Эдуард Сноуден (Eduard Snoudin)

Ossisblock Эдуард Сноуден (Eduard Snoudin) 1. Akt Wir schreiben das Jahr 2022. Im Hochsommer. Ein Mann des Служба внешней разведки stellt einen Asyl...
Author: August Roth
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Эдуард Сноуден (Eduard Snoudin)

1. Akt Wir schreiben das Jahr 2022. Im Hochsommer. Ein Mann des Служба внешней разведки stellt einen Asylantrag in Berlin. Das ist Eduard vom SWR ( hier: Auslandsgeheimdienst Rußlands). Eduard hatte Tausende geheime Dokumente des SWR auf seinen USB-Stift kopiert und flog dann dienstlich nach Elend im Hochharz (Sachsen-Anhalt). Dort betreibt der SWR eine Abhörzentrale. Die bestand schon seit 1954 und wurde von der DDR großzügig gefördert und teilweise mitgenutzt. Eduards Vater Paul wurde 1963 in Magdeburg geboren und arbeitete seit 1983 bei der Auslandsaufklärung der Stasi. 1990 setzte sich Paul Schneewinsky nach St. Petersburg ab (Er änderte seinen Namen in Snoudin). Dort lernte er die schöne und ebenso junge Elena Mischkowa kennen. Sie heirateten und 1996 bekamen sie ihren Sohn Eduard. Eduards Asylantrag wird vom Innenminister persönlich bearbeitet. Dieser ist ein lustiger Oberbayer von der CSU und seit einem Jahr im Amt. Denn 2021 hatten CDU/ CSU bei den Bundestagswahlen die absolute Mehrheit errungen. Mit 32,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die 25 andere Parteien schafften es nicht, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Bis auf die Linke. Die Wahlbeteiligung lag bei 41,3 Prozent. Nun also saß dieser Bayer aus Berchtesgaden in Berlin und vermißte die Alpen und das Bayrische Meer. Als der Innenminister erkennt, welche brisanten Dokumente der Überläufer mitbringt, gibt er sofort eine Meldung ans Bundeskanzleramt durch. Die Kanzlerin reagiert umgehend. Sie informiert unverzüglich ihren Vorgesetzten – den Präsidenten der USA. Gleichzeitig wird eine Sondersitzung des Bundestages anberaumt. Dazu müssen die 845 Abgeordneten aus den Sommerferien herbei eilen. Der Außenminister langweilt sich mit seiner mittlerweile 6. Ehegattin am Persischen Golf im Iran. Diesen Sommersitz hatte er nach dem letzten Friedenseinsatz der USA vor 3 Jahren spottbillig erworben. Der Gleichstellungsminister surft dagegen vor der lybischen Mittelmeerküste mit seinem Lebensgefährten.

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Die Eduard-Snoudin-Saga

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Es dauert nur 24 Stunden und die Flugbereitschaft der Friedenswehr (die Bundeswehr wurde 2019 umbenannt) hat alle wichtigen Leute eingeflogen. Es ist ein Sonntag mitten im August. Die Tagesshow unterbricht um 20.08 Uhr (MEZ) das Verlesen der üblichen Propaganda und bringt eine Liveschaltung in den Bundestag. Zeitgleich schalten N24 und Fox News dorthin. Selbst Sky unterbricht seine Vorberichterstattung vom wichtigen Bundesligaknaller Motor Neubrandenburg gegen Aufwärts Hinterzarten – also Meister gegen Pokalsieger. Der Alterspräsident des Bundestages (88) rollt ans Rednerpult. Er hat beim Schnick-SchnackSchnuck gegen Bundeskanzlerin und Bundestagspräsidenten gewonnen und darf vorlesen. Es ist ganz still. Zwei Minuten vergehen. …Verdammt – wo ist die Rede? Ein Saaldiener sprintet herbei und hat das wichtige Blatt im DIN A 10 Format (26 x 37 mm) in beiden Händen. Dankbar lächelt der Alterspräsident ihm zu. “Его сразу же привезли сюда.” Der erste Satz ist gefallen. Nur die 5Abgeordneten der Partei die Linke und die Bundeskanzlerin haben das verstanden. Alle anderen gucken wie stillgelegte Autos – also wie immer. Der Alterspräsident merkt, daß er russisch gesprochen hat. Er räuspert sich und sagt: “Man hat ihn sofort hierher gefahren.” Ein Raunen geht durch den Saal.

2. Akt Der Bundespräsident weilt übrigens zu diesem Zeitpunkt noch in Kolberg(Westpommern) und läuft barfuß durch das Ostseewasser. Sein Handy wurde ihm schon vor 3 Tagen in einer Döneria mitten im Zentrum des Ortes gestohlen. Der Sicherheitsbeamte des Personenschutzes ist mal kurz nach Hause gefahren. Seine Familie wohnt in Stettin. Die Frau Bundespräsidentin ist mit ihrer Tochter seit vorgestern in Warschau zum Einkaufen. Die Profis der NSA nagen derweil an ihren Burgern und schauen durch ein verspiegeltes Fenster auf das Geschehen im Bundestag. Der Alterspräsident hält das briefmarkengroße Blättchen fest und stöhnt. Kein weiterer Text ist zu sehen. Hätte er beim Schnick-Schnack-Schnuck in der letzten Runde lieber den Stein genommen – nicht die Schere. Dann würde hier der Bundestagspräsident stehen. Die Kanzlerin verlor mit ihrem Brunnen schon in der ersten Runde. Derweil haben sich im Oval Office all diejenigen versammelt, die sonst auf den Bildschirmen gezielte Tötungen verfolgen. Diesmal scheint es eher langweilig zu werden. Weit gefehlt. ossiblock.wordpress.com

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Ein Hinterbänkler macht sich bemerkbar. Eindeutig ein Sachse aus Dresden. “Wen hat man hierher gefahren?” schreit er durch den Saal. Böse Blicke von allen Fraktionen (2) treffen ihn. Denn außer der CDU/CSU-Fraktion sitzen noch die Abgeordneten der Linkspartei – quasi die SED – mit im Saal. Als parlamentarische Opposition. Mit ihren 5 Sitzen von 845 haben die SED-Nachfolger zwar nur eine Redezeit von einer Stunde pro Monat, aber das ist besser als nichts. Denn im Nichts befinden sich seit langem die FDP und die Grünen. Der Vorsitzende der FDP hatte sich vor 5 Jahren erschossen. Direkt nach den Wahlen. Die beiden Vorsitzenden von den Grünen waren letztes Jahr nach den Wahlen ausgewandert. Nach Afghanistan. Sie betreiben dort eine Bio-Mohn-Plantage. Der Innenminister winkt lässig. Durch eine Geheimtür betritt Eduard Snoudin den Saal des hohen Hauses. Im Schlepptau acht Sicherheitsbeamte der CIA. Eduard spricht zwar perfekt deutsch, aber er möchte seine Erklärung doch in seiner Muttersprache abgeben. Die Kanzlerin wird simultan übersetzen. Das war schon immer ihr Lebenstraum. Jetzt erfüllt er sich. Die Kanzlerin wird verkabelt und stellt sich neben Eduard. In Moskau rollen die Köpfe. Der Kreml tobt und kocht. Der Präsident hat den Notstand ausgerufen. Die Geheimdienst-Chefs versinken förmlich im Boden. Keiner weiß, ob er morgen noch lebt. Per Smartphone übermitteln sie alle ihren letzten Willen. Im Vatikan läuft Papst Alexus I. einsame Runden. Er ist Russe. Was tun?

3. Akt Papst Alexus wurde in Kasan geboren. Sein Vater war Tatare, seine Mutter Muslimin. 2005 wurde in Kasan die größte Moschee Europas eröffnet. Eigentlich heißt der Papst Alexander Alexandrowitsch Tokarew. Sein Cousin 3.Grades, Wadim Tokarew, war ein berühmter Profiboxer. Der wiederum verlor gegen den deutschen Marco Huck vor 15 Jahren klar durch Punktniederlage. Aber Alexus dachte jetzt eher an einen seiner Vorgänger. An den Polen Karol Józef Wojtyła. Der hatte 1978 den Thron bestiegen und das Weltreich der Kommunisten zerstört. Könnte dieser Eduard Snoudin ihm irgendwie nützlich sein?

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Zurück im Reichstagsgebäude. Eduard nimmt das Mikrofon. Er spricht und die Kanzlerin übersetzt fehlerfrei. Die Beobachter von CIA und NSA rümpfen die Nase. Es wird ein Nachspiel geben. Eduard erzählt zuerst von seiner schweren Zeit in der Ausbildung bei der SWR. Er glaubte immer an die Ideale, die man ihm vermittelte. Darum ertrug er alles mit stoischer Ruhe. Aber es gab für ihn ein Schlüsselerlebnis, welches alles veränderte. Seit diesem Tag – so berichtet er – dachte er jeden Tag über eine Flucht nach. Der Kremlchef schaut wie gebannt auf den 80-Zoll-Fernseher von Sharp in seinem Arbeitszimmer. Dieser ist ein Geschenk des deutschen Verkehrsministers. Innerlich verflucht er Gorbatschow, Jelzin und alle anderen Schwuchteln. Immerhin hat er 5 Jahre in Afghanistan gekämpft. Bauchschuß und Ehrenmedaille inklusive. Neben ihm sitzt der Chef der SWR. Daneben der Chef vom FSB. Beide haben das normale Glas mit Wodka in der Hand. Sto Gramm. Auf dem Tisch gibt es eingelegte Gurken, Speck und Brot. Eine junge Hostess bringt gerade Früchte und Zigarren. Der Samowar brodelt fröhlich vor sich hin. Der Chef der UNO ist gerade in Genf und hat sich einen blasen lassen. Eine schicke 19jährige mit blonden Haaren und schmalen Lippen. Wahrscheinlich aus Lettland. Als Kind lief er nackt im Dschungel Brasiliens umher. Sexualität gab es ab dem 12. Lebensjahr. Zurück in seinem Domizil schaltet er den Fernseher an. Er platzt in die Sondersendung von Fox News. Eduard Snoudin spricht immer noch. Er schildert seine Flucht von Elend nach Berlin. Angeblich sei er per Anhalter die A14 hochgefahren und dann die A2 bis zum Berliner Ring. Es waren Franzosen, die ihn aufsammelten und bis zur A2 brachten. Dort wiederum hielt ein Bürger aus BAR an, der nach Hause wollte.Barnim liegt bekanntlich nordöstlich von Berlin. Von Mühlenbeck bis Pankow lief Eduard über die Felder. In Pankow-Heinersdorf stieg er in die S-Bahn ( S2). Und fuhr direkt zum Brandenburger Tor. Sein Vater hatte ihm oft erzählt, wie er davor stand und auf die Mauer sah. Papst Alexus wird Rußland retten. Die Spionage seiner Landsleute findet er nicht so gut, aber den sündigen Westen noch weniger. Außerdem will er diesem polnischen Papst etwas heimzahlen. Denn der hat den Osten scheunentorbreit geöffnet. Zur gleichen Zeit begeben sich Kämpfer einer russischen Elite-Einheit in die Kanzlerinnen-UBahn (Linie 55). Diese wurde vor 10 Monaten fertiggestellt und sieht auch fast so aus. Welche Dokumente sind auf dem USB-Stift von Snoudin? ossiblock.wordpress.com

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4. Akt Paul Schneewinsky, der jetzt Paul Snoudin heißt und russischer Staatsbürger ist, tigert in seinem Wohnzimmer in St. Petersburg, nahe der Leutnant-Schmidt-Brücke, hin und her. Russia Today bringt gerade die Übertragung aus dem Bundestag. Paul wurde vor 3 Monaten pensoniert und genießt sein Leben. Seine Frau Elena schnarcht friedlich im gemeinsamen Schlafzimmer. Paul hat im Zimmer seines Sohnes Eduard den USBStift mit den Geheimdokumenten gefunden. Dieser brennt wie Feuer in seiner Faust. Er überlegt, ob er Elena weckt und ihr alles erzählt. Denn sie weiß nichts von seiner dunklen Vergangenheit. Er war bei der Stasi. Dem schlimmsten Geheimdienst der ganzen Welt. Elena weiß nur, daß er in der DDR militärische Aufgaben hatte. Paul öffnet noch eine Flasche Золотая симфония, ein ausgezeichneter Wodka (dt.: Goldene Symphonie). Derweil ist das Nobelpreis-Komitee in Oslo zu einem geheimen Treffen in dem besten Hotel am Platze eingetroffen. Es sind 5 Leute, wie im Testament Alfred Nobels gefordert. Die Mitglieder werden vom Norwegischen Parlament Storting gewählt. Der Frieden-Nobelpreis wurde schon oft an die falschen Leute vergeben. Diesmal aber wird es den Richtigen treffen. Eduard Snoudin soll überrascht werden. Das Komitee will geschlossen nach Berlin fliegen und dort eine Pressekonferenz geben. Danach soll die feierliche Verleihung des Preises erfolgen. Papst Alexus hat seine Vertrauten zu sich gerufen. Sie erörtern, wie man den Fall Snoudin nutzen kann. Ein junger Kardinal aus Flensburg hat eine Idee. Er heißt Hauke LehmannMeyer. Hauke wurde 1982 in Rodewisch (Sachsen) geboren. Seine Eltern durften 1985 aus der DDR ausreisen. 1987 ließen sich seine Eltern scheiden und seine Mutter heiratete 1989 den wohlhabenden Schweinebauern Herrn Meyer. Haukes Vater, Karl Lehmann, starb schon ein Jahr vorher einen einsamen Drogentod in Hamburg – in einer Bahnhofstoilette. Haukes Mutter las in der Schule den Schimmelreiter. Mit Deichgraf Hauke Haien. Daher hat Hauke seinen bescheuerten Vornamen.

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5. Akt Jana Kopischke hat gerade ihren Sohn ins Bett gebracht. Als Alleinerziehende ist das Leben wahrscheinlich härter – vor allem in Eisenhüttenstadt. Diese Stadt hieß früher mal Stalinstadt und gehört fast zu Westpolen. Aber Jana hat einfach Glück im Leben. Als Sekretärin ist sie bei Arcelor Mittal beschäftigt. Früher hieß das Stahlwerk mal EKO und war ein VEB. Aber das weiß sie nur aus den Erzählungen ihrer Eltern. Vor 3 Jahren war sie mit einer Freundin zum Skilaufen in Schierke. Direkt neben dem Ort Elend, wo Eduard sehr oft zu tun hat. Es kam, wie es kommen mußte. Beim abendlichen Besäufnis in einem ehemaligen FDGB-Ferienheim lernten sie sich kennen. Jana verliebte sich sofort in Eduard. Besser gesagt – in seinen slawischen Akzent bei der Unterhaltung, die natürlich auf Deutsch geführt wurde. Unterdessen in der U-Bahn-Linie 55. Die Herren mit den großen Sporttaschenwirken etwas nervös. Denn die U-Bahn steht. Stromausfall. Nicht ungewöhnlich, da ständig Wasser in den Tunnel sickert und einen Kurzschluß verursacht. Die Elitesoldaten zerschlagen ein Fenster und verschwinden in der Dunkelheit. Sie haben natürlich die Original-Baupläne als Kopie für sämtliche Tunnel dabei. Leider wurden diese Pläne bestimmt 4 mal geändert. Folgerichtig nehmen sie den falschen Tunnel und landen direkt in der Spree. Zwei von ihnen sind Nichtschwimmer. Also atmen nach wenigen Minuten noch 4 Soldaten über der Wasseroberfläche. Der UNO-Chef hat es satt, laufend Befehle aus Washington auszuführen. Normalerweise müßte er jetzt schon mit dem deutschen Außenministertelefonieren und ein Treffen vereinbaren. Gelangweilt sieht er der Sondersendung zu. Dieser bescheuerte Außenminister ist ihm völlig unsympathisch und sieht aus, wie ein Kaninchen auf Koks. Er hat seine Pension sicher – seine Frau ist auch der Meinung, daß er sich zur Ruhe setzen sollte. Ein schönes Haus in Recife wartet auf ihn. Er öffnet den mitgebrachten Cachaca Armazem Vieira. Gelagert in Aririba-Holzfässern. Nach dem 3. Glas schläft er ein. Auch die meisten Abgeordneten im Bundestag sind mittlerweile eingeschlafen. Dieser Russe erzählt hier sein ganzes verdammtes Leben und kommt nicht auf den Punkt. Wenn das so weiter geht, sitzen sie bis zum jüngsten Tag hier. Ein cleverer Hesse hat einen Karton Äppelwoi dabei. Der macht gerade die Runde in seiner Sitzreihe. Die Stimmung bessert sich merklich.

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Der Papst schaut irritiert auf diesen Hauke aus Flensburg. Er weiß nicht, wie dieser Spinner es bis in den Vatikan geschafft hat. Gibt es in Deutschland überhaupt Katholiken? Sind das nicht alles Protestanten? Gleich nach der Zusammenkunft wird er seinen Kammerdiener fragen. Jana Kopischke hält auch einen USB-Stift in der Hand und sieht ihren Eduard auf allen TVStationen, genau wie Vater Paul in Rußland.

6. Akt Es ist Mitternacht. Die Kanzlerin nickt dem Bundestagspräsidenten zu. Das Geschnarche der Hinterbänkler übertönt alles. Der Bundestagspräsident beendet kurzerhand die Sondersitzung. In Sekunden schlurfen die Abgeordneten aus dem Saal. Einige werden jetzt noch weiterfeiern – am Schiffbauerdamm in den langweiligen und überteuerten Kneipen, vor denen selbst Touristen gewarnt werden. Andere treibt es in die nahe Oranienburger Straße, wo junge osteuropäische Huren ihren Körper verkaufen. Einmal Blasen 100 Euro, Handbetrieb 70 Euro, Verkehr 150 Euro. Ein Schnäppchen, wenn die Ehefrau in Westdeutschland das Taschengeld zuteilt. Die vier noch lebenden Elite-Soldaten haben das Ufer erreicht. Sie haben Schnappatmung. Das Wasser war nicht kalt – aber verdreckt und voller Hundescheiße. Seit 2015 wird alles per Druckschlauch in die Spree gespült – die Bürgersteige sind dadurch sauber. Das wiederum lockt Touristen an. Denn die Touristen bringen noch Geld in die Hauptstadt der Schuldner. Nach der Einführung der Agenda 2030 gibt es noch ungefähr 25 Prozent Haushalte, die nicht auf soziale Leistungen des Staates angewiesen sind. Mittlerweile bezahlt der Staat – direkt und indirekt – 80% seiner Bürger. In vielen Gegenden sollen es 100% sein. Aber das nur in Ländern, die schon immer schwächelten. Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Sachsen-Anhalt. Die Träger der roten Laterne. Die Verlierer. Ein Abgeordneter aus NRW – vielmehr aus Lippstadt – kotzt gerade vor der “Ständigen Vertretung” auf die Straße. Diese Kneipe ist von irgendwelchen Leuten aus Köln/ Bonn hierher versetzt worden. Der Lippstädter hätte auch drinnen kotzen können – es wäre niemandem aufgefallen.

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Der Bundespräsident ist immer noch in Kolberg. Keine lästigen Telefonanrufe, keine Frau, kein Leibwächter. Seit 2 Tagen fühlt er sich richtig gut. Zum ersten Mal seit 7 Jahren. Das Zimmer ist klein und fein. Kein TV, kein Radio, kein Telefon. Er hat 4 Bücher mitgenommen. Kriminalromane. Jetzt liegt er auf dem Bett und liest entspannt und lächelnd. Manchmal legt er zwischendurch das Buch weg und denkt über sein Leben nach. Jedesmal will er dann schnell weiter lesen. Das tut nicht weh und lenkt ab. Paul Schneewinsky – jetzt Paul Snoudin – schüttelt den Kopf. Was er auf dem USB-Stift gefunden hat, spottet jeder Beschreibung. Als alter Stasi-Kämpfer kann er den Informationsgehalt gut einschätzen. Er fragt sich, was sein Sohn damit bezweckt. Sie können zur Zeit nicht telefonieren. Paul kann sich sehr gut an 2013 erinnern – ein Überläufer der US-Amis floh nach Rußland… Und wie die Geschichte ausging. Kopfschuß in der Moskauer Metro – im März 2014. Was soll das alles – denkt Paul. Jana Kopischke greift zum Telefon um ihren zukünftigen Schwiegervater Paul anzurufen. Die Leitung ist besetzt.

7. Akt Der Regierungssprecher Andreas Meier sitzt derweil an seinem Schreibtisch und feilt an der offiziellen Erklärung. Er hat eine beeindruckende Karriere gemacht. Nach dem Hauptschulabschluß begann er als Laufbursche bei einem hessischen Lokalblatt. Eines Tages wurde ein Stuhl frei und er durfte Lokalnachrichten schreiben. Zwei Jahre später kam er zur Bravo. Vor fünf Jahren warb ihn der Playboy ab und vor einem Jahr rief die Kanzlerin an. Seitdem sitzt Andreas in diesem riesigen Büro und tut so, als wäre er die Stimme der Kanzlerin. Andreas ist aktiv in der BDSM-Szene. Das ist sein größtes Problem. Er träumt ständig davon, daß die Kanzlerin ihn mal so richtig fesselt und auspeitscht. Jetzt aber hat er ein richtiges Problem. Der Russe hat nichts gesagt, was interessant sein könnte. Der hat nur aus seinem Leben erzählt. Nichts von den geheimen Dokumenten.

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Zur gleichen Zeit unterbreitet Hauke dem Papst seinen Vorschlag. Eduard Snoudin soll lebenslanges Asyl in der Vatikanstadt erhalten. Eventuell könnte er sogar die Staatsbürgerschaft bekommen. Das würde das Image der im Niedergang begriffenen Kirche aufpolieren. Der Papst guckt etwas verwirrt. Ein kommunistischer Atheist im Vatikan – widerspricht das nicht allen Vorschriften? Der Kammerdiener blinzelt und nickt seinem Papst zu. Also ist es beschlossen. Noch in der Nacht bucht der Kammerdiener einen Flug und ein Hotel in Berlin. Eduard schläft derweil in einem Gästezimmer des riesigen Kanzleramts. Aus Sicherheitsgründen. Denn dieser Koloss ist so sicher wie Fort Knox. Eduard träumt von Jana. Er hat ihr die Heirat versprochen. Das war vor 9 Monaten. Sie verbrachten 3 romantische Tage in Pirna in der Sächsischen Schweiz. Dort hielt er um ihre Hand an. In Pirna fand durch die Treuhand eine beispiellose Deindustriealisierung statt. Aber davon träumt Eduard nicht. Er träumt von seiner Hochzeit in der Nikolaus-Marine-Kathedrale. Das Nobelpreiskomitee hat sich entschieden. Morgen früh fliegt es nach Berlin. Die Sekretärin hat schon gebucht. Flug mit Air Berlin und ein neues Bett- und-Frühstücks-Hotel direkt am Alexanderplatz. Drei Nächte für 99 Euro im Einzelzimmer. Ein Schnäppchen. In Stockholm fahren die Mitglieder zufrieden nach Hause. Es ist 2 Uhr. Stockholm schläft. Jana Kopischke hat endlich ein Freizeichen. Bei Schwiegervater Paul Schneewinsky in St. Petersburg klingelt das Telefon. Paul erwacht in seinem Sessel und stolpert zum Telefon. Привет! (Hallo) sagt Paul. Hallo Paul, hier ist Jana. Hast du alles im Fernsehen verfolgt? Grüß dich Jana. Ja. Ich verstehe gar nichts. Weißt du etwas? Nein. Gar nichts. Eduard war wie immer. Er hat mir nichts erzählt.

8. Akt Der Kreml-Chef ist allein in seiner streng bewachten Luxus-Wohnung und lacht vor sich hin. Er hat sie alle verarscht. Wirklich alle. Denn sie glauben, daß Eduard Snoudin wichtige Dokumente mitgenommen hat.

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Er weiß es besser. Denn Snoudin war vor 5 Tagen bei ihm. Sie hatten ein langes Gespräch. Zufrieden legt der Kreml-Chef sich in sein Bett und träumt von den Schlagzeilen, die bald weltweit auftauchen werden. Es ist Montag. Alexanderplatz. Dort stand mal das Haus des Lehrers. Jetzt befindet sich hier ein Bett-und-Frühstücks-Hotel. Ein grauer, unförmiger Kasten. Er könnte überall auf der Welt stehen – denn er ist häßlich. Das Nobelpreis-Komitee bezieht seine Zimmer. Hauke ist vor einer Stunde angekommen und betet. Die vier russischen Elite-Soldaten stehen an der Rezeption und tragen sich mit falschen Namen ein. Der Bundespräsident schwitzt in der Sauna in Kolberg und genießt sein Leben. Er weiß nicht, was sich gerade in Berlin ereignet. Abends wollen seine Frau und die Tochter aus Warschau zurück sein. Er hat schon einen Tisch bestellt. Im Domek Kata. Das bedeutet Henkerhaus. Die Kanzlerin sitzt mit ihrem 3. Ehemann bei einem späten Frühstück. Beide lesen Tageszeitungen und essen dabei. Eine perfekte Beziehung. Die anderen beiden Ex-Ehegatten waren nicht so verständnisvoll – die wollten sich ständig unterhalten. Eduard Snoudin läuft im Kanzleramt einsame Runden. Er darf mit niemanden reden und das Gebäude nicht verlassen. Er denkt an Jana und an seine Zukunft. Er würde jetzt gerne mit ihr reden. Alles deutet auf ein großes Finale hin. Eduard geht erstmal ins Schwimmbad der Kanzlerin.

9. Akt Eduard überlegt sich beim Schwimmen, was er noch zu sagen hätte. Niemand weiß, daß er auch für die NSA spitzelt. Nicht einmal der Kreml-Chef. Aber wie sicher ist es, daß die ihn nicht enttarnen werden? Zu gern würde er jetzt auch mit seinem Vater sprechen. Schneewinsky (so nennt er seinen deutschen Vater insgeheim) hat schließlich Erfahrung mit den Geheimdiensten. Bei der Stasi hatte Schneewinsky Bürger überwacht, die nicht gerade euphorisch begeistert waren vom System der DDR. ossiblock.wordpress.com

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Seite 10

Heutzutage ist es normal, daß alle überwacht werden. Paul Schneewinsky schreitet seine Petersburger Wohnung ab. Wie sagt er es seiner Frau Elena, daß er Leute bespitzelt hat? Elena war bei den Pussy Riots aktiv. Elena haßt jede Überwachung und Bevormundung. Sie würde ausflippen. Elena ist politisch gesehen eine Katastrophe. Aber er liebt sie wie niemanden sonst. Und er liebt seinen russischen Sohn. Damals in Magdeburg war alles so einfach. Er mußte keine Rücksicht nehmen. Das Abitur war für ihn einfach zu bewältigen. Danach die Karriere bei der Stasi. Aber welches Spiel betreibt sein Sohn? Selbst Jana wußte es nicht. Paul ist ratlos. Jana Kopischke sitzt in Eisenhüttenstadt und wartet auf einen Anruf von Eduard. Seit 4 Tagen hat sie nichts von ihm gehört. Er fehlt ihr. Und sie wollen in 7 Monaten heiraten. Janas Sohn ist jetzt 8 Jahre alt. Sie möchte auch mit Eduard ein Kind haben. Der Vater ihres Kindes hat sich nach Thailand abgesetzt und zahlt keinen Cent. Jana möchte eine richtige Familie.

10. Akt Der Innenminister hat den Plan fertig. Übermorgen um 14.00 Uhr gibt es die nächste Sondersitzung im Bundestag. Feierliche Verleihung des Nobelpreises.Kamerateams aus 70 Ländern. Liveschaltung in den Vatikan. Rede des UNO-Chefs. Irgendetwas fehlt. Das Bundesverdienstkreuz. Aber der Bundespräsident ist immer noch nicht erreichbar. Und nur er darf das Ding überreichen. Der Innenminister telefoniert mit dem Zeugwart des Präsidenten. Der hat noch ein paar Blanko-Ukunden und Kreuze rumliegen. Bloß wer unterschreibt die Urkunde? Zur Not seine Sekretärin. Die fälscht sowieso jede Unterschrift und merkt nicht, daß er schon eine noch jüngere Tussi beschläft. Hauke telefoniert mit dem Papst und versichert ihm, daß er die persönliche Einladung schon abgegeben hat. Nebenbei überlegt Hauke, wie denn ein Kurztrip in die Heimat zu schaffen wäre.

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Seite 11

Eduard Snoudin sitzt jetzt in der Finnischen Dampfsauna der Kanzlerin und denkt gerade darüber nach, was die Kanzlerin ihm gestern vertraulich erzählte. Das ganze Kanzleramt sei mit Wanzen und Kameras verseucht. Nur im Schwimmbad wären noch keine. Jetzt ja, denkt Eduard und schaut auf die häßlichen Schwimmbadfliesen in Schweinchenrosa. Die hatte vor 6 Monaten irgendein mongolischer Designer anbringen lassen. Angeblich der Sohn eines Studienfreundes der Kanzlerin. Und dieser Trottel hatte vergessen, die Mikrokameras einbauen zu lassen. Das weiß Eduard von Jack, den er im Casino von Bad Harzburg kennenlernte. Jack ist der Verbindungsmann zur NSA. Ein netter Kerl. Jack garantierte ihm, daß er 500.000 Dollar bei der Talibank in Kabul auf ein Nummernkonto einzahlen würde, sobald der Auftrag ausgeführt worden war. Das würde doch für eine schicke Eigentumswohnung in St. Petersburg reichen. Und dazu noch das Geld des russischen Präsidenten… Plötzlich stutzt Eduard. Die Minisender, die er angebracht hatte, sahen irgendwie komisch aus. Warum? Made in Sillico Wally. Das kann nicht wahr sein! Schreiben die Chinesen nicht so ein Babyenglisch? Jack soll ein NSA-Offizier sein? Eduard wird es zu eng in der Sauna. Er springt ins Tauchbecken.

11. Akt Sven Ove Lindstroem kommt stockbetrunken ins Hotel. Er ist der Dienstälteste im Nobelpreis-Komitee und kann sich gut an 2013 erinnern. Damals kam ein Pfeifenbläser der NSA über Hongkong nach Moskau und enthüllte die Totalüberwachung der ganzen Welt durch die USA. Das Nobelpreis-Komitee reagierte nicht und verlieh keinen Preis. Und ein paar Jahre vorher hatten sie einem Schwarzen den Preis zugesprochen, obwohl er danach wie ein wildes Fohlen etliche Völker zertrampelte. Aber jetzt sind sie in Berlin und werden alles richtig machen. Sven Ove schläft zufrieden ein.

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Seite 12

Hauke ist unterdessen schon in den Intercity nach Hamburg gestiegen. Er hat 36 Stunden Zeit. In Schafflund hat er seit seiner Priesterweihe eine Freundin. Sie arbeitet beim Dorffleischer hinter der Wursttheke und ist in jeder Hinsicht einen Besuch wert. Sie heißt Dörte. Dörte ist bisexuell und bevorzugt Priester. Eher: sie reitet auf ihnen. Aber in Flensburg gibt es nicht viele. Darum ist Hauke ihre Nummer 1. Der einzige Mann. Aber die Frauen sind auch nicht schlecht. Der Bundespräsident sitzt mit Frau und Tochter im Domek Kata in Kolberg. Die Fischsuppe ist frisch. Der Wein ist blumig und das Lamm knusprig. Leider haben seine Weiber wieder einmal ihre Kreditkarten hoffnungslos überzogen. Aber heute Abend ist alles egal. Er hatte 3 Tage nur für sich und ist tiefenentspannt wie nach einer Thai-Massage mit Abschluß. Und das ist immerhin schon 32 Jahre her. Damals auf Phuket. Die Masseuse hieß Win oder Won. Aber es waren 2 Wochen Wahnsinn. Paul Schneewinsky spaziert am Newski Prospekt umher und grübelt. Er muß etwas unternehmen. Sonst ist alles futsch. Bei Jana Kopischke klingelt es an der Haustür in Eisenhüttenstadt. Sie öffnet die Tür.

12. Akt Wir wissen, daß die EU seit 2017 nur noch auf dem Papier existiert. Immer mehr Länder verließen die Euro-Zone und kehrten zu einer nationalen Währung zurück. Viele Beitrittskandidaten verzichteten freiwillig auf den Euro. Zu deutlich waren die Bilder aus Spanien, Frankreich, Italien oder Griechenland. Dort gingen vorher täglich Menschen auf die Straße und demonstrierten gegen die Armut. Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit bestimmten das Leben der meisten Menschen. Jetzt, fünf Jahre später, gibt es kein Europäisches Parlament mehr. Die Länder erholen sich langsam von den Verwerfungen, die das Experiment EU hinterlassen hat. Auch das Schengen-Abkommen wurde aufgeboben.

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Die Eduard-Snoudin-Saga

Seite 13

Paul Schneewinsky steht auf dem Flughafen und wartet auf sein Flugzeug nach Berlin TLX. Der neue Flughafen BER in Schönefeld ist nie eröffnet worden, nachdem der Tower und Teile der Landebahnen im Morast versanken. Das geplante Abfertigungsgebäude ist schon seit 2 Jahren ein riesiges Einkaufszentrum mit Schwimmbad und Skipiste. Schneewinsky steigt ins Flugzeug und überlegt, ob er gleich nach Eisenhüttenstadt fährt oder in die Russische Botschaft, Unter den Linden. Eduard Snoudin läuft unterdessen in seinem Zimmer umher. Für wen hat er den Auftrag ausgeführt? Er weiß es nicht. Vor Jana Kopischke steht ihre Nachbarin Aigul. Die kam 1992 aus Kasachstan nach Eisenhüttenstadt. Sie gehört zu den Русские немцы, den Rußlanddeutschen. Ihre Vorfahren waren 1765 nach Rußland gekommen. Katharina II. hatte viele Deutsche mit ihrem Manifest eingeladen. Jana – ich brauche unbedingt Salz. Kannst du mir etwas leihen? Komm rein, sagt Jana. In der Küche steht ein Weinglas. Trinkst du etwas mit? Ja. Gerne. Aigul betreut öfter ihren Sohn, wenn Jana mal ins Kino geht oder zum Umtrunk mit Freundinnen. Schneewinsky ist mittlerweile in Tegel gelandet. Er fährt mit dem Taxi zur Botschaft.

13. Akt Kurz hinter dem Flughafen ist rechts ein Wald. Dort stehen Blechhütten und Hütten aus Pappkartons. Auf Wäscheleinen flattern irgendwelche Lumpen. Überall kleine, offene Feuer, auf denen gekocht wird. Schneewinsky schüttelt den Kopf und fragt den Fahrer, was das sei. Ein Armutsviertel der Ausgestoßenen. Die staatliche Unterstützung ist vor 3 Jahren komplett gestrichen worden. Es gibt nur noch Lebensmittelmarken. So wächst die Obdachlosigkeit rasant. Ist ja wie bei uns, denkt Paul. Er war zuletzt vor zehn Jahren in Berlin. Da sah es noch aus, wie eine Stadt ohne Elendsviertel. Selbst St. Petersburg ist heute sauberer als dieses Berlin. Hauke ist wieder zurück aus Schafflund. Er sieht zwar aus, wie ein frisch geficktes Eichhörnchen – aber dafür ist er pünktlich. In 4 Stunden findet ein Gespräch mit Eduard Snoudin statt. Nur schnell ins Hotel und Duschen. ossiblock.wordpress.com

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Jack hat unterdessen 500.000 Dollar zur Talibank in Kabul überwiesen. Dieser verrückte Russe Snoudin hat es wirklich geschafft, die Minisender im Schwimmbad der Kanzlerin zu installieren. Jack grinst zufrieden und bucht seinen Heimflug – nach Griechenland. Auf Kreta warten Frau Marianna und seine beiden Töchter. Und ein wunderschönes Haus. Heute Abend schon wird er auf seiner Terrasse sitzen und auf das Mittelmeer schauen. Die Kanzlerin und ihr Mann, der Kanton-Chinese Li, sind beim Friseur. Herr Li war vor 5 Jahren der persönliche Dolmetscher der Kanzlerin bei einem Staatsbesuch in China. Die Kanzlerin verguckte sich in die mandelförmigen Augen des Chinesen und bat ihn um seine Hand. Herr Li konnte nicht widerstehen. Die vier russischen Elite-Soldaten genießen ihr Leben im Artemis. Das ist ein Riesenbordell mit allen Annehmlichkeiten. Der Tip des Taxifahrers war Gold wert. Schon seit sechs Stunden sind sie dort. Paul Schneewinsky steigt vor der russischen Botschaft aus dem Taxi. Es regnet und er hat keinen Schirm dabei. Der UNO-Chef sitzt im Foyer des Adlon und unterhält sich mit seinem persönlichen Personenschützer Jochen. Dieser ist ein Potsdamer und kennt Berlin gut. Fünf Jahre diente er in der berüchtigten französischen Fremdenlegion. Schneewinsky betritt die Botschaft.

14. Akt Der Botschafter ist ein rundlicher Dicker. Er liebt gutes russisches Essen und natürlich den Wodka dazu. Er ist erst seit sechs Monaten in Berlin. Denn davor war er in Kenia. Nachts denkt er oft an Kenia – vor allem an die schwarzen und biegsamen Körper der jungen Frauen. Hier in Berlin ist alles grau oder weiß. Seine Versetzung war irgendwie voraussehbar – er hat eine Vorliebe für zu junge Frauen. Schneewinsky betritt sein Büro. Wer ist Schneewinsky oder Snoudin? denkt der Botschafter. Jana Kopischke steigt derweil in den Regionalzug nach Berlin. Aigul kümmert sich um ihren Sohn. Jana will mit Eduard sprechen. In Kürze wird sie wissen, was Eduard vorhat. ossiblock.wordpress.com

Die Eduard-Snoudin-Saga

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Herr Li serviert der Kanzlerin einen Kräutertee und schaut ihr tief in die Augen. Die Kanzlerin schmilzt dahin. Jetzt gibt es gleich das eingespielte Ritual: Eine Nackenmassage. Sie stöhnt vorab genüßlich. Die russischen Elite-Soldaten sind leer und zufrieden. Sie verlassen das Bordell. Nach einer kurzen Taxi-Fahrt zum Hotel schnarchen sie in ihren Betten. Hauke ist im Kanzleramt bei Eduard Snoudin. Sie reden seit einer Stunde. Aber irgendwie nur im Kreis. Der Russe will nicht in die Vatikanstadt. Er schlägt das Angebot aus. Höflich – aber bestimmt. Hauke denkt an die letzte Nacht mit Dörte. Vielleicht sollte er alles aufgeben und zu Dörte ziehen. Sven Ove Lindstroem feilt unterdessen an seiner Rede zur Verleihung des Friedensnobelpreises. Sein Kopf brummt – aber die Pflicht ruft. Er schaut erstmal in die Minibar. Der Bundespräsident ist mit Gemahlin und Tochter zu einem Ausflug nach Königsberg aufgebrochen. Er liebt diese Stadt. Sein Leibwächter ist wohl noch in Stettin. Es kommmt ihm gelegen. Er möchte nur mit Frau und Tochter zusammen sein. Er fühlt sich frei. Jack ist in Athen gelandet und will so schnell wie möglich nach Kreta. Ein Privatflugzeug wartet schon auf ihn. Er lächelt in sich hinein und quält sich in das kleine Flugzeug. Paul Schneewinsky und der Botschafter reden nur zehn Minuten. Völlig desillusioniert verläßt Paul die Botschaft. Es regnet noch. Paul läuft zu Fuß in Richtung Bahnhof Friedrichstraße. Er hat keine Ahnung, wohin er jetzt will.

15. Akt Am nächsten Tag. Feierliche Preisverleihung im Bundestag. Eduard Snoudin betritt die Bühne. Der Papst spricht per Video-Konferenz. Danach der UNO-Chef. Dann Sven Ove Lindstroem. Er überreicht den Friedensnobelpreis. Es wird 20 Minuten geklatscht. Die Kameras surren und übermitteln die Bilder in alle Welt. Der Bundestagspräsident überreicht das Verdienstkreuz. Wieder etliche Minuten Beifall.

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Der Kreml-Chef genießt die Bilder vor seiner großen Videoleinwand. Er lächelt still und sieht aus wie Buddha. Auch Jack auf Kreta genießt das Schauspiel. Er wartet darauf, daß der Skandal überkocht. Zufrieden nippt er am Weinglas und zwinkert seiner Frau zu. Jana Kopischke sitzt vor dem Fernseher in ihrem Hotelzimmer und schüttelt den Kopf. Wie will Eduard da wieder rauskommen? Jana wählt die Nummer von Schneewinsky. Schneewinsky liegt betäubt im Bett. Die letzte Nacht hat er gesoffen wie ein Ochse. Jetzt brummt der Schädel. Er stellt sich unter die kalte Dusche. Sein Mobiltelefon klingelt. Paul hört es nicht. Die Kanzlerin sitzt steif da und formt ihre Raute. Irgend etwas stimmt nicht, denkt sie. Wer hat eigentlich die geheimen Unterlagen des Snoudin? Sie schickt eine SMS an den Innenminister. Der sitzt 5 Meter weiter. Der Innenminister schüttelt den Kopf. Er weiß von nichts. Auch der Kanzleramtschef zuckt mit den Schultern. Der Außenminister tut so, als ob er schläft. Die Kanzlerin wirkt leicht nervös. Der Bundestagspräsident redet immer noch. Er hat noch viele Blätter vor sich zu liegen. Die ersten Abgeordneten schließen die Augen und dämmern vor sich hin. Eduard sitzt entspannt und lächelt freundlich in die Kameras. Er hat keine Ahnung, wie es danach weitergehen wird. Derweil schleichen die 4 russischen Elite-Soldaten im Reichstag umher. Mit den gefälschten Ausweisen war es ein Kinderspiel, Zugang zu erhalten. Sie sollen Snoudin sofort nach Moskau entführen, wenn die Preisverleihung beendet ist. Sie postieren sich an den Ausgängen.

16. Akt Bevor Eduard Snoudin den Saal verläßt, erinnern wir uns kurz. Bei der Talibank in Kabul liegen 500.000 Dollar für ihn bereit. Die hatte Jack überwiesen. Und da ist das erste Problem. Durch das SWIFT-Abkommen hat die NSA Zugriff auf sämtliche Geldbewegungen – weltweit. Der Kreml-Chef wird ihm die gleiche Summe übergeben, wenn er wieder in Rußland ist. Es ist Pause im Saal. Eduard strebt mit seinen beiden Leibwächtern zu den Toiletten. Die Leibwächter Alfons und Gerald waren lange arbeitslos. Dann bot das Arbeitsamt eine zweiwöchige Umschulung zum Personenschützer an. Seitdem arbeiten sie für den Bundestag. ossiblock.wordpress.com

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Eduard betritt die Toilette. Die Wachleute warten vor der Tür. Nur eine Minute. Dann hat jeder von ihnen einen alten Kartoffelsack über dem Kopf und ist fest verschnürt. Alles geht lautlos und schnell. Die Russen beherrschen ihr Geschäft. Jana hat endlich Schneewinsky am Telefon. Sie verabreden sich an der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz. In einer Stunde, sagt Paul. Bis dann. Die Kanzlerin tuschelt mit ihren Ministern. Sie guckt streng. Die Herren versinken förmlich im Boden des Reichstages. Es sieht nicht gut aus. Keiner kennt die geheimen Dokumente des Snoudin. Keiner weiß etwas. Die Kanzlerin schäumt. Sven Ove Lindstroem gibt derweil fleißig Interviews. Seine Brust ist vor Stolz kurz vor dem Platzen. Die Kanzlerin läßt die beiden Protokollführer des Bundestages ausrufen. Die aber sitzen gemütlich im Müllraum und drehen sich einen Joint. Niemand kennt die weitere Tagesordnung. Der Kanzleramtschef verdrückt sich an die Bar. Er braucht jetzt einen Doppelkorn. Eduard Snoudin sitzt vergnügt mit seinen russischen Landsleuten in einer abgedunkelten Limousine und verläßt Berlin. Er wählt Janas Nummer. Sie geht sofort ran. Eduard? Ja. Wo bist du Jana? Ich sitze mit deinem Vater am Alexanderplatz. Und du? Ich bin im Auto. Auf dem Weg nach Hause. Ich erklär es dir später, sagt Eduard und legt auf.

17. Akt Im Reichstag wird fieberhaft nach Eduard Snoudin gesucht. Die große Befragung soll in 10 Minuten beginnen. Nirgendwo eine Spur von Eduard. Der Sicherheitschef der Kanzlerin ist gerade in der Kantine und versucht die 19jährige Annalena zu verführen. Annalena putzt eifrig die Gläser und lächelt. Paul und Jana steigen ins Taxi. Sie fahren nach Eisenhüttenstadt. Unterwegs auf der Autobahn sieht Schneewinsky viele Autos mit einem “Deutschland geht es gut”-Aufkleber. Was soll das Jana? Ach, das ist wegen der Maut. Jeder, der diesen Aufkleber hat, ist von der Maut befreit. Schneewinsky schüttelt den Kopf und ist froh, daß er nicht mehr hier lebt. In Rußland fühlt er sich freier. Eduard sitzt schon in einem Privat-Jet und überquert gerade Warschau. Von Moskau will er sofort nach Kabul fliegen, um seine Dollars bei der Talibank abzuholen. Die SMS vom Kreml-Chef ist da. Es steht nur eine 12stellige Nummer darin. Eduard atmet erleichtert auf. Denn es ist die Kennung für ein russisches Nummernkonto.

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Diese Nummernkonten wurden vor 3 Jahren eingeführt und gelten nur für Geldtransfers innerhalb Rußlands. Damit entgeht man der Bespitzelung durch die NSA. Der Saal des Bundestages ist wieder gefüllt. Der Bundestagspräsident erklärt, daß Snoudin leider wegen plötzlicher Übelkeit das Gebäude verlassen hat. Die Sitzung würde morgen fortgesetzt werden. Raunen und Tuscheln unter den Journalisten und Fotografen. Die Abgeordneten dagegen verlasssen schnell den Saal. Die meisten müssen schnell zu einer Aufsichtsratsitzung oder anderen Lobby-Tätigkeiten zurückkehren. Denn da wird das große Geld verdient. Der Bundespräsident ist beim Koffer packen. In einer Stunde wird ein Militärhubschrauber ihn und seine Familie nach Berlin fliegen. Er weiß nichts von Snoudin und dem Chaos im Bundestag. Das ist auch gut so. Schneewinsky verabschiedet sich in Eisenhüttenstadt von Jana Kopischke. Sie verspricht ihm, so bald wie möglich nach St. Petersburg zu kommen. Schneewinsky fährt über die polnische Grenze.

18. Akt Eduard Snoudin ist in Kabul. Es war leicht, über die Grenze zu gelangen. Afghanistan hatte nach dem Krieg, den die USA und ihre Vasallen dort führten, keine Strukturen. Es herrscht die Gewalt und das Geld. Die westlichen Demokratien hatten also ihr Ziel erreicht. Die Asylbewerber strömen millionenfach Richtung Europa. Aus Syrien, Libyen, Afghanistan, Irak, Iran, Pakistan, Somalia, Sudan – von überall her, wo die US-Kuhjungen und ihre Marionetten Krieg führen. Aus einem Grund: Um den Wohlstand der oberen Zehntausend zu vermehren. Leider werden die meisten Asylbewerber in Europa abgewiesen. Aber es gibt ein Land, welches alles kann. Dorthin kommen sie. Ein gelobtes Land. Schneewinsky ist wieder in St. Petersburg. Er läuft durch seine Wohnung und möchte reden. Aber er ist allein. So allein wie zuletzt 1989. Er öffnet einen Flasche Wodka und setzt sich vor den Fernseher. Jana hat gekündigt. Sie hat nur zwei Koffer gepackt und ihrem Sohn erklärt, daß sie jetzt nach Rußland fliegen und dort bleiben werden. Aigul hat die Schlüssel zu ihrer Wohnung. Es ist ein tränenreicher Abschied. Eduard betritt die Talibank. Er nennt die Nummer des Bankkontos und hält die Luft an.

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Die Kanzlerin hat schlechte Laune. Es ist alles dumm gelaufen. Das gab es noch nie. Herr Li massiert sie fleißig – aber sie fühlt sich nicht wohl. Hauke hat derweil seine Kündigung verfaßt. Er will in Schafflund leben und mit Dörte bumsen. Alles andere kommt später. Der Bundespräsident ist in Berlin gelandet. Er möchte sich ausruhen – keine Nachrichten. Er geht ins Bett. Jack bekommt einen Anruf. Der Kreml-Chef ist dran. Das Gespräch dauert nur eine Minute. Jack reibt sich die Hände und grinst. Seine Frau schaut ihn verwundert an. Eduard stößt seine Atemluft geräuschvoll aus.

19. Akt Helle Aufregung im Kreml. Gleich wird eine große Pressekonferenz stattfinden. Journalisten aus über 100 Ländern sind dort, Kamerateams aller namhaften Sender vertreten. Der Kreml-Chef betrachtet genüßlich das Aufgebot in seinem Festsaal. Er hat eine kurze, aber knackige Rede vorbereitet. Die Kanzlerin sitzt in Berlin vor ihrem Fernseher. Sie ahnt schon, was jetzt kommen wird. Innerlich hat sie beschlossen, ihren Rücktritt zu verkünden. Morgen. Der Kreml-Chef betritt den Saal. Ein Blitzlichtgewitter geht auf ihn nieder. Er beginnt seine Rede, die ich übersetze. Natürlich spricht er in seiner Sprache.

„Meine verehrten Damen und Herren, ich habe die Ehre, zu ihnen zu sprechen. Es ist mir ein Vergnügen. Sie alle waren bereits in Berlin zu einer anderen Pressekonferenz. Dort erfuhren sie nichts. Sie sahen nur einen russischen Bürger. Der plötzlich verschwand. Dieser aufrechte Russe wurde mit allen Ehrungen überhäuft, die es in dieser Welt gibt. Warum wurde er so ausgezeichnet? Das werden sie sich schon länger fragen. Ich sage es ihnen. Die westliche Welt in ihrer Gier und Verlogenheit, nutzt jeden Vorwand, um ihre Propaganda anzubringen. Die westliche Welt betrügt und belügt ihre Bürger.

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Es wird jeden Tag ein Theaterstück gespielt, um den Schein von Freiheit und Demokratie zu wahren. Alles was man uns Russen vorwirft, tut man selbst. Doch was soll dieser doppelte Maßstab? Lügen haben kurze Beine. Das ist doch deutlich geworden. Man hat jemanden geehrt, der die westliche Welt vorgeführt hat. Tat man es aus Dummheit? Nein. Es war die Gier nach Geld, Macht und Vorherrschaft. Nur deshalb haben sich die deutsche Regierung, die UNO, das Nobelpreiskomitee und der Papst blamiert. Und das bis auf die Knochen. Und sie erinnern sich bestimmt, daß es nicht die erste Blamage ist. Wofür wurde ein Präsident Obama geehrt? Was passierte mit Edward Snowden? Und jetzt der Fall Snoudin. Deutlicher können die westlichen Staaten nicht zeigen, daß sie mit Demokratie oder Menschenrechten nur den Vorteil einiger Milliardäre meinen. Die eigenen Völker sind nur ein Heer von Sklaven. Und jenes muß verdummt werden. So funktioniert die westliche Welt.“

Letzter Akt Paul Schneewinsky erwachte aus dem Schlaf. Irgendwie war er eingenickt. Er saß im Garten seines windschiefen Hauses am Rande von Ludwigsfelde. Ein leichter Sommerwind strich um seine Ohren, in denen die Haare wucherten. Paul, schmeiß den Grill an, dein Sohn kommt gleich mit seiner Familie! Das war seine Frau Ilse, die da so schrie. Schneewinsky schaute auf seinen Holzschuppen, in dem der Grill stand. Ächzend erhob er sich und holte die Holzkohle, den Anzünder und den Grill. Der Grill war ein Geschenk zu seinem Eintritt ins Rentenalter. Irgendwie wackelte er schon, genau wie Paul. Paul dachte noch über seinen Traum nach und fächelte langsam mit einem Handtuch Luft in den Grill, da kam Eduard mit zwei Flaschen Bier in den Garten und sagte – Tach Papa. Paul nahm sein Bier und und guckte seinen Sohn an und sagte: Mensch Eduard, weeßte wat ick jeträumt hab?

- конец! -

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