17. & 18. Juni 2017

#HKWtiger

2 oder 3 Tiger

Flights from the Empire SAMSTAG, 17. JUNI 2017

SONNTAG, 18. JUNI 2017

16h ausstellungsführung 2 oder 3 Tiger und “Misfits”: Lose Blätter aus der Geschichte der Moderne → Ausstellungshalle 2

16h ausstellungsführung 2 oder 3 Tiger und „Misfits“: Lose Blätter aus der Geschichte der Moderne → Ausstellungshalle 2

17h einführung Anselm Franke → Konferenzraum 1

17h einführung David Teh → Konferenzraum 1

17.15h survey talk Frontiers and Media Anselm Franke → Konferenzraum 1

17.15h survey talk The Fugitive Reflex: Autonomy and Sublimation David Teh → Konferenzraum 1

18h film Middle Way or Independence? R: Ritu Sarin und Tenzing Sonam, 2009, 12 Min → Konferenzraum 1

17.45h vortrag Field Report: Preah Kunlong Erin Gleeson → Konferenzraum 1

18.15h vortrag A Short Account of the Deep History of State Evasion James C. Scott → Konferenzraum 1

18.15h vortrag Misplaced Commas and Cannibalistic Tendencies Erika Tan → Konferenzraum 1

19h q & a James C. Scott und Anselm Franke → Konferenzraum 1

Pause

Pause 20h screening-lecture No Boys Land Nontawat Numbenchapol → Konferenzraum 1

19.30h performance-lecture Ashes / Exiles (Mark Teh) Performance: Faiq Syazwan Kuhiri und Imri Nasution → Vortragssaal 20.15h film Jeju Prayer R: IM Heung-soon, 2012, 93 Min → Vortragssaal

Die Ausstellungen 2 oder 3 Tiger und “Misfits”: Lose Blätter aus der Geschichte der Moderne sind an beiden Tagen bis 23h geöffnet. Der Eintritt ist im Tagesticket enthalten.

en Alle Veranstaltungen finden auf Englisch statt.

Moderiert von Anselm Franke, Hyunjin Kim & David Teh

Samstag, 17. Juni 17h einführung & survey talk Frontiers and Media Anselm Franke In seinem Vortrag widmet sich Anselm Franke dem Phänomen der oftmals brutalen Grenzzonen, in denen um Bedeutung, Identität und Eigentum gestritten wird. In einer Vielzahl von Kunstwerken, die sich mit Kolonialgeschichte und Staatsterror auseinandersetzen, wird die Grenze als eine Zone der widerspenstigen Vermittlung interpretiert, deren innere Prozesse und Schwellenzustände sich unmittelbar in der Ästhetik widerspiegeln. So lassen Arbeiten aus 2 oder 3 Tiger und anderen Ausstellungen auf enge Verbindungen zwischen der Geschichte imperialer und nationaler Grenzen und medialen Technologien sowie deren Repräsentationsweisen schließen. anselm franke lebt und arbeitet als Kurator und Autor in Berlin. Seit 2013 ist er Leiter des Bereichs Bildende Kunst und Film am Haus der Kulturen der Welt. Zuvor war er Kurator an den KW Berlin und Direktor der Extra City Kunsthal in Antwerpen. Mit Stefanie Schulte Strathaus gründete er 2005 das Forum Expanded der Internationalen Filmfestspiele Berlin und ist seither Ko-Kurator. 2012 war er Leitender Kurator der Taipei Biennale und 2014 Chefkurator der Shanghai Biennale. Sein Ausstellungsprojekt Animism wurde von 2009 bis 2014 in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kollaborationspartnern in Antwerpen, Bern, Wien, Berlin, New York, Shenzhen, Seoul und Beirut gezeigt. Franke provomierte am Goldsmiths College, London.

18h film Middle Way or Independence R: Ritu Sarin und Tenzing Sonam, Tibet, 2009, 12 Min Am 10. März 2008 setzte sich in Dharamsala, dem indischen Exilregierungssitz des Dalai Lama, der Return March to Tibet in Bewegung. Die Protestierenden wollten nach Tibet marschieren, um auf die Situation des tibetischen Volks aufmerksam zu machen. Drei Monate später stoppte die indische Polizei sie kurz vor der Grenze. Die meisten der Teilnehmenden waren Mönche, die sich unterwegs leidenschaftliche Wortgefechte über die Realisierbarkeit des „Mittelwegs“ des Dalai Lama lieferten. Dieser Mittelweg sieht einen Verzicht auf die Forderung nach einem unabhängigen Tibet zugunsten einer zugesicherten echten Autonomie vor. Der Film zeigt Szenen aus einer dieser Diskussionen.

Samstag, 17. Juni 18.15h vortrag A Short Account of the Deep History of State Evasion James C. Scott Der von Willen van Schendel eingeführte geografische Begriff „Zomia“ beschreibt ein Hochlandgebiet in Südostasien, das bis vor kurzem jeglicher Einverleibung durch Nationalstaaten und Imperien widerstand. Die Idee Zomias könnte metaphorisch auch auf andere Regionen der Welt ausgeweitet werden, die sich der staatlichen Kontrolle entziehen. In seinem Vortrag beleuchtet James C. Scott einige dieser Zonen in Südostasien und darüber hinaus. Zomia ist zwar eine Bergregion, im Laufe der Geschichte stellten jedoch auch Feuchtgebiete, Sümpfe und Deltas immer wieder Zufluchtsorte für Bevölkerungen auf der Flucht vor staatlicher Macht dar. Scott untersucht Prinzipien der Geografie, der Existenzsicherung, Mobilität und der sozialen Strukturen, die sowohl die Staatsvermeidung als auch die Staatsverhinderung begünstigen. james c. scott ist Sterling Professor für Politikwissenschaft und Anthropologie und Leiter des Agrarian Studies Program der Yale University. In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt er sich mit politischer Ökonomie, der vergleichenden Untersuchung von Agrargesellschaften, Hegemonieund Widerstandstheorien, Bauernpolitik, Revolution, der Region Südostasien sowie mit Theorien zu Klassenverhältnissen und Anarchie. Aktuell leitet er Seminare zu Agrarian Studies und Rebellion, Resistance and Repression. Zu seinen jüngsten Veröffentlichungen zählen Decoding Subaltern Politics: Ideology, Disguise, and Resistance in Agrarian Politics (2012), Two Cheers for Anarchism: Six Easy Pieces on Autonomy, Dignity, and Meaningful Work and Play (2012) und The Art of Not Being Governed: An Anarchist History of Upland Southeast Asia (2009).

20h screening-lecture No Boys Land Nontawat Numbenchapol Im Jahr 2000 zwang der andauernde Konflikt zwischen Birma und dem ShanStaat viele Familien der Shan in die Berge an der birmanisch-thailändischen Grenze zu fliehen. Der Dokumentarfilm begleitet Sang Lod, der mit 18 Jahren seine Familie verlor und in die Shan-Staat-Armee (SSA) eintrat, um sein Leben dem Befreiungskampf des Shan-Staates gegen die birmanische Besatzung zu widmen. Sang Lods Leben wird wie das vieler anderer von Krieg, einem zunehmenden Nationalismus, Ethnozentrismus und abstrakten Grenzen bestimmt. Er lebt in einem zwischenstaatlichen Vakuum, an einem Ort des Übergangs und des Stillstands. Mit 21 Jahren und ohne Ausweispapiere, die seine Existenz oder Nationalität belegen könnten, steht Sang Lod vor der Entscheidung, weiter von einem Leben zu träumen, das womöglich niemals Realität wird, oder sich mit seinem jetzigen Leben in der Armee zu arrangieren. nontawat numbenchapol ist Dokumentarfilmer und lebt in Bangkok. Seine Arbeiten sind kooperative, beobachtende Untersuchungen von Orten und Menschen am Rande der thailändischen Gesellschaft. Er machte seinen Abschluss am Visual Communication Design Department, Faculty of Art and Design, Rangsit University. Seine Filme waren auf zahlreichen Filmfestivals wie der 63. Berlinale (2013), dem International Documentary Film Festival Amsterdam (2013), Yamagata International Documentary Film Festival (2013) und dem 66th Locarno International Film Festival (2013), wo sein zweiter Dokumentarfilm By the River den Special Mention Award erhielt.

Sonntag, 18. Juni

17h survey talk The Fugitive Reflex: Autonomy and Sublimation David Teh David Teh beleuchtet die Arbeit von James C. Scott und deren Bezug zur modernen und zeitgenössischen Kunst. Scotts „anarchistische“ Geschichte der Hochlandvölker Südostasiens wirft einen Blick auf die Dynamiken der Flucht als Verteidigungsstrategie gegen staatliche Rationalisierung und Vereinnahmung. Auch wenn es Zomia als politische Geografie so nicht mehr gibt, bleibt die Logik und der Impuls der Flucht doch weiter bestehen. Wo kann man die Rückzugsmethoden und die Autonomie, die diese Hochlandvölker von anderen unterschieden, heute finden? Welche Rolle kommt Künstler*innen in derartigen Vermeidungsstrategien zu? Der Fluchtinstinkt lebt in der zeitgenössischen Kunst Südostasiens fort: Teh diskutiert, was diese Fluchtlinien uns über den Spielraum und die Grenzen künstlerischer Unabhängigkeit und Autonomie erzählen. david teh arbeitet als Autor und Kurator und ist als Wissenschaftler an der National University of Singapore tätig. Seine wissenschaftliche Arbeit konzentriert sich auf südostasiatische Gegenwartskunst. Zu seinen Projekten als Kurator zählen Transmission (Jim Thompson Art Center, 2014), Video Vortex #7 (Yogyakarta, 2011), Unreal Asia, 55 (Internationale Kurzfilmtage Oberhausen, 2009) und The More Things Change (5th Bangkok Experimental Film Festival, 2008). Teh hat Essays für Third Text, Afterall, Theory Culture & Society und ARTMargins geschrieben. Sein Buch Thai Art: Currencies of the Contemporary ist unlängst bei MIT Press erschienen. Teh ist Leiter der Galerie und Projektplattform Future Perfect in Singapur.

17.45h vortrag Field Report: Preah Kunlong Erin Gleeson In ihrem Vortrag reflektiert Erin Gleeson die inneren Prozesse von Preah Kunlong, einer Auftragsarbeit für die documenta 14, die der Künstler Khvay Samnang zusammen mit dem Choreografen und Tänzer Nget Rady im kambodschanischen Areng-Tal realisiert hat. Aus historischer, geopolitischer und spiritueller Perspektive beleuchtet sie die Herangehensweise der Künstler in Bezug auf ein kontroverses Wasserkraftprojekt und der daraus resultierenden Streitigkeiten um das Land des indigenen Volks der Chong. Preah Kunlong ist zu sehen im EMST, Athen, und im Naturkundemuseum im Ottoneum, Kassel. erin gleeson ist Kuratorin und Autorin sowie Mitbegründerin und Leiterin von SA SA BASSAC, einem gemeinnützigen Ausstellungsort, Leseraum und Kulturzentrum in Phnom Penh. In ihrer aktuellen Ausstellung On Attachments and Unknowns versammelt sie Künstler*innen und „lens-based artworks“, d.h. Kunstwerke, die unter dem Einfluss von Film und Fotografie entstanden sind und Gegenvisionen zu den Methoden und Ideologien der Staatskunst in und aus Südostasien entwickeln. Erin Gleeson ist Alphawood Stipendiatin der University of London und arbeitet derzeit an ihrem Master in Contemporary Art and Art Theory of Asia and Africa an der School of Oriental and African Studies, University of London (2015 – 2017).

Sonntag, 18. Juni 18.15h vortrag Misplaced Commas and Cannibalistic Tendencies Erika Tan

19.30h performance-lecture Ashes / Exiles (Mark Teh) Performance von Faiq Syazwan Kuhiri und Imri Nasution

Erika Tan präsentiert zwei miteinander in Verbindung stehende Arbeiten: Come Cannibalize Us, Why Don’t You? und Apa Jika, The Mis–placed Comma. Beide Werke beschäftigen sich mit Praktiken der Sammlung und der Ausstellung in kolonialen und postkolonialen Museen und erkunden mögliche Wiedereintrittspunkte für das flüchtige oder abtrünnige Objekt. Come Cannibalize Us, Why Don’t You? greift als künstlerische Reaktion Artefakte und Schriften einer Ausstellung auf, die im NUS Museum in Singapur gezeigt wurde. Apa Jika, The Mis–placed Comma beleuchtet die „vergessene“ Figur einer malayischen Weberin in der British Empire Exhibition von 1924. Es handelt sich hierbei um eine Auftragsarbeit der National Gallery Singapore, die derzeit im Diaspora Pavillon der Biennale in Venedig ausgestellt wird. Beide Kunstwerke thematisieren und problematisieren Dynamiken von Repräsentation und transnationalen Verflechtungen von Objekten und Menschen.

In seiner Performance-Lecture untersucht Mark Teh anhand der Figur des Kommunistenführers Chin Peng, dem einst meistgesuchten Mann des britischen Empires, wie in Malaysia Staatsfeinde konstruiert und kolportiert wurden – und wie sie heute erinnert werden.

erika tans Praxis entstand aus ihrem Interesse an

gängigen Narrativen, umstrittenen Vermächtnissen, unterdrückten Stimmen und der transnationalen Bewegung von Ideen, Menschen und Dingen. Ihre Arbeiten sind das Ergebnis von Rechercheprozessen und Reaktionen auf die Aufdeckung von Fakten, Fiktionen und Begegnungen. Ihre Arbeiten werden international ausgestellt, u. a. im Diaspora Pavillon (Venedig Biennale, 2017) und als Teil von Ausstellungen wie Artist and Empire (Tate Touring, National Gallery Singapore, 2016/17), Come Cannibalise Us, Why Don’t You (NUS Museum, Singapore, 2014) und There Is No Road (LABoral, Spain, 2010).

faiq syazwan kuhiri ist Kurator, Performancekünstler und Mitglied des devised theater in Kuala Lumpur. Zu seinen jüngsten Gemeinschaftsprojekten gehört seine Arbeit The Complete Futures of Malaysia Chapter 1, ein aus Installation, Recherche und Performance bestehendes Projekt, das in Zusammenarbeit mit Ali Alasri, Mark Teh und Wong Tay Sy entsteht. 2016 realisierte er B.E.D (2016), ein ortsbezogenes Tanzstück, choreographiert von Lee Ren Xin. 2015 setzte er Mark Tehs dokumentarische Theaterperformance Baling um. Weitere Projekte waren u. a. 2 minute solos (Ballad Of The Ultras, 2014) und Something I Wrote (2013). imri nasution ist Absolvent der Malaysian Film Academy und Mitbegründer der Produktionsfirma Kino-i Pictures. Neben Filmen hat er eine ganze Reihe von Projekten realisiert, darunter Musikvideos, Dokumentarfilme, Fernsehserien und viele andere Formate. Derzeit unterrichtet er an malaysischen Universitäten, dreht Filme und ist an diversen Kunstund Community-Projekten beteiligt.

20.15h film Jeju Prayer IM Heung-soon Der Film beschäftigt sich mit dem Leben von Kang Sang-hee, die ihren Mann im Jeju-Aufstand vom 3. März 1948 verlor. Er untersucht die Schattenseite der Insel Jeju: Das riesige Grab, das man hier sieht, bildet einen großen Kontrast zu den berühmten Touristenattraktionen auf der anderen Seite der Insel.

Flights from the Empire

1BB Jahre Gegenwart

2 oder 3 Tiger zeigt zeitgenössische Arbeiten einer einflussreichen Generation von Künstler*innen und Filmemacher*innen, deren Arbeiten neue Einsichten in die unterschwelligen Geschichten der asiatischen Moderne geben und Geografien der Teilung reflektieren, die aus der Ordnung des Kalten Krieges hervorgegangen sind. Die in der Ausstellung präsentierte historische Geografie wird in Flights from the Empire weiter erforscht. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Vielfalt gelebter Realitäten und Gemeinschaften, die versuchen, sich dem Monopol des Staates zu entziehen oder sich auf andere Weise mit diesem auseinandersetzen. Mit einem Vortrag von James C. Scott, Autor von The Art of Not Being Governed. An Anarchist History of Upland Southeast Asia, werden alternative Vorstellungen von Geschichte und Subjektivierung jenseits nationaler und identitärer Grenzen ausgelotet. 2 oder 3 Tiger zeigt Werke von Ho Tzu Nyen, James T. Hong, Chia-wei Hsu, IM Heung-soon, Jane Jin Kaisen & Guston Sondin-Kung, Minouk Lim, Park Chan-kyong, Lieko Shiga und Yuichiro Tamura. In einer kontinuierlich wachsenden Online-Publikation werden Essays von Autor*innen wie Kevin Chua, Hongkoo Han, Ho Tzu Nyen, James T. Hong, Yuk Hui, Yongwoo Lee, Park Chan-kyong, Filipa Ramos, Shabbir Hussain Mustafa, Etienne Turpin sowie Anselm Franke und Hyunjin Kim bereitgestellt. Alle Essays sind in englischer Sprache: hkw.de/tigers_publication

→ hkw.de/tiger → hkw.de/tigers_publication → #HKWtiger Alle Gespräche und Vorträge werden in der HKW Mediathek zu sehen sein: hkw.de/medien Im Rahmen von 1"" Jahre Gegenwart

Das Haus der Kulturen der Welt wird gefördert von John-Foster-Dulles-Allee 10 10557 Berlin hkw.de