verschleppungs- und Verschandelungsbestrebungen der Wahlrechtsfeinde mit allen brauchbaren Mitteln zu begegnen.“ Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 72. 271 Ebd., S. 73 und 79.

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Nicht selten erzielten gerade die Frauen bei diesen Demonstrationszügen eine besondere Wirkung, wie z. B. die Frauen aus den Pulverfabriken bei einem Demonstrationszug in Berlin: „Hier im Januar 1918 spielten bei den Demonstrationen die Frauen von den Pulverfabriken, von der Pulvermühle eine sehr große Rolle. Diese Frauen mit ihren von dem Pulver gelb und grün gefärbten Gesichtern, Haaren und vor allen Dingen Händen, dazu die abgeschlissene vom Pulver an- und zerfressene, erbärmliche Kleidung, beeindruckten auch den hartgesottensten Bürger, speziell alle Frauen, die die Gruppen von der Pulverfabrik bei den Demonstrationen vorüberziehen sahen. Ja, die ersten Polizisten in der Havelstraße steckten sogar ihre Säbel weg und liefen auf den Straßendämmen beflissen nebenher, ließen sogar Fuhrwerke halten und solange nicht weiter, bis der gesammte Demonstrationszug die Havelstraße passiert und in die Potsdamerstraße eingebogen war.“ Munitionsarbeiterstreik in Berlin im Januar 1918. Erlebnisbericht von Ewald Riemann aus Berlin (DHM-Bestand). URL: www.dhm.de/lemo/forum_gedaechtnis/095/index.html (15.01.2014, 13:10 Uhr). 273 In dem aus dem Arbeiterrat Groß-Berlin gewählten Aktionsausschuss war Cläre Derfert-Caspar Vertreterin der Metallarbeiterinnen. Der am 31. Januar 1918 gewählten Streikleitung in Dresden gehörten Frauen an, ebenso wie in Mannheim, in Bremen vertrat Käte Ahrens, Mitglied der Bremer Linksradikalen, die Arbeiterinnen im Streikausschuss der Weser-Werft. Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 78 f. 274 Nach Angaben des preußischen Innenministers Drews wurden allein in Berlin 150 Personen verhaftet, davon 36 Frauen und 28 Jugendliche. 15 Frauen in Berlin, 2 Frauen in Dresden und 7 Frauen in Leipzig wurden verurteilt, teilweise mit bis zu einem Jahr Gefängnis oder 9 Monaten Festungshaft. Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 81 und S. 418. 275 Seidel, Anneliese: Frauenarbeit im Ersten Weltkrieg, Tabelle III: Arbeitskräfte über 16 Jahre in den der bayerischen Gewerbeaufsicht und Bergbehörden unterstellten Betrieben. S. 240. In der bayerischen Rüstungsindustrie waren 36 258 Frauen beschäftigt. Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern, Vierzehnter Jahrgang 1919, hrsg. v. Bayer. Statistisches Landesamt, München 1919, S. 167. 276 Die Arbeit war zudem mitunter extrem gesundheitsgefährdend. Heiße, mit Metallstaub, Benzin und Öldämpfen durchsetzte Luft, mit Maschinengetöse erfüllte Räumen, viel zu enge Werkräume sowie das Hantieren mit giftigen und ätzenden Stoffen gefährdeten die Gesundheit der Arbeiterinnen massiv. HStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. III. A.K., Bd. 32, Bericht über eine Betriebsbesichtigung bei der Firma Gebr. Bing am 8.3.1917. Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 4 700 Frauen und 600 Männer beschäftigt. Besonders ungünstige Arbeitsbedingungen herrschten in Lackierhallen mit ungeeignetem Luftabzug, beim direkten Umgang mit Sprengstoffen, insbesondere beim Hantieren mit Pikrinsäure. Allein im Raum Nürnberg waren 12 897 Arbeiterinnen beschäftigt, die mit Pikrinsäure hantierten, z. B. MAN Nürnberg (1 940), Siemens-Schuckert, Nürnberg (3 056), Süddeutsche Telefon-Apparate, Kabel- und Drahtwerke Nürnberg (1 233), Bing, Metall- und Lackierw., Nürnberg (4 650). BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. III. A.K., Bd. 30 277 So umfasste ein Arbeitstag bei der Firma MAN bei Tages- und Nachtschichten durchschnittlich 10 ¼ Stunden, einschließlich der Samstagsarbeit bedeutete dies eine wöchentliche Arbeitszeit von 59,5 Stunden. BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. III. A.K., Bd. 32, Bericht über die Besichtigung der Firma MAN vom 18.3.1917. 278 So kamen die Arbeiterinnen im Oktober 1918 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 63 Stunden auf einen durchschnittlichen Wochenverdienst von ca. 20 bis 25 Mark, die Arbeitslöhne der Männer lagen mit 25 bis 32 Mark deutlich darüber. BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. III. A.K. 164 II, Kriegsamtstelle An das K. Kriegsministerium 25. Oktober 1918, Betreff: Lohnverhältnisse. 279 Siehe Anhang, unter 7.1 Tabellen, Tabelle 2: Bayerische Mitgliederzahlen bei den Freien Gewerkschaften (Bereich Metallarbeiter) aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Seite 322; Tabelle 3: Bayerische Mitgliederzahlen bei den Christlichen Gewerkschaften (Bereich Metallarbeiter) aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Seite 322. 280 Im Winter 1917/18 wurde eine Art gleitende Arbeitswoche eingeführt, die Sonntagsarbeit mit sich brachte. Am ersten Arbeitssonntag kam es in Ingolstadt zu stundenlangen Tumulten der Arbeiterinnen, die zu ihren Kindern heim wollten, die sie ohnehin die ganze Woche nicht gesehen hatten. BayHStA: MInn 66 285, Zeitungsausschnitt Münchner Post, Nr. 18, 22.1.18. Unzufriedenheit mit den Löhnen war die Ursache für einen Streik in einem Metallwerk im Nürnberger Raum im September 1917, an dem sich 50 Arbeiterinnen beteiligten. Die Frauen hatten Lohnerhöhungen beansprucht und der Arbeiterausschuss hatte sich mit geringeren Zugeständnissen der Firma einverstanden erklärt als die Frauen gefordert hatten. BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. III. A.K., Bd. 30, Bericht vom 5.10.1917 über den Streik vom 22.9.1917. Der Name des bestreikten Betriebes wurde in dem Dokument nicht genannt. Im November 1917 streikten 400 Arbeiterinnen bei den Isaria Zählerwerken, wobei es um die Auslegung eines im Jahr zuvor abgeschlossenen Vertrages ging. BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. I. A.K. 1 372, Vormerkung des Chefs des Stabes beim Stellvertretenden Generalkommando München, 10.11.1917. Mit der Forderung nach Lohnerhöhungen streikten im Dezember 1917 rund 1000 Munitionsarbeiterinnen der Firma Goeggl & Sohn in Moosach. BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. I. A.K. 1 372, Vormerkung des Chefs des Stabes beim Stellvertretenden Generalkommando München, 10.12. 1917.

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Staatsarchiv Landshut: BezA/LRA Vilsbiburg Rep. 164/19, Nr. 3 655, Vorkehrungen gegen Unruhen, Präsidium der K. Regierung von Niederbayern an die Herren Vorstände der Distriktspolizeibehörden des Regierungsbezirkes vom 6. September 1917, Betreff: Bekämpfung von Unruhen. 282 Ebd. 283 Ebd. 284 BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 14 201, Kriegsamtstelle Nürnberg An das K. Kriegsministerium Kriegsamt München, München 25. Oktober 1917. Von den 82 765 gemeldeten Arbeiter waren 41 829 Frauen. 285 Schwarz, Karl-Dieter: Weltkrieg und Revolution in Nürnberg, S. 238. 286 Ebd. Oktober 1917 beschäftigte Bing 3 209 Arbeiter und 5 155 Arbeiterinnen. 287 Toller, Ernst: Prosa, Briefe, Dramen, Gedichte, Reinbeck 1961, S. 83. 288 Schwarz, Klaus-Dieter: Weltkrieg und Revolution in Nürnberg, S. 241. 289 Ebd. 290 Schließung des Friedens von Brest-Litowsk nach den Bedingungen der Bolschewiki, Aufhebung des Kriegszustandsgesetzes, Freilassung Liebknechts und aller politischer Gefangenen, keine Maßreglung der an der Bewegung beteiligten Arbeiter durch Behörden und Fabrikleitungen und eine Revision der Bayerischen Verfassung, die auch das Frauenwahlrecht beinhaltete. BayHStA: MInn 66 283, Stadtmagistrat Nürnberg an königlich bayerisches Staatsministerium des Inneren, 28.1.1918, Forderungen. Neben diesen politischen Forderungen stand aber auch die Forderung nach dem Achtstundentag und nach einer besseren Lebensmittelversorgung. Boldt, Werner: Der Januarstreik 1918 in Bayern mit besonderer Berücksichtigung Nürnbergs. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung an der Universität Erlangen-Nürnberg, Neustadt / Aisch 1965, 25. Jg., S. 5-42, hier S. 18. 291 BayHStA: MInn 66 283, Stadtmagistrat Fürth an das königlich. Bayerische Staatsministerium des Inneren, Betreff: Unruhen in Fürth vom Januar 1918. 292 BayHStA: MInn 66 283, Stadtmagistrat Fürth an das königlich bayerische Staatsministerium des Innern 31.1.1918. 293 BayHStA, Kriegsarchiv: Stellv. Gen. Kdo. III. A.K. 164 II, Stadtmagistrat Fürth an das stellv. Generalkommando III Armeekorps v. 28. Jan. 1918, Betreff: Friedensdemonstration. 294 Am 28. Januar 1918 traten bei der Firma Adolf Bauer, Munitionsfabrik, Zerzabelshof sämtliche 8 männliche und 34 weibliche Arbeiter in den Streik. Am 29. Januar 1918 traten dann weitere Betriebe im Umland in den Ausstand: bei der Firma Köhler & Ehmann (Munitionsfabrik, Laufamholz) 20 männliche und 75 weibliche Arbeiter von insgesamt 49 männlichen und 75 weiblichen Arbeitern, bei der Schraubenfabrik Heinrich Müller in Laufamholz sämtliche 5 Arbeiter und 13 Arbeiterinnen, bei der Firma Volkamers W. & Forster sämtliche Arbeiter (21 männliche und 16 weibliche), bei der gleichen Firma, Abteilung Bing, sämtliche 6 männliche und 11 weibliche Arbeiter. BayHStA: MInn 66 283, Königl. Bezirksamt Nürnberg an das K. Staatsministerium des Innern 4. Febr. 1918, Betreff: Arbeitseinstellungen. 295 Karl, Michaela: Die Münchener Räterepublik, S. 21. 296 Ebd. 297 Sara Sonja Lerch, geb. 5. Januar 1886 in Warschau, war nach eigenen Angaben im Jahre 1905 Mitglied des Arbeiter-Deputiertenrates in Odessa gewesen und hatte sich an der Arbeiterbewegung in Russland beteiligt. Nach vorübergehendem Aufenthalt in Wien (1908-1909) übersiedelte sie mit ihren Eltern nach Frankfurt / Main, wo sie der sozialdemokratischen Partei beitrat. In den Jahren 1910-1912 hatte sie sich in München und Giessen aufgehalten, am 30. Dez.1912 erwarb sie angeblich den philosophischen Doktorgrad in Giessen. Am 31.12.1912 verheiratete sie sich mit dem deutschen Staatsangehörigen Dr. Eugen Lerch. Nach einem Aufenthalt in Berlin lebte sie seit dem Jahre 1913 ständig in München. BayHStA: MInn 66 283, Der I. Staatsanwalt bei dem K. Landgerichte I an das K. Staatsministerium der Justiz vom 2. Februar 1918, Betreff: Die Ausstandsbewegung in München, hier Eisner Kurt, Schriftsteller und 5 Genossen wegen Landesverrat. 298 Neben den Versammlungen vom 27. Januar in den Kollosseumsbierhallen und vom 28. Januar in der Schwabingerbrauerei, war sie ebenfalls am 30. Januar in der Kollosseumsbrauerei, am 30. Januar in den Rappmotorenwerken, am 31. Januar im Wagnerbräu als Rednerin aufgetreten. BayHStA: MInn 66 283, Der I. Staatsanwalt bei dem K. Landgerichte I an das K. Staatsministerium der Justiz vom 2. Februar 1918, Betreff: Die Ausstandsbewegung in München, hier Eisner Kurt, Schriftsteller und 5 Genossen wegen Landesverrat. 299 Boldt, Werner: Der Januarstreik 1918 in Bayern mit besonderer Berücksichtigung Nürnbergs, S. 27. 300 Zit. n.: Bauer, Reinhard: Zwischen Erstem Weltkrieg und Inflation. In: 100 Jahre SPD im Münchner Rathaus. Hrsg. SPD-Stadtratsfraktion, München 1994, S. 59-68, hier S. 61. 301 BayHStA: MInn 66 283, Der I. Staatsanwalt bei dem K. Landgerichte I an das K. Staatsministerium der Justiz vom 2. Februar 1918, Betreff: Die Ausstandsbewegung in München, hier Eisner Kurt, Schriftsteller und 5 Genossen wegen Landesverrat. 302 BayHStA: MInn 66 283, Hilfsarbeiter Lorenz Reithmeier an die K. Polizeidirektion München 27. Januar 1919, Betreff: Veranstaltung der Unabhängigen sozialdemokratischen Partei in den Kollosseumsbierhallen am 27.1.1918.

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Emilie Landauer, geb. am 27. März 1892 in Ansbach, Tochter des Raphael Landauer und der Rosette, mosaisch, ledig, Buchhalterin; Betty Landauer, geb. am 3. Dezember 1889 in Ansbach, Schwester der Vorgenannten, ledig, Buchhalterin. BayHStA: MInn 66 283, Der I. Staatsanwalt bei dem K. Landgerichte I an das K. Staatsministerium der Justiz vom 2. Februar 1918, Betreff: Die Ausstandsbewegung in München, hier Eisner Kurt, Schriftsteller und 5 Genossen wegen Landesverrat. 304 Ebd. 305 Den Anfang machten die Arbeiter die Arbeiter in dem Krupp-Zweigbetrieb der Bayerischen Geschützwerke in Freimann. Von den 1400 Schichtarbeiter erschienen nur 400 zur Ablösung, es folgten die Ottowerke (1000 Ausständige), die Lederfabrik Hesselberger (150), die Rapp- Motorenwerke (1 500), Bayerische Flugzeugwerke (3 000), das Präzisionswerk Deckel (1 000) und weitere kleinere Betriebe. BayHStA: MInn 66 283, Präsidium der K. Regierung v. Oberbayern, Wochenbericht des Kgl. Regierungspräsidenten Dr. Kahr vom 4. Februar 1918. 306 Bei den fünf großen Rüstungsbetrieben, die zusammen 2 030 Arbeiterinnen beschäftigten, lag der durchschnittliche Frauenanteil bei 20,6 %, bei den übrigen 30 Unternehmen lag er bei 30,3 %. Grau, Bernhard: Studien zur Entstehung der Linken: Die Münchner USP zwischen 1917 und 1920. Magisterarbeit, München 1989, S. 51. 307 BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 14 201, Bericht des Stellvertretenden Generalkommandos des I. bayer. Armeekorps über die Arbeitsverhältnisse bei den Bayer. Geschützwerken Friedrich Krupp K.K., Freimann bei München, 1.2.1918. Noch weniger Frauen arbeiteten bei den Ottowerken mit einem Frauenanteil von 13 % und den Bayerischen Motorenwerken mit einem Frauenanteil von 8,5 %. Bei den Bayerischen Flugzeugwerken lag er bei 20,8%. 308 Grau, Bernhard: Studien zur Entstehung der Linken, S. 51. 309 BayHStA: MInn 66 283, Wochenbericht des kgl. Regierungspräsidenten von Oberbayern, München, 4.2.1918, S. 2. 310 Sonja Lerch sei „bestrebt gewesen, die Führung in der Ausstandbewegung zu übernehmen“ und muss „für deren Fortgang als verantwortlich bezeichnet werden.“ BayHStA: MInn 66 283, Der I. Staatsanwalt bei dem K. Landgerichte I an das K. Staatsministerium der Justiz vom 2. Februar 1918, Betreff: Die Ausstandsbewegung in München, hier Eisner Kurt, Schriftsteller und 5 Genossen wegen Landesverrat. 311 Ebd. 312 Boldt, Werner: Der Januarstreik 1918 in Bayern mit besonderer Berücksichtigung Nürnbergs, S. 12. 313 Sie hatte wie die anderen fünf Personen „der Kriegsmacht des Deutschen Reiches Nachteil zugefügt und den feindlichen Mächten Vorschub geleitet dadurch, daß sie in mehr oder minder eindringlicher Weise andere am Streik noch nicht Beteiligte zur Niederlegung der Arbeit und Teilnahme an der Demonstration aufforderte.“ BayHStA: MInn 66 283, Stadtmagistrat Nürnberg an das königlich. Bayerische Staatsministerium des Inneren, Betreff: Demonstrationsausstände in Nürnberg, hier Festnahmen vom 31.1.1918. Laut dem Bericht des Staatsanwaltes war Frau Völker in der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, Werk Nürnberg, Katzwangerstrasse Nr. 100 im Zünderbau 38 beschäftigt und hatte am 28. Januar 1918 die Arbeit niedergelegt. Am nächsten Tag nahmen von den rund 9 000 Beschäftigten rund 1 500 Personen die Arbeit wieder auf und mussten, als sie während der Mittagspause die Fabrik verlassen wollten, an einer Schar streikender Arbeiterinnen und Arbeiter vorbei, die vor dem Eingang der Fabrik standen. Dabei wurden die Arbeitswilligen von den streikenden Arbeitern fortgesetzt belästigt, in einzelnen Fällen sogar körperlich misshandelt. Die Beschuldigte hatte einer arbeitswilligen Frau einen kräftigen Fauststoss hinterrücks gegen die Schulter versetzt und dabei geäußert: „Die braucht auch nicht zu arbeiten, wir arbeiten auch nicht.“ Das Verfahren gegen sie wurde jedoch eingestellt. BayHStA: MInn 66 283, Der Staatsanwalt bei dem K. Landgerichte Nuernberg an das K. Staatsministerium der Justiz in München, Nürnberg 31. Januar 1918. 314 Lediglich in der Bleistiftfabrik von A.W. Faber in Stein bei München haben am 13.2.1918 über 200 Arbeiterinnen und Arbeiter die Arbeit niedergelegt (Gesamtzahl der Arbeiter 496), weil der Obmann des Arbeiterausschusses und drei Arbeiterinnen infolge von Differenzen mit der Fabrikleitung entlassen wurden. BayHStA: MInn 66 283, Wochenbericht des K. Regierungspräsidiums von Mittelfranken, Ansbach 18. Februar 1918. 315 Grau, Bernhard: Studien zur Entstehung der Linken, S. 74. 316 Die Mitgliederzahlen bei Versammlungen zeigen dieses schwindende Interesse noch deutlicher, waren am 27. Januar 1918 bei einer Versammlung in den Kolosseumsbierhallen etwa 250 Personen anwesend, kamen am 10. April noch ca. 120 Besucher in die Wirtschaft „Lamplgarten“, am 26. Juni im „Sennefelderhof“ trafen sich 70 Teilnehmer. Grau, Bernhard: Studien zur Entstehung der Linken, S. 76 f. 317 Für eine für den 26. März 1918 abends im Gasthaus „Zum Lampelgarten“ an der Jägerstraße einberufene Mitgliederversammlung der unabhängigen sozialdemokratischen Partei existiert eine Teilnehmerliste, aus der hervorgeht, dass von 47 Teilnehmern 13 Frauen bei dieser Versammlung anwesend waren: Diese Frauen waren: Ammer Centa, Straßenarbeiterehefrau, geb. 3.April 1873, Breitenbach Marie, geb. 7.6.1892, Eisner Else, Schriftstellerin, Ehefrau von Kurt Eisner, geb. 30.10.1887 in Zürich, Frössler Karolina, Kaufmannswitwe geb. 17.12.1866, Kämpfer Hedwig, Kaufmannsgehilfensehefrau, geb. 23.1.1889, Losem Agnes, Poliererin, geb. 14.5.1894, Mayer Paula, Kaufmannstochter geb. 7.6.1893, Oswald Maria, Hilfsarbeiterin geb. 16.6.1887, Pop-

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finger Betty, Näherin, geb. 24.11.1894, Thomas, Trude, Arbeitersekretärsfrau, geb. 19.3.1886, Winter Rosina, sen. geb. 9.5.1869, Winter Rosina, jun. geb. 21.Mai 1897. BayHStA: MInn 66284, Zentralpolizeistelle Bayern an das K.B. Staatsministerium und das K.B. Kriegsministerium vom 4. April 1918, Betreff: Die unabhängige sozialdemokratische Partei. 318 Zu diesen Frauen gehörten Else Eisner, Hedwig Maria Kämpfer, Rosina Michler, Selma Sara Schröder, Rosina Winter sen. und Rosina Winter jun.. 319 BayHStA: MInn 66284, Zentralpolizeistelle Bayern an das K.B. Staatsministerium des Innern vom 22. April 1918, Betreff: Der unabhängige sozialdemokratische Verein München – Land. 320 Ebd. 321 BayHStA: MInn 66 284, Bericht der Zentralpolizeistelle Bayern an das Kgl. Staatsministerium des Innern, München, 29.3.1918. 322 BayHStA: MInn 66 284, Nr. 61473/593 P 3 geh. Abwehr, Stellv. Generalkommando I.b.A.K. vom 2. Mai 1918. 323 Ebd. 324 Ebd. 325 So verzeichnete die SPD während der Kriegsjahre reichsweit einen deutlichen Schwund von weiblichen Mitgliederzahlen von 17 754 im Jahre 1914 auf 66 608 im Jahr 1917. Evans, Richard J.: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich, S. 291. In Bayern kam es ebenfalls zu einem drastischen Rückgang der weiblichen Mitglieder. Siehe Anhang, unter Tabellen 7.1, S. 323, Tabelle 4: Weiblicher Mitgliederzahlen der SPD in Bayern von 1914 bis 1917. 326 Als Ende August der Reichstagsabgeordnete für den Wahlkreis München II, der Landesvorsitzende der SPD, Georg von Vollmer aus Gesundheitsgründen von seinen Ämtern zurücktrat, wurden Nachwahlen nötig. Für die auf den 17. November festgesetzte Reichstagsnachwahl stellte die MSP Vollmars langjährigen Mitarbeiter, Erhard Auer auf. Dagegen nominierte die USP Kurt Eisner als ihren Kandidaten, der dazu auf Antrag seiner Partei am 14. Oktober 1918 aus der Haft entlassen wurde. Schade, Franz: Eisner und die bayerische Sozialdemokratie, Hannover 1961, S. 51. 327 Albrecht, Willy: Landtag und Regierung in Bayern am Vorabend der Revolution von 1918, S. 409. 328 Schon am 2. November 1918 hatte Eisner offen verkündet: „Es kommt nicht zur Reichstagswahl; vor dem 17. November kommt die Revolution.“ Kritzer, Peter: Die SPD in der bayerischen Revolution von 1918. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bayern im Umbruch, München 1969, S. 427-454, hier S. 433. 329 BayHStA: MInn 66 285, Zeitungsausschnitt Donauzeitung Nr. 54, 2.2.18. 330 Dort hatte sie als Rednerin an verschiedenen Versammlungen und Demonstrationen teilgenommen und versucht, vor allem den Frauen Mut und Hoffnung für die neue Zeit einzuflößen. BayHStA: MInn 66 285, Lindauer Tagblatt vom 19.4.1919. 331 BayHStA: MInn 66 280 / 66281, Zentralpolizeistelle Bayern An das K. Staatsministerium des Innern vom 26.September 1918, Betreff: Verbreitung von Schriften revolutionären Inhalts. 332 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2677, Strafverfahren gegen Hilde Kramer, Briefe, Bl. 2: Brief von Hilde Kramer an Wise Kaetzler am 18.11.1918. 333 Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 7. 334 „Ich war in der Revolutionsnacht am 7. November fast dauernd auf der Straße. Erst war am Nachmittag auf der Theresienwiese eine gewaltige Volksversammlung, auf der sich die beiden soz[ialitischen] Parteien einten. Auer sprach und ich kochte vor Wut. Was habe ich mir die Kehle wund geschrien mit meinem ‚Lügner, Verräter, Schuft.’ Aber die Sache verlief im Sande. Eine Gewerkschaftsdemonstration wälzte sich pomadig durch die Straßen, nichts von revolutionärem Aufstand. Wir folgten bis zum Friedensengel, dann gaben wir die Sache verzweifelt auf und wollten nach Hause gehen.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2677, Strafverfahren gegen Hilde Kramer, Briefe, Bl. 2, Brief von Hilde Kramer an Wise Kaetzler am 18.11.1918. 335 „[...] und als wir zur Türkenkaserne kamen, fingen uns die Augen an zu brennen, denn die Luft war noch erfüllt von dem scharfen Gas der Bomben, die die Unteroff. und die Offiziere auf Soldaten und Volksmenge geworfen hatten. Wir erfuhren dann, daß schon fast alle Münchner Soldaten gemeutert hatten. Das war 7 Uhr abends, am 7. November. Die Unabhängigen mit Eisner an der Spitze hatten die Soldaten zur Empörung aufgefordert, auch waren schon einige Soldaten auf der Theresienwiese gewesen. Die Kasernen waren dann geschlossen worden, und kein Soldat durfte sie verlassen, denn man hatte schon große Angst vor dem Aufstand. Wir schlossen uns an der Türkenkas[erne] einem Soldaten an, der Bildung des Soldatenrates zum Löwenbräu ging. Da habe ich das größte Erlebnis gehabt. Allerdings war es mehr innerlich. Ich kann Dir dazu keine nähere Erklärung geben. Als ich das ‚Es lebe die Republik! Es lebe die Revolution!’ hörte, da hatte ich gleich das Gefühl: Diese Menschen sind fähig, wirklich die Revolution zu machen! Das ist eine andere Begeisterung als bei den Arbeitern. Gesprungen & gejubelt haben wir, und in die Arme sind wir uns gefallen in jener Nacht.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2677, Strafverfahren gegen Hilde Kramer, Briefe, Bl. 2: Brief von Hilde Kramer an Wise Kaetzler am 18.11.1918.

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„Die ganze Theresienwiese war voll Menschen, mindestens 200 000 [...] An der Türkenkaserne war ein Lastauto mit Soldaten, die die Kaserne stürmen wollten [...] ich sprang auf das Verdeck des Autos, nahm die rote Fahne und schrie: ‚Hoch der Friede und die Revolution’ [...] und dann zogen wir Mühsam rauf, der eine wundervolle Rede an die Soldaten richtete, da stürmten die Soldaten aus der Kaserne, zerschlugen ihre Gewehre auf dem Pflaster ... Mühsam, Kreszentia: Eine Auswahl aus ihren Briefen. Schriften der Erich-MühsamGesellschaft, Hrsg. Chris Hirte, Uschi Otten, Heft 9, Lübeck 1995, S. 45. 337 Helene Grünberg. In: Fränkische Post 8.11.1919. Zit. n.: Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 96. 338 In den Demonstrationszügen befanden sich viele Arbeiterinnen, denen sich junge, für die Revolution begeisterte Frauen und Mädchen angeschlossen hatten. Frauen gehörten zu den ersten, die in den Kasernenhof der „Maikäferkaserne“ eindrangen. Nach der erzwungenen Übergabe des Polizeipräsidiums hisste eine Frau, Helene Zirkel, die rote Fahne. Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 145. 339 In Frankfurt am Main sprach Toni Sender, eine führende Funktionärin der dortigen Ortsorganisation der USPD, in den Kasernen vor Arbeitern und Soldaten und beauftragte Soldaten, alle Zeitungsredaktionen zu besetzen. Am 9. November sprach sie neben anderen USPD-Führern auf einer großen Arbeiterversammlung. Sender, Toni: The Autobiographie of a German Rebel, New York 1939, S. 99 f. Vgl. auch Lucas, Erhard: Frankfurt unter der Herrschaft des Arbeiter- und Soldatenrates 1918/19, Frankfurt / Main 1969, S. 22. Clara Zetkin hielt in Stuttgart am Vormittag des 9. Novembers am Karlplatz eine Rede, die unter den Menschen eine ungeheure Begeisterung entfachte. Sie hielt Reden vor Kriegsgefangenen, Soldaten und Arbeitern in Ulm und auf der Straße in Göppingen. Reitz, A.: Ein König zittert um sein Leben! In: 1918. Erinnerungen von Veteranen, der deutschen Gewerkschaftsbewegung an die Novemberrevolution (1914-1920. Beiträge zur Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung, Bd.1, 2. Halbband, Berlin 1958, S. 489; Vgl. auch Puschnerat, Tania: Clara Zetkin, S. 226. Luise Zietz sprach in Liegnitz (Schlesien) vor einer Massenversammlung am 10. November, trug mit ihrer Rede wohl dazu bei, dass es auch hier zu revolutionären Aktionen kam. Zeisler, Hans: Luise Zietz. Leben und Wirken in der proletarischen Frauenbewegung 1865-1922. Ein biographischer Beitrag, Leipzig 1978, S. 150. In Danzig hielt Käthe Leu am gleichen Tag eine Rede auf einer Massenkundgebung vor etwa 15 000 Menschen. Brönner, Wilhelm: Die Revolutionstage in Danzig. Augenblicksbilder und Eindrücke, Danzig 1918, S. 12 f. 340 Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, Anmerkung 42, S. 323. 341 BayHStA: MInn 66 332, Dr. Sebastian Schlittenbauer an das Ministerium des Innern vom 30.9.1918. 342 Ebd. 343 URL: https://www.hdbg.eu/koenigreich/web/index.php/ereignisse/index/herrscher_id/6/id/120 (14.9.2014, 14 :10 Uhr). 344 Bauer, Franz J.: Die Regierung Eisner 1918/19, Ministerratsprotokolle und Dokumente. Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Erste Reihe. Band 10, Düsseldorf 1987, Langprotokoll der Sitzung des Ministerrates vom 4.12.1918, S. 116. 345 Ebd., Beitrag des Justizministers Timm, S. 117. 346 Ebd., S. 117. 347 BayHStA: ASR, Mappe 25, 1, Protokoll der Plenarsitzung des Arbeiterrates vom 5. Dezember 1918. 348 Ebd. 349 Bauer, Franz J.: Die Regierung Eisner 1918/19, Ministerratssitzung vom 5.12.1918, abends, Langprotokoll, S. 130. 350 Bauer, Franz J.: Die Regierung Eisner 1918/19, Wahlproklamation der bayerischen Regierung vom 5.12.1918, Dok. Nr. 21, S. 435. 351 Die bayerischen Militärbehörden hatten die Frauenproteste als mangelnde staatsbürgerliche Identifikation mit dem Staat interpretiert, das Verhalten der Frauen sei geprägt von „einem Mangel jeglichen Horizontes und jeder Weite des Blickes.“ BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 12 844, Monatsbericht des stellv. Gen. Kdos I Bayerisches AK München für April 1917. Nach der Meinung von Dr. Schlittenbauer fehle den Frauen jedes politische Denken und damit die Bereitschaft das Vaterland vor die individuellen Interessen zu stellen, die Frauen zeigten vielmehr eine geradezu erstaunliche „Kurzsichtigkeit.“ BayHStA München: MInn 66 332, Dr. Sebastian Schlittenbauer an das Ministerium des Innern vom 30.9.1918. 352 Mitteilungen des Deutschen Stimmrechtsbundes, 5. Jg. (1918) Nr. 11/12, S. 1. 353 Bäumer, Gertrud: Frauenwahlrecht und Frauenwahlpflicht. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 74. 354 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2077/2, Bl. 331. 355 Einhauser, Ida: Die Bedeutung des Gemeindewahlrechtes für die Frau. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 4 (April 1919), S. 28. 356 Die Neujahrsfrage. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1 (Januar 1919), S. 2.

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Bereits ab 1917 hatten führende Frauen der unterschiedlichsten Frauenbewegungen auf die politisierende Wirkung des Krieges auf die Frauen verwiesen. So hatte Gertrud Bäumer, die große Führerin des BDF, bereits 1917 festgestellt, dass der Krieg zu einem „Wachswetter“ für das staatsbürgerliche Bewusstsein der Frau geworden sei und dachte dabei wohl an die tatkräftige Mitwirkung der bürgerlichen Frauen im Rahmen des Nationalen Frauendienstes und der Frauenarbeitszentrale. Bäumer, Gertrud: Heimatchronik vom 14.5.1917. In: Die Hilfe, Nr. 21, S. 335. Die sozialdemokratische Führerin Luise Zietz dagegen meinte, dass die kriegsbedingten Einschränkungen der Rechte – von der Zensur über die Beobachtung von Frauenversammlungen bis hin zu den täglichen Ungerechtigkeiten des Kriegswohlfahrtssystems - die Arbeiterfrauen auf die Straße getrieben hätten und ihr Selbstbewusstsein als Bürgerinnen geschärft hätte. Zietz, Luise: Die sozialdemokratischen Frauen und der Krieg. In: Ergänzungshefte zur Neuen Zeit, Nr. 21, 1914/15, S. 2-6. Minna Cauer, eine Stimmrechtsaktivistin aus dem radikal-bürgerlichen Lager registrierte die tiefe Wirkung, die der Krieg auf die „Psyche der Frau“ gehabt hätte und verwies auf die Wahrscheinlichkeit, dass der Erhalt von Bürgerrechten und -pflichten zu einer weiteren Veränderung in der weiblichen Psyche führen würde. Cauer, Minna: Einige Betrachtungen über die Wirkungen des Krieges auf die Psyche der Frau. In: Die Frauenbewegung (mit der Beilage: Zeitschrift für Frauenstimmrecht), 23. Jg., Nr. 15/16 (1.-15. August 1917), S. 49. 358 Geißel, Brigitte: Politikerinnen. Politisierung und Partizipation auf kommunaler Ebene, Opladen 1999, S. 36 ff. 359 Boulding, Elise: The undersite of history. A view of women through time, Newbury Park u.a. 1992. 360 Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 204. 361 Schmitz, Walter (Hrsg.): Die Münchner Moderne. Die literarische Szene in der ‚Kunststadt’ um die Jahrhundertwende, Stuttgart 1990, S. 19. 362 Bäumer, Gertrud: Frauen der Tat. Gestalt und Wandel, Tübingen 1959, S. 236. Durch die langjährige Freundschaft zu Ika Freudenberg war Gertrud Bäumer bestens mit den Münchener Verhältnissen vertraut. Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 175. 363 Bruns, Brigitte: Weibliche Avantgarde um 1900. In: Rudolf Herz, Brigitte Bruns (Hrsg.): Hofatelier Elvira 1887-1928. Ästheten, Emanzen, Aristokraten. Ausstellung des Fotomuseums im Münchener Stadtmuseum 1985/86, München 1985, S. 191-219, hier S. 200. Der umständlich klingende Vereinsname war ein Zugeständnis an die repressiven vereinsrechtlichen Bestimmungen in Bayern. 364 Sophie Goudstikker hob als besonderes Charakteristikum der Münchener Frauenbewegung dieser Zeit hervor, dass es ihr gelang, auch „die Anteilnahme von Männern, Gelehrten, Künstlern und Industriellen für ihre Arbeit zu gewinnen.“ Die Frau, 9. Jg. vom 5.2.1902. Zit. n.: Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 179. Sophie Goudstickker war seit 1887 Besitzerin des in Künstler- und Hofkreisen hochgeschätzten Fotostudios „Hof-Atelier Elvira“ und zu dieser Zeit Lebensgefährtin von Anita Augspurg. 365 Bei diesen Abenden referierten nicht nur die Münchner Frauen wie Anita Augspurg und Ika Freudenberg, es reiste auch die Elite der deutschen Frauenbewegung zu Gastvorträgen nach München: Marie Stritt, Vorstreiterin für Frauenstudium und Frauenstimmrecht, Gräfin Gertrud Bülow von Dennewitz, eine der ersten Frauen, die die Abschaffung des § 218 propagierten, Minna Cauer als Gründerin des Berliner Vereins „Frauenwohl“ eine der exponiertesten Persönlichkeiten der Radikalen im bürgerlichen Lager, Jeanette Schwerin, Wegbereiterin der sozialen Frauenberufsarbeit oder Käthe Schirmacher, die jedoch später in das nationalistische Lager abdriftete. Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 179. 366 „so wie die Dinge in Staat und Gemeinde nun einmal liegen, werden die Frauen ihre Bürgerrechte erst dann erhalten, wenn sie sich durch immer mehr fortschreitende Mitarbeit am Gemeinwohl eine feste Stelle im öffentlichen Leben erobert haben, wenn sie sich durch nützliche Dienste unentbehrlich gemacht und durch die Ausübung ernster und wichtiger sozialen Pflichten ihren Anspruch auf bürgerliche und politische Rechte bis zur Unabweisbarkeit bekräftigt haben werden.“ Archiv Institut für Zeitgeschichte München: ED 898, Bd. 138, Tätigkeitsberichte 1896-1902, 7. Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen München 18. Januar 1901, S. 3. 367 Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 186 ff. 368 Archiv Institut für Zeitgeschichte München: ED 898, Bd. 138, Tätigkeitsberichte 1896-1902, 6. Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen München 2. März 1900, S. 1; Rueff, Gretl (Hrsg.): 80 Jahre Verein für Fraueninteressen und Frauenarbeit E.V. im Frauenring Bayern, München 1976, S. 6. 369 Ebd., S. 6. 370 Archiv Institut für Zeitgeschichte München: ED 898, Bd. 140, Tätigkeitsberichte 1908-1910, 16. Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen München 24. Januar 1910, S. 1. Dem Hauptverband Bayerischer Frauenvereine gehörten viele Frauenberufsverbände an, wie z.B. die Lehrerinnen- und Handlungsgehilfinnenvereine, der Nürnberger Fröbelverein für Kindergärtnerinnen oder der Münchner Künstlerinnenverein sowie der Münchner Verein Mutterschutz. Archiv Institut für Zeitgeschichte München: ED 898, Bd. 140, Tätigkeitsberichte 18961902, 7. Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen München 18. Januar 1901, S. 3. 371 E.W.: 25 Jahre deutsche Frauenbewegung. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 2 (1. Dezember 1919), S. 10. 372 „Frauenstreben,“ 2. Jg. (1909), Nr. 14, S. 1.

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Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 205. Sachße, Christoph: Mütterlichkeit im Kaiserreich. Die bürgerliche Frauenbewegung und der soziale Beruf der Frau, Bielefeld 1984, S. 513. 375 Lange, Helene: Intellektuelle Grenzlinien zwischen Mann und Frau. In: dies.: Kampfzeiten, S. 197-216, hier S. 211. 376 Starke, Gabriele: Das frauenpolitische Wirken Gertrud Bäumers 1910 bis 1919, Leipzig 1992, S. 23. 377 „Wir müssen uns alle fühlen als Mütter der Menschheit, als Teil des weiblichen Prinzips, das dem männlichen Wirken für das große ganze seine Ergänzung gibt.“ Schrader-Breymann, Henriette: Brief an Karl Schrader (11.13.10.1870). Zit. n.: Twellmann, Margit: Die Deutsche Frauenbewegung, Ihre Anfänge und erste Entwicklung 1843-1889 [1972], Frankfurt / Main 1993, S. 268. 378 Peters, Dietlinde: Mütterlichkeit im Kaiserreich, S.79. 379 Bäumer, Gertrud: Die Frau in Volkswirtschaft und Staatsleben der Gegenwart, Berlin 1914, S. 274. 380 Lange, Helene: Die Frauen und das politische Leben, Berlin 1909, S. 20. 381 Lange, Helene: 1905. Zit. n.: Clemens, Bärbel: „Menschenrechte haben kein Geschlecht!“ Zum Politikverständnis der bürgerlichen Frauenbewegung, Pfaffenweiler 1988, S. 92. 382 E.W.: 25 Jahre deutsche Frauenbewegung. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 2 (1. Dezember 1919), S. 11. 383 E.W.: 25 Jahre deutsche Frauenbewegung (Schluss). In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 3 (15. Dezember 1919), S. 18. 384 Archiv Institut für Zeitgeschichte München: ED 898, Bd. 138, Tätigkeitsberichte 1896-1902, 7. Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen München 18. Januar 1901, S. 3. 385 „Die Forderung des Frauenstimmrechtes wird auch in unserem Verein vertreten, allein nicht in der Forderung als Ausgangspunkt, sondern in der als Endpunkt unserer Arbeit und unseres Strebens.“ Frauenstreben, 6. Jg., Nr. 21 (8.11.1913), S. 122. 386 Bäumer, Gertrud: Studien über Frauen, Berlin 1920, S. 126. 387 Die Aufhebung der Vereinsgesetze 1908 hatte Frauen die Mitarbeit in den politischen Parteien ermöglicht, einige bayerische HBF – Frauen gehörten daraufhin verschiedenen liberalen Parteien an. In München wurden etliche Frauen in die Vorstände der verschiedenen liberalen Parteien gewählt: Frau Dr. Heigl (Demokraten), Frl. Böhm (Freisinnige), Marie Haushofer (Nationalliberale) und Ika Freudenberg und Rosalie Schoenflies (Nationalsoziale). Archiv Institut für Zeitgeschichte München: ED 898, Bd. 140, Tätigkeitsberichte 1908-1910, 16. Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen München 24. Januar 1910, S. 6. In Nürnberg war Helene von Forster der „Fortschrittlichen Volkspartei“ beigetreten. Brenner, Uta / Dürr, Stefanie / Lösel, Gertrud / Mantze Brigitte (AG „Regionale Frauenforschung im FIBiDoZ e.V.): Stationen der bürgerlichen Frauenbewegung. In: Verlaßt Euch nicht auf die Hülfe der deutschen Männer! (Hedwig Dohm, 1876). Stationen der bürgerlichen und proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg. Hrsg. v. Feministischen Informations- Bildungs- und Dokumentationszentrum (FIBiDoZ) e.V. Nürnberg 1990, S. 11-76, hier S. 22. 388 Frauenstreben, 6. Jg., Nr. 21 (8.11.1913), S. 123. 389 Lempp, Johannes: Luise Kiesselbach (1863-1929). Eine der ersten Frauen in der bayerischen Armenpflege: Sozialarbeiterin, Frauenrechtlerin und Sozialpolitikerin. URL: http://www.sozialeskapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/170/254.pdf. (8.2.2014; 14:30 Uhr), S. 4. 390 Salomon, Alice: Wie wird die Frau durch das Vereinsleben für das öffentliche Leben erzogen? (1901). In: Adriane Feustel (Hrsg.): Frauenemanzipation und soziale Verantwortung. Ausgewählte Schriften. Band 1: 18961908, Berlin 1997, S. 104-109, hier S. 106. 391 Bäumer, Gertrud: Frauenbewegung und Nationalbewusstsein. In: dies.: Weit hinter den Schützengräben. Aufsätze aus dem Weltkrieg, Jena 1916, S. 3-13, hier S. 12. 392 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 73. 393 E.W.: 25 Jahre deutsche Frauenbewegung (Schluss). In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 3 (15. Dezember 1919), S. 18. 394 Die 11. Generalversammlung des Bundes deutscher Frauen in Hamburg. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 5. Von der „Tatsache dieser engsten Fühlung mit der Bundesarbeit“ erwarteten sich die bayerischen Verbands-Frauen „die schönste Anregung und Förderung.“ 395 E.W.: 25 Jahre deutsche Frauenbewegung (Schluss). In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 3 (15. Dezember 1919), S. 19. 396 Ebd. 397 Ein Kurzportrait von Luise Kiesselbach findet sich im Anhang, unter 7.2 Kurzbiographien, S. 336. 398 Ein Kurzportrait von Helene Sumper findet sich im Anhang, unter 7.2 Kurzbiographien, S. 339. 399 Kempf, Rosa: Frauenfragen. Vortrag von Frau Dr. Kempf, München o. J. (1918), S. 2. 374

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Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, Frauenportraits aus fünf Jahrhunderten, Regensburg 1997, S. 141 ff. 401 Reining, Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf. In: Zeitschrift für Sozialreform 1998, Jg. 44, Heft 1, S. 22- 45, hier S. 28 ff. Sie hatte umfassende Grundsätze für die Errichtung einer Schule zur Ausbildung für soziale Berufe erarbeitet. 402 Ebd., S. 32. 403 „Mannigfaltigkeit der Ausbildung wie auch der Wirkungsmöglichkeiten... Dies zu sagen ist in unserer Zeit von Wichtigkeit, in welcher die Tendenz nach Uniformierung der Frauen in den Reihen der Frauenbewegung selbst überwuchert, in welchen wie bei Beginn der Frauenbewegung eine uniformierte auf das Hausfrauentum zugespitzte Bildung aller Volksschichten ergänzt werden soll durch eine ebenso uniformierte soziale Ausbildung der gebildeten Frauen, weil die staatsbürgerlichen Aufgaben der sozialen Hilfsleitung irrtümlicherweise gleichgesetzt werden.“ Kempf, Rosa: Frauen in der Gemeindeverwaltung. In: Die Staatsbürgerin, 1918, Heft 8, S. 120123, hier S. 120. 404 Dabei müsse „das Volksganze bemüht sein, die Arbeit der Frauen nicht auf die erniedrigenderen und stumpfsinnigen Tätigkeiten sinken [zu] lassen, und wo sie, wie bei uns in Deutschland, teilweise darauf gesunken ist, wieder emporzuheben, statt vergeblich sie einzudämmen zu suchen. Der beste Mutterschutz für jene Bevölkerungskreise, welche auf die Arbeit angewiesen sind, ist eine Hebung der Berufstätigkeit der Frauen.“ Kempf, Rosa: Das Interesse der Industrie an der Ausbildung der weiblichen Arbeiterschaft, Hautzsch bei Leipzig 1914, S. 8. 405 Reining, Elke: Rosa Kempf, S. 153. 406 Panzer, Marita A. /Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 143. 407 VPNR, I. Band, 5: Frau Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 113. 408 E.W.: 25 Jahre deutsche Frauenbewegung (Schluss). In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 3 (15. Dezember 1919), S. 19. Die Namen der acht Frauen wurden in dem Artikel nicht genannt. Nach einer Meldung in der Münchener Post gehörte eine Frau Dr. Kämpf dem Münchener Arbeiterrat an, diese hatten an einer Tagung von Vertretern der Arbeiterräte aus ganz Bayern am 9.12.1918 teilgenommen. Bei Frau Dr. Kämpf handelte es sich höchstwahrscheinlich um Frau Dr. Rosa Kempf. Münchener Post, Nr. 287 v. 9.12.1918, S. 2. 409 VPNR, I. Band: Verzeichnis der Mitglieder des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern nach dem Stande vom 21. Dezember 1918, Seite XIII. 410 Eine ausführliche Besprechung dieser Rede findet sich in Kapitel 5. 411 Reimann, Joachim: Der politische Liberalismus in der Krise der Revolution. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bayern im Umbruch. Die Revolution von 1918, ihre Voraussetzungen, ihr Verlauf und ihre Folgen, München 1969, S. 165199, hier S. 189 und 192. 412 Staatsarchiv Landshut: Regierung v. Nb. Kammer des Innern A 12, Wahlen zu neuen bayerischen Landtag Bayerische, Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger Nr. 303 vom 31. Dezember 1918. 413 Eine Darstellung ihrer parlamentarischen Arbeit in der ersten Legislaturperiode des Bayerischen Landtages 1918/19 findet sich in Kapitel 5. 414 Reining, Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf, S. 39. 415 Als Adolf Hitler am 20. April 1923 auf einer Versammlung im Stammhaus des Zirkus Krone in München als Redner auftrat, kam sie eigens zu diesem Ereignis aus Frankfurt angereist. Ihre während des Vortrags angefertigten Notizen wurden von Angehörigen des Sturmtrupps der NSDAP unter Anwendung einer Leibesvisitation beschlagnahmt. Vor Gericht gab sie als Grund für ihren energischen Widerstand gegen die Herausgabe ihrer Notizen ihre „Staatsbürgerpflicht“ an. Fortan stand sie auf der „schwarzen Liste“ der NSDAP. Fink, Theodora: Rosa Kempf (1874-1948) – eine vergessene Pionierin der Sozialen Arbeit. Eine historische Grundlegung zur Sozialen Arbeit in Deutschland, Frankfurt / Main 1994, S. 67 f. 416 Reining, Elke: Aspekte einer Biographie: Zur Erinnerung an Rosa Kempf, S. 42. 417 Die Wahl des Vereinssitzes fiel auf Hamburg, weil hier liberalere Vereinsgesetze in Hamburg möglich machten, was den Frauen in Preußen und Bayern verwehrt war. Bei diesem neu gegründeten „Deutschen Verein für Frauenstimmrecht“ konnten Frauen aus ganz Deutschland Mitglied werden. Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 98. 418 Zeitschrift für Frauen-Stimmrecht, Organ für die politischen Interessen der Frau, Berlin, 1. Jg. (1907), Nr. 11, , S. 41 f. 419 Zeitschrift für Frauen-Stimmrecht, 2. Jg. (1908), Nr. 8, S. 34. 420 In den Gründungsvorstand des Bayerischen Landesvereins wurden Anita Augspurg, L.G. Heymann und Gabriele von Lieber gewählt. Die Münchner Ortsgruppe stand unter der Leitung von Margarete Joachimsen-Böhm, L.G. Heymann, H. von Goldberg, Rosa Kempf und Fräulein Reischl. Zeitschrift für Frauen-Stimmrecht, 2. Jg. (1908), Nr. 12, S. 49. Das Büro des Bayerischen Stimmrechtsvereins und der Münchner Ortsgruppe (Mai 1909: 128 Mitglieder) befand sich in der Kaulbachstraße 12, der Münchner Stadtadresse von Augspurg und Heymann. Zeitschrift für Frauen-Stimmrecht, 2. Jg. (1908), Nr. 12, S. 49.

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Zeitschrift für Frauen-Stimmrecht, 2. Jg. (1908), Nr. 12, S. 49. Vorsitzende waren Frl. Lange, Frl. Burckhardt, Frau K. Ullmann, Frl. Bartolomae, Frau Schulhöfer. Die Ortsgruppe Nürnberg-Fürth entwickelte sich nach München zur zweitgrößten in ganz Bayern und zählte zeitweise fast 300 Mitglieder. 422 Bayerischer Verein für Frauenstimmrecht (Hrsg.): ABC des Frauenstimmrechtes, München o. J. (1908), S. 1 (im Text keine Seitenzahl, eigene Zählung). 423 Kirchhoff, Auguste: Zur Entwicklung der Frauenstimmrechtsbewegung, Bremen 1916, S. 11. Der Bayerische Landesverband hatte sich auf seiner II. Generalversammlung im Oktober 1912 fast einstimmig zu diesem inzwischen umstrittenen § 3 der Satzung des „Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht“ bekannt. „Frauenstimmrecht!“ Monatshefte des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht (München), 1. Jg., Heft 10 (Jan. 1913), S. 224. 424 Im November 1913 hatte sich der Bayerische Landesverband auf einer außerordentlichen Generalversammlung in Nürnberg mit klaren 14 zu 4 Stimmen für den Austritt aus dem „Deutschen Verband“ unter seiner gemäßigten Führerin Marie Stritt entschieden. „Frauenstimmrecht!“ 1. Jg., Heft 9 (Dezember 1912), S. 204. 425 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 110. 426 So verlor z. B. die Ortsgruppe Nürnberg bis zum Herbst 1913 fast ein Drittel ihrer Mitglieder, die Ortsgruppe München bestand im Februar 1916 aus nur mehr 22 Frauen. „Bayerischer Verein für Frauenstimmrecht“, Mitgliederliste vom 28.2.1916: Bauer, Klara, Lehrerin für Gymnastik; Bruck, Ilse, Preuß., Schülerin der freien Kunst; Deiglmayr, Luise, Bayern; Deye, Gerda, Bayern, Studentin; Dittmar, Friedel, Bayern, Bankbeamtin; Faltermeyer, Käti, Bayern; Fischer, Karoline, Bayern; Halbmair, Irene, Bayern, Kunstgewerblerin; Henkels, Marg., Preußen; Matskasi, Magda von, Ungarn, Studentin; Metz, Frances, Bayern, Lehrerin für Gymnastik; Müller Marie, Bayern, Lehrerin für Gymnastik; Mutter, Antonie, Österreich; Rogetzky, Mellitta, Preußen, Studentin; Schupp, Freya, Bayern; Theurer, Gertrud, Württ., Schülerin der freien Kunst; Theurer, Thusnelda, Württ., Schülerin der freien Kunst; Weisbrod, Anna, Bayern, Studentin; Wachsmuth, Bayern, Dentistin. BayHStA: MInn 66 132, Kriegsministerium an das K. Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 14.3.1916, Betreff: Friedensvereinigungen, Anlage. 427 „Im September 1912 veranstalteten wir in München die erste Frauenstimmrechtsfahrt, die ungeheures Aufsehen erregte. Zwölf von Rappen oder Schimmeln gezogene, mit Laubgirlanden, Fahnen und Plakaten geschmückte Wagen fuhren durch die Hauptstraßen, den einen zur Freude, den anderen zum Ärger und Spott.“ Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 98 428 Ein kursorischer Überblick soll diese Aktivitäten aufzeigen: Januar 1908: Petition zum Wahlrecht der Frau in der Landwirtschaftskammer; Herbst 1909: Resolution gegen die Reichsfinanzreform; März 1910: Petition an den bayerischen Landtag zur Gleichstellung der Frau in der Armenpflege; Frühjahr 1910: Petition an den Vorstand der Münchner Ortskrankenkassen, die Anstellung weiblicher Kontrolleure betreffend; Mai 1911: Petition an das Staatsministerium des Innern zum Wahlrecht der Frau an den Handelskammern; Februar 1912: Petition an den Reichstag, das Wahlrecht der Frauen zum Beamtenversicherungsgesetz betreffend; Juni 1913: Petition an den Münchner Stadtmagistrat um Anstellung einer Zahnärztin für die Gemeindekrankenkassen. Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 359 f. 429 „Diese weibliche Stoßtruppe kämpfte mit ebensoviel Überzeugungskraft wie Unerschrockenheit. Gestehen wir uns ein, wenn vielen in jener Zeit nicht nur ihre Methoden, sondern auch ihr Fordern fast sinnlos radikal und in höchstem Maße unweiblich erschien, so lag dies nicht an den kämpfenden Frauen, sondern an den anderen, an der beschränkten und beschämenden Rückständigkeit eben der Vielen.“ Godin, Marie Amelie von: Ellen Ammann, S. 88. 430 Bruns, Brigitte: Weibliche Avantgarde um 1900, S. 207. 431 Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg (1857-1943). Feministin und Pazifistin zwischen Journalismus und Politik. Eine kommunikationshistorische Biographie, Herbolzheim 2005, S. 379. 432 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 244. 433 Himmelsbach, Christiane: „Verlaß ist nur auf unsere eigne Kraft!“ Lida Gustava Heymann – eine Kämpferin für die Frauenrechte, Oldenburg 1996, S. 13 f. 434 Ebd., S. 15. 435 Eines der wenigen sichtbaren, öffentlichen Zeichen gegen den Krieg war der Appell, den Margarete Leonore Selenka in München an alle Frauen der Welt richtete, sich für die Abschaffung des Krieges einzusetzen. Auf ihre Veranlassung hielten Frauen in 19 Ländern zwischen dem 13. und 16. Mai 1899 565! öffentliche Veranstaltungen ab, Resolutionen zur gewaltfreien Lösung zwischenstaatlicher Konflikte wurden verfasst. In Deutschland hatte vor allem Anita Augspurg M. L. Selenka in ihrer Tätigkeit unterstützt, öffentliche Versammlungen fanden in Berlin, Bromberg, Dresden, Hamburg, München und Stuttgart statt. Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 386. 436 Ebd., S. 102. 437 Ebd. 438 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 109.

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„Friedensbewegung und Frauenstimmrecht – das eine Voraussetzung des Zieles der andern! Wenn diese Erkenntnis zu allen gedrungen sein wird, die den Frieden wollen, sind wir seiner dauernden Herrschaft näher. Erst wenn Frauen in den Parlamenten sitzen, werden die Summen gestrichen werden, welche die Bewaffnung der Völker so unfruchtbar verschlingt. Erst wenn Frauen in den Parlamenten sitzen, werden die Regierungen zur Rechenschaft gezwungen werden, über gewissenlose Kriegshetze und verbrecherische Diplomatenränke. Erst wenn Frauen in den Parlamenten sitzen, werden die ethischen Forderungen, denen die Lebensführung der Einzelnen und der Gewerkschaft unterworfen sein soll, auch im Verkehr der Völker Herrschaft erringen.“ Augspurg, Anita: Friede auf Erden! In: Frauenstimmrecht! Monatshefte des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht, München, 2. Jg., Nr. 3 (Juni 1913), S. 49-50, S. 49. 440 Wittrock, Christine: Weiblichkeitsmythen. Das Frauenbild im Faschismus und seine Vorläufer in der Frauenbewegung der 20er Jahre, Frankfurt / Main 1985, S. 78. 441 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 271. 442 Ebd., S. 213. 443 „Prinzipien werden geleugnet, gemachte Versprechen haben keine bindende Kraft, gegebene Schwüre werden gebrochen im politischen Leben der Männer, wenn man der Partei Vorteile erringen oder so unbequeme Gläubiger wie die Frauen beseitigen will, Männer aller Nationen, Männer aller Klassen, Männer aller Parteien bleiben sich darin völlig gleich.“ Heymann, Lida Gustava: Wird die Mitarbeit der Frauen in den politischen Männerparteien das Frauenstimmrecht fördern? Hrsg. v. Bayerischen Verein für Frauenstimmrecht, Hautzsch bei Leipzig 1911, S. 9. 444 Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ 346 f. Anita Augspurgs Bericht über zwei öffentliche Veranstaltungen in Deggendorf im Jahr 1909 gibt einen Einblick in diese Schwierigkeiten:„Wer die von Klerikalismus und Reaktion beherrschte Atmosphäre Niederbayerns kennt, weiß, daß ein Eindringen in diesen Kreis zu den schwierigsten Aufgaben gehört. Es war denn auch von den verschiedensten Seiten eine scharfe Gegenpropaganda gemacht worden und zwar nicht nur mit den lautersten Mitteln...“ Zeitschrift für Frauenstimmrecht, 3. Jg. (1909), Nr. 8, S. 36. 445 Analog zur deutschen Nationalhymne hatte Augspurg 1912 eine eigene „Nationalhymne für Frauen“ verfasst, dieses „Lied“ löste auf der II. Generalversammlung des Bayerischen Vereins für Frauenstimmrecht in der Bischofsstadt Würzburg im Oktober 1912 ein gewaltiges Furore aus, der überfüllte Saal musste polizeilich gesperrt werden. Frauen-Stimmrecht!, 1. Jg., Heft 10 (Januar 1913), S. 224. 446 Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 367. 447 Heymann, Lida Gustava: Die Frau, S. 93. 448 Heymann, Lida Gustava (1918). Zit. n.: Janssen-Jurreit, Marieluise: Über die Abtreibung der Frauenfrage, Frankfurt / Main 1979, S. 266. 449 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 162. 450 VPNR, I. Band: Verzeichnis der Mitglieder des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern nach dem Stande vom 21. Dezember 1918, Seite XIII. 451 Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 435. 452 Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 614. 453 Bekanntmachung. In: Neue Zeitung, Nr. 19 vom 15.1.1919. 454 2 große öffentliche Wahlversammlungen. In: Neue Zeitung, Nr. 18 vom 14.1.1919. 455 Augspurg hatte diesen Vortrag am 24. Januar auf einer öffentlichen Versammlung des NFDF gehalten. Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 439. 456 Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 477. Auf den Briefköpfen der Frau im Staat tauchte jedoch auch der Name Heymanns als Schriftleiterin auf. 457 „Deutsche Frauen, ihr kennt ihn wenig, euren Befreier, denn eine kurze Wegstrecke nur ginget ihr mit ihm. Mit ihm? – Viele unter euch nicht auch gegen ihn? – Ihnen sei vergeben, denn sie wussten nicht, was sie taten; sie kannten ihn nicht [...] Fleisch geworden war in ihm, was der Apostel als höchstes preist: die Liebe. Mit ihr umgoldete und wärmte er die Welt der ganzen leidenden Kreatur und aus ihr entsprang seine ergreifende Demut und Ehrfurcht vor den höchsten menschlichen Werten. [...] Wir Frauen aber wollen sein Vermächtnis ehren: die Gerechtigkeit, die wir ihm danken sei unseres Wirken Leitstern; die Freiheit, die er uns brachte, sei unser Hort; der Weg des Friedens, den er wandelte, sei unser Ziel; die Güte, die er übte, die Wahrhaftigkeit, der er gehorchte, leite unser Tun zum weltumspannenden Versöhnen aller Völker.“ Augspurg, Anita: Kurt Eisner. In: Frau im Staat, 1. Jg., Nr. 2 (März 1919), S. 2. 458 Diese Begebenheit schilderte Heymann in ihren Memoiren: „Durchdrungen von der Erkenntnis, daß, wer in dieser Zeit Einfluß ausüben wollte, dem Rätekongreß angehören müsse, begab ich mich zum Landtag in der Prannerstraße. Ich bat um eine Unterredung mit Gustav Landauer, den ich persönlich nicht kannte, er gewährte sie mir sofort. Ich sagte ihm das Nötigste, damit er sich über meine Person auskannte und fügte hinzu: ‚Niemand gab mir ein Mandat; aber ich fühle deutlich, ich könnte im Sinne der Gewaltlosigkeit auf Arbeiter und Soldaten wirken, möchte deshalb im Rätekongreß mitarbeiten.“ Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes –

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Erschautes, S. 172. Die erhaltenen Ausweise fanden sich in den Akten der Arbeiter- und Soldatenräte im Bayerischen Hauptstaatsarchiv. BayHStA: ASR, Mappe 31, 7, Bl. 362; BayHStA: ASR, Mappe 37, 2, Bl. 80. 459 Über diese politische Arbeit auf dem Rätekongress finden sich eine ausführliche Darstellung im Kapitel 5. 460 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 179 f. 461 Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 453 ff. 462 Lichtseiten des Frauenwahlrechtes. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 51 (18. Dezember 1918), S. 2. 463 Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 161. 464 Ebd. 465 Zur Koordinierung der verschiedenen Organisationen wurde ein „Landesrat der katholischen weiblichen Organisationen im bayerischen Landesverband des Katholischen Frauenbundes“ geschaffen, dem neben dem Frauenbund der Verband Süddeutscher Katholischer Arbeiterinnenverein, die Katholischen Lehrerinnenvereine, der Marianische Mädchenschutzverein für Bayern, der Verband Süddeutscher Katholischer Jugendvereine für die im Erwerbsleben stehenden Mädchen, der Verband Katholischer Dienstmädchenvereine und der Süddeutsche Verband der Vereine Katholischer Kaufmännischer Gehilfinnen und Beamtinnen vertreten waren. Ebd., S. 382. 466 Rede von Ellen Amman bei der Gründung des Zweigvereins des Katholischen Frauenbundes in Freiburg am 5. März 1909. Zit. n.: Rohr, Dorothea: Frauenbewegung und religiöse Gebundenheit. Der Katholische Frauenbund, Zweigverein Freiburg 1909 – 1934, Freiburg i. Br. 1999, S. 111. 467 Gnauck-Kühne, Elisabeth: Die deutsche Frau um die Jahrhundertwende. Statistische Studie zur Frauenfrage, Berlin 1907. 468 Unser Frauenprogramm. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1 (Januar 1919), S. 2. 469 Kall, Alfred: Katholische Frauenbewegung in Deutschland. Eine Untersuchung zur Gründung katholischer Frauenvereine im 19. Jahrhundert, Paderborn, München, Wien, Zürich 1983, S. 270; Gnauck-Kühne, Elisabeth: Die deutsche Frau um die Jahrhundertwende, S. 164. 470 Unser Frauenprogramm. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1, S. 3. 471 Hort des Glücks. In: Bayerisches Frauenland, 2. Jg., Nr. 5/6 (Mai, Juni 1920), S. 1. 472 Unser Frauenprogramm. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1, S. 3. 473 Kall, Alfred: Katholische Frauenbewegung in Deutschland, S. 149. 474 Ebd. 475 Jede „unbescholtene katholische Arbeiterin..., die noch nicht 60 Jahre alt ist und keinem kirchenfeindlichen Verein oder einer wirtschaftlichen Organisation dauernd angehört, die in ihren Grundsätzen und in ihrem Verhalten den Bestrebungen des Katholischen Arbeiterinnenvereins und der christlich-nationalen Arbeiterbewegung entgegensteht“ konnte ordentliches Mitglied eines Arbeiterinnenvereins werden. Krenn, Dorit-Maria: Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933, Mainz 1991, S. 374 ff. 476 Ebd. 477 Der Arbeiterinnenverband konnte damit 1918 mehr als 5 % der 196 520 Frauen über 16 Jahren organisieren, die die bayerische Gewerbeaufsicht in Betrieben mit mehr als vier Arbeitnehmer zählte. Ebd. 478 Frauenehre. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 36 (5. September 1918), S. 1. 479 Ebd. 480 Ebd. 481 Frauen, die sich an diesen neuen Leitbildern orientierten, erschienen als „entartete Mannweiber, die im Auftreten und in der Lebensführung bis zur Kleidung dem Manne es gleichtun wollen“ und sich so zum „Gespött zum wenigsten der eigenen Geschlechtsgenossinnen“ machen würden. Ebd. 482 Ebd. 483 Lichtseiten des Frauenwahlrechtes. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 51 (18. Dezember 1918), S. 2. 484 Ebd. 485 Ebd. 486 Ein Kurzportrait von Aloisia Eberle findet sich im Anhang unter 7.2 Kurzbiographien, S. 335. 487 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 255. 488 Ebd. 489 Kall, Alfred: Katholische Frauenbewegung in Deutschland, S. 316. 490 Ebd., S. 256. 491 Hier sollten unerfahrene Mädchen vom Lande, die auf Arbeitssuche in die Stadt kamen Hilfe und Unterstützung finden und vor allem vor den Zugriffen eines damals blühenden Mädchenhandels geschützt werden. 492 Neboisa, Marianne: Ellen Ammann, S. 8. 493 Der Münchner Zweigverein richtete nach dem Vorbild der Kölner Zentrale drei Studienkommissionen ein, in denen sich die drei Hauptziele des Vereins ausdrückten: eine caritative, eine wissenschaftliche und eine soziale. Maßgebend für die ersten Verbandsaktivitäten war die Sorge um benachteiligte Berufsgruppen, wie z. B. Heimarbeiterinnen, Kellnerinnen, Dienstbotinnen. Wosgien, Gerlinde: Neun Jahrzehnte starke Frauen in Bayern und

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der Pfalz. Chronik des Bayerischen Landesverbandes des Katholischen Frauenbundes 1911-2001. Hrsg. Bayerischer Landesverband des Katholischen Deutschen Frauenbundes, München 2001, S. 22. 494 Zit. n.: Wosgien, Gerlinde: Neun Jahrzehnte starke Frauen in Bayern und der Pfalz, S. 21. 495 Kall, Alfred: Katholische Frauenbewegung in Deutschland, S. 317. 496 Ebd. 497 Sie gehörte folgenden Gremien an: Ständiger Ausschuss zur Förderung der Arbeiterinnen-Interessen in Berlin, Verband deutscher Kinderhorte, Zentralverband Katholischer Kinderhorte, Zentralstelle zur Bekämpfung der Schundliteratur, Ausschuss der Organisation der Katholiken Deutschlands zur Verteidigung der christlichen Schule und Erziehung, Verwaltungsrat des Bayerischen Hausindustrie-Verbandes, Zentralvorstand der örtlichen Hausfrauenvereinigungen auf dem Lande, Mitglied des Armenrates in München. Kall, Alfred: Katholische Frauenbewegung in Deutschland, S. 317, Anmerkung Nr. 415. 498 Godin, Marie Amelie, von: Ellen Ammann, S. 106 499 Ebd., S. 88. 500 Ebd., S. 61. 501 Ebd., S. 88. 502 Schönhoven, Klaus: Die Bayerische Volkspartei 1924-1932, Düsseldorf 1972, S. 17 ff. 503 Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 92. 504 Innerhalb der drei sozialistischen Frauenbewegungen bestanden durchaus unterschiedliche politische und frauenpolitische Standpunkte. Während Evans die Rivalität zwischen diesen Frauengruppierungen betont, hebt Wheeler trotz vorhandener Differenzen eine grundsätzliche Homogenität hervor. Evans, Richard: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation, S. 289 f. und S. 308; Wheeler, Robert: German Women and the Communist International: The case of the Independent Sozials Democrats. In: Central European History, Volume 8, Issue 02/June 1975, S. 113 -139, hier S. 132 ff. Auf Grund meiner Recherchen erscheint mir das Urteil Wheelers zumindest für Bayern treffender. 505 Bebel, August: Die Frau und der Sozialismus. 50. Auflage, Stuttgart 1910, S. 3. 506 Ebd., S. 7 f. 507 Zetkin, Clara: Zur Frage des Frauenwahlrechtes. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz der sozialistischen Frauen zu Mannheim, Berlin 1907, S. 12. 508 Mit dem Vereinsgesetz sollten vor allem die sich zu dieser Zeit bildenden sozialdemokratischen Strömungen eingedämmt werden, den Frauen wurde in besonderen Artikeln eine politische Betätigung untersagt. Artikel 15 im Bayerischen Vereinsgesetz besagte:„Frauenspersonen und Minderjährige können weder Mitglieder politischer Vereine seyn, noch den Versammlungen derselben beiwohnen.“ Zit. n.: Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 80. 509 In München waren bereits in den 1870er Jahren einige Versammlungen vom „Allgemeinen Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterverein“ abgehalten worden, in denen auch Frauen für den Arbeiterverband gewonnen werden sollten. So fanden sich unter den 120 Personen, die am 6. März 1870 anwesend waren, auch 12 Frauen, die „insgesammt an der Hand eines Angehörigen erschienen“ waren. 1873 nahmen dann die Frauen in München ihre Sache selbst in die Hand und gründeten am 9. Mai 1873 einen „Arbeiterinnen-Bildungsverein“, der bereits nach vier Versammlungen verboten wurde. Nach diesen ersten vergeblichen Versuchen gab es am 26. oder 27. Oktober 1891 mit der Gründung des „Bildungsvereins für Frauen und Mädchen Münchens“ einen weiteren Anlauf. Es bestanden rege Kontakte zur Frauenagitationskommission in Berlin, die Zeitschrift „Gleichheit“ wurde als obligatorische Vereinszeitung eingeführt. Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Mit ‚Bier und Bratwürsten’ – Eine Kostprobe aus den Anfängen sozialdemokratischer Frauen in München, S. 41-58. Ähnliche Organisationen waren auch in Nürnberg und Fürth ins Leben gerufen worden. 1885 wollten die Nürnberger Proletarierinnen einen „Verein zur Vertretung der Interessen der Arbeiterinnen“ gründen, doch kurz vor Beginn der konstituierenden Veranstaltung wurde die Versammlung gesetzlich verboten. 1891 war ein Frauen-„Agitionscomite“ in Nürnberg gegründet worden, doch bereits die erste Versammlung, auf der Emma Ihrer eingeladen war und über die Notwendigkeit der Beteiligung der Arbeiterinnen an der gewerkschaftlichen Bewegung sprach, wurde polizeilich aufgelöst. Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 82 ff. 510 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 261. 511 Eine Kurzbiographie von Helene Grünberg findet sich im Anhang unter 7.2 Kurzbiographien, S. 335. 512 Oberfränkische Volkszeitung Nr. 304 vom 30.12.1906. Zit. n.: Macht, Rudolf: Bewährung, Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung, S. 436 f. 513 Staatsarchiv München: Pol. Dir. Mchn. 623. Zit. n.: Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Mit ‚Bier und Bratwürsten’ – Eine Kostprobe aus den Anfängen sozialdemokratischer Frauen in München, S. 51. 514 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 260. 515 Fricke, Dieter: Zur Organisation und Tätigkeit der deutschen Arbeiterbewegung (1890-1914). Dokumente und Materialien, Leipzig 1962, S. 82. 516 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 260.

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Als ein Beispiel sei ein Artikel aus dem katholisch-konservativem „Beobachter am Main“ angeführt: „Die sozialdemokratische Frauenbewegung versucht, immer fester in den Kreisen der Arbeiterinnen Wurzeln zu schlagen. Sie verdient die ernsteste Beachtung aller Kreise und die entschiedenste Bekämpfung, denn sie ist noch viel gefährlicher als die Revolutionierung der Arbeitermassen. Wer es gut meint mit den Frauen und Töchtern des deutschen Volkes, die die kommende Generation heranzubilden haben, muß diesen Kampf mit aufnehmen. Für die sozialdemokratischen Frauen erscheint ein eigenes Blatt ‚Die Gleichheit’, das den Arbeiterinnen bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit in die Hände gespielt wird. Gerade auf dieses Organ wird man ein Hauptaugenmerk zu richten haben, denn es leistet das menschenmögliche an Frechheit und Verhöhnung der Religion, der Kirche und der staatlichen Einrichtungen. Die katholischen Arbeiterinnen von Kolbermoor haben unlängst einmütig gegen den Inhalt dieses vergiftenden Schmutzblattes protestiert, ein schönes Beispiel, das Nachahmung finden sollte.“ Beobachter am Main vom 12.9.1907. Zit. n.: Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 120. 518 Die sozialdemokratischen Frauen Münchens forderten auf den Maidemonstrationen 1912: „Heraus mit dem Frauenstimmrecht! Mutterschutz! Mehr Kinderschutz!“ Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Mit ‚Bier und Bratwürsten’ – Eine Kostprobe aus den Anfängen sozialdemokratischer Frauen in München S. 58. Eine ähnliche Resolution wurde auch in Nürnberg angenommen. Stadtarchiv Nürnberg, C7/I/GR 2 923: Zeitungsauschnitt der Fränkischen Post vom 14.5.1912. Oberfränkische Volkszeitung vom 9.3.1914. Zit. n.: Macht, Rudolf: Bewährung, Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung, S. 557. 519 Ebd. 520 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2077/2, Anonymes Redemanuskript, das sich in den Akten von Frau Klingelhöfer befand, Bl. 329. Zu vermuten ist, dass Frau Klingelhöfer aus dem Kreis des „Bundes sozialistischer Frauen“ diese Rede verfasste, doch eine klare namentliche Zuordnung ist nicht möglich. Der Duktus der Rede verrät nur, dass diese Rednerin auf dem Boden des Sozialismus steht, doch eine genauere parteipolitische Einordnung in die MSP oder USP ist ebenfalls nicht möglich. 521 Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 89. 522 Margarete Völkel, Vertrauensfrau der sozialdemokratischen Frauengruppe in Hof, klagte über die mangelnde Unterstützung der männlichen Genossen bei einer beabsichtigten Frauen-Agitationstour, aber auch über eine mangelnde politische Schulung durch die männlichen Parteigenossen: „Aber gerade hierin (Schulung zum Sozialismus. A.K.) wurden bittere Erfahrungen gemacht, vielfach wurde bei Männern, auch solchen, die sich Parteigenossen nennen, eine Verständnislosigkeit beobachtet, die einfach bedauerlich ist. Nicht die gleichberechtigte Kämpferin erblicken solche Genossen in der Frau, sondern das untergeordnete Objekt, das von der Politik nichts versteht! Arbeitsbrüder! Parteigenossen! Das muß anders werden! Helft alle mit, nicht nur Euere Klassengenossen sondern auch die Genossinnen zu Kämpferinnen heranzubilden.“ Oberfränkische Zeitung vom 16.11.1907. Zit. n.: Macht, Rudolf: Bewährung, Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung, S. 438. 523 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 260. 524 Wickert, Christl: Unsere Erwählten. Sozialdemokratische Frauen im Deutschen Reichstag und im Preußischen Landtag 1919 bis 1933, Göttingen 1986, S. 57. 525 Zit. n.: Ebd. 526 Zit. n.: Losseff-Tillmanns, Gisela: Frauenemanzipation und Gewerkschaften, S. 277; Albrecht, Willy, u.a.: Frauenfrage und deutsche Sozialdemokratie vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn der zwanziger Jahre, S. 483. 527 Auch die Gedanken und Ausführungen von Edmund Fischer in der „Gleichheit“ von 1912 wurden wohl weitgehend positiv aufgenommen. Ausgehend von einer natürlichen Andersartigkeit der Frau verbreitete er hier die Ansicht, die Frau soll zuallererst Mutter und Erzieherin der Kinder sein und darüber hinaus sollte sie lediglich ein „Interesse“ für das öffentliche Leben entwickeln. 528 „Die Zahl der Arbeiterfrauen, die sich organisieren, die bewußt am Klassenkampf teilnehmen, muß wachsen. [...] Es gehört des weiteren die persönliche Mithilfe des Mannes dazu, um der Frau das Anrecht auf einige freie Stunden Zeit zu geben. Durch diese Mithilfe muß sie von Pflichten in Kinderversorgung und Wirtschaftsführung entlastet werden. Diese Forderung erscheint noch immer in den Augen der meisten Männer als eine schmachvolle Zumutung, eine Lächerlichkeit. [...] Warum sollte er nicht einmal abends daheim bleiben können der Kinder wegen, damit die Frau in eine Versammlung, in ihren Verein gehen kann?“ Maurenbrecher, Hulda. In: Gleichheit 14/2, 1. Juni 1904, S. 91. Zit. n.: Evans, Richard J.: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich, S. 243. 529 Duncker, Käte auf der Frauenkonferenz von 1908. Zit. n.: Autonomie oder Integration in die Partei? Debatte auf der Frauenkonferenz (1908). In: Niggemann, Heinz (Hrsg.): Frauenemanzipation und Sozialdemokratie, S. 136. 530 Kritzer, Peter: Die bayerische Sozialdemokratie und die bayerische Politik in den Jahren 1918-1923, S. 48. 531 Evans, Richard J.: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich, S. 341 (Tabelle 26). 532 Ebd. 533 Im Anhang findet sich ein Kurzportrait von Emilie Mauerer unter 7.2 Kurzbiogrraphien, S. 337.

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Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 261. Ebd. 536 Canning, Kathleen: Geschlecht als Unordnungsprinzip, S. 153. 537 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 262. 538 In der Lebensbeschreibung seiner Frau hob Wilhelm Deffner diese besondere Mithilfe seiner Frau beim Aufbau des Textilarbeiterverbandes hervor: „Sie war mir schon in Augsburg und erst recht im Allgäu eine gute Stütze in meinem Beruf. Sie nahm sich besonders der Frauen und Mädchen an und so trug sie viel dazu bei, daß der Textilarbeiterverband in diesem Bezirk, wo man in den meisten Betrieben keine Ahnung von einer Arbeiterorganisation hatte, bald erstarkte.“ Deffner, Wilhelm: Lebensbeschreibung meiner lieben unvergeßlichen Gattin Aurelie Deffner geb. Wagner. Handschriftliches Manuskript, Augsburg (Privatbesitz). Zit. n.: Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 262. 539 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 262. 540 Ebd., S. 263. 541 Ebd. 542 BayHStA: ASR, Mappe 37, 2, Bl. 111: Schreiben des Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat der Stadtgemeinde Kaufbeuren vom 23. Dezember 1918. 543 Lattmann, Dieter: Wilhelm Deffner. In: Vorbilder für Deutsche. Korrektur einer Heldengalerie, München, Zürich 1974, S. 96-106, hier S. 101. 544 Staatsarchiv Landshut: Nr. 168/1, A 12, Bayerische Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger, Nr. 7 vom 8. Januar, Bekanntmachung über die Landtagswahl. 545 Verhandlungen des Bayerischen Landtags, Band I, Nr. 3, S. 24 ff. 546 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 264. 547 Ebd., S. 265. 548 Ebd., S. 266. 549 Hildebrandt, Irma: Bin halt ein zähes Luder. 15 Münchner Frauenportraits, München 1991, S. 137. 550 VPNR, Beilagenband, S. 186. 551 Toni Pfülf führte aus: „Keine dauerhafte Revolutionierung der Geister, wenn Sie die Jugend nicht haben.“ VPNR, Beilagenband, S. 186. 552 Ebd. 553 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 266. 554 Helene Grünberg rückte als Abgeordnete in die Nationalversammlung, nachdem die Wahl des bisherigen Abgeordneten Simon für ungültig erklärt worden war. Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 95. 555 Wickert, Christl: Unsere Erwählten, S. 169 ff. 556 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 267. 557 Wickert, Christl: Unsere Erwählten, S. 175-201. 558 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 268. 559 Eine wachsende Zahl von SPD-Reichstagsabgeordneten sprach sich gegen die Burgfriedenspolitik, die Bewilligung der Kriegskredite und für einen sofortigen Frieden ohne Annexionen und Reparationen aus. Die aus der Fraktion ausgeschlossene Minderheit formierte sich zunächst als Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft (SAG). Grau, Bernhard: Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) 1917-1922. In: Historisches Lexikon Bayerns. URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44630 (29.11.2013; 10:15 Uhr), S. 1. 560 Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 96. 561 Frauen-Beilage der LVZ, 1. Jg. Nr. 23 vom 1. Mai 1918, S. 177. Zit.n.: Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 96. 562 Puschnerat, Tania: Clara Zetkin, S. 209. 563 Im April 1917 wurde die USP-Ortsgruppe in Nürnberg gegründet, in München im Mai 1917, im Juli 1917 waren die SPD- Ortsvereine Hof und Umgebung (z.B. Tettau, Alexandershütte, Sattelgrund), Aschaffenburg, Randersacker, Heidingsfeld und Schweinfurt geschlossen zur USP übergetreten. Macht, Rudolf: Bewährung. Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung, S. 620; Ay, Karl-Ludwig: Die Entstehung einer Revolution, S. 194 f. 564 Das erste Treffen fand am 7. Dezember 1916 statt, ab Januar 1917 traf man sich regelmäßig jeden Montag im „Goldenen Anker“ in der Schillerstraße. Fechenbach, Felix: Der Revolutionär Kurt Eisner, Berlin 1929, S. 16. 565 Graf, Oskar Maria. Zit. n.: Schmolze, Gerhard (Hrsg.): Revolution und Räterepublik in München 1918/19 in Augenzeugenberichten, Düsseldorf 1969, S. 40. Auch Fechenbach bestätigt die Teilnahme von Frauen an diesen Diskussionsabenden: „Die Besucher der Diskussionsabende waren in der Hauptsache Arbeiter, Angestellte und Soldaten und eine kleine Anzahl Intellektueller. Auch Frauen und Mädchen gehörten zu den regelmäßigen Besuchern der Abende.“ Fechenbach, Felix: Der Revolutionär Kurt Eisner, S. 49. 535

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Grau, Bernhard: Studien zur Entstehung der Linken, S. 34 und 39. BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 11 528, K. Polizeidirektion München An das K. Bayerische Kriegsministerium 31. Mai 1917. 568 BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 11 528, Der Polizeiassistent Rauh, Betreff: Verbotene Versammlung der unabhängigen sozialdemokratischen Partei in München am 27.8.1917. 569 BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 11 528, K. Polizeidirektion München an das K. Kriegsministerium v. 21. Juli 1917. Unter den 80 Personen befanden sich bei dieser Versammlung im Gasthaus z. Lamplgarten 30 Frauen. 570 In München hatte die USP bis 1918 ca. 400 Mitglieder, in Augsburg neigten ihr ca. 250-300 Arbeiter zu, bei Kempten sympathisierten ca. 100 Arbeiter mit dieser neuen Partei, in Ludwigshafen kam sie auf ca. 600 Anhänger. Ay, Karl-Ludwig: Die Entstehung einer Revolution, S. 194 f. Auch in Nürnberg belief sich die Mitgliederzahl auf etwa 600 Anhänger. Schwarz, Klaus-Dieter: Weltkrieg und Revolution in Nürnberg, S. 229. 571 Für die USP-Ortsgruppen, die geschlossen von der SPD zur USP wechselten, liegen jedoch Anhaltspunkte vor. So gehörten seit 1911 den SPD-Gruppen in Hof mindestens 14 Frauen, in Helmbrechts 15 Frauen, in Münchberg 4 Frauen, in Naila 55 Frauen, in Rehau 57 Frauen, in Schönwald 44 Frauen und in Selb 51 Frauen an, diese Ortsgruppen traten im Juli 1917 der USP bei. Macht, Rudolf: Bewährung, Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung, S. 439. 572 BayHStA: MInn 66 284, Zentralpolizeistelle Bayern an das K.B. Staatsministerium des Innern vom 22. April 1918, Betreff: Der unabhängige sozialdemokratische Verein München – Land. 573 Für eine für den 26. März 1918 abends im Gasthaus „Zum Lampelgarten“ an der Jägerstraße einberufene Mitgliederversammlung der unabhängigen sozialdemokratischen Partei existiert eine Teilnehmerliste, aus der hervorgeht, dass von 47 Teilnehmern 13 Frauen bei dieser Versammlung anwesend waren. BayHStA: MInn 66 284, Zentralpolizeistelle Bayern an das K.B. Staatsministerium und das K.B. Kriegsministerium vom 4. April 1918, Betreff: Die unabhängige sozialdemokratische Partei. 574 BayHStA: MInn 66 284, Bericht der Zentralpolizeistelle Bayern an das Kgl. Staatsministerium des Innern, München, 29.3.1918. 575 Ein Polizeibericht vermerkte: „Besonderes Gewicht soll auf die Gewinnung und Schulung von Frauen gelegt werden. Zu diesem Zweck regte der Kreis Hof, der über eine blühende Frauenbewegung berichtete, eine Frauenkonferenz an. Der Vorschlag fand allseitige Zustimmung.“ Ebd. Über diese Landeskonferenz in Nürnberg berichtete auch das K. Staatsministerium des Innern, dass die von den Frauen angeregte Frauenkonferenz eine „allseitige Zustimmung“ fand, die weiblichen USP-Delegierten aus Schweinfurt und Kottern hatten zudem Flugblätter und Broschüren zur Unterstützung ihrer Agitation gefordert. Staatsarchiv Augsburg: Bezirksamt Lindau, Nr. 3 969: Nr. 2004 b 109, K. Staatsministerium des Innern An die Präsidenten der K. Regierungen, 2. Mai 1918, Betreff: Innere Unruhen hier die Unabhängige Sozialdemokratie. 576 BayHStA: MInn 66 284, Nr. 61473/593 P 3, Geh. Abwehr, Stellv. Generalkommando I. b. A. K. vom 2. Mai 1918 und Nr. 61474/594 P 3. 577 Zu den politisch-konzeptionellen Debatten in der Presse der USP liegen grundsätzliche Arbeiten von Lehnert vor. Lehnert, Detlef: Rätealltag und Regionalismus in der deutschen Revolution 1918/19. In: Heinz-Gerhard Haupt u.a. (Hrsg.): Selbstverwaltung und Arbeiterbewegung, Frankfurt / M. 1982, S. 73-109; Lehnert, Detlef: Sozialdemokratie und Novemberrevolution. Die Neuordnungsdebatte 1918/19 in der politischen Publizistik von SPD und USPD, Frankfurt / Main 1983. 578 Staatsarchiv Landshut: 168/1, A 12, Bayerische Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger, Nr. 7 vom 8. Januar 1919, Bekanntmachung über die Landtagswahl. 579 Im Anhang unter 7.2 Kurzbiographien findet sich ein Kurzportrait von Anny Klawa-Morf auf Seite 337. 580 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München, den 9. Juni 1919, Betreff: Egl Thekla wegen Hochverrats, Bl. 17 -30, hier Bl. 17 f. 581 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 242, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, Betreff: Toller Ernst, Student aus Samotschin wegen Hochverrats vom 26. Mai 1919, Bl. 88. 582 Ebd., Bl. 18. 583 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München, den 9. Juni 1919, Betreff: Egl Thekla wegen Hochverrats, Bl. 18. 584 BayHStA: MA 102 017, Notiz der Polizeidirektion München vom 11.6.19, Notiz von Polizei Dir. Pöhner vom 12.6.1919, An die Preußische Gesandtschaft, Betreff: Strafverfahren gegen Marie Bertels wegen Verdacht des Hochverrates vom 16. Juni 1919. 585 BayHStA: MA 102 017, Akte Familie Noeggerath, Der Erste Staatsanwalt bei dem Landgericht München I an den Herrn Oberstaatsanwalt beim Oberlandesgericht München vom 5. Juli 1919, Betreff: Bertels, Marie, Schriftstellerswitwe, Noeggerath Rolanda, Professorswitwe, Dr. Noeggerath Felix, wegen Beihilfe zum Hochverrat. 586 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München den 11. Juni 1919, Betreff: Thekla Egl, Krankenschwester z.Z. in Haft wegen Beihilfe zum Hochverrat. 587 Ebd. 567

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„Als Kongressmitglied stand ich natürlich ganz auf dem Boden der U.S.P. Gesprochen habe ich in diesen Versammlungen nie, doch habe ich bei Abstimmung nach meiner Ueberzeugung im Sinne der U.S.P. gestimmt,“ beschrieb sie ihre Rolle bei dem Kongress. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München, den 9. Juni 1919, Betreff Egl: Thekla wegen Hochverrats, Bl. 20. 589 Thekla Egl meldete sich nicht zu Wort, doch sie schilderte ihre Eindrücke: „...im Laufe dieser Versammlung gewann ich den Eindruck, dass es Leviné-Niessen hauptsächlich darauf ankam, die Arbeiter masslos zu verhetzen und hauptsächlich gegen Toller zu agitieren. Gelegentlich dieser Versammlung, hauptsächlich aus der Rede des Levien, gewann ich den Eindruck, dass dieser voll und ganz mit der Theorie Leviné-Niessens einverstanden war. Die ganzen Ausführungen des Levien und Leviné-Niessens gingen dahin, dass die jetzt bestehende Räteregierung nur eine halbe Sache sei, es müsse von Seiten der Arbeiter darauf gedrungen werden, dass an diese Stelle eine wirkliche Räteregierung käme; um das zu ermöglichen, forderten beide die Anwesenden auf, den bestehenden Zentralrat zu stürzen und an seine Stelle einen neuen Zentralrat zu wählen.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München 9. Juni 1919, Betreff: Egl Thekla wegen Beihilfe zum Hochverrat, Bl. 23. 590 Ebd., Bl. 26. 591 „Ich verspreche, morgen in Begleitung des Schutzmann Hein alles daran zu setzen, um die Verhaftung der Egl, bei der sich die ganzen Fäden der Revolution zusammenspinnen und die sicher den Aufenthalt von Toller weiß, herbeizuführen.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 242/I, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, Aussage von Dietrich Hans. 592 Im Prozessbericht des Volksgerichtes hieß es: „Die Anklage lautete auf Beihilfe zum Hochverrat. Diese Verhandlung unterschied sich von vornherein von den meisten anderen, da die Angeklagte alle bürgerlichen Entlastungszeugen abgelehnt hatte, um die Verhandlung auf das rein Politische zu beschränken [...] Die Angeklagte beginnt damit, daß sie die anwesenden Richter nicht als ihre Richter anerkenne, da dieselben nicht Vertreter des Volkes, sondern des Kapitalismus seien.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Protokoll der öffentlichen Sitzung des Volksgerichtes für den Landgerichtsbezirk München I, München, den 15. August 1919. 593 Sternsdorff-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 44. 594 Ebd. 595 Ebd. 596 Schnoor, Mira Alexandra: Hedwig Kämpfer – Spuren eines Lebens zwischen Räterepublik, Emigration und Lagerhaft. Manuskript für eine Sendung des Bayerischen Rundfunks am 8. November 1998, S. 1. 597 Ebd., S. 2. 598 BayHStA: MInn 66 284, Zentralpolizeistelle Bayern an das K.B. Staatsministerium des Innern vom 22. April 1918, Betreff: Der unabhängige sozialdemokratische Verein München-Land. 599 BayHStA: MInn 66 284, Nr. 61473/593 P 3, Geh. Abwehr, Stellv. Generalkommando I. b. A. K. vom 2. Mai 1918. 600 Sheppard, Richard: Die Protokolle von zwei Sitzungen des Revolutionären Zentralrates in München am 12. und 16. April 1919, Sonderdruck aus: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch, 33. Band (1992), hrsg. v. Theodor Berchem, Eckard Heftrich, Volker Kapp u.a., Anhang I: Verzeichnis der revolutionären Arbeiterräte, S. 273. 601 Münchener Post, Nr. 287 v. 9.12.1918, S. 2. 602 VPNR, Beilagenband, Beil. 1, S. 1-11. 603 Der Landesarbeiterrat, gedacht als Spitzengremium der bayerischen Arbeiterräte, sollte aus 50 Arbeiterräten bestehen, die die Arbeiterschaft in dem provisorischen Nationalrat vertreten sollten. Von diesen 50 Arbeiterräten wurden dem Revolutionären Arbeiterrat 10 Vertreter für das provisorische Parlament zugebilligt, als symbolischen Zeichen dafür, dass Leute, die bei der Revolution mitgewirkt oder sie bereits in der Vorbereitung unterstützt hatten, in dem provisorischen Nationalrat vertreten sein sollten. Diese Vertreter konnten sich mit Ausnahme der intern geführten Auswahl auf keine Wahl stützen, sie konnten damit keine demokratische Legitimation beanspruchen, sondern gleichsam auf ihr revolutionäres Recht. Zu dieser Gruppe gehörte Hedwig Kämpfer. Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 125. 604 VPNR, Verzeichnis der Mitglieder des provisorischen Nationalrates, Stand vom 21. Dezember 1918. Liste im Vorwort S. XIII-XVI. Ihr Mann Richard Kämpfer war ebenfalls Mitglied im Provisorischen Nationalrat als Vertreter des Landessoldatenrates. 605 Staatsarchiv Landshut: 168/1 A 12, Bayerische Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger, Nr. 7 vom 8. Januar, Bekanntmachung über die Landtagswahl. 606 BayHStA: ASR Mappe 3, 2, Bl. 78, Liste: Gewählte für die Landesdelegiertenversammlung vom Arbeiterrat. In einer Aufstellung über die an die Delegierten der A.-, S.- und Bauernräte ausgezahlten Entschädigungsgelder befand sich unter den 693 Personen auch Hedwig Kämpfer, sie erhielt für ihre Tätigkeiten 144,- Mark. BayHStA: ASR, Mappe 5: Aufstellung über die an die Delegierten der A.-, S.- und B.-Räte ausbezahlten Gelder.

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Über die Tätigkeit von Hedwig Kämpfer berichtete L.G. Heymann in ihren Memoiren: „Niemals erlebte ich, dass ein Mann selbst bei bestem Wissen und Bemühen zustande brachte, was einer Frau, Hedwig Kämpfer, beim Revolutionstribunal in München gelang. Mit ernster Entschiedenheit, der nie die warme Menschlichkeit fehlte, brachte sie in kurzer Zeit verstockte Menschen dahin, die volle Wahrheit über ihre Delikte ehrlich zu bekennen.“ Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 174. 608 Mit diesem Thema trat sie am 19.4.1919 als Rednerin auf einer Frauenversammlung in Lindau auf. Eine im April 1919 angesetzte Frauenversammlung in Kempten, bei der sie als Rednerin auftreten sollte, wurde auf Grund der bevorstehenden Ausrufung der ersten Räterepublik zu einer allgemeinen Volksversammlung umfunktioniert. Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 155 f. 609 Lindauer Tagblatt vom 19.4.1919. Zit. n.: Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 155. 610 Heymann, Lida Gustava / Augspurg Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 179. 611 Revolution und Räteherrschaft in München, S. 116, 129 und 131. 612 In einem Artikel der Münchener Abendzeitung hieß es: „Den neugewählten Stadtratsmitgliedern der unabhängigen Sozialdemokratie Bildhauer Ludwig Mühlbauer und der Redakteursgattin Hedwig Kämpfer wurde Strafaufschub gewährt, um ihnen die Ausübung ihres Mandates zu ermöglichen. Beide wurden bereits aus dem Gefängnis Stadelheim entlassen. Die unabhängige sozialdemokratische Partei wird für Mühlbauer und die Kämpfer ein Gnadengesuch einreichen.“ München-Augsburger Abendzeitung, Mittwoch 18.6.1919. Zit. n.: Schnoor, Mira Alexander: Hedwig Kämpfer – Spuren eines Lebens, S. 7. 613 Ebd., S. 8. 614 Ebd. 615 Sommer, Karin: Flucht, Exil, Lager – und der Traum von der Heimkehr. Hedwig Kämpfer (23.1.1889 7.1.1947). URL: http://www.karinsommer.de/werke/j-sechzehn.php (3.10.2014; 9:15 Uhr). 616 Ebd. 617 Ebd. 618 Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 182. 619 Clara Zetkin. Zit. n.: Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 190. 620 Zetkin, Clara: Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands, Berlin (DDR) 1958, S. 227 f. 621 Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 200. 622 Beyer, Hans: Die Revolution in Bayern 1918-1919, S. 62. Der Münchener Spartakus-Bund wurde Anfang Dezember 1918 von Hans Kain gegründet. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft I, Nr. 2 131/1, Schreiben von Kain an Spartakus-Bund Berlin, München 3. Dezember 18. 623 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 65 und Anmerkung 22 zu Kapitel 1, S. 557; Beyer, Hans: Die Revolution in Bayern 1918-1919, S. 62; Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Hilde Kramer, Bl. 24. 624 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft I, Nr. 2 131/1, Organisationsentwurf der KPD vom 16. März 1919. 625 Ebd. 626 Leviné, Rosa: Aus der Münchener Rätezeit, S. 8. 627 Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 70. 628 Beyer, Hans: Die Revolution in Bayern 1918-1919, S. 63 ff. 629 Mühldorfer, Friedbert: Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), 1919-1933/1945-1956. In: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44532 (29.11.2013; 14:20 Uhr), S. 1. 630 Staatsarchiv München, Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 131/I, Schreiben von Kain an Spartakus-Bund Berlin, München 3. 631 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Ausweis von der K.P.D. Haidhausen ausgestellt für Menzi Hildegard. 632 BayHStA: ASR 30, Bl. 170. 633 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Volksgericht für den Landbezirk München I, Strafverfahren gegen Strasser Alexander, Kästner Gertraud, Hagen Wilhelm, Hausdorf Otto, Zilliber Max wegen Widerstand und Hochverrat, Urteil, Beschluss und Gründe, Bl. 1-32. 634 BayHStA: ASR, Mappe 31,7, Bl. 379. Anneliese Rüegg, geb. 9.4.1879 in Ulster, gest. 2. Mai 1934 in Lausanne, war das zweitälteste Kind eines Drehers und einer Fabrikarbeiterin. Sie begann mit 14 Jahren in einer Spinnerei zu arbeiten, war dann in den folgenden Jahren als Serviererin im Gastgewerbe, als Erzieherin und Krankenschwester in der Schweiz und anderen europäischen Ländern tätig. Schon früh begann sie sich für sozialistische Ziele zu engagieren, in zahlreichen Vorträgen referierte sie in der Schweiz über die Lehren von Lenin und Trotzky, äußerte sich zu politischen Themen und vor allem gegen den Krieg. In der New York Times er-

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schien über sie im August 1920 ein Artikel, in dem sie als „wellknown Swiss communist, who formerly preaches the doctrines of Lenin and Trotzky to crowded audiences in Switzerland“ bezeichnet wurde. Nach einer Reise nach Russland, zu der sie nach der bayerischen Revolution im Jahre 1919/20 angetreten war, wandte sie sich von den kommunistischen Ideen ab, „entirely cured of her communism“, wie es in dem der Zeitungsartikel hieß. New York Times, August 10, 1921. URL: http://de.wikipedia.org./wiki/AnnelieseRuegg#cite note NYT-6 (15.4.2014; 9:10 Uhr). 635 Im Februar 1919 kam Liddy Kilian, geboren 10.12.1895 in Dresden, als Liddy Deuerling, Tochter eines Schuhmachers, zusammen mit vielen anderen von Dresden nach München. Nach zwei Jahren Kunstschule arbeitete sie als kaufmännische Angestellte und Fürsorgerin. 1919 wurde sie Mitglied der KPD. Oskar Maria Graf, der Maler Walt Laurent und andere besorgten den Dresdner Linken eine Unterkunft. Liddy Kilian erledigte Kurierdienste für die Linken. Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 35. Nach der Revolution war sie von 1920 bis 1924 Instrukteurin für Frauenarbeit bei der Berliner Zentrale der KPD. Liddy Kilian kämpfte mit ihrem Ehemann gegen das NS-Regime, er war von März 1933 bis zum Juni 1933 in Haft, wurde während der »Köpenicker Blutwoche« von der SA schwer misshandelt. Nach seiner Entlassung übersiedelte die Familie nach Hamburg. Er wurde1938 erneut inhaftiert, in die Gestapo-Zentrale in Berlin gebracht, verhört und gefoltert. Götz Kilian starb 1940 an den Folgen der Haft. 1945 ging Liddy Kilian zurück nach Berlin, wurde Mitglied der KPD und im Oktober 1946 für die SED in Köpenick zur Bezirksverordneten gewählt. Seit 1948 war sie mit dem Schuldirektor Johannes Adamiak bekannt, sie konnten aber erst 1956 heiraten, weil er vier Jahre lang unter dem Verdacht der »Sabotage« in Bautzen in Haft war. Liddy Kilian hatte für seine Freilassung und Rehabilitierung gekämpft. Sie war dann bis 1957 als Dozentin für Philosophie und Ökonomie tätig. Liddy Kilian starb am 9. April 1972 in Ost-Berlin. URL: http://www.bundesstiftungaufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=4568 (15.4.2014; 9:45 Uhr). 635 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Volksgericht für den Landbezirk München I, Strafverfahren gegen Strasser Alexander, Kästner Gertraud, Hagen Wilhelm, Hausdorf Otto, Zilliber Max wegen Widerstand und Hochverrat, Urteil, Beschluss und Gründe, Bl. 1-32. 636 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 394. 637 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Strafverfahren gegen Frieda Rubiner, Bl. 108. 638 Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 68. 639 Ihr Rechtsanwalt Robert Theilhaber charakterisierte sie folgendermaßen: „Aus Überzeugung ist sie Pazifistin und war gegen den Krieg, steht auch politisch auf der äussersten Linken. Aus ihrer Gesinnung hat sie nie ein Hehl gemacht und infolgedessen selbstverständlich Konflikte mit anderen Personen bekommen. Verschärfend kam hinzu, dass sie während des Krieges als Aufkäuferin für Eier tätig war und dadurch verschiedene Villenbesitzer belästigen musste. Anstatt Verständnis für ihre schwierige Lage zu haben, dass sie als Hochadlige sich ihr Brot mit dem Selbst-Abholen von Eiern auf allen möglichen Bauernhöfen verdiente, feindete man sie an. Frau Kaetzler stand schon immer als eine der geistvollsten Frauen Deutschlands mit allen Menschen von irgend welcher Bedeutung in Korrespondenz. Dass darunter vor allem solche Menschen sich befanden, welche irgend etwas reformieren oder revolutionieren wollen, ist klar und deshalb hat sie auch mit einer Reihe von Unabhängigen und kommunistischen Personen korrespondiert.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Strafverfahren gegen Kaetzler, Gabriele, Schreiben von Robert Theilhaber, Rechtsanwalt München An das Standgericht München, Betreff: Kaetzler Gabriele vom 15. Mai 1919. 640 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Hilde Kramer, Briefe, Nr. 2, Brief von Hilde Kramer an Wise Kaetzler am 18.11.1918. 641 Ebd. 642 „Als ich das ‚Es lebe die Republik! Es lebe die Revolution!’ hörte, da hatte ich gleich das Gefühl: Diese Menschen sind fähig, wirklich die Revolution zu machen! Das ist eine andere Begeisterung als bei den Arbeitern. Gesprungen & gejubelt haben wir, und in die Arme sind wir uns gefallen in jener Nacht.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Hilde Kramer, Briefe, Nr. 2, Brief von Hilde Kramer an Wise Kaetzler am 18.11.1918. 643 Ebd. 644 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, Anmerkung 22 zu Kapitel 1, S. 557. Weitere Mitglieder dieser Vereinigung waren: Ferdinand Mairgünther, Josef Merl, Friedrich Albert Fister, Herrmann Pessat, Walter Wenz und Viktor Baumann. 645 In einem Brief vom 14. Dezember 1918 schilderte Luise (Wise) Kaetzler, die in Berlin über die Rosta Kontakt zu Eugen Leviné, dem Redakteur bei der Berliner Rosta, hatte, ihrer Schwester Frida (Fite) Kaetzler die Reaktion Levinés: „Leviné, ein Bolschewik, hat sich schon beklagt, daß ein 18jähriges Mädchen, das noch nie politisch tätig war, einen Aufruf unterschrieben hätte.’“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Briefe, Blatt 6, Wise an Fite Kaetzler, 14. Dez. 1918. Der gesamte Brief findet sich auch abgedruckt in: Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 99. 646 Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 27.

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Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Ausweis, Bl. 28 Der Staatsanwalt hatte den Vorwurf erhoben, sie habe Beihilfe geleistet, die Verfassung des Volksstaats gewaltsam zu ändern, in dem „sie als Mitglied der kommunistischen Partei und Anhängerin der Räterepublik für diese, ihre Grundsätze und ihre Einführung, also für den gewaltsamen Umsturz der bestehenden Regierung, gegenüber einer unbestimmten Anzahl von Personen, insbesondere bei ihren Reisen mit der Bahn, eingetreten ist.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Kaetzler Gabriele, Der Staatsanwalt bei dem standrechtlichen Gerichte für München An den Herrn Vorsitzenden des standrechtlichen Gerichts, Betreff: Gabriele Kaetzler.... wegen Hochverrat. 649 Nach einer Anweisung der Münchner Polizei an die Polizeidirektion Diessen hieß es noch im September 1919: „Eine scharfe Kontrolle sämtlicher bei Frau Kaetzler verkehrenden Personen ist angezeigt, da die Genannte nach Aktenlage eine fanatische Kommunistin ist.“ Zit. n.: Sternsdorff-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 121. 650 Sternsdorff-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 125-146. 651 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Urteil des Volksgerichtes München I vom 28. November 1919, Urteilsbegründung, Bl. 116. 652 Ebd. 653 Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 480. 654 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Urteil des Volksgerichtes München I vom 28. November 1919, Urteilsbegründung, Bl. 116. 655 Ebd., Bl. 117. 656 Ebd., Bl. 118. 657 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Bl. 108, Vernehmungsprotokoll von Johann Wiedemann, Bl. 29, Vernehmungsprotokoll von Frl. Soboljeff. Diese gab sich als Privatsekretärin und Empfangsdame von Frau Dr. Rubiner aus. 658 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Urteil des Volksgerichtes München I vom 28. November 1919, Urteilsbegründung, Bl. 120, (S. 12). 659 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft I, Nr. 2 973, Bl. 20. 660 Ebd. Vgl. auch: Viesel, Hansjörg, Literaten an der Wand, S. 791. 661 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Beschuldigten-Vernehmung in der Strafsache gegen Frieda Rubiner wegen Beihilfe zum Hochverrat vom 6. Oktober 1919, Bl. 51. 662 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Bl. 58. In diesem Artikel wurde die Scheinräterepublik als „Früh- und Missgeburt“ bezeichnet, in die Welt gesetzt von bürgerlichen Ideologen, verirrten Mehrheitssozialisten, Unabhängigen und Anarchisten. Diese „Spottgeburt“ sei bereits nach acht Tagen tot gewesen – das Proletariat selbst hob aus der Feuer- und Bluttaufe das legitime Kind der proletarischen Diktatur: den Vollzugsrat der Betriebs- und Soldatenräte. 663 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Urteil des Volksgerichtes München I vom 28. November 1919, Urteilsbegründung, Bl. 120 (S. 12). Vgl. auch: Gumbel, E. J.: Vier Jahre politischer Mord, Berlin 1922, S. 100. 664 Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 480. 665 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München, den 9. Juni 1919, Betreff: Egl Thekla wegen Hochverrats, Bl. 18. 666 Ebd. 667 Holzapfel, Emil: Der rote Emil. Ein bayerischer Sozialist erzählt. Hrsg. v. Oskar Krahmer und Gerdi Müller, München 1983, S. 143. 668 „Auch heute sehe ich nur fünf Frauen im ganzen Arbeiterrat. Das kann nicht so gehen. Wenn Sie eine Frau nicht als totes Gegengewicht gegen die Revolutionierung haben wollen, so müssen Sie die Frau politisieren.“ VPNR, Beilagenband, S. 186. 669 BayHStA: ASR, Mappe 2, Bl 147. 670 Ebd. 671 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077/2, Anonymes Redemanuskript in den Akten von Frau Klingelhöfer. 672 Ebd. 673 BayHStA, Abteilung V: FLSlg. 494. Hervorhebungen im Original ebenfalls fett gedruckt. 674 Ein Kurzportrait von Rosa Aschenbrenner findet sich im Anhang unter 7.2 Kurzbiographien, S. 334. 675 Constanze Hallgarten war im Verein für Frauenstimmrecht verantwortlich für das „Pressekomitee“, das ab 1911 in München regelmäßig 70 Lokalzeitungen in den Großstädten mit aktuellen Notizen aus der nationalen und internationalen Stimmrechtsbewegung beschickte und den Blättern in den Kleinstädten und auf dem Lande aufklärende Artikel über das Frauenstimmrecht zusandte. Sie wurde in den folgenden Jahren zu den ent648

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schiedensten Pazifistinnen gezählt und gründete die Deutsche Sektion des Weltfriedensbundes. Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 350. In der Münchener Gesellschaft galt sie aufgrund ihres offenen Bekenntnisses zum Stimmrecht als „ein bißchen exzentrisch, weil ich mich, im Gegensatz zu den meisten anderen Damen für solche Dinge interessierte,“ schrieb sie in ihren Memoiren. In diesen Memoiren erinnerte sie sich auch eines Gesprächs mit dem damaligen liberalen bayerischen Kultusminister Dr. von Knilling, der sie einmal auf ihr demokratisches Stimmrechtsengagement ansprach: „Ich finde es z. B. nicht gerecht“, sagte er, „daß ich nicht mehr Rechte besitzen soll als jeder versoffene Trottel“. – „Und denken sie, Excellenz“, antwortet ihm Constanze Hallgarten „ich habe noch nicht einmal so viele Rechte wie jeder versoffene Trottel.“ Hallgarten, Constanze: Als Pazifistin in Deutschland. Biographische Skizze, Stuttgart 1956, S. 17 f. 676 „...ich stand auf Seiten der revolutionären Geschehnisse, die mir die einzig logische Folge des beendeten Krieges mit all seiner Korruption zu sein schienen. [...] Ich besuchte viele Versammlungen und schloß mich ganz an den Kreis meiner pazifistischen Freundinnen an. Damals las ich die kleine Schrift des Sozialisten Gustav Landauer ‚Aufruf zu Sozialismus.’ [...] So trat ich dem Bund sozialistischer Frauen bei.“ Hallgarten, Constanze: Als Pazifistin in Deutschland, S. 35 f. 677 „Da war plötzlich die große Liebe zwischen den sozialdem [okratischen] Frauen und Heymann [...] und Augspurg“ stellte Gertrud Baer fest und bezog sich mit dieser Aussage wohl auf Hedwig Kämpfer von der USPD und Toni Pfülf von der SPD. Privatarchiv Pinkus: Abschrift des 7. Bandes des Interviews mit Gertrud Baer vom Juni 1977, S. 1. Zit. n.: Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 430. 678 Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1 (Februar 1919), S. 16. 679 Ebd. 680 „Sie schafft einen großen Kreis von Personen, die sich verantwortlich fühlen, die sich unterrichten müssen. Sie schafft für alle Beteiligte den nötigen Spielraum, ihre Kräfte im öffentlichen Leben zu probieren. Die Arbeitsmethode schaltet allen Personenkultus, alle Wahlkämpfe, jede Unterdrückung des einen durch den anderen aus. [...] Jedes Mitglied nimmt den Platz ein, der ihm durch sein Können gebührt.“ Mitteilungen des Deutschen Frauenstimmrechtsbundes, 3. Jg. (1916), Nr. 6, S. 1. Zit. n.: Weberling, Anja: Zwischen Räten und Parteien, S. 65. 681 So hatten 1917/18 die Bremer Ortsgruppe und Minna Cauers Berliner Verein Frauenwohl auf eine straffere Geschäftsführung unter zentraler Leitung gedrängt. Ihre Kritik bezog sich auf die Schwerfälligkeit und „anarchische“ Unübersichtlichkeit der basisdemokratischen Formen. Sie stützte sich zudem auf die Beobachtung, dass auch ohne offizielle Bestätigung einzelne Frauen die Ausrichtung des Vereins bestimmten, und dass es vorzuziehen sei, diese durch ein Amt zu binden. Weberling, Anja: Zwischen Räten und Parteien, S. 65 f. Diese Ausführungen zeigen, dass der Verzicht auf eine feste Organisation nicht allein und vorrangig den Kriegsumständen geschuldet war, wie Evans ausführte. Evans, Richard: The Feminist Movement in Germany 1894-1933, London 1976, S. 220. 682 Mitteilungen des Deutschen Frauenstimmrechtsbundes, 5. Jg. (1918), Nr. 1/2, S. 2. Zit. n.: Weberling, Anja: Zwischen Räten und Parteien, S. 66. 683 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 266. 684 Dieser Begriff wurde von Anita Augspurg mehrfach verwendet, unter anderem in dem Artikel ‚Aus der Wahlbewegung.’ In: Neue Zeitung, Nr. 22 vom 18.1.1919, S. 2. 685 Privatarchiv Pinkus: Abschrift des 3. Bandes des Interviews mit Gertrud Baer vom Juni 1977, S. 1. Zit. n.: Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 444. 686 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 165. 687 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München, den 9. Juni 1919, Betreff: Egl Thekla wegen Hochverrats. 688 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 165. 689 Bund sozialistischer Frauen. In: Neue Zeitung vom 25.3.1919, S. 3; Der Bund sozialistischer Frauen. In: Neue Zeitung vom 2.4.1919, S. 3. 690 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur Fahndungs-Abteilung, München 5. Mai 1919. 691 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077, An das Standgericht München, Antrag und Erklärung des Rechtsanwaltes Dr. Phil Loewenfeld in Sachen Klingelhöfer Gustav und Klingelhöfer Elma wegen Hochverrats bzw. Beihilfe zum Hochverrat vom 2. Juni 1919. 692 Nicht geklärt kann werden, inwieweit bei den Ledigen in der damaligen Zeit das „Single-Dasein“ eine von ihnen erwünschte Lebensform war oder eine als defizitär empfundene Situation, die auf eine künftige Ehe als Versorgungsinstitution ausgerichtet war. Doch zumindest bei zwei von ihnen, Frau Dr. Anita Augspurg und L. G. Heymann kann das Ledigsein und Ledigbleiben nicht als eine erzwungene Begrenzung ihrer Lebenssituation interpretiert werden. Hier lag eine bewusste Entscheidung als alternativer Lebensentwurf jenseits der Ehe vor. Eine spätere Studie, die sich auf die Ratsfrauen in München in der ersten und zweiten Legislaturperiode nach 1945 bezog, bestätigte diesen Erklärungszusammenhang, der sich bereits für die ersten politisch-aktiven Frauen der Revolutionszeit ergab. Boehling, Rebecca: Geschlechterpolitik in der U.S. Besatzungszone unter besonderer

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Berücksichtigung der Kommunalpolitik. In: Gabriele Clemens (Hrsg.): Kulturpolitik im besetzten Deutschland 1945-1949, Stuttgart 1994, S. 69-82, hier S. 72. 694 Bourdieu, Pierre: Das politische Feld. Zur Kritik der politischen Vernunft, Konstanz 2001, S. 41-66, hier S. 44. 695 Mallmann, Klaus-Michael: Zwischen Denunziation und Roter Hilfe. Geschlechtsbeziehungen und kommunistischer Widerstand 1933-1945. In: Christl Wickert (Hrsg.): Frauen gegen die Diktatur – Widerstand und Verfolgung im nationalsozialistischen Deutschland, Berlin 1995, S. 82-97, hier S. 83. 696 Kempf, Rosa: Das Leben der jungen Fabrikmädchen in München, Leipzig 1911, Neuauflage Vaduz 1991, S. 93. 697 Gerhard, Ute: Frauenbewegung und Feminismus. Eine Geschichte seit 1789, München 2009, S. 76. 698 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 73. 699 Die 11. Generalversammlung des Bundes deutscher Frauenvereine in Hamburg vom 14.-18. September 1919. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 6. 700 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 73. 701 Ebd., S. 72. 702 Ebd., S. 73. 703 VPNR, I. Band: Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 114. 704 E.W.: 25 Jahre deutsche Frauenbewegung (Schluss). In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 3 (15. Dezember 1919), S. 19. 705 Kempf, Rosa: Das Frauenstimmrecht, eine zeitgemäße Forderung an die Volksregierung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 71. 706 VPNR, I. Band: Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 117. 707 Kempf, Rosa: Das Frauenstimmrecht, eine zeitgemäße Forderung an die Volksregierung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 71. 708 Es fanden Übergriffe von linksradikalen Splittergruppen statt, die am 5. Dezember 1918 eine Versammlung der Deutschen Volkspartei gesprengt hatten. Auch einen Tag vor der Sitzung des Provisorischen Nationalrates, also am 17. Dezember 1918, waren linksradikale Aktivisten in eine geschlossene Versammlung der Deutschen Volkspartei im Wagnersaal gewaltsam eingedrungen und hatten den Abbruch erzwungen. Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 27. Dr. Rosa Kempf wie auch weitere Nationalratsmitglieder hatten am 18. Dezember 1918 im provisorischen Nationalrat ein Einschreiten gegen „das terroristische Vorgehen zügelloser Militär- und Zivilpersonen“ gefordert. VPNR, I. Band: Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 114. 709 VPNR, I. Band: Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 114. 710 Bäumer, Gertrud: Die politische Lage und die Frauenbewegung. In: Frauenfrage, 20., Jg., Heft 12 (Dezember 1918), S. 92. 711 Weberling, Anja: Zwischen Räten und Parteien, S. 36. Im Mai 1919 erschien in der „Frauenfrage,“ dem offiziellen Organ des BDF, eine unmissverständliche Distanzierung vom Rätesystem. Gertrud Bäumer verwies darauf, „daß das Rätesystem, in welcher Form es auch immer verwirklicht werden sollte, eine schwere Gefahr für das Frauenstimmrecht bedeutet, einen Rückschlag, der auf lange hinaus den politischen Einfluß der Frauen [...] aufs unüberwindlichste hemmen kann.“ Bäumer, Gertrud: Eine neue Gefahr für das Frauenstimmrecht. In: Die Frauenfrage, 21. Jg., Heft 5 (Mai 1919), S. 36. 712 Ebd. 713 Weinberg, M.: Rätesystem und Hausfrauen. In: Die Frauenfrage, 21. Jg., Heft 6, (Juni 1919), S. 51. 714 Das Programm des Bundes deutscher Frauenvereine. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 7, S. 49. 715 „Die Organisation des werktätigen Volkes, durch deren Erhebung die neue Wirtschaftsordnung so wesentliche Beeinflussung erfahren, hat bewußt oder unbewußt - mit dem Trennungszeichen, daß nur der gegen Entgelt Arbeitende zum schaffenden Volk gehört, dieser Entrechtung Vorschub geleistet. Jetzt stehen wir vor der Tatsache, daß trotz aller grundsätzlichen überall anerkannten Gleichberechtigung der Frau die ganze Schar der Hausfrauen ohne nennenswerten Einfluß bei einer berufsständischen Vertretung im deutschen Wirtschaftsparlament bleiben muß, wenn nicht raschestens die Anerkennung als berufstätige, als arbeitende Frauen erreicht wird.“ Kiesselbach, Luise: Die Not der Zeit und die Frauen. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 3. 716 Ebd. 717 Lebensfragen für die Hausfrauen und ihre Lösung. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 2 (1. Dezember 1919), S. 13. 718 Kaeser, Elisabeth: Schulpflegschaft und Elternbeiräte. In Bayerische Frauenzeitung, 1. Jg., Nr. 5 (15. Januar 1920), S. 32. 719 Ebd.

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Ebd. Ebd. 722 Kiesselbach, Luise: Die Not der Zeit und die Frauen. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 2. 723 Kempf, Rosa: Das Frauenstimmrecht. Eine zeitgemäße Forderung an die Volksregierung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 71. 724 Bäumer, Gertrud: Die Frau im deutschen Staat, S. 38. 725 Gesamtvorstandssitzung des Hauptverbandes bayer. Frauenvereine. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 14 (16. November 1918), S. 67 f. 726 Bäumer, Gertrud: Frauenwahlrecht und Frauenwahlpflicht. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 74. 727 Ebd. 728 Kempf, Rosa: Das Frauenstimmrecht. Eine zeitgemäße Forderung an die Volksregierung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 71. 729 Ebd. 730 Weberling, Anja: Zwischen Räten und Parteien, S. 33. 731 Auch außerhalb Bayern identifizierten sich die Frauen des BDF mit dem Bürgertum und sahen die Zurückdrängung des Bürgertums durch die Revolution mit Sorge: „Unser Volk, vor allem wir, das Bürgertum, das bisher an der Führung beteiligt war, leben am Rande des Abgrundes. Jeder verkehrte Schritt bedroht uns mit dem Untergang, denn kann auch ein so großes Volk wie das unsere nicht physisch vertilgt werden, so kann doch unsere selbständige Kultur und Gesittung, deren Träger wir sind, derart in Verfall geraten, daß es sich kaum noch als Deutscher zu leben lohnt.“ Weber, Marianne: Die Beteiligung der Frauen am geistigen und sittlichen Wiederaufbau unseres Volkslebens. Rede von Marianne Weber, gehalten auf der 11. Generalversammlung des BDF, Sept. 1919. In: Die Frau, 27. Jg., Heft 9 (September 1919), S. 2. 732 Weberling, Anja: Zwischen Räten und Parteien, S. 35. 733 Die Frau, 26. Jg., Heft 12 (Dezember 1918), S. 95. 734 VPNR, I. Band: Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 114. 735 Ebd., S. 4. 736 Kempf, Rosa: Das Frauenstimmrecht. Eine zeitgemäße Forderung an die Volksregierung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 71. 737 Ebd. 738 Ebd. 739 Ebd. 740 Die Frau, 26. Jg., Heft 12 (Dezember 1918), S. 95. 741 Bäumer, Gertrud: Frauenwahlrecht und Frauenwahlpflicht. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 ( 28. Dezember 1918), S. 72. 742 Ebd. 743 Ebd. 744 Ebd. 745 Ebd. 746 Doch mehrheitlich sprach man sich gegen die Bildung einer Frauenpartei aus, Agnes von Zahn-Harnack berichtete über das Ergebnis dieser Diskussionen: „Man war sich bewußt, daß man keinesfalls jetzt den Gedanken einer Frauenpartei verfolgen dürfe. Die Frauen dürfen sich jetzt nicht auf eine Insel zurückziehen, wo sie gewissermaßen über dem Kampf stehen und überparteiliche Werte pflegen – nein, sie müssen sich hineinstürzen in die Wogen des Kampfes, der nicht ausbleiben wird, wo um der Menschheit große Gegenstände, um Herrschaft und um Freiheit gerungen wird. Gewiß werden sie auch als Frauen arbeiten, werbend, zunächst die Seelen stärkend, das politische Gewissen der Frauen weckend; aber all das kann nur Vorbereitung sein auf die Herausbildung zur Parteireife – und in den Stunden der Entscheidung, wenn die Würfel fallen, dann ist der Platz der Frauen in den Parteien.“ Zahn-Harnack, Agnes von: Die Frauenbewegung. Geschichte, Probleme, Ziele, Berlin 1928, S. 316. Marie Stritt wertete es als Zeichen politischer Reife, „daß das kühne, gottlob vereinzelte Projekt einer ‚Frauenpartei’ Projekt geblieben ist.“ Stritt, Marie: Von der Frauenstimmrechtlerin zur Parteipolitikerin. In: Die Staatsbürgerin. Monatsschrift des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht. Hrsg. v. Adele Schreiber (ab Dezember 1918 von Marie Stritt) Leipzig, Berlin 1919, Heft 7, S. 79-91, hier S. 86. 1906 war Marie Stritt auf einer großen Frauenveranstaltung in Nürnberg noch für eine „Einheitlichkeit in der Frauenbewegung,“ eingetreten. Sie hatte gefordert, dass die Frauenbewegung „unter allen Umständen unabhängig bleiben muß ...[da in allen] politischen, sozialen, konfessionellen Parteien ...der Frauen eigenes Wohl und Wehe immer nur soweit in Betracht kommt, als es sich mit den betreffenden Parteiinteressen deckt und sich zu den betreffenden Parteizwecken ausbeuten läßt...“ Zit. n.: Brenner, Ute / Dürr, Stefanie / Lösel, Gertrud / Mantze, Brigitte: Stationen der bürgerlichen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 61. 747 Kempf, Rosa: Frauenfragen, S. 3. 721

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Ebd. Ebd., S. 8. 750 „Dem großen Geschick stehen wir mit ohnmächtigem Schmerz gegenüber, aber mit jeder Stunde treuer Pflichterfüllung helfen wir es im Kleinen zum Besseren zu wenden. Wenn je eine Zeit war, in der alles auf die Macht der Pflichtbewußten, Einsichtsvollen, der Guten und Hilfsbereiten ankam, so ist sie jetzt.“ Bäumer, Gertrud: Aufrichtung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 14 (16. November 1918), S. 67. 751 Ebd. 752 Ebd. 753 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 73. 754 Ebd. 755 Bäumer, Gertrud: Aufrichtung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 14 (16. November 1918), S. 67. 756 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 73. 757 Ebd. 758 Ebd. 759 Ebd. 760 Kempf, Rosa: Frauenfragen, S. 2. 761 Ebd. 762 E.W.: An die Leserinnen der Bayerischen Frauenzeitung! In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 1. 763 Ebd. 764 Forster, Helene von: Frauenforderungen zur Gegenwartspolitik. Vortrag gehalten gelegentlich der Tagung des Nationalvereins für das liberale Deutschland in München am 7. Juli 1908, Nürnberg 1908, Materialien Gunzelmann. Zit. n.: Brenner, Uta / Dürr, Stefanie / Lösel, Gertrud / Mantze, Brigitte: Stationen der bürgerlichen Frauenbewegung, S. 63 f. 765 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 72. 766 E.W.: An die Leserinnen der Bayerischen Frauenzeitung! In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 1. 767 Ebd. 768 Ebd. 769 Kiesselbach, Luise: Die Not der Zeit und die Frauen. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1, S. 4. 770 Ebd. 771 Ebd., S. 2. 772 Ebd. 773 Ebd. 774 Ebd. 775 Ebd., S. 3. 776 Ebd. 777 E.W.: An die Leserinnen der Bayerischen Frauenzeitung! In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 1. 778 „Diese Betonung umschließt drei Sonderaufgaben: Vertretung der Frauenforderungen im engsten Sinne des Wortes. Ferner Vertretung solcher Güter und Interessen, mit denen Frauen durch ihre Seele und durch ihr Leben im besonderen verknüpft sind. Und schließlich Überwindung der Enge und Kleinlichkeit, die der Politik der Parteien und ihren Methoden vielfach anhaftet, weil sie aus den ausgefahrenen Gleisen nicht herauskommen und weil sie automatisch immer wieder auf die alten Methoden des Kampfes hinausgeraten.“ Bäumer, Gertrud: Die Frauen und die Nationalversammlung. In: Die Frauenfrage, 21. Jg., Heft 1 (Januar 1919), S. 4. 779 „Es scheint zunächst, als ob die Macht der Frauen als solche politisch geschwächt auftritt. Die Frauen sind in den Parteien aufgegangen. Das ist notwendig, ja unerlässlich gewesen. Ihre Schicksalsfrage dabei ist die: ob dieses Aufgehen so vollständig, so borniert unbedingt erfolgt, dass sie darüber die höhere Mission, die ihnen mit ihren Rechten übertragen ist, nicht mehr sehen, oder die Mittel aus der Hand geben, diese höhere Mission zu erfüllen.“ Bäumer, Gertrud: Politik und Frauenbewegung. In: Die Frauenfrage, 21. Jg., Heft 4 (April 1919), S. 26. 780 E.W.: An die Leserinnen der Bayerischen Frauenzeitung! In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 1. 781 E. W.: 25 Jahre bayerische Frauenbewegung (Schluß). In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 3 (15. Dezember 1919), S. 19. 782 Kiesselbach, Luise: Die Not der Zeit und die Frauen. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 2. 749

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Das Programm des Bundes deutscher Frauenvereine. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 7 (Februar 1920), S. 48. 784 Die 11. Generalversammlung des Bundes deutscher Frauenvereine in Hamburg. In: Bayerische FrauenZeitung, 1. Jg., Nr. 1 (November 1919), S. 5. 785 Ebd. 786 Das Programm des Bundes deutscher Frauenvereine. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 7 (Februar 1920), S. 48. 787 Ebd. 788 Zum Jahrestag der Revolution. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 10 (Oktober 1919), S. 1. 789 Augspurg, Anita / Heymann, Lida Gustava: Was will ‚Die Frau im Staat’? In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1 ( Februar 1919), S. 1. 790 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 161. 791 Zustimmend hatte Heymann in ihren Memoiren einen Kerngedanken Eisners zu den Räten wiedergegeben: „Die Räte sollen Schulen der Demokratie werden, daraus sollen die Persönlichkeiten emporsteigen zu politischer und wirtschaftlicher Arbeit. Das ist der tiefste Sinn des Sozialismus: Selbständigkeit der Gesamtheit. Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 163. 792 Augspurg, Anita: Die Wahlen. In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Heft 5 (Mai 1920), S. 6. 793 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 164. 794 Zum Jahrestag der Revolution. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 10 (Oktober 1919), S. 2. 795 Münchener Post vom 20.11.1918. 796 Ebd. 797 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 164. 798 Münchener Post vom 27.11.1918. 799 Zu den neuen Wahlen. In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Heft 2 (Februar1920), S. 6. 800 BayHStA: MInn 54 193: Provisorische Richtlinien für die Arbeiterräte. 801 Augspurg hatte diesen Vortrag am 24. Januar auf einer öffentlichen Versammlung des NFDF gehalten. Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 439. 802 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 172. 803 Eine inhaltliche Analyse ihrer Beiträge auf dem Rätekongress finden sich in Kapitel 5. 804 Die Ausführungen im Rahmen des Antrags auf Frauenräte zeigten, dass zwar die Frauenräte nur als eine „vorübergehende Erscheinung“ notwendig wären, um danach in den Arbeiter- und Bauernräten selbständig mitzuarbeiten. Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 179 f. 805 Bei den Verhandlungen über Organisation und die nächsten Aufgaben der Arbeiterräte im Rätekongress am 7. März 1919 hatte Anita Augspurg folgenden Antrag gestellt: „Ausbau und Ergänzung des Rätesystems durch Errichtung von Frauenräten.“ Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 179 ff. 806 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 175. 807 Redebeitrag Anita Augspurgs. In: Bericht des Internationalen Frauenkongresses. Zit. n.: Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 446. 808 Privatarchiv Pinkus: Abschrift des 3. Bandes des Interviews mit Gertrud Baer vom Juni 1977, S. 1. Zit. n.: Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 449. 809 Baer, Gertrud: Zur Konstituierung der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, Deutscher Zweig. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 7 (Juli 1919), S. 9. 810 Ebd. 811 Heymann, Lida Gustava: Zur Lösung der Frage der Dienstbotennot. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 4 (Juni 1919), S. 8. 812 In ihrem Modell würde zwar jede Familie eine eigene Wohnung haben, viele bisherige Einzelleistungen einer Familie wie kochen, einkaufen, Geschirr spülen würden aber über eine Zentralküche erledigt. Neben einer zentralen Organisation der Nahrungsversorgung würden weitere hauswirtschaftliche Leistungen wie Heizung, Reinigung der Wäsche u.ä. zentral bereitgestellt. Gesellschaftliche Einrichtungen wie Krippen, Kindergärten für kleine Kinder, Horte für Schulpflichtige sollten in die Zentralhaushaltungen integriert werden. Die nationalökonomischen Vorteile einer derartigen Zentralisation sah Heymann in einer gewaltigen Material-, Kräfte-, Zeit- und Arbeitsersparnis. Zudem würde sie eine menschenwürdige Existenz der Hausfrau schaffen, der alte Familienhaushalt als „ein Moloch“, der endlose geistige und körperliche Frauenopfer fordere, würde abgeschafft, die Frauen könnten durch die Zentralhaushaltsführung entlastet werden und sich geistiger oder handwerklicher Begabung widmen oder einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Ebd., S. 9. 813 Ebd., S. 10. 814 Augspurg, Anita: Rudolf Steiners Dreigliederung des sozialen Organismus. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 8-9 (August / September 1919), S. 4. Steiner hatte diese „Dreigliederung des sozialen Organismus“ bereits im

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Jahr 1917 vorgeschlagen, Breitenwirkung erzielte sie aber erst im Februar 1919, als Steiner sie in leicht abgewandelter Form als „Aufruf an das deutsche Volk und die Kulturwelt“ veröffentlichte. Steiner zufolge lebt der Mensch in drei verschiedenen sozialen Systemen, im Staatensystem, im Wirtschaftssystem und in dem Kultursystem. Diese drei Bereiche könnten sich nur dann entwickeln, wenn sie sich ihren eigenen Ansprüchen entsprechend ungehindert entfalten und selbst verwalten dürften. Jedes soziale System hat gleichsam seinen eigenen Code, unter dem es arbeitet: „Das Geistesleben kann nur in Freiheit gedeihen, im Rechtsleben muß Gleichheit herrschen, das arbeitsteilige Wirtschaftsleben steht unter der Notwendigkeit brüderlicher Kooperation. Lindenberg, Christoph: Rudolf Steiner, Reinbek bei Hamburg 2000, S. 111 f. 815 Augspurg, Anita: Rudolf Steiners Dreigliederung des sozialen Organismus. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 8-9, S. 5. 816 Ebd. 817 Ebd. 818 Ebd. 819 Ebd. 820 Martini, Wolfgang: Sozialisierung und Rätesystem. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 11-12 (November, Dezember 1919) S. 8. 821 Ebd. 822 Ebd., S. 9. 823 Bücherbesprechung: In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Heft 9, S. 16. Hier wurden folgende Bücher empfohlen: Ernst Däumig: Das Rätesystem: Reden auf dem Parteitag der U.S.P. am 4. und 5. März 1919; Ernst Däumig: Der Aufbau Deutschlands und das Rätesystem. Koreferat und Schlusswort auf dem 2. Rätekongreß in Berlin (8.-14. April 1919); Richard Müller: Was die Arbeiterräte wollen und sollen. 824 Bücherbesprechung. In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Heft 9, S. 16. 825 Ebd. 826 Greven-Aschoff, Barbara: Die bürgerliche Frauenbewegung in Deutschland 1894-1933, S. 94. 827 Heymann, Lida, Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 161. 828 „Ihr ginget auf Jagd nach dem Mann und freutet Euch seines Besitzes: gebart Eure Kinder, sorgtet für Essen und Trinken, [...] dachtet an Euer Vergnügen, an eure Eitelkeit.“ Dr. phil. Lucy Hoesch-Ernst: An die Frauen. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 2. 829 Ebd. 830 Ebd., S. 4. 831 Ebd. 832 Heymann, Lida Gustava: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 6. 833 Augspurg, Anita: Die Frau im Staat. In: Süddeutsche Freiheit Nr. 20 vom 31. März 1919 (Hervorhebung im Original). Zit. n.: Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, Anmerkung 98, S. 438. 834 Ebd. 835 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 167. 836 „Wir sagten ihm, daß es uns auf Grund unserer im politischen Leben gemachten Erfahrungen und gemäß unserer ganzen Gesinnung nicht möglich wäre, Mitglied einer politischen Partei zu sein, weil Parteien mit der Zeit mehr oder weniger alle im Doktrinarismus erstarrten, weil wir wohl freiwillig Disziplin zu üben verstanden, aber niemals eine uns durch die Partei aufgezwungene ertragen könnten.“ Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 164. 837 Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 444. 838 Heymann, Lida Gustava: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 4. 839 „die Hoffnung, die viele Männer und Frauen auf die politische Befreiung und Mitarbeit des weiblichen Geschlechts setzten, sie hat sich vorläufig, leider, leider nicht erfüllt.“ Heymann, Lida Gustava: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 4. 840 Heymann, Lida Gustava / Augspurg Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 168. Der Text erschien auch in der Zeitschrift „Frau im Staat: Lida Gustava Heymann: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 4. 841 Ebd. 842 Ebd. 843 Ebd. 844 Ebd. 845 Ebd., S. 5. 846 Ebd. 847 „Diese Wahlen haben mehr denn je bewiesen, daß diejenigen Parteien im politischen Leben nicht aus dem Sattel zu heben sind – mag ihr Schuldkonto noch so groß sein – welche die größten pekuniären Mittel, die beste

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Organisation und die geschickteste (jeder deute dieses Wort nach eigenem Ermessen) Wahlagitation zu betrieben verstehen.“ Heymann, Lida Gustava / Augspurg Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 168. Der Text erschien auch in der Zeitschrift „Frau im Staat“: Lida Gustava Heymann: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 5. 848 Heymann, Lida Gustava: Zu den neuen Wahlen. In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Heft 2, S. 5. 849 Heymann, Lida Gustava: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 5. 850 Trott-Helge, E.: Parteisekretärinnen. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 4 (Juni 1919), S. 14. 851 Ebd., S. 15. 852 Heymann, Lida Gustava: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 5. 853 Augspurg, Anita: Die Wahlen. In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Heft 5, S. 6. 854 Heymann, Lida Gustava: Frauenpolitik – Männerpolitik. In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Heft 7/8, S. 2. 855 Voller Misstrauen standen die bayerischen Frauen auch einer in Berlin gegründeten Frauen-Partei gegenüber. Unter dem Namen „Freie Frauen-Partei Deutschlands“ war eine Frauenpartei entstanden, die jedoch in ihren Augen neben „vorzüglichen Forderungen“ Merkwürdigkeiten enthielt wie z. B. die Forderung nach einer Erhaltung einer „deutschen ‚Weiblichkeit.“ In Bayern wandten sie sich gegen diesen Begriff, da hier der Begriff Weiblichkeit „vernationalisiert“ werde, als gebe es eine französische, englische, russische oder japanische Weiblichkeit. Auch die im Programm der Partei aufgestellte Forderung, dass die Natur der Frau eine „angepasste Abgrenzung politischer Betätigung“ fordere, weckte das größte Misstrauen. Deshalb wurde in der Zeitschrift „Frau im Staat“ der Rat gegeben, erst abzuwarten, ehe man sich dieser Partei anschließe. Völkerverständigung den Frauen der Internationale. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 19. 856 Heymann, Lida Gustava: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 4 f. 857 „Wir brauchen Frauenlisten, Frauen aller Parteien, Richtungen, Konfessionen und Weltanschauungen. Die bestehenden Frauenorganisationen müssen eine Anzahl von 100 oder 200 Namen tatkräftiger, intelligenter, unverbrauchter Frauen aufstellen und sich über deren Verteilung in die einzelnen Stimmkreise und Bezirke einigen.“ Heymann, Lida Gustava: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 6. 858 Ebd. 859 Ebd. 860 Perlen, Frida. In: Die Frauenbewegung, 25. Jg. (1919), S. 116. 861 Heymann, L. G.: Zu den neuen Wahlen. In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Heft 2, S. 6. 862 Ebd., S. 7. 863 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 189. 864 Ebd. 865 Frauenlisten. In: Die Frau im Staat, 8. Jg. (1926), Heft 2, S. 2. 866 Ebd. 867 Ebd. 868 Es handelt sich nicht darum, irgendeine Partei zu unterdrücken oder zu stützen, bei diesem Zusammenschluß aller Frauen steht das Parteiinteresse nicht an erster Stelle. Parteistärke soll gerecht berücksichtigt werden, Hauptsache aber ist, das Gewicht weiblichen Einflusses durch die Zahl der weiblichen Abgeordneten in allen Parlamenten und Gemeinden zu vermehren und diesen weiblichen Abgeordneten aller Richtungen die Möglichkeit zu geben, daß sie nicht mehr von Parteignaden, sondern durch eigene Kraft der Frauen in die Parlamente einziehen...“ Ebd. Dieser Auszug findet sich auch in: Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 189 f. 869 Frauenlisten. In: Die Frau im Staat, 8. Jg. (1926), Heft 2, S. 3. 870 Stöcker, Helene: Die Frauen und die Parteien. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 7. 871 Ebd. 872 Mayreder, Rosa: Auf der Schwelle. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2 (März 1919), S. 4. 873 Ebd. 874 Stöcker, Helene: Die Frauen und die Parteien. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 5. 875 Ebd. 876 Ebd. 877 Baer, Gertrud: Oberbayerische Wall (Wahl!) Fahrt. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 9. 878 Dosenheimer, Elise: Die Totalität der Frau in Staat und Kultur. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 3 (April 1919), S. 4. 879 Augspurg, Anita / Heymann, Lida Gustava: Was will ‚Die Frau im Staat’? In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1. 880 Heymann, Lida Gustava: Frauenstimmrecht und Völkerverständigung, Leipzig 1919, S. 6.

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Auch Rosa Mayreder verwies in ihrem Aufsatz auf eine angeborene Friedfertigkeit der Frau, die sie aus der Gebärfähigkeit der Frau ableiteten: „Dem Weibe muss geborenes Leben unter allen Umständen teurer sein als dem Mann, weil die Natur das Weib allein mit den Leiden und Beschwerden, die seine Entstehung kostet, beladen hat.“ Dadurch werde der Wert eines Menschenlebens von Frauen ganz anders bewertet. Mayreder, Rosa: Auf der Schwelle. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 3. 882 Dosenheimer, Elise: Die Totalität der Frau in Staat und Kultur. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 3, S. 4. 883 Ebd., S. 5. 884 Ebd. 885 Ebd. 886 Heymann, Lida Gustava: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 6. 887 Plaichinger, Leopold: Machtwille und Wohlwollen. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 11. 888 Ebd. 889 Ebd. 890 Hoesch-Ernst, Lucy: Die neue Mission des Weibes. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 4 (Juni 1919), S. 2. 891 Ebd., S. 6. 892 Ebd., S. 7. 893 Ebd., S. 1. 894 Völkerverständigung. Den Frauen der Internationale. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 17 f. 895 Augspurg, Anita, Heymann / Lida Gustava: „Was will ‚Die Frau im Staat’?“ In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S.1. 896 Völkerverständigung. Den Frauen der Internationale. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 19. 897 Internationale Frauen-Friedenskonferenz in Bern / Original – Bericht. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 8. 898 Ebd. 899 Ebd., S. 9. 900 Ebd. 901 Ebd. 902 Röttcher, Fritz und Anni: Die Frau und die Friedfertigkeit. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 4, S. 12. 903 Stöcker, Helene: Eindrücke der Berner Völkerbundkonferenz. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 3, S. 9. 904 Knischewsky, Olga: Der International Frauenkongress in Zürich. 12. bis 19. Mai 1919. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 5/6 (Mai / Juni 1919), S. 5. 905 Ebd. 906 Augspurg, Anita / Heymann, Lida Gustava: „Was will „Die Frau im Staat“? In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1. 907 Internationale Frauen-Friedenskonferenz in Bern / Original – Bericht. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 9. 908 Knischewsky, Olga: Der International Frauenkongress in Zürich. 12. bis 19. Mai 1919. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 5/6, S. 5. 909 Ebd. 910 Baer, Gertrud: Zur Konstituierung der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, Deutscher Zweig. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 7 (Juli 1919), S. 9. 911 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 164. 912 Heymann, Lida Gustava: Frauenpolitik-Männerpolitik. In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Nr. 7/8, S. 2. 913 Mayreder, Rosa: Auf der Schwelle. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 3. 914 Augspurg, Anita / Heymann, Lida Gustava: „Was will „Die Frau im Staat“? In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 1. 915 Kulka, Leopoldine: Die Fraueninternationale für Frieden und Freiheit. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 7, S. 4. 916 Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 449. 917 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 177. Dieser radikal pazifistische Ansatz zeigte sich auch in einem Nachruf von Anita Augpurg auf Rosa Luxemburg. Obwohl sie deren „starken, freien Geist, dem die Erlösung der Menschheit aus den Mächten der Gewalt, der Ausbeutung und Unwissenheit Lebensinhalt war“ würdigte, beklagte sie deren „Irrtum, dieses Ideal mit den Gewaltmitteln und des Terrors erreichen zu können.“ Augspurg, Anita: Rosa Luxemburg. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 5/6, S. 2. 918 Heymann, L.G.: Zu den neuen Wahlen. In: Die Frau im Staat, 2. Jg., Heft 2, S. 7. 919 Baer, Gertrud: Oberbayerische Wall (Wahl!) Fahrt. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 10. 920 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Redemanuskript (vermutlich von Elma Klingelhöfer verfasst), Bl. 326. 921 Ebd., Bl. 327.

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Todenhagen, Minna: Die Nationalversammlung kommt. In: Die Gleichheit, 29. Jg., Nr. 6 (20. Dezember 1918), S. 43. 923 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 338. 924 Ebd. 925 Ebd. 926 Ebd. 927 Ebd. 928 BayHStA: ASR, Mappe 30, 7, Bl. 340, 5. Sitzung des Münchener Arbeiterrates. Dieses Dokument ist zwar undatiert, doch auf Grund der Themen der Diskussionsbeiträge lässt sich schließen, dass die Sitzung unmittelbar vor den bayerischen Landtagswahlen, also im Januar 1919 stattfand. Zudem waren die beiden Führer der kommunistischen Partei als Teilnehmer anwesend: Eugen Leviné und Max Levien von der bayerischen kommunistischen Partei. 929 Ebd., Redebeitrag von Frau Setzer. 930 „Krupp wurde jetzt gezwungen, den Betrieb wieder aufzunehmen und zwar in vollem Umfang. Aber auch andere Betriebe haben grosse Massen Arbeiter entlassen, weil sie angeblich kein Material mehr hätten. Wäre aber der Krieg noch ein halbes Jahr weiter gegangen, wäre sicherlich Material vorhanden gewesen. Aber mit einmal ist für die Friedensinteressen kein Material mehr vorhanden. Ich kann das nicht ohne weiteres glauben und es wäre sicherlich auch für die Arbeiterschaft von grossem Interesse, hierüber Aufschluss zu erhalten.“ BayHStA: ASR, Mappe 30, 7, Bl. 341, Redebeitrag von Frau Kämpfer. 931 Zietz, Luise: Der Revolutions-Frauentag. In: Die Kämpferin, Nr. 1(1. April 1919), S. 4. In einem Artikel vom 15. Mai 1919 sprach sie von der „historischen Schuld der Rechtssozialisten.“ Zietz Luise: Die historische Schuld der Rechtssozialisten, Teil I. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 4 (15. Mai 1919), S. 25 f. Unter dem gleichen Titel folgte am 12. Juni 1919 Teil II. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 6 (12. Juni 1919), S. 41 f; In diesen beiden Artikeln widmete sich Luise Zietz vor allem der Schuld der SPD während der Kriegsjahre. Im Teil III beschäftigte sie sich mit der „verderblichen Politik“ der SPD während der Revolution. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 8 (10. Juli 1919), S. 60 f. Wortgewaltig warf sie hier der SPD Versagen und Verrat vor: Selbst „inmitten der Novemberrevolution haben sie gebremst,“ und später, als sie sich als „Herren der Lage“ fühlten, erstickten sie die Freiheit und Revolution in Blut, erschlugen sie mit Gewehrkolben, Belagerungszustand, Standrecht. „Vernichtung der persönlichen Freiheit und Sicherheit, der Preß- und Versammlungsfreiheit, ein Spitzelunwesen und eine Brunnenvergiftung wie nie zuvor, viel schlimmer als unter dem wilhelminischen Regiment, das sind die Errungenschaften dieser ‚sozialistischer Regierung’.“ Zietz Luise: Die historische Schuld der Rechtssozialisten, Teil III. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 8, S. 60. 932 Zietz, Luise: Der Revolutions-Frauentag. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 1, S. 4. 933 Von den 180 Delegierten waren 14 Frauen delegiert worden, doch keine einzige USP-Frau aus Bayern war anwesend. Protokoll über die Verhandlungen des außerordentlichen Parteitages der U.S.P.D. vom 2. bis 6. März 1919 in Berlin. Hrsg. Emil Eichhorn, Berlin 1921, Präsenzliste, S. 274. 934 „Wenn wir die Monate der Revolution betrachten und prüfen, müssen wir eingestehen, daß wir, obwohl wir die ganzen Monate und Jahre auf die Revolution hingearbeitet haben, die Revolution uns selbst nicht vorbereitet genug gefunden hat.“ Protokoll über die Verhandlungen des außerordentlichen Parteitages der U.S.P.D. vom 2. bis 6. März 1919 in Berlin, S. 156. 935 Ebd. 936 Ebd. 937 Kuhlbrodt weist für ganz Deutschland in seiner Dissertation 86 weibliche Mitglieder in örtlichen Arbeiterräten nachweisen, drei davon in Bayern. Kuhlbrodt, Peter: Die Proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, Anmerkung 8.2., Nr 18, S. 420 ff. Für Bayern konnte ich 29 Frauen in kommunalen Räten nachweisen, siehe Anhang unter 7.1 Tabellen, Tabelle 17, S. 327. 938 Clara Zetkin: „Leider haben unsere Leute bis nun so gut wie gar nichts getan, um die Frauen zu wecken und aufzuklären, die dort mit für die Arbeiterräte zu wählen hatten. Ich fürchte, das Wahlresultat wird kläglich sein.“ Zit. n.: Dornemann, Luise: Clara Zetkin. Leben und Wirken. Berlin 1979, S. 337. Zetkin bezog sich hier auf die Wahlen zu den Arbeiter- und Soldatenräte in Berlin vom 10. November 1918. 939 Ebd. 940 Zetkin Clara: Frauen für die Räte, die Frauen in die Räte! In: Die Internationale, 1. Jg., Heft 2/3 vom 30. Mai 1919, S. 15. Zit. n.: Kuhlbrodt, Peter: Die Proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, S. 165. 941 Wurm, M.: Für und wider den Parlamentarismus. In: Die Kämpferin, 1.Jg., Nr. 13 (18. Sept. 1919), S. 98 f. 942 Braunthal, Berta: Die Frauen und das Rätesystem. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 6 (12. Juni 1919), S. 35 ff. 943 Ebd. 944 „Das Rätesystem in der Verfassung. In: Die Kämpferin, Jg. 1, Nr. 11 (21. August 1919), S. 81. Bezirksfrauenkonferenz in Leipzig. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 9 (24. Juli 1919), S. 69.

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Den ersten Anstoß dazu gab im Mai 1919 Clara Zetkin. Die wahlberechtigten Hausfrauen sollten sich an den Betriebsräten ihrer Ehemänner oder Söhne beteiligen. Zetkin, Clara: Frauen für die Räte, die Frauen in die Räte. In: Die Internationale, 1. Jg., Heft 2/3 (30. Mai 1919), S. 15-21, hier S. 15. Dieses Verfahren stieß auf einhellige Ablehnung, mehr Zustimmung fand der Vorschlag von Genosse Laukant auf dem Frauen-Reichsausschuß Anfang Juni 1919. Danach sollte die Partei Hausfrauen in eigenen Wählerinnenlisten erfassen, ein parteiinterner Ausschuss sollte die Delegiertenwahlen für die Hausfrauenräte vorbereiten und durchführen. Tagung des FrauenReichsausschusses. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 6 (12. Juni 1919), S. 45. 946 Bölke, Gundula: Die Wandlung der Frauenemanzipationstheorie von Marx bis zur Rätebewegung, Hamburg 1975, S. 59 f. 947 Sender Toni: Die Frauen und das Rätesystem. Rede auf der Leipziger Frauenkonferenz am 29. November 1919, Berlin o.J.; nachgedruckt in Sender, T.: Autobiographie einer deutschen Rebellin. Hrsg. und eingeleitet v. Gisela Brinker-Gabler, Frankfurt / Main 1981, Anhang, S. 289-318, hier S. 310. 948 Reiner, Ludwig: Die wirtschaftlichen Maßnahmen der Münchener Räteregierung, Tübingen 1920, S. 137 ff. 949 Über die Zusammensetzung der Betriebe existiert eine große Stichprobe, die auf einer Auswertung der Betriebsratswahlen in 427 Betrieben in München basiert. In 137 der 427 Betriebsräte, damit in 32 % aller Betriebsräte, saß mindestens eine Frau. In 16 der 427 Betriebsräte und damit in 3,7 % der Fälle stellten die Frauen sogar die Mehrheit in den Betriebsräten. Dies war vor allem in der Textilbranche der Fall. In weiteren 16 der 427 Betriebe setzten sich sogar die Betriebsräte ausschließlich aus Frauen zusammen, auch dies war hauptsächlich bei Betrieben aus der Textilbranche der Fall. Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 353 ff. 950 Lindauer Tagblatt vom 19. 4.1919. Zit. n. Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 268. 951 Ebd. 952 Ebd. 953 Ebd. 954 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 269. 955 Ebd. 956 Vorname wurde in der Zeitung nicht erwähnt. 957 Lindauer Tagblatt vom 19. 4.1919. Zit. n. Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 268. 958 Zerfaß, Julius: Sozialismus. In: Die Gleichheit 29. Jg., Heft 35 (18. Oktober 1919), S. 278. 959 Augsburger Neueste Nachrichten v. 9.4.1919. Zit. n. Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 269. 960 Zietz, Luise: Das Frauenwahlrecht – eine Errungenschaft der Revolution. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 15 (16. Oktober 1919), S. 125. 961 Zietz, Luise: Der Revolutions-Frauentag. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 1, S. 4. 962 Ebd. 963 Zetkin, Clara: „Der Revolution – der Frauen Dank“. In: Die Rote Fahne, Berlin 1. Jg., Nr. 7 v. 22. November 1918. Zit. n.: Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland, Anhang Nr. 31, S. 453 f. 964 „Ich möchte hier feststellen und glaube damit im Einverständnis vieler zu sprechen, daß wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“ Die erste Parlamentsrede einer Frau in Deutschland. In: Die Gleichheit, 29. Jg., Heft 12 (14. März 1919), S. 89. 965 Juchacz, Marie: An die Arbeit. In: Die Gleichheit, 29. Jg., Nr. 5 (Dezember 1918), S. 34. 966 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 330. 967 Ebd., Bl. 329. 968 Ebd. 969 Ebd., Bl. 330. 970 Ebd., Bl. 331. 971 Juchacz, Marie: An die Arbeit. In: Die Gleichheit, 29. Jg., Nr. 5 (Dezember 1918), S. 34. 972 Zetkin, Clara: Der Revolution – der Frauen Dank. In: Die Rote Fahne, Berlin 1. Jg., Nr. 7 v. 22. November 1918. Zit. n.: Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland, Anhang Nr. 31, S. 453 f. 973 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 336. 974 Ebd., Bl. 327. 975 Bohm-Schuch, Clara: Gegen rechts und links. In: Die Gleichheit, 29. Jg., Nr. 6 (20. Dezember 1918), S. 45. 976 Ebd. 977 Ebd. 978 Juchacz, Marie: Praktische Winke für die Sozialdemokratische Frauenbewegung, S. 3. 979 Pfülf, Toni: Betrachtungen zur Weimarer Verfassung. In: Frauenstimmen aus der Nationalversammlung. Beiträge der sozialdemokratischen Vertreterinnen zu den Zeitfragen, Berlin 1920, S. 20-23, hier S. 21. 980 Weberling, Anja: Zwischen Räten und Parteien, S. 70.

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Clara Zetkin hatte sich in ihrem Artikel in der Roten Fahne vom 11. November 1918 klar gegen die Nationalversammlung ausgesprochen, die Frage nach einer frauenpolitischen Vertretung im Parlament tauchte in ihrer Argumentation gar nicht auf. Zetkin wertete die konstituierende Nationalversammlung als Versuch, die Revolution zu liquidieren und faktisch einer „Diktatur der Bourgeoisie“ den Weg zu bereiten. Zetkin, Clara: Der Revolution – der Frauen Dank. In: Die Rote Fahne, Berlin 1. Jg., Nr. 7 v. 22. November 1918. Zit. n.: Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland, Anhang Nr. 31, S. 453 f. Brief von Clara Zetkin an Rosa Luxemburg vom 17.11.1918. Zit. n.: Puschnerat, Tania: Clara Zetkin, S. 226. 982 Für und wider den Parlamentarismus. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 13, S. 98. 983 Ebd. 984 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 334. 985 Ebd., Bl. 336. 986 Fritsch, Alma: Wen wählen die Frauen und Mädchen. In: Die Gleichheit, 29. Jg., Nr. 8 (17. Januar 1919), S. 62. 987 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 336. 988 Zietz, Luise: Der Revolutions-Frauentag. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 1, S. 4. 989 Juchacz, Maire: Aus unserer Bewegung, 29. Jg., Nr. 6 (20. Dezember 1918), S. 46. 990 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Anonymes Redemanuskript in den Akten von Elma Klingelhöfer, Bl. 336. 991 Ebd., Bl. 327, Bl. 331. 992 Ebd., Bl. 331. 993 Ebd., Bl. 332. 994 Frieden! In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 8, S. 57. 995 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 330. 996 Ebd. 997 Juchacz, Marie: Praktische Winke für die Sozialdemokratische Frauenbewegung, S. 4; Protokoll der Sitzungen des Parteiausschusses der SPD, 8.12.1920. In: Protokolle der Sitzungen des Parteiausschusses der SPD 1912 bis 1921, S. 1044. 998 Juchacz, Marie: Praktische Winke für die Sozialdemokratische Frauenbewegung, S. 4. 999 Sachse, Mirjam: Von „weiblichen Vollmenschen“ und Klassenkämpferinnen. Frauengeschichte und Frauenleitbilder in der proletarischen Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“ (1891-1923), Kassel 2010, S. 407 ff. 1000 Wir Mütter. In: Die Gleichheit, 25. Jg., Heft 2 (16. Oktober 1914), S. 10. 1001 Die Bedeutung der Frau für die Entwicklung der Kunst im sozialistischen Staat. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 7, S. 54. 1002 Ebd. Eine ähnliche Argumentation findet sich bei Kuntz, Werner: Die Frau als Kämpferin um die innere Freiheit. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 13, S. 99 f. 1003 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 333. 1004 Braunthal, Berta: Das Recht auf Mutterschaft. In: Die Kämpferin, 2. Jg., Nr. 1 (11. Januar 1920), S. 14. 1005 Ebd. 1006 Frauenstimmen aus der Nationalversammlung. Beiträge der sozialdemokratischen Volksvertreterinnen zu den Zeitfragen, Berlin 1920, S. 14. 1007 Beilage zur Gleichheit 1920, 2. Jg., Heft 18, S. 137. 1008 Henriette Fürth sprach von der „Sonnenwärme der Mütterlichkeit,“ die der kalten „intellektuellen Manneskultur“ entgegengesetzt werden müsse. Fürth, Henriette: Zum Wahlrecht der Frauen (Schluss). In: Die Gleichheit, 29. Jg., Heft 8 (17. Januar 1919), S. 63. 1009 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 331. 1010 Ebd. 1011 Ebd., Bl. 332. 1012 Ebd., Bl. 333. 1013 Ebd. 1014 Ebd. 1015 Alle Menschen ohne Unterschied sollen teilhaben an den geistigen Gütern der Menschheit. Die Jugend aller Volksklassen soll den neuen Geist der Revolution, der Freiheit, der Menschlichkeit fühlen. Sie soll sich die Hand reichen über alle Schranken hinweg, die der Besitz zwischen sie aufgerichtet hat, zur Erringung eines neuen Geistes und einer höheren Kultur und damit einer höheren Sittlichkeit.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 334. 1016 So hatte Lina Streck, eine linksstehende Lehrerin, über das Thema „Gesellschaft für neue Erziehung“ referiert. Neue Zeitung, 2. Dezember 1918. 1017 Der Staatskommissar für Demobilmachung hatte am 13. Dezember 1918 das geltende Gesinderecht aufgehoben. 1018 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 338.

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Bevölkerungspolitik. In: Die Gleichheit, 29. Jg., Nr. 5, S. 37 ff. Die neue Stellung der Frau in der Gemeinde. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 1, S 5; Meth, Jakob: Was können wir für unsere Kinder tun? In: Die Kämpferin. 1. Jg., Nr. 4, S. 30 f.; Meth: Erziehung zur Gemeinschaft. In: Die Kämpferin, Nr. 9, S. 67; Hackmack, Hans: Mütter und Jugendbewegung. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 13, S. 100. 1021 Schult, Hanna: Wöchnerinnenfürsorge. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 13, S. 102. 1022 Der Haushalt der Zukunft. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 3, S. 21 f. 1023 Jenssen, Otto: Die soziale Revolution, die Frau und das Heim. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 17, S. 132. 1024 Horn, Bertha: Kinder- und Jugendschutz. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 15, S. 116. 1025 Kühn, Hanna: Mutter und Kind. In: Die Kämpferin, 1. Jg., Nr. 14, S. 108. Die Verfasserin führte aus: „Unsere Kinder werden nur im Geiste des Kapitalismus erzogen. Hohe Zeit ist es, daß wir selbst Hand ans Werk legen, daß wir unsre Kinder erziehen wie es die Zeit erfordert, und unsre Klasse von uns erwartet. [...] Darum ihr Frauen, legt euren Gleichmut ab; seht woran es fehlt. Helft mit, die Freiheit zu erkämpfen, lernt eure Kinder zum Klassenkampf zu erziehen.“ 1026 Juchacz, Marie: Praktische Winke für die Sozialdemokratische Frauenbewegung, S. 4; Protokoll der Sitzungen des Parteiausschusses der SPD, 8.12.1920. In: Protokolle der Sitzungen des Parteiausschusses der SPD 1912 bis 1921. Inkl. Protokoll der Parteikonferenz in Weimar am 22. und 23. März 1919. Protokoll über die Verhandlungen der Reichskonferenz der Sozialdemokratien Partei Deutschlands. Abgehalten in Berlin am 5. u. 6. Mai 1920, 2 Bände. Hrsg. v. Dieter Dowe, Berlin, Bonn 1980, S. 1044. 1027 Juchacz, Marie: Aus unserer Bewegung. In: Die Gleichheit, 29. Jg., Nr. 6 (20. Dezember 1918), S. 46. 1028 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/1, Bl. 146. 1029 Vor neuen Pflichten: In: Die Gleichheit, 29. Jg., Heft 8 (17. Januar 1919), S. 57. 1030 Ebd. 1031 Ebd. 1032 Evans, Richard: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich, S. 206. 1033 Clara Bohm-Schuch. In: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, abgehalten in Kassel vom 10. bis 16. Oktober 1920, S. 62. 1034 Schöfer, Sophie: Die Frauen und das neue Parteiprogramm. In: Die neue Zeit. Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie. Hrsg. v. Heinrich Cunow, Stuttgart 1921, Jg. 29 (1920/21), S. 599-603, hier S. 600 f. 1035 Kalmer, Georg: Beamtenschaft und Revolution. Eine sozialgeschichtliche Studie über Voraussetzungen und Wirklichkeit des Problems. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bayern im Umbruch. Die Revolution von 1918, ihre Voraussetzungen, ihr Verlauf und ihre Folgen, München 1969, S. 250 f. 1036 Hürten, Heinz: Amtskirchen und Kirchenvolk in der deutschen Novemberrevolution. In: Michael Salewski (Hrsg.): Die Deutschen und die Revolution. 17 Vorträge, Göttingen, Zürich 1984, S. 360-379, hier S. 364. 1037 Hirtenwort vom 20. November 1918. Druck: Pastoralblatt des Bistums Eichstätt, 65 (1918), S. 119 f. Zit. n.: Hürten, Heinz: Amtskirchen und Kirchenvolk in der deutschen Novemberrevolution, S. 364. 1038 Hürten, Heinz: Amtskirchen und Kirchenvolk in der deutschen Novemberrevolution, S. 366. 1039 Gemeinsame Verlautbarung der bayerischen Bischöfe und den Hirtenbriefen der Erzbischöfe von Bamberg und München gegen die Regierungsverordnung vom 25. Januar 1919. Druck: Amtsblatt für die Erzdiozöse Bamberg, 42 (1919), S. 25-31. Zit. n.: Hürten, Heinz: Amtskirchen und Kirchenvolk in der deutschen Novemberrevolution, S. 368. 1040 Hürten, Heinz: Amtskirchen und Kirchenvolk in der deutschen Novemberrevolution, S. 368. 1041 Zettler, Marie: Hat die Frau richtig gewählt? In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 2 (Februar 1919), S. 1. 1042 Die Neujahrsfrage. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1 (Januar 1919), S. 1. 1043 Unser Frauenprogramm. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg. Nr. 1, S. 2. 1044 Ebd. 1045 Mütterliches Erziehungsrecht und Schule: In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg. Nr. 3 (März 1919), S. 20. 1046 Ebd. 1047 Goretzky, Eva: Familienerziehung und ihre Gegner. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 4 (April 1919), S. 33. 1048 Zettler, M.: Warum war am 1. August geflaggt. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 8/9 (August, September 1919), S. 57. 1049 Ebd., S. 58. 1050 Hort des Glücks: In: Bayerisches Frauenland, 2. Jg., Nr. 5/6 (Mai / Juni 1920), S. 1. 1051 An unsere Mitglieder. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 48 (28. November 1918), S. 1. 1052 Am sozialpolitischen Seismographen. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 47 (21. November 1918), S. 3. 1053 Ebd. 1054 Die Ersten auf dem Plan. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 47, S. 1. 1055 Katholisch denken! In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 47, S. 4. 1056 Grüß Gott in der Heimat! In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 49 (5. Dezember 1918), S. 1. 1020

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Am politischen Seismographen. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 49 (5. Dezember 1918), S. 4. Was hat die Frau im sozialistischen Wirtschaftsleben zu erwarten? In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 51 (19. Dezember 1918), S. 3. 1059 Ebd. 1060 Ebd. 1061 Ebd. 1062 Natürlicher Frauenberuf und Sozialismus. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 1 (2. Januar 1919), S. 2. 1063 Ebd. 1064 Ebd., S. 3. 1065 Ebd. 1066 Gegen die Gleichgültigen. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 20 (15. Mai 1919), S. 1. 1067 Ebd. 1068 Ebd. 1069 Einhauser, Ida: Die Bedeutung des Gemeindewahlrechtes für die Frau. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 4 ( April 1919), S. 28. 1070 Die Neujahrsfrage. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg. Nr. 1 (Januar 1919), S. 2. 1071 Giehrl, Emmy: Wahltag. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg. Nr. 1, S. 4. 1072 Die Neujahrsfrage. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg. Nr. 1, S. 2. 1073 Giehrl, Emmy: Wahltag. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg. Nr. 1, S. 4. Hervorhebung im Original. 1074 An unsere Mitglieder. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 48 (28. November 1918), S. 1; Was nun. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 49 (5. Dezember 1918), S. 5. 1075 Lichtseiten des Frauenwahlrechtes. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 51 (19. Dezember 1918), S. 2. 1076 Ebd. 1077 Politische Briefe I. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 50 (12. Dezember 1918), S. 1. 1078 Lichtseiten des Frauenwahlrechtes. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 51 (19. Dezember 1918), S. 2. 1079 Ebd. 1080 An unsere Mitglieder. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 48 (28. November 1918), S. 1. 1081 Was nun. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 49 (5. Dezember 1918), S. 5. 1082 Lichtseiten des Frauenwahlrechtes. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 51 (19. Dezember 1918), S. 2. 1083 Am politischen Seismographen. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 49 (5. Dezember 1918), S. 4. 1084 Ebd. 1085 Politische Briefe I. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 50 (12. Dezember 1918), S. 1. 1086 Meine Partei. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 49 (5. Dezember 1918), S. 2. 1087 Ebd. 1087 Ebd. 1088 Politische Briefe III. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 1 (2. Januar 1919), S. 3. 1089 Unser Frauenprogramm. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1 (Januar 1919), S. 2. 1090 Die Neujahrsfrage. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1 (Januar 1919), S. 2. 1091 Ebd. 1092 Ebd. 1093 Ebd. 1094 Dransfeld, Hedwig: Die Frau im kirchlichen und religiösen Leben. Zit. n.: Rohr, Dorothea: Frauenbewegung und religiöse Gebundenheit, S. 124. 1095 Unser Frauenprogramm. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1, S. 2. 1096 Ebd., S. 3. 1097 Ebd., S. 4. 1098 Ebd. 1099 Ebd. 1100 Ebd. 1101 Zettler, M.: Die Kandidatinnen der Bayerischen Volkspartei. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1 (Januar 1919), S. 5. 1102 Lichtseiten des Frauenwahlrechtes. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 51 (19. Dezember 1918), S. 2. 1103 Ebd. 1104 Die Wahlen. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 4 (23. Januar 1919), S. 1. 1105 Ebd. 1106 Der Arbeiter, 16. Jg. (1921), Nr. 21, S. 5; Der Arbeiter, 14. Jg. (1919), Nr. 1, S. 2. 1107 Der Arbeiter, 16. Jg., Nr. 21, S. 5. 1108 Lichtseiten des Frauenwahlrechtes. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 51 (19. Dezember 1918), S. 2. 1109 Ebd. 1110 Ebd. 1058

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Ebd. Die Stellung der Frau zur kapitalistischen Wirtschaftspolitik. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 16/19 (8.Mai 1919), S. 4. 1113 Ebd. 1114 Ebd. 1115 Ebd. 1116 Die Gründung des Bayerischen Lehrerinnenvereins war am 10. September 1898 auf Anregung des Münchener Lehrerinnenvereins (MLiV) erfolgt, im Saal des Katholischen Kasinos in München hielt Helene Sumper, erste Vorsitzende des MLiV, die Begrüßungsrede, in der sie die Notwendigkeit des geplanten Verein hervorgehoben hatte. Helene Sumper wurde erste Vorsitzende dieses neu gegründeten Vereins. Einige Monate davor war von Babette Kiefaber, ebenfalls aus dem Münchener Lehrerinnenverein, am 4. Februar 1898 der „Verein katholischer Lehrerinnen Bayerns“ (KLiV) ins Leben gerufen worden. Obwohl es zwischen diesen beiden Lehrerinnenvereinen weltanschauliche Unterschiede und persönliche Spannungen gab, die die Spaltung vertieften, kristallisierten sich viele gemeinsame Zielsetzungen heraus. Beide Organisationen gaben sich national, warben um die Pflege von Heimat und Volkstum, bekämpften Alkoholgenuss und Unsittlichkeit. Zudem waren viele prominente Vertreterinnen des BLiV ebenfalls engagierte Katholikinnen, wie z. B. Ida Glas oder Maria Deppisch. Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin, S. 78 f. 1117 Ebd., S. 88 f. 1118 Sumper Helene: Fortbildungsschule für Mädchen, Gera 1899; Sumper, Helene: Vorbereitungsbuch für den hauswirtschaftlichen Unterricht an den 8. Mädchenklassen und an den weiblichen Fortbildungsschulen, 2 Teile, München 1913. Sumper Helene: Der Schutz und die Pflege der weiblichen Jugend. Schmid, Bastian / Brahn, Max (Hrsg.): Das neue Deutschland in Erziehung und Unterricht, 1918, Heft 5, S. 182 ff. 1119 Die weibliche Fortbildungsschule in München verdankte ihr Bestehen weitgehend der Initiative der Lehrerinnen und hatte Modellcharakter für ganz Deutschland. Kerschensteiner, Georg: Eine Grundfrage der Mädchenerziehung, Leipzig, Berlin 1902, S. 11. 1120 Dies zeigte sich besonders deutlich an der heftig diskutierte Forderung nach einer Einheitsschule. Nach den Leitsätzen von Georg Kerschensteiner wurde von Seiten des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins und dem Bayerischen Volksschul-Lehrervereins eine organisch gegliederte, nationale Einheitsschule mit einem einheitlichen Lehrerstand und der Aufhebung aller Trennungen nach konfessionellen und sozialen Gesichtspunkten gefordert. Diese neue Schulorganisation sollte auf seiner untersten Stufe der gesamten Jugend, ohne Rücksicht auf Stand und Besitz der Eltern, zugänglich sein und sich dann, der Begabung der Schüler entsprechend, in verschiedene Schultypen verzweigen. Aus gesellschaftspolitischen Gründen fand diese Schulform Zustimmung der sozialdemokratischen Partei, auch der radikale Flügel der Frauenbewegung unterstützte die Einheitsschule, welche die Forderung nach Koedukation und damit gleichberechtigter Abschlüsse auf allen Stufen verwirklicht hätte. Nissl, Josef: Die Schulpolitik in Bayern von 1850 bis 1914, Staffelstein 1919, S. 196. Doch die Mehrzahl der Mitglieder des BLiV wandte sich gegen diesen Schultyp. So sprach sich Elisabeth Weber eindeutig gegen die Resolution der Lehrerversammlung von 1914 in Kiel aus. Sie hielt diese Einheitsschule in Bayern für überflüssig und betonte, dass in Bayern die soziale Einheitsschule in den ersten vier Volksschuljahren schon seit einem Jahrhundert verwirklicht sei. Billige höhere Schulen und zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten würden es möglich machen, dass Mittellosigkeit in Bayern kein Hindernis für die Erlangung höherer Bildung sei. Weber, Elisabeth: Die Einheitsschule. In: Bayerische Lehrerinnenzeitung (im folgenden zit. BLiZ). Organ des Bayerischen Lehrerinnenverbandes, München, 8. Jg. (1917), S. 53. 1121 Helene Sumper kennzeichnete die Vorgehensweise des Lehrerinnen des BLiV: „Durch festes Zusammenhalten, rastloses Streben nach Vervollkommnung und mutiges Eintreten für unsere Interessen werden wir uns, wenn auch langsam, diesem Ziel (Gleichstellung mit den Lehrern A.K.) nähern. Was uns aber mehr als alles andere gewährleisten kann, das ist und bleibt: treue Pflichterfüllung.“ Helene Sumper, 2. Bericht über die Hauptversammlung des BLiV 1902. Zit. n.: Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin, S. 212. 1122 Der Krieg unserer Lehrer. In: BLiZ, 8. Jg., Nr. 5 (März 1917), S. 29. Vgl. auch: Eyssel, Maria: Von deutschen Idealen. In: BLiZ, 7. Jg. (1916), S. 52. Eyssel beschwört hier die durch einen Krieg herbeigeführte Größe eines Volkes: „Unter Seufzen und Schmerzen wächst unser Volk empor zu einer Größe, an die wir in unserer Kleinheit nicht mehr zu glauben wagten, und die Fahne des Idealismus weht über einem Heldenvolke.“ 1123 Der Krieg unserer Lehrer. In: BLiZ, 8. Jg., Nr. 5 (März 1917), S. 30. 1124 Ebd. 1125 BLiZ, 2. Jg. (1911), S. 20. Zit. n.: Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin, S. 113. 1126 Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin, S. 215. 1127 8. Hauptversammlung des Bayerischen Lehrerinnenvereins, 1916, S. 77. Zit. n.: Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin, S. 216, Anmerkung 3. 1128 Hertel, Betty: Zur neuen Zeit. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 23 (Dezember 1918), S. 93. 1129 Mitteilung des Vorstandes. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 22 (November 1918), S. 86. 1130 Hertel, Betty: Zur neuen Zeit. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 23, S. 93. 1112

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Ebd., S. 94. Ebd. 1133 Ebd. 1134 Ebd. 1135 So war durch den sächsischen Kultusminister verfügt worden, dass für den kirchlichen Religionsunterricht durch kirchliche Gemeinschaften die Schule weder Stunden, Räume und Lehrkräfte zur Verfügung stellen dürfte, sowie jede finanzielle Unterstützung zu diesem Zweck unterbleiben müsse. Weber, Elisabeth: Schule Kirche Staat. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 2 (Januar 1919), S. 7. 1136 Ebd., S. 8. 1137 Schulprogramm des Oberbayerischen Kreisausschusses. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 23, S. 94 f. Das Programm war von Frl. Streck, Frl. Wanninger und Frl. Paula Stängl ausgearbeitet und anschließend den Ausschussmitgliedern zur Begutachtung vorgelegt worden, die dann dieses Programm in ihrem Kreis als rechtmäßig anerkannten und absegneten. Bericht über die Vertreterinnenversammlung des oberbayerischen Kreislehrerinnenvereins. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 24 (Dezember 1918), S. 101. Zugleich war eine öffentliche Versammlung angekündigt worden, in der Frl. Lina Streck über das Thema „Grundprobleme der neuen Schule“ referieren sollte. 1138 Stellungnahme des Münchener Lehrerinnenvereins zu obigem Programm. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 23, S. 95 und 102. 1139 Die Auseinandersetzungen endeten mit einem Misstrauensvotum und Neuwahlen, welche Therese Widmann an die Spitze des oberbayerischen Kreisvereins brachten und mehrere Lehrerinnen mit sozialdemokratischen Ideen aus wichtigen Ämtern verdrängten. Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin, S. 220. 1140 Veröffentlichte Stellungnahmen örtlicher Bezirksvereine des Bayerischen Lehrerinnenvereins wandten sich gegen die „sonderbaren Ideen“ und wünschten wie der Augsburger Lehrerinnenverein, „daß der Religionsunterricht in der bisherigen Gestalt beibehalten wird, da wir uns eine gedeihliche Erziehung ohne religiöse Grundlage nicht denken können.“ Nachwort der Schriftleiterin. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 1 (Januar 1919), S. 5. 1141 Deppisch, Maria: Religion und Pädagogik. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 1, S. 3. 1142 Weber, Elisabeth: Schule Kirche Staat. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 2, S. 9. 1143 Unverrückbar stand zwar die Notwendigkeit und die geforderte Unantastbarkeit des katholischen Religionsunterrichts im Mittelpunkt, doch allmählich öffnete man sich auch gegenüber den Reformbestrebungen auf diesem Gebiet. Ein Beispiel dafür sei der Artikel „Der katholische Religionsunterricht in der Volksschule“ von Ida Glaser genannt. BLiZ, 10. Jg., Nr. 22 (November 1919), S. 111 f. 1144 Münchener Lehrerrat. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 1, S. 4. 1145 Dem Münchener Lehrerrat gehörten folgenden Frauen an: aus dem Lehrerinnenverein München Glaser, Widmann, Heerberger, Sigl, Pfülf, Fischbach, Gruber, Ziegler; aus dem katholischen Lehrerinnenverein Sturm, Fichtner, Schuster, Schulthes. Ebd. 1146 Hertel, Betty: Zur neuen Zeit. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 23, S. 94. 1147 Dosenheimer, Elise: Die Frau und die Politik. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 11 (Juni 1918), S. 45. 1148 Hertel, Betty: Zur neuen Zeit. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 23, S. 93. 1149 Ebd. 1150 Diese Zurückhaltung wurde mit äußerlichen Gründen erklärt, wie die lediglich 14-tägige Erscheinungszeit und den gestiegenen Preisen für Papier und Druck. Ebd. 1151 Ebd. 1152 Ebd.: „Jede einzelne unter uns lasse sich bei der Abgabe ihrer Stimme nur von einem binden, von ihrer innersten, ehrlichen Überzeugung. Dadurch allein beweisen wir unsere politische Mündigkeit.“ 1153 Auf zur Wahl für die deutsche Nationalversammlung! In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 2, S. 7. 1154 Dosenheimer, Elise: Die Frau und die Politik. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 11, S. 43. 1155 Ebd. 1156 Ebd. 1157 Ebd., S. 44. 1158 Ebd. 1159 Ebd., S. 45. 1160 Ebd. 1161 Miller, Maria: Zur Frage der weiblichen Schulaufsicht. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 10, S. 46. 1162 Sumper, Helene: An die Vorsitzenden der Bezirksvereine des Bayerischen Lehrerinnenvereins. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 4, S. 15. 1163 Zu diesen Wahlen hatten der bayerische Volksschullehrerverein, der bayerische Lehrerinnenverein, der Verein katholischer Lehrerinnen und der bayerische Landesverein technischer Lehrerinnen eigene Wahllisten vorgelegt. Bei den Wahlen zu diesen Verbandsvertretungen hatte der Bayerische Lehrerinnenverein eine eigene Liste mit 10 Lehrerinnen aufgestellt und eine gezielte Unterstützung dieser Kandidatinnen aus dem eigenen Verband erwartet. Zur Wahl der Lehrerräte. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 14, S. 71. 1164 BLiZ, 10. Jg., Nr. 12, S. 61; Zur Wahl der Lehrerräte. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 14, S. 71. 1132

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Lehrerratswahlen. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 17, S. 77 f. Scherbauer, Anton: Zusammenschluß aller Lehrer- und Lehrerinnenvereine, Teil I. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 8/ 9, S. 33 f. 1167 Ebd. 1168 Reichenhart, Wilhelmine: Zusammenschluß aller Lehrer- und Lehrerinnenvereine, Teil II. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 8/9, S. 34. 1169 Ebd. 1170 Ebd. Die Münchener Lehrer- und Lehrerinnenvereine hatten dann am 19. April 1919 in einer gemeinsamen Aussprache sich zu der Notwendigkeit eines Zusammenschlusses zu einem Verband bekannt. 1171 Reichenhart, Wilhelmine: Zusammenschluß aller Lehrer- und Lehrerinnenvereine, Teil II. In: BLiZ, 10. Jg., Nr. 8/9, S. 34. 1172 Pickel, Susanne: Das politische Handeln der Bürgerinnen und Bürger – ein Blick in die Empirie. In: Georg Weißeno, Hubertus Buchslein (Hrsg.): Politisches Handeln. Modelle, Möglichkeiten, Kompetenzen, Bonn 2012, S. 39-57, hier S. 39 f. 1173 Massing, Peter: Politisches Handeln – Versuch einer Begriffserklärung. In: Georg Weißeno, Hubertus Buchslein (Hrsg.): Politisches Handeln. Modelle, Möglichkeiten, Kompetenzen, Bonn 2012, S. 257-270, hier S. 264. 1174 Ebd., S. 270. 1175 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 72. 1176 E.W.: 25 Jahre bayerische Frauenbewegung (Schluß). In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 3, S. 19. 1177 Verhältniswahlen. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 74; Die Frauen und die Wahlordnung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 75. 1178 Bäumer, Gertrud: Frauenwahlrecht und Frauenwahlpflicht. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 75. 1179 Die Frauen und die Wahlordnung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 75. 1180 Bäumer, Gertrud: Frauenwahlrecht und Frauenwahlpflicht. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15, S. 75. 1181 Die Frauen und die Wahlordnung. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15, S. 75. 1182 Die Wahlpflicht und die weibliche Jugend. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 76. 1183 E.W.: 25 Jahre bayerische Frauenbewegung (Schluß). In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 3, S. 19. 1184 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15, (28. Dezember 1918), S. 72. 1185 Bäumer, Gertrud: Frauenwahlrecht und Frauenwahlpflicht. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15, S. 75. 1186 Staatsarchiv Landshut: 168/1, A 12: Bayerische Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger, Nr. 7 vom 8. Januar. Bekanntmachung über die Landtagswahl. 1187 VPNR, I. Band, 5: Frau Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 114. 1188 Kempf, Rosa: Frauenfragen, S. 3. 1189 VPNR, I. Band, 5: Frau Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 114. 1190 Ihr Forderungskatalog enthielt: die Sicherung des aktiven und passiven Wahlrechtes in der künftigen Verfassung; die Betätigung der Frauen in allen Zweigen der Verwaltung, sei es in der Fürsorge, der Schulverwaltung, der Jugendpflege oder bei der Gewerbeinspektion; die Koedukation in allen Schulen sowie die Hebung des gewerblichen und landwirtschaftlichen weiblichen Bildungswesen; die Zulassung der Frau auf dem Gebiete der Rechtspflege; die Gleichstellung der Frau mit dem Mann im Familienrecht (Stärkung des Erziehungsrechtes der Frau, Berufsausübung ohne Einwilligung des Mannes...); die Aufhebung des Zölibats für weibliche Beamte; die Gleichstellung von ledigen Müttern und unehelichen Kinder (Erbrecht für uneheliche Kinder) und die Aufhebung der Reglementierung der Prostitution. Kempf, Rosa: Frauenfragen, S. 4 ff. 1191 Ebd., S. 7. 1192 Ebd. 1193 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 165. 1194 Ebd. 1195 Ebd. 1196 Münchener Post vom 19.11.18. 1197 Ebd. 1198 Kurze politische Nachrichten. In: Die Frau im Staat, 1. Jahr, Heft 1 (Februar 1919), S. 16. 1199 Unterstützung bei ihrem Wahlkampf erhielt Anita Augspurg von dem Bayerischen Verein für Frauenstimmrecht, dessen Vorstand L. G. Heymann war sowie von dem deutschen Frauenausschuss für dauernden Frieden, Geschäftsstelle München, die von Gertrud Baer geleitet wurde. Diese beiden Frauenorganisationen hatten sich meist den Wahlaufrufen, angeschlossen. BayHStA, Abteilung V: Politische Plakate bis 1945, Nr. 9 412. Plakat für eine Wahlversammlung Anita Augspurgs am 11.1.1919. Dr. Anita Augspurg hatte einen Platz auf der USPListe als Parteilose für die Bayerischen Landtagswahlen erhalten und bekam fünf Stimmkreise zugewiesen: 1166

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München X, Wolfratshausen, Rosenheim II, Deggendorf und Lindau. Bayerische Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger, Nr. 7 vom 8. Januar. Bekanntmachung über die Landtagswahl. 1200 BayHStA, Abteilung V: Politische Plakate bis 1945, Nr. 9 412. Plakat für eine Wahlversammlung Anita Augspurgs am 11.1.1919. Gezielt sprach Dr. Anita Augspurg auf diesem Wahlplakat die Frauen als Wählerinnen an: „Frauen! Wählerinnen! Wem gebt ihr Eure Stimme? Wer kann Eure Kinder am besten vertreten? Nur eine Frau! Wer ist von jeher eingetreten für Recht, Freiheit und Frieden? Die Vorkämpferin für Frauenrecht und Völkerverständigung Dr. Anita Augspurg. Sie wird zu Euch sprechen.“ 1201 Ebd. 1202 Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 435. Auch nach der Landtagswahl trat Augspurg noch für die USP auf und wurde als Rednerin in der USP-Zeitung „Neue Zeitung“ für zwei große USP-Versammlungen vom 14. und 16. Januar 1919 neben Kurt Eisner, dem Innenminister Hans Unterleitner und dem Finanzminister Edgar Jaffé angekündigt. 2 große öffentliche Wahlversammlungen. In: Neue Zeitung, Nr. 18 vom 14.1.1919, S. 1. Aus der Wahlbewegung. In: Neue Zeitung, Nr. 22 vom 18.1.1919, S. 2. Für die öffentliche Versammlung am 14. Januar 1919, bei der es um das Thema „Die deutsche Nationalversammlung“ ging, wurde auch mit einem Plakat geworben. BayHStA, Abteilung V: Politische Plakate bis 1945, Nr. 7 931. 1203 Wahlnachrichten. In: Neue Zeitung Nr. 13 vom 8.1.1919. Eine gewisse Affinität der Zeitung zu Anita Augspurg lässt sich aber daraus ableiten, dass die „Neue Zeitung“ kurz vor den Wahlen über Frauen im Krieg berichtete und dabei Ausschnitte aus einer Buchpublikation über den Internationalen Frauenausschuß für einen dauernden Frieden veröffentlichte. Latzko Andreas: Frauen im Krieg. In: Neue Zeitung Nr. 9-11 (2./3./4.1.1919). 1204 Behmer, Markus: Pressekampf im roten München. Kommunikationspolitik und Öffentlichkeit der Revolutionszeit 1918/19. In: Kurt Imhof, Peter Schulz (Hrsg.): Kommunikation und Revolution, Zürich 1998, S. 245261, hier S. 252. 1205 Die Münchener Neuesten Nachrichten, aber auch die Münchener Post (SPD), beide mit einer deutlich größeren Auflage, zeichneten sich insgesamt durch eine stark parteiliche Berichterstattung aus. Während des Wahlkampfes wurde versucht, jede lästige Konkurrenz für die eigenen Kandidaten zu diskreditieren oder totzuschweigen. Eisner, Freya: Kurt Eisner: Die Politik des libertinären Sozialismus, Frankfurt / Main 1979, S. 125. 1206 Zur Aufklärung. In: Münchner Neueste Nachrichten Nr. 16 vom 11.1.1919. 1207 Ebd.; Vgl. auch Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 434. 1208 Baer, Gertrud: Oberbayerische Wall (Wahl!) Fahrt. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1 (Februar 1919), S. 9. Obwohl Heymann in ihren Memoiren ausdrücklich nur von einem Wahlkampf für, aber nicht von Anita Augspurg sprach, geht die Sekundärliteratur teilweise von der Annahme aus, dass Augspurg persönlich durch Oberbayern reiste. Beumelburg, Ellen: Anita Augspurg. Pionierin des Frauenwahlrechts, S. 162. 1209 Baer, Gertrud: Oberbayerische Wall (Wahl!) Fahrt. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1 (Februar 1919), S. 9. 1210 Heymann, Lida Gustava / Augspurg Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 166. 1211 Ebd. 1212 Ebd. 1213 Die Geistlichen „faselten von der drohenden Gefahr freier Liebe, freier Ehe, dem illegitimen Kinde. In Unterammergau rief nach einer solchen Rede des Geistlichen eine Stallmagd laut und vernehmlich in die Versammlung: ‚Er hat ja selbst drei Uneheliche!’ Wer konnte wissen, war sie vielleicht eine der Leidtragenden? So ging die Arbeit unter Ernst und Heiterkeit fort.“ Ebd. 1214 Baer, Gertrud: Oberbayerische Wall (Wahl!) Fahrt. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1 (Februar 1919), S. 9. 1215 Trotz dieses Misserfolgs bei den ersten Landtagswahlen gehörte Dr. Anita Augspurg bei den nächsten Landtagswahlen im Juni 1920 immer noch der Frauenwahlrechtskommission der USP an und lud zu einer Frauenversammlung am 3. Juni 1919 im großen Saal des Gewerkschaftshauses ein. Der Abend stand unter dem Thema „Die Pflicht der Frau zur Politik.“ BayHStA, Abteilung V: Politische Plakate bis 1945, Nr. 7 948. 1216 Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 22. 1217 Ebd., S. 21. 1218 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 828, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München, den 9. Juni 1919, Betreff Egl Thekla wegen Hochverrats, Bl. 20. 1219 Münchener Post vom 19.11.18. In ihren Memoiren erwähnte Lida Gustava Heymann ebenfalls dieser Rede Hedwig Kämpfers, gab jedoch als Veranstaltungsdatum den 18. November an. Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 164. 1220 Staatsarchiv München, Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077/2, Bl. 332. 1221 Staatsarchiv München, Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077/1, Bl. 167. 1222 „Es wäre Verrat an unserem Geschlecht, wenn wir uns dieser Pflicht entzögen. [...] Es darf keine pflichtvergessene Mutter, keine gleichgültige Hausfrau, keine teilnahmslose Arbeiterin geben, die bei den Wahlen die Gelegenheit versäumt, im Interesse ihrer Familie und ihrer Klasse zu wirken.“ Staatsarchiv München, Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077/2, Bl. 328. 1223 Ebd., Bl. 335. 1224 BayHStA, Abteilung V: FlSlg Nr. 494.

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An unsere Mitglieder. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 48 (28. November 1918), S. 1. Diese Bekanntmachung erfolgte durch den Verband südd. Katholischer Arbeiterinnenvereine (Verbandspräses Walterbach, Verbandssekretärin Aloysia Eberle), durch den südd. Verband katholischer kaufm. Gehilfinnen- und Beatinnenvereine (Verbandspräses Graf v. Preysing, Verbandssekretärin Elsa Friedrichs) und dem Verband katholischer Dienstmädchenvereine (Verbandspräses R. Bruckmayer, Vorsteherin Wally Herbert). 1226 Ebd. 1227 Wo ist unser Platz. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 48 (28. November 1918), S. 2. 1228 Meine Partei. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 48 (28. November 1918), S. 2. 1229 Ebd. 1230 Krenn, Dorit-Maria: Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933, S. 402. 1231 Bayerische Volkspartei. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 48 (28. November 1918), S. 3. 1232 Bis zu den Wahlen wurden drei „Politische Briefe“ in dem Verbandsorgan veröffentlicht. Der erste wurde in dem Heft 50 am 12. Dezember 1918 veröffentlicht, es folgten weitere im Heft Nr. 52 vom 26. Dezember 1918 und im neuen Jahr in Heft 1 kurz vor den Wahlen am 2. Januar 1919. 1233 Politische Briefe II. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 52 (26. Dezember 1918), S. 2. 1234 In der dunklen Pforte des neuen Jahres. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 1 (2. Januar 1919), S. 2. 1235 Politische Briefe II. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 52 (26. Dezember 1918), S. 2. 1236 Politische Frauenrechte und die Parteien. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 2 (9. Januar 1919), S. 1. 1237 So hätte bereits die Genossin Dunke auf dem Frauenkongreß 1911 die Klage erhoben: „Bei uns herrschen noch viele kleinbürgerliche Rückständigkeiten. Viele Genossen verweigern ihren Frauen die Hausschlüssel, damit sie nicht in die Leseabende gehen könne.“ Auch Klara Zetkin wurde zitiert, die an ihren eigenen Parteigenossen kritisiert hatte, dass ihnen in der Praxis der Philisterzopf geradeso in den Nacken hänge wie dem erstbesten Spießbürger. Politische Frauenrechte und die Parteien. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 2, S. 1. 1238 „Gib unsere „Arbeiterin“ und unsere katholischen Zeitungen deinen Freundinnen und Hausgenossen und fürchte dich nicht, ein gutes Wort für unsere Partei einzulegen. Wir Frauen sind ja in der Zunge gewiß nicht weniger gut begabt als die Männer. Darum, auf zur Wahlarbeit!“ Politische Briefe II. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 52 (26. Dezember 1918), S. 2. 1239 Lichtseiten des Frauenwahlrechtes. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 51 (19. Dezember 1918), S. 2. 1240 Meine Partei. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 48 (28. November 1918), S. 2. 1241 Ebd. 1242 Neue Wege. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 49 (5. Dezember 1919), S. 3. 1243 Giehrl, Emmy: Wahltag. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1 (Januar 1919), S. 4. 1244 Die Kandidatinnen der Bayer. Volkspartei. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 1 (Januar 1919), S. 5. 1245 Therese Ullrich, geboren am 25. Oktober 1988 im Weiler Sandau bei Landsberg am Lech, besuchte von 1918 bis 1920 die sozial-caritative Frauenschule. Nachdem der Landesverband zur allgemeinen politischen Vorbereitung der Mitglieder auf die Wahlen im Januar 1919 dringend zusätzliche Kräfte benötigte, erhielt Therese Ullrich Sonderurlaub und wurde als Rednerin für die Zweigvereine in Schwaben engagiert. Wosgien, Gerlinde: Neun Jahrzehnte starke Frauen in Bayern und der Pfalz, S. 52. 1246 Ebd. 1247 Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 2 (Februar 1919), S. 15. 1248 Staatsarchiv Landshut, 168/1, A 12: Bayerische Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger, Nr. 7 vom 8. Januar. Bekanntmachung über die Landtagswahl. 1249 Würzburger General-Anzeiger 9.1.1919, Nr. 6, S. 2. Zit. n.: Köttnitz-Porsch, Bettina: Novemberrevolution und Räteherrschaft 1918/19 in Würzburg, Würzburg 1985, S. 80. 1250 Ebd. 1251 Fränkische Volksfreund vom 10.1.1919, Nr. 7. Zit. n.: Köttnitz-Porsch, Bettina: Novemberrevolution und Räteherrschaft 1918/19 in Würzburg, S. 80. 1252 Fränkisches Volksblatt 11.1.1919, Nr. 8. Zit. n.: Köttnitz-Porsch, Bettina: Novemberrevolution und Räteherrschaft 1918/19 in Würzburg, S. 81. 1253 Würzburger General-Anzeiger vom 15.1.1919, Nr. 11. Zit. n.: Köttnitz-Porsch, Bettina: Novemberrevolution und Räteherrschaft 1918/19 in Würzburg, S. 81. 1254 Ebd., S. 80. 1255 Fränkischer Volksfreund 14.1.1919, Nr. 10. Zit. n.: Köttnitz-Porsch, Bettina: Novemberrevolution und Räteherrschaft 1918/19 in Würzburg, S. 80. 1256 Mitteilungen des Deutschen Frauenstimmrechtsbundes, 5. Jg. (1918), Nr. 11/12, S. 1. 1257 Neumeyer, Anna: Jahrestag. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 2 (1. Dezember 1919), S. 12. 1258 Ebd. 1259 Ebd. 1260 O, diese schwarzen Malefizweiber! In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 5 (30. Januar 1919), S. 2. 1261 Ebd.

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Hat die Frau richtig gewählt? In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 2 (Februar 1919), S. 1. Ebd. 1264 Ebd. 1265 Zettler, Marie: Unentwegt weiter! In: Bayerisches Frauenland. Besondere Ausgabe Februar 1922, S. 1. 1266 Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 601. Auf Grund der außergewöhnlichen Verhältnisse (feindliche Besetzung) bildete die Pfalz einen besonderen Wahlkreis mit einem eigenen Wahltermin. 1267 Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 603. 1268 Ebd. 1269 Ebd. 1270 Ebd. 1271 Ebd., S. 603 und S. 608. 1272 Ebd., S. 608. 1273 Bremme, Gabriele: Die politische Rolle der Frau in Deutschland, Göttingen 1956, S. 34. 1274 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 323, Tabelle 5: Wahlbeteiligung in Bayern nach Geschlecht und Regierungsbezirken (Landtagswahlen 1919). 1275 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 323, Tabelle 6: Weibliche Arbeitskräfte über 16 Jahre in den der bayerischen Gewerbeaufsicht unterstellten Betrieben für die Jahre 1912, 1917. 1276 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 324, Tabelle 7: Weibliche Erwerbstätige nach Regierungsbezirken und Berufsabteilungen. 1277 Leider liegt für diesen Zusammenhang keine statistische Sonderzusammenstellung vor. Doch eine kleine, selbstgewählte Stichprobe von städtischen und ländlichen Stimmkreisen in den jeweiligen Regierungsbezirken soll als statistische Grundlage dienen. Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 324, Tabelle 8: Weibliche Wahlbeteiligung innerhalb der verschiedenen Regierungsbezirke nach städtischen und ländlichen Stimmkreisen aufgeschlüsselt. 1278 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 325, Tabelle 9: Die Bevölkerung nach dem Religionsbekenntnis (Katholiken/Protestanten), aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, bezogen auf jeweils 100 Einwohner. 1279 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 325, Tabelle 10: Wahlen zur deutschen Nationalversammlung in Bayern 1919, Frauen als Wahlberechtigte und Wähler unter Berücksichtigung ihres Alters. Betrachtet man dagegen die männliche Wahlbeteiligung, zeigen sich starke altersbedingte Schwankungen. Von den männlichen wahlberechtigten Jungwählern gingen lediglich 61,4 % zur Wahl, die männlichen Wahlberechtigten über 25 Jahren wiesen mit 86,2 % eine deutlich höhere Wahlbeteiligung auf. Diese deutlich geringere Wahlbeteiligung der jüngeren Männer lässt sich darauf zurückführen, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil von ihnen noch beim Heer stand oder sich in Gefangenschaft befand und sich deshalb an den Wahlen nicht beteiligen konnte. Diese jungen Männer waren in die Wählerlisten aufgenommen worden, ohne von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen zu können. Dies führte nun zu statistisch verzerrten Ergebnissen bei der Wahlbeteiligung der Männer, so dass ein altersbedingter Vergleich zwischen männlicher und weiblicher Wahlbeteiligung wenig sinnvoll erscheint. 1280 Die Stimmbezirke, für die nach Geschlechtern getrennte Auswertungen vorliegen, unterscheiden sich zwar deutlich hinsichtlich der Konfessionen (Katholiken bzw. Protestanten), hinsichtlich der weiblichen Berufstätigkeit, der Art der weiblichen Beschäftigung (landwirtschaftliche oder industrielle weibliche Arbeit) und auch hinsichtlich der Gemeindegröße. Die Stichprobe erfasste Stimmkreise in sieben Regierungsbezirken (eine geschlechterbezogene Auswertung für die Pfalz fehlt), wobei es durchaus hinsichtlich der Anzahl der erfassten Wähler Unterschiede gab. Von Bedeutung ist diese unterschiedliche Repräsentanz der einzelnen Stimmbezirke deshalb, da das regionale Umfeld wie schon bei der Wahlbeteiligung eine Auswirkung auf das Wahlergebnis vermuten lässt. Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 326, Tabelle 11: Die durch die Stichprobe erfassten Regierungsbezirke, aufgeschlüsselt nach der durch die Stichprobe erfassten WählerInnen. 1281 Im Vergleich zu Bayern ist das zur Verfügung stehende Material in Deutschland deutlich dürftiger, hier wurde nur für einen winzigen Bruchteil der reichsweit abgegebenen Stimmen das nach Geschlechter getrennte Wahlergebnis erfasst. Geschlechterbezogene Wahlergebnisse existieren nur für die Städte Köln, Bruchsal, Neustadt, für Köln, Bruchsal, Waldkirch und Haslach. Hartwig, R: Wie die Frauen im Deutschen Reich von ihrem politischen Wahlrecht Gebrauch machen. Allgemeines Statistisches Archiv Bd. 17 (1928), S. 508 und 511. 1282 Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 607. 1283 Ebd., S. 606. 1284 Ebd. 1285 1899 83 Abgeordnete (52,2 %), 1905 102 Abgeordnete (64,97 %), 1907 98 Abgeordnete (60,18 %), 1912 97 Abgeordnete (40,83 %). Ebd., S. 607. 1263

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Kall, Alfred: Katholische Frauenbewegung in Deutschland, S. 275. Krenn, Dorith-Maria: Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933, S. 244. In einem Flugblatt vom Dezember 1918 betonte sie, dass sie sich mit Nachdruck für den Schutz der Ehe und der Familie, für die sittlich-religiöse Erziehung der Jugend in konfessionellen Schulen eintreten werde. Flugblatt: Bayerische Volkspartei (Dez 1918/Januar 1919). Mitgliederwerbung der BVP. In: Ay, Karl-Ludwig: Appelle einer Revolution. Anlage 40. 1288 Waltenbach, Carl, Vorsitzender der christlichen Arbeiterorganisationen. Zit. n.: Krenn, Dorit-Maria: Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933, S. 402. 1289 Bayer, Hans: Die Frau in der politischen Entscheidung, Stuttgart 1932, S. 34. 1290 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 326, Tabelle 12: Ergebnisse der geschlechterbezogenen Auswertung für die BVP in % nach den Regierungsbezirken. 1291 Regensburg VII (70,1 %); Regensburg X (72 %); Amberg II (79,6 %); Schwarzenfeld (89,1 %). Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 874 ff. 1292 Dieser Zusammenhang lässt sich – wie schon bei der Wahlbeteiligung – nur auf indirektem Wege über den Anteil an evangelischer oder katholischer Bevölkerung in den jeweiligen Stimmbezirken ermitteln. 1293 Hürten, Heinz: Amtskirchen und Kirchenvolk in der deutschen Novemberrevolution, S. 366. 1294 Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 606. 1295 Die bayerische SPD hatte bereits 1895 einen entsprechenden Antrag gestellt. Bay. KdA, 32. Landtag, 161. Sitzung v. 25.10.1895, Stenographische Berichte, Bd. 5, S. 262. Der Antrag wurde auf eine herablassende, Heiterkeit erregende Art kommentiert. Solche Gedanken seien völlig unzeitgemäß und passten vielleicht in das Jahr 2000 „aber in unserer dermaligen Zeit sind mit Ausnahme einiger weiblicher Celebritäten der Sozialdemokratie, wie die Zedtkin und die Ihrer, unsere Damen meiner Meinung nach noch nicht so damisch (Heiterkeit), daß sie sich nach den Süßigkeiten der Antheilnahme am politischen Leben sehnen.“ Bay. KdA, 32. Landtag, 162. Sitzung v. 26.10.1895, Stenographische Berichte, Bd. 5, S. 273, Abg. Wagner (Zentrum). 1296 Der Abgeordnete Auer (SPD) hatte die Einführung des Frauenwahlrechtes am 11.6.1918 beantragt und darauf hingewiesen dass es sich dabei um eine alte sozialdemokratische Forderung handle, von der man gerade in der Kriegszeit, in der die Frau in solchem Maße Trägerin der Kriegsanstrengung geworden sei, nicht abgehen könne. Bericht des Finanzausschusses, Bay KdA, 36. Landtag, 473. Sitzung v. 11.6.1918, Stenographische Berichte Bd. 9, S. 207. 1297 In einem Wahlplakat der SPD winkt eine beschwingt gezeichnete Mädchengestalt mit einem Tuch, das sie wie eine Fahne hält. Diese heitere Aufbruchsstimmung, die sie hiermit signalisiert, wird noch durch den Text unterstrichen, den sie ihren Geschlechtsgenossinnen zuruft: „Mädchen und Frauen heraus aus der Finsternis. Entscheidet Euch für die Nationalversammlung! Für Freiheit des einzelnen und Ordnung der Gesamtheit in einer Freien sozialistischen Republik.“ Frauenalltag und Frauenbewegung 1890-1989, Historisches Museum Frankfurt a.M., Frankfurt /Main 1981, S. 76. 1298 „Frauen! Euren Kindern Glück und Brot. Darum werbt und wählet rot!“ Plakat der Sozialdemokratischen Partei. Heilfron, Eduard (Hrsg.): Die deutsche Nationalversammlung im Jahre 1919 in ihrer Arbeit für den Aufbau des neuen Volksstaates, Bd. 1, Berlin 1921, S. 157. 1299 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 326, Tabelle 13: Ergebnisse der geschlechterbezogenen Auswertung für die SPD in % nach den Regierungsbezirken. 1300 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 327, Tabelle 14: Weibliche Mitglieder in den einzelnen sozialdemokratischen Agitationsbezirken in Bayern für die Jahre 1914 bis 1919. 1301 Schwarz, Karl-Dieter: Weltkrieg und Revolution in Nürnberg, S. 278. 1302 Albrecht, Dieter: Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. In: Handbuch der bayerischen Geschichte. Hrsg. von M. Spindler, Band IV, 1, München 1974, S. 293 ff. 1303 Reimann, Joachim: Der politische Liberalismus in der Krise der Revolution, S. 177. 1304 Ebd., S. 167 f. 1305 Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ S. 107. 1306 Freudenberg, Ika: Was die Frauenbewegung erreicht hat. 2. Auflage, München 1912, S. 29 f. 1307 Die DVP in Bayern entsprach der Gründung der Deutschen Demokratischen Partei in Berlin, wo anfangs ebenfalls die Linksdemokraten den Ton angaben. Die DVP in Bayern hat sich deshalb der DDP angeschlossen und ihren Namen entsprechend geändert. 1308 BayHStA: Flugblattsammlung 62/1919. 1309 BayHStA: Flugblattsammlung 62/1919. Die anderen Parteien wurden als martialische, brutale oder feiste Männer charakterisiert: die Unabhängigen wurden durch einen schwer bewaffneten Soldaten symbolisiert, der hinter sich das Volk in einer militärisch geordneten Demonstration anführte, die Sozialdemokraten verkörperte ein aggressiv aussehender Mann, der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen beutelte, das Zentrum wurde durch einen feisten Pfaffen mit dünkelhaftem Gesichtsausdruck dargestellt. 1287

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Schaser, Angelika: Bürgerliche Frauen auf dem Weg in die linksliberalen Parteien (1908-1933). In: Lothar Gall (Hrsg.): Historische Zeitschrift. Band 263, München 1996, S. 641-680, hier S. 671. 1311 Die „deutschen Frauen“ sollten „die Treue, die sie ihrem Vaterlande arbeitend und duldend in 52 Kriegsmonaten gehalten haben, ihm nun beweisen als Wählerinnen, die über die deutsche Zukunft bestimmen. [...] Frauen, die Ihr nach so viel Haß und Blutvergießen nichts sehnlicher wünscht als den inneren Frieden, schließt Euch der Deutschen Demokratischen Partei an und werbt für sie.“ Wahlflugblatt der Deutschen Demokratischen Partei. Heilfron, Eduard (Hrsg.): Die deutsche Nationalversammlung im Jahre 1919, Bd. 1, S. 162. 1312 Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 606. 1313 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 327, Tabelle 15: Wahlergebnisse der DDP, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Regierungsbezirk. 1314 Mittelfranken als Regierungsbezirk war gekennzeichnet durch eine hohe Erwerbstätigkeit der Frauen, wobei 44 % in der Landwirtschaft, knapp 39 % in der Industrie und mit einem beachtlichen Anteil von 14 % in dem Bereich Handel und Verkehr arbeiteten. In Schwaben, ebenfalls ein Bezirk mit traditionell hoher weiblicher Erwerbstätigkeit, waren dagegen fast 65 % der Frauen in der Landwirtschaft beschäftigt, die industrielle Beschäftigung der Frauen lag bei 25 % und die kaufmännische Beschäftigung bei 9 %. Auch hinsichtlich der Konfession zeigten diese beiden Regierungsbezirke mit hohem DVP-Anteil keinerlei Übereinstimmung, Mittelfranken war stark protestantisch geprägt, Schwaben dagegen katholisch. 1315 Staatsarchiv Landshut: BezA/LRA Vilsbiburg 3 655, Vorkehrungen gegen Unruhen. Präsidium der K. Regierung von Niederbayern an die Herren Vorstände der Distriktpolizeibehörden des Regierungsbezirkes vom 6. September 1917, Betreff: Bekämpfung von Unruhen. 1316 Lehr und Wehr. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 49 (5. Dezember 1918), S. 5. „Sorget alle für Ordnung und Gesetzmäßigkeit. Unordnung bringt Anarchie und Hungersnot. Das ist Bolschewismus.“ 1317 Ebd. 1318 Politische Briefe III. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 1 (2. Januar 1919), S. 3. 1319 Behmer, Markus: Pressekampf im roten München, S. 252. 1320 „Wählerinnen u. Wähler! Die Revolution ist das Werk der Unabhängigen Sozialdemokratie, die damit das alte System gestürzt und den Krieg beendet hat. Die Unabhängige Sozialdemokratie hat durch die Revolution den Frauen das Wahlrecht gegeben. Die Unabhängige Sozialdemokratie wird die Errungenschaften der Revolution sichern. Die Unabhängige Sozialdemokratie hat es sich zur Aufgabe gesetzt, alle Sozialisten wieder zu einheitlicher Aktion zusammenzuführen. Stimmt deshalb für die Liste der Unabhängigen Sozialdemokratie mit dem Namen Kurt Eisner!“ Flugblatt: „Wählerinnen und Wähler! (Jan. 1919). Wahlpropaganda der USPD. Zit. n. Ay, Karl-Ludwig: Appelle einer Revolution, Anlage 46. 1321 Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 606. 1322 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 327, Tabelle 16: Wahlergebnisse der USP, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Regierungsbezirk. 1323 Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 606. 1324 Ebd., Tabelle VIII: Die Abstimmung innerhalb der Stimmbezirke, S. 758 ff. Prozentzahlen aus der Anzahl der gültigen Stimmen für die USP selbst ermittelt. 1325 Ebd. 1326 Höller, Ralf: Der Anfang, der ein Ende war. Die Revolution in Bayern 1918/19, Berlin 1999, S. 129. 1327 Nicht nur das Wahlergebnis für die bayerischen Landtagswahlen, sondern auch für die deutsche Nationalversammlung traf die USPD und die MSPD wie ein Schock: Die SPD hatte 37,9 % und die USPD 7,6 % erreicht. Lehnert, Detlef: Sozialdemokratie und Novemberrevolution, S. 270. 1328 Protokoll des SPD-Parteitages zu Görlitz, 18.-24.9.1921, S.16. 1329 Ebd. 1330 Ebd., S. 46. 1331 „Kirchenthrone und Altäre wackelten wieder einmal bedenklich und wären sicher umgefallen, hätte man nicht euch Frauen, euch liebe, warmherzige, stets mitleidbereite Frauen zu Hilfe gerufen – und ihr ließet euch gerne rufen, kamet in Massen, zeugtet – nicht für die Kraft der Idee, wohl aber für die Wucht der Herde! Hättet ihr es aus echtem Mitleid getan, gut! Daß ihr es aber aus altem Autoritätsglauben tatet, das ist das Traurige.“ Oh ihr Frauen! In: Die Gleichheit, 30. Jg., Heft 26 (26.6.1920), S. 212. 1332 Man macht uns Frauen den Vorwurf, daß wir den Stimmzettel nicht richtig ausgenützt hätten. Der große Bruder schimpft auf die kleine Schwester. Wenn in den dreißig Jahren, die wir ungehindert arbeiten konnten, innerhalb der Familien mehr praktischer Sozialismus getrieben worden wäre, dann hätten auch die Frauen weit mehr Liebe und Verständnis für den Sozialismus, und dann würden sie auch den Stimmzettel, den sie durch die Revolution bekommen haben, besser ausnützen. [...] Die Schuld trifft den großen Bruder. Früher hat man die

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Frauen nicht für würdig gehalten, sie aufzuklären, jetzt müssen wir alle darunter leiden.“ Protokoll über die Verhandlungen des SPD-Parteitages zu Görlitz, 18.-24.9.1921, Beitrag von Helene Grünberg, Nürnberg, S. 186. 1333 Diese unterschiedlichen Zahlen ergeben sich daraus, dass für die Pfalz eine eigene Wahl mit eigenen Kandidaten und einem eigenen Wahltermin durchgeführt wurde. 4 Frauen hatten in der Pfalz, 17 Frauen in den sieben anderen Regierungsbezirken kandidiert. 1334 Unter den 150 Kandidaten der Kandidatenliste der Bayerischen Volkspartei befanden sich 5 Frauen: Im Regierungsbezirk Oberbayern waren Amann Ellen, „Arzentsgattin aus München für die Stimmkreise München IV, V und Kempten“ und „Aloisia Eberle, Verbandssekretär München für den Stimmkreis München X“ aufgestellt worden. In dem Regierungsbezirk Unterfranken erhielt „Gebsattel, Maria, Freiherrin von, Würzburg“ den Stimmkreis Würzburg II. „Schuster, Maria, Volksschullehrerin München“ kandidierte für die BVP ohne einen eigenen Stimmkreis. Frau Schmitt Therese, Prokuristensgattin, Ludwigshafen am Rhein für die Stimmkreise Kaiserslautern und Kusel. Unter den Kandidaten der DVP waren 4 Frauen: Dr. Rosa Kempf, Studiendirektorin a.D. aus München für München I und XI; Frieda Weber, Gutsbesitzerin aus Sandau bei Landsberg, für Landsberg ½; Luise Kießelbach, Universitätsprofessorsgattin aus München für Fürth ½, Augsburg III und Aschaffenburg ½; Käthe Günther, Bezirksoberlehrerin aus Nürnberg für Nürnberg III. Der Wahlvorschlag der Nationalliberalen Partei in Bayern und der Bayerischen Mittelpartei hatte unter den 22 Kandidaten eine Frau: Sachsenhausen, Lotte, geb. 1868, Damenschneiderin München für München VII, Mallersdorf, Passau, Straubing, Kempten, Günzburg, Dillingen. In der SPD-Kandidaturliste mit 94 Kandidaten für den bayerischen Landtag waren 4 Frauen aufgenommen worden: Metzger, Centa geb. 1877, Hilfsarbeiterin aus München, Stimmkreis München I; Mauerer, Emilie, geb. 1863, Obersekretärsgattin aus München für München XII und Landsberg; Ramig, Babette, geb. 1879, Arbeiterin aus Nürnberg für Würzburg III; Deffner, Aurelie, geb. 1881, Geschäftsführersgattin aus Kempten für Sonthofen und Kempten. Der Wahlvorschlag der USPD vom 8. Januar 1919 für die Bayerischen Landtagswahlen umfasste insgesamt 51 Kandidaten, davon folgende vier Frauen: Kämpfer, Hedwig, geb. 1889, Kontoristin München für München II; Augspurg, Dr. jur., Anita, geb.1857, Schriftstellerin, München Kaulbachstraße 12/I, für München X, Wolfratshausen, Rosenheim, Deggendorf, Lindau; Bözold, Therese, geb. 1888, Lokomotivführersehegattin, Augsburg, für Augsburg I; Schwarm, Anna, geb. 1879, Arbeiterin, Nürnberg, für Nürnberg III. Staatsarchiv Landshut, 168/1, A 12: Bayerische Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger, Nr. 7 vom 8. Januar. Bekanntmachung über die Landtagswahl. 1335 Auf zur zweiten Wahlschlacht am 19. Januar. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 3 (16. Januar 1919), S. 1. 1336 O, diese schwarzen Malefizweiber! In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 5 (30. Januar 1919), S. 2. 1337 Hat die Frau richtig gewählt? In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 2 (Februar 1919), S. 1. 1338 Bayerisches Frauenland, 10. Jg., Nr. 2 (Februar 1929), S. 10. 1339 Luise Kiesselbach: Die Not der Zeit und die Frauen. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1 (1. November 1919), S. 2. 1340 Ebd. 1341 Ebd. 1342 Neumeyer, Anna: Jahrestag. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 2 (1. Dezember 1919), S. 12. 1343 „Ob die Masse der Frauen – nach jahrelanger Unterdrückung und Irreleitung eines im Militarismus befangenen Militärstaates – genügend politisches Verständnis für die Grösse der Zeit und die Tragweite der Geschehnisse besitzt, das wird der Ausfall der Wahlen zu Tage bringen.“ Kurze politische Nachrichten. In: Die Frau im Staat, 1. Jahr, Heft 1 (Februar 1919), S. 17. 1344 Heymann, Lida Gustava: Das erste Wahlergebnis der deutschen Republik. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 4. 1345 Ebd. 1346 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Ordentliche und außerordentliche Tagung 1919. Stenographische Berichte Nr. 1 bis 27. 1. Sitzung am 21. Februar bis 27. Sitzung am 24. Oktober 1919. I. Band, München o. J., Verzeichnis der Mitglieder des Bayerischen Landtags nach dem Stande vom 27. März 1919. I. Alphabetisches Verzeichnis, S. XXXI-XLI. 1347 Ebd., Verzeichnis der Mitglieder des Bayerischen Landtags nach dem Stande vom 16. August 1919. I. Alphabetisches Verzeichnis, S. LI. 1348 Der Frauenanteil in der deutschen Nationalversammlung war mit 9,6 % der weiblichen Abgeordneten deutlich höher – eine Quote die erst wieder 1983 erreicht werden sollte. Herve, Florenve: Brot und Frieden – Kinder, Küche, Kirche, S. 87. 1349 „Die Frau muss in die Politik hineinwachsen, damit das ganze politische Leben durch die Teilnahme der Frau bereichert wird. Wir Sozialdemokratinnen sind gewöhnt, neben den Männern zu arbeiten. Deshalb fällt es uns leicht, uns bei allen unseren besonderen Frauenbestrebungen in den Rahmen der Partei einzugliedern. Wir dürfen auch nicht einen Moment vergessen, daß wir unsere Interessen im Rahmen der Parteiorganisation zu vertreten haben. Eine Sonderorganisation dürfen wir Frauen nicht bilden.“ Marie Juchacz auf der 7. Frauenkonferenz vom 15. und 16. Juni 1919, S. 461. In: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abgehalten in Weimar vom 10. bis 15. Juni 1919. Bericht über die 7. Frauenkon-

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ferenz in Weimar vom 15. und 16. Juni 1919. URL: http://library.fes.de/parteitage/pdf/pt-Jahr/pt-1919.pdf (15.10.2014; 11:13 Uhr). 1350 Am Morgen des 21. Februars war Kurt Eisner auf dem Weg zum Landtag von Graf Anton Arco-Valley erschossen worden. Auf diese Nachricht hin wurde die für zehn Uhr geplante Landtagseröffnung um eine Stunde verschoben, um elf Uhr begann dann die erste Sitzung mit der Verlesung des Nachrufs auf Eisner durch Auer. Kurz nach dem Ende seiner Rede stürmte RAR-Mitglied Alois Lindner mit gezogener Waffe in den Landtag, schoss auf Auer und tötete zwei weitere Anwesende. Die Abgeordneten flohen in heller Panik. Die nächste Landtagssitzung wurde für den 17. März 1919 anberaumt. 1351 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Ordentliche und außerordentliche Tagung 1919. Stenographische Berichte Nr. 1 bis 27, Band I, Nr. 3, S. 24 ff. 1352 Stadtarchiv München: Nachlaß Dirr, Nr. 300, Kempf, Rosa: Die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten, 1919, S. 5. 1353 Dr. Rosa Kempf von der DDP vermerkte dazu in ihrem Tätigkeitsbericht zur ersten Legislaturperiode: „Die allgemeine politische Lage, der drohende Untergang des ganzen Vaterlandes“ zwang zur „Zurückstellung aller Sonderbestrebungen einzelner Klassen, Berufe, Geschlechter [...] solange das Gesamtwohl die ganze Arbeitskraft der Abgeordneten, die ganze Zeit der Volksvertretung beansprucht.“ Stadtarchiv München: Nachlaß Dirr, Nr. 300, Kempf, Rosa: Die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten, 1919, S. 1. 1354 „Absolut notwendig war es, eine gesetzmäße und aktionsfähige Regierung zu schaffen. Erstens, damit endlich nicht nur geredet würde, sondern auch etwas Positives geschehen könne zur Schaffung von Arbeit, zur Verminderung der Lebensmittelnot usw.; zweitens, weil es nicht ohne Einfluß auf die Friedensverhandlungen geblieben wäre, wenn die Ruhe in Bayern nicht wieder hergestellt gewesen wäre; drittens, damit unsere bayerischen Abgeordneten in der Nationalversammlung wirklich für Bayern eintreten könnten.“ Ammann, Ellen: Der Bayerische Landtag. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 4 (April 1919), S. 26. So beschäftigte sich Frau Ammann in ihrer ersten Rede am 21. Juni 1919, übrigens gleichzeitig die erste Rede einer Frau im bayerischen Landtag, nicht mit Fraueninteressen, sondern mit einer Petition des Magistrats der Landeshauptstadt München um baldige „Übernahme der durch die Ereignisse am 7./8. November 1918 und die folgenden Tage in München verursachten Schäden auf den Staat.“ Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Ordentliche und außerordentliche Tagung 1919. Stenographische Berichte Nr. 1 bis 27, Band I, Nr. 14, Bamberg, den 21. Juni 1919, S. 247. Zu diesem Zeitpunkt hatte die bayerische Revolution bereits ihr blutiges Ende gefunden und alle Parteien beschäftigten sich mit der Frage, wer für die Schäden, die aus den Revolutionswirren erwachsen waren, zu tragen habe. Frau Ammann vertrat hier in ihrer Rede die Position der Bayerischen Volkspartei und trat wie ihre Vorredner der Sozialdemokratischen Partei und der Deutschen Demokratischen Partei für die Übernahme der Schäden wenigstens teilweise durch den Staat ein. Sie argumentierte, dass die Verantwortung der Schäden nicht einer lokalen Gemeinde angelastet werden könnte, da die Unruhen, die in den letzten Wochen in München stattgefunden haben, nicht auf lokalen Verhältnissen oder auf einer lokalen Unzufriedenheit basierten, sondern „auf einer Bewegung, die durch das ganze Land gegangen ist, der sich ja nicht eine einzige Gemeinde mit eigener Kraft und Gewalt entgegenstemmen konnte.“ 1355 Die meisten Redebeiträge stammten von Frau Dr. Kempf (9), gefolgt von Freiin Marie von Gebsattel (4), Frau Amann (3), Käthe Günther (2), Frau Eberle (2), und Frau Günther (2), Frau Schmitt (1). URL: http://geschichte.digitale sammlungen.de/landtag/sprecher/sprecher 6 (26.5.2015; 08:22 Uhr). URL: http://geschichte.digitale sammlungen.de/landtag/sprecher/sprecher 93 (26.5.2015; 08:22 Uhr). URL: http://geschichte.digitale sammlungen.de/landtag/sprecher/sprecher 139 (26.5.2015; 08:22 Uhr). URL: http://geschichte.digitale sammlungen.de/landtag/sprecher/sprecher 173 (26.5.2015; 08:22 Uhr). URL: http://geschichte.digitale sammlungen.de/landtag/sprecher/sprecher 252 (26.5.2015; 08:22 Uhr). URL: http://geschichte.digitale sammlungen.de/landtag/sprecher/sprecher 472 (26.5.2015; 08:22 Uhr). 1356 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20. Stenographische Berichte Nr. 28 bis 58. 28. Sitzung am 4. Dezember 1919 bis zur 58. Sitzung am 30. März. II. Band, 39. Sitzung vom 13. Februar 1920, S. 364. 1357 Ebd., Freiin von Gebsattel, S. 364. 1358 Ebd. 1359 Ebd. 1360 Ebd. 1361 Ebd., Dr. Kempf, S. 367. 1362 Ebd., Dr. Kempf, S. 368. 1363 Ebd. Dr. Kempf erwähnte in ihrem Bericht nicht den Namen des weiblichen Ausschussmitgliedes. 1364 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20, II. Band, 53. Sitzung vom 24. März 1920, Frau Günther, S. 637. 1365 Ebd. 1366 Ebd., Herr Nimmerfall (SPD), S. 638. 1367 Ebd., Dr. Kempf, S. 640.

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Ebd., Dr. Kempf, S. 641. Ebd., Freiin von Gebsattel, S. 641. 1370 Ebd., Freiin von Gebsattel, S. 641 f. 1371 Ebd., S. 642. 1372 Stadtarchiv München: Nachlaß Dirr, Nr. 300, Kempf, Rosa: Die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten, 1919, S. 2. 1373 Staatsarchiv Bamberg: K 3 F VI b, Nr. 5 521, Denkschrift über die Tätigkeit des Frauenamtes beim Kommando III. b. A.K. vom 1.2.19 bis 19.9.19. 1374 Ebd. 1375 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20. Stenographische Berichte Nr. 59 bis 68. 59. Sitzung am 22. April 1920 bis zur 68. Sitzung am 2. Juni 1920. III. Band, 66. Sitzung vom 21. Mai 1920, Dr. Kempf, S. 287. 1376 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20, II. Band, 41. Sitzung vom 25. Februar 1920, Dr. Kempf, S. 410. 1377 Ebd., Dr. Kempf, S. 411. 1378 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20, III. Band, 66. Sitzung vom 21. Mai 1920, S. 290. 1379 Ebd., S. 289. Herr Säckler von der SPD war zu diesem Antrag als Berichterstatter benannt worden, obwohl etliche Frauen dem Ausschuss angehört hatten. Diese hatten jedoch ihre Positionen nur in den entsprechenden Ausschusssitzungen vorgetragen, im Plenum des Bayerischen Landtages äußersten sich nur Männer zu diesem Thema. 1380 Ebd. 1381 Ebd. 1382 Ebd., S. 290. 1383 Ebd., S. 290 f. 1384 Stadtarchiv München: Nachlaß Dirr, Nr. 300, Kempf, Rosa: Die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten, 1919, S. 4. 1385 Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 24; Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 173. 1386 Kurze Politische Nachrichten. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2 (März 1919), S. 19. Der Vorschlag für diese Ernennung kam aus dem Kreis um Lida G. Heymann und Anita Augspurg. L. G. Heymann charakterisierte in ihren Erinnerungen die Persönlichkeit von Gertrud Baer wie folgt:„Sie war jung, gescheit und zielbewußt, stand unentwegt radikal auf dem Boden der Gleichheit für Mann und Frau und gehörte keiner Partei an.“ Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 173. 1387 Ebd. 1388 Ebd. 1389 Ebd. 1390 Ebd. 1391 Ebd. 1392 Gertrud Baer erzählte über ihre Arbeit:„...ich hatte nicht viel Zeit, es war ja alles so kurz. Ich wollte das Referat vor allem zur Gründung von Frauengewerkschaften ausnutzen. Die bestehenden Männergesellschaften hatten ja nichts für Frauen übrig, ja, sie haben sie teilweise gar nicht aufgenommen....Und wir kämpften um das Recht der Frauen zu arbeiten. Um den gleichen Lohn; die Löhne der Frauen waren nicht zu vergleichen mit denen der Männer. Und die Männergewerkschaften haben ja die Forderungen der Frauen nicht aufgenommen...“ Pinkus, Gertrud: „Gertrud Baer. Frauenbewegung bis 1920. In: Frauenjournal-Offensive, Nr. 10, 1977/78. Zit. n.: Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 25. 1393 Stadtarchiv München: Nachlaß Dirr, Nr. 300, Kempf, Rosa: Die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten, 1919, Beilage 3. 1394 Ebd. 1395 URL: https://www.deutsche-digitale-bibliothek.der/item/LIODRX45Q6HXBPC7GIBGJCVKKDXJ3W6Q (6.12.2015; 10:03 Uhr). 1396 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20, II. Band, 38. Sitzung vom 12. Februar 1920, S. 345. 1397 Ebd., Dr. Wohlgemuth (BVP/ Berichterstatter), S. 345. 1398 Ebd. 1399 Ebd., Freiin von Gebsattel, S. 347. 1400 Ebd. 1401 Ebd., Freiin von Gebsattel, S. 348. 1402 Ebd., Dr. Kempf, S. 351. 1403 Ebd., Dr. Kempf, S. 352. 1369

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Stadtarchiv München: Nachlaß Dirr, Nr. 300, Kempf, Rosa: Die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten, 1919, S. 1. 1405 Ebd., Antrag von Dr. Kempf und Frau Günther vom 3. April 1919, Beilage Nr. 1. 1406 Ebd., S. 1. 1407 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20, II. Band, 38. Sitzung vom 12. Februar 1920, Dr. Kempf, S. 350. 1408 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20, II. Band, 29. Sitzung vom 5. Dezember 1920, S. 25 ff. 1409 Ebd., Dr. Kempf, S. 25. 1410 Ebd., Dr. Kempf, S. 26. 1411 Ebd., Frau Ammann, S. 28. 1412 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20, III. Band, 64. Sitzung vom 11. Mai 1920, Frau Ammann (BVP), S. 164. 1413 Ebd. 1414 Ebd., Frau Ammann (BVP), S. 165. 1415 Ebd. 1416 Stadtarchiv München: Nachlaß Dirr, Nr. 300, Kempf, Rosa: Die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten, 1919, S. 1. 1417 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20, II. Band, 38. Sitzung vom 12. Februar 1920, Frein von Gebsattel, S. 348. 1418 Ebd., Frein von Gebsattel, S. 349. 1419 Ebd., Dr. Kempf, S. 350. 1420 Ebd. 1421 Ebd. 1422 Ebd. 1423 Staatsarchiv Landshut: Regierung von NB (K.d.I.) Rep. 168/1, Regierung von Niederbayern, Kammer des Inneren an das Staatsministerium des Innern in München, Nr. 26 427, Arbeiter-, Bürger-, Bauern- und Soldatenräte 20 294, Bericht über die Arbeiter-Bauern- und Soldatenräte vom 6. September 1919. 1424 Ebd. 1425 Karl, Michaela: Die Münchener Räterepublik, S. 30. 1426 BayHStA: ASR, Mappe 3, 1, Bl. 5 ff. 1427 Ebd., Bl. 28. 1428 BayHStA: ASR, Mappe 3, 1, Bl. 31, Entwurf des Gesetzes zur Bildung berufsständischer Räte, Begründung. 1429 BayHStA: MInn 54 193, Provisorische Richtlinien für die Arbeiterräte, Akten des Ministerium des Inneren. 1430 Die Wahlen vollzogen sich mangels genauer Wahlvorschriften, teils in Volks- oder Gemeindeversammlungen, teils in Sitzungen der Gemeindevertretungen, teils in Versammlungen der berechtigten Bevölkerungskreise, teils durch schriftliche Abstimmung, teils durch Zurufe. In einzelnen Gemeinden erfolgte die Bildung der Räte lediglich auf Grund Besprechungen einiger Ortsbürger. Bei den Bauernräten ging die Wahl in meisten Fällen geordnet vor sich, dagegen sind die Arbeiterräte in sehr vielen Fällen nicht durch ordnungsgemäße Wahl zustande gekommen. Gar manche Arbeiterräte haben lediglich einer Zufallsabstimmung ihre Entstehung zu verdanken. An gar manchen Orten stellten sich – lediglich auf Grund eigener Machtvollkommenheit – schwer vorbestrafte Personen an die Spitze, die erst nach und nach auf Drängen der Behörden zum Teil wieder entfernt wurden. Auch jetzt noch gibt es verschiedene Arbeiterratsmitglieder, die nach ihrer umfangreichen Strafliste wenig geeignet erscheinen, das Amt eines Arbeiterrates zu bekleiden.“ Staatsarchiv Landshut: Regierung von NB (K.d.I.) Rep. 168/1, Regierung von Niederbayern, Kammer des Inneren an das Staatsministerium des Innern in München, Nr. 26 427, Arbeiter-, Bürger-, Bauern- und Soldatenräte 20 294, Bericht über die Arbeiter-Bauernund Soldatenräte vom 6. September 1919. In den größeren bayerischen Städten wurde die Zusammensetzung meist von den Partei- und Gewerkschaftsorganisationen ausgehandelt. Da es der USP in den kleineren und mittleren Städten Bayerns nur selten gelungen war, eine Ortsgruppe aufzubauen, lag die Initiative zur Gründung von Räten hier vor allem bei der MSP, lediglich in einigen Großstädten konnte die USP die Zusammensetzung der Räte beeinflussen. Mertens, Ursula: Die Rätebewegung in Bayern, Nürnberg 1984, S. 87. Betrachtet man die Listen der Arbeiterräte saßen neben den Facharbeiter vor allem in kleinen Gemeinden Bürgermeister, Ingenieure, Landwirte, Gastwirte, und Handwerker in den örtlichen Räteorganisationen, also die sog. bisherigen Honoratioren der Gemeinde. Dieser Schicht gehörten Frauen nicht an, am ehesten erhielten sie eine Chance, wenn sie sich über die Parteiorganisationen der SPD oder der USP einen Namen gemacht hatten. 1431 Mertens, Ursula: Die Rätebewegung in Bayern, S. 87. 1432 Über die Durchführung der Wahlen liegen nur wenige Wahl-Protokolle vor. Die Namen der Gewählten wurden zwar an den Vollzugsrat weitergemeldet, doch darüber hinaus gibt es wenig Hinweise, wie viele Frauen anwesend waren und ihr aktives wie auch passives Wahlrecht genutzt hatten. Aus einem Wahl-Protokoll im

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Rathaussaal in Neustadt an der Donau geht jedoch hervor, dass nur Männer anwesend waren. Da jedoch in diesem Kreis zuerst die Kandidaten für den Arbeiterrat benannt worden waren und dann die Wahl per Akklamation erfolgte, ließen selbst die wahlberechtigten Frauen ihr passives und aktives Wahlrecht ungenutzt. Das Interesse an einer Vertretung in einem örtlichen Arbeitsrat schien bei vielen Frauen in Bayern nicht besonders ausgeprägt gewesen zu sein, möglicherweise schätzten sie ihre Chancen auf einen Sitz im Arbeiterrat von vornherein als zu gering ein. Staatsarchiv Landshut: BezA/LRA Kelheim (Rep. 164/7), Nr. 3 676, Wahl-Protokoll über Gründung eines Arbeiter- und Bauernrates am 3. Dezember 1918 im Rathaussaale zu Neustadt an der Donau. 1433 Holzapfel, Emil: Der rote Emil, S. 110. 1434 Vor dem Plenum hatte sie dann vor ihrem Rausschmiss aus der Sitzung noch folgende Punkte vorgebracht: das Problem der aus der Kriegsindustrie entlassenen, nun arbeitslosen Frauen; die schlechte Wohnungssituation, mangelnde Hygiene in den Wohnungen; die Versorgung von Frauen und Kindern durch die Krankenkasse, Betreuuung der Kriegsgefangenen vor und nach der Entlassung und Versorgung der Kriegsbeschädigten. Holzapfel, Emil: Der rote Emil, S. 111. 1435 Ebd. 1436 Eine Übersicht von Frauen in den einzelnen Räteorganisationen findet sich im Anhang, 7.1 Tabellen, Tabellen 17, 18 und 19, S. 327, 330, 332. 1437 VPNR, S. 1 und 3. 1438 VPNR, Verzeichnis der Mitglieder des provisorischen Nationalrates, Stand vom 21. Dezember 1918. Liste im Vorwort S. XIII-XVI. In dieser Zusammensetzung blieb der Provisorische Nationalrat bis zum 4. Januar 1919, als er sich dann auf unbestimmte Zeit wegen der anstehenden Landtagswahlen vertagte. In dem Zeitraum vom 8. November 1918 bis zum 4. Januar 1919 fanden zehn Sitzungen statt. 1439 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 254. 1440 VPNR, Verzeichnis der Mitglieder des provisorischen Nationalrates, Stand vom 21. Dezember 1918, Liste im Vorwort S. XIII-XVI. 1441 Der Landesarbeiterrat, gedacht als Spitzengremium der bayerischen Arbeiterräte, sollte aus 50 Arbeiterräten bestehen, die die Arbeiterschaft in dem provisorischen Nationalrat vertreten sollten. Von diesen 50 Arbeiterräten wurden dem Revolutionären Arbeiterrat 10 Vertreter für das provisorische Parlament zugebilligt, als symbolischen Zeichen dafür, dass Leute, die bei der Revolution mitgewirkt oder sie bereits in der Vorbereitung unterstützt haben, in dem provisorischen Nationalrat vertreten sein sollten. Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 125 ff. Hedwig Kämpfer, seit Mitte November 1918 Mitglied des Revolutionären Arbeiterrat, gehörte dieser 10-köpfigen Gruppe der in den Landesarbeiterrat entsandten Vertretern an. Sheppard, Richard: Die Protokolle von zwei Sitzungen des Revolutionären Zentralrates in München am 12. und 16. April 1919, Anhang I, Verzeichnis der revolutionären Arbeiterräte, S. 273. 1442 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 236 f. Kurt Eisner entschied über die Zulassung der Organisationen und hatte dafür zwei Kriterien gestellt: ein Bekenntnis zur Republik und die Anerkennung der Räte als Träger der Staatsgewalt. Danach legte er die Zahl der jeweiligen Vertreter fest, diese Personen wurden dann von den jeweiligen Verbänden gewählt bzw. vorgeschlagen. 1443 Die Katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine Bayerns wie auch die christlichen Gewerkschaften hatten bereits am 8. November 1918 ein Telegramm an Kurt Eisner gesandt, in dem sie ihre Bereitschaft bekundeten, an der Aufrechterhaltung der Ordnung und Disziplin mitzuwirken und deshalb eine Aussprache mit dem Arbeiter- und Soldatenrat ersuchten. Eisner gestand den Christlichen Gewerkschaften und den katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenverbänden fünf Sitze im provisorischen Nationalrat zu. Verbandsintern wurden dann die Vertreter der christlichen Gewerkschaftsführern und des Süddeutschen Verbandes der Katholischen Arbeitervereine benannt. Aloysia Eberle sollte als Sekretärin die Katholischen Arbeiterinnenvereine vertreten. Dülmen, Richard von: Die Wirkung des Ersten Weltkrieges auf den deutschen Katholizismus. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 38 (1975), S. 982-1001, hier 990; Krenn, Dorit-Maria: Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933, S. 220. 1444 Am 10. November hatte die Vorstandschaft des Bayerischen Beamten- und Lehrerbundes eine Eingabe an die Regierung gerichtet und hatte darin gefordert, „daß alsbald Vertreter der Beamten- und Lehrerschaft in das provisorische Parlament in einer ihrer Gesamtzahl entsprechenden Abordnung einberufen“ würden. Bayerische Staatszeitung, Nr. 264 v. 13.11.1918, S. 7; Bayerische Lehrerzeitung, Organ des Bayerischen Volksschullehrerverbandes, 52. Jg. (1918), S. 237. Das Ergebnis waren 14 zugesicherte Vertreter für acht verschiedene Beamtenund Lehrerverbände. Zu diesen gehörten der Bayerische Lehrerinnenverein und der Verein katholischer Lehrerinnen, die je eine Vertreterin ihrer Organisationen in den provisorischen Nationalrat entsandten: Helene Sumper für den Bayerischen Lehrerinnenverein und Marie Sturm für den Verein katholischer Lehrerinnen. Die Mitglieder des Bayerischen Lehrerinnenvereins und des Katholischen Lehrerinnenvereins erklärten öffentlich in ihre Verbandszeitschriften ihre Bereitschaft zur aktiven politischen Mitarbeit und verpflichteten sich dem neuen Regime: „Wir verpflichten uns, dem Volksstaat Bayern unter Wahrung unserer Gesinnung und Überzeugung freiwillig und aufrichtig im Interesse der Gesamtheit unsere Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Wir sind zu

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diesem Entschluß veranlaßt mit Rücksicht auf das Vaterland, das jetzt, mehr als je, alle Arbeitskräfte braucht.“ Hertel, Betty: Zur neuen Zeit. In: BLiZ, 9. Jg. 1918, S. 93 ff. 1445 Am 13. November war die offizielle Gründung des Rats geistiger Arbeiter erfolgt. Hohmann, Georg: Erinnerungen eines Freundes an Lujo Brentano. In: Lujo Brentano. Grußworte und Reden zur Feier der 110. Wiederkehr seines Geburtstages in der Ludwig-Maximilian-Universität zu München, Berlin 1956, S. 54. Die Initiative zu einem Rat geistiger Arbeiter war von dem Münchener Historiker Prof. Hellmann ausgegangen. Auf dessen Anregung sollte Lujo Brentano, zum Vorsitzender des Rates geistiger Arbeiter in München gewählt werden und eine bürgerlich-berufsständige Erweiterung des Nationalrates in die Wege leiten, durch den (Politischen) Rat geistiger Arbeiter. Reimann, Joachim: Der politische Liberalismus in der Krise der Revolution, S. 191. Brentano erschien als der geeignete Mann dafür, denn ihm „der so oft für Arbeiterinteressen eingetreten sei, würden die Arbeiter das Verlangen nicht abschlagen.“ Brentano, Lujo: Mein Leben im Kampf um die soziale Entwicklung Deutschlands, Jena 1931, S. 353. Nach einer ersten Kontaktaufnahme sagte Kurt Eisner ursprünglich dem Rat geistiger Arbeiter 30 Sitze zu, letztendlich sollten jedoch nur noch sechs Vertreter zugelassen werden. Unter diesen zunächst sechs geplanten Vertretern befanden sich zwei Frauen, die Studiendirektorin a.D. Luise Kießelbach, seit 1912 Vorsitzende des „Vereins für Fraueninteressen“ und Vorsitzende des Hauptverbandes bayerischer Frauenvereine, und die Frauenrechtlerin Dr. Rosa Kempf, Stellvertreterin Hohmann’s im Parteivorsitz der DVP. Reimann, Joachim: Der politische Liberalismus in der Krise der Revolution, S. 191. Im Verzeichnis der Mitglieder des provisorischen Nationalrates vom 21. Dezember 1918 wurden jedoch nur noch 5 Mitglieder für den Rat geistiger Arbeiter genannt, Frau Dr. Rosa Kempf gehörte danach nicht dem Rat geistiger Arbeiter im provisorischen Nationalrat an. VPNR, I. Band: Verzeichnis der Mitglieder des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern nach dem Stande vom 21. Dezember 1918, Seite XIII. 1446 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 243. 1447 Das am 15. November beschlossenen Parteiprogramm der neu gegründeten BVP trug u.a. die Unterschrift von Aloysia Eberle, Sekretärin des Verbandes der Katholischen Arbeiterinnenvereine. Krenn, Dorit-Maria: Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933, S. 244. 1448 VPNR, I. Band, 5: Frau Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 113 ff. 1449 Ebd., S. 113. 1450 Ebd. 1451 Ebd. Der Hinweis auf diese Defizite führt zu Unruhe im Parlament, Frau Dr. Kempf konnte ihre Rede erst fortsetzen, nach dem der Vizepräsident durch Ermahnung für Ruhe gesorgt hatte. 1452 Ebd. 1453 Ebd., S. 114. 1454 Ebd. 1455 Ebd. 1456 Ebd. 1457 Ebd. 1458 Ebd., S. 115. 1459 Ebd. 1460 Ebd. 1461 Ebd., S. 116. 1462 Ebd., S. 115. 1463 Ebd. 1464 Ebd., S. 115 ff. 1465 „Wir erwarten eine Umbildung der jetzigen Referate in den Kriegsämtern, ihre Angliederung an das Ministerium für Soziale Fürsorge, damit diese zusammenfassende Fürsorgearbeit nicht verloren geht, vor allem Beteiligung der Frau in der Gewerbeinspektion, Wohnungspolitik und auf dem Gebiet der sozialen Hygiene.“ Ebd. 1466 Gleichberechtigung des weiblichen Schülers und der weiblichen Lehrkraft mit dem männlichen Schüler und der männlichen Lehrkraft, Öffnung aller Knabenschulen für Mädchen, sei es Realschule, Realgymnasium, Gewerbeschule, technische Schule oder Schulen des Fachschulwesens, Beteiligung und Einfluss der Mütter auf die Schule, sowohl als Eltern wie als Lehrkraft. Ebd. 1467 „Über die Tatsache, daß die Frau erwerben muß, werden wir nicht hinwegkommen.“ Eine Förderung der „Produktivität der weiblichen Arbeit“ sollte vor allem durch eine Fachausbildung in Gewerbe, Handel und Landwirtschaft erfolgen. Ebd. 1468 „Es ist eine Abnormität, daß das weibliche Geschlecht abgeurteilt wird nur vom männlichen Standpunkt aus.“ Frauen in der Rechtspflege würden das weibliche Empfinden im Rechtsbereich verankern, dies werde einen „nachhaltigen Einfluß“ auf viele Gesetze ausüben. Ebd. 1469 Sicherung des weiblichen Erziehungsrechtes, Aufhebung des Einspruchsrechtes des Mannes gegen den Erwerb der Ehefrau, Abschaffung der Bestimmung, die einer Beamtenfrau verbietet zu erwerben. Ebd. 1470 Ebd.

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Dieser Antrag, der von der Demokratischen Fraktion eingereicht wurde, lautete: „Die Unterzeichneten beantragen die Einsetzung einer fünfköpfigen Kommission aus Mitgliedern des provisorischen Nationalrates, die dem Ministerium des Äußeren in den Fragen der auswärtigen Politik beigegeben wird. München, den 17. Dezember 1918.“ Dieser Antrag, eingereicht von Puttkamer und Henne, war von 30 weiteren Mitgliedern des provisorischen Nationalrates unterzeichnet, darunter befanden sich vier Frauen: Dr. Kempf, Kießelbach, Sumper und Sturm. VPNR, Beilagen-Band, Beilage 12, S. 216. 1472 Klingelhöfer hatte diesen Antrag als Kontrolle gegenüber der Revolutionsregierung empfunden und stellte sich auf den Standpunkt:„Ein derartiger Antrag darf nicht gestellt werden, wenn man sich auf den Boden der gegebenen Tatsachen stellt. Ein solcher Antrag ist würdelos für die Regierung, für das Volk und die Partei, die ihn stellt. Die Regierung, die wir haben, muß unser Vertrauen haben [...]“ VPNR, I. Band: Klingelhöfer, S. 117. 1473 Ebd., Dr. Kempf: S. 117. 1474 Ebd. 1475 Ebd. 1476 Ebd., S. 118. 1477 Ebd. 1478 Ebd., S. 113. 1479 Ebd. 1480 Münchener Neueste Nachrichten. Zit. n.: Brunbauer, Wolfgang: „Ich habe immer die Instinkte des Dreinschlagens gehaßt“. Die erste Rede der ersten Frau im Bayerischen Landtag am 18.12.1918. In: Charivari. Die Zeitschrift für Kunst, Kultur und Leben in Bayern, 1919, Heft 4, S. 72-76, hier S. 74. 1481 VPNR, I. Band: Kurt Eisner, S. 118. 1482 Ebd. 1483 Ebd., S. 119. 1484 Ebd. 1485 Ebd. 1486 Ebd. 1487 Ebd. 1488 Ebd. 1489 Ebd. 1490 Ebd. 1491 Ebd., S. 120. 1492 Kurt Eisner auf der Sitzung der Münchener Arbeiterräte am 28. 11.1918. Zit. n.: Brunbauer, Wolfgang: „Ich habe immer die Instinkte des Dreinschlagens gehaßt,“ S. 76. 1493 VPNR, I. Band: Hedwig Kämpfer, S. 145. 1494 Zunächst ging es darum, dass und wie die im Krieg geschaffenen Referate für Frauenfragen weiterbestehen sollen. Dabei zeigte er eine große Aufgeschlossenheit und erklärte auch seine Bereitschaft, einige der Frauen, die jetzt noch in den Kriegsamtsstellen tätig sind, in sein Ministerium zu übernehmen. Zu der geforderten Beteiligung der Frauen in der Gewerbeinspektion führte Unterleitner aus, dass die bereits vorhandenen 6 Assistentinnen um drei weitere vermehrt werden sollten. Zur Frage der Erwerbslosigkeit der Frauen verwies er auf den Anspruch auf Erwerbslosenunterstützung, die die Frau ebenso wie der Mann beantragen könne. Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten sei in erster Linie Sache des Heeres. Es seien schon militärische Verordnungen ergangen, die verhindern sollten, dass ansteckende Krankheiten ins Volk getragen werden. Er gab auch die von Frau Dr. Kempf geforderte Auskunft über Maßnahmen, die der Hebung der Gesundheit des Volkes dienen sollten. Er zählte auf: Achtstundentag, Schaffung von gesunden Wohn- und Arbeitsräumen, Kompetenzerweiterung für die Gewerbeaufsichtsbeamten bei Missständen im Betrieb, Ausbau des Versicherungswesens im Falle von Betriebsunfällen und Berufskrankheiten, langfristiges Ziel die Beseitigung der Heimarbeit. VPNR, I. Band: Hans Unterleitner, S. 146 ff. 1495 Ebd. 1496 Interpellationen oder auch Anfragen konnten dagegen von jedem einzelnen Mitglied eingebracht werden. VPNR, Beilagen-Band: Entwurf einer Satzung und Geschäftsordnung des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern, Beilage 4, S. 207. 1497 Alle Anträge mussten schriftlich eingereicht und selbständige Anträge gedruckt verteilt werden, üblicherweise wurde ein Antrag nicht eher behandelt, als bis er zur Kenntnis des Parlamentes und der Regierung gelangt war, damit die Regierung Gelegenheit hatte, Stellung zu nehmen. Dann setzte der Präsident der Nationalversammlung die Beratungsgegenstände der einzelnen Anträge auf die Tagesordnung. Der Antragsteller trug den laut Tagesordnung angesetzten Antrag mündlich dem Parlament vor, die Abstimmungen über den Antrag erfolgten in der Regel durch Aufstehen und Sitzenbleiben oder durch Handerheben. VPNR, I. Band: Franz Schmitt (Präsident), S. 314; VPNR, Beilagen-Band: Entwurf einer Satzung und Geschäftsordnung des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern, Beilage 4, S. 207.

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Anzahl der von Frauen mitunterstützten Anträge: Hedwig Kämpfer, 12 Anträge; Aloisia Eberle, 2 Anträge; Helene Sumper, 8 Anträge; Marie Sturm, 4 Anträge; Luise Kiesselbach, 8 Anträge; Dr. Rosa Kempf, 8 Anträge; Dr. Anita Augspurg, - ; Emilie Mauerer, 4 Anträge. Diese Ergebnisse ergaben sich aus der systematischen Auswertung des Beilagenbandes. VPNR, Beilagen-Band: S. 1-250. 1499 Von den zwölf von Frau Kämpfer mitunterzeichneten Anträgen wurden acht von der USP gestellt, die weiteren waren angeregt worden von der SPD (1), von der Bayerischen Künstlergenossenschaft (1), von demokratisch-sozialistischen Bürgerpartei München (2). Frau Mauerer hatte sich nur an vier Anträgen beteiligt, zwei davon initiiert vom Landesarbeiterrat, die beiden anderen von der SPD. Diese Ergebnisse ergaben sich aus der systematischen Auswertung des Beilagenbandes. Vgl. VPNR, Beilagen-Band: S. 1-250. 1500 VPNR, Beilagen-Band: Antrag auf vollständige Sonntagsruhe für das Handlungsgewerbe und die Friseurgeschäfte (Beilage 14); Maßnahmen zur Verbesserung der Lage aller künstlerischen Berufe (Beilage 18); Verstaatlichung der Apotheken (Beilage 19); Aushändigung von Bekleidungsstücken an alle heimgekehrten und noch heimkehrenden Truppen (Beilage 20); Beseitigung der rechtlosen Lage der Anwaltsgehilfen (Beilage 21); Nachzahlung der während des Krieges vorgenommenen Gehaltszahlungen durch die Geschäftsleute (Beilage 24); Speisenausgabe in den städtischen Volksküchen auch abends (Beilage 51); Lohnanpassungen für die in den Staatsbetrieben beschäftigten Arbeiter und Angestellte an die jetzigen Teuerungsverhältnisse (Beilage 52); Unentgeltliche Totenbestattung (Beilage 54); Menschenwürdige Gestaltung von Wohnung, Kleidung und Nahrung aller Personen, die auf Invaliden,-, Altersrente und Gemeindeunterstützung angewiesen sind (Beilage 55); Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Kriegsbeschädigten durch eine Reihe von Maßnahmen (Beilage 22); Verbesserung der Situation der Bergarbeiter (Beilage 63). 1501 VPNR, Beilagen-Band: Beilage 68, S. 235. 1502 Von den 35 männlichen Mitgliedern des provisorischen Nationalrates, die den Antrag unterstützt und unterschrieben hatten, gehörten 19 unterzeichnende Mitglieder dem Landesarbeiterrat und 12 dem Soldatenrat – darunter befand sich der Ehemann von Hedwig Kämpfer, Richard Kämpfer – an. VPNR, Beilagen-Band: Beilage 68, S. 235. 1503 VPNR, I. Band: S. 301. 1504 VPNR, I. Band: Herr Ludwig Kraus, S. 301. 1505 VPNR, Beilagen-Band: Vereinigung für Handel, Industrie und Gewerbe und Münchener Bürgerrat hatte die weitere Zulassung von je 2 Vertretern von Handel und Industrie aus der „Vereinigung der Verbände für Handel, Industrie und Gewerbe in Bayern“ beantragt (Beilage 6). Der Zentralverband der Gemeindebeamten Bayerns beantragte die Gewährleistung der Rechte für Staats- und Gemeindebeamte oder rechtlich gleichgestellten anderen öffentlichen Beamten sowie Lehrkräften in Bezug auf Ansprüche, Anwartschaften, Pensionen und Witwenoder Waisenrente (Beilage 41); Der Bayerische Volksschullehrerverein beantragte die Niederschlagung der anhängigen Disziplinarverfahren sowie die Löschung dieser Eintragungen in den Qualifikationsakten (Beilage 44); die bayerische Handwerkskammer beantragte eine Bewilligung eines Staatszuschusses zur Erbauung eines Verwaltungsgebäudes der Allgemeinen Ortskrankenkasse München- Land (Beilage 61); der HirschDuncker’sche Gewerkverein beantragte als Übergangsregelung eine Gewährung eines 14-tägigen Verpflegungsgeldes und Wohnungszuschusses für erwerbslos gewordene Berufsschwestern, Kriegspflegerinnen und Arbeiterinnen aus stillgelegten Betrieben (Beilage 65). 1506 VPNR, I. Band: Kurt Eisner am 30. Dezember 1918, S. 226. 1507 VPNR, Beilagen-Band: Beilage 39, S. 226. 1508 Ebd. 1509 VPNR, I. Band: Dr. Quidde am 18. Dezember 1918, S. 150. 1510 VPNR, Beilagen-Band: Beilage 16, S. 217. 1511 Ebd. Da diese Interpellation nicht rechtzeitig zur 5. Sitzung des Provisorischen Nationalrates in gedruckter Form vorlag, war diese Interpellation nicht auf die Tagesordnung gesetzt worden. Herr Hübsch, einer der Unterzeichneten, hatte jedoch auf dieses Problem eindringlichst verwiesen und einen wirksamen, sofortigen Schutz seitens der Regierung gegen diese Übergriffe gefordert. 1512 VPNR, Beilagen-Band: Beilage 46, S. 228. 1513 Ebd. 1514 Davon gehörten 5 dem Landessoldatenrat an, 3 der Liberalen Vereinigung, 2 dem Rat der geistigen Arbeiter, 2 dem Bayerischen Volksschullehrerverband, 2 der Bayerischen Künstlergenossenschaft, je ein Mitglied des Reichsbundes der Kriegsbeschädigten, des Zentralverbandes der Gemeindebeamten Bayerns, der Vereinigung für Handel, Industrie und Gewerbe und Münchener Bürgerrat, der Bayerischen Handwerkskammer und des Hirsch-Duncker’schen Gerwerkvereins. VPNR, Beilagen-Band: Beilage 46, S. 228. 1515 VPNR, I. Band: Helene Sumper, S. 304 f. 1516 VPNR, I. Band: Dr. Rosa Kempf, S. 113. 1517 Archiv Institut für Zeitgeschichte, München: ED 898, Bd. 138, 8. Jahresbericht 1902, S. 7. 1518 Archiv Institut für Zeitgeschichte, München: ED 898, Bd. 139, 11. Jahresbericht 1905, S. 4.

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Kempf, Rosa: Das Frauenstimmrecht. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15, S. 71. VPNR, I. Band, Dr. Kempf, S. 114. 1521 „Ich habe auch heute noch das Vertrauen zu unseren Männern aus der Sozialdemokratischen Partei, daß sie uns, nachdem wir Frauen im Parlament noch sehr schwach vertreten sind, in jeder Hinsicht unterstützen und das Verständnis dafür aufbringen werden, daß Fraueninteressen nicht für Frauen allein vorhanden sind, sondern daß Fraueninteressen Volksinteressen im tiefsten Sinne des Wortes bedeuten, daß die sozialen Schäden, die das Wirtschaftsleben mit sich gebracht hat, die die Gesundheit der Frauen untergraben haben, ausgemerzt werden durch Verfügungen, die den Frauen im allgemeinen entgegenkommen.“ VPNR, I. Band: Hedwig Kämpfer, S. 145. 1522 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919, S. 74. 1523 Eine namentliche Liste über die Teilnehmer wurde nicht angefertigt, so dass sich eine genaue Gesamtzahl der Rätekongressmitglieder nicht bestimmen lässt. Diese fehlende Mitgliederliste erschwert natürlich auch die Feststellung der teilnehmenden Frauen. Nachweislich hatte Sophie Steinhaus (SPD) einen Ausweis erhalten. BayHStA: ASR, Mappe 31, 7, Bl. 406. Thekla Egl (U.S.P.) war nach eigenem Bekunden als Delegierte des „Bundes sozialistischer Frauen“ auf dem Rätekongress gewesen. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur Fahndungs-Abteilung, Betreff: Egl Thekla wegen Beihilfe zum Hochverrat vom 9. Juni 1919, Bl. 20. Hedwig Kämpfer (USP) wie auch Frau Sophie Setzer (USP) ließen sich durch ihre Redebeiträge nachweisen. Frau Setzer war vermutlich als 3. Vorsitzende des Münchener Arbeiterrat in den Rätekongress gelangt, Frau Kämpfer als Mitglied des Revolutionären Arbeiterrates. Damit befanden sich unter den rund 300 Mitgliedern des Rätekongresses nachweislich 6 Frauen, was einer Frauenquote von 2 % entspricht. Die durch Sprechbeiträge erkennbaren politischen Aktivitäten der SPD- und USP-Frauen waren äußert gering. Lediglich Hedwig Kämpfer hatte zusammen mit drei Parteigenossen eine Petition an den Rätekongress eingereicht, mit der Bitte, den Genossen und Genossinnen, die nach dem Januarstreik 1918 inhaftiert und dann durch die Revolution befreit wurden, eine Entschädigung durch die bayerische Regierung zukommen zu lassen. Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München: Hedwig Kämpfer, S. 146. Thekla Egl hatte sich mit keinem einzigen Redebeitrag zu Wort gemeldet, jedoch nach eigenem Bekunden stets im Sinne der USP gestimmt. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur Fahndungs-Abteilung, Betreff: Egl Thekla wegen Beihilfe zum Hochverrat vom 9. Juni 1919, Bl. 20. 1524 Diese Begebenheit schilderte Lida G. Heymann ausführlich in ihren Memoiren:„Durchdrungen von der Erkenntnis, daß, wer in dieser Zeit Einfluß ausüben wollte, dem Rätekongreß angehören müsse, begab ich mich zum Landtag in der Prannerstraße. Ich bat um eine Unterredung mit Gustav Landauer, den ich persönlich nicht kannte, er gewährte sie mir sofort. Ich sagte ihm das Nötigste, damit er sich über meine Person auskannte und fügte hinzu: ‚Niemand gab mir ein Mandat; aber ich fühle deutlich, ich könnte im Sinne der Gewaltlosigkeit auf Arbeiter und Soldaten wirken, und möchte deshalb im Rätekongreß mitarbeiten. Wollen Sie meine Arbeitskraft. Sie steht zu Ihrer Verfügung.’ Mit wohltuender Ruhe hörte dieser lange, hagere Mann mit der hohen gescheiten Stirn, den tieftraurigen Augen mich an. Meine für normale Zeiten merkwürdige Forderung wurde von ihm als etwas Gegebenes hingenommen. Es gab weder Erstaunen noch lange Auseinandersetzungen. ‚Warten Sie einen Augenblick’, sagte er und ging. Nach wenigen Minuten kehrte er zurück, händigte mir eine Karte aus mit den Worten: ‚Wir nehmen ihre Mitarbeit gern an, hier haben Sie den gewünschten Ausweis, der Sie berechtigt, an allen Sitzungen aktiv teilzunehmen.’ Auf diese Weise wurde ich Mitglied des Rätekongresses.“ Heymann, Lida Gustava, Augspurg / Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 172. 1525 BayHStA: Mappe 31, 7, Bl. 362; BayHStA: ASR, Mappe 37, 2, Bl. 80. 1526 Baer, Gertrud: Die weiblichen Abgeordneten in den Parlamenten. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 7. 1527 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 174. 1528 Ebd., S. 172. 1529 Baer, Gertrud: Die weiblichen Abgeordneten in den Parlamenten. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 2, S. 7. 1530 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 86. 1531 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 177. 1532 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 23. 1533 Ebd., S. 17. 1534 „Wir Frauen haben durch die Kriegsjahre so unendlich gelitten, wie es die Männer gar nicht begreifen können und wir Frauen möchten endlich Frieden im Innern haben. (Sehr gut) Rufen Sie aber nicht Bravo, sondern hören sie mich in Ruhe an. [...] Hören Sie endlich das Wort der Frau. Die Waffen müssen schweigen, wir wollen kein Blut, keine Gewalt mehr sehen, wir wollen Frieden haben.(lebhaftes Bravo).“ Ebd., S. 23. 1535 Ebd. 1520

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Der raue Umgangston und die ständigen Störungen der Verhandlungen wurden auch für manche männliche Redner Anlass zu Appellen zur Mäßigung. Heymann’s Nachredner mahnte ebenfalls gewisse parlamentarische Standards bei den Sitzungen einzuhalten und forderte eine notwendige Bereitschaft zu Kompromissen. Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, Genosse Hermann, S. 23. 1537 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 28. 1538 Ebd. 1539 Ebd., S. 27. 1540 Am 27. Februar waren bewaffnete Angehörige der „Republikanischen Schutztruppe,“ der Garde Dürrs, mit dem Ruf „Hände hoch“ in den Sitzungssaal eingedrungen und hatten Levien und Mühsam herausgezerrt. Ebd., S. 70; Mühsam, Erich: Von Eisner bis Levinè, S. 30. Heymann berichtete in ihren Memoiren darüber: „Der Vorfall verlief mit solcher Schnelligkeit, daß niemand, nicht einmal die anwesenden Frauen mit ihrem in kritischen Augenblicken immer bereiten Eingreifen ihn verhindern konnten.“ Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 176. 1541 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 99. 1542 Ebd. 1543 Ein Schreiben vom 12. März 1919 bestätigte, dass „die Genossinnen Dr. Augspurg und Heymann“ dieser Kommission angehörten. BayHStA: ASR, Mappe 31, 10, Bl. 507. 1544 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 145. 1545 Ebd., S. 144. 1546 Ebd. 1547 Ebd. 1548 Ebd. 1549 Ebd. 1550 Ebd., S. 174. 1551 Ebd. 1552 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 175. 1553 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München: Mühsam, S. 177. 1554 Ebd. 1555 Ebd. 1556 Ebd. 1557 Ebd., S. 179. 1558 „Wir wissen alle, wie wenig jetzt die Frauen auf dem Lande an Politik im allgemeinen teilnehmen und wie sehr sie durch die Bank die Beute der Zentrumsleitung sind, insbesondere der Geistlichen, die ohne weiteres ...von der Kanzel herab ihre letzten Wahlreden halten und dann in geschlossenem Haufen die Frauen aus der Kirche zur Wahlurne führen und sie für sich bestimmen lassen.“ Ebd. 1559 Ebd. 1560 Ebd. 1561 Ebd. 1562 Ebd. 1563 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München: Dr. Anita Augspurg, S. 180. 1564 Ebd. 1565 „Ich glaube, so, wie dieser Antrag hier ist, können wir nicht viel mit ihm anfangen. Diese ganze Frage der Frauenräte hat nach meinem Dafürhalten grundsätzliche Bedeutung. Wir brauchen schon einen ausgearbeiteten Plan, wir brauchen schon ins einzelne gehende Vorschläge, um hier abstimmen und entscheiden zu können.“ Ebd., Niekisch, S. 180. 1566 Ebd. 1567 Ebd. 1568 Mühsam, Erich: Räterepublik und sexuelle Revolution. In: Viesel, Hansjörg (Hrsg.): Literaten an der Wand, Frankfurt / Main 1980, S. 195-200, hier S. 197. 1569 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 94 f. 1570 Ebd., S. 140. Dieser Einigungskommission gehörten je sieben Vertreter der Mehrheitspartei, der Unabhängigen Partei und des Bauernrates an.

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Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 97. Dieser Nürnberger Kompromiß betonte die grundsätzlich Entscheidung für den Landtag als einzige legislative Gewalt, sprach den Räten darüber hinaus jegliche Vollzugsgewalt ab und begrenzte ihre Existenz auf ein Übergangsstadium, bis zur notwendigen Demokratisierung der Gemeinden, Bezirke und Kreise. Schmitt, Franz-August: Die Zeit der Zweiten Revolution in Bayern, München 1919, S. 58. 1572 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 101 f. 1573 BayHStA: ASR, Mappe 1, Bl. 114. 1574 Stenographischer über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 181 ff. 1575 Ebd., S. 197. 1576 „Unter völlig nichtigen Gründen wurde der Antrag abgelehnt. Der Vorsitzende, Sollmann (sic. A.K.), erklärte, wohl um den wenig angenehmen Eindruck ein wenig zu verwischen: ’Der Antrag ist abgelehnt. Ich möchte aber beifügen, daß dieser Antrag trotzdem dem Aktionsausschuß als Anregung und zur Beratung übermittelt wird.’ Somit war das Begräbnis ‚durch den Pomp erster Klasse“ beschönigt.“ Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 176. 1577 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München: Mühsam, S. 183. 1578 Ebd. 1579 „Der Antrag Augspurg-Heymann wurde – bezeichnend genug – nur von uns ganz Linken unterstützt. Die Gemäßigten, die im Kongress die Mehrheit bildeten, mochten eine Befreiung der Frau gerade in ihrem Geschlechtswillen als Wirkung der politischen Verselbständigung ahnen; sie brachten den Antrag zu Fall.“ Mühsam, Erich: Räterepublik und sexuelle Revolution. In: Viesel, Hansjörg (Hrsg.): Literaten an der Wand, S. 197. 1580 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 23. 1581 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 172. 1582 Ebd., S. 177. 1583 Heymann: Lida Gustava: Internationale Arbeiter-Konferenz. In: Die Frau im Staat, 1. Jg. (1919), Heft 8/9, S. 10. 1584 Jannasch, Lilli: Zur Erinnerung an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. In: Die Frau im Staat, 3. Jg. (1921), Heft 2, S. 6. 1585 Ein Willkommensgruß an Ernst Toller. In: Die Frau im Staat, 6. Jg. (1924), Heft 6/7, S. 1. 1586 Heymann, Lida Gustava: Gustav Landauer zum Gedächtnis. In: Die Frau im Staat, 11. Jg. 11 (1929), Heft 11, S. 2 ff. 1587 Mühsam, Erich: Räterepublik und sexuelle Revolution. In: Viesel, Hansjörg (Hrsg.): Literaten an der Wand, S. 197. 1588 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 146. 1589 Ebd. L.G. Heymann erwähnt in ihren Memoiren noch andere Pädagogen, deren Namen aber unvollständig angegeben werden so z.B. Lina T., Ernst S., Jacoby. 1590 Eine Kurz-Biographie von Dr. Hildegard Menzi befindet sich im Anhang, 7.2 Kurzbiographien, S. 338. 1591 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Protokoll der Haftvorführung von Hildegard Menzi vom 8. Mai 1919. 1592 „Die Umwandlung am 8. November, ließ mich hoffen, dass die von mir ersehnten Richtlinien ihre Verwirklichung finden, besonders in Bezug auf den ärztlichen Beistand für Minderbemittelte wie für Reiche im gleichen Masse.“ Ebd. 1593 „Am kommenden Dienstag, den 1. April abends 6 Uhr findet eine Sitzung der nunmehr endgültig konstituierten Gesundheits-Commission in der Residenz (Kaiserhof) statt, zu der wir Sie bitten, bestimmt erscheinen zu wollen. Herr Dr. Schollenbruch beabsichtigt, die Sitzung der Gesundheits-Commission allwöchentlich 2 mal und zwar Dienstag und Samstag je abends 6 Uhr einzuberufen.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Strafverfahren gegen Menzi Hildegard, Aerztin wegen Beihilfe z. Verbrechen des Hochverrates, Vollzugsrat der Arbeitsräte Bayerns Einladung vom 30. März 1919. 1594 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 151. 1595 „Im Landtag, wo die revolutionäre Arbeiterschaft tagte, sei nicht eine Sanitätsstelle und nicht das geringste Verbandsmaterial vorhanden gewesen. Gerade damals, als sie mit den einschlägigen Herren darüber gesprochen habe, habe es 2 Schwerverletzte gegeben. Mit Stricken, die man von den Soldaten entliehen habe, habe man die nötigen Umschnürungen machen müssen, damit die Leute nicht verbluteten. Trotzdem habe es die Sanitätsbehörde bisher nicht für notwendig erachtet, eine Sanitätsstelle einzurichten, obschon man gerade dort auf weitere Attentate gefaßt sein müßte.“ Sheppard, Richard: Die Protokolle von zwei Sitzungen des Revolutionären Zentralrates in München am 12. und 16. April 1919, S. 250. 1596 Ebd., S. 251.

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BayHStA: ASR, Mappe 2, 2, Bl. 103. Die Vornamen der beiden Frauen gehen aus dem Dokument nicht hervor. 1598 Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 62. 1599 BayHStA: ASR, Mappe 2, 1, Bl. 40. 1600 BayHStA: ASR, Mappe 2, 2, Bl. 20 ff. 1601 Es sind Soldaten dagewesen, Kontrolle zu üben, die haben soviele Schweine fortgeführt, nachts sind sie dann geschlachtet worden und nicht ein Gramm hat die rote Armee bekommen. Hungrige Soldaten der Armee haben nichts bekommen. Andererseits war es wieder so unsinnig, dass an einer Stelle haufenweise dalag und sich jeder ein Stück genommen hat. Der eine hungerte, der andere hatte zuviel.“ BayHStA: ASR, Mappe 2, 2, Bl. 20 ff. 1602 Ebd. 1603 Ebd. 1604 Münchner Post, 10. April 1919. Vgl. auch Müller-Meiningen, Ernst: Aus Bayerns schwersten Tagen, Berlin, Leipzig 1924, S. 199; Frölich, Paul: Die Bayerische Räterepublik. Nachdruck der zweiten um einen Anhang erweiterten Auflage Leipzig 1920, Frankfurt / Main 1971, S. 23. 1605 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 327, Polizeidirektion Abteilung VI a , München 7. Oktober 1919, Betreff: Baumeister, Mathilde zur Zeit in Haft wegen I. Beihilfe zum Hochverrat II. Verdacht der Unterschlagung bzw. Hehlerei. 1606 Ebd. 1607 Ebd. Frau Baumeister gehörte seit Jahren – wie ihr Ehemann Karl – der Mehrheitssozialistischen Partei an, wechselte jedoch ihre parteipolitische Gesinnung während der Revolutionszeit und fühlte sich politisch zunehmend von der USP angezogen; dieser Partei gehörte sie dann offiziell als Mitglied seit anfangs Juni 1919 an. Sie wurde Beisitzerin im Revolutionstribunal durch eine Anregung von Frau Katzenstein. Diese hatte sie über den Bund sozialistischer Frauen kennengelernt hatte, hier waren auch Kontakte zu Frau Bertels, Thekla Egl, Frau Kämpfer, L. G. Heymann und Anita Augspurg entstanden. Dem Ersuchen von Frau Katzenstein leistete Frau Baumeister Folge, sie trat als Beisitzerin in das Revolutionstribunal ein. 1608 Ebd. 1609 Ebd. 1610 BayHStA: ASR, Mappe 2, 1, Ministerium für Soziale Fürsorge Referat für Frauenrecht An den provisorischen revolutionären Zentralrat, Schreiben vom 11. April 1919. 1611 Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 54. 1612 Müller- Meiningen, Ernst: Aus Bayerns schwersten Tagen, S. 201. 1613 Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 54. 1614 Heymann, Lida Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 174. 1615 Ebd., S. 175. 1616 „Warnung! Revolutionstribunal! In verschiedenen Orten Bayerns, insbesondere in München sind Revolutionsgerichte eingesetzt worden. Diese Gerichte sind ungesetzlich, ihre Urteilssprüche ungültig. Vor der Mitwirkung in solchen Gerichten wird gewarnt.“ Staatsarchiv Landshut: BeZA/LRA Dingolfing Nr. 1 845, Schreiben des Staatsministeriums der Justiz vom 14. April 1919, gez. Endres.; Neben München war auch in Kempten ein Revolutionstribunal eingerichtet worden, dem ebenfalls eine Frau angehörte, Emma Reisacher, Ehefrau des ARMitglied Kempten Michael Reisacher. Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, Anmerkung 182 für Kapitel II, S. 599. 1617 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 383. 1618 Ebd., S. 381. 1619 Beyer, Hans: Die Revolution in Bayern 1918-1919, S. 100; Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 69. 1620 BayHStA: ASR, Mappe 1, 1, Bl. 28. 1621 BayHStA: ASR, Mappe 2, 1, Bl. 39. 1622 BayHStA: ASR, Mappe 2, 1, Bl. 40. 1623 BayHStA: ASR, Mappe 23, Bl. 31. 1624 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Bl. 115 ff, Urteil des Volksgerichtes München I vom 28. November 1919, Urteilsbegründung, Bl. 9. 1625 Ebd. 1626 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Bl. 108, Vernehmungsprotokoll von Johann Wiedemann, Bl. 29, Vernehmungsprotokoll von Frl. Soboljeff. Diese gab sich als Privatsekretärin und Empfangsdame von Frau Dr. Rubiner aus. 1627 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Bl. 115 ff, Urteil des Volksgerichtes München I vom 28. November 1919, Urteilsbegründung. 1628 Ebd., Bl. 120.

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Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Vollzugsgericht für den Landbezirk München I in der Strafsache gegen Strasser Alexander, Kästner Gertraud, Hagen Wilhelm, Hausdorf Otto, Zillibiller Max vom 6. Oktober 1920. 1630 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Satzung der Gruppe Sozialistischer Akademiker München. 1631 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Vollzugsgericht für den Landbezirk München I in der Strafsache gegen Strasser Alexander, Kästner Gertraud, Hagen Wilhelm, Hausdorf Otto, Zillibiller Max vom 6. Oktober 1920. 1632 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Volkszugsgericht für den Landbezirk München I, Urteil, Beschluss und Gründe, Bl. 9. 1633 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Volkszugsgericht für den Landbezirk München I, Urteil, Beschluss und Gründe, Bl. 1-32, hier Bl. 8. 1634 Ebd., Bl. 12. 1635 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Volkszugsgericht für den Landbezirk München I, Strafverfahren gegen Strasser Alexander, Kästner Gertraud, Hagen Wilhelm, Hausdorf Otto, Zilliber Max wegen Widerstand und Hochverrat,Urteil, Beschluss und Gründe, Bl. 1-32. 1636 Ebd., Bl. 10. 1637 Ebd. 1638 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Bl. 575, Vollzugsrat der Arbeiterräte Bayerns, Vollmacht vom 7. April 1919, gezeichnet von Gustav Landauer, 1639 Nach Ausrufung der kommunistischen Räterepublik schloss sich der revolutionäre Hochschulrat politisch enger an die Politik der Räte, wie die Aufnahme von zwei ZR- Mitglieder Otto Thomas und Carl Cröpelin sowie drei Vertreter des MAR zeigte. Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 392. 1640 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Rektorat der Universität München An die Polizeidirektion München, München den 3. Mai 1919. Die anderen Mitglieder waren Zillibiller, Strasser, Klein und Hausdorf. 1641 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973. Die geplanten Veränderungen der Hochschule fanden keinesfalls die ungeteilte Zustimmung der Studentenschaft. So kam es zu einer Konfrontation zwischen Landauer und der „Gruppe sozialistischer Akademiker“ auf der einen Seite und dem Senat und der reaktionären Studentenschaft. Der „Gruppe sozialistischer Akademiker“ gehörte auch Frau Gertrud Kästner an, Studentin der Nationalakademie und Mitglied der KPD. Als der bisherige Sechser-Rat am 10. April 1919 unter der Führung des Studenten Wilhelm Hagen auf Grund gescheiterter Verhandlungen mit dem Senat auseinanderbrach, erhielten die verbliebenen Mitglieder Unterstützung durch Mitglieder des radikaleren Flügels der sozialistischen Studentengruppe: Otto Hausdorff, Walter Klein und Gertrud Kästner. Diese Gruppe benannte sich dann um in „Revolutionärer Hochschulrat“, Hausdorff, Mitglied Gericht, München den 9. Juli 1919. 1642 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Rektorat der Universität München An die Polizeidirektion München, München den 3. Mai 1919. 1643 Doch die Schwester hatte aus Angst, dass sie durch die Ausführung dieses Auftrages Unannehmlichkeiten bekommen würde, das Paket nicht an der Universität abgeliefert, sondern in einen durch den englischen Garten fließenden Bach geworfen. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Beilage 9, Bl. 74. 1644 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 973, Vollzugsgericht für den Landbezirk München I in der Strafsache gegen Strasser Alexander, Kästner Gertraud, Hagen Wilhelm, Hausdorf Otto, Zillibiller Max vom 6. Oktober 1920. 1645 BayHStA: ASR, Mappe 17, Bl. 28, Schreiben des Studierendenausschusses an das Volkskommissariat für soziale Reform vom 9. April 1919. 1646 BayHStA: ASR, Mappe 17, Schreiben des Studierendenausschusses an das Volkskommissariat für soziale Reform vom 9. April 1919, Bl. 28 ff. 1647 Lessi Sachs, geboren am 5.9.1896 in Breslau, war Tochter des Universitätsprofessors der Psychiatrie Prof. Sachs. In München arbeitete sie als Portraitmalerin und war Angestellte einer kunstgewerblichen Anstalt. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 41 und Bl. 93. 1648 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 91. 1649 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 394. 1650 Heymann, Lida Gustava /Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 174. 1651 BayHStA: MA 102 017, Akte Familie Noeggerath; Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft I München, Nr. 2 428, Bl. 18 ff. 1652 Mertens, Ursula: Die Rätebewegung in Bayern (1918/19), S. 90. 1653 Ebd. 1654 Franziska Schönhammer aus Wiesenfelden, Niederbayern, wandte sich wegen eines Straferlasses an die Räte und erhielt den Hinweis, dass dafür die Gerichte zuständig sind. BayHStA: ASR, Mappe 31, 1, Bl. 53. Marie Breit, Taglöhnerswitwe aus Tettenweis, stellte ein Unterstützungsgesuch, das dann an das Bezirkskommando in

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Passau weitergeleitet wurde. BayHStA: ASR, Mappe 33, 4, Bl. 166. Maria Rimbeck aus Sauersberg stellte ein Gesuch auf Freilassung bzw. Haftverkürzung für ihren Ehemann am 29. November 1918. BayHStA: ASR, Mappe 33, 4, Bl. 175. Berta Sang, Emmeracker b. Welden (Schw.) wurde mit ihrer Angelegenheit an das Kriegswucheramt verwiesen. BayHStA: ASR, Mappe 37, 3, Bl. 130. Das Gesuch von Amalie Sauer aus Augsburg wurde dem Ministerium für Verkehrsangelegenheiten zugeleitet und dort „einer warmen Befürwortung anempfohlen.“ BayHStA: ASR, Mappe 37, 3, Bl. 158. 1655 BayHStA: ASR, Mappe 30, 1, Bl. 70, Schreiben von Mathilde Kamm am 2.4.1919 an den Zentralrat München. 1656 BayHStA: ASR, Mappe 33, 4, Bl. 195. 1657 BayHStA: Mappe 31, 6, Bl. 134. 1658 So hatte sich Senta Hartl aus Jetzendorf an den Vollzugsrat der bayerischen Arbeiter- und Bauernräte gewandt, weil ihre Mutter keine Eier und zu wenig Kohlen erhalte. Dieser richtete daraufhin ein Schreiben an den Bürgermeister in Jetzendorf: BayHStA: ASR, Mappe 8, 3, Bl. 160, Schreiben an den Bürgermeister Jetzendorf vom 17.12.1918. Thea Ratzel waren wohl Lebensmittelmarken nicht ausgestellt worden, als sie von München nach Nürnberg umgezogen war und sie brachte diesen Missstand dem Zentralrat in München zur Kenntnis. Dieser griff vermittelnd ein und wies die Behörde für Lebensmittel-Verteilung in Nürnberg an. BayHStA: ASR, 36, 5, Bl. 249. 1659 BayHStA: ASR, Mappe 32, 4, Bl. 189. 1660 BayHStA: ASR, Mappe 31, 2, Bl. 162, Schreiben an den Stationsvorsteher der Bahnstrecke Petershausen b/Glonn 15. März 19. 1661 BayHStA: ASR, Mappe 31, 1, Bl. 306. 1662 BayHStA: ASR, Mappe 31, 1, Bl. 28. 1663 „Viele Frauen, deren Männer gefallen sind und die viele Kinder haben, sind somit in bedauerlichen Verhältnissen, weil es ihnen in der kurzen Zeit nicht möglich ist, neue Stellung zu finden. Würde die Entlassung erst bis 31. März erfolgen, wären manche Frauen in der Lage, sich inzwischen eine geeignete Stellung zu suchen.“ BayHStA: ASR, Mappe 30, 7, Bl. 345, 5. Sitzung des Münchener Arbeiterrates. 1664 Ebd. 1665 Ebd. 1666 Ebd. 1667 „Auch bei uns wurden 140 weiblichen Angestellten gekündigt, die doch nicht momentan auf die Strasse gestellt werden können. Eher könnten vielleicht die nicht kaufmännisch geschulten den vom Felde zurückgekehrten Platz machen. Wir haben den Frauen viel Unrecht getan dadurch.“ Ebd. 1668 Ebd. 1669 BayHStA: ASR, Mappe 31, 1, Bl. 53. 1670 Frau Bastians aus München, deren Mann bereits am 12. April 1919 verhaftet worden war, hatte sich am Mai 1919 an den Ministerpräsidenten Hoffmann gewandt und bat in diesem Schreiben um Information über den Aufenthaltsort ihres Mannes und die Erlaubnis, ihm schreiben zu dürfen. BayHStA: MA 99 910, Schreiben an Herrn Ministerpräsidenten Hoffmann Bamberg von einer Frau M.A. Bastians vom 5. Mai 1919. 1671 Ernst Niekisch, USPD-Mitglied, Vorsitzender des Zentralrates hatte die Proklamation der 1. Räterepublik unterzeichnet und war wegen seiner revolutionären Aktivitäten wegen Hochverrat angeklagt worden. 1672 BayHStA: MA 99 924, Akte Niekisch, Schreiben von Anna Niekisch an den Ministerpräsidenten vom 26. Juni 1919. Eine Antwort vom 16. August 1919 im Auftrag des Ministerpräsidenten versprach lediglich die Weiterleitung des Anliegens an das Justizministerium. BayHStA: MA 99 924, Akte Niekisch, Schreiben an Frau Niekisch vom 16. August 1919. 1673 Gustav Landauer hatte neben Lotte (geb. 5.1.1894, ohne Beruf), die den Haushalt des verwitweten Gustav Landauer in Krumbach geführt hatte, noch zwei weitere Töchter, Gudula (geboren 15.8.1902, Musikschülerin) und Brigitte (geboren 10.4.1916) hinterlassen. 1674 BayHStA: MA 102 017a, Akt Landauer, Schreiben des Rechtsanwaltes J. Kaumheim an den Herrn Staatskommissar für Südbayern, Herrn Dr. Ewinger vom 25.5.1919. 1675 BayHStA: MA 102 017a, Akt Landauer, B. Staatsministerium der Finanzen An das Staatsministerium des Äußern vom 24. Juli 1919, Betreff: Entschädigungsansprüche der Hinterbliebenen des Schriftstellers Gustav Landauer. 1676 BayHStA: MA 99 922, Gesuch von Anna Herzner mit der Bitte um Befreiung meines Sohnes Franz Herzner an die Regierung Bamberg vom 5.5. 1919. Ihr Sohn hatte nach einer Versammlung der freien Gewerkschaften am 1. Mai 1919 in Amberg zu einer anschließenden Demonstration aufgerufen: „Das III. A.K., diese Schweinehunde, die Hoffmannbande hat uns nichts zu sagen, hoch die Sowjet-Regierung, obwohl die Demonstration vom III. A. K. verboten ist, halten wir doch einen Umzug ab!“ Zusammen mit einem Kommunistenführer in Amberg, ein gewisser Rösner, entwickelte sich ein Demonstrationszug von etwa 200 Mann. Es kam daraufhin am 6. Mai zu einem Haftbefehl, Herzner befand sich dann in dem Strafvollstreckungsgefängnis Nürnberg. BayHStA: MA

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99 922, Der Staatsanwalt am Landgerichte Amberg an das Staatsministerium der Justiz Bamberg, Amberg, den 4. Juni 1919. 1677 Zur Erwerbslosenfürsorge in Bayern. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 15 ff; Gleicher Lohn für gleiche Leistungen. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 17 f. 1678 BayHStA: ASR, Mappe 30, 1, Bl. 14 ff., Schreiben des Deutscher Verein gegen den Missbrauch geistiger Getränke Bezirksverein München An das Staatsministerium des Innern, das Landwirtschaftsministerium, volkswirtschaftliche Abteilung des Arbeiterrates vom 12.4.19. 1679 Ebd. 1680 Zum Problem der Ausstellung der Frauen aus der Berufsarbeit. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 2, S. 14. Diese Petition war an den Bayerischen Landtag gerichtet worden, in dem sich die parlamentarischen Debatten immer wieder erfolglos diesem Problem zugewandt hatten und die Schuld an den Missständen zwischen den Demobilisierungsausschüsse und den Betriebsausschüssen in den einzelnen Betrieben hin und her schoben. 1681 Eingaben des Stadtbundes Münchener Frauenvereine und des Vereins für Fraueninteressen. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 2, S. 14. 1682 Ebd. 1683 Ebd. 1684 Gleicher Lohn für gleiche Leistungen. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Heft 1, S. 17 f. 1685 BayHStA: ASR, Mappe 25, Bl. 22, Sitzung der linkssozialistischen Arbeitsgemeinschaft des M.A.R. am 11.1.19, Redebeitrag von Max Levien. 1686 BayHStA: ASR, Mappe 25, Bl. 22, Sitzung der linkssozialistischen Arbeitsgemeinschaft des M.A.R. am 11.1.19, Redebeitrag von Frau Setzer. 1687 „Wir Frauen haben durch die Kriegsjahre so unendlich gelitten, wie es die Männer gar nicht begreifen können und wir Frauen möchten endlich Frieden im Innern haben.(Sehr gut) [...]Hören Sie endlich das Wort der Frau. Die Waffen müssen schweigen, wir wollen kein Blut, keine Gewalt mehr sehen, wir wollen Frieden haben.(lebhaftes Bravo).“ Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter- , Bauern- und Soldatenräten vom 25. Februar bis 8. März 1919 in München, S. 23. 1688 Hillmayr, Heinrich: Roter und weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 76 f. 1689 Hillmayr zitiert hier Führer der Truppen des Abschnitts I der Roten Armee vom 26. April 1919. Hillmayr, Heinrich: Roter und weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 78. 1690 Heymann, Lida Gustava / Augspurg Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 179. 1691 „Es war für uns klar, daß das Übergewicht an Waffen und Menschenzahl auf der Rechten war, jeder bewaffnete Aufstand mußte nach kurzer Zeit im Blutbad erstickt werden. Sollte das verhindert werden, mußten Leviné und Levin von dieser von dieser Tatsache überzeugt werden; sie hatten in jenen Tagen den weitaus größten Einfluß auf die Münchner Bevölkerung.“ Ebd. 1692 Ebd. 1693 Ebd. 1694 Ebd. 1695 Ebd. 1696 Ebd. 1697 Schätzl, Elisabeth: „Eine Frau steht ihren Mann“. Das bewegte Leben der Rosa Aschenbrenner. In: Frauenleben in München. Lesebuch zur Geschichte des Münchner Alltags. Hrsg. von der Landeshauptstadt München, München 1996, S. 61-64, hier S. 62. 1698 Ebd. 1699 Hillmayr, Heinrich: Roter und weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 77. 1700 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München den 5. Juni 1919, Betreff: Toller Ernst, Student aus Samotschin wegen Hochverrat. 1701 Plakat des NFDF. Dokumentiert in: Kurze Nachrichten. In: Die Frau im Staat, 1. Jg., Nr. 4 (Juni 1919), S. 18 f. 1702 BayHStA, Abt. V: Plakatsammlung, Nr. 492. Dieses undatierte Plakat ist vermutlich angesichts der bevorstehenden Kämpfe um München Ende April 1919 entstanden. 1703 Privatarchiv Pinkus: Abschrift des 6. Bandes des Interviews mit Gertrud Baer vom Juni 1977, S. 1. Zit. n.: Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg, S. 450. 1704 Heymann, Lida Gustava / Augspurg Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 183. 1705 Ebd., S. 181. 1706 Hier arbeiteten Susanna Kühn und Betty Winter als Stenotypistinnen. BayHStA: ASR, Mappe 2, 2, Bl. 101. 1707 Bei der Verkehrskommission war Josefa Bauer ab 20.11.18 als Stenotypistin tätig, bezahlt vom Vollzugsrat. Ebenfalls in der Personalliste bei der Verkehrskommission wurden Knorr Illa, Hekl Mina und Langer Amalie als Schreibmaschinenkräfte geführt. BayHStA: ASR: Mappe 2, 1, Bl. 37 und Bl. 38. 1708 Fräulein Elli Hoff war vom 20.12.18 bis 20.3.1919 in der Presseabteilung beschäftigt. BayHStA: ASR, Mappe 31, 2, Bl. 138.

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Im Propagandaausschuss der zweiten Räterepublik arbeitete Frau Hanna Soboljeff oder Stoboljeff als Empfangsdame und Sekretärin. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Bl. 29. 1710 BayHStA: ASR, Mappe 2, 1, Bl. 17. 1711 BayHStA: ASR, Mappe 31, 1, Bl. 13. 1712 BayHStA: ASR, Mappe 31, 1, Bl. 15; BayHStA: ASR, Mappe 31, 2, Bl. 125. 1713 BayHStA: ASR, Mappe 31, 1, Bl. 53. 1714 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Hilde Kramer, Briefe, Nr. 2, Brief von Hilde Kramer an Wise Kaetzler am 18.11.1918 und Ausweis, Bl. 28. 1715 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 877, Bl. 29 und Bl. 115. 1716 Revolution und Räteherrschaft in München, S. 129, 131. 1717 BayHStA: MA 99 910 203, Staatsanwalt bei dem standr. Gericht für München an das Staatsministerium d. Justiz, 7. Juli 1919, Betreff: Verhaftung von Frau Dr. Schuhmann-Fischer. 1718 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 22, Stadtkommandantur Fahndungsabteilung vom 2. Juni 1919, Betreff: Sachs Lessie. 1719 Ein Kurzportrait von Anny Klawa-Morf findet sich im Anhang unter 7.2 Kurzbiographien, S. 336. 1720 Frei, Annette: Die Welt ist mein Haus. Das Leben der Anny Klawa-Morf-Morf, Zürich 1991, S. 109. 1721 Ebd. 1722 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München den 5. Juni 1919, Betreff: Toller Ernst, Student aus Samotschin wegen Hochverrats. 1723 Karl, Michaela: „So viel habe ich diesmal gelernt, dass ich bei einer Revolution mit Weibern nichts mehr zu tun haben will.“ Frauen in der Revolution in Bayern 1918/19, S. 175. 1724 Frei, Annette: Die Welt ist mein Haus, S. 115. 1725 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Hilde Kramer, Amtsgericht München, Abteilung für Strafsachen, Beschuldigten-Vernehmung in der Strafsache gegen Kramer Hildegard wegen Verbrechen nach § 81 Ziffer 2 RStGB vom 15. Mai 1919, Bl. 4. 1726 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 22, Stadtkommandantur Fahndungsabteilung vom 2. Juni 1919, Betreff: Sachs Lessie. 1727 Frei, Annette: Die Welt ist mein Haus, S. 113. 1728 Ebd. 1729 Ebd. 1730 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Der Staatsanwalt bei dem standrechtlichen Gericht München an das Amtsgericht Kulmbach, 30. Juni 1919. 1731 BayHStA: MA 99 910 203, Staatsanwalt bei dem standr. Gericht für München an das Staatsministerium d. Justiz, 7.Juli 1919, Betreff: Verhaftung von Frau Dr. Schuhmann-Fischer. 1732 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Hilde Kramer, Ausweis, Bl. 28. 1733 BayHStA: ASR, Mappe 31, 11, Bl. 574, Ausweis vom 8.4.1918. Während der Rätezeit war das Wittelsbacher Palais der Tagungsort des Aktionsausschusses der Münchner Räterepublik und damit die politische Schaltzentrale der Räterepublik. Ausweise erhielten nur Personen, die in irgendeiner Weise in das Rätesystem integriert waren. Doch auf Grund welcher Tätigkeit Frau Liebmann diesen Ausweis erhielt, konnte nicht ermittelt werden. 1734 Mühsam, Erich: Räterepublik und sexuelle Revolution, S. 198. 1735 Ebd. 1736 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 1 947, Strafverfahren gegen Bauer Ernst und Ida Ernst wegen Beihilfe zum Hochverrat, Stadtkommandantur, Fahndungs-Abteilung, München, den 4. Juni 1919, Betreff: Eckl Ida wegen politischer Umtriebe. 1737 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 1 947, Stadtkommandantur, FahndungsAbteilung, München, den 2. Juni 1919, Protokoll betreffs Pölsterl und Genossen wegen Verdachts des Hochverrats. Die Tätigkeit von Ida Bauer endete am 30.4.1919 infolge des Einmarsches der Regierungstruppen. Für ihre kurze Tätigkeit als Geheimpolizistin hatte sie die beträchtliche Summe von 700 Mark erhalten. 1738 Polizeibericht, Stadtkommandantur, München am 8. Mai 1919, Fahndungsabteilung. Zit. n.: SternsdorfHauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 112. 1739 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft I., Nr. 2 677, Pol.Dir. 10.087, Spitzelbericht vom 11. Mai 1919. 1740 So protokollierte sie die Proletariererversammlung am 5. März 1919 im Wagnersaal, Leiter der Versammlung war ihr Ehemann Herr Schuhmann, sowie die Volksversammlung am 13.3.1919 im Münchener Kindlkeller mit dem Thema „Kampf um das Rätesystem.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 181 ff., Bl. 210 ff. 1741 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 211, Leitsätze zu dem Vortrag von Frau Schumann-Fischer. Um die Arbeitsleistung der Frauenarbeit in der Industrie zu erhöhen, forderte sie eine verbesserte Allgemeinbildung durch die Volksschulen sowie eine gründlichere Fachbildung durch eine handwerksmäßige Lehre oder Fachkurse.

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Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 17 ff. Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, Anmerkung 433 zu Kapitel III, S. 616. 1744 Frei, Annette: Die Welt ist mein Haus, S. 113 f. 1745 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Hilde Kramer. 1746 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 1 947, Strafverfahren gegen Bauer Ernst und Ida Ernst wegen Beihilfe zum Hochverrat, Stadtkommandantur, Fahndungs-Abteilung, München, den 4. Juni 1919, Betreff: Eckl Ida wegen politischer Umtriebe, 1747 BayHStA: MA 99 910 203, Staatsanwalt bei dem standr. Gericht für München an das Staatsministerium d. Justiz, 7. Juli 1919, Betreff: Verhaftung von Frau Dr. Schuhmann-Fischer. 1748 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 91. 1749 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 59. 1750 Sternsdorff-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 36. 1751 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077, Freikorps Görlitz, Dachau, den 1. Mai 1919 An die Gruppe Friedensborg. 1752 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 78, Strafverfahren gegen die Kunstmalerin Lessi Valeska Sachs. 1753 Münchener Neueste Nachrichten vom 1. August 1919. 1754 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 93, Zeitungsabschnitt aus den Münchener Nachrichten Nr. 33. 1755 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077, An das Standgericht München und Erklärung des Rechtsanwaltes Dr. Phil. Loewenfeld in Sachen Klingelhöfer Gustav und Klingelhöfer Elma. 1756 Münchner Post, Nr. 116 vom 19. Mai 1919. Zit. n.: Gerstl, Max: Münchener Räterepublik, S. 62. 1757 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 884, Bl. 60, Urteilsbegründung. 1758 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Hilde Kramer, Briefe, Nr. 9. 1759 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Hilde Kramer, Briefe, Nr. 13. 1760 Entsetzt musste sie miterleben, dass die Rotgardisten auch nicht vor Vergewaltigung zurückschreckten, diese Erlebnisse in Dachau lasteten schwer auf ihr: „Das, was ich in diesen drei Wochen in Dachau erlebte, war sehr schwer zu ertragen.“ Frei, Annette: Die Welt ist mein Haus, S. 114. 1761 „Ich lauschte den Gesprächen der Männer. Das war ein Schimpfen über die leitenden Köpfe der Revolution, einer übertrumpfte den anderen. Ich hörte die Rotgardisten an der Basis und fragte mich, ob die Männer aus Überzeugung zur Roten Armee kamen oder wegen der täglichen Erbsensuppe und den sieben Mark Sold. Ich hatte oft den Eindruck, dass letzteres der Fall war. Es waren ja Männer, die im Schützengraben gelegen hatten und nun, wieder daheim, keine Arbeit fanden. In ihren Familien herrschte Not. Es waren keine überzeugten Sozialisten, wie ich mir vorgestellt hatte.“ Ebd., S. 113. 1762 Seligmann, Michael: Der Aufstand der Räte, S. 69 1763 Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 27. 1764 Revolution und Räteherrschaft in München, S. 43. 1765 Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 27. Diese Verhaftung wird auch erwähnt in einem Brief von Gabriele Kaetzler an Wise, ihre Tochter in Berlin. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Strafverfahren gegen Kaetzler Gabriele, Brief von Gabriele Kaetzler an Wise vom 13.1.19. 1766 Polizeibericht, Stadtkommandantur, München am 8. Mai 1919, Fahndungsabteilung. Zit. n.: SternsdorfHauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 112. 1767 Ein Foto von Mitgliedern der Münchner KPD während der Demonstration, beschriftet vom Erkennungsdienst der Polizeidirektion München, zeigte, gleich neben dem Rosa-Luxemburg Plakat stehend, Hilde Kramer („Frl. Kramer“). Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, Foto auf S. 107. 1768 Seligmann, Michael: Der Aufstand der Räte, S. 71. 1769 Staatsarchiv Bamberg: Oberlandesgericht Bamberg K 100/5, Nr. 392, Der Erste Staatsanwalt bei dem Landgericht Bayreuth an den Herrn Oberstaatsanwalt in Bamberg, Betreff: Wichtige Vorkommnisse vom 18. Februar 1919. 1770 Staatsarchiv Bamberg: Staatsanwaltschaft b. d. Landgericht Bayreuth K 106 Abgabe 1996 Nr. 2 049, Strafanzeige wegen Landfriedensbruch. 1771 Ebd. 1772 Ebd. Das Verfahren wurde am 15. April 1919 eingestellt. 1773 Staatsarchiv Nürnberg: Regierung K.d.I. Abgabe 1968, Tit. I b, Nr. 1 381, Vom Magistrat der Stadt Schwabach An das Präsidium der Regierung von Mittelfranken, Betreff: Die Anzeige wichtiger Vorkommnisse vom 22. Februar 1919. 1774 Ebd. 1775 Ebd. 1743

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Staatsarchiv Bamberg: Staatsanwaltschaft Hof K 107/XII, Nr. 113, Begl. Abschrift A.V.No C 187/19. Pr.R.No. 32/19, Urteil der Strafkammer des Landgerichtshof in dem Strafverfahren gegen die Handarbeiterehefrau Christiana Unglaub wegen Landfriedensbruchs am 8. Juli 1919. 1777 Ebd. 1778 Ebd. 1779 Ebd. 1780 Strafmildernd hatte sich dabei ausgewirkt, „dass sie wegen der grossen Lebensmittelknappheit immerhin in einer gewissen Erregung sich befunden haben mochte.“ Ebd. 1781 BayHStA: ASR, 36, 5, Bl. 22 f, Landfriedensbruch-Prozess, Volksgericht gegen Sattler Ludwig Ulrich und 13 Genossen. 1782 Ebd. 1783 Staatsarchiv Augsburg: Volksgericht Kempten 103/1919, Andreas Nocker von Peiting und Genossen, Urteilsbegründung vom 18.2.1920. 1784 Staatsarchiv Augsburg: Volksgericht Kempten 103/1919, Andreas Nocker von Peiting und Genossen, Zeugenvernehmungsprotokoll von Ludwig Bram am 29. September 1919, Bl. 49. 1785 Staatsarchiv Augsburg: Volksgericht Kempten 103/1919, Andreas Nocker von Peiting und Genossen, Urteilsbegründung vom 18.2.1920. 1786 Ebd. 1787 Staatsarchiv Nürnberg: Rep. 279/1 II, Landgericht Ansbach, Nr. 3 196, Verfahren gegen 10 Personen in Betholdsdorf wegen Aufruhr; Rep. 270/2, Landgericht Eichstätt, Nr. 773, Protokoll geführt in der öffentlichen Sitzung des Volksgerichtes für den Landgerichtsbezirk Eichstätt, Bl. 112 ff. 1788 BayHStA, Kriegsarchiv: Stellv. Gen. Kdo. III. A.K., Bd. 131 II, Mappe 3, 7, 8, 9, 11 und 16. 1789 BayHStA, Kriegsarchiv: Stellv. Gen. Kdo. III. A.K., Bd. 131 I, Akt 8. Das bayerische Reichswehrgruppenkommando 4 verzeichnete im Juli 1919 ein stark abnehmendes Interesse der Frauen an Demonstrationen, Lebenmittelunruhen und revolutionären Aufständen. 1790 Linksextreme Intellektuelle, Literaten und Bohemiens hatten bereits vor ihrer kurzen politischen Karriere den Diskurs über Sexualität und Sittlichkeit mit ihren Texten belebt, in ihren zeitgenössischen Schriften fanden sich die zu dem damaligen Zeitpunkt brisanten Themenbereiche wie Abtreibung, freie Sexualität und Liebe. Es wurden die repressive bürgerliche Sexualmoral samt ihrer Institutionalisierung in der monogamen Ehe kritisiert und antibürgerliche Ehekonzepte entwickelt. Diese Modelle enthielten Vorstellungen von serieller Monogamie oder sogar Polygamie, die auf diese Weise Gleichberechtigung und größtmögliche Freiheit im zwischengeschlechtlichen Miteinander gewährleisten sollte. Twardowski, Christian: Weiblichkeit unter der Gewalt des bayerischen Sowjets, S. 471. 1791 Freistaat v. 8.4.1919. Zit. n.: Twardowski, Christian: Weiblichkeit unter der Gewalt des bayerischen Sowjets, S. 195. 1792 Zit. n.: Twardowski, Christian: Weiblichkeit unter der Gewalt des bayerischen Sowjets, S. 196. 1793 Ebd., S. 177. 1794 Stadtarchiv Würzburg: Räteherrschaft, Zeitungsausschnitt des Würzburger General-Anzeiger vom 23. April 1919. Nr. 90, Lokalnachrichten. 1795 „An alle Frauen und Mädchen in Stadt und Land ergeht deshalb die dringende Bitte: Gebt Eure Männer, Söhne und Brüder noch einmal auf kurze Zeit frei. Fordert sie auf, ins Würzburger Freikorps einzutreten.“ Stadtarchiv Würzburg: Räteherrschaft, Zeitungsausschnitt des Würzburger General- Anzeigers vom 24. April 1919. Nr. 91; Stadtarchiv Würzburg: Räteherrschaft, Plakate. 1796 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 517. Erich Wollenberger hatte in seinem Buch „Als Rotarmist vor München“ über dieses mutige Einschreiten von Frauen berichtet: „Heroisch benahmen sich hierbei Arbeiterfrauen, die sich nach Eröffnung des Feuers zwischen die Kämpfenden stellten, und deren Überredung gelang es, die schwankenden Weißgardisten zur Kapitulation zu veranlassen.“ Wollenberger, Erich: Als Rotarmist vor München, Berlin 1929, S. 20. 1797 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Bl. 25. 1798 Ebd. 1799 Wollenberg, Erich: Als Rotarmist vor München, S. 37. 1800 Zit. n.: Viesel, Hansjörg, Literaten an der Wand, S. 100. 1801 Staatsarchiv München: Staatanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, Vernehmungsprotokoll von Thekla Egl vom 9. Juni 1919, Bl. 26. 1802 „Am nächsten Tag ging ich dann von Allach nach Dachau, wo inzwischen die Leute eingerückt waren, wollte Klingelhöfer das Geld zurückgeben, wurde aber gebeten, aushilfsweise die Stelle als Zahlmeister zu übernehmen. An diesem Tag zahlte ich dann auch an die Truppen die Löhnung aus.“ Staatsarchiv München: Staatanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, Vernehmungsprotokoll von Thekla Egl vom 9. Juni 1919, Bl. 26. 1803 Ebd., Bl. 27.

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1804

Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 242, Der Staatsanwalt bei dem standrechtlichen Gericht für München An das Kommando des Freikorps Görlitz in München, Betreff Ernst Toller, Student wegen Landesverrat vom 13. Mai 1919, Bl. 80. 1805 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaften München I, Nr. 2 127, Ausweis von der K.P.D. Haidhausen ausgestellt für Menzi Hildegard. 1806 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Protokoll der Haftvorführung von Hildegard Menzi vom 8. Mai 1919. 1807 Ebd. 1808 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077, Der Staatsanwalt bei dem standrechtlichen Gericht für München, Betreff: 1) Klingelhöfer Gustav, Nationalökonom 2) Klingelhöfer Elma, dessen Ehefrau wegen Hochverrat vom 27. Mai 1919. 1809 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077, Freikorps Görlitz, Dachau, den 1. Mai 1919 An die Gruppe Friedensborg. 1810 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 638/8, Der Staatsanwalt bei dem standrechtlichen Gericht, Betreff: Fischer Therese, Fischer Michael, Bauer Wally vom 28. Juni 1919. 1811 Ebd. 1812 Ebd. 1813 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 1 961, Der Staatsanwalt bei dem standrechtlichen Gerichte für München, Betreff: Strafverfahren gegen die Näherin Anna Brechter, geb. 29.IX.1889 vom 28. Mai 1919. 1814 Schmolze, Gerhard (Hrsg.): Revolution und Räterepublik in München 1918/19 in Augenzeugenberichten, S. 394. 1815 „Die Befreiung Münchens.“ Münchner Neueste Nachrichten Nr. 170 vom 5. Mai 1919, Morgenausgabe, S. 2. 1816 Münchner Neueste Nachrichten Nr. 171 vom 5. Mai 1919, S. 3. 1817 In der Literatur schwankt die Zahl derjenigen, die zwischen dem 30. April und 8. Mai 1919 bei den Kämpfen und Säuberungsaktionen sterben mussten, zwischen 557 und 1 200. Deuringer gibt die Gesamtzahl der Opfer mit 557 an. Deuringer, Karl: Die Niederwerfung der Räteherrschaft in Bayern 1919, S. 221. Speckner spricht von mindestens 800 Menschen, die in den Kämpfen ihr Leben gelassen hätten. Speckner, Herbert: Die Ordnungszelle Bayern. Studien zur Politik des bayerischen Bürgertums, insbesondere der Bayerischen Volkspartei von der Revolution bis zum Ende des Kabinetts von Dr. Kahr, S. 45. Hoegner erwähnt einen „Blutzoll“ von 1 100 Toten. Hoegner, Wilhelm: Der politische Radikalismus in Deutschland 1919-1933, S. 21. Mitchell spricht von 600 Toten. Mitchell, Allan: Revolution in Bayern 1918/19, S. 289. Morenz setzte die Zahl der Toten mit ca. 650 an. Morenz, Ludwig: Revolution und Räteherrschaft in München, S. 135. 1818 Bayerische Staatszeitung Nr. 145 vom 11. Juni 1919. Zit. n.: Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 150. 1819 BayHStA: MA 101 112, Staatsministerium des Innern An das Staatsministerium des Äußern vom 25. Oktober 1919, Betreff: Zahl der inneren Unruhen zum Opfer gefallenen Personen. 1820 Am 15.4.1919 wurde in Rosenheim während der Kämpfe in der Stadt Mathilde Ganzer, Tochter eines Sattlers von einer Kugel tödlich getroffen, als sie am Fenster das Gefecht beobachtete. Kögl, Otto: Revolutionskämpfe im südostbayerischen Raum, Rosenheim 1969, S. 95. In der Nacht vom 2. zum 3. Mai 1919 wurde bei „planlosen Schießereien“ weißer Truppen in Schweinfurt eine Frau in ihrer Wohnung getötet. Leipziger Volkszeitung. Organ für die Interessen des gesamten werktätigen Volkes. 26. Jg. Nr. 106 vom 16.5.1919. Zit. n.: Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland, S. 434. Die Kämpfe um Augsburg forderten vier weibliche Todesopfer. Beyer, Hans: Die Revolution in Bayern 1918-1919, S. 125. 1821 Hillmayr, Heinrich: Roter und Weißer Terror in Bayern nach 1918, S. 136. 1822 Ebd., S. 96. 1823 Schmolze, Gerhard (Hrsg.): Revolution und Räterepublik in München 1918/19 in Augenzeugenberichten, S. 393. 1824 Twardowski, Christian: Weiblichkeit unter der Gewalt der bayerischen Sowjets, S. 196. 1825 „Dort (Stadelheimer Gefängnishof) haben weiße Peletons zu wiederholten Malen die ersten Schüsse auf die Geschlechtsteile von Frauen und Mädchen gezielt, in anderen Fällen die Exekution vollzogen, indem sie zuerst in die Beine, dann in den Unterleib schossen und sich an den Qualen der langsam verendenden Opfer weideten.“ Mühsam, Erich: Räterepublik und sexuelle Revolution, S. 200. 1826 Revolution und Räteherrschaft in München, S. 127. 1827 Gumbel, E. J.: Vier Jahre politischer Mord, Berlin 1922, S. 39. 1828 Frölich, Paul: Die Bayerische Räterepublik, S. 59. 1829 Gumbel, E. J.: Vier Jahre politischer Mord, S. 41. 1830 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 242, Staatsanwalt bei dem standrechtlichen Gericht für München An die Oberpostdirektion München, Betreff Toller wegen Hochverrat am 26. Mai 1919.

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1831

Frau Hössrich war am 2. Mai 1894 in Grossbreitenbach geboren, ledig, Fabrikbesitzerstocher, zuletzt Studentin in München. Staatsarchiv Bamberg: Oberlandesgericht Bamberg K 100/5, Nr. 392, Der Erste Staatsanwalt bei dem Landgericht Bamberg an den Herrn Oberstaatsanwalt bei dem Oberlandesgerichte Bamberg, Bericht über wichtige Straffälle vom 24. April 1919. 1832 „Diesselbe ist verdächtig, am 22. April 1919 im Rathaus dahier zu dem Feldwebel Kaiser, der vor der staatlichen Polizeistelle Wache hatte, geäußert zu haben: Es würden lediglich Gerüchte über schlimme Zustände in München verbreitet um gegen die Räteregierung zu hetzen. Die Soldaten sollten nicht so dumm sein und sich von der Regierung Hoffmann verblenden lassen und alles glauben. Es wäre besser gewesen, wenn gleich hier für die Rote Garde agitiert worden wäre. Die Räteregierung wäre das einzige richtige, nachdem man doch in München die Vorteile sähe. Gertrud Hössrich ist offenbar Kommunistin. Der Verdacht, daß sie als Agitatorin von der Regierung in München nach Bamberg gesendet worden ist, liegt nahe.“ Ebd. 1833 BayHStA: MA 102 017, Akte Familie Noeggerath, Der Staatsanwalt bei dem standrechtl.Gericht für München an das Bayerische Staatsministerium der Justiz, Betreff: Berthels Noeggerath wegen Verd. d. Hochverrats, vom 20. Juni 1919. 1834 Die Aussage von Hans Dietrich, lässt zumindest diesen Schluss zu:„Ich verspreche, morgen in Begleitung des Schutzmann Hein alles daran zu setzen, um die Verhaftung der Egl, bei der sich die ganzen Fäden der Revolution zusammenspinnen und die sicher den Aufenthalt von Toller weiß, herbeizuführen.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 242/I, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, Aussage von Dietrich Hans. 1835 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Protokoll der öffentlichen Sitzung des Volksgerichtes für den Landgerichtsbezirk München I, München, den 15. August 1919. 1836 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 1 961, Urteil, Standrechtliches Gericht München, Sitzung vom 14. Juni 1919. 1837 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 638/8, Der Staatsanwalt bei dem standrechtlichen Gericht: Betreff Fischer Therese vom 28. Juni 1919. 1838 Ebd., Beschuldigtenvernehmung in der Strafsache gegen Bauer Wally, polit. Umtriebe. 1839 BayHStA: MA 102 017, An die Polizeidirektion München, München, den 14. Mai 1919 von einem Bürger in Kyreinstr. Als Beobachter. 1840 BayHStA: MA 102 017, Polizeidirektion Abtlg. VI zum 19. Bez.-H.S.K. vom 17. Mai 1919. 1841 „Während des Abtransportes von Egelhofer, wurden Rufe laut: ‚Frau Menzi, Frau Dr. Menzi, halts es auf.’ [...] kurz vor ihrer Ankunft an der Wohnung Ecke Thierschstr. und Maxmonument, wo sie sich angeblich wieder verduften wollte, als sie den grossen Menschenauflauf gesehen hatte, wurde sie verhaftet. Ich begab mich sofort auf die Strasse, sah Frau Menzi von einem Umkreis von zirka 100 bis 150 Leuten umringt, und befreite sie nur mit grösster Mühe und mit Waffe in der Hand vor der Lynchjustiz. Frau Menzi wurde in ihre Wohnung gebracht und von Soldaten dann abgeführt.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Vernehmungsprotokoll von Herrn Richard Laemp, Magistratsassistenz, Maximilianstrasse 22/0 vom 8. Mai 1919. 1842 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Protokoll der Beschuldigten-Vernehmung in der Strafsache gegen Mensi, aufgenommen zu München am 20. Mai 19 im Gef. Stadelheim. 1843 Laut Aussage von Herrn Laemp hatte Frau Menzi auch mit den Geiselverhaftungen zu tun. Er gab zu Protokoll, „dass sie einen sehr grossen Einfluss ausübte, bei der Bestimmung der Geiseln, denn sie stand vielfach erwiesen, in enger, persönlicher Beziehung zu Egelhofer und den anderen Führern. Es ist mir noch ganz gut in Erinnerung, wie Frau Menzi mir erzählte, die rote Armee wird sich niemals ergeben, und wenn sie unterliegen sollte, dann werden sämtliche in Gefangenschaft befindliche Geiseln in die Luft gesprengt. [...] Ich bin der vollsten Überzeugung, dass Frau Menzi eine hochgebildete Frau ist, jedoch durch das Misslingen der Tendenzen der Kommunistischen Partei in einen Rachezustand versetzt wurde, in welchem sie jede Grausamkeit, anders Denkender gegenüber zustimmen und schließlich auch mitwirken würde.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Vernehmungsprotokoll von Herrn Richard Laemp, Magistratsassistenz, Maximilianstrasse 22/0 vom 8. Mai 1919. 1844 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung vom 14. Mai 1919, Vernehmung von Frau Maria Steck. 1845 Unter den neun Zeugen befanden sich neben Dr. Schollenbruch, Ärzten und Schwestern auch Frau Hedwig Kämpfer. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, An die Staatsanwaltschaft beim standrechtlichen Gericht München, Betreff: Dr. Menzi wegen Hochverrat vom 17. Juli 1919, Rechtsanwalt ( Name unleserlich). 1846 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Standrechtliches Gericht München, Sitzung vom 21.7.1919, Urteil gegen Menzi Hildegard. 1847 So wurde sie am 10. Mai 1919 in die Einzelzelle der in Stadelheim inhaftierten Frau Gabriele Kaetzler eingeschleust, ebenso zu der ebenfalls in Stadelheim inhaftierten Hilde Kramer. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Pol. Dir. 10.087, Spitzelbericht vom 11. Mai 1919.

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1848

Von Hilde Kramer hatte die Spitzelin allgemeine Hinweise auf den Aufenthaltsort von Frau Levine-Niessen erhalten, diese Informationen wurden mit einem Bericht der Gendarmeriestation Amerland abgeglichen, dem zufolge sich in einer überwachten Villa Hofmann in Ambach Spartakistinnen aufhielten. Hier erfuhr Frl. Flamersberg weitere Deckadressen, die zur Verhaftung weiterer Spartakistinnen führte wie Frl. Norden, Frl. Marta Andre und Frl. Natansohn, in deren Wohnung Frau Rosa Leviné entdeckt und verhaftet wurde. Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Kaetzler, Bl. 15; Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Akte Kaetzler, Protokoll von Frl. Flamersberg über ihre Tätigkeit vom 14. und 15.5. 1919, Bl. 13. 1849 Ein Verzeichnis von 52 Personen wies 20 Frauen aus, die nach dem Stand vom 17.7.1919 bzw. 21.8.1919 auf Grund eines Schutzhaftbefehls sich in Haft befanden, unter ihnen auch Frau Fischer, die verbal die in München einrückenden Weißgardisten attackiert hatte. Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 333, Tabelle 20: Verzeichnis der Personen, die sich auf Grund eines Schutzhaftbefehls ge. Mil.Min. Erlass v. 10.5.19 in militärischer Schutzhaft befinden (Stand 17.7.1919 bzw. 21.8.1919). 1850 Die Frau und die Revolution. In: Die Arbeiterin, 14. Jg., Nr. 25 (19. Juni 1919), S. 1. 1851 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München den 11. Juni 1919, Betreff: Thekla Egl, Krankenschwester z. Z. in Haft wegen Beihilfe zum Hochverrat. 1852 Münchner Zeitung vom 13. Juni 1919. Zit. n.: Sternsdorff-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 41. 1853 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München, den 14. Mai 1919, Betreff: Menzi Hildegard, z. Zt. in Haft in der Residenz wegen Landesverrat und Begünstigung zum Hochverrat. Bl. 12. 1854 Grebing, Helga: Frauen in der deutschen Revolution 1918/19, S. 8. 1855 Brachvogel, Carry: Eva in der Politik, S. 90. 1856 Menschik, Jutta: Die proletarische Frauenbewegung. In: Anna Tühne, Rina Olfe-Schlothauer (Hrsg.): FrauenBilderLesebuch, Berlin 1982, S. 94-101, hier S. 100. 1857 Bölke, Gundula: Die Wandlung der Frauenemanzipationstheorie von Marx bis zur Rätebewegung, Hamburg 1985, S. 21. 1858 Grebing, Helga: Frauen in der deutschen Revolution 1918/19, S. 6. 1859 Schenk, Herrad: Die feministische Herausforderung, S. 52. Diese Entwicklung hielt in den nächsten Jahren an, Juchacz hatte die Absolutheit der Parteitreue sozialistischer Frauen in Deutschland 1923 deutlich gerügt: „Ja, entwickelt die deutsche sozialistische Frauenbewegung denn gar kein eigenes geistiges Leben, schafft sie sich keine eigenen Daseinsformen, lässt sie sich gutwillig uniformieren und fühlt sich wohl dabei?“ Juchacz, Marie: Die Frau in der deutschen Partei. In: Die Gleichheit, 33. Jg., Heft 9/10 (15.3.1923), S. 68. 1860 Ammann, Ellen: Zehn Jahre Frauenstimmrecht. In: Bayerisches Frauenland, Februar 1929, S. 10. 1861 Stadtarchiv München: Nachlaß Dirr, Nr. 300: Kempf, Rosa: Die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten, 1919, S. 1. 1862 Fränkische Tagespost vom 8.11.1919. Zit. n.: Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 96. 1863 Frevert, Ute: Frauengeschichte. Zwischen bürgerlicher Verbesserung und Neuer Weiblichkeit, S. 167. 1864 Specht, Agnete von (Hrsg.): Geschichte der Frauen in Bayern. Von der Völkerwanderung bis heute. Katalog zur Landesausstellung 1998 in den Ausstellungshallen im Klenzepark in Ingolstadt. 18. Juni bis 11. Oktober 1998, Augsburg, Haus der Bayerischen Geschichte 1998, S. 314. 1865 Kruse, Wolfgang: Der Erste Weltkrieg, S. 125. 1866 Brachvogel, Carry: Eva in der Politik, S. 90. 1867 Bremme, Gabriele: Die politische Rolle der Frau in Deutschland, S. 123. 1868 Heymann, Lida, Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 187. 1869 Sommer, Karin: „Hysterische Furien und schnatternde Gänse.“ Die ersten Politikerinnen im Landtag (19181933). Veröffentlichtes Manuskript. München: Bayerischer Rundfunk 2001, S. 4 f. 1870 Frevert, Ute: Frauengeschichte, S. 166. 1871 Verhandlungen des Bayerischen Landtags, 21. Sitzung vom 13. August 1919, Genosse Nimmerfall (SPD), S. 391. 1872 Toller, Ernst: Drei Briefe aus dem Gefängnis. An Mathilde Wurm (15.8.1922). In: Viesel, Hansjörg (Hrsg.): Literaten an der Wand. Die Münchner Räterepublik und die Schriftsteller, Frankfurt am Main 1980, S. 392-393, hier S. 392. 1873 Twardowski, Christian: Weiblichkeit unter der Gewalt des bayerischen Sowjets, S. 188. 1874 Mühsam Erich: „Frauenrecht“ (1910). In: Erich Mühsam: Fanal. Aufsätze und Gedichte 1905-1932, Berlin 1984, S. 67-72, hier S. 69. 1875 Mühsam selbst erkannte im Rückblick auf die Revolution: „Die Stellung der Frau in der Gesellschaft und mithin die Problematik der Ehe konnte in Bayern nur wegen der kurzen Dauer der Räteherrschaft nicht zum

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Gegestand revolutionärer Entscheidungen werden. [...] Die ungeheure Erstarkung der kirchlichen Macht gerade in Bayern hat schon viel Erreichtes wieder verschüttet, und heute steht Bayern bezüglich moralischer Engstirnigkeit und bockbeinigem Zelotentum an der Spitze aller deutschen Länder.“ Mühsam, Erich. Zit.n.: Viesel, Hansjörg: Literaten an der Wand, S. 186. 1876 Lediglich im unmittelbaren sozialen und politischen Umfeld von Mühsam schienen einige seiner freizügigen Ideen Fuß gefasst zu haben. Hilde Kramer lehnte eine Ehe mit ihrem „Verlobten“ ab: „Heiraten werden wir aus Prinzip nicht. Wenn wir uns einmal nicht mehr verstehen sollten, wollen wir uns ohne Bitterkeit und ohne daß eine Behörde sich einmischt, trennen können...“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677, Briefe, Hilde Kramer an ihre ehemalige Lehrerin vom 16. Juli (1919). 1877 Higonnet, Margaret Randolph, Jenson, Jane, Michel, Sonja u.a. (Hrsg.): Behind the Lines. Gender and the Two World Wars, New Haven, London 1987, S. 7. 1878 Thebaud, Francoise: Der Erste Weltkrieg. Triumph der Geschlechtertrennung. In: dies. (Hrsg.): Geschichte der Frauen. Band 5. 20. Jahrhundert, Frankfurt / Main 1994, S. 33-91, hier S. 83. 1879 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, 2 077/2, Bl. 330. 1880 VPNR, I. Band, 5: Frau Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 113. 1881 Politische Briefe I. In: Die Arbeiterin, 13. Jg., Nr. 50 (12. Dezember 1918), S. 1. 1882 VPNR, I. Band: Frau Dr. Kempf auf der 5. Sitzung vom 18. Dezember 1918, S. 113. 1883 Clemens, Bärbel: Die bürgerliche Frauenbewegung im Deutschen Kaiserreich. „Vater Staat“ und die Forderung nach Gleichberechtigung der Geschlechter. In: Barbara Schaeffer-Hegel (Hrsg.): Vater Staat und seine Frauen. Erster Band. Beiträge zur politischen Theorie, Pfaffenwinkel 1990, S.11-20, hier S. 16. 1884 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 72. 1885 Zum Jahrestag der Revolution. In: Die Frau im Staat, 1. Jahr, Heft 10 (Oktober 1919), S. 1. 1886 Staatsarchiv München: Staatanwaltschaft München I, Nr. 2 077/2, Bl. 330. 1887 Frevert, Ute: Frauengeschichte, S. 198. 1888 Zettler, M.: Warum war am 1. August geflaggt? In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 8/9 (August, September 1919), S. 57 f. 1889 Lüders, Marie-Elisabeth: Fürchte Dich nicht, Köln, Opladen 1963, S. 341. 1890 Zettler, Marie: Briefe von der Nationalversammlung in Weimar. In: Bayerisches Frauenland, 1. Jg., Nr. 3 (März 1919), S. 18. 1891 Kiesselbach, Luise: Die Not der Zeit und die Frauen. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1, S. 2. 1892 Ebd. 1893 Ebd., S. 3. 1894 Zahn-Harnack, Agnes: Die Frauenbewegung, S. 285. 1895 Weibliche Mitglieder in Gemeindevertretungen. In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 7 (15. Februar 1920), S. 51. Nach dieser Übersicht waren 1920 56 Frauen in bayerischen Städten und Gemeinden vertreten. 1896 Siehe Anhang, 7.1 Tabellen, S. 334, Tabelle 21: Liste der weiblichen Mitglieder im Bayerischen Landtag von 1920 bis 1933. 1897 Erst 1986 wurde die als „schwarze Mathilde“ bekannte Mathilde Berghofer-Weichner (CSU) bayerische Justizministerin und war damit die erste Frau, die an die Spitze eines bayerischen Ministeriums rückte. URL: www.sueddeutsche.de/bayern/zum-Tode-von-mathilde-berghofer-weichner-die-eiserne-lady-1.259831 (17. 2. 2016, 17:45 Uhr). 1898 Godin, Marie Amelie von: Ellen Ammann, S. 129. 1899 „Wir stehen nun da, wohin die Generation vor uns gelangen wollte, aber wir haben den Gipfel nicht ganz durch eigene Kraft erstiegen, es ist, als wäre er uns durch das Naturereignis eines Bergrutsches unversehens unter die Füße gekommen. Ein wenig chaotisch sieht es um uns aus, wir haben noch mit vielem fertig zu werden.“ E.W.: 25 Jahre deutsche Frauenbewegung (Schluss). In: Bayerische Frauen-Zeitung, 1. Jg., Nr. 3 (15. Dezember 1919), S. 19. 1900 Volland, Eva Maria / Bauer Reinhard (Hrsg.): München Stadt der Frauen. Kampf für Frieden und Gleichberechtigung 1800 – 1945. Ein Lesebuch, München 1991, S. 141. 1901 „Berufstätige Frauen ...was haben die marxistischen und bürgerlichen Parteien von dem, was sie versprochen, gehalten? Habt Ihr absolute Gleichstellung in der Arbeit, gleiche Belohnung, gleiche Aufstiegsmöglichkeiten? Man hat euch mit diesen Versprechungen in Berufe gelockt, die euch als Frauen wesensfremd sind, denen ihr körperlich nicht gewachsen seid, um dann kühl zu erklären, für Spitzenstellungen wärt Ihr doch ungeeignet, die müßten eine Domäne der Männer bleiben...Was soll uns da die große Geste der parlamentarischen Vertretung durch die Frau und die sogenannte Gleichberechtigung!!!“ Unverricht, Elisabeth: Die Frau im Beruf – die Arbeiterin, die Angestellte, die Akademikerin wählt nationalsozialistisch! In: Frauenwarte 1932/33, 1. Jg., Heft 9, S. 194. Zit. n.: Vormschlag, Elisabeth: Inhalte, Leitbilder und Funktionen politischer Frauenzeitschriften, S. 208. 1902 Ebd.

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1903

Stadtarchiv München: Sammlung Zeitungsausschnitte, Nr. 335, Frauen allg., Völkischer Beobachter Nr. 217, 5. August 1931. 1904 BayHStA, Abteilung V: Sammlung Personen 4 200, Toni Pfülf. Zeitungsausschnitt aus „Der Stürmer,“ November 1925. 1905 Volland, Eva Maria / Bauer Reinhard (Hrsg.): München Stadt der Frauen, S. 139. 1906 Stadtarchiv München: Sammlung Zeitungsausschnitte, Nr. 335, Frauen allg., Völkischer Beobachter Nr. 217, 5. August 1931. 1907 Volland, Eva Maria, Bauer Reinhard (Hrsg.): München Stadt der Frauen, S. 140. 1908 Hümmert, Ludwig: Bayern. Vom Königreich zur Diktatur 1900-1933, Pfaffenhofen / Ilm 1979, S. 199. 1909 Heymann, Lida, Gustava / Augspurg, Anita: Erlebtes – Erschautes, S. 186 ff. 1910 Frauengruppe Faschismusforschung: Mutterkreuz und Arbeitsbuch. Zur Geschichte der Frauen in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus, Frankfurt / Main 1981, S. 10. 1911 BayHStA, Kriegsarchiv: MKr 12 819, Gemeindeverwaltung Grafenwiesen an bayerisches Kriegsministerium vom 28.1.15. 1912 Macht, Rudolf: Bewährung. Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung, S. 596 f. 1913 BayHStA: MA 97 562, Ansammlung auf dem Marienplatz in München 1 916, MA. An die päpstliche Nuntiatur u. d. übrigen Gesandtschaften, 27.6.16. Die Straßenkundgebung am Marienplatz vom 17. und 18. Juni 1916 wurde getragen von einer „meist aus Weibern und jungen Burschen bestehenden, pfeifenden und schreienden Menge.“ BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. I. A. K., 1 372, Offizier vom Ortsdienst Hauptmann Freiherr von Wulffner An die Kommandantur der Haupt- und Residenzstadt München, 18.6.1916, Betreff: Meldung über die Straßenkundgebung am Marienplatz in der Nacht vom 17./18.6.1916. 1914 BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. I. A.K., Bd. 164/II/3, Umschlag Nürnberg, Bl. 15, Stadtmagistrat an stellv. III. Generalkommando. 1915 Macht, Rudolf: Bewährung. Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung, S. 597. 1916 BayHStA, Kriegsarchiv: Stv. Gen.Kdo. I. A. K., 1 372, Der Polizeikommissar für den I./Iv. Polizeibezirk an d. K. Polizeidirektion München, 7. Februar 1917. 1917 BayHStA: ML 13 358, Telegramm Geßlers an MInn vom 12.3.1917 sowie Bericht Stadtmagistrat an MInn vom 14.3.1917. 1918 Staatsarchiv Amberg: Landgericht Weiden, Strafakten 129, Bd. 4, Anklageschrift des Staatsanwaltes bei dem Kgl. Landgericht Weiden v. 11. März 1918; Staatsarchiv Amberg: Bezirksamt Neustadt Nr. 4 151, Ergebnis der Voruntersuchung. und Urteilsverkündung der Strafkammer des K. Landgerichtes Weiden vom 22. Mai 1918. 1919 Staatsarchiv Amberg: Landgericht Weiden, Strafakten129, Bd. 4, Anklageschrift des Staatsanwaltes bei dem Kgl. Landgericht Weiden v. 11. März 1918, Ergebnis der Voruntersuchung. 1920 Von diesen Frauen waren 14 unter 21 Jahren, die jüngste Teilnehmerin des Aufstandes und auch Angeklagte war ein zwölfjähriges Mädchen. Neunundzwanzig Frauen waren zwischen 21 und 40 Jahren, sechs von ihnen über 40 Jahre alt. Siebenundzwanzig Frauen waren verheiratet, siebzehn ledig und fünf verwitwet. Staatsarchiv Amberg: Bezirksamt Neustadt Nr. 4 151, Auswertung der persönlichen Daten der Angeklagten, Verfahren bzw. Urteilsverkündung der Strafkammer des K. Landgerichtes Weiden vom 22. Mai 1918. 1921 Staatsarchiv Amberg: Bezirksamt Neustadt Nr. 4 151, Urteilsverkündung der Strafkammer des K. Landgerichtes Weiden vom 22. Mai 1918. 1922 Hecht, Karl: Revolution und Räterepublik in der Nördlichen Oberpfalz, Regensburg 1980, S. 36. 1923 Macht, Rudolf: Bewährung. Geschichte der Hofer Arbeiterbewegung, S. 598. 1924 Staatsarchiv Landshut: BezA/LRA Straubing Nr. 1 405, K. Staatsministerium des Innern an die K. Regierung von Oberbayern, Betreff: Ausschreitungen in Ingolstadt vom 28. Juni 1918, zur Kenntnisnahme an die übrigen Regierungen. gez. Von Brettreich. Ein ausführlicher Bericht über die Unruhen in Ingolstadt finden sich auch in der Note des Innenministers an die Regierung von Oberbayern v. 28.6.1918. BayHStA: MInn 66 284. 1925 Ebd. 1926 Staatsarchiv Bamberg: Bezirksamt Eschenbach 1914-1918, Nr. 4 278 K, Staatsministerium des Innern an die Präsidien der K. Regierungen vom 3. August 1918, Betreff: Bekämpfung von Unruhen. 1927 Ebd. 1928 BayHStA: MInn 66 284, Stadtkommissär Erlangen an MInn. 25.5.18. 1929 BayHStA: ML 1 330. 1930 Staatsarchiv Amberg: Regierung KdI Abg. 1949 ff, Nr. 13 752, Wochenbericht vom Juli 1918. 1931 Hecht, Karl: Revolution und Räterepublik in der Nördlichen Oberpfalz, S. 36. 1932 Schmolze, Gerhard (Hrsg.): Revolution und Räterepublik in München 1918/19 in Augenzeugenberichten, S. 66. 1933 BayHStA: MInn 66 284, Pol. Dir. Mch. an das Ministerium des Innern vom 15.8.18. 1934 Ebd.

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1935

Frau Viktoria Gärtner, Ehefrau von Herrn Alfred Gärtner, Hilfsarbeiter der Ortskrankenkasse, St. Martinsstr 10/2, ebenfalls Mitglied des bayerischen Arbeiter- und Bauernrates. Staatsarchiv Landshut: BezA/LRA Deggendorf, Nr. 2 355, Ausschnitt aus dem bayerischen Kurier Nr. 333 vom 30. November 1918. 1936 BayHStA: ASR, Mappe 31, 11, Bl. 640, Liste des Arbeiter-Rates der Stadt München. Eine Namensliste von Anfang Januar 1919 wies dann 63 Mitglieder auf, unter ihnen befanden sich immer noch diese drei genannten Frauen. Vgl.: Bishoff, William, Ludwig: Artists, Intellectuals and Revolution. Munich 1918-19, Cambridge / Mass. (USA) 1970, S. 275. 1937 Staatsarchiv Landshut: BezA/LRA Deggendorf, Nr. 2 355, Ausschnitt aus dem bayerischen Kurier Nr. 333 vom 30. November 1918. In diesem Artikel wurde darauf hingewiesen, dass diese dort aufgeführte Namensliste nicht der „Liebenswürdigkeit der gegenwärtigen Regierung“ zu verdanken ist, betont jedoch, nicht auf „illegale Weise“ in deren Besitz gekommen zu sein. 1938 In dieser Gruppierung hatten die drei Frauen am 9.12.1918 als Delegierte des Münchener Arbeiterrates an der zweitägigen Tagung der Delegierten der Arbeiterräte ganz Bayerns teilgenommen. VPNR, Beilagenband, Beilage 3, S. 145 ff.; Münchener Post, Nr. 287 v. 9.12.1918, S. 2; Münchener Zeitung, Nr. 338 v. 9.12.1918, S. 2. 1939 BayHStA: ASR, Mappe 31, 2, Bl. 91. 1940 BayHStA: ASR, Mappe 31, 2, Bl. 113. 1941 Münchener Post, Nr. 287 v. 9.12.1918, S. 2. 1942 Neue Zeitung, Nr. 6 v. 28.12.1918, S. 2. 1943 BayHStA: ASR, Mappe 30, 7, Bl. 340 f., 5. Sitzung des Münchener Arbeiterrates. 1944 Kuhlbrodt, Peter: Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution, Anhang 8.2., Nr. 18, Frauen als Mitglieder von Arbeiter- und Soldatenräten, S. 423. 1945 Staatsarchiv Nürnberg: Regierung K.d.I., Abgabe 1 968, Tit. I b, Nr. 1 379, Der Vorstand des Stadtmagistrats Nürnberg An die Regierung von Mittelfranken, Kammer des Inners, Betreff: Mitgliederverzeichnis des ArbeiterRates Nürnberg vom 27. Januar 1919. 1946 Staatsarchiv Nürnberg: Regierung K.d.I., Abgabe 1 968, Tit. I b, Nr. 1 371, Der Vorstand des Stadtrates zu Nürnberg An die Regierung von Mittelfranken, Kammer des Innern, Betreff: Die Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte Nürnberg vom 9. September 1919. 1947 URL: http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Nachricht-von-der-kleinen-Freundin-id15523121.html (19.4.2014; 8:35 Uhr). 1948 BayHStA: ASR, Mappe 7, 5, Bl. 426, Gewerkschafts-Verein Pasing an den Central-Arbeiterrat München v. 20. November 1918. 1949 BayHStA: ASR, Mappe 7, 6, Bl. 450, Arbeiterrat an den Zentralrat der revolutionären A.R.B.S. vom 27. Februar 1919. 1950 BayHStA: ASR, Mappe 37, 2, Bl. 111, Schreiben des Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat der Stadtgemeinde Kaufbeuren vom 23. Dezember 1918. 1951 Lattmann, Dieter: Wilhelm Deffner. In: Vorbilder für Deutsche. Korrektur einer Heldengalerie, München, Zürich 1974, S. 96-106, hier S. 101. 1952 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, Anmerkung 184 für Kapitel II, S. 599. 1953 Staatsarchiv Würzburg: Landratsamt Gerolzhofen, Nr. 227, Verzeichnis der gemeindlichen Bauernräte. 1954 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, Anmerkung 242 zu Kapitel III, S. 604. 1955 Staatsarchiv Amberg: Bezirksamt Neunburg v. Wald, Nr. 6 272, Oberpfälzischer christlicher Bauernverein e.V. Regensburg an das Bezirksamt Neunburg v.W. vom 17. Dezember 1918, Betreff: Bezirksbauernratswahl. 1956 BayHStA: ASR, Mappe 7, 3. 1957 Ebd. 1958 BayHStA: ASR, Mappe 7, 3, Schreiben an den Bürgermeister von Alling am 19. Februar 19. 1959 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, Anmerkung 173 zu Kapitel II, S. 576. 1960 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte. Die erste bayerische Räterepublik vom 7. April 1919. Anmerkung 122 zu Kapitel III, S. 595. 1961 Seligmann, Michael: Aufstand der Räte, S. 269 und Anmerkung 230 zu Kapitel III, S. 603. 1962 Staatsarchiv Würzburg: Landratsamt Gerolzhofen, Nr. 227, Stadtmagistrat Volkach an das Bezirksamt Gerolzhofen vom 26. April 1919, Betreff: Arbeiter- und Bauernräte. 1963 Köttnitz-Porsch, Bettina: Novemberrevolution und Räteherrschaft 1918/19 in Würzburg, S. 108 f. 1964 BayHStA, ASR, Mappe 13, 5: Schreiben an den Arbeiterrat Würzburg vom 23. März 19. 1965 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, 86. 1966 BayHStA: ASR, Mappe 26, Bl. 9, Eisner auf einer Sitzung des Revolutionären Arbeiterrates vom 5.12.1918. 1967 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 89. 1968 Sheppard, Richard: Die Protokolle von zwei Sitzungen des Revolutionären Zentralrates in München am 12. und 16. April 1919, Anhang I, Verzeichnis der revolutionären Arbeiterräte, S. 271. 1969 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 075.

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1970

Sheppard, Richard: Die Protokolle von zwei Sitzungen des Revolutionären Zentralrates in München am 12. und 16. April 1919, Ebd. S. 273. Sheppard nimmt diese zeitliche Eingrenzung vor, da Cristian Wittmann, Gustav Weisbrod und Georg Fischer, die am 18.Dezember 1918 den RAR verließen noch als Mitglieder aufgeführt sind. 1971 Ebd., S. 273. 1972 VPNR, Beilagenband, Beil. 1, S. 1-11. 1973 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 123. 1974 Ebd., S. 122. 1975 VPNR, Beilagenband, Beilage 3, S. 186. Redebeitrag von Toni Pfülf am 10.12.1918. 1976 Münchener Post, Nr. 287 v. 9.12.1918, S. 2; Münchener Zeitung, Nr. 338 v. 9.12.1918, S. 2. 1977 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 117. 1978 Ebd., S. 125 ff. 1979 VPNR, Verzeichnis der Mitglieder des provisorischen Nationalrates, Stand vom 21. Dezember 1918, Liste im Vorwort, S. XIII-XVI. 1980 Sheppard, Richard: Die Protokolle von zwei Sitzungen des Revolutionären Zentralrats in München am 12. und 16. April 1919, S. 269. 1981 Köglmeier, Georg: Die zentralen Rätegremien in Bayern 1918/19, S. 381. 1982 Sommer, Karin: Die Gestapo schrieb: "Gesinnung (marxistische) nicht geändert." Rosa Aschenbrenner (27.4.1885 - 9.2.1967). Frauen und Politik in der Weimarer Zeit (Porträt-Serie). In: Maximilianeum, Beilage der Bayerischen Staatszeitung, Nr. 1, Jg. 14, Februar 2002. 1983 Schätzl, Elisabeth: „Eine Frau steht ihren Mann“. Das bewegte Leben der Rosa Aschenbrenner. In: Frauenleben in München. Lesebuch zur Geschichte des Münchner Alltags. Hrsg. von der Landeshauptstadt München, München 1996, S. 61-64, hier S. 62. 1984 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 250. 1985 Seit Juni 1908 leitete Therese Studer, eine mit Arbeiterinnenfragen vertraute Fabrikarbeiterin aus Kaufbeuern, das Verbandssekretariat in München. Geboren am 22. September 1862 in Senden a. d. Iller, lernte Therese Studer das Leben einer erwerbstätigen Frau in verschiedenen Berufen kennen: als Fabrikarbeiterin, als Magd, sowie als Haushaltshilfe. Nachdem sie in Kaufbeuren eine Zahlstelle des Christlichen Textilverbandes sowie einen Arbeiterinnenverband gegründet hatte, trat sie 1908 als erste hauptamtliche Arbeiterinnensekretärin in die Verbandsleitung der Arbeiterinnenvereine in München ein und entfaltete hier eine energische Agitationstätigkeit. Aus gesundheitlichen Gründen gab sie das Amt 1916 ab. Krenn, Dorit-Maria: Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933, S. 375. 1986 Ebd., S. 376. 1987 Ebd. 1988 Ebd., S. 220. 1989 Ebd., S. 244. 1990 Staatsarchiv Landshut: Regierung v. Niederbayern, Nr. 20 294, Bayerische Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger Nr. 303 vom 31. Dezember 1918, Wahlen zum neuen bayerischen Landtag. 1991 Krenn, Dorit-Maria: Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933, S. 402. 1992 Haan, Heiner: Ergebnisse der Landtagswahlen 1869-1970. In: Max Spindler (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Geschichte, Band 4/2, München 1974/75, S. 1295-1301, hier S. 1298. 1993 Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Ordentliche und außerordentliche Tagung 1919. Stenographische Berichte Nr. 1 bis 27, Band I, Nr. 3, S. 24 ff. 1994 Sie hatte bei den folgenden Wahlen für die Stimmkreise Augsburg II und III kandidiert. 1995 Krenn, Dorit-Maria: Die christliche Arbeiterbewegung in Bayern vom Ersten Weltkrieg bis 1933, S. 220. 1996 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 258. 1997 Wickert, Christl: Unsere Erwählten, S. 160. 1998 Weiland, Daniela: Geschichte der Frauenemanzipation. Biographien – Programme – Organisationen, Düsseldorf 1983, S. 121. 1999 Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 92. 2000 Ebd., S. 93. 2001 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 260. 2002 Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 88. Seit 1900 führten die Vertrauenspersonen reichsweite Treffen, die sogenannten Frauenkonferenzen durch, die jeweils ein paar Tage vor dem offiziellen Parteitag der Sozialdemokratie stattfanden. 2003 Lange, Annemarie: Das Wilhelminische Berlin, Berlin 1988, S. 416. 2004 Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 107 ff. 2005 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 260. 2006 Weid, Beate: Stationen der proletarischen Frauenbewegung in Nürnberg, S. 95. 2007 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 252.

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2008

Lempp, Johannes: Luise Kiesselbach (1863-1929). Eine der ersten Frauen in der bayerischen Armenpflege: Sozialarbeiterin, Frauenrechtlerin und Sozialpolitikerin. URL: http://www.sozialeskapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/170/254.pdf (8.2.2014; 9:43 Uhr), S. 1. 2009 Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz,“ Anmerkung 38, S. 187. 2010 Ebd. 2011 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 252. 2012 Schmittner, Monika: Frauenemanzipation in der „Provinz“, Anmerkung 38, S. 187. 2013 „Frauenstreben,“ Nr. 21 vom 8.11.1913, S. 123. 2014 Lempp, Johannes: Luise Kiesselbach (1863-1929), S. 4. 2015 Krafft, Sybille: „An der Heimatfront,“ S. 125. 2016 Ebd. Sie vermittelten billige Mittagstische und Wohnungen, übernahmen Kriegspatenschaften für Schwangere und Säuglinge, verschickten erholungsbedürftige Kinder aufs Land, beschafften Arbeit und Geld für notleidende Familien und betreuten deutsche Flüchtlinge. 2017 Kiesselbach, Luise: Wir Frauen und die Not des Tages. In: Frauenstreben, 15. Jg., Nr. 15 (28. Dezember 1918), S. 72. 2018 VPNR, I. Band: Verzeichnis der Mitglieder des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern nach dem Stande vom 21. Dezember 1918, Seite XIII. 2019 Staatsarchiv Landshut: Regierung v. Niederbayern, Nr. 20 294, Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger Nr. 303 vom 31. Dezember 1918, Wahlen zum neuen bayerischen Landtag. 2020 1922 betrieb sie die Gründung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in München, 1924 wurde der Bayerische Landesverband des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes gegründet. Bis Ende 1928 umfasste der Paritätische Wohlfahrtsverband Bayern 156 Wohlfahrtsorganisationen mit Einrichtungen im Bereich der Gesundheits-, Erziehungs- und Wirtschaftsfürsorge. Am 27. Januar 1929 starb sie im Alter von 65 Jahren. Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 254. 2021 URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D9344.php (15.4.2014; 14:07 Uhr). URL: http://www.stadt-zuerich.ch/pd/de/index/das departement/medien/medienmitteilung/2009/sepptember/090923c.html (15.4.2014; 15:13 Uhr). URL: http://findmittel.ch.archive/archNeu/Ar127.html#2 (15.4.2014; 16:20 Uhr). 2022 Die „Eintracht“ war ein Lokal in Zürich, das als Treffpunkt für russische und nichtrussische Sozialisten diente. Frei, Annette: Die Welt ist mein Haus, S. 80 f. 2023 Ebd, S. 109. 2024 Ebd. 2025 Ebd. 2026 Ebd. S. 113. 2027 „Das war ein Schimpfen über die leitenden Köpfe der Revolution, einer übertrumpfte den anderen. Ich hörte die Rotgardisten an der Basis und fragte mich, ob die Männer aus Überzeugung zur Roten Armee kamen oder wegen der täglichen Erbsensuppe und den sieben Mark Sold. Ich hatte oft den Eindruck, dass letzteres der Fall war. Es waren ja Männer, die im Schützengraben gelegen hatten und nun, wieder daheim, keine Arbeit fanden. In ihren Familien herrschte Not. Es waren keine überzeugten Sozialisten, wie ich mir vorgestellt hatte.“ Ebd. 2028 Ebd., S. 115. 2029 Ebd., S. 121. 2030 Sternsdorf-Hauck, Christiane: Brotmarken und rote Fahnen, S. 36. 2031 Schröder, Wilhelm Heinz: Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933. Biographien, Chronik, Wahldokumentation. Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 7, Düsseldorf 1995, S. 607. 2032 Ebd. 2033 Ebd., S. 54. 2034 Münchener Post Nr. 26, 31. Januar 1907. Zit. n.: Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Mit ‚Bier und Bratwürsten’, S. 54. 2035 Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Mit ‚Bier und Bratwürsten’, S. 58. 2036 URL: http://193.175.238.65/Parlamentarierportal/biosop_db/biosop_db.php (19.2.2014; 10:20 Uhr). 2037 Schröder, Wilhelm Heinz: Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, S. 607; Panzer, Marita A. / Plössl, Elisabeth: Bavarias Töchter, S. 262. 2038 Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919, S. 614. 2039 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Protokoll der Haftvorführung vom 8. Mai 1919. 2040 Ebd.

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2041

„Die Umwandlung am 8. November, ließ mich hoffen, dass die von mir ersehnten Richtlinien ihre Verwirklichung finden, besonders in Bezug auf den ärztlichen Beistand für Minderbemittelte wie für Reiche im gleichen Masse.“ Ebd. 2042 Ein Nachbar von Frau Menzi, Herr Richard Laemp, berichtete über sie: „Bis 1918 habe ich an ihr irgend politische Interessen oder eine politische Betätigung bis zum 8. November nicht wahrgenommen. Von diesem Tage ab war sie wie umgewandelt. Soviel ich mich erinnere war sie damals eine Schwärmerin für die Politik Eisners.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Vernehmungsprotokoll von Herrn Richard Laemp, Magistratsassistenz, Maximilianstrasse 22/0 vom 8. Mai 1919. 2043 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Protokoll der Haftvorführung von Hildegard Menzi vom 8. Mai 1919. 2044 Ebd. 2045 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Vernehmungsprotokoll von Richard Laemp vom 8. Mai 1919. 2046 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Strafverfahren gegen Menzi Hildegard, Aerztin wegen Beihilfe z. Verbrechen des Hochverrates, Vollzugsrat der Arbeitsräte Bayerns Einladung vom 30. März 1919. 2047 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 151. Zit. nach Sheppard, Richard: Die Protokolle von zwei Sitzungen des Revolutionären Zentralrates in München am 12. und 16. April 1919, S. 250. 2048 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Protokoll der Haftvorführung von Hildegard Menzi vom 8. Mai 1919. 2049 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaften München I, Nr. 2 127, Ausweis von der K.P.D. Haidhausen, ausgestellt für Menzi Hildegard. 2050 Ebd. 2051 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Protokoll: Beschuldigten-Vernehmung in der Strafsache gegen Mensi, aufgenommen zu München am 20. Mai 19 im Gef. Stadelheim. 2052 Ihr Nachbar, Herr Laemp, gab zu Protokoll, „dass sie einen sehr grossen Einfluss ausübte, bei der Bestimmung der Geiseln, denn sie stand, vielfach erwiesen, in enger, persönlicher Beziehung zu Egelhofer und den anderen Führern. Es ist mir noch ganz gut in Erinnerung, wie Frau Menzi mir erzählte, ‚Die rote Armee wird sich niemals ergeben, und wenn sie unterliegen sollte, dann werden sämtliche in Gefangenschaft befindliche Geiseln in die Luft gesprengt.’ [...] Ich bin der vollsten Überzeugung, dass Frau Menzi eine hochgebildete Frau ist, jedoch durch das Misslingen der Tendenzen der Kommunistischen Partei in einen Rachezustand versetzt wurde, in welchem sie jeder Grausamkeit anders Denkender gegenüber zustimmen und schließlich auch mitwirken würde.“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Vernehmungsprotokoll von Herrn Richard Laemp, Magistratsassistenz, Maximilianstrasse 22/0 vom 8. Mai 1919. Auch Frau Maria Laemp, die Ehefrau von Richard Laemp, hatte in ihrer Aussage Frau Dr. Menzi schwer belastet: „Während der Zeit der Regierung der kommunistischen Partei habe Frau Menzi öfters über Geiseln gesprochen und zwar schon zu einer Zeit, in der eigentlich in der Oeffentlichkeit von Geiseln noch nicht die Rede war. Frau Menzi hat sich dabei ausgedrückt: ‚Geiseln müssen geholt werden, damit wir etwas in den Händen haben.’“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung vom 14. Mai 1919, Vernehmung von Frau Maria Lemp, Ehefrau des bereits genannten Zeugen. Auch eine weitere Nachbarin, Frau Maria Steck, hatte die Radikalität von Frau Dr. Menzi beteuert: „Sie sehe Frau Menzi als die schlimmste Spartakistin an. Sie hätte einmal zu Frau Menzi gesagt: ‚Was tut denn ihre Gesellschaft eigentlich, es wird ja alles abgesperrt so muss man ja verhungern.’ Menzi habe hierauf geantwortet: ‚Was liegt daran, wenn einige 100 verhungern, auf jeden Spartakisten 1000 Bürgerliche. Über die Bürger habe sie überhaupt in unverschämter Weise geschimpft.’“ Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung vom 14. Mai 1919, Vernehmung von Frau Maria Steck. 2053 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Protokoll der Haftvorführung von Hildegard Menzi vom 8. Mai 1919. 2054 Dr. Hildegard Menzi hatte Rudolf Egelhofer schon längere Zeit einen Teil ihrer Wohnung in der Maximiliansstraße zur Verfügung gestellt, hier hatte Egelhofer Unterschlupf vor den Regierungstruppen gesucht. Doch sein Versteck wurde von den Nachbarn verraten. Daraufhin erfolgte seine Festnahme durch Regierungssoldaten. In diesem Versteck wurden dann auch Akten, Befehle zur Verbrennung von Akten sowie Haftbefehle und das Notizbuch von Egelhofer gefunden, ebenso Militärkleidung von Egelhofer. 2055 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Stadtkommandantur, Fahndungsabteilung, München, den 14. Mai 1919, Betreff: Menzi Hildegard, z. Zt. in Haft in der Residenz wegen Landesverrat und Begünstigung zum Hochverrat. 2056 Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, An die Staatsanwaltschaft beim standrechtlichen Gericht München, Betreff: Dr. Menzi wegen Hochverrat vom 17. Juli 1919, Rechtsanwalt (Name unleserlich).

419

2057

Staatsarchiv München: Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127, Standrechtliches Gericht München, Sitzung vom 21.7.1919, Urteil gegen Menzi Hildegard. 2058 Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin – aufgezeigt an der Arbeit des bayerischen Lehrerinnenvereins (1898-1933), S. 55 f. 2059 Am 10. September 1898 war auf Anregung des Münchener Lehrerinnenvereins (MLiV) die Gründung des Bayerischen Lehrerinnenvereins (BLiV) erfolgt, im Saal des Katholischen Kasinos in München hielt Helene Sumper, erste Vorsitzende des MLiV, die Begrüßungsrede, in der sie die Notwendigkeit des geplanten Verein hervorgehoben hatte. Helene Sumper wurde erste Vorsitzende dieses neu gegründeten Vereins, der sich folgende Ziele gesetzt hatte: die berufliche Emanzipation der Lehrerinnen, die Verbesserung der Anstellungsverhältnisse, eine Angleichung der Lehrerinnen- und Lehrergehälter, Forderungen nach beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten, Verbesserung der rechtlichen Stellung der Lehrerin innerhalb des Lehrer- und Beamtenstandes, soziales und pädagogisches Engagement. Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin – aufgezeigt an der Arbeit des bayerischen Lehrerinnenvereins (1898-1933), S. 52 und S. 84 ff. 2060 Die weibliche Fortbildungsschule in München verdankte ihr Bestehen weitgehend der Initiative der Lehrerinnen und hatte Modellcharakter für ganz Deutschland. Kerschensteiner, Georg: Eine Grundfrage der Mädchenerziehung, S. 11. 2061 Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin – aufgezeigt an der Arbeit des bayerischen Lehrerinnenvereins (1898-1933), S. 204 f. Gerade der Einsatz von Helene Sumper für die weibliche Fortbildungsschule war bahnbrechend in diesem Bereich der deutschen Mädchenbildung, so dass ihr Engagement auch außerhalb Bayerns gewürdigt wurde. Lange, Helene: Helene Sumper. In: dies.: Kampfzeiten, S. 369 ff. Hier äußerte sich Helene Lange über den Wirkungskreis von Helene Sumper: „Ihre Persönlichkeit hatte Bedeutung weit über die weißblauen Grenzpfähle hinaus.“ 2062 Helene Sumper, 2. Bericht über die Hauptversammlung des BLiV 1902. Zit. n.: Beilner, Helmut: Die Emanzipation der bayerischen Lehrerin, Lehrerin – aufgezeigt an der Arbeit des bayerischen Lehrerinnenvereins (1898-1933), S. 212. 2063 Ebd., S. 194. 2064 Hertel, Betty: Zur neuen Zeit. In: BLiZ, 9. Jg., Nr. 23 (1.12.1918), S. 93 ff.

420

7.4 Abkürzungen ASR BayHStA BDF BLiV BLiZ BVP DDP / DVP DFG HBF KP(D) NFDF USP(D) VPNR

Arbeiter- und Soldatenrat Bayerisches Hauptstaatsarchiv Bund deutscher Frauenvereine Bayerischer Lehrerinnenverein Bayerische Lehrerinnenzeitung Bayerische Volkspartei Deutsche Demokratische Partei / Deutsche Volkspartei Deutsche Friedensgesellschaft Hauptverband bayerischer Frauenvereine Kommunistische Partei (Deutschlands) Nationaler Frauenausschuss für dauernden Frieden Unabhängige sozialistische Partei (Deutschlands) Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern im Jahre 1918/19.

421

7.5

Quellen- und Literaturverzeichnis

7.5.1 Unveröffentlichte Primärquellen Bayerisches Hauptstaatsarchiv München (BayHStA) Abteilung II, Neuere Geschichte, Ministerien Akten des Staatsministeriums des Innern (MInn), des Staatsministerium des Innern für Kirchen und Schulangelegenheiten (MK) und des Staatsministerums für Land- und Forstwirtschaft (ML): MInn MInn MInn MInn MInn

54 190 54 193 66 132 66 280, 66 281 66 283, 66 284

MInn MInn MInn

66 285 66 293 66 327 - 66 332

MK MK MK ML

12 289, 12 290 19 301 a 19 288-19 290 1 328 - 1 331

Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat: Allgemeines 1919-1921 Landesarbeiterrat Friedensbewegung 1915 - 1918 Unruhen, politische Umtriebe 1918/19 Krieg 1914/1918. Demonstrations- Streiks, politische Umtriebe usw. 2 Bde. Jan.-Okt. 1918 Demonstrationen-Streiks – Presseäußerungen Aufruhr und Landfriedensbruch, Äußerungen der Presse Stimmung in der Armee und in der Heimat, 6 Bände, 19161919 Volksstimmung, Politische Lage, 1917-1918 Kultusministerium, Friedensbewegung 1915-1918 Volksstimmung, Volksaufklärung; Politische Lage 1917-1918 Lebensmittelversorgung im allgemeinen 1916-1918

Akten des Staatsministeriums des Äußeren (MA): MA MA MA MA MA MA

97 562 92 745 99 511 99 512 99 902 99 910

MA MA MA MA MA MA

99 922 99 924 101 112 102 017 102 017 a 102 135/136

Ansammlung auf dem Marienplatz in München 1916 Die Arbeiterbewegung 1918 Ministerratsprotokolle 1912-1918 Ministerratsprotokolle 1919 Maßnahmen zur Wiederherstellung geordneter Verhältnisse Überwachung der Spartakusbewegung, Spionage, Festnahme verdächtiger Personen 1919 Begnadigungsgesuche 1919 Verhaftung des Volksbeauftragten Ernst Niekisch Opfer der Revolution Räteregierung 1919 Räteregierung 1919 Berichte der Regierungspräsidenten Obb.

Akten betreff Arbeiter- und Soldatenräte (ASR): Mappe 1 Mappe 2 Mappe 3 Mappe 4 Mappe 5 Mappe 7 Mappe 8 Mappe 13 Mappe 17 Mappe 22 Mappe 23

Räterepublik Bayern: Allgemeines 1918-1919 Zentralrat und Vollzugsausschuß: Ämterorganisation 1918-1919 Zentralrat und Vollzugsrat: Sitzungsberichte, Satzungen 1918-1919 Aktionsausschuß: Sitzungsberichte 1918-1919 Tagung der Arbeiter- und Soldatenräte am 13.2.19 Wahl der Arbeiter- und Bauernräte in den Bezirksämtern Oberbayern (Aibling-München) Wahl der Arbeiter- und Bauernräte in den Bezirksämtern Oberbayern (Landsberg-Wolfratshausen) Wahl der Arbeiter- und Bauernräte in den Bezirksämtern Unterfranken Schulkommission, Lehrerrat Gesandtschaften, Schutzbriefe Pressebüro der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte; Kommission für

422

Politisches, Propagandakommission Sozialistische Arbeitsgemeinschaft, Sitzungsberichte Schriftleitung der „Neuen Zeitung“ München Schriftwechsel mit den Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten Oberbayern Schriftwechsel mit den Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten Oberbayern Schriftwechsel mit den Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten Oberbayern Schriftwechsel mit den Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten Niederbayern Schriftwechsel mit den Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten Franken Schriftwechsel mit den Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten Schwaben

Mappe 25 Mappe 26 Mappe 30 Mappe 31 Mappe 32 Mappe 33 Mappe 36 Mappe 37

Kriegsarchiv (Abteilung IV) Akten des ehemaligen Königlichen Bayerischen Kriegsministerium (MKr): MKr MKr

11 528, 11 529 12 842 – 12 850

MKr

13 346

MKr

13 366

MKr

13 367 – 13 374

MKr MKr

13 882, 13 884 14 201

Sozialdemokratische Vereine (v.a. USPD) 1914-1918 Monatsberichte über Volksstimmung und Volksernährung, 9 Bände, 1916-1918 Beschwerden, Klagen und Vorstellungen anläßlich des Krieges, 6 Bände, 1914-1917 Friedensvereinigungen im Krieg 1914/15 – Konferenz 11.9.1915 - 31.1.1916 Friedensvereinigungen, Friedensbewegung, 8 Bände 19151918 Presse während des Krieges Frauenarbeit im Krieg

Kriegsarchiv (Abteilung IV) Die Akten des stellvertretenden Generalkommandos des I. bayerischen Armeekorps: Stv. Gen.Kdo. I. A. K. Stv. Gen.Kdo. I. A. K. Stv. Gen.Kdo. I. A. K. Stv. Gen.Kdo. I. A. K.

Bd. 1 372 Bd. 1 482

Unruhen, Personenaufläufe, Lebensmittel-Krawalle 1916-1919 Beschlagnahme von Post wegen Spionage

Bd. 1 506

Briefkontrolle München 1915

Bd. 1 932-1 935

Stellvertretendes Generalkommando, Friedensbewegung 1915 -1918

Kriegsarchiv (Abteilung IV) Die Akten der Wirtschaftsstellen des stellvertretenden Generalkommandos des III. bayerischen Armeekorps Nürnberg: Stv. Gen.K. III. A. K. Stv. Gen.K. III. A. K. Stv. Gen.K. III. A. K. Stv. Gen.K. III. A. K. St. Gen.K. III. A. K. St. Gen.K.

Bd. 30

Wohlfahrt, Soziales

Bd. 31

Arbeitsnachweise

Bd. 98

Aussstand

Bd. 121

Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände

Bd. 130

Schriftwechsel der Stadt Nürnberg

Bd. 131, I

Unruhen

423

III. A. K. St. Gen.K. III. A. K St. GenK. III. A. K.

Bd. 131, II

Unruhen, Revolution, politische Lage 1918-1919

Bd. 164, II

Bewaffn. Macht

Nachlässe und Sammlungen (Abteilung V): Flugblattsammlung

494 495

Politische Plakate bis 1945

7 931 7 948 8 599 9 412

Sammlungen

Personen, 4 200

Bund sozialistischer Frauen Friedensappell des Bundes sozialistischer Frauen Wahlversammlung der USPD am 14.1.1919 (Anita Augspurg) Öffentliche Frauenversammlung, 3.6.1919 (Anita Augspurg) Versammlung 19.1.1919 (Ellen Ammann) Einladung zu einer öffentlichen Versammlung am 11.1.1919 (Anita Augspurg) Toni Pfülf

Staatsarchiv Amberg Bezirksamt Eschenbach, Nr. 4 278 Bezirksamt Neustadt, Nr. 4 151 Bezirksamt Neunburg v. W., Nr. 2 796 Regierung der Oberpfalz, Nr. 13 752 Landgericht Weiden, Strafakten 129

Einfluß des Weltkrieges 1914/18 auf die Stimmung der Bevölkerung; innere Unruhen 19141918 Unruhen in Weiden 1917-1919 Militärische Angelegenheiten, Friedensbewegung, Bekämpfung von Unruhen Akten des Königlichen Regierungspräsidiums der Oberpfalz und von Regensburg. Wochenberichte 1918 bis einschl. 1920 Kathi Sommer, Schreinersfrau in Weiden und 103 andere wegen Aufruhrs

Staatsarchiv Augsburg Bezirksamt Lindau, Nr. 3 969 Volksgericht Kempten, Nr. 103/1919

Bekämpfung von Unruhen, Volksaufklärung mit Plakaten u.a., 1917-1920 Verfahren gegen Nocker Andreas und Genossen wegen Landfriedensbruch

Staatsarchiv Bamberg Bezirksamt Teuschnitz, K 21, Nr. 3 324 Bezirksamt Eschenbach 1914-1918, Nr. 4 278 K Reg. v. Obfr., Kammer des Inneren, K 3 F VI b, Nr. 5 521 Reg. v. Obfr., Präsid. Regist. K 3, Nr. 1 836 Staatsanwaltschaft Hof, K 107/XII, Nr. 113 Staatsanwaltschaft Bayreuth, K 106 Abgabe 1996, Nr. 2 049 Oberlandesgericht Bamberg, K 100/5, Nr. 392

Volksstimmung, Bekämpfung von Unruhen Bekämpfung von Unruhen Beschäftigung verheirateter Frauen in Fabriken Wochenberichte der sämtlichen Distriktverwaltungen II. Vierteljahr 1918 Urteil der Strafkammer des Landgerichtshof in dem Strafverfahren gegen die Handarbeiterehefrau Christiana Unglaub wegen Landfriedensbruch am 8. Juli 1919 Strafverfahren gegen Anna Heinrich wegen Landfriedensbruch Bekämpfung von Unruhen, Umsturzbewegung in Bayern

424

Staatsarchiv Landshut BeZA/LRA Dingolfing Repl. 164/1, Nr. 1 845 BezA/LRA Deggendorf Repl. 164/2, Nr. 2 355 BeZA/LRA Kehlheim Repl. 164/7, Nr. 3 676 BeZA/LRA Straubing Rep. 164/17, Nr. 1 405 BeZA/LRA Vilsbiburg Rep. 164/19, Nr. 3 655 Regierung von Niederbayern Rep. 168/1, Nr. 20 294, Nr. 26 427

Arbeiter- und Bauernräte Arbeiter- und Bauernräte Gründung der Arbeiter- und Bauernräte Bekämpfung von Unruhen Vorkehrungen gegen Unruhen Arbeiter-, Bürger-, Bauern- und Soldatenräte

Staatsarchiv München Staatsanwaltschaft München I, Nr. 1 947 Staatsanwaltschaft München I, Nr. 1 961 Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 077 Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 127 Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 131 Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 242 Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 327 Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 428 Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 638 Staatsanwaltschaft München I, Nr. 2 677

Strafverfahren gegen Bauer Ernst und Ida Ernst wegen Beihilfe zum Hochverrat Strafverfahren gegen Brechter Anna, Näherin von München wegen Beihilfe zum Hochverrat Strafverfahren gegen Klingelhöfer Gustav und Elma wegen Hochverrat und Beihilfe zum Hochverrat Strafverfahren gegen Menzi Hildegard wegen Beihilfe zum Hochverrat Strafverfahren gegen Mühsam Erich wegen Hochverrat Strafverfahren gegen Toller Ernst wegen Hochverrat Strafverfahren gegen Baumeister Mathilde wegen Beihilfe zum Hochverrat Strafverfahren gegen Thekla Egl wegen Beihilfe zum Hochverrat Strafverfahren gegen Fischer Therese und zwei Genossen von München wegen Beihilfe z. Verbrechen des Hochverrats Strafverfahren gegen Hilde Kramer wegen Hochverrat

Staatsarchiv Nürnberg Regierung von Mittelfranken, K.d.I., Abgabe 1968, Tit. I b, Nr. 1 371 Regierung von Mittelfranken, K.d.I., Abgabe 1968, Tit. I b, Nr. 1 379 Regierung von Mittelfranken, K.d.I., Abgabe 1968, Tit. I b, Nr. 1 381 Rep. 270/2 II, Landgericht Eichstätt, Nr. 773 Rep. 279/1 II, Landgericht Ansbach, Nr. 3 196

Arbeiter- und Soldatenräte Sammlung Arbeiter- und Soldatenräte Nürnberg Magistrat Arbeiter-, Bürger-, Bauern- und Soldatenräte Schwabach Magistrat Verfahren gegen Grad Maria, Bauersfrau in Schweigersdorf und 8 Genossen wegen Aufruhr Verfahren gegen 10 Personen in Bertholdsdorf wegen Aufruhr, darunter Barbara Reiß

Staatsarchiv Würzburg LRA Gerolzhofen, Nr. 227

Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte

425

Stadtarchiv München Nachlaß Dirr, Nr. 300 Sammlungen, ZS 0466-3 Sammlung Zeitungsausschnitte, Nr. 335, Frauen allg.

Kempf, Rosa: Die Tätigkeit der weiblichen Abgeordneten, 1919. Flugschrift: Die revolutionären Münchnerinnen. Völkischer Beobachter Nr. 217, 5. August 1931

Stadtarchiv Würzburg Mappe Räteherrschaft

Archiv Institut für Zeitgeschichte, München ED 898, Bde 138-142

Tätigkeitsberichte des Vereins für Fraueninteressen, 1896-1921 (Kopien)

. 7.5.2 Veröffentlichte Primärquellen Protokolle und Statistiken Bauer, Franz J.: Die Regierung Eisner 1918/19. Ministerratsprotokolle und Dokumente. Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Erste Reihe. Band 10, Düsseldorf 1987. Heilfron, Eduard (Hrsg.): Die deutsche Nationalversammlung im Jahre 1919 in ihrer Arbeit für den Aufbau des neuen Volksstaates, Bd. 1, Berlin 1921. Internationaler Frauenkongress in Den Haag vom 28. April bis 1. Mai 1915. In: Gisela Brinker-Gabler (Hrsg.): Frauen gegen den Krieg, Frankfurt / Main 1980, S. 169-179. Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit (Hrsg.): Völkerversöhnende Frauenarbeit. II. Teil: November 1918 / Dezember 1920, Stuttgart 1921. Internationale Sozialistische Frauenkonferenz in Bern vom 26. bis 28. März 1915. Clara Zetkins offizieller Bericht über die Verhandlungen. In: Brinker-Gabler, Gisela (Hrsg.): Frauen gegen den Krieg, Frankfurt / Main 1980, S. 151-160. Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, beschlossen auf dem Görlitzer Parteitag 1921. In: Programme der deutschen Sozialdemokratie. Hrsg.: Bundessekretariat der Jungsozialisten, Bonn 1963. Protokoll über die Verhandlungen des Gründungs-Parteitages der U.S.P.D. vom 6. bis 8. April 1917 in Gotha. Mit Anhang: Bericht über die gemeinsame Konferenz der Arbeitergemeinschaft und der Spartakusgruppe vom 7. April 1917 in Berlin. Hrsg.: Emil Eichhorn, Berlin 1921. Protokolle der Sitzungen des Parteiausschusses der SPD 1912 bis 1921. Inkl. Protokoll der Parteikonferenz in Weimar am 22. und 23. März 1919. Protokoll über die Verhandlungen der Reichskonferenz der Sozialdemokratien Partei Deutschlands. Abgehalten in Berlin am 5. u. 6. Mai 1920, 2 Bände. Hrsg.: Dieter Dowe, Berlin, Bonn 1980. Schick, Emil: Die Landtagswahlen und die Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Bayern im Januar und Februar 1919. In: Zeitschrift des bayerischen statistischen Landesamtes. 51. Jahrgang 1919, München 1919, S. 601-900. Staatsministerium für soziale Fürsorge (Hrsg.): Jahresberichte der Bayerischen Gewerbeaufsichtsbeamten, dann der Bayerischen Bergbehörden für die Jahre 1914-1918, München o. J. Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern. Vierzehnter Jahrgang 1919. Hrsg.: Bayer. Statistisches Landesamt, München 1919. Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern im Jahre 1918/19 (zit. VPNR). I. Band, Nr. 1-10, München o. J. Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des provisorischen Nationalrates des Volksstaates Bayern im Jahre 1918/19. Beilagen-Band (Beilagen 1-100). Sitzung des Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrates vom 28. November 1918. Beilage 2 (Verhandlungen der bayeri-

426

schen Soldatenräte vom 30. Nov. Bis 3. Dez. 1918). Beilage 3 (Verhandlungen der bayerischen Arbeiterräte a. 9. und 10. Dez. 1918), München o. J. Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kongresses der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte vom 25. Februar bis 8. März 1919, Glashütten im Taunus 1974 (unveränderter Nachdruck der Ausgabe München 1919). Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des Bayerischen Landtages im Jahre 1895/96 und 1897/98, Stenographische Berichte Nr. 148 – Nr. 157, Band 5. Hrsg.: Bayerischer Landtag München. Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des Bayerischen Landtages, Stenographische Berichte, 36, 12.1914, Nr. 309-319. Hrsg.: Bayerischer Landtag München. Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des Bayerischen Landtages 1912-1918. 36, 19.1918. Stenographische Berichte Nr. 468-487, Bd. 9. Hrsg.: Bayerischer Landtag München. Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Ordentliche und außerordentliche Tagung 1919. Stenographische Berichte Nr. 1 bis 27. 1. Sitzung am 21. Februar bis 27. Sitzung am 24. Oktober 1919. Band I, München o. J. Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20. Stenographische Berichte Nr. 28 bis 58. 28. Sitzung am 4. Dezember 1919 bis zur 58. Sitzung am 30. März 1920. II. Band, München o. J. Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Tagung 1919/20. Stenographische Berichte Nr. 59 bis 68. 59. Sitzung am 22. April 1920 bis zur 68. Sitzung am 2. Juni 1920. III. Band, München o. J.

Periodische Publizistik Bayerisches Frauenland. Organ des Bayerischen Landesverbandes des Kath. Frauenbundes: 1. Jg. (1919), 2. Jg. (1920), Besondere Ausgabe 1922. Bayerische Frauen-Zeitung des „Stadtbund Münchener Frauenvereine“ und des „Hauptverbandes Bayerischer Frauenvereine,“ Organ für die sämtlichen 129 angeschlossenen Organisationen mit ihren 64 000 Mitgliedern, München: 1. Jg. Nr. 1 (1. November 1919) bis Nr. 9 (15. März 1920). Bayerische Lehrerinnenzeitung (BLiZ). Organ des Bayerischen Lehrerinnenvereins, München: 7. Jg. (1916), 8. Jg. (1917), 9. Jg. (1918), 10. Jg. (1919). Der Arbeiter. Organ des Verbandes Süddeutscher Katholischer Arbeitervereine, München (Leohaus): 14. Jg. (1919), Heft 1; 16. Jg. (1921), Heft 2. Die Arbeiterin. Organ des Verbandes Süddeutscher Katholischer Arbeiterinnen, München (Leohaus): 13. Jg. (1918), 14. Jg. (1919), 15. Jg. (1920). Die Frau. Monatsschrift für das gesamte Frauenleben unserer Zeit. Hrsg. Helene Lange und Gertrud Bäumer, Berlin: 26. Jg. (18/19), 27. Jg. (1919/20). Die Frauenbewegung. Revue für die Interessen der Frau (bis 1918). Organ für das politische Leben der Frau (ab 1918). Hrsg. Minna Cauer: 20. Jg. (1914), 21. Jg. (1915), 23. Jg. (1917), 24. Jg. (1918), 25. Jg. (1919). Die Frauenfrage. Zentralblatt des Bundes Deutscher Frauenvereine. Redaktion Marie Stritt, Leipzig, Berlin: 20. Jg. (1918), 21. Jg. (1919). Die Frau im Staat. Monatsschrift. Hrsg. Dr. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann, München: 1. Jg. (1919), 2. Jg. (1920), 8. Jg. (1926). Die Gleichheit. Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen: 27. Jg. (1916/17), 28. Jg. (1917/18); Zeitschrift für Arbeiterfrauen und Arbeiterinnen: 29. Jg. (1918/19), 30. Jg. (1919/20). Die Kämpferin. Zeitschrift für Frauen und Mädchen des werktätigen Volkes. Organ der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands: 1. Jg. (1919), 2. Jg. (1920). Frauenstimmrecht! Monatshefte des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht, [München]: 1. Jg. (1912/13), 2. Jg. (1913/14). Frauenstreben. Veröffentlichungsorgan des Hauptverbandes Bayerischer Frauenvereine, München: 2. Jg. (1909), 6. Jg. (1913), 15. Jg. (1918). Zeitschrift für Frauenstimmrecht. Organ für die politischen Interessen der Frau, Berlin: 1. Jg. (1907), 2. Jg. (1908), 3. Jg. (1909), 7. Jg. (1913), 8. Jg. (1914). Münchner Neueste Nachrichten. Tageszeitung: 11.1.1919, 7.4.1919, 5.5.1919, 1.8.1919. Münchener Post, Tageszeitung. Organ der Münchener Sozialdemokratie: 19.11.1918, 20.11.1918, 27.11.1918, 9.12.1918.

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Neue Zeitung. Unabhängiges sozialistisches Organ. Redaktion und Druck in München. Tageszeitung. Organ der bayerischen USP: 2./3./4.1.1919, 8.1.1919, 14.1.1919, 15.1.1919, 25.3.1919, 2.4.1919.

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Erklärung: Hiermit versichere ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Dissertation selbständig und ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe angefertigt habe. Ich habe dabei nur die angegebenen veröffentlichten und unveröffentlichten Quellen und Hilfsmittel verwendet und die aus diesen entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit hat in gleicher Form oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegen. Ich erkläre mich damit einverstanden, dass die Arbeit mit Hilfe eines Plagiatserkennungsdienstes auf enthaltene Plagiate überprüft wird. Mir ist bekannt, dass wegen einer falschen Versicherung bereits erfolgte Promotionsleistungen für ungültig erklärt werden und eine bereits verliehene Doktorwürde entzogen wird.

Falkenfels, den

Andrea Kampf

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