13 BGB 185, 2113; GBO 22, 51

DNotI Deutsches Notarinstitut Dokumentnummer: l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 34wx161_13 14.10.2013 O L G M ün c h e n , 7.8.2013 - 34 Wx 1...
Author: Fanny Falk
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DNotI Deutsches Notarinstitut

Dokumentnummer: l e t zt e A k t u a l i s i e r un g :

34wx161_13 14.10.2013

O L G M ün c h e n , 7.8.2013 - 34 Wx 161/13 BGB §§ 185, 2113; GBO §§ 22, 51 Zur Grundbuchberichtigung beim Nacherbfall Ist gestaffelte Nacherbschaft angeordnet, so kann beim ersten Nacherbfall der Nacherbe, der einer Verfügung über den der Nacherbfolge unterliegenden Grundbesitz zugestimmt hat, nicht deswegen Grundbuchberichtigung verlangen, weil der Nachnacherbe der Verfügung nicht zugestimmt hat. Die Verfügung bleibt bis zum Nachnacherbfall wirksam.

Oberlandesgericht München Az.:

34 Wx 161/13 Schwabing Bl. 14799-31 AG München - Grundbuchamt -

In der Grundbuchsache Beteiligte: 1) xxx - Antragsteller und Beschwerdeführer 2) xxx 3) xxx Verfahrensbevollmächtigte zu 1: xxx wegen Grundbuchberichtigung

erlässt das Oberlandesgericht München - 34. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lorbacher, den Richter am Oberlandesgericht Kramer und den Richter am Oberlandesgericht Hinterberger am 07. August 2013 folgenden

Beschluss I.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 10. April 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Der Beschwerdewert beträgt 2 Mio. €.

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Gründe: I. Der Beteiligte zu 1 ist im Grundbuch als Miteigentümer zu 30/100 eines Grundstücks neben Stefanie H. - seiner Mutter, der Beteiligten zu 3 - (10/100) und Franziska H. seiner Schwester, der Beteiligten zu 2 - (30/100), ferner zu 30/100 in Erbengemeinschaft gemeinsam mit Franziska H. eingetragen. Das Grundbuch enthält einen Nacherbenvermerk hinsichtlich des Anteils der Erbengemeinschaft (2. Abt. Nr. 5) sowie einen gestaffelten Nacherbenvermerk für den Grundbesitz insgesamt (2. Abt. Nr. 1), schließlich an diesem einen Anteilsnießbrauch (2. Abt. Nr. 2) für Stefanie H.; eingetragen sind zu deren Gunsten auch zwei Rückauflassungsvormerkungen an Grundstücksanteilen (2. Abt. Nrn. 3 und 4). Eigentümerin des Grundbesitzes war Maria S., die - beschränkt auf dieses Grundstück gestaffelte Nacherbfolge angeordnet hatte. Als Nacherben des Vorerben Hans H., des Vaters des Beteiligten zu 1, sind nach dem Tod des Vorerben dessen Kinder und als weitere Nacherben beim Tod eines jeden Nacherben die jeweiligen Abkömmlinge eingesetzt. Der Vorerbe wurde im Grundbuch eingetragen, ebenso ein entsprechender Nacherbenvermerk. In der Folge wurden vom Vorerben Miteigentumsanteile an die Beteiligten übertragen, ferner der Beteiligten zu 3 - Ehefrau des Vorerben - ein Nießbrauch eingeräumt. In den Überlassungsverträgen wurden auch die Rückauflassungsvormerkungen bewilligt und im Grundbuch eingetragen. Am 14.6.2009 verstarb der Vorerbe Hans H.. Die Beteiligten zu 1 und 2 wurden hinsichtlich des dem Verstorbenen verbliebenen Anteils am Grundstück am 28.10.2010 als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragen; außerdem trug das Grundbuchamt bezüglich dieses Anteils einen Nacherbenvermerk ein. Am 25.3.2013 hat der Beteiligte zu 1 Grundbuchberichtigung beantragt und dies damit begründet, dass seine Schwester und er zwar den unentgeltlichen Übertragungsakten zugestimmt hätten, es aber wegen der angeordneten fortgesetzten Nacherbschaft auch der Zustimmung der Nachnacherben sowie zum Zeitpunkt der Übertragungen noch nicht geborener oder unbekannter Abkömmlinge - gegebenfalls ersetzt durch die Zustimmung eines Pflegers - bedurft hätte. Daher seien die Übertragungsakte unwirksam, beeinträchtigten die Rechte der Nacherben und unterliefen den Erblasserwillen. Der Nach-

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weis der Entgeltlichkeit sei nicht erbracht und könne auch nicht erbracht werden. Die Eintragungen hätten seinerzeit nicht vorgenommen werden dürfen. Der Beteiligte zu 1 hat beantragt, die Nacherben (nämlich die Beteiligten zu 1 und 2) in Erbengemeinschaft sowie einen doppelten Nacherbenvermerk einzutragen, ferner die Rückauflassungsvormerkungen sowie das Nießbrauchsrecht zugunsten der Beteiligten zu 3 zu löschen. Mit Beschluss vom 10.4.2013 hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, dass der Nacherbenvermerk keine Grundbuchsperre begründe, so dass durch die Eintragungen keine gesetzlichen Vorschriften verletzt seien. Zum Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit fehle der Unrichtigkeitsnachweis in Urkundsform oder die Vorlage von Berichtigungsbewilligungen der jeweils betroffenen Eigentümer bzw. Berechtigten in der Form des § 29 GBO. Im Übrigen laste der Nacherbenvermerk nach wie vor am gesamten Grundbesitz. Er sei auch bei Eintragung der Nacherben am 28.10.2010 nicht geändert worden. Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1, der seine ursprünglichen Anträge weiterverfolgt. Der Nacherbfall sei nun eingetreten. Die Nacherben auf der ersten Ebene seien die Beteiligten zu 1 und 2. Die unentgeltlichen Übertragungsakte seien infolge der Regelung des § 2113 Abs. 2 BGB unwirksam. Hieran könne auch die Zustimmung der Beteiligten zu 1 und 2 nichts ändern. Zum Zeitpunkt der Eintragungen in den Jahren 2004 und 2005 liege daher ein Gesetzesverstoß vor, da das Grundbuchamt verpflichtet gewesen sei, die Vorlage der Zustimmungserklärung der Nacherben und der Nachnacherben angesichts der offensichtlich unentgeltlichen und beeinträchtigenden Verfügungen zu prüfen. Der Beteiligte zu 1 habe den Unrichtigkeitsnachweis erbracht und sowohl seine Berechtigung als Nacherbe als auch beide notariellen Übergabeverträge vorgelegt. Bei der fehlenden Pflegerbestellung für die ungeborenen Nachnacherben und der fehlenden Zustimmungserklärung handle es sich um negative Umstände und um ein für jedermann erkennbares offensichtliches Faktum. Die Nachnacherben seien durch die Nacherbenvermerke nicht ausreichend geschützt. Zum Einen seien durch die Übertragungsakte dem Vorerbenvermögen bereits 70 % der Eigentumsanteile entzogen worden. Der Nacherbenvermerk gehe somit ins Leere. Zum Anderen sei die Immobilie potentiell wirtschaftlich entwertet, auch angesichts der der Beteiligten zu 3 eingeräumten Befugnis, das Grundstück mit weiteren Grundpfandrechten bis zu 2 Mio. € zu belasten, was zum Ergebnis habe, dass den Nachnacherben im Herausgabefall lediglich noch eine wertlose Hülle übergeben werden könne. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

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II. Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Berichtigungsantrags ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1 ist nicht deshalb in Zweifel zu ziehen, weil dieser den unentgeltlichen Übertragungsakten zugestimmt hat. Denn es wird gerade geltend gemacht, die Zustimmung sei nicht ausreichend und die Rechtsgeschäfte seien daher unwirksam. a) Bedenken bestehen auch nicht deshalb, weil der Beteiligte zu 1 die Eintragungen von vorneherein nicht für statthaft hält, da das Grundbuchamt die Rechtslage unrichtig beurteilt und - auf Grundlage der ihm bekannten Umstände - die Eintragung nicht hätte vornehmen dürfen. § 22 GBO ist zwar unanwendbar, wenn das Grundbuchamt bereits bei der Eintragung die ihm bekannte Rechtslage unrichtig beurteilt hat (vgl. Senat vom 20.5.2010, 34 Wx 45/10 = Rpfleger 2010, 491; Demharter GBO 28. Aufl. § 22 Rn. 6). Entsprechend ist auch die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Berichtigungsantrags nur beschränkt, nämlich auf Eintragung eines Widerspruchs entsprechend § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO gerichtet, zulässig (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO), wenn eine unter Abs. 2 fallende ursprüngliche Unrichtigkeit berichtigt werden soll, da sich die Beschwerde dann gegen die angeblich von Anfang an unrichtige Eintragung richtet (vgl. Demharter § 71 Rn. 30 m.w.N.). Aus dem tatsächlichen Vorbringen des Beteiligten zu 1 und aus der Grundbuchlage ergibt sich jedoch, dass die Eintragungen nicht von vorneherein unrichtig waren, sondern allenfalls durch den Eintritt der Nacherbfolge unrichtig geworden sein könnten. b) Der Nacherbenvermerk, der mit der Eintragung des Vorerben von Amts wegen einzutragen ist (§ 51 GBO), bewirkt nämlich keine Grundbuchsperre. Das Grundbuchamt hat den Eintragungsanträgen des Vorerben ohne Rücksicht auf das Recht des Nacherben, von wenigen nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, stattzugeben, mag es sich um eine befreite oder nicht befreite Vorerbschaft, um eine entgeltliche oder unentgeltliche Verfügung handeln (vgl. OLG Frankfurt DNotZ 2012, 150; Demharter § 51 Rn. 32; ferner schon RGZ 102, 332/334; BayObLG Rpfleger 1974, 355/356 a.E.). Der Nacherbe ist durch den am 13.3.1995 eingetragenen Nacherbenvermerk (nach Maria Sch.) geschützt. Dieser ist bisher nicht gelöscht worden. 2. Die somit zulässige Beschwerde ist unbegründet. Durch den Eintritt des Nacherbfalls ist das Grundbuch nicht unrichtig geworden.

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a) Eine § 2113 Abs. 1 oder 2 BGB unterfallende Verfügung wird "im Falle des Eintritts der Nacherbfolge" ex nunc unwirksam (BGHZ 52, 269; vgl. Staudinger/Avenarius BGB Neubearb. 2013 § 2113 Rn. 32; Palandt/Weidlich BGB 72. Aufl. § 2113 Rn. 8; Lang in Burandt/Rojahn Erbrecht § 2113 BGB Rn. 52). Die mit dem Nacherbfall eintretende Unwirksamkeit einer § 2113 BGB widersprechenden Verfügung wirkt absolut und kann von jedermann geltend gemacht werden, da der Vorerbe nur Verfügungsberechtigter auf Zeit ist (BGHZ 52, 269/270). Nach § 2113 Abs. 1 BGB ist die Verfügung des Vorerben insoweit unwirksam, als er das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Von dieser Beschränkung kann der Erblasser den Vorerben nach § 2136 BGB befreien, nicht aber von der Beschränkung des § 2113 Abs. 2 BGB, die unentgeltliche Verfügungen betrifft. In jedem Fall aber kann der Nacherbe dem der Verfügungsbeschränkung unterliegenden Rechtsgeschäft zustimmen, so dass die Verfügung in entsprechender Anwendung des § 185 BGB von Anfang an voll wirksam ist (BGH NJW 1963, 2320; vgl. Staudinger/Avenarius § 2113 Rn. 17; Lang in Burandt/Rojahn § 2113 BGB Rn. 18). Zustimmen müssen auch Nachnacherben oder eventuell für diese bestellte Pfleger (vgl. Staudinger/Avenarius aaO.; Heider ZEV 1995, 1; Lang in Burandt/Rojahn § 2113 BGB Rn. 20). Die Zustimmung beinhaltet einen Verzicht auf das Nacherbenrecht und schließt damit dessen Vereitelung oder Beeinträchtigung mit der Folge aus, dass das Verfügungsgeschäft auch für die Zeit ab dem Nacherbfall wirksam bleibt (vgl. BeckOK/Litzenburger BGB Stand 1.5.2013 § 2113 Rn. 26 m.w.N.). b) Das bedeutet hier, dass die Löschung von Nießbrauch und Rückauflassungsvormerkungen sowie die Eintragung der Beteiligten zu 1 und 2 in Erbengemeinschaft als Eigentümer nicht möglich ist. Zwar haben die Nachnacherben nicht zugestimmt, die Verfügungen von Hans H. sind insoweit nicht wirksam. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind nunmehr Vorerben. (Erst) mit Eintritt des weiteren Nacherbfalls sind die bisherigen Verfügungen unwirksam und sind die Nacherben einzutragen. Erst zu diesem Zeitpunkt kann auch der für die Beteiligte zu 3 eingetragene Anteilsnießbrauch in Wegfall kommen. Zwar ist eine § 2113 BGB unterfallende Verfügung mit dem Eintritt der Nacherbfolge unwirksam. Die Beteiligten zu 1 und 2 als Nacherben haben aber den Verfügungen zugestimmt und damit auf ihr Nacherbenrecht verzichtet (OLG Schleswig Rpfleger 1968, 325; BeckOK/Litzenburger § 2113 Rn. 26). Damit ist für diese Nacherben Vereitelung oder Beeinträchtigung mit der Folge ausgeschlossen, dass das Verfügungsgeschäft auch für die Zeit ab dem ersten Nacherbfall wirksam bleibt. Haben die Beteiligten zu 1 und 2 teilweise auf ihr Nacherbenrecht verzichtet, sind sie - soweit sie nicht ohnehin Eigentümer sind, sei es aufgrund der Nacherbfolge, sei es durch die Übertragung durch Hans H. - durch den ersten Nacherbfall nicht Eigentümer geworden. Andererseits

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können die - möglicherweise auch noch nicht existierenden - Nachnacherben nicht als Eigentümer eingetragen werden, da der Nachnacherbfall noch nicht eingetreten ist. Zwar wirkt die Unwirksamkeit der Verfügung gegen alle. Die Verfügung beeinträchtigt die bisherigen Nacherben und nunmehrigen Vorerben aber nicht. Die fehlende Zustimmung der Nachnacherben kann sich erst im Nachnacherbfall auswirken. Die Nachnacherben sind durch den noch eingetragenen Nacherbenvermerk vom 13.3.1995 weiterhin geschützt. Da dessen Eintragung auch nicht gesetzeswidrig war, hat es bis zum Nachnacherbfall dabei zu verbleiben. 3. Der Beschwerdewert wird auf 2 Mio. € festgesetzt (§ 131 Abs. 4 i. V. m. § 30 Abs. 1 und 3, § 19 Abs. 2 KostO, § 134 GNotKG). Ausgangspunkt für die Bewertung bildet der Grundstückswert mit 3 Mio. €. Zu berücksichtigen ist einerseits, dass der Beteiligte zu 1 bereits Miteigentümer ist, andererseits, dass der Nießbrauch - im Jahre 2006 mit 360.000 € bewertet - auch das Miteigentum des Beteiligten zu 1 belastet. 4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

Lorbacher Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht

Kramer Richter am Oberlandesgericht

Hinterberger Richter am Oberlandesgericht

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 12. August 2013. xxx Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle

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Leitsatz:

BGB § 185 Abs. 2, § 2113 Abs 1 und Abs. 2 GBO §§ 22, 51

Ist gestaffelte Nacherbschaft angeordnet, so kann beim ersten Nacherbfall der Nacherbe, der einer Verfügung über den der Nacherbfolge unterliegenden Grundbesitz zugestimmt hat, nicht deswegen Grundbuchberichtigung verlangen, weil der Nachnacherbe der Verfügung nicht zugestimmt hat. Die Verfügung bleibt bis zum Nachnacherbfall wirksam.

OLG München, 34. Zivilsenat Beschluss vom 8.2013 34 Wx 161/13