13 Selbsthilfe-Informationen aus dem Raum Cottbus

18 2012/13 echo Selbsthilfe-Informationen aus dem Raum Cottbus Editorial Liebe Mitglieder und Förderer der Selbsthilfegruppen, die Selbsthilfebewe...
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echo Selbsthilfe-Informationen

aus dem Raum Cottbus

Editorial Liebe Mitglieder und Förderer der Selbsthilfegruppen, die Selbsthilfebewegung gewinnt in unserer Gesellschaft mehr und mehr an Bedeutung und erhält einen immer höheren Stellenwert. Zum einen engagieren sich zunehmend mehr Menschen mit Behinderungen für ihre eigenen Belange und setzen sich aktiv für ihre Rechte ein, zum anderen sind in einer immer älter werdenden Gesellschaft viele ältere Menschen auf die Unterstützung freiwilliger Helfer und Helferinnen angewiesen. Hier ist es gut, auf bereits bestehende feste Netzwerke und Strukturen, wie die der Regionalen Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe – REKIS Cottbus zurückgreifen zu können. Hier leisten viele Bürger und Bürgerinnen seit Jahren gute und wichtige Arbeit. Viele von ihnen tun dies in ihrer Freizeit, womit sie einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten. In einer immer anonymeren Gesellschaft bieten die unter dem Dach der REKIS vereinten und koordinierten Selbsthilfegruppen gerade den Schwächeren unter uns eine feste Gemeinschaft und einen sicheren Halt. Dafür kann man den vielen engagierten Helfern und Helferinnen nicht genug danken. So möchte auch ich an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, all denen meinen aufrichtigen Dank auszusprechen, die sich in den zahlreichen Selbsthilfegruppen über Jahre hinweg tatkräftig einbringen und engagieren! Ich wünsche Ihnen für die Zukunft Schaffenskraft, Erfolg und vor allem Spaß bei all Ihrem Engagement! Als Ihr Kooperationspartner in der Politik werde ich weiterhin all meine Kraft darin investieren, die wichtige Arbeit der Selbsthilfe auch in Zukunft zu unterstützen. Meine Arbeit lebt letztlich von Ihren Erzählungen über die Sorgen und Nöte in Ihrem alltäglichen Leben, in deren Beseitigung ich meine wichtigste Aufgabe sehe. Daher wünsche ich uns gemeinsam auch in Zukunft eine gute Zusammenarbeit, damit die Verbesserung der Lebenssituation aller Menschen mit Unterstützungsbedarf in unserer Stadt Cottbus nicht nur eine Vision bleibt, sondern zur gelebten Wirklichkeit wird.

Jürgen Maresch, MdL Sprecher für Menschen mit Behinderung und Minderheitenpolitik

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Selbsthilfe erleben! REKIS Cottbus – Regionale Kontaktund Informationsstelle für Selbsthilfe in Cottbus W ir sind Ihre Anlaufstelle für alle Fragen rund um die Selbsthilfe.

Bei uns erhalten Sie Informationen zu örtlichen Angeboten der Selbsthilfe. Wir vermitteln Selbsthilfeinteressierte in bestehende Selbsthilfegruppen. Sie können sich an uns wenden, wenn Sie Gleichgesinnte finden möchten. Selbstverständlich unterstützen wir Sie auch bei der Neugründung von Gruppen. Die bestehenden Selbsthilfegruppen erhalten von uns Unterstützung bei auftretenden Fragen und Problemen. Für die Erfüllung unserer Aufgaben kooperieren wir mit professionellen Einrichtungen und Dienstleistern.

Sprechen Sie uns an! Wir zeigen Ihnen Wege zur Bewältigung Ihrer Probleme. Ansprechpartnerinnen: Angelika Koal und Christa Milz

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Selbsthilfe erleben! Forum gegen Depression

Praxisseminar im Hochseilgarten 30. August 2011, heute war der Abend im Hochseilgarten, organisiert von der Rekis

– Selbsthilfe in Cottbus. Ich holte unterwegs noch 2 Frauen ab und dann kamen wir mit noch viel Zeit ohne Komplikationen, ohne mich unterwegs zu verfahren, ganz entspannt auf direktem Weg am Hochseilgarten an. So nach und nach kamen alle anderen, ein Mann und 14 Frauen. Einige kannte ich vom Sehen und viele nicht. Jedoch war jedem anzusehen, einfach war die Entscheidung, mitzukommen, keinem gefallen. Die erste Übung bestand darin, dass alle sich auf einen einseitig abgeflachten, etwas überhöht auf dem Boden liegenden Baumstamm stellten. Dann kam die eigentliche Aufgabe, bitte sortieren nach dem Alphabet. Es kam darauf an, aneinander vorbeizukommen, ohne runter zu fallen, was uns nicht wirklich gelang. Der Stamm wackelte so sehr, mein Gleichgewicht auch und ich stand öfters unten und mit aneinander vorbeischieben war eszumindest bei mir schwierig. Nach einer ganzen Weile standen wir dann endlich sortiert oben auf dem Balken. Was uns noch nicht wirklich gelungen war, war die Kommunikation untereinander. Unsere zweite Aufgabe bestand aus einem hölzernen A, wobei der untere waagerechte Strich ziemlich tief war. Oben waren 4 lange Seile befestigt. Die Aufgabe bestand darin, dass einer sich in das aufrecht stehende A stellte und wie auf Stelzen damit vorwärts gehen sollte. Wir anderen sicherten dieses hölzerne A mit der darin stehenden Person gegen Umfallen und dass sie überhaupt vorwärts kam. Die Kommunikation klappte schon besser, jedoch war es sehr holprig und nicht wirklich effektiv, wie wir vorankamen. Unsere beiden Betreuer vom Hochseilgarten sagten uns dann, wie es besser geht und das probierten wir dann auch aus. Es war viel Physik dabei, wie es zu machen war. Es klappte dann wesentlich besser. Bei der dritten Aufgabe lagen kurz über dem Boden zwei Stahlseile, zu einem großen V gespannt. Hier versuchten wir durch Körperspannung paarweise über den Seilen, von der Spitze bis zur maximalen Öffnung zu laufen. Es kam auf Körperspannung, Vertrauen in den Andern, dass er nicht loslässt und auch Konzentration auf die Aufgabe an. Einige schafften es bis zum Ende, ich nur etwa bis Zweidrittel des Weges. Ich spürte das Seil an meinen Fußsohlen, die blockierten Reflexzonen an den Füßen und es drückte sehr, konnte deshalb nicht bis zum Schluss durchlaufen. Besonders auf dem Hacken war der Schmerz kaum auszuhalten. Die vierte Aufgabe bestand darin, auf 4 Stahlseilen kurz über dem Boden zu laufen. Es sah aus wie eine Torte, welche in 4 gleichgroße Stückchen geschnitten wurde mit einem

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Selbsthilfe erleben! in der Mitte abgesägten Baumstumpf, den nur 2 Füße betreten durften. Unter uns war das Moor, in welches wir nicht fallen durften. Aufgeteilt in 4 Gruppen mussten wir vom Rand zur Mitte und dann auf dem anderen nächsten Schenkel des Tortenstückchens wieder zurücklaufen. Ich wackelte wieder so sehr auf dem Seil, dass ich mich noch einmal hinten anstellte. Das knifflige daran war, dass in der Mitte 2 stehen bleiben mussten, welche je 2 Seile stramm hielten, während einer nach dem anderen seinen Weg lief. Nur der Letzte hatte es am schwersten, weil nur noch ein Seil da war. Dann kam mit der nächsten fünften Aufgabe etwas Gigantisches. Eine Frau wurde auserwählt, als erstes die Übung zu machen. Sie bekam einen Gurt um den Körper gelegt, stieg auf ein hölzernes Podest und wurde dann an einem etwas schräg hängendem Stahlsein nur durch die das Seil erfassenden anderen Teilnehmer und unsere Muskelkraft über einen langen Strick nach oben gezogen. Dort sollte sie dann an einem Seil ziehen. Wir waren ja so was von erstaunt, vielleicht auch etwas erschrocken, als die Post nach unten abging, sie im freien Fall etwas fiel und wie ein Pendel quietschend vor Vergnügen hin und her flog. Das war was ganz tolles und ich überlegte doch einige Minuten, ob ich mich das trauen wollte. Ich wollte, schließlich hatte ich mich entschlossen, mit teilzunehmen. Unten auf der Erde war ich überhaupt nicht aufgeregt, als ich auf dem Podest stand wurde mir schon etwas mulmig in der Bauchgegend und dann zogen mich die anderen hoch. Es waren schon sehr gemischte Gefühle, jedoch keine Angst dabei. Als ich dann oben hing war die Neugier, es auszuprobieren größer als die Angst vor der Angst. Ich zog an der Strippe und schrie fallend vor Vergnügen überrascht laut auf, pendelte genießend viele Male hin und her, bei jedem Schwung mit einen lauten Pfeifen, wie wenn der Wind um das Haus streicht und kam überglücklich dann wieder unten an. Die ersten Minuten auf der Erde stehend hatte ich eine Leichtigkeit verspürt, wie wenn ich nach dem Aquafitness nach Hause laufe. Ich fühlte mich mindestens 10 Kilo leichter und um eine riesige Erfahrung reicher: Trau dir was zu! Zum Schluss, es wurde bereits dämmrig, kletterten noch einige, gesichert über Gurt und Seile die Wand hoch. Das wollte ich nicht machen, denn ich wusste, dazu reicht meine Arm- und Beinkraft nicht aus. Von unten beobachtete ich das Geschehen und nahm mir vor, im kommenden Jahr viel mehr für meine Kondition zu tun, damit ich beim nächsten Mal mich auch dort hochtraue. Es war eine tolle Erfahrung, ich war froh, dabei gewesen zu sein und überrascht, was ich mir zutrauen kann, wenn ich die Angst durch Mut ersetze. Einen großen herzlichen Dank an das Rekis–Team, die diese tolle Veranstaltung organisiert hatten, uns die Chance gaben, etwas auszuprobieren, was wir, oder zumindest ich, so nie gemacht hätten. Doris Lausch aus Forst/Lausitz

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Selbsthilfe erleben! Forum gegen Depressionen Depressionen zählen zu den häufigsten

Krankheiten. Weltweit ist ein sehr starker Anstieg zu verzeichnen. Im Rahmen unseres Forums bieten wir 10 Seminarthemen und ein praktisches Bewältigungsseminar an. Diese Seminarreihe ist für alle Interessentinnen und Interessenten offen. Die Seminare finden jeweils von 17.00 bis 20.00 Uhr in der Lila Villa, Thiemstrasse 55, 03050 Cottbus statt.

Die Teilnahmegebühr für die Seminare beträgt jeweils Die Teilnahmegebühr für das Praxisseminar beträgt

2,00 €. 10,00 €.

Aus Kapazitätsgründen bitten wir Sie um Voranmeldung bei der REKIS Cottbus, Tel.: 0355 543205. Thema Stress mit dem Stress – Entspannt in Alltag und Beruf Ernährung bei psychischen Erkrankungen

22. Mai 2012

Was kann ich gegen Mobbing tun?

19. Juni 2012

Ängste- wozu wir sie brauchen Praxisseminar Hochseilgarten Wie stärke ich mein Selbstwertgefühl? Trauer ohne Tabu – Verlust und Loslassen als heilsamen Prozess begreifen Nur Fledermäuse lassen sich hängen Selbsterfüllende Prophezeiung Praktische Übungen und Hinweise

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Datum 24. April 2012

17. Juli 2012 21. August 2012 11. September 2012 9. Oktober 2012 23. Oktober 2012 6. November 2012

Intuition – unbewusst das Richtige tun

20. November 2012

Burnout – das kann ich mir nicht leisten, lerne nein zu sagen

18. Dezember 2012

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Selbsthilfe erleben! Messie-Syndrom (Quelle: Wikipedia) Der Begriff Messie-Syndrom (von englisch mess ‚Unordnung‘) bezeichnet schwerwie-

gende Defizite in der Fähigkeit, die eigene Wohnung ordentlich zu halten und die Alltagsaufgaben zu organisieren; es können ernsthafte seelische Störungen vorliegen. Umgangssprachlich werden Personen mit diesem Syndrom kurz Messies genannt. Betroffene, die auch als „Messies“ bezeichnet werden (oder sich selbst so nennen), leiden an einem Defizit, ihre Handlungen geplant und zielgerichtet an der Bewältigung ihrer alltäglichen Aufgaben auszurichten. Auch haben Messies oft das Problem, dass sie sich voller Elan in neue Aufgaben stürzen, viel organisieren und letzten Endes dann feststellen, dass sie dieser Aufgabe nicht gewachsen sind. So bleiben viele angefangene Projekte liegen und tragen dazu bei, die Unordnung im Leben zu vergrößern. Oft sehen sie die Irrationalität ihres Hortens zwar ein, sind aber nicht in der Lage, der Einsicht entsprechend zu handeln. Im Extremfall führt die Unordnung dazu, dass größere Bereiche der Wohnung nicht mehr betretbar sind. Manchmal verbleiben nur noch enge „Fußwege“ zwischen großen Haufen, Kisten und Säcken. Schließlich kann es zur Unbewohnbarkeit der Wohnung kommen.

Viele Messies schämen sich ihrer Unordnung und leiden darunter. Auch infolge sozialer Isolation halten es viele Betroffene nicht für möglich, dass andere unter denselben Schwierigkeiten leiden. Dies erschwert ihnen häufig, ihr Problem zu erkennen und Hilfe zu suchen. Nach außen sind Messies meistens unauffällig. Sie erscheinen oft als offene, optimistische, vielseitige und kreative Menschen. Manchmal haben sie – scheinbar paradox – eine Tendenz zum Perfektionismus. Seit September 2011 trifft sich die Selbsthilfegruppe Messie einmal monatlich. Neue Interessentinnen und Interessenten sind gern gesehen.

Weitere Informationen erhalten Sie über die REKIS Cottbus, Tel.: 0355 543205

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Selbsthilfe einmal anders! Weiterbildungsangebote der Rekis Cottbus für 2012 Thema

Datum

Leitung und Organisation von Gruppen, Gruppendynamik verstehen

13. April 2012

Gewaltfreie präsente Kommunikation

20. April 2012

Das innere Team – die Rolle des Unterbewusstseins

27. April 2012

Depression/Burnout/Angst/Stress verstehen und sinnvoll damit umgehen Selbstwertgefühl stärken Zeit- und Selbstmanagement Moderation in Selbsthilfegruppen Internet

4. Mai 2012 25. Mai 2012 8. Juni 2012 29. und 30. Juni 2012 6. Juli 2012

Die Kunst des richtigen Fragens

13. Juli 2012

Optimale Selbstorganisation im Büro

20. Juli 2012

Kreative Konfliktlösung Moderne und stilvolle Korrespondenz Tue Gutes und rede drüber – Grundlagen der Öffentlichkeitsarbeit für SHG Wirkungsvolle und kreative Präsentationen mit MS Power Point Tabellenkalkulation mit MS-Excel Sich besser erkennen und akzeptieren Kommunikation mit NLP Gespräche in der Selbsthilfegruppe Wie es in den Wald hinein schallt, so schallt es zurück – gewaltfreie Kommunikation Ich hab da mal eine Idee – Projekte entwickeln und steuern Textverarbeitung mit MS Word Erfahrungsaustausch der Sprecher der Selbsthilfegruppen

24. August 2012 1. September 2012 7. und 8. September 2012 14. und 15. September 2012 21. September 2012 2. und 13. Oktober 2012 19. Oktober 2012 9. und 10. November 2012 23. und 24. November 2012 30. November 2012 7. Dezember 2012 14. Dezember 2012

Die Seminare finden von 9.00 bis 14.30 Uhr in der Lila Villa, Thiemstrasse 55 in 03050 Cottbus statt. Aus Kapazitätsgründen bitten wir Sie um Voranmeldung bei der REKIS Cottbus 0355 543205.

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www.rekiscottbus.de

Selbsthilfe erleben! Borderline und andere Persönlichkeitsstörungen Erfahrungsaustausch ist uns wichtig Deshalb haben wir unsere

Selbsthilfegruppe auch für andere Persönlichkeitsstörungen zugänglich gemacht. Wir versuchen durch unseren Erfahrungsaustausch besser mit unserer Situation umzugehen und laden weitere Hilfesuchende herzlich ein, ihre Erfahrungen mit uns zu teilen. Wir wollen voneinander und miteinander lernen, um eine Verbesserung der persönlichen Situation anzustreben.

Frau M. berichtet über ihre Gedanken vor der ersten Gruppe: „Ich habe von dieser Gruppe in einer Klinik erfahren. Sofort war ich im Zwiespalt mit mir selber. Ich hatte den Wunsch mich verstanden zu fühlen. Aber gleichzeitig panische Angst vor schiefen Blicken, Ablehnung zu erfahren, belächelt zu werden, überfordert zu sein mit den Problemen von anderen, …“! Doch der Wunsch aus meiner Einsamkeit heraus zukommen, stärkte mich dabei, meine Ängste zu überwinden. Ich sagte mir: „Augen zu und durch – du hast nichts zu verlieren.“ und bin zu meiner ersten Gruppe gegangen. Ich war nach dem Gruppentreffen stolz auf mich, dass ich es geschafft hatte, dort hinzugehen. Ich fühlte mich verstanden weil: „Es ist nicht entscheidend was gewesen ist, sondern was wir daraus machen.“

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Impressionen aus Cottbus

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Mutmachergeschichte! Pflege der Eltern sorgt für Halt des Sohnes von Adelheid Floss

Die moralische Verantwortung, seinen betagten Eltern das Leben in den eigenen vier Wänden zu erhalten und ihnen in schweren Zeiten zur Seite zu stehen, bewältigt Dieter Schulze* seit mehr als drei Jahren im elterlichen Haushalt voller Hingabe. Martha und Heinrich sind seit mehr als 60 Jahren miteinander verheiratet. Sie genießen durch seine Hilfe jeden Tag in der gewohnten Umgebung des Hauses in einem kleinen Ort in der Nähe von Cottbus. „Er macht alles für uns“, sagt seine Mutter. „Es fing damit an, dass meine Mutter vor sechs Jahren das Essen auf dem Herd vergessen hat und die Küche in Flammen stand“, erinnert sich Dieter Schulze. „Zwei Wochen später folgte ein Herzinfarkt bei ihr“, erzählt er. Nach dem Krankenhausaufenthalt der Mutter stand für den damals noch in Cottbus wohnenden Sohn fest, dass die Eltern allein nicht mehr im Haus leben können. Deshalb entschied er sich ins Elternhaus zurückzukehren, um für sie Tag und Nacht da zu sein. Jetzt fühlen sie sich auf der sicheren Seite, weil ein An­ sprechpartner für sie da ist“, sagt er. „Ich wohne mit ihnen im Haus.“ Das genüge dem ledigen Rentner, der sich mit diesem Entschluss selbst eine neue Lebensaufga­be gestellt hat. „Ich bin trockener Alkoholiker“, sagt er voller Stolz. Sein Le­benswandel mit Alkohol hatte ihn Jahrzehnte lang von Eltern und Ge­ schwistern immer wieder getrennt.

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„Heute will ich es allen beweisen, dass auf mich Verlass ist“, betont der 61-Jährige. Anfangs hätten seine Geschwister mit Skepsis auf seinen Entschluss, die Eltern zu pflegen, reagiert. Das war für Dieter Schulze die Herausforderung, es ihnen erst recht zu zeigen. Konflikte zwischen den beiden jüngeren Schwes­ tern und dem älteren Bruder blieben dabei nicht aus. Oft spüre er, dass die Geschwister glauben, er werde von den Eltern bevorteilt. Jetzt ärgert sich Dieter Schulze darüber nicht mehr. Mit Worten wie „Ihr könnt ja die Arbeit hier übernehmen“ setzt er sich erfolgreich zur Wehr. Er verweist auf die Zeit, als der Vater im Jahr 2008 wegen einer Hüftoperation wochenlang ans Bett gefesselt war. „Diese Situa­tion belastete mich“, erinnert er sich. Als er aus der Zeitung über die Selbsthilfegruppe „Pflegende Ange­hörige“ bei der Regionalen Kontakt- und Informationsstelle (REKIS) Cottbus erfuhr, nahm er damals Kontakt auf und heute bezeichnet er diese Treffen als seinen Ankerplatz. „Hier erfährt man alles über gesetzliche Grundlagen der Pflegekasse und die Antragstellung auf Hilfe. Außerdem werden viele Ratschläge untereinander gegeben.“ Wichtig für ihn ist auch „der heiße Draht“ zur Hauskrankenpflege oder dem Hausarzt. „Ich muss schließ­lich über den Gesundheitszustand der Eltern Bescheid wissen.“ Dazu gehöre der genaue Überblick der verschriebenen Medika­mente, um die Kontrolle der Einnahme überwachen zu können. „Es kommt schon vor, dass die Tabletten einfach liegen bleiben“, erzählt er.

Mutmachergeschichte!

Mitunter müsse auch knallhart über Dinge gesprochen werden, wie zum Beispiel den Inhalt und die Bedeutung einer Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung. Vor Jahren hätte er das noch nicht anspre­chen können, betont er. „Das musste ich auch erst lernen.“ Dieter Schulze stellt fest, dass die 86-jährige Mutter und der 91-jährige Vater körperlich abbauen. „Vater hört schwer, Mutter kann schlecht laufen.“ Hin und wieder komme es zu Depressionen der beiden, so­dass die „Fetzen fliegen“. Um den Hausfrieden in solchen Situationen zu bewahren, versucht er mit viel Fingerspitzengefühl Gespräche zu führen und dabei die Ruhe zu bewahren. „An manchen Tagen wollen sie regelrecht bezirzt werden.“ Gleichzeitig sorge er auch dafür, beide zu Aktivitäten zu motivieren. „Mutter muss ab und zu auf den Trampelmax“, erzählt Dieter Schul­ze. Der Heimtrainer fördere und erhalte die Beweglichkeit der Beine. Geistig fit hält sich der 91-jährige Vater mit dem Lesen der neuesten Nachrichten aus der Presse. „Er will genau wissen, was draußen passiert.“ In der Hausarbeit mit Wäsche waschen und Haus putzen sieht Dieter Schulze kein Problem. „Nur Kochen ist nicht mein Ding“, sagt er. Hier sind für ihn die sozialen Dienstleister eine echte Hilfe und sorgen für Abwechslung auf dem Mittagstisch. „Wir bestellen Essen auf Rädern.“ Ansonsten küm-

mert er sich um Frühstück, Vesper und Abendbrot für die Eltern, fährt regelmäßig mit dem Bus zum Einkaufen in die Stadt. „Er füttert uns viel zu gut“, lobt Mutter Martha den Sohn und zeigt auf ihren Bauch. Vater Heinrich erzählt von vielen Handgriffen, die er wegen steifer Schultern nicht mehr ausüben kann. „Mein Sohn hilft mir immer beim Anziehen.“ Einen Ausgleich zu den Belastungen der Pflege der Eltern findet Dieter Schulze in der Gartenarbeit am Haus. „Ich wollte früher mal Gärtner werden“, sagt er. Die Liebe zur Natur hat sich der gelernte Maschinist erhalten und pflegt nun mit Leidenschaft Pflanzen und Hecken auf dem Grundstück. Auf Urlaub will er noch nicht verzichten. „Es muss nur alles gut organisiert werden“, erklärt er. Solange keiner der Eltern bettlägerig ist, springen die Geschwister zeitweise ein. „Im vorigen Jahr war ich eine Woche in Paris.“ Rückblickend auf die vergangenen Jahre fasst Dieter Schulze zusammen: „Mit der Aufgabe, die Eltern zu pflegen, habe ich selbst wieder Halt im Leben gefunden.“

Die Selbsthilfegruppe „Pflegende Ange­hörige“ trifft sich einmal im Monat.

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Selbsthilfe einmal anders Schrecklich schreckhaft Bedrückt von Sorgen sieht der Strauß

Aus Angst steckt er den Kopf in den Sand,

schon früh am Morgen ängstlich aus.

glaubt, so sei die Gefahr gebannt.

Vor den Schrecken dunkler Ecken

Huch! Da hat er was gehört,

möchte sich der Strauß verstecken.

der Strauß erschrickt und wirkt verstört.

Hektisch fängt beim kleinsten Mucken Den langen Hals reckt er empor, eins der Augen an zu zucken.

die Kulleraugen treten vor.

Und nähert man sich unbemerkt,

Hoch nervös schaut er sich um,

steht ihm vor Schreck das Haar zu Berg.

doch was da war, ist weg, wie dumm!

Was hat den Strauß so leicht erschreckt? Es ist die Angst, die in ihm steckt. Er muss ihr erst ins Auge sehen, sonst wird die Angst niemals vergehen.

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Hilfe finden! Hippotherapielager 2011 in Przylep bei Zielona Gora Im

Rahmen der Städtepartnerschaft zwischen Cottbus und Zielona Gora bietet die hippotherapeutische Gesellschaft in Zielona Gora Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit, am organisierten deutsch-polnischen Hippotherapielager im Deutsch-polnischen Begegnungszentrum in Przylep teilzunehmen. 6 Frauen unserer Selbsthilfegruppe „Frauen nach Krebs“ hatten die Möglichkeit an diesem Therapielager teilzunehmen. Wir waren sehr gespannt, was uns erwartet, denn es hatte noch keiner von uns auf einem Pferd gesessen. Wie werden uns die polnischen Frauen aufnehmen, wie wird die Unterbringung sein u. s. w.? Wir wurden von den polnischen Frauen sehr herzlich aufgenommen. Sprachbarrieren zu überwinden, war kein Problem, denn eine Dolmetscherin begleitete und betreute uns bei unserem 10-tägigen Aufenthalt. Außerdem beherrschte eine Teilnehmerin der Cottbuser Gruppe perfekt die polnische Sprache. Gleich am ersten Tag (wir waren in Gruppen gemischt deutsch/polnisch eingeteilt) begann die Reittherapie. Alle waren ziemlich aufgeregt. Ein bisschen Angst war bei einigen auch dabei, aber die konnten wir ziemlich schnell überwinden. Die Therapeutinnen waren sehr einfühlsam und hilfsbereit. Es war schon ein tolles Gefühl, die Wärme und die Bewegungen der Tiere direkt zu spüren, denn wir ritten ohne Sattel und ohne Steigbügel. Der Muskelkater blieb natürlich nicht aus, aber schon beim 2. Ausritt ging alles leichter. Jeden Tag konnte man den Ausritt durch die Wälder mehr und mehr genießen. Die Reittherapie endete mit einen kleinen Turnier in der Reithalle. Für diesen Tag hatten sich unsere Therapeuten etwas Besonderes ausgedacht. Mit Kostümen verkleidet, durften wir die Zügel selbst in die Hand nehmen, das Pferd nach rechts und links leiten, es zum Halten bewegen und aus entsprechenden Behältern Plüschtiere von einem Behälter zum anderen befördern. Das war schon aufregend und wir waren dabei alle Sieger. Eine Kutschfahrt durch die Wälder Polens war unsere letzte Begegnung mit den Pferden. Wassergymnastik und Bastelnachmittage ergänzten die Vielfalt unseres Aufenthaltes. Die Warmherzigkeit, der Elan und der Lebensmut der polnischen Frauen haben uns sehr beeindruckt. Wir haben sehr schnell zueinander gefunden, so dass diese Tage zu einem unvergesslichen Erlebnis wurden. Die Teilnehmerinnen der Frauenselbsthilfe nach Krebs Gruppe Cottbus-Sandow e. V. und der freien Gruppe Kolkwitz/Hippotherapielager 2011.

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Selbsthilfe erleben Kooperationspartner sind wichtig! ♦

Behindertenbeirat der Stadt Cottbus



Blinden- & Sehbehindertenverband



Caritas Kreisstelle Cottbus



Deutsche Malteser gemeinnützige GmbH



Diakonisches Werk Niederlausitz e. V.



Die Johanniter



Frauenzentrum Cottbus e. V. (Lila Villa)



Freiwilligen Agentur Cottbus

♦ Krankenkassen ♦

Landesverband der Gehörlosen Brandenburg e. V.



Lokales Bündnis für Familien Cottbus



Paritätischer Wohlfahrtsverband

♦ Stadtverwaltung ♦ Suchtberatung ♦

Volkssolidarität Brandenburg e. V.



VDK Sozialverband Berlin/Brandenburg e. V.

Partner der Rekis Cottbus

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Selbsthilfe erleben! Rat und Hilfe – Ein Überblick über wichtige Institutionen Stadtverwaltung Gesundheitsamt Cottbus Karl-Marx-Straße 67, 03044 Cottbus Tel. 0355 612-3215 Stadtverwaltung Sozialamt Cottbus Thiemstraße 37, 03050 Cottbus Tel. 0355 612-4800 Stadtverwaltung Cottbus Seniorenbüro Neumarkt 5, 03046 Cottbus Tel. 0355 612-2989 Stadtverwaltung Behindertenbeirat Cottbus Neumarkt 5, 03046 Cottbus Tel. 0355 612-2017 Pflegestützpunkt Cottbus Neutrale Pflegeberatung und -koordination Stadtverwaltung Cottbus Neumarkt 5 (Raum 21 bis 24), 03046 Cottbus Tel. 0355 612-2017 Gerontopsychiatrischer Verbund Cottbus/Spree-NeiSSe e. V. Geschäftsstelle: Zielona-Gora-Straße 16, 03048 Cottbus Tel. 0355 4867137 Malteser Hilfsdienst e. V. Diözese Görlitz Stadtgeschäftsstelle Klopstockstraße 4, 03050 Cottbus Tel. 0355 58420

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Infos der

REKIS Cottbus

für das Jahr 2012

Qualifizierungsangebote der REKIS Cottbus für Selbsthilfegruppen von April – Dezember 2012

Erfahrungsaustausch der Selbsthilfegruppen am 7. Juni 2012 und 13. September 2012

Sommerfest in der Lila Villa am 22. Juni 2012

Hoffeste und Gesundheitstage

Herbstmesse Cottbus und die Sonderausstellung Vital & Co. am 26. bis 28. Oktober 2012 Informationen und Kontaktaufnahme an den Ständen der Selbsthilfegruppen möglich

Jahrestreffen der Selbsthilfe am 22. November 2012

Brandenburgische Frauenwoche 2013

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Aquarell von Rosemarie Steinbach

in den Apotheken der Stadt Cottbus

A ADS Al - Anon Alleinerziehende Altersdemenz Angehörige Demenz- und Alzheimererkrankte Sandow Angehörige psychisch Kranker Angehörige von Demenzkranken in Lübbenau und Umgebung Angehörigengruppe Altersdemenz Angehörigengruppe Drogenabhängige Angehörigengruppe von Alzheimerkranken Angst Anonyme AlkoholikerAA Ansprechkreis für Kehlkopflose Arthrose Asthma Atemwegserkrankte Autismus

Selbsthilfegruppen und Themenbereiche

B Bachblüten- und Edelsteintherapie Bandscheibe Behinderte/Rollstuhlfahrer Blinde und Sehschwache Bipolare SHG Cottbus C COPD Cottbuser Tafel Creative GmbH D Depression/Burnout Depressionen Diabetes Diabetes Cottbus 10/07 Diabetes Cottbus vom DBB Diabetes Eltern-Kind/ Teeni Cottbus

D Diabetes Kontaktstelle Lausitz Diabetes Typ 1 Insuliner/Pumpenträger Diabetiker Selbsthilfegruppe Cottbus Dialyse Drogen-Gefährdete Diabetiker Selbsthilfegruppen E Elterngruppe Autistisches Kind Elterngruppe Neurodermitis erkrankter Kinder Elternkreis 46+1 Emotions Anonymus Erektionsstörungen Essstörungen F Fame FC-Reden wir Fibromyalgie Frauen mit Alkoholproblemen Frauen nach Krebs Frauen nach Brustkrebs Frauenpower Freiwilliges (ehrenamtliches) Engagement Freizeitgruppe Lebensalter über 50 Fructose/lLaktoseintoleranz Frühchen – Das Frühchen e. V. G Gemeinwesenarbeit Gesprächskreis Gefährdete Jugendliche Gesprächskreis Magersucht Gesprächskreis Mukoviszidose Gesprächskreis Mutter/ Vater-Kind -Beziehung Gesprächskreis Übergewichtige

H Hepatitis B und C Herzerkrankte Drebkau Herzsport I ILCO Inkontinenz J Jahreskreis Lebensfreude Lebenskunst - Lebenslust K Kleinwüchsige Menschen Krebs (Frauengruppen/ Männergruppen) L Leukämie Lebensberatung Lupus M Mehrlingsgeburten Messi Menschen mit psychischen Behindrungen Migräne Morbus Bechterew Morbus Sudeck Mobbing Mukoviszidose Multiple Sklerose (MS) N Naturheilkunde Natürlich gesund und mündig Neurofibromatose Spina bifida Sprachgestörte Jugendliche Stalking Stottern Sucht

P Parkinson Pflegende Angehörige Prostatakrebs Psychose Psychosomatische Leiden Pulmonale Hypertonie – Cottbus/Brandenburg R Restless Legs Syndrom Rheumatische Erkrankungen S Sarkoidose Schlafapnoe Schlaganfall Schuppenflechte (Psorasis) Schwerhörige Seniorenarbeit Single Spina bifida Sprachgestörte Jugendliche Stalking Stottern Sucht

Selbsthilfegruppen und Themenbereiche

Hilfe finden

T Tinnitus Trauernde Menschen U Unerfüllter Kinderwunsch Unfallopfer V Verlassene Eltern Verwaiste Eltern W Wechseljahre Wohlfühlgewicht Z

O

Zöliakie

Osteoporose Osteoporose Drebkau

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Impressum Herausgeber: Räume für Frauen e. V. REKIS Cottbus Thiemstraße 55 03050 Cottbus

Vorschau:

Erfahrungen und Ergebnisse aus der Selbsthilfegruppenarbeit

Räume für Frauen e. V. REKIS Cottbus – Regionale Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe Mitglied im paritätischen Wohlfahrtsverband

Redaktion: Elke Parnitzke Claudia Uthmann

Hufelandstraße H

Satz/Layout: PRofil agentur birgit jaslau Calauer Straße 70 03048 Cottbus Telefon: 0355 32707 www.pr-agentur-jaslau.de

Wir danken der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen im Land Brandenburg für die finanzielle Unterstützung bei der Herausgabe der Selbsthilfezeitung.

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Carl-ThiemKlinikum Thiemstraße

Fotos/Aquarell: Angelika Koal (10, 11) Adelheid Floß (13) Claudia Uthmann (1, 10, 11, 20) pixelio.de (4, 5) Rosemarie Steinbach (18)

REKIS Cottbus Thiemstraße 55 03050 Cottbus Telefon: 0355 543205 Telefax: 0355 4865657

Welzower Straße

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H Eilenburger Straße

Leipziger Straße

[email protected] www.rekiscottbus.de

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aus dem Raum Cottbus

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