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Weinen und Sdueien, also in keineswegs glüddichen Zeichen, und diese Zeit erstreckt sich auf nicht weniger als drei Jahre, ein nicht unbedeutender Abschnitt des Lebens, um ihn schlechter oder besser zu verbringen. Kleinias: Da hast du recht. Der Athener: Scheint euch nun einer, der mißmutig und niemals heiter ist, nicht weinerlicher und von Gejammer meist b mehr erfüllt zu sein, als sich für einen guten Mann gehört? Kleinias: Mir jedenfalls scheint es so. Der Athener: Wie nun? Wenn jemand diese drei Jahre hindurch es mit Aufbietung aller Mittel versuchen wollte, daß unser Zögling 12 möglichst wenig Schmerz, Furcht und Kummer aller Art erfährt, glauben wir da nicht, daß er die Seele des Zöglings in diesem Fall wohlgemuter und heiterer machen würde? Kleinias: Das ist doch klar, und besonders, Fremder, wenn c er ihm viele Lust verschaffen würde. Der Athener: Darin möchte ich dem Kleinias nicht mehr folgen, du Trefflicher; denn ein solches Verfahren wäre in der Tat in unsern Augen das allergrößte Verderben; dieses setzt nämlich jeweils gleich beim Beginn der Erziehung ein.13 Sehen wir zu, ob wir damit etwas Richtiges sagen. Kleinias: So sag, was du meinst. Der Athener: Daß unser Gespräch jetzt nicht etwas Geringfügiges betrifft, meine ich. Sieh aber auch du zu, Megillos, und sei Schiedsrichter zwischen uns. Meine Behauptung lautet nämlich, daß ein richtiges Leben weder der Lust nachjagen noch den Schmerz völlig fliehen darf, sondern eben die rechte Mitte vorziehen muß,14 d die ich gerade als heiter bezeichnet habe, eine Gemütsverfas­ sung, die wir ja alle einer Art Seherspruch zufolge auch der Gottheit ganz zutreffend beilegen.15 Dieser Haltung, be­ haupte ich, muß auch derjenige von uns nachjagen, der göttlich sein will,18 indem er weder sich selbst der Lust 3.1.3 Lust und Schmerz. Die rechte Mitte

12 Das von England getilgte ,;o 'tQEq>OJlEVOV ist mitübersetzt worden; denn die Tilgung ist nur erforderlich, wenn man in b 4 das in AO überliefene (sachlich schiefe) 'tQLE'tij festhält (so Dies in seiner Übersetzung, obwohl er im Text ,;a 'tQl' h1J schreibt). 13 Zur Bedeutung des rechten Anfangs vgl. VI 753 e 6 ff. 765 e 3-6. 775 e 2/3 und bes. rep. II 377 a 12 ff. (von der Erziehung). 14 Vgl. I 636 d 7 ff.; IX 875 b 8/9 und VA. 9. 16-18 [Anm. 15-16 s. u. S. 555.]

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gänzlich hingibt, da er ja auch dann nicht von Schmerzen frei sein würde, noch es zuläßt, daß dies einem andern bei uns widerfährt, weder einem Alten noch einem Jungen, weder einem Mann noch einer Frau, am allerwenigsten aber nach Möglichkeit dem gerade geborenen Kind. Denn e am wirksamsten wurzelt sich bei allen gerade zu dieser Zeit die gesamte Gemütsart durch Gewöhnung ein.17 Und wenn ich nicht befürchten müßte, daß man es als einen Scherz betrachtet, so würde ich auch noch verlangen, daß man den Frauen, die ein Kind in ihrem Leib tragen, unter allen Frauen die meiste Aufmerksamkeit das betreffende Jahr hindurch widmen muß, damit die Schwangere sich weder zahlreichen und ausschweifenden Lustgefühlen hingibt noch auch solchen Schmerzempfindungen, sondern damit sie diese Zeit so verbringt, daß sie auf eine heitere, freundliche und sanfte Stimmung Wert legt. Kleinias: Du brauchst den Megillos gar nicht erst zu fra- 793 gen, Fremder, wer von uns beiden die richtigere Ansicht vorgetragen hat; denn ich selbst gebe dir zu, daß alle ein Leben ungemischten Schmerzes und ungemischter Lust zu meiden und stets einen Mittelweg einzuschlagen haben. Du hast also richtig gesprochen und zugleich eine richtige Antwort von mir gehört. Der Athener: Sehr gut, Kleinias. Danach wollen wir also zu dritt noch folgendes bedenken. Kleinias: Was denn? Der Athener: Daß alles das, was wir jetzt durchgehen, zu dem gehört, was man gemeinhin unge­ schriebene Satzungen nennt; und was man als von den Vätern ererbte Gesetze bezeichnet, ist nichts anderes als die b Gesamtheit derartiger Vorschriften.18 Und so hat sich auch die Bemerkung, die sich vorhin so ergeben hatte,19 man dürfe sie weder Gesetze nennen noch sie unerwähnt lassen, als richtig erwiesen. Denn sie sind die festen Bänder eir..er jeden Staatsverfassung, indem sie die Mitte bilden zwischen all den bereits schriftlich abgefaßten und aufgestellten Ge­ setzen und denen, die noch aufgestellt werden, ganz wie von den Vätern ererbte, uralte Bräuche, die, wenn sie richtig eingeführt und zur Gewohnheit geworden sind, die bis dahin abgefaßten Gesetze mit allem erdenklichen Schutz 3.1.4 Die Bedeutung der ungeschriebenen Gesetze

17 Vgl. rep. II 377 b 1-3. 1&-18 [Anm. 18-19 s. u. S. 19.]

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