>>>` BERNHARD KASTER MdB Wahlkreisabgeordneter für Trier und Trier-Saarburg Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Schul–, Bildungs- und Ausbildungspolitik in der Region Trier
Perspektiven junger Menschen im Herzen Europas In Europa ist Sprachkompetenz bereits heute ein zentraler Wettbewerbsvorteil im Arbeitsund Ausbildungsmarkt. Die besondere Lage der Region Trier – in der Mitte Europas und mit direkter Nachbarschaft zu den französischsprachigen Ländern Frankreich und Luxemburg – birgt ein großes Potential für Wettbewerbsvorteile unserer Schülerinnen und Schüler. Es besteht die Chance, den rheinland-pfälzischen Kindern insgesamt, vor allem jedoch in jenen Regionen, die so wie die Region Trier an die französischsprachigen Nachbarn grenzen, eine bessere Ausgangslage im europäischen Wettbewerb zu verschaffen. Als Bundesland im Herzen von Europa kann Rheinland-Pfalz so als erstes Land eine durchgehende dreisprachige Ausbildung der Schülerinnen und Schüler sicherstellen. Die Region Trier ist zudem so eng mit unseren europäischen Nachbarn verflochten, wie kaum eine anderes Gebiet der Bundesrepublik. Diese Verflechtung macht vor dem Ausbildungsmarkt nicht halt und führt zu neuen Herausforderungen und Chancen für die junge Generation. Die Landesregierung schenkt dieser besonderen Situation nicht ausreichend Beachtung. Es gibt kein durchgehendes Französisch-Angebot von der 1. Klasse bis zum Schulabschluss. Bei der Finanzierung eines Französisch-Angebots in Kindergärten übernehmen nach wie vor Verbandsgemeinden
und
Landkreis
Trier-Saarburg
40
Prozent
der
anfallenden
Personalkosten. Zukunftskonzepte für eine stärkere Nutzung der Chancen, die uns die besondere Lage des Landes Rheinland-Pfalz und speziell der Region Trier für unsere Schülerinnen und Schüler bietet, werden nicht entwickelt.
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I.
Sprachoffensive für Rheinland-Pfalz 1. Programme in Kindergärten Existierende Programme fortführen, Anschlussunterricht gewährleisten a. Die Begegnung mit der Fremdsprache Französisch wird in der Region Trier insbesondere in den Grenzregionen zu Luxemburg und Frankreich - durch das besondere Engagement einiger Verbandsgemeinden bereits im Kindergarten begonnen. Das Land fördert diese Programme durch Übernahme von 60 Prozent der Personalkosten. Der vorgeschriebene Einsatz ausschließlich von „Muttersprachlern“ hat sich als Hemmnis erwiesen und ist künftig flexibler zu gestalten. b. Diese Programme sind unterstützenswert und müssen fortgeführt sowie weiter ausgebaut werden. Um mehr Kommunen entsprechende Anreize für die Einführung eines frühkindlichen Sprachbegegnungsprogramms zu geben, muss auch eine Ausweitung der Finanzbeteiligung des Landes diskutiert werden. c. In einem ersten Schritt muss bei diesen Kindergärten mit dem Übergang in die Grundschule ein Anschlussunterricht für die Erstklässler gewährleistet werden. Nur so wird die Sprachinvestition tatsächlich nachhaltig. Die durch die Kindergärten mit französischen Lerninhalten begonnene Heranführung an die Sprache muss in der Grundschule nahtlos fortgeführt werden. Hierfür sind geeignete pädagogische Konzepte für alle Klassenstufen der Grundschulen zu entwickeln.
2. Französisch in Grundschulen a. In den Klassenstufen Drei und Vier ist eine Fremdsprache mittlerweile Pflicht. Es ist dabei richtig, ein fächerübergreifendes Lernkonzept anzuwenden. Ob Englisch oder Französisch unterrichtet wird, ist jedoch derzeit rein zufällig von der Lehrkompetenz der Lehrkräfte abhängig. Daher lernt nur jede sechste Klasse in der Grundschule die französische Sprache, über 80 Prozent dagegen lernen Englisch.
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b. Das frühe Erlernen von Fremdsprachen muss mit Priorität ausgebaut werden. Das Fremdsprachenangebot muss dabei in Richtung eines durchgehend mehrsprachigen Unterrichts erfolgen. Bei der Einstellung neuer Lehrkräfte muss die Lehrkompetenz in Englisch und Französisch sichergestellt werden. Eine entsprechende Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer ist ausreichend sicherzustellen. Falls erforderlich, sind Anreize zu schaffen, um etwa eine zusätzliche Fremdsprachenausbildung zu absolvieren. c. Der Fremdsprachenunterricht an Grundschulen kann auf breiter Ebene im integrativ orientierten Gesamtkonzept verankert und durch die Anwendung der Sprache im Sachfach unterstützt werden. (In einigen Projektschulen erstreckt sich der Umfang eines solchen integrativ orientierten Sprachunterrichts am Ende der Grundschulzeit auf bis zur Hälfte der Unterrichtszeit). 3. Keine Konkurrenz Englisch – Französisch a. Englisch
ist
in
vielen
Berufs-
und
Ausbildungszweigen
neben
der
Heimatsprache die Arbeitsprache Nummer 1 geworden. Das sichere Beherrschen dieser Weltsprache ist unumgänglich. Ein Verzicht auf den Englisch-Unterricht ist ebenso wenig diskutabel wie ein Verzicht auf den Deutsch-Unterricht. War Englisch früher eine Zusatzqualifikation, sind Defizite in
der
heutigen
Zeit
ein
nicht
mehr
wieder
auszugleichender
Ausbildungsmangel. Es lässt sich –auch im Hinblick auf die modernen Kommunikationsstrukturen des Internet– feststellen, dass Englisch den Status als „Fremdsprache“ beinahe verloren hat. Die Sprache ist selbstverständlich geworden. b. Es darf keine Konkurrenz zwischen Englisch und Französisch geben. Es geht nicht um ein „Entweder – Oder“, sondern um ein „Sowohl – Als auch!“ Die französische Nachbarschaft
Sprache zu
ist
insbesondere
Luxemburg
und
in
Europa
Frankreich
(mit
und der
der
direkten
Amtssprache
„Französisch“) zu der Zusatzqualifikation geworden, die einstmals der englischen Sprache zukam.
4. Französisch von Sekundarstufe 1 bis zur Berufsschule a. In der Sekundarstufe 1 ist Französisch derzeit Wahlsprache. Dies führt dazu, dass die Sprache von den Schülern oftmals abgewählt wird. Durch die 3
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Komplexität
der
Sprache
„Französisch“
wählen
zumeist
nur
die
leistungsstärksten Schüler diese Sprache und finden sich dann gesammelt in Klassenverbänden wieder. b. Die
Sprachen
„Englisch“
und
„Französisch“
müssen
als
Pflichtfach
durchgehend weiter bis zum Schulabschluss unterrichtet werden - auf sämtlichen Schularten. c. Insbesondere ist eine zweisprachige Fremdsprachenausbildung in „Englisch“ und „Französisch“ auch auf Haupt- und Realschulen notwendig. Hierfür müssen
schulartspezifische
Lehrpläne
entwickelt
werden,
in
der
die
besonderen Umstände der verschiedenen Schularten Berücksichtigung finden. d. Insbesondere im Land Rheinland-Pfalz ist mittlerweile auch für viele Ausbildungsberufe, die einen Haupt- oder Realschulabschluss voraussetzen, der Umgang mit dem Französischen notwendig geworden. Die Anforderungen werden
hierbei
in
Zukunft
noch
weiter
steigen.
Als Sprache unserer Nachbarn ist Französisch ein Wettbewerbsvorteil für Einzelhandel und Handwerk. Es ist ein Dienstleistungsaspekt für Kunden aus Frankreich oder Luxemburg, welche schon heute einen wichtigen Beitrag zur Erzielung
von
Umsätzen
in
allen
Wirtschaftsbereichen
ausmachen.
Ausschreibungen bei unseren europäischen Nachbarn erfolgen zudem ausschließlich in französischer Sprache (Amtssprache Französisch). Der Wettbewerbsvorteil durch die Qualität deutscher Ausbildungs-, Handwerksoder Dienstleistungen kann nur durch die Überwindung der Sprachbarrieren auf dem europäischen Markt tatsächlich durchdringen.
II.
Europäische Ausbildungsoffensive
Die Region Trier ist ökonomisch aufs engste mit seinen europäischen Nachbarländern verflochten. Allein in das Großherzogtum Luxemburg pendeln rund 15.000 Personen aus der Region, um dort zu arbeiten; ohne die Wirtschaftskraft des Nachbarn würde der Trierer Raum zu den wirtschaftsschwächsten in Rheinland-Pfalz zählen. Diese Verflechtung macht vor dem Ausbildungsmarkt nicht halt und führt zu neuen Herausforderungen für die junge Generation. Eine rein national oder gar allein auf Ebene der Länder angesiedelte Betrachtung des Ausbildungsmarktes wird zunehmend obsolet. Gerade in der Region Trier, wo bereits heute ein reger und tendenziell wachsender Austausch an 4
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Waren, Dienstleistungen und Arbeitskräften mit den Nachbarländern Luxemburg, Belgien und Frankreich statt findet, muss auch die Landespolitik in Mainz darauf bedacht sein, die Voraussetzungen für einen wirklich grenzüberschreitenden Ausbildungsmarkt zu schaffen, der die Chancen junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland wie den Nachbarländern steigert. Dabei stellen die existierenden Unterschiede vor allem zwischen deutschen Dualen System der Berufsausbildung und den eher verschulten Systemen der Nachbarländer nach wie vor ein Hindernis für einen umfassenden Auf- und Ausbau eines grenzüberschreitenden Ausbildungsmarktes dar. Dies darf allerdings keine Ausrede für die Landespolitik sein, hier die Hände in den Schoß zu legen. 1. Lokale und regionale Initiativen fördern und unterstützen Vorhandene Kooperationen lokaler und regionaler Akteure sind zu fördern und auszubauen; so kooperieren etwa die IHK Trier und die luxemburgische „Chambre de Commerce“
intensiv
miteinander
-
zurzeit
werden
in
Luxemburg
viele
Ausbildungsordnungen nach deutschem Vorbild erlassen.
2. Großregion mit Leben erfüllen Die unter anderem in den Beschlüssen der „Gipfel der Großregion Saar-Lor-Lux“ niedergelegten Ziele und Absichtserklärungen müssen mit Leben erfüllt, ein umfassender politischer Aktionsplan zur Realisierung eines europäischen Ausbildungsmarktes in der Region entwickelt und seine Umsetzung zügig angegangen werden.
3. Aktives Engagement im Bund und auf europäischer Ebene Das Land Rheinland-Pfalz muss im Rahmen seiner bundes- und europapolitischen Möglichkeiten
die
laufenden
Beratungen
zur
Schaffung
eines
„Europäischen
Qualifikationsrahmens (EQF)“ begleiten; Ziel muss die erleichterte gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen und Qualifikationen sein.
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