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2. Grundzüge der Mikroökonomik Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08 2.11 Arbeitsmarktökonomik Prof. Dr. Sabine ...
Author: Anke Bäcker
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2. Grundzüge der Mikroökonomik

Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

2.11 Arbeitsmarktökonomik

Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Arbeitsmarkt Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

• Markt für den Produktionsfaktor Arbeit • Zusammentreffen von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage • Funktionsweise des Arbeitsmarktes entspricht der von Gütermärkten. • Arbeitsnachfrage: geht von Unternehmen aus • Arbeitsangebot: geht von Haushalten (Arbeitnehmern) aus • Ungleichgewichte werden durch den Lohnmechanismus ausgeglichen.

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2.11 Arbeitsmarktökonomik • Wichtige Annahmen: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

- vollständige Konkurrenz auf Absatz- und Beschaffungsmärkten - vollständige Voraussicht und Markttransparenz - vollkommene Mobilität - homogene Arbeitsanbieter - keinerlei Friktionen/Preisrigiditäten

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Arbeitsnachfrage Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

• abgeleitet aus dem Gewinnmaximierungskalkül der Unternehmen • Unternehmen fragen Dienste von Arbeitskräften nach. • fallender Verlauf der Arbeitsnachfragekurve: Nachgefragte Menge nimmt mit steigendem Lohnsatz ab. → zurückzuführen auf Gesetz des abnehmenden Grenzertrags

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Herleitung der Arbeitsnachfrage: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

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Annahme: einziger Produktionsfaktor Arbeit → Produktionsfunktion: Y = f(L)

∂Y → positives Grenzprodukt des Faktors Arbeit: ∂L > 0 ∂2Y 0)

w F + M' p wF + M p wF p

F Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

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2.11 Arbeitsmarktökonomik b) Variation von w und p (bei M=0) Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

∆w > 0, ∆p < 0 ∆w < 0, ∆p > 0

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Optimale Konsum-Freizeit-Wahl: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

→ Nutzenmaximierung unter Nebenbedingungen Nutzenfunktion:

U = U(C,F)

→ positiver Grenznutzen:

∂U ∂U > 0; >0 ∂C ∂F → Grenzrate der Substitution: totales Differential der Nutzenfunktion:

dU = 0 = Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

∂U ∂U dC + dF ∂C ∂F 21

2.11 Arbeitsmarktökonomik

Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

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⇒−

dC ∂U / ∂F = ( = GRS) dF U ∂U / ∂C

Grafische Darstellung des Haushaltsoptimums:

Freizeit Arbeitszeit: L* = F − F*

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Im Haushaltsoptimum muss gelten: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

∂U / ∂F w = ∂U / ∂C p pC + wF = w F

(für M=0)

(I) (II)

→ Konsumnachfragefunktion:

C = C( w, p,M, F ) → Freizeitnachfragefunktion:

F = F( w, p,M, F ) Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

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2.11 Arbeitsmarktökonomik → Arbeitsangebotsfunktion: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

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L = F − F( w, p,M, F ) → L = L( w, p,M, F )

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Formale Lösung des Optimierungsproblems: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

max U(C,F) u.d.N. C,F

pC + wF = w F + M

→ Lagrange-Ansatz:

L = U(C,F) + λ[ w F + M − pC − wF] ∂L ∂U = − λp = 0 ∂C ∂C ∂L ∂U = − λw = 0 ∂F ∂F



∂L = w F + M − pC − wF = 0 ∂λ Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

∂U / ∂F w = ∂U / ∂C p

(I)

(II) 25

2.11 Arbeitsmarktökonomik Grafische Ableitung der Arbeitsangebotsfunktion: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

→ ergibt sich aus der Summe der optimalen KonsumFreizeit-Entscheidungen des Haushalts bei unterschiedlichen Lohnsätzen

Arbeitsangebot

L0 Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

L1 L2

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Ursachen für Verschiebungen der Arbeitsangebotskurve: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

- Änderung der Präferenzen - Änderung der alternativen Möglichkeiten - Einwanderung

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

Arbeitsangebot

Gleichgewicht Arbeitsnachfrage

→ Lohnsatz passt sich so an, dass Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage übereinstimmen. Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

→ Lohnsatz entspricht dem Wertgrenzprodukt der Arbeit. 28

2.11 Arbeitsmarktökonomik Verschiebung der Arbeitsangebotskurve: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

LS LS‘

LD

→ Ein Anstieg des Arbeitsangebots senkt den Lohnsatz und erhöht die Beschäftigung. Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

→ Im neuen Gleichgewicht ist auch das Wertgrenzprodukt niedriger. 29

2.11 Arbeitsmarktökonomik Verschiebung der Arbeitsnachfragekurve: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

LS

LD‘ LD

→ Eine Erhöhung der Arbeitsnachfrage führt zu einem Anstieg des Lohnsatzes und der Beschäftigung. Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

→ Im neuen Gleichgewicht ist das Wertgrenzprodukt höher. 30

2.11 Arbeitsmarktökonomik Bestimmungsgründe von Gleichgewichtslöhnen: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

• Lohndifferenzierung: Lohnunterschied, der auf nichtmonetäre Eigenschaften verschiedener Tätigkeiten zurückzuführen ist • Humankapital: Summe aller in der Vergangenheit vorgenommenen Erziehungs- und Ausbildungsinvestitionen • Begabung, Anstrengung und Zufall • Ausbildung als Signal („Signaling-Theorie“) • Superstar-Phänomen

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2.11 Arbeitsmarktökonomik

Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

Wie kann es auf dem Arbeitsmarkt zu Arbeitslosigkeit kommen? • Klassische (Mikroökonomische) Arbeitslosigkeit: verursacht durch einen zu hohen Lohn für Arbeit (zu hohe Löhne und/oder zu großzügige Sozialleistungen) • Keynesianische (Makroökonomische) Arbeitslosigkeit: verursacht durch eine zu geringe gesamtwirtschaftliche Nachfrage Im Folgenden: Betrachtung klassischer Arbeitslosigkeit

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2.11 Arbeitsmarktökonomik

Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

→ Arbeitslosigkeit als Folge der Störung des Preismechanismus z.B. Tarifverträge, in denen Löhne vereinbart werden, die über dem Gleichgewichtslohn liegen

Angebotsüberschuss

LS

LD Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

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2.11 Arbeitsmarktökonomik

Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

Warum können Gewerkschaften ein Interesse an „zu hohen“ Löhnen haben? → Umleitung eines Teils der Konsumentenrente der Unternehmer in eine Produzentenrente der Arbeitnehmer ohne Gewerkschaft w

mit Gewerkschaft w

Konsumentenrente

Konsumentenrente LS

LS w'

Wohlfahrtsverlust

w*

Produzentenrente Prof. Dr. Sabine Jokisch Institut für WirtschaftsWissenschaften, Universität Ulm

L*

LD L

Produzentenrente L'

LD L 34

2.11 Arbeitsmarktökonomik Aber: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

→ „Insider-Outsider-Problem“: • Insider profitieren von höheren Löhnen im Vergleich zum freien Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt • Outsider finden keinen Arbeitsplatz mehr → Wohlfahrtsverlust für die Gesellschaft

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Sollte man Gewerkschaften abschaffen? Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

→ Vorteil der zentralen Lohnfindung für Unternehmen: • Einsparung von Transaktions- und Informationskosten • „Sozialer Frieden“ in Unternehmen → Vorteil der zentralen Lohnfindung für Arbeitnehmer: • Schutz vor lokalem Monopson • Problem der „asymmetrischen Information“ wird vermieden

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2.11 Arbeitsmarktökonomik

Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

Weitere Möglichkeiten für Löhne über dem Gleichgewichtslohn: • Gesetzliche Mindestlöhne • Effizienzlöhne: Löhne über dem Gleichgewichtsniveau, die Unternehmen freiwillig zur Steigerung der Arbeitsproduktivität bezahlen

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Wie sind die Einkommen in Deutschland verteilt? Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

→ Quantilsdarstellung: • Alle Haushalte werden nach der Höhe Ihres monatlichen Nettoeinkommens sortiert. • Die Haushalte werden in zehn gleich große Gruppen unterteilt: 1. Dezil: Gruppe der untersten 10 Prozent … 10. Dezil: Gruppe der obersten 10 Prozent • Ermittlung des Anteils jeder Gruppe am Gesamtbetrag des monatlichen Nettoeinkommens.

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Dezilanteile der Nettoeinkommen in Deutschland 1993/2005: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

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Dezilanteile (in v.H.) 1993

2005

1. Dezil

3,6

2,9

2. Dezil

5,6

4,8

3. Dezil

6,7

6,0

4. Dezil

7,6

7,0

5. Dezil

8,4

8,0

6. Dezil

9,5

9,2

7. Dezil

10,6

10,5

8. Dezil

12,2

12,0

9. Dezil

14,3

14,7

10. Dezil

21,7

24,9

Quelle: Sachverständigenrat (2007), S. 460

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2.11 Arbeitsmarktökonomik

Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

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Relative kumulierte Häufigkeit der Einkommen (in v.H.)

Grafische Veranschaulichung durch Lorenzkurve:

Relative kumulierte Häufigkeit der Einkommensbezieher (in v.H.)

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Einkommensungleichheit im internationalen Vergleich: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

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Land

Anteil der untersten 10%

Anteil der obersten 10%

Relation

Japan

4,8

21,7

4,5

Deutschland

3,3

23,7

7,2

Indien

3,5

33,5

9,6

Großbritannien

2,6

27,3

10,5

China

2,4

30,4

12,7

USA

1,8

30,5

16,9

Russland

1,7

38,7

22,8

Nigeria

1,6

40,8

25,5

Mexiko

1,6

41,1

25,7

Südafrika

1,1

45,9

41,7

Brasilien

1,0

46,7

46,7

Quelle: World Bank (2002), S. 234-235

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Wann spricht man von Armut? Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

→ relative Armut: Haushalte mit weniger als i.d.R. 50 Prozent des durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens werden als arm bezeichnet. → Armut ist somit eine Frage der Einkommensverteilung, nicht der Einkommenshöhe. → So ist beispielsweise die Armutsquote zwischen 1973 und 1998 gestiegen, obwohl sich das Realeinkommen der Haushalte im untersten Dezil um rund 20% erhöht hat.

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2.11 Arbeitsmarktökonomik Politische Maßnahmen zur Armutsbekämpfung: Allgemeine Volkswirtschaftslehre für WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

• Mindestlöhne • System der sozialen Sicherung • Negative Einkommensteuer

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